Fürstenkrone – 118 – Im Sturm der Leidenschaft

Fürstenkrone
– 118–

Im Sturm der Leidenschaft

Gelingt es Komtess Julia, eine Ehe zu zerstören?

Charlotte Berg

Impressum:

Epub-Version © 2016 KELTER MEDIA GmbH & Co. KG, Sonninstraße 24 - 28, 20097 Hamburg. Geschäftsführer: Patrick Melchert

Originalausgabe: © KELTER MEDIA GmbH & Co.KG, Hamburg.

Internet: http://www.keltermedia.de

E-mail: info@kelter.de

Dargestellte Personen auf den Titelbildern stehen mit dem Roman in keinem Zusammenhang.

ISBN: 978-3-74092-912-1

Weitere Titel im Angebot:

Es wird ein wundervoller Abend werden, dachte Brigitte von Elmenhorst. Dabei erstand vor ihren Augen das Bild eines jungen Mannes. Er war groß und hatte breite Schultern. Seine Arme waren stark, sein Haar so blond wie der Weizen im August.

Werner von Loyen!

Vor wenigen Wochen war er aus den Vereinigten Staaten zurückgekehrt und hatte im Club von seinen Erlebnissen berichtet.

Brigitte hatte ihren Vater an diesem Abend zum ersten Mal in den Club begleiten dürfen, und von Werner Loyens Bericht war sie fasziniert.

Oder war sie es von ihm? Hatte sie gar nicht so sehr auf das geachtet, was er sagte, sondern ihn nur angesehen?

Und er? Hatten seine Augen mitunter nicht länger auf ihr geruht, als es für seine Konzentration gut war?

Brigitte legte die Hände fester um das Eisengitter des kleinen Balkons, der ihrem Salon vorgebaut worden war.

Wie glücklich war ich an jenem Abend, dachte sie. Und heute ist es noch genauso. Immer wenn ich an Werner von Loyen denke, beginnt mein Herz heftig zu schlagen. Wenn ich ihm begegne, bringe ich vor Erregung kaum ein Wort hervor. Ich liebe ihn!

»Komtesse? Wo sind Sie denn, Komtesse?«, rief da eine aufgeregte Stimme.

»Es wird höchste Zeit!«

In der Balkontür erschien Martha.

»Hier finde ich Sie endlich! Gott sei Dank! Kommen Sie rasch, sonst muss der Herr Graf auf Sie warten. Sie wissen, wie wenig er das schätzt.«

Brigitte lächelte.

»Ach, Martha!«, seufzte sie. »Wie schön ist doch die Welt! Wie schön ist das Leben!«

Martha hatte für diesen Liebesseufzer wenig Verständnis.

»Ich lasse das Badewasser jetzt ein«, erwiderte sie prosaisch.

Brigitte folgte ihr.

»Aber heute muss es ganz besonders gut duften«, ermahnte sie ihre Zofe.

»Ich weiß schon, viel Badesalz ins Wasser«, erwiderte Martha. Alles, was sie sagte, hörte sich mürrisch an, doch sie meinte es nicht so. Sie war eine Seele von Mensch und stets dienstbereit.

Brigitte hatte sich rasch von einer Träumerin in ein flinkes junges Mädchen verwandelt. Als Martha das Badewasser bereit hatte, war Brigitte ausgekleidet.

»Und der Himmel hängt voller Geigen«, summte sie.

Plötzlich aber hielt sie inne.

Wenn Werner von Loyen nun gar nicht käme? Vielleicht hat er die Einladung ausgeschlagen, weil er zu einem Rendezvous mit einer anderen Frau geht?

Brigitte verspürte einen schmerzhaften Stich in der Herzgegend. Eifersucht! Das Zeichen dafür, dass sie ihr Herz an Werner von Loyen verloren hatte.

