Kräuter
richtig anbauen
Das Praxisbuch für Biogarten, Topf und Balkon
Unter Mitarbeit von Maria Hagmann und Hannes Wagner
© 2016 by Löwenzahn in der Studienverlag Ges.m.b.H., Erlerstraße 10, A-6020 Innsbruck
E-Mail: loewenzahn@studienverlag.at
Internet: www.loewenzahn.at
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Abhängig vom eingesetzten Lesegerät kann es zu unterschiedlichen Darstellungen des vom Verlag freigegebenen Textes kommen.
Umschlag- und Buchgestaltung sowie grafische Umsetzung:
Judith Eberharter, Eine Augenweide, www.eine-augenweide.com
Bildnachweis:
Arche Noah 130, 132, 133, 134, 139, 147, 148, 212, 224, 261, 262u
Alfred Grand 31o, 40ol, 60
Isabell Bayer 33, 51r
Rupert Pessl 1, 12, 13, 14, 15, 18, 23o, 26, 28, 34, 38, 40r, 46r, 47, 51l, 52, 58ml, 58ur, 64l, 65, 68r, 69r, 70, 75, 78, 87, 95, 97, 98, 109, 111o, 117or, 120, 121, 129, 144u, 145, 152, 153, 155, 156, 157, 161ur, 162, 169, 174, 180, 183, 194, 196, 198, 206r, 209, 214, 215, 220r, 225, 226, 227, 228, 229, 231, 232, 233, 234, 235, 240, 242, 243, 244, 245, 246, 247, 254, 255, 256, 257, 258, 259, 263, 272, 276o, 284m, 284u, 285, 286, 287, 293l, 294l, 295o, 296, 297r, 300
Kräutergärtnerei Wagner 205, 217, 222, 236, 237l, 239, 266, 267, 279, 282, 283, 297l
Staudengärtnerei Gaissmayer 22, 32, 37o, 74r, 159r, 161l, 161or, 161mr, 165, 195, 200, 201, 206l, 207, 248
Margrit de Colle 77u, 84, 85, 86
Jan Bönhardt 166, 168
Andrea Heistinger 16, 17, 19, 20, 21, 23u, 24, 25, 27, 29, 31u, 37u, 40ml, 40 mu, 41, 42, 45 46l, 48, 50, 53, 54, 55, 56, 57, 58o, 58ul, 59, 61, 62, 63, 63l, 66o, 67, 68l, 69l, 71, 74l, 76, 77o, 79, 80, 81, 88, 89, 90, 92, 93, 94, 96, 99, 101, 102, 103, 104, 105, 107, 108, 110, 111u, 112, 113, 114, 115, 116, 117ol, 117 ul, 117 ur, 118, 119, 122, 124, 125, 126, 128, 135, 136, 137, 138, 140, 141, 142, 143, 144o, 144m, 146, 150, 154, 158, 159l, 170, 172r, 176, 177, 178, 179, 181, 182, 184, 185, 187, 188, 190, 192, 193, 197, 202, 204, 208, 210, 211, 218, 219, 220l, 230, 237r, 238, 249, 250, 251, 252, 253, 260, 262o, 264, 268, 270, 271, 273, 276u, 277, 278, 280l, 281, 284o, 288, 294r, 295u, 298, 299, 301
Gebhard Kofler 66u
Markus Zuber 11
Stockfoto 172l, 173, 274, 275, 280r
Lena Hagmann 293r
Titelbild: Rita Newman, www.newman.at
Kräutervignetten Umschlagrückseite: Doris Steinböck, www.beast.at
Illustrationen:
Katharina Heistinger, außer
Isabell Bayer 27
Stefan Emmelmann 55
ISBN 978-3-7066-2814-3
Dieses Buch erhalten Sie auch in gedruckter Form mit hochwertiger Ausstattung in Ihrer Buchhandlung oder direkt unter www.loewenzahn.at.
Vorworte
Kräuter richtig anbauen
Was sind Kräuter?
