Manuela Motzko | Melanie Weinert |
Renate Flintrop
Pädiatrisches
Trachealkanülenmanagement
Ein Ratgeber für Eltern,
Pflegekräfte und Therapeuten
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
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1. Auflage 2015
ISBN 978-3-8248-1199-1
e-ISBN 978-3-8248-0986-8
Alle Rechte vorbehalten
© Schulz-Kirchner Verlag GmbH, 2015
Mollweg 2, D-65510 Idstein
Vertretungsberechtigte Geschäftsführer:
Dr. Ullrich Schulz-Kirchner, Nicole Haberkamm
Umschlagfoto: © Halfpont – fotolia.com
Foto S. 24, 27: Firma Fahl, Medizintechnik
Lektorat: Doris Zimmermann
Fachlektorat: Dr. Christiane Lücking
Umschlagentwurf und Layout: Petra Jeck, Susanne Koch
E-Pub-Erstellung: HSB T&M Vertriebs-GmbH
| Inhaltsverzeichnis
Vorwort
Tracheotomie vs. Tracheostomie bzw. Tracheostoma – worin bestehen die Unterschiede?
Gründe für eine Tracheostomie bei Kindern
Veränderungen der physiologischen Funktionen nach einer Tracheostomie
Die Auswirkungen der Tracheostomie auf die Atemfunktion/Respiration
Schluckfunktion und die Auswirkungen der Tracheostomie
Hinweise auf eine Schluckstörung bei Kindern
Ernährungssonden und der „normale“ Ernährungsweg
Tracheostoma und Sprach- bzw. Sprechentwicklung
Kanülenarten für Kinder
Der (Pflege-)Alltag mit einem tracheostomierten Kind
Absaugen von Sekret aus der Kanüle bzw. der Luftröhre
Stomapflege
Wechsel der Trachealkanüle
Kanülenwechsel bei Standardkanülen – nicht blockbar
Besonderes Vorgehen bei blockbaren Trachealkanülen
Techniken beim Einführen der Kanüle
Besonderheiten bei beatmeten Kindern und bei zusätzlichem Sauerstoffbedarf
Sprechaufsätze/Sprechventile für die Kanüle
Inhalation
Komplikationen
Notfallmanagement
Tracheostomaverschluss – wie und wann ist das möglich?
Unterwegs mit einem tracheostomierten Kind
Glossar
Hilfreiche Institutionen
Portal/Foren
Literatur
| Vorwort
Der Umgang mit einer Trachealkanüle, v. a. bei Kindern, ist nicht selten bei vielen Pflegekräften und Therapeuten mit einem Gefühl der Unsicherheit bis hin zur Abneigung und der Furcht verbunden, solche Patienten betreuen bzw. behandeln zu müssen. Im verstärkten Maß gilt dies natürlich für Eltern betroffener Kinder, die keinerlei Vorwissen haben und für die eine Trachealkanüle einen bedrohlichen Fremdkörper darstellt.
Woher kommen diese Ängste und die Abneigung? Im Wesentlichen sind fehlende Informationen für die Unsicherheit verantwortlich. „Warum? Wie lange? Was passiert wenn? Was kann oder muss ich tun?“ sind Fragen, die sich Eltern, aber auch das Fachpersonal stellen, wenn ihnen die Erfahrung mit Trachealkanülenpatienten fehlt.
Der vorliegende Ratgeber ist von erfahrenen und kompetenten Therapeutinnen und Pflegekräften geschrieben. Er soll helfen zu verstehen, wann eine Trachealkanüle notwendig ist, was sich durch eine Trachealkanüle ändert, welche Möglichkeiten es gibt, trotzdem eine vernünftige Lebensqualität zu erreichen oder sogar ganz von der Kanüle wegzukommen.
Durch diese Informationen wird man im Handling mit der Trachealkanüle vertrauter und kann so die Scheu vor dem Umgang abbauen und mögliche Komplikationen vermeiden. Wenn Eltern, Pflegekräfte und Therapeuten zu „Kanülenexperten“ werden, sehen sie die Trachealkanüle nicht mehr als Fluch an, sondern als Segen, als ein Instrument, das dem Kind hilft und nicht schadet. Der erste Einstieg in eine solche Expertise soll dieser Ratgeber sein.
Dr. Wolfgang Schlaegel
Schluckzentrum Fachklinik Ichenhausen
wolf.schlaegel@fachklinik-ichenhausen.de
| Tracheotomie vs. Tracheostomie
bzw. Tracheostoma –
worin bestehen die Unterschiede?