Ich will nicht an diese Möglichkeit denken, schärfte sie sich ein. Hat Werner nicht seit unserer ersten Begegnung immer wieder meine Nähe gesucht? Hat er nicht am vergangenen Sonntag mit mir Tennis gespielt?

Nein, wirklich, ich kann ihm nicht gleichgültig sein!, folgerte sie.

Aber hinterher hat er sich sehr lange mit Gitta von Trabandt unterhalten, erinnerte sie sich. Und es schien so, als wären die beiden sehr vertraut miteinander.

Sicher hätte Brigitte sich in diese Gedanken verrannt, die die Eifersucht ihr eingab, wenn Martha nicht erschienen wäre.

»Aber, Komtesse!«, rief sie erschrocken. »Sie sind noch immer im Bad? Wir werden sicher nicht mehr rechtzeitig fertig werden!«

»Ich bin gerade fertig«, lächelte sie und ließ sich von Martha den Bademantel um die Schultern legen.

Mit Marthas Hilfe war Brigitte rasch angekleidet und zurechtgemacht. Sie betrachtete sich kritisch im Spiegel.

»Sie sehen aus wie eine Prinzessin aus dem Märchen«, lobte Martha. »Wie schade ist es doch, dass die Frau Gräfin Sie so nicht mehr sehen kann.«

»Ach ja, Mama!«, erwiderte Brigitte versonnen. Wie gut wäre es, jetzt eine Mutter zu haben, der man alles anvertrauen kann, fügte sie in Gedanken hinzu.

Es klopfte an die Tür.

»Sehen Sie nach, Martha. Das wird der Graf sein. Sagen Sie ihm, dass ich fertig bin.« Sie stellte sich so, dass sie dem Grafen, wenn er eintrat, einen lieblichen Anblick bieten musste.

Es war wirklich Graf Elmenhorst, doch er schien nicht in der Laune zu sein, Brigittes neues Kleid zu bewundern. Er war sehr blass und wirkte nervös. Seine Hände ballten sich fortgesetzt zu Fäusten, um sich gleich darauf wieder zu lösen.

Das alles entging Brigittes Aufmerksamkeit, denn all ihre Gedanken galten dem bevorstehenden Abend. Ihr Herz war zu sehr erfüllt von dem Glück der ersten Verliebtheit.

Da Graf Elmenhorst nicht gleich ein Kompliment für seine hübsche Tochter fand, fragte sie ungeduldig:

»Wie gefalle ich dir, Papa?«

Graf Elmenhorst runzelte die Stirn. »Ach so. Nett siehst du aus«, lobte er dann, doch aus seiner Stimme klang Nervosität und Unruhe. »Aber du wirst trotzdem auf das Fest verzichten müssen. Ich kann dich nicht begleiten.«

Sie sah ihn entsetzt und ungläubig an.

»Wir werden nicht fahren? Aber, Papa, das kannst du mir doch nicht antun. Ich habe mich so sehr gefreut. Und dann das neue Kleid!« Sie strich mit den Händen über das elegante Modell. »Es wäre ja ganz umsonst gekauft! Und weißt du noch, mit wie viel Mühe ich es dir abgeschmeichelt habe?«

»Trotzdem werden wir hierbleiben müssen«, beharrte er. »Es gibt einen wichtigen Grund.«

Brigitte eilte auf ihn zu und legte die Arme liebevoll um seinen Nacken. »Nenn ihn mir, Papa«, bat sie. »Vielleicht ist er gar nicht so wichtig.«

»Ich kann mit dir nicht darüber sprechen«, erwiderte er gequält. »Du bist noch zu jung und würdest vieles nicht verstehen. Außerdem wüsstest du auch keinen Ausweg.«

Brigitte war so sehr mit ihren eigenen Problemen beschäftigt, dass sie noch immer nicht bemerkte, wie verändert der Vater war.