Zum Aufbau dieses Buches
Die Lebensbereiche der Kräuter
Kräuter und ihre Lebensbereiche im Garten
Lebensbereich Gemüsebeet
Lebensbereich Kräuterbeet (Freifläche)
Lebensbereich Gehölzrand
Lebensbereich Wasserrand
Lebensbereich Kübel
Übersicht
Winterhärtezonen
Kräuter im Garten düngen, pflegen und überwintern
Kräuter richtig düngen
Kräuter richtig pflegen
Schutz von Kräutern über den Winter
Winterschutz von laubabwerfenden Pflanzen
Krankheiten und Schädlinge an Kräutern
Kräuter in der Gartengestaltung
Die Gestaltung von Kräuterbeeten
Kräuterhecken
Kräuter als Einfassungspflanzen
Kies-Kräutergarten
Kräuterspiralen – betrachtet aus der Sicht der Pflanzen
Mediterrane Kräuter-Rahmenbeete
Kräuter in Töpfen und Gefäßen
Was ist ein Kübel? Was ein Topf?
Geeignete Gefäße
Die richtige (Bio-)Erde für Gefäße
Erden selber mischen
Erdmischung für mediterrane Kräuter (für die einjährige Nutzung)
Erdmischung für die mehrjährige Nutzung
Kräuter im Topf mulchen
Substrate kaufen
Was ist „Bio-Erde“?
Empfehlenswerte Substrate
Kräuter richtig zusammenpflanzen
Gute Dünger
Pflanzenstärkungsmittel
Falls eine Pflanze am Balkon doch einmal krank wird
Topfkräuter richtig pflegen
Topfkräuter richtig gießen
Überwintern von Topfkräutern
Tee und Gewürze aus dem eigenen Garten
Erntezeitpunkte von Kräutern
Erntezeitpunkte im Tagesverlauf
Kräuter richtig schneiden
Kräuter richtig trocknen
Bewährte Methoden der Trocknung
Kräuter richtig aufbewahren
Kräutertee aus dem Garten
Unsere Lieblings-Kräuterteepflanzen
Kräutertee „richtig“ zubereiten
Aromapflanzen
Teeabkochung
Kaltauszug
Kalte Kräuterdrinks
Grüne Smoothies
Gewürzkräuter schmecken und wirken
Kräuterpesto
Kräuter in der Floristik
Kriterien für die Auswahl der Kräuter
Der Schnitt
Bewährte Kräuter für die Floristik
Werkstücke aus Blüten und Kräutern
Kräuter aussäen
Direktsaat im Garten oder im Topf
Lichtkeimer und Dunkelkeimer
Aussaat in der Vorkultur
Kleines 1 x 1 der Vorkultur
Pikieren/Vereinzeln
Kräuter-Pflanzen kaufen
Die richtigen Pflanzabstände
Kräuter vermehren
Vermehrung über Samen oder Ableger
Kräuter-Samengärtnerei
Vegetative Vermehrung
Krautige Stecklinge
Wurzelschnittlinge
Mischkulturen und Fruchtfolge
Pflanzpartnerschaften mit einjährigen Kräutern
Bewährte Mischkulturpartner
Ungünstige Partnerschaften
Pflanzpartnerschaften Gemüse – mehrjährige Kräuter
Einzelgänger
Fruchtfolge
Lebensbereich Gemüsebeet
Basilikum
Blatt-Petersilie
Borretsch, Gurkenkraut
Dill, Dille, Gurkenkraut
Garten-Kresse
Barbarakresse, Winterkresse
Sommer-Portulak, Gemüse-Portulak
Winter-Portulak, Tellerkraut
Gewürz-Fenchel
Süßdolde
Anis
Brotklee
Garten-Kerbel
Koriander
Liebstöckel, Maggikraut
Minze
Mönchsbart, Agretti, Sodakraut
Meerfenchel
Perilla
Ringelblume
Rukola, Salatrauke, Ölrauke
Schnitt-Knoblauch, Knolau, Chinesischer Schnittlauch
Schnittlauch
Schnitt-Sellerie
Zitronen-Melisse
Weiße Melisse
Lebensbereich Kräuterbeet
Agastache, Duftnessel
Eberraute und andere Artemisia-Arten
Estragon
Indianernessel, Monarde
Echte Kamille
Römische Kamille
Kümmel
Majoran
Oregano und Dost
Stockrose
Lebensbereich Mediterranes Kräuterbeet
Bohnenkraut, Pfefferkraut
Currykraut
Griechischer Bergtee
Lavendel
Echter Lavendel
Provence-Lavendel
Rosmarin
Salbei
Thymian, Quendel
Ysop
Zistrose
Lebensbereich Gehölzrand
Bärlauch
Große Brennnessel
Knoblauchsrauke
Japanische Petersilie
Waldmeister
Lebensbereich Wasserrand
Brunnenkresse
Löffelkraut, Löffelkresse
Kalmus
Lebensbereich Kübel
Zitronen-Verbene, Zitronenstrauch, Wohlriechendes Eisenkraut
Tropische Salbei-Arten
Austernpflanze
Jiaogulan
Ingwer
Japanischer Ingwer
Galgant
Kardamom
Lorbeer
Pilzkraut
Peruanischer Pfefferbaum
Rosengeranie
Zitronengras
Weihrauch-Pflanze
Zuckerpflanze
Serviceteil
Über die Herausgeber
Verwendete und empfohlene Literatur & Quellen
Bezugsadressen
Lebensform |
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Einjährig |
