Emma Hart
Love Games - Spiel ohne Regeln
Roman
Aus dem Amerikanischen von Tanja Hamer
FISCHER E-Books
Emma Hart schreibt nachts und am liebsten über Magie, Küsse und heiße Typen mit schwarzem Humor. Sie ist gern und viel beschäftigt – außer die Beschäftigung hat mit dem Abwasch zu tun, obwohl ihr dabei oft die besten Ideen kommen.
Weitere Informationen, auch zu E-Book-Ausgaben, finden Sie bei www.fischerverlage.de
© S. Fischer Verlag GmbH, Frankfurt am Main 2013
Covergestaltung: bürosüd°, München
Coverabbildung: bürosüd°, München
ISBN 978-3-10-403041-8
Erschienen bei FISCHER E-Books
Die amerikanische Originalausgabe erschien 2013 unter dem Titel ›The Love Game‹ im Verlag CreateSpace Independent Publishing Platform
© 2013 by Emma Hart
Für die deutschsprachige Ausgabe:
© S. Fischer Verlag GmbH, Frankfurt am Main 2014
Abhängig vom eingesetzten Lesegerät kann es zu unterschiedlichen Darstellungen des vom Verlag freigegebenen Textes kommen.
Dieses E-Book ist urheberrechtlich geschützt.
ISBN 978-3-10-403041-8
Love Games – Spiel ohne Regeln
Ich hab ihn auf den ersten Blick gehasst.
Dabei bin ich gar nicht so der Typ dafür, ich komme eigentlich mit jedem aus. Aber irgendwas an Braden Carter macht mich wahnsinnig – und zwar seit ich ihn vor fünf Wochen das erste Mal gesehen habe.
Vielleicht ist es sein arrogantes, selbstgefälliges Lächeln, wenn er merkt, dass Mädchen ihm schmachtende Blicke zuwerfen. Oder es ist die Art und Weise, wie er diese Mädchen dann von oben bis unten mustert, als würde er sie mit Blicken ausziehen. Vielleicht ist es auch sein angeberisches Gehabe oder seine Scheiß-drauf-Einstellung oder das Wissen, dass er einfach jedes Mädchen auf dem Campus haben kann. Oder eher – jedes Mädchen im Land.
Vielleicht ist es die Tatsache, dass ich mich gegen meinen Willen zu ihm hingezogen fühle. Und dass er mich an all das erinnert, was ich hinter mir lassen wollte, als ich aus Brooklyn fort bin.
Schnell schüttle ich die Gedanken ab und lasse meinen Blick über den Raum des Verbindungshauses schweifen. Es ist ein verzweifelter Versuch, ihn zu ignorieren. Was nicht einfach ist, weil ihm drei Mädels am Arm hängen – und an anderen Körperteilen, die ich jetzt nicht nennen möchte. Hab ich schon erwähnt, dass er verboten heiß aussieht?
Er ist der Typ Surferboy mit von der Sonne ausgeblichenen Haaren. Für seine Haarfarbe würden viele Frauen beim Friseur ein Vermögen lassen – und tun es bestimmt auch. Dann hat er diese krass blauen Augen, die durch den Kontrast mit seiner gebräunten Haut noch betont werden. Ich muss ja sicherlich nicht erwähnen, dass er einen perfekten, muskulösen Körper hat. Immerhin sind wir in Kalifornien, und hier kann jedes Kind surfen, noch bevor es laufen lernt.
»Kannst du mal aufhören, ihn anzugaffen?« Kayleigh gibt mir einen Stups mit dem Ellenbogen.
»Das ist ungefähr so unwahrscheinlich wie eine plötzliche Striptease-Nummer mit mir in der Hauptrolle«, erwidere ich.
»Süße, da weiß ich aber eine Menge Typen, die das zu schätzen wüssten.«
Ich seufze. Kyle zwinkert mir über die Bar hinweg aus der Küche zu. »Die können schön weiter träumen. Das wird nicht passieren, Kay.«
»Schade.« Sie grinst mich an. »Ich muss sagen, ich würde nicht wegschauen.«
Ich schüttle den Kopf, muss aber doch lächeln. Seit sie vor fünf Wochen in unser Wohnheim eingezogen ist, war Kay offen mit ihren sexuellen Neigungen. Kay ist bisexuell, und es ist ihr egal, dass alle das wissen. Ich hab sie von Anfang an dafür respektiert, ich finde ihre offene Art sehr erfrischend.
»Du bist unverbesserlich«, schimpfe ich lachend.
»Hey, wo die Liebe hinfällt.« Sie zwinkert mir zu und schnipst dann in Richtung Kyle. »Bar-Affe, lass mal was zu trinken rüberwachsen!«
»Warte nur, bald bist du dran, Nervensäge«, erwidert Kyle, während er zwei Shotgläser mit Wodka füllt und sie jemandem am anderen Ende der Theke reicht.
»Ich wette, er wäre sofort gesprungen, wenn du gefragt hättest«, motzt Kay nicht wirklich leise.
»Wo sie recht hat …« Kyle dreht sich um und schenkt mir sein Tausend-Watt-Lächeln. »Möchtest du etwas trinken, Schönheit?«
»Nein danke, ich bin versorgt.« Ich lächle höflich. »Aber Kay will was, oder?«
»Papperlapapp.« Kay lehnt sich nach vorn und schlägt mit der Handfläche kräftig auf den Tresen. »Mach uns vier Wodka, Kyle. Heute Abend zeig ich Miss Maddie hier mal, wie man Stimmung macht.«
»Kommt sofort!« Er holt vier Shotgläser und reiht sie auf der Theke auf.
»Kay«, zische ich ihr zu. »Du weißt doch, dass ich nichts trinke!«
»Bisher nie getrunken hast«, korrigiert sie. »Jetzt schon.«
»Kay!«
»Maddie!«, äfft sie meinen Tonfall nach und nimmt von Kyle die Gläser entgegen.
»Hier, Süße, wir spielen jetzt ›Eins, zwei, hau weg‹. Das bedeutet: Nicht nachdenken, nicht kleckern. Nur runter damit.«
»Das wird fatal«, murmele ich und nehme in jede Hand ein Glas. Der Geruch des starken Alkohols steigt mir in die Nase. »Wenn ich kotzen muss, machst du es sauber.«
»Klar doch«, meint Kay augenzwinkernd. »Bereit? Eins, zwei, hau weg!«
Kippen. Schlucken. Kippen. Schlucken.
Meine Kehle brennt, als ich den Alkohol schlucke. Ich klopfe mir auf die Brust, als ob das irgendwie gegen das heiße, rote Gefühl darin helfen würde.
Kyle grinst mich an. »Dachte, du trinkst nicht?«, ruft er mir zu.
»Tue ich auch nicht.« Ich stelle die leeren Gläser vor mir ab.
