<p>Die Bedeutung der <em>Physiologus</em>- und Bestiarientradition im nordeuropäischen Mittelalter wurde bislang vorwiegend an zwei Artefakten des frühen 13. Jahrhunderts bemessen: den isländischen <em>Physiologus</em>-Fragmenten AM 673 a I/II 4to. Die allegorischen Tiernarrative dieser produktiven und variationsreichen Text- und Bildtradition hinterlassen jedoch darüber hinaus an vielen weiteren Stellen ihre Spuren. Ziel dieses Bandes ist, dem nordeuropäischen Kulturraum einen Platz im Forschungskomplex um <em>Physiologus</em> und Bestiarien zuzuweisen. Im Zentrum steht die Analyse der von Lateineuropa ausgehenden Transferwege des Text- und Bildmaterials und seiner Niederschläge in unterschiedlichen Medien und literarischen Gattungen des Nordens. Neben den isländischen <em>Physiologi</em> mit ihrem engen Bezug zur englischen Bestiarientradition demonstrieren Beispiele aus Enzyklopädik, religiöser Literatur und den originalen <em>riddarasögur</em> des Spätmittelalters das breite Spektrum der nordischen <em>Physiologus</em>- und Bestiarienrezeption. Das Buch untersucht die Modalitäten und Resultate solcher kulturellen Transfers und präsentiert damit zugleich einen ausführlichen Überblick über Berührungspunkte des Nordens mit der lateineuropäischen <em>Physiologus</em>- und Bestiarientradition. </p>