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Zweijährig |
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Staude, mehrjährig |
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Halbstrauch |
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Strauch |
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Baum |
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Kletterpflanze |
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Verwendung |
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Aromapflanze |
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Teepflanze |
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Insektenpflanze |
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Schnittpflanze, Kräuterfloristik |
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Lebensbereich |
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Gemüsebeet |
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Kräuterbeet, Freifläche |
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Mediterranes Kräuterbeet |
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Gehölzrand |
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Wasserrand |
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Kübel |
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Zimmerpflanze |
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Steinanlage, Kiesgarten, Steinmauer |
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Winterhärtezonen |
Ich möchte Andrea Heistinger dafür danken, dass sie die Palette an fundierten, an Erfahrungswissen reichen Bio-Gartenbüchern nun auch um ein Kräuter-Buch erweitert hat. Es wird vielen Menschen wertvolle Anregungen geben, macht es doch neugierig und Lust darauf, bei den Kräutern noch genauer zu schauen, was diesen Pflanzen guttut. Den Dank dafür wird man täglich ernten und genießen können!
Ich bin sehr dankbar, dass viele versierte Kräutergärtnerinnen und -gärtner ihre Erfahrungen in dieses Buch eingebracht haben – allen voran die Kräutergärtnerei Wagner, Bio-Pionier in ihrem Bereich und langjähriger geschätzter Partner von Arche Noah. Auf diese Weise werden auch in Zukunft viele Kräuter-Fans von dem großen Wissensschatz profitieren können. Vielen Dank!
Etwa ein Jahr vor Erscheinen dieses Buchs starb unser lieber Kollege Gebhard Kofler-Hofer, der mit seinen mitreißenden Vorträgen viele Menschen für die Vielfalt begeistert hat. Er selbst war von der heilsamen und sinnlichen Kraft der Kräuter überzeugt und fasziniert. Andrea Heistinger hat dieses Buch ihrem Mann gewidmet, und das darin eingeflossene lebendige Wissen vieler Lebensjahre macht es umso wertvoller.
Beate Koller, Arche Noah
Irgendwie wollte dieses Buch einfach geschrieben werden. Vielleicht nur, um eine einzige Botschaft in die Welt zu tragen: Die Wertschätzung, die wir den Kräutern und jenen Menschen, die sie zu kultivieren und zu nutzen wissen, entgegenbringen können, kann nie groß genug sein – um uns herum können nie genug Kräuter wachsen. Kräuter vermögen selbst den scheinbar unwirtlichsten Lebensraum zu beleben, Kräuter nähren uns mit ihren Inhaltsstoffen und machen viele andere Lebensmittel erst zu kräftigenden und nahrhaften Speisen.
Es ist der Duft des Lavendels, der uns mitten im größten Alltagsstress innehalten lässt. Es ist der Duft des Thymians, der Menschen, die vor der Gewalt in ihrem Land geflohen sind, die friedvollen Seiten ihrer Heimat wieder in Erinnerung ruft und sie ein Stück weit in der Fremde Wurzeln schlagen lässt. Es ist die pflegende Heilkraft der Ringelblume, die Neugeborene in dieser Welt so wohltuend empfangen kann. Es ist die Frische der Minze, die uns an besonders heißen Tagen zu kühlen vermag. Es ist das Immergrün des Rosmarins, das so viel Vertrauen ins Leben schenken kann.
Dank an den Verein Arche Noah für sein Vertrauen in meine Arbeit.