»Die hat’s faustdick hinter den Ohren.« Kay wischt sich das Kinn ab. »Bist du sicher, dass du noch nie was getrunken hast, Mads?«
Ich zucke mit einer Schulter, die Lüge kommt mir leicht über die Lippen. »Klar, hab ich mal ’n bisschen mitgetrunken, aber ich war nie betrunken.«
»Das wird sich heute ändern!« Kay haut wieder auf den Tresen. »Kyle, noch mal sechs Shots!«
»Von was denn?«
»Was auch immer du in die Scheißgläser tun willst.«
»Mach zwölf draus«, kommt es von der Seite. Lila schiebt sich auf den Barhocker neben mir. »Drei für mich, drei für Megan. Die kommt auch gleich.«
»Zwölf Stück? Was glaubt ihr eigentlich, wie viele von diesen Gläsern ich hab?« Kyle grinst und öffnet einen Schrank. Auf einem Regalbrett stehen fein säuberlich aufgereiht lauter Shotgläser.
»Ich beneide nicht denjenigen, der die morgen alle spülen muss«, bemerke ich.
»Derjenige ist Braden.« Kyle lacht. »Ich dagegen bin derjenige, der sie den hübschen Ladys servieren darf. Blöd für ihn, gut für mich.« Er lehnt sich vor und stellt drei Gläser vor mir ab. Er hat sein unwiderstehlichstes Lächeln aufgesetzt, das wohl jedes andere Frauenherz zum Schmelzen gebracht hätte. Ich hingegen ziehe nur die Augenbrauen hoch und warte, bis alle anderen ihre Shots vor sich stehen haben.
»Was hab ich verpasst?« Megan quetscht sich zwischen mich und Lila und hüpft aufgeregt auf und ab. Ihre blonden Haare wippen dabei. »Uuh, so viele Shots? Gibt’s was zu feiern?«
»Maddie will sich betrinken!«, verkündet Kay und hebt eins der Gläschen in die Luft.
»Nein, nicht im Ernst!« Megan schaut mich erstaunt von der Seite an. »Echt jetzt?«
»Sieht ganz so aus«, gebe ich trocken zurück.
»Komm schon, Mads. Das wird lustig!« Sie hüpft wieder, und Kyles Augen wandern zu ihrem Busen. Megan ist, was das angeht, äußerst gut ausgestattet, und das lässt sie gern alle Welt wissen.
»Schluss mit dem Gelaber!« Lila schnaubt und hebt ihr Glas. »Eins, zwei, hau weg?«
»Logo, was sonst!« Kay lacht und nimmt auch schon ihr zweites Glas in die andere Hand.
Ich hole tief Luft und schnappe mir ebenfalls zwei Gläser. Was ist denn nur los mit mir heute Abend? Ich trinke doch sonst nicht, zumindest nicht so. Ich darf die Kontrolle nicht verlieren.
»Hau weg!«, ruft Kay.
Eins. Zwei. Feuer.
Huiiiii.
Ich blinzle ein paarmal und schlucke. »Heilige Sch… Schande.«
»Es funktioniert.« Lila kichert. »Maddie flucht sonst nie.«
»Ich hab doch nicht geflucht«, protestiere ich. »Schande ist kein Schimpfwort.«
»Na gut, du hast fast geflucht.« Sie rollt mit den dunklen, mit schwarzem Kajal umrandeten Augen. »Ich sag’s euch, bevor die Nacht zu Ende ist, wird sicher noch ein ganz böses Schimpfwort über diese süßen rosa Lippen kommen.«
Ich widerstehe dem Drang, selbst die Augen zu verdrehen.
»Von diesen süßen rosa Lippen hätte ich auch gern was«, meint Kyle und zwinkert mir zu.
»Verdammtes Schwein!« Kay langt über die Theke und boxt ihm an den Oberarm.
»Mann, Kay, du hast vielleicht ’nen Schlag drauf. Ist deine Faust aus Eisen, oder was?« Er reibt sich den Arm.
»Für dich, lieber Kyle, mach ich sie extra hart.« Sie grinst ihn an, steht auf und fasst mich an der Hand. »Komm, Baby Girl, wir gehen ’n bisschen abtanzen!«
Ich werfe Lila einen Hilf-mir-Blick zu und ziehe Megan am Shirt.
»Jaja, schon gut, ich komm mit!« Megan dreht sich um und zieht Lila hinter sich her.
Der andere Raum ist total überfüllt. Die Musik wummert aus den Lautsprechern, und Körper umkreisen sich, reiben sich aneinander. Ein Pärchen knutscht auf dem Sofa rum – o mein Gott. Nein, das ist definitiv mehr als Knutschen.
Ich schaue schnell weg und lass mich von den Mädels in die wabernde Menge ziehen. Der Alkohol breitet sich in meinen Gliedern aus, und ich entspanne mich ein wenig. Alkoholmäßig bin ich für den Abend bedient. Alles andere wäre Leichtsinn.
Megan schnappt sich meine Hand und tanzt mit mir. Sie will, dass ich aus mir herausgehe, loslasse, verrückt bin. Und darum geht es hier. Erst saufen, dann abtanzen. Diese Mädels machen mich fertig.
»Mach dich mal locker, Baby Girl!«, ruft mir Kay zu. »Mr Carter höchstpersönlich glotzt dich und deinen kleinen sexy Körper an!«
Phantastisch. Genau, das wollte ich nicht – die Nächste auf seiner To-do-Liste sein. Einer sehr, sehr langen Liste.
»Der kann ruhig glotzen«, erwidere ich und entdecke ihn, wie er aus seiner Ecke zu uns rüberschaut. »Aber dabei wird’s auch bleiben.« Ich drehe ihm den Rücken zu.
Lila lehnt sich etwas vor, schüttelt ihr dunkles Haar. »Dem gehört mal ein Dämpfer verpasst. Ich meine, wir wissen alle, dass er in Sachen Aussehen mehr abbekommen hat als andere – aber eben auch in Sachen Ego.«
»Allerdings«, stimmt Megan zu. »Aber so war er schon immer. Das ist halt Braden.«
Megan und Braden kommen aus derselben Stadt. Ihre Eltern waren offenbar gut miteinander bekannt, so dass sie quasi zusammen aufgewachsen sind. Abgesehen von unserer Gruppe, ist sie das einzige Mädchen auf der Party, das ihm nicht zu Füßen liegt.
»Wisst ihr was?«, meint Kay.
Ich schiele zu Braden rüber, der schon grade eine Blondine am Start hat. »Was denn?«, frage ich und wende mich angewidert von Braden und seiner neuen Eroberung ab.