»Und könnte ich nicht ausnahmsweise einmal allein ausgehen, Papa?«, schmeichelte sie. »Du könntest doch in Traunstein anrufen. Onkel Bodo ist gewiss so nett, auf mich zu achten. O bitte, bitte, Papa, du musst es tun! Gerade auf diesen Abend habe ich mich so sehr gefreut.«

»Ich weiß nicht recht …«, zögerte der Graf.

»Es geht sehr gut, Papa. Du schickst mir später den Wagen und lässt mich abholen«, drängte sie. »Und Onkel Bodo wird gewiss gut auf mich achten. Er ist doch Mamas Bruder!«

Die Lippen des Grafen wurden schmal.

Ja, er ist mein Schwager, dachte er bitter. Aber er würde mir auch nicht helfen. Noch bevor ich eine Bitte ausgesprochen habe, hat er es mir zu verstehen gegeben. Dabei ist es kaum mein Verschulden, dass ich in diese Lage geraten bin. Das Schicksal war ganz einfach gegen mich. Es ist schwer, sich zu behaupten, und ich bin müde geworden dabei.

»Oh, bitte, Papa«, drängte Brigitte.

Vielleicht ist es besser, wenn sie nicht im Schloss ist, dachte Graf Elmenhorst. Es wird ohnedies für lange Zeit der letzte Abend sein, an dem sie sorglos glücklich sein darf.

»Also gut«, gab er nach. »Ich werde mit deinem Onkel telefonieren und ihn bitten, auf dich zu achten. Der Chauffeur kann in Traunstein auf dich warten. Ich brauche den Wagen heute Nacht nicht mehr. Nur eines bitte ich mir aus. Um ein Uhr verlässt du das Fest und kommst hierher zurück. Willst du mir das versprechen?«

»Ich wusste es ja, du bist der liebste und beste Papa, den es gibt«, jubelte sie. »Danke!«

Graf von Elmenhorst zog sie an sich.

Bin ich wirklich ein so guter Vater?, überlegte er. Vielleicht ist es das Letzte, was ich noch für sie tun kann. Liebevoll strich er ihr über das Haar. Oder wird sie morgen schon ganz anders über mich denken? Es ist gleichgültig. Ich kann nicht mehr zurück. Mir bleibt nur noch dieser eine Ausweg. Ich muss es tun!

»Amüsier dich gut, mein Kind«, wünschte er ihr. Dann beugte er sich hinab und küsste sie auf die Stirn. »Gute Nacht! Und …« Er wollte noch etwas sagen, doch weil er befürchtete, Brigitte könnte Verdacht schöpfen, unterließ er es.

Ihr glückliches Lächeln und ihre strahlenden Augen schmerzten ihn. Er folgte ihr hinaus auf den Gang und sah ihr nach.

Ein Weilchen noch blieb er stehen, als hoffte er, Brigitte könnte zurückkommen. Dann erst wandte er sich ab und ging davon.

Er kam an der Tür vorüber, die zum Schlafzimmer seiner jüngeren Tochter führte. Alles in ihm drängte danach, diese Tür zu öffnen und Julia noch einmal zu sehen. Er wusste, dass sie um diese Zeit noch schlief.

Nein, ich sollte sie nicht wecken, dachte er. Sie ist so sensibel. Und einmal muss der Abschied ja doch sein.

Ich werde ihr noch genug Kummer bereiten müssen, meiner Kleinen. Sie wird am meisten darunter zu leiden haben, denn Brigitte ist so schön, dass sie nicht mehr lange allein bleiben wird.

Der Graf wandte sich langsam ab. Seine Schritte waren bedächtiger als sonst. Seine Augen sahen das, was sich ihnen bot, aus der Sicht eines Abschiednehmenden.

*

Erst als Brigitte schon im Wagen saß und nach Schloss Traunstein fuhr, kam ihr zum Bewusstsein, dass ihr Vater schlecht ausgesehen hatte und auffallend nervös gewesen war.