Die Anlage eines „Luftröhrenschnitts“ oder einer Tracheostomie ist nicht nur für die betroffenen Kinder ein „einschneidendes“ Erlebnis. Auch die Eltern stellt es vor eine große Herausforderung. Deshalb ist es wichtig, dass alle Beteiligten möglichst gut informiert ans Werk gehen und den Alltag bestreiten. Angst vor der ungewohnten Körperöffnung oder gar Abscheu ist da fehl am Platze. Damit die Familie sich möglichst bald auf die pflegerische Herausforderung einstellen kann und das Tracheostoma ihres Familienmitgliedes akzeptieren kann, erfolgen zunächst Informationen über die anatomisch-physiologischen Veränderungen. Manchmal hilft es, das Tracheostoma als „drittes Nasenloch“ zu sehen und es als solches anzunehmen.
Abb. 1: Schemazeichnung einer Tracheotomie
Die Bezeichnung „Tracheotomie“ bezeichnet im engeren Sinne den Luftröhrenschnitt, mit dem die Luftröhre von außen eröffnet wird (siehe Abb. 1). Dabei entsteht ein „Tracheostoma“. Dieser Begriff leitet sich aus dem Griechischen ab und bedeutet soviel wie Öffnung oder „Mund“ der Luftröhre.
In der Literatur und auch im alltäglichen medizinischen Sprachgebrauch wird oft synonym der Begriff „Tracheostomie“ verwendet, wobei dieser eigentlich nur für die plastisch chirurgische Operationsvariante genommen werden sollte, bei der nicht nur ein Schnitt oder „Loch“ in die Trachea gemacht wird, sondern ein bogenförmiger Schnitt die Luftröhre eröffnet. Der so entstandene Tracheallappen wird mit der Halshaut vernäht und die Fäden verbleiben einige Tage in der Wunde, bis sie stabil verheilt ist (siehe Abb. 2).
Abb. 2: Stabiles Tracheostoma ohne Kanüle
Obwohl die chirurgische Technik gegenüber der → perkutan dilatativen Tracheotomie (z. B. einer → Punktions- und Dilatationstracheotomie) bei Erwachsenen eine erhöhte Komplikationsrate mit Blutungen, Infektionen etc. aufweist, hat sie für den pflegerischen und therapeutischen Alltag einen wesentlichen Vorteil: Ein plastisch angelegtes Tracheostoma bleibt auch nach Entfernung der Trachealkanüle offen und kollabiert nicht, was den Kanülenwechsel sowohl für das Kind als auch für die durchführende Person stressfreier werden lässt.
Deshalb kann man davon ausgehen, dass bei Säuglingen und Kindern aufgrund der engen anatomischen Verhältnisse und der zarten Luftröhre die chirurgische Variante gewählt wird, also ein plastisch angelegtes Tracheostoma geformt wird. Doch in seltenen Fällen könnten erfahrene Intensivmediziner im Rahmen von Notfalleingriffen bei etwas größeren Kindern auch die → Punktionstracheotomie vorziehen und durchführen (vgl. Brauer et al., 2007), daher soll auch diese Variante im Ratgeber erwähnt werden.
Wenn in diesem Buch die Rede von einer „Tracheostomie“ ist, ist immer das chirurgisch angelegte Tracheostoma gemeint. Andernfalls wird die Formulierung „Tracheotomie“ bzw. „Punktionstracheotomie“ oder „Dilatationstracheotomie“ gewählt. Diese Unterscheidung ist sehr wichtig für das Trachealkanülenmanagement, ganz gleich ob bei Erwachsenen oder bei Kindern, da dadurch unterschiedliche pflegerische und therapeutische Maßnahmen notwendig werden. |
| Gründe für eine Tracheostomie bei Kindern
Die Anlage eines Tracheostomas bei Kindern dient zumeist der Sicherstellung der Atmung bei erworbenen oder auch angeborenen Störungen der Atemfunktion (z. B. bei Missbildungssyndromen, Muskelerkrankungen, → Tracheomalazie, anatomischen Veränderungen des Kehlkopfes). Bei akuten Ereignissen (z. B. → Asphyxie, → Hypoxie, → Schädelhirntrauma), die eine Beatmung notwendig machen, wird zumeist über einen → Beatmungstubus über Mund, Rachen und Kehlkopf die (Be-)Atmung sichergestellt. Dies sollte wegen zahlreicher Nachteile (z. B. Druckschädigungen des Kehlkopfes, besonders aber der Stimmlippen und der Luftröhre, Sedierungsbedarf, schlechte Mund- und Rachenpflege etc.) nur kurzzeitig erfolgen. Sobald eine längerfristige Beatmung/Langzeitbeatmung notwendig wird – bei Erwachsenen gilt dies ab 7–10 Tagen, bei Kindern ab 21 Tagen (Welschehold, 2013) –, sollte ein Tracheostoma angelegt werden.
Kanülenarten für Kinder)
Letzteres wird allerdings bei Kindern seltener der Grund für eine Tracheostomaanlage sein. Der sicher vorrangigste Grund für einen derartigen Eingriff ist die Sicherung der Atmung als vitale Funktion.