»Dem Typ sollte man mal zeigen, wie es sich anfühlt, wenn man so behandelt wird, wie er das mit seinen Mädchen tut. Erst benutzen und dann wegwerfen.«
Plötzlich sind alle Augen auf mich gerichtet. Ich schüttle vehement den Kopf und weiche einen Schritt zurück. »Nein, nein, nein. Kommt nicht in Frage!« Ich mache auf dem Absatz kehrt und verlasse den Raum, drängle mich durch die vollgepackte Küche in Richtung Garten. Die drei Mädels folgen im Schlepptau.
»Mads, das wär so lustig!« Lila nimmt meine Hand und wippt aufgeregt auf den Fußspitzen. »Komm schon!«
»Mmh …« Megan schaut zum Haus zurück und dann auf mich. »Ich finde auch, der wär mal fällig.«
»Jetzt hört aber auf!« Wieder schüttle ich heftig den Kopf.
»Du musst es ja nur einmal mit ihm machen«, versucht Kay mich zu überreden. »Mal davon abgesehen, er ist schon ganz nett anzuschauen, oder etwa nicht? Den Knackarsch würd ich eigentlich ganz gern mal nackt sehen.«
»Dann mach du es doch!«
»Nee.« Megan seufzt theatralisch. »Das geht nicht. Kay ist vielleicht bi, aber jeder weiß, dass sie mehr auf Frauen steht. Also wird er sich nicht darauf einlassen. Lila hat einen Freund, der auch noch ein guter Freund von ihm ist. Und ich bin mit ihm aufgewachsen. Er ist so ’ne Art Bruder für mich. Also bleibst nur du übrig.«
»Ich verstehe nicht, was wir davon haben sollten?« Ich schaue eine nach der anderen fragend an.
»Genugtuung, weil der Typ endlich mal nicht bekommt, was er möchte.« Kay zuckt mit den Schultern. »Komm schon, Mads. Es wird nur zwei Wochen, maximal drei, dauern.«
»Vielleicht einen Monat«, korrigiert Megan. »Danach wird er sich langweilen, oder er wird sich in dich verlieben. Er beobachtet dich wirklich die ganze Zeit, Mads. Auch während des Unterrichts, wenn du es nicht merkst. Und er weigert sich, mit mir über dich zu reden. Das bedeutet, dass er auf dich steht. Normalerweise krieg ich nämlich immer eine Zusammenfassung seiner Wochenend-Eroberungen.«
»Außerdem kennt Megan ihn gut genug und weiß, wie er tickt«, meint Lila. »Das ist auf jeden Fall ein Vorteil.«
»Ein Nein werdet ihr wohl nicht akzeptieren, was?« Ich seufze und fahre mir mit der Hand durch die Haare.
»Auf gar keinen Fall.« Kay schüttelt bestimmt den Kopf.
»Ach, was soll’s. Scheiße. Das werde ich mit Sicherheit noch bereuen.«
»Maddie Stevens. Deine Mission – falls du sie annimmst –«, sie grinst uns an und streckt die Hand aus. Lila und Megan legen ihre Hände darauf. »Ist es, den Playboy mit seinen eigenen Waffen zu schlagen. Nimmst du die Herausforderung an?«
Ich atme tief ein. Alles in mir schreit nein und rät mir, schnell wegzulaufen und das alles hinter mir zu lassen. Den Playboy mit seinen eigenen Waffen schlagen? Den Typ, den ich hasse, weil er alles verkörpert, was ich hinter mir lassen wollte, als ich nach Kalifornien gekommen bin.
Statt wegzulaufen, lege ich meine Hand auf die Hände meiner Freundinnen. »Herausforderung angenommen.«
Ich hab keinen blassen Schimmer, wer die Tussi ist, die mir da am Arm hängt. Bin mir ziemlich sicher, dass ich sie noch nie im Leben gesehen hab. Aber sie ist irgendwie heiß, hat schöne Titten. Sie kann ruhig noch ’ne Weile an mir kleben. Allerdings ist sie nicht heiß genug, um sie flachzulegen.
Blondie drückt mir ihre Lippen ans Ohr, und ich versuche, mein Zusammenzucken dadurch zu verbergen, dass ich mich schnell im Raum umschaue. Mein Blick findet Maddie Stevens – Prinzessin der Berkeley-Universität.
Sie sitzt mit dieser Bisexuellen an der Bar. Shit, wie hieß die noch gleich? Ach, egal. Megan und Lila sind mit von der Partie. Ich beobachte, wie sie sich einen Shot nach dem anderen von irgendwas, das Kyle ihnen eingeschenkt hat, hinter die Binde kippt. Sie schüttelt ihre langen, braunen Haare, und die Bisexuelle zieht sie auf die Tanzfläche.
Meine Augen wandern über ihren Körper, und nur nebenbei nehme ich wahr, dass Blondie sich auf meinen Schoß gesetzt hat. Zwei harte Kugeln pressen gegen meine Brust, und ich weiß sofort, dass sie falsche Brüste hat. Die wären auch zu schön, um wahr zu sein.
Megan nimmt Maddies Hand, und sie lächelt, fast schüchtern. Dann bewegt sie sich zum Rhythmus der Musik und Fuck, ihre Schüchternheit ist weg. Sie fährt sich mit der Hand durch die Haare, und ihre Hüfte bewegt sich genau im Takt. Sie hebt den Blick, und ihr Lächeln wirkt jetzt selbstbewusster.
»Sie ist so verdammt heiß«, stöhnt Aston, der neben mir auftaucht. Ryan folgt hinter ihm.
»Maddie?«, frage ich, ohne den Blick von ihrem sich bewegenden Körper abzuwenden.
»Wer ist Maddie?«, haucht Blondie. Fuck, die hatte ich ganz vergessen!
In genau diesem Moment schaut Maddie zu mir rüber, und ihre hellgrünen Augen erblicken Blondie auf meinem Schoß. Sie verzieht angewidert die Lippen und dreht sich weg.
»Niemand, über den du dir dein süßes Köpfchen zerbrechen solltest.« Ich schiebe sie von meinem Schoß. »Sei ein Schatz und hol mir ein Bier, ja?«
Sie klimpert mit mascaraverkrusteten Wimpern. »Geht klar.« Sie hüpft von mir runter, und ich gebe ihr schnell einen Klaps auf den Arsch. Meine Aufmerksamkeit ist schon bei den Jungs.
»Wer war das denn?«, will Ryan wissen.
»Gute Frage, Mann«, antworte ich achselzuckend. »Irgendeine Tussi.«
Ich bemerke, wie Maddie sich durch die Menge schiebt, Megan, Lila und die Bisexuelle im Schlepptau.
»Hey, meint ihr, die hätten was dagegen, wenn ich es mal bei ihr versuche?«, fragt Aston, der Maddie ebenfalls mit den Augen folgt.