Der Ärmste, dachte sie. Gewiss ist er völlig überarbeitet. Er hätte mich lieber begleiten sollen. Aber dann kehrten ihre Gedanken zurück zu Werner von Loyen.

Bei der Ankunft in Schloss Traunstein wuchs ihre Erregung noch.

Bodo von Traunstein hatte inzwischen mit seinem Schwager telefoniert und war auf Brigittes Erscheinen ohne Begleitung gefasst.

Dieter von Traunstein erwartete seine Kusine in der Halle.

»Guten Abend! Ich freue mich, dass du gekommen bist«, begrüßte er sie. »Papa hat mich dir zum Tischherrn bestimmt. Ich hoffe, es ist dir angenehm.« Er sah sie herausfordernd an.

Brigitte mochte Dieter nicht. Seine Blicke machten sie verlegen, und seine Art, um sie zu werben, war ihr peinlich. Aber dann sagte sie sich: Ich muss mich darüber hinwegsetzen und mich freuen, dass ich heute Abend hier sein darf. Die Hauptsache ist doch, dass ich Werner von Loyen wiedersehe.

»Natürlich ist es mir angenehm, dich zum Begleiter zu haben, Dieter«, antwortete sie und legte ihre Hand auf den Arm, den er ihr bot.

»Für mich gibt es nur eine Frau, dich! Muss ich es dir immer wieder sagen? Wann wirst du es mir endlich glauben?«, erwiderte er leidenschaftlich.

»Aber, Dieter! So etwas kannst du mir doch nicht jetzt sagen!«, ermahnte sie ihn.

Er warf den Kopf trotzig in den Nacken.

»Warum nicht?«, fragte er. »Es kann ruhig alle Welt wissen, dass ich dich …«

»Um Gottes willen, Dieter!«, unterbrach Brigitte ihn beschwörend.

Dieter blieb stehen. Er fasste nach ihrer Hand und sah Brigitte eindringlich an.

»Gibt es einen anderen?«, fragte er. »Sag ihm, er soll sich vorsehen.«

Gewiss hätte Brigitte in diesem Moment etwas sehr Undamenhaftes geantwortet, wenn nicht im gleichen Augenblick der Mann eingetroffen wäre, dem all ihre Gedanken galten, seit sie ihm begegnet war, Werner von Loyen.

Mit schnellen Schritten eilte er auf Brigitte zu.

»Gnädige Frau!«, rief er freudig erregt. »Sie hier zu sehen, ist eine liebe Überraschung für mich.«

Sie reichte ihm lächelnd die Hand. »Ich freue mich auch, Sie zu sehen, Graf Loyen«, entgegnete sie, und dabei strahlten ihre Augen ihn glücklich an.

»Sie sind allein?«, erkundigte er sich. »Ich hoffe, es ist nichts Ernsthaftes, das Ihren Herrn Vater davon abhielt, Sie hierher zu begleiten.«

Brigitte schüttelte den Kopf.

»Nein, nur Arbeit. Er gönnt sich keine Ruhe.«

Werner nickte. Wer in so einer Lage steckt, wird sich selten Ruhe gönnen, dachte er. Laut aber sagte er: »Wenn Sie gestatten, gnädige Frau, werde ich versuchen, Ihnen den Schutz zu bieten, den Ihr Herr Vater Ihnen sonst geben würde.«

Brigitte sah ihn strahlend an. »Sie wollen sich mir widmen?«, fragte sie, noch immer ungläubig, und dachte an Gitta von Trabandt.

»Wenn Sie gestatten.«

Da lächelte sie glücklich zu ihm auf.

»Sehr gern«, versicherte sie und schob ihre Hand auf den Arm, den Werner ihr reichte.

Mit verbissenem Gesicht hatte Dieter die Unterhaltung verfolgt.

»Entschuldigen Sie, Herr von Loyen«, sagte er nun. »Mein Vater hat mich bereits zum Begleiter der Komtesse bestellt. Sie gestatten also …«