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Die Ohrfeige mit Spätzündung


Die Ohrfeige mit Spätzündung


1. Auflage

von: Friedrich Wolf

CHF 1.00

Verlag: Edition Digital
Format: PDF
Veröffentl.: 24.09.2024
ISBN/EAN: 9783689122584
Sprache: deutsch
Anzahl Seiten: 18

Dieses eBook enthält ein Wasserzeichen.

Beschreibungen

Die Ohrfeige mit Spätzündung ist eine ergreifende Erzählung aus den letzten Tagen des Zweiten Weltkriegs. In den unbarmherzigen Wintern der russischen Steppe treffen sowjetische Soldaten auf eine Gruppe versprengter deutscher Soldaten, die dem Tod nahe sind. Unter diesen Soldaten befindet sich der junge Werner K., der mit einer quälenden Erkenntnis ringt – eine Einsicht, die ihm erst spät bewusst wird. Die grausamen Erfahrungen des Krieges, die Begegnung mit der Menschlichkeit seiner Feinde und die Erinnerung an die Worte seines Bruders führen ihn zu einer schmerzhaften, aber kathartischen „Spätzündung“. Eine tief bewegende Geschichte über Schuld, Vergebung und die langsame Erleuchtung des Geistes inmitten der Kriegswirren.
Friedrich Wolf (* 23. Dezember 1888 in Neuwied; † 5. Oktober 1953 in Lehnitz) war ein deutscher Arzt, Schriftsteller und Dramatiker, der sich besonders durch seine politische und literarische Arbeit einen Namen machte.
Friedrich Wolf wurde als Sohn eines jüdischen Kaufmanns geboren. Er studierte von 1907 bis 1912 Medizin, Philosophie und Kunstgeschichte in verschiedenen deutschen Städten und promovierte 1913 in Medizin. Während des Ersten Weltkriegs diente er als Truppenarzt und entwickelte sich zum entschiedenen Kriegsgegner. Nach dem Krieg engagierte er sich politisch und wurde Mitglied des Arbeiter- und Soldatenrats in Dresden.
Wolf war ab 1928 Mitglied der KPD und verfasste zahlreiche politisch engagierte Werke. Sein bekanntestes Drama, "Cyankali" (1929), prangerte das Abtreibungsverbot des § 218 an und löste eine breite gesellschaftliche Debatte aus. Neben seiner literarischen Tätigkeit arbeitete er als Arzt und engagierte sich für die Rechte der Arbeiterklasse.
Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten emigrierte Wolf 1933 in die Sowjetunion, wo er weiterhin literarisch aktiv war und für Radio Moskau arbeitete. Während des Spanischen Bürgerkriegs versuchte er, als Arzt an den Internationalen Brigaden teilzunehmen, blieb aber in Frankreich. Nach Beginn des Zweiten Weltkriegs wurde er in Frankreich interniert, konnte jedoch 1941 mit sowjetischer Hilfe nach Moskau zurückkehren.
Nach dem Zweiten Weltkrieg kehrte Wolf nach Deutschland zurück und engagierte sich in der DDR kulturpolitisch. Er war Mitbegründer der DEFA und der Deutschen Akademie der Künste. Zudem diente er von 1949 bis 1951 als erster Botschafter der DDR in Polen. Friedrich Wolf starb 1953 an einem Herzinfarkt und wurde auf dem Zentralfriedhof Friedrichsfelde in Berlin beigesetzt.
Wolf hinterließ ein umfangreiches literarisches Werk, das durch seinen politischen und sozialen Einsatz geprägt ist. Seine Söhne Markus und Konrad Wolf setzten sein Erbe als bedeutende Persönlichkeiten der DDR fort.
Staatliche Auszeichnungen
1943: Orden Roter Stern
1949: Nationalpreis der DDR II. Klasse für das Theaterstück Professor Mamlock
1950: Nationalpreis der DDR I. Klasse für den Film Rat der Götter.
Natürlich interessierte mich das Schicksal meiner Landsleute. So stieg ich gleich auf den ersten Schlitten, auf dem bereits ein Feldscher und die alte Regimentsärztin mit zwei der deutschen Soldaten saßen. Während nun der eine Deutsche, ein schon älterer Mann, das russische Brot in Stücke brach, zwischen den Händen erwärmte und zu kleinen Kugeln klumpte, bevor er es in den Mund steckte, starrte der andere – ein junger Bartloser – mit leeren Augen vor sich hin. Er antwortete auch nicht auf meine Fragen, während ich mit dem Älteren nach kurzer Zeit ins Sprechen kam. Plötzlich sehe ich, wie der Jüngere sich selbst mehrmals ins Gesicht schlägt und dazu immer wieder das mysteriöse Wort ausstößt: „Spätzündung! – Spätzündung!“
Was soll das? Hat der Junge infolge der letzten furchtbaren Erlebnisse den Verstand verloren? In unregelmäßigen Abständen ohrfeigt er sich und stößt immer wieder dies eine Wort hervor.
Auch meine russische Kollegin ist der Meinung, dass es sich hier um eine traumatische Psychose handelt. Beim nächsten Halt nehme ich den älteren Soldaten mit auf einen anderen Schlitten, um ruhig mit ihm über den Jungen reden zu können. Aber auch er kann mir nur sagen, dass der Junge die letzten Tage wohl immer stiller und verschlossener geworden sei, dass aber „diese Ohrfeigerei“ erst jetzt begonnen habe. Mehr ist nicht zu ermitteln.
Am Abend, als die Schlittenkolonne heißes Wasser für die Mannschaft und etwas Heu und Stroh für die Pferde bei einer Krankensammelstelle fasst, übergeben wir die erkrankten und entkräfteten deutschen Soldaten dort dem Kommando. Ich suche noch einmal den Jungen auf, der offenbar in einer Wahnvorstellung sich mit dem merkwürdigen Wort „Spätzündung“ geohrfeigt hatte. „Du musst jetzt trinken, essen und dich waschen!“, sage ich zu ihm, indem ich seinen Kopf hebe. Er schaut mich aufmerksam an. Als ich gehen will, hält er meine Hand fest und fragt: „Wirklich … Brot?“
„Du kannst es essen, es ist nicht vergiftet“, rede ich ihm zu.
„Ich weiß. Das ist es ja nicht …“ Und plötzlich, als müsse er sich entlasten, rast er mir – meine beiden Hände ergreifend und an sich ziehend – eine seltsame Geschichte herunter. Ich muss mich zu ihm setzen, um in dem Lärm des mit Kranken, Fahrern und sowjetischen Soldaten überfüllten Raumes seine hingehasteten Sätze verstehen zu können.

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