»Megan würde dich windelweich prügeln.« Ryan gibt ihm einen Stoß in die Rippen und lehnt sich ans Sofa. »Lila und Kay bestimmt auch.«
Kay. Stimmt, so heißt die Bisexuelle.
»Maddie würde sogar mir einen Arschtritt verpassen«, gebe ich zu. »Die Frau musst du schon vor den Altar führen, ehe die dich ranlässt.«
»Heiraten? Drauf geschissen.« Aston schüttelt den Kopf. »Ich bin viel zu heiß für so ’nen Mist, Mann.«
Er hat nicht ganz unrecht, zumindest was die Frauen hier angeht. Aston hat nie Probleme, eine für ’ne heiße Nacht zu finden. Am Wochenende auch mal zwei.
»Heiraten?«, wiederholt Ryan. »Ach was, du musst nur dafür sorgen, dass sich die Frau in dich verliebt. Zack, hast du sie da, wo du wolltest: samt ihrem süßen Arsch. Und heiß ist sie auch noch.«
Ich lege meinen Kopf schief und schaue meine Kumpels nachdenklich an. »Sie ist wie eine verdammte Porzellanpuppe. Wenn man sie zu hart anpackt, zerbricht sie.«
»Ich würde sie gerne zum Bersten bringen«, höhnt Aston. »Nur ohne diese Liebes-Scheiße.«
»Ich glaub, du könntest sie so weit bringen.« Ryan schaut mich an und nimmt einen Schluck Bier.
»In einer Woche?« Aston sieht mich fragend an.
»Nee«, erwidere ich.
»Dann in einem Monat.« Ryan klingt überzeugt. »Sie ist vielleicht ’ne harte Nuss, aber du wirst sie in einem Monat knacken. Du schaffst das, Braden.«
»Mann, dir ist schon klar, dass sie ’ne Freundin von deiner Freundin ist, oder? Du willst, dass ich sie dazu bringe, sich in mich zu verlieben, dann soll ich sie ficken und wieder fallenlassen? Meinst du, das ist eine gute Idee?« Nicht, dass ich etwas dagegen hätte, Maddie Stevens zu ficken. Ehrlich gesagt, ich würde sogar dafür bezahlen, um diese Chance zu bekommen.
Ryan zuckt mit den Schultern. »Als ob Lila das jemals rausfinden würde. Der Plan bleibt unter uns. Und dass Braden Carter sich ’ne Frau klarmacht, ist jetzt nicht wirklich auffällig.«
»Tu es.« Aston grinst lüstern. »Mach, dass sie sich in dich verliebt. Wenn das jemand schafft, dann du.«
»Weiß nicht.« Ich lehne mich zurück und beobachte die Tanzfläche. Sie ist zurück. Alle vier sind zurück.
Sie macht wieder diese Sache mit ihrer Hüfte, lässt sie von einer Seite zur anderen schwingen. Dann schüttelt sie leicht die Haare und lacht. Lila winkt übertrieben auffällig in Ryans Richtung, und er grinst zurück. Lila dreht sich wieder zu den Mädels um und sagt etwas. Daraufhin schaut auch Maddie über ihre Schulter. Unsere Blicke treffen sich. Ich lächle wie auf Kommando – mein spezielles Lächeln, womit ich normalerweise alles bekomme. Dann zwinkere ich ihr zu. Ihre von Lipgloss glänzenden Lippen verziehen sich zu einem schwachen Lächeln, bevor sie sich wieder umdreht. Ihre Haare schwingen durch die schnelle Bewegung.
»Also?« Ryan kommt von hinten und klemmt sich meinen Kopf unter den Arm. Er rubbelt mir mit der Faust über die Haare. »Tust du’s?«
»Herausforderung angenommen, Männer«, sage ich und verschränke die Hände hinter dem Kopf. »In einem Monat werde ich Maddie Stevens so weit haben, dass sie in mich verliebt ist und bereitwillig mit mir ins Bett steigt. Darauf könnt ihr einen lassen.«
Ich rolle mich zur Seite und kneife die Augen zusammen. Das helle Tageslicht, das durch die Vorhänge dringt, verursacht mir Kopfschmerzen. Wie viel hab ich nur getrunken gestern Abend? Offenbar zu viel.
»Guten Morgen, Sonnenschein!«, ruft Kay und wirft krachend die Tür hinter sich zu.
»Nein, kein Sonnenschein heute.« Ich vergrabe mich unter meinem Kopfkissen.
»Ich hab Kaffee und Muffins!« Sie zieht mir das Kissen weg, und ich öffne stöhnend die Augen.
»Warum nur? Warum?«
»Warum was?«
»Warum fühle ich mich, als ob eine Herde Gnus über mich gerannt wäre?«
»Erstens habe ich keine Ahnung, was Gnus sind, und zweitens nennt man das einen Kater.« Kay hält mir einen Pappbecher mit Kaffee hin. Sie hat meine Lieblingsmuffins mitgebracht: Blaubeer.
Ich setze mich auf und nehme ihr den Kaffee ab. Mit der anderen Hand schnappe ich mir einen Muffin. »Danke. Wieso bist du eigentlich so fit?«
»Ich bin ein absoluter Glückspilz.« Sie lacht und schmeißt sich auf ihr Bett. »Ich bekomme nie ’nen Kater. Du allerdings schon, so wie es aussieht. Megs geht es ähnlich. Sie kommt dann den ganzen Tag nicht aus dem Bett.«
»Klingt nach ’nem Plan.« Ich nippe vorsichtig an meinem Kaffee.
»Nichts da, Missy«, flötet Kay, »wir haben heute viel vor.«
»Was denn?«
Sie zieht eine Augenbraue hoch. »Erinnerst du dich an unsere Abmachung von letzter Nacht? Ihre Mission, Ms Bond?«
Ach ja. Den Playboy mit seinen eigenen Waffen schlagen. »Ich dachte, das war nur ein Scherz.«
»Wann habe ich jemals gescherzt, wenn es um etwas so Ernstes wie Sex geht?«
»Schon gut, schon gut.« Ich seufze. »Und was haben wir dann Tolles zu tun, heute?«
»Wir müssen dringend einen Schlachtplan entwerfen!« Sie setzt sich in einen Schneidersitz und wippt auf ihrem Bett hin und her.
»Einen Schlachtplan?«, wiederhole ich stumpfsinnig.
»Na klaahar! Hast du etwa gedacht, wir gehen die Mission im Blindflug an? Auf keinen Fall, Schätzelein.« Sie schüttelt vehement den Kopf. »Braden Carter hat mehr Charme als ein irischer Kobold –«
»Die es gar nicht gibt.«
»Und das heißt, er ist gefährlich. Du versuchst, ihn dazu zu bringen, sich in dich zu verlieben – aber wenn er sich ordentlich ins Zeug legt, bist du am Ende vielleicht diejenige, die sich verliebt hat.«
»Dann könnte ich nicht mit ihm schlafen und ihn dann eiskalt fallenlassen. Das würde das ganze ›Schlag den Playboy mit seinen eigenen Waffen‹-Prinzip unterlaufen.« Ich seufze.
