Details
Gehirn&Geist 6/2020 Selbstkontrolle
Die Psychologie des VerzichtsGehirn&Geist
CHF 6.50 |
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Verlag: | Spektrum der Wissenschaft |
Format: | |
Veröffentl.: | 08.05.2020 |
ISBN/EAN: | 9783958924239 |
Sprache: | deutsch |
Anzahl Seiten: | 88 |
Dieses eBook enthält ein Wasserzeichen.
Beschreibungen
INoch nie wurde eine "e;Gehirn&Geist"e;-Ausgabe derart von der Realitat eingeholt, ja uberrollt, wie diese. Als wir Redakteure vor Monaten die dreiteilige Serie "e;Alltagsmoral"e; konzipierten, deren Abschluss die Titelgeschichte ab S. 12 bildet, hat sich niemand vorstellen konnen, welchen Raum der Verzicht im Denken und Handeln von uns allen bald einnehmen wurde: Verzicht auf soziale Kontakte, auf Fruhlingspicknicks und Sportevents, auf Theater, Konzerte sowie auf das Grundrecht der Versammlungs- und Bewegungsfreiheit. Obwohl die coronabedingten Einschrankungen nur temporar sind, stellt die gegenwartige Pandemie unser Zusammenleben derzeit auf eine harte Probe. Nebenbei lasst sie alte Fragen wieder brisant erscheinen - etwa die nach dem moralischen Wert des Kurzertretens. Naturlich dienen die Manahmen in Sachen Covid-19, vom Verzicht auf Omas Geburtstagsparty bis zur abgesagten Urlaubsreise, einem guten Zweck. Allen voran dem, Leben zu retten. Ganz ahnlich, wenn auch weniger offensichtlich gilt dies fur den Appell, zum Schutz des Klimas nicht so viel zu fliegen, mehr Gemuse statt Fleisch zu essen und das Auto ofter stehen zu lassen. Unabhangig davon, wie richtig das alles vom Standpunkt der Nachhaltigkeit ist, Verzicht fur eine hohere Sache hat immer auch eine psychologische Dimension. So wird die private Abstinenz oft stark moralisiert, also zur Pflicht fur jedermann erhoben wird. Sicher gibt es zig Argumente dafur zu verzichten; allerdings verzichten die meisten Menschen eher darauf, diese zur Kenntnis zu nehmen. Sollen doch die anderen anfangen! An mir geht die Welt bestimmt nicht zu Grunde - und uberhaupt, so klimaschadlich lebe ich ja gar nicht. Mit solcherlei Gedanken verkriechen sich einige immer tiefer in ein trotziges Weiter-so. Dabei gibt es kaum einen effektiveren Trick, um sich selbst aufzuwerten, als hier und da einmal Selbstkontrolle und Verantwortungsgefuhl zu beweisen - und sei es nur sich selbst gegenuber. Genau deshalb ist die Kunst des Verzichtens mit weit weniger Anstrengung und Opfern verbunden, als sich die meisten vorstellen konnen.