»Ganz genau!« Sie klatscht in die Hände. »Also brauchen wir einen narrensicheren Plan, der sicherstellt, dass er sein Herz verschenkt, du deins aber behältst. Alles andere wäre eine Katastrophe.«
»Kay, ich weiß nicht so recht.« Ich seufze wieder. »Braden Carter verliebt sich doch nicht. Wenn er überhaupt eine Maxime im Leben hat, dann ist es doch wohl die. Dicht gefolgt von: Regeln haben ist was für Loser. Und ich hab nur einen Monat Zeit dafür, richtig? Ich weiß echt nicht, ob das möglich ist.«
»Nichts ist unmöglich, wenn man nur fest genug dran glaubt.«
»Aber ich weiß ja nicht mal, ob ich dran glaube.«
»Das wirst du schon noch.« Kay klingt wild entschlossen.
»Ich hoffe, du hast recht«, erwidere ich. »Denn das könnte auch voll nach hinten losgehen, wenn du mich fragst.«
»Klopf, klopf.« Lila öffnet die Tür. Megan betritt mit ihr das Zimmer, eine riesige Rolle Papier und Eddingstifte unter dem Arm.
»Was soll das denn?« Mir schwant nichts Gutes.
»Mission ›Schlag den Playboy mit seinen eigenen Waffen‹!« Megan setzt sich zwischen den zwei Betten auf den Boden. Sie breitet das Papier vor sich aus und fixiert die Ecken mit Büchern, damit es sich nicht wieder aufrollt. Dann schreibt sie »Mission Schlag den Playboy mit seinen eigenen Waffen« oben auf den Papierbogen.
Ich kann nur ungläubig den Kopf schütteln. Machen wir das grade wirklich? Ich hatte eigentlich gedacht, dass man auf dem College erwachsen wird, aber da lag ich wohl falsch. Ich fühle mich wie mit dreizehn, als ich mir nichts sehnlicher wünschte, als dass sich meine erste große Liebe in mich verliebte.
»Hör auf, den Kopf zu schütteln.« Lila springt zu mir aufs Bett. »Das wird schon klappen. Du kriegst das hin.«
»Euch ist aber schon klar, dass ein Monat verdammt kurz ist, wenn es um Liebe und Beziehung geht, oder? Und andersherum, für Braden Carter ist ein Monat doch eine halbe Ewigkeit, oder?«, frage ich in die Runde. »Wer sagt denn, dass er nach einer Woche nicht gelangweilt ist und sich lieber wieder eins seiner Betthäschen sucht, um ordentlich Spaß zu haben?«
»Davon musst du ihn eben abhalten«, meint Megan mit weicher Stimme. »Du musst dafür sorgen, dass er immer bei dir sein will. Ich geb dir eine Woche, um ihn ins Netz zu bekommen. Dann musst du ihn nur ein bisschen umgarnen, und das Ganze ist im Sack!«
»Eine Woche?«
»Wenn du es innerhalb einer Woche schaffst, dass er mit dir zusammen sein möchte, wird er sich in drei Wochen in dich verlieben«, erklärt sie nüchtern und entfernt die Kappe von einem blauen Stift. »Phase eins: an dich binden.« Sie schreibt die Worte auf das Papier, zusammen mit dem Zeitraum, der mir dafür zur Verfügung steht. Deadline nächsten Sonntag.
»Wartet mal, das fängt doch alles erst morgen an!«
»Falsch.« Kay schüttelt unerbittlich den Kopf.
Lila nickt zustimmend. »Die Jungs haben später ein Footballspiel auf der Wiese hinter dem Verbindungshaus. Da gehen wir zusammen hin.«
Ich seufze missmutig. »Na gut, wenn’s sein muss.«
Megan grinst mich an, sie hat einen grünen Stift gezückt. »Phase zwei, nächste Woche: Gemeinsam in der Öffentlichkeit auftreten, Gefühle verstärken.«
»Und im Klartext? Was heißt das für mich?« Ich ziehe die Augenbrauen hoch.
»Händchen halten, vor anderen küssen, keine anderen Frauen für ihn.«
Ich schnaube verächtlich. »Ihr habt echt ein Vertrauen in mich!«
»Phase drei, dritte Woche«, fährt Kay ungerührt fort. »Körperliche Annäherung und Beziehung öffentlich bekanntmachen.«
»Alle sollen es wissen?«
»Na klar.« Lila schaut mich verständnislos an. »Ihn vögeln und dann fallenlassen ist doch viel befriedigender, wenn es alle mitbekommen haben.«
»Ist das nicht irgendwie ein bisschen … hart?«
»Manchmal muss man hart sein, um jemandem die Augen zu öffnen, Schätzchen«, meint Kay.
»Richtig«, stimmt Megan zu, ohne von dem Papierbogen aufzuschauen. »Ich will ihm ja eigentlich nicht weh tun, aber ihm gehört mal der Kopf gewaschen. Wenn er nach fünf Wochen auf dem College schon so abgeht, will ich echt nicht wissen, was für ein Arschloch er nach zwei Jahren ist. Er braucht mal ’ne Abreibung, und zwar schnell.«
»Warum können wir nicht einfach mit ihm reden?«, versuche ich es noch einmal. »Wieso müssen wir gleich so drastische Maßnahmen ergreifen?«
»Weil Braden Carter eben nur extreme Maßnahmen versteht.«
»Okay, mal angenommen, unser Plan geht auf.« Ich trommle mit den Fingern auf dem Bettpfosten. »Und er verliebt sich echt in mich. Dann habe ich Sex mit ihm, lass ihn sitzen und was dann? Er ist kein Typ, der es dabei belassen wird. Er wird um mich kämpfen. Und was mach ich dann?«
Alle drei halten kurz inne. Megan setzt sich gerade hin und kaut auf dem Deckel des Stifts herum. Kay legt den Kopf schief, und Lila knabbert an ihrem Daumennagel.
»Daran hab ich noch nicht gedacht«, gesteht Megan leise. »Wenn Braden in einer Sache gut ist, dann –«
»Außer dem Offensichtlichen?« Lila kichert.
»Außer dem Offensichtlichen.« Megan grinst. »Wenn er etwas will, dann tut er alles dafür. Mädels, ich sag das nur ungern, aber Maddie hat recht. Wenn er sich in sie verliebt und sie lässt ihn sitzen, wird er alle Hebel in Bewegung setzen, um sie zurückzugewinnen. Er wird sie nicht einfach gehenlassen. Niemals.«
Ich mache große Augen.
»Und was, wenn Maddie sich in ihn verliebt?«, legt Lila nach. »Was, wenn sie ihn nicht vögeln und dann fallenlassen kann?«
»Also, ich muss doch sehr bitten.« Ich schüttle den Kopf. »Braden verkörpert alles, was ich hasse. Er ist arrogant, egoistisch und ein Schwein. Ich werde mich wohl kaum in so einen verlieben.«
»Aber er ist auch lustig und richtig fürsorglich. Unter seiner Verpackung als männliche Hure ist er der Typ, den man unbesorgt seiner Mutter vorstellen kann.« Megan seufzt. »Ich kenne ihn, Mads. Wenn er etwas will, dann wird er alles dafür tun.«
»Also müssen wir sie einfach jeden Tag daran erinnern, wieso sie ihn hasst.« Kay zuckt mit den Schultern.
»Das reicht vielleicht nicht.«
»Doch, das reicht«, erwidere ich mit fester Stimme. »Auf jeden Fall.«
»Okay, dann zurück zur Tagesordnung. Wenn er sich verliebt –« Lila schaukelt vor und zurück und baumelt mit den Beinen.
»– Dann schauen wir weiter, wie wir damit umgehen«, meint Kay achselzuckend. »Ich weiß nicht, was wir sonst tun sollten.«
Na toll. »Okay, was ist die letzte Phase?«, frage ich.
»Phase vier: vögeln und fallenlassen.« Megan schreibt und unterstreicht das Geschriebene mit Hingabe. »Ich glaube, das muss ich nicht weiter ausführen, oder?«
»Nein«, stimme ich zu. »Das musst du nicht.«
Ich betrachte über Megans Schulter hinweg das bunte Plakat auf dem Fußboden. Es ist in farbig unterschiedliche Quadranten unterteilt und mit den jeweiligen Erklärungen versehen. Ich seufze und frage mich, wie zur Hölle ich zulassen konnte, dass sie mich zu so was überreden.
Ich hebe mein T-Shirt hoch und wische mir mit dem unteren Teil übers Gesicht. Die hohen Herbsttemperaturen sind für die meisten aus der Verbindung nicht gerade das geeignete Wetter, um Football zu spielen. Selbst ich hab zu kämpfen, und ich spiele schon, seit ich den verdammten Ball werfen kann.
»Auszeit«, ruft Tony Adams. »Geht das?«
Ich schüttle den Kopf. »Du bist echt ein Weichei, Adams.«
»Sorry, ich komm aus Maine. Ich kann diese Wüstentemperaturen halt einfach nicht ab.«
»Wir sind aber nicht in der Wüste, du Idiot.« Kyle gibt ihm einen Klaps auf den Hinterkopf, während wir zu den Spielerfreundinnen – plus Maddie – rübertrotten.
»Fühlt sich aber verdammt danach an«, grummelt Adams vor sich hin. Ich schüttle den Kopf, schnapp mir ’ne Flasche Wasser und geh mit Ryan zu Megan.
»Ladys.« Ich lächle Maddie zu, und sie grinst zurück.
»Schalt mal den Flirtmodus ’nen Gang runter, Casanova.« Megan lacht und zieht mich auf die Bank neben sich. »Hier ist niemand an dir interessiert.«
»Doch, ich.« Ich zwinkere Maddie zu.
»Ja, Braden, wir wissen alle, dass du in dich selbst verliebt bist.« Lila verdreht die Augen.
»Ryan, du solltest deiner Frau mal Manieren beibringen«, scherze ich.
»Pass auf, was du sagst, Carter«, kontert Lila. »Oder ich werde deinen Arsch nach Timbuktu katapultieren.«
Ich grinse und schiele zu Maddie rüber. Sie lacht leise. In ihrem kurzen Sommerkleid, das ihre langen, schlanken Beine betont, sieht sie echt heiß aus.
»Also, Maddie.« Ich lehne mich etwas zurück.
»Also, Braden«, erwidert sie und schaut mich durch ihre dichten, gebogenen Wimpern an.
»Beweg mal deinen fetten Arsch«, sagt Kyle zu mir und quetscht sich neben mich. »Hey, Leute, hallo, Maddie.« Er nickt ihr zu.
»Kyle.« Sie lächelt ihn an, und mir stellen sich die Nackenhaare auf. Ich wusste ja, dass der Kerl unhöflich ist, aber was zur Hölle soll diese Nummer?
»Wie geht es dir, Schönheit?«
»Gut und dir?«
»Besser, jetzt wo ich dich sehe.« Er zwinkert, und sie lächelt.
Ich verenge die Augen zu Schlitzen, und Megan stupst mich von der Seite an.
»Eifersüchtig, Bray?«
Ich schnaube verächtlich. »Auf Kyle? Nie im Leben.«
»M-hm, klar«, flüstert sie ungläubig. »Aber du siehst verdammt danach aus.«
»Denk doch, was du willst, Meggy.«
»Jetzt mal ernsthaft, Bray. Wenn du mit ihr reden möchtest, dann sprich sie doch einfach an. Sie wird dich schon nicht beißen.«
»Vielleicht mag ich es ja, wenn sie das tun würde.«
»Du bist echt ein Schwein!«, sagt sie kopfschüttelnd. »Ich kann doch sehen, dass du Interesse an ihr hast, also frag sie einfach nach ’nem Date.«
»Ich date nie, Meggy, das weißt du doch. Selbst wenn ich mit ihr ausgehen wollte, wüsste ich gar nicht, wohin.«
»Du würdest dich also doch mit ihr verabreden?« Sie grinst.
»Ich sag nicht, dass ich es tue«, antworte ich. »Aber ich könnte darüber nachdenken.«
»Starbucks«, schlägt sie vor. »Maddie liebt die Blaubeer-Muffins.« Sie lächelt, zufrieden und ein wenig amüsiert. »Zeig ihr einfach, wer du wirklich bist. Nicht den Arschloch-Braden, sondern zeigt ihr den richtigen Braden.«
»Vielleicht.« Ich schau zu Maddie rüber und stelle fest, dass sie mich und Megan beobachtet. Dann schüttelt sie den Kopf und schaut schnell weg. Ich schaue Megan fragend an, und jetzt ist es an mir, den Kopf zu schütteln. Frauen. Ich werde sie einfach nie verstehen.
Ein Date. Wieso hab ich daran nicht gedacht, als ich gestern Nacht dem bescheuerten Plan von Aston und Ryan zugestimmt habe? Eigentlich ist es doch logisch, dass so ein Plan auch Dates beinhaltet.
Aston ruft uns zurück zum Spiel, ich stehe widerwillig auf und reiche Maddie mit einem Zwinkern meine Wasserflasche. Sie lächelt beinahe, als sie sie annimmt, und ich spüre ihre Augen auf mir, als ich aufs Spielfeld trabe. Kyle zieht sich sein T-Shirt über den Kopf, und ich ahne, dass die Sache in einem Schwanzvergleich enden wird.
Es ist kein Geheimnis, dass Kyle ein Auge auf Maddie geworfen hat. Wenn ich die Aufgabe, die mir die Jungs gestellt haben, also erfüllen will, werde ich wohl Gas geben müssen.
Ich schiele über meine Schulter und stelle missmutig fest, dass Maddies grüne Augen auf Kyle gerichtet sind. So ein Scheiß. Kurzerhand ziehe ich mir mein T-Shirt ebenfalls aus. Dann recke ich mich und werfe das Shirt Megan zu. Sie rümpft die Nase, und ich lache. Mit Genugtuung bemerke ich, dass Maddies Aufmerksamkeit wieder auf mich gerichtet ist.
Gut.
Kyle wirft mir einen bösen Blick zu, und ich lächle süffisant, wohl wissend, dass sein Oberkörper im Vergleich zu meinem aussieht wie der eines zehnjährigen Jungen.
Wir stellen uns auf, und das Spiel geht weiter. Kyle und ich scheinen etwas öfter als sonst aufeinanderzutreffen, und ich weiß, dass er mich wie einen Vollidioten aussehen lassen will. Dumm für ihn, dass ich niemandem mehr etwas beweisen muss, und wenn es um Football geht, kann er mich mal am Arsch lecken.
Er fängt den Ball, und ich attackiere ihn sofort. Er geht zu Boden, landet mit dem Gesicht im Gras und flucht laut.
»Fuck! Was soll das, Braden?«
»Ausgerutscht. Sorry.« Ich grinse breit.
»Von wegen ausgerutscht, du Wichser!« Er ist sofort wieder auf den Beinen und geht auf mich los.
»Halt, halt!« Ryan springt dazwischen, denn ich bin schon in Angriffshaltung. »Schraubt euer Testosteron mal ’n bisschen runter, Leute. Das ist nur ein Football-Spiel.«
»Genau, Kyle, chill mal, Alter«, stachle ich ihn an.
»Wenn du versuchst, sie davon zu überzeugen, dass von uns beiden du der bessere Mann bist, dann viel Spaß. Sie ist nicht so dämlich wie deine normale Zielgruppe.«
Ich gehe auf ihn los, doch Ryan hält mich auf. »Hey, Kumpel. Nimm mal ’ne Auszeit und komm erst mal runter!«
Ich atme tief durch und nicke gehorsam. »Alles gut.«
Ich kicke den Ball weg und wende mich den Mädchen zu.
»Du kannst nicht mal Football spielen, ohne den Platzhirsch zu markieren, was?«, ruft Megan lachend.
Ich werfe ihr einen bösen Blick zu, hole mein Shirt zurück und lass mir von Maddie eine Wasserflasche reichen.
»Alles okay?«, fragt sie leise.
Ich nehme einen Schluck Wasser und schau sie an. »Klar, alles okay, Engel.«
»Gut.« Sie lächelt zu mir hoch.
Kay seufzt. »Schon verstanden, ich rutsch rüber«, sagt sie in gespielt genervtem Tonfall.
»Danke, Kay. Woher wusstest du, dass ich –« Ich setze mich auf den frei gewordenen Platz neben Maddie.
»Du siehst aus, als müsstest du dich dringend anlehnen.« Sie grinst, und Megan lacht.
»Vielleicht bei Maddie.« Lila kichert.
Ich schaue Maddie an und bilde mir ein, dass sie ein bisschen rot geworden ist. »Anlehnen? Ich würde lieber mal bei Maddie Hand anlegen, aber das ist jetzt nicht jugendfrei.«
Sie öffnet den Mund, schließt ihn wieder. Megan, Lila und Kay biegen sich vor Lachen, und ich stupse Maddie mit dem Ellenbogen an.
»Sorry. Hab ich dich in Verlegenheit gebracht?«
»Nö.« Ihre Stimme ist etwas belegt. »Kein Stück.«
Ich lache und lege ihr den Arm um die Schultern. »Ich fürchte doch, und es tut mir leid. Das war nicht meine Absicht.«
»Schon okay«, erwidert sie. Sie wirkt angespannt in meinem Arm.
»Nein, ist es nicht«, widerspreche ich.
»Das Spiel ist vorbei!«, ruft Megan, und alle stehen auf. Ich biete Maddie meine Hand an. Sie legt ihre zierliche Hand in meine, und ich ziehe sie hoch. Dabei grinse ich sie an.
»Danke.« Sie lächelt und zieht ihre Hand schnell wieder weg. Die Mädels machen sich auf, und sie will ihnen folgen.
»Hey, Maddie?«, frage ich schnell.
Sie hält inne und dreht sich zu mir um, dabei streicht sie sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht. »Ja?«
»Wir haben doch morgen zusammen den Literatur-Kurs, oder?«
»Ja, warum?«
»Hast du davor noch Unterricht?«
»Nö, hab frei. Ich geh normalerweise in die Bib zum Lernen.«
»Kannst du morgen mal ’ne Ausnahme machen?«, frage ich, lässig an die Wand gelehnt.
»Weshalb?« Sie lächelt zaghaft.
»Wir könnten uns doch vor dem Kurs auf ’nen Kaffee treffen? Ich hab gehört, du magst die Muffins bei Starbucks besonders gern.« Ich ziehe ihr spielerisch an einer Haarsträhne, und in ihren Augen blitzt so etwas wie Belustigung auf.
»Braden Carter, bittest du mich etwa um ein Date?« Sie zieht eine Augenbraue hoch.
»Ähm.« Ich schaue mich um und bemerke, dass mir Megan aus einiger Entfernung kurz zunickt. »Ja. Ich, äh, ja.«
»Dann sag es auch so«, verlangt Maddie.
»Was soll ich sagen?«
»Ich will von dir hören, dass du mich um ein Date bittest. Das ist ja wohl ein historischer Moment.«
»Hey!«, protestiere ich, lenke dann aber ein. »Na gut. Maddie, würdest du dich mit mir morgen vor dem Literatur-Kurs zu einem Date treffen?«
Sie lächelt breit. »Sehr gern.«
»Dann treffen wir uns vor Starbucks, eine halbe Stunde vor Unterrichtsbeginn?«
»Abgemacht.« Damit dreht sie sich um und geht zu ihren Mädels.
Ich atme tief aus und schüttle den Kopf. Kranker Scheiß.
Nach meinem Seminar kehre ich ins Wohnheim zurück. Ich schmeiße die Zimmertür hinter mir zu und lehne mich mit dem Rücken dagegen.
In wenigen Minuten werde ich ein Date mit Braden Carter haben, einem eingefleischten Playboy. Und alles nur wegen einer blöden Wette. Oder ist vielleicht gar nicht die Wette blöd, sondern ich, weil ich mich darauf eingelassen habe?
Ich glaube, beides trifft zu.
Ich fahre mir mit der Bürste durch die Haare und checke schnell, ob meine Schminke sitzt. Dabei fällt mein Blick auf das Plakat, das neben dem Spiegel an der Wand hängt. Phase eins: an mich binden. Das Ziel für heute ist also, ihn so weit zu kriegen, dass er mehr will und mich morgen wiedersehen möchte.
Ich seufze und verlasse das Zimmer, renne die Treppen runter und raus in die kalifornische Sonne. Mein leichter Sommerrock schwingt mir um die Beine, als ich zum Campus-Starbucks laufe. In meinem Bauch kribbelt es. Wieso hab ich Schmetterlinge im Bauch? Ich hasse diesen Typ. Es ist ja nicht mal ein richtiges Date.
Der Gedanke hilft nicht gegen das Herzklopfen, das stürmisch einsetzt, als ich ihn vor dem Starbucks erblicke. Er steht an die Wand gelehnt und hört Musik, sein Kopf wippt zum Beat irgendeines Liedes. Seine Hände stecken in den Taschen einer engen, dunkelblauen Jeans. Als hätte er meinen Blick gespürt, schaut er plötzlich auf, und seine elektrisierend blauen Augen finden mich.
Er lächelt, ich gehe auf ihn zu, und die Schmetterlinge verwandeln sich in trampelnde Elefanten. Mir wird schlecht.
»Hey, Hübsche«, begrüßt mich Braden und hält mir die Tür auf.
»Hey«, erwidere ich seinen Gruß und gehe vor ihm durch die Tür. »Danke.«
»Gern.« Er legt mir eine Hand an den Rücken und führt mich zur Theke. »Was möchtest du denn?«
»Einmal Chocolate Chip Frappuccino in Grande, bitte.« Ich lächle, als er mich verdutzt anschaut. »Was denn?«
»Chocolate Chips im Kaffee?«
»Wieso denn nicht?«, entgegne ich achselzuckend. »Das ist voll lecker.«
»Na gut, dann probier ich das auch mal.«
»Was nimmst du normalerweise immer?«
»Öh, normalen Kaffee. Weißt du, dieses Zeug, was normale Leute so trinken?« Er lacht.
»Willst du damit sagen, dass ich nicht normal bin?« Ich blicke ihn streng an. Wir sind inzwischen mit Bestellen an der Reihe.
»Nein, nein, gar nicht.« Er grinst. »Hi, können wir bitte zwei, ähm, was war das noch mal?« Er schaut mich hilfesuchend an.
Ich seufze und verdrehe dann kopfschüttelnd die Augen. »Können wir zwei Chocolate Chip Frappuccinos in Grande haben, bitte?«
»Und zwei Blaubeer-Muffins«, fügt Braden hinzu und schielt zu mir runter. Ich werde rot, und er schiebt seine Hand um mich herum, so dass er mich jetzt um die Hüfte hält. Die Kaffeeverkäuferin wirft ihm immer wieder verstohlene Blicke zu, während sie unsere Getränke zubereitet. Ich muss mich beherrschen, um nicht laut zu stöhnen. Wir bekommen unsere Frappuccinos, und Braden bezahlt.
»Geht dir das eigentlich immer so?«, frage ich, als wir uns an einen Tisch setzen.
»Wie denn?«
»Dass dich Frauen so anstarren?«
»Wer hat mich denn angestarrt?«
»Das Mädel, das den Kaffee gemacht hat. Ist dir das etwa nicht aufgefallen?«
Er zuckt desinteressiert die Achseln. »Ich achte da nicht so drauf, ehrlich gesagt. Nur wenn eine so hübsch ist, dass sie mir auffällt, dann schon.«
»Oh, da hab ich aber Glück gehabt«, bemerke ich ironisch.
»Hey.« Er zieht die Augenbrauen hoch. »Ich bin gerade auf einem Date mit dir! Also bist du nicht nur hübsch genug, Maddie, sondern wahrscheinlich zu gut für mich.«
Ich nehme einen Schluck Kaffee und breche ein Stückchen aus meinem Muffin, das ich mir in den Mund schiebe. »Und wieso bist du dann hier? Wenn ich zu gut bin?«
»Ich werde nie wissen, ob ich gut genug für dich bin, wenn ich es nicht ausprobiere, oder?«, fragt er. »Nimm zum Beispiel diesen Kaffee. Ich hatte keine Ahnung, dass mir so was schmecken könnte, bis ich ihn probiert hab.«
Wow. Braden will mir an die Wäsche. Definitiv.
»Der Punkt geht an dich.« Ich lächle ihn an.
»Außerdem hat Kyle ein Auge auf dich geworfen. Und mit Konkurrenz kann ich nicht umgehen.«
»Aha, darum ging es also gestern.« Haben sich die Jungs etwa um mich gestritten? Neandertaler.
»Es besteht eine kleine Chance, dass du damit richtigliegst, hübsche Frau.«
Ich seufze. »Ihr habt euch echt um mich gestritten? Um mich? Wow.« Ich schüttle ungläubig den Kopf.
»Jetzt tu doch nicht so überrascht, Maddie. Wir sind schließlich nicht die einzigen Kerle an der Uni, die an dir interessiert sind.«
»Und da hast du dir gedacht, du versuchst es als Erster?«, meine ich trocken.
»Ja. Ich meine, nein. Ich meine … Ach, Fuck.« Er stöhnt. »So sollte das nicht rüberkommen.«
Ich ziehe die Augenbrauen hoch und schaue demonstrativ auf die Uhr.
»Ja. Ich wollte der Erste sein, aber nur, weil ich furchtbar eifersüchtig wäre, wenn ich dich mit einem der anderen Typen sehen müsste.«
»Ja, klar und das soll ich dir abnehmen? Übrigens wir müssen los, der Kurs beginnt in fünf Minuten.«
Braden seufzt, und wir stehen gleichzeitig auf. Ich lege beide Hände schützend um meinen Kaffeebecher und schiebe mich rückwärts durch die Tür. Den Weg zum Hauptcampus legen wir schweigend zurück, so dass ich mir fast wünsche, wir hätten nicht denselben Kurs belegt. Dieses Nicht-Reden ist total anstrengend, obwohl ich den Typ ja eigentlich hasse.
»Maddie«, sagt er kurz bevor wir den Klassenraum erreichen und zieht mich auf die Seite. »Ich wollte nicht, dass das so läuft. Es tut mir leid.«
Ich schiele zur rettenden Klassentür. »Kein Ding, Braden. Ich meine, du gehst normalerweise nicht auf Dates, oder? Jetzt weißt du eben wieder, warum.«