Dank an alle aus unserem Netzwerk, die Erfahrungen und Tipps für den Anbau und die Verwendung von Kräutern beigesteuert haben: Maria Hagmann, Helga Wagner, Hannes Wagner, Bernd Kajtna, Rupert Pessl, Ute Woltron, Reinhard Seitner, Franco Baumeler, Isabell Bayer, Dieter Gaissmayer, Andreas Steinert, Arthur Schnitzer, Gerlinde Tamerl, Stefan Grossauer, Petra Helm, Peter Lassnig, Johann Leitner, Gertrude Henzl und Elisabeth Kössler.
Dank an Ines Fritz von der Universität für Bodenkultur und Elfriede Stopper von Sonnentor für die Beratung zu einzelnen Fachfragen sowie dem Orientalisten Denis Mete. Dank an Erika Köchl für die russischen Übersetzungen. Dank an die beiden Floristinnen Margrit De Colle, die mit mir gemeinsam das Floristik-Kapitel geschrieben hat, und an Cornelia Schneider, die für das Buch Kräuter-Sträuße gebunden hat.
Dank an das Team vom Löwenzahn Verlag und an die Grafikerin Judith Eberharter. Danke fürs Ordnen, Mitdenken und Durchhalten, damit der lange Weg der Entstehung dieses Buchs letztlich zwischen zwei Buchdeckeln enden konnte.
Einen ganz persönlichen Dank an meine Mutter Margret Heistinger, die mir immer wieder Freiräume fürs Schreiben geschaffen hat.
Ein besonders großes Dankeschön an Maria Hagmann für ihre wertschätzenden und ermutigenden Rückmeldungen zu den einzelnen Kapiteln, die mir nach langer Pause wieder den Weg ins Schreiben eröffnet haben, und an den Kräutergärtner Hannes Wagner für sein umfangreiches Kräuterwissen, an dem er mich und uns für dieses Buch teilhaben hat lassen. Bei einem unserer Gespräche meinte er, dass er alle Kundinnen und Kunden gleich behandle, egal wie viele Pflanzen sie bei ihm kauften, denn: „Wenn einer nur ein Fenster hat, dann braucht er die schönste Pflanze.“ In diesem Sinne: Wenn Sie nur einen einzigen Platz für eine Pflanze aus diesem Buch haben, dann lesen Sie besonders lange, bis Sie die „richtige“ Pflanze gefunden haben oder die „richtige“ Pflanzen zu Ihnen gefunden hat. Und wenn Sie einen großen Garten haben, dann möge dieses Buch Ihnen viele Winkel und Möglichkeiten eröffnen, wo Sie überall noch Kräuter anbauen könnten. Denn nicht nur für jeden Geschmack ist ein Kraut gewachsen, sondern auch für jeden Standort.
Ich widme dieses Buch meinem verstorbenen Mann Gebhard Kofler-Hofer, dem die Kräuter so nahe waren und der mir so viele Seiten der Kräuter zu vermitteln vermochte.
Kräuter wachsen im Biogarten in vielerlei Form: als Gewürz, als Teekraut, als Salat, als Unkraut, als Duftkraut, als Insekten-Anlock-Pflanze, als Bienenweide, als Pflanzenstärkungsmittel, als Frisch-aus-dem-Garten-Naschkraut. All diesen Kräutern und all diesen Facetten ist dieses Buch gewidmet.
Dieses Kräuterbuch beschreibt den biologischen Anbau, die Nutzung, die Vermehrung und die Sortenvielfalt von ausgewählten würzenden und duftenden Kräutern. Von Kräutern, die in unseren Gärten oder in Töpfen angebaut und in der Küche als Gewürz oder als Tee genutzt werden können. Auch wer in Töpfen am Balkon oder auf einer Terrasse Kräuter anbaut, kann sich ohne viel Aufwand und selbst auf kleinen Flächen mit allen Küchenkräutern, die bei uns gedeihen, recht unkompliziert selbst versorgen.
Man kann Kräuter aus der Perspektive der Nutzung einteilen oder aus der Perspektive der Pflanze: Wo und wie wachsen sie am liebsten? In der Gesellschaft mit welchen anderen Pflanzen wollen sie gepflanzt sein, in welchem Lebensraum gedeihen sie am besten?
Ein wenig hat sich dieses Buch die Aufgabe gestellt, die gängige Verwendung von Kräutern in vielen Gärten zu beleuchten, die eingesessenen Arten und Unarten des Kräuteranbaus zu hinterfragen und aufzuzeigen, wo überall im Garten Gewürz- und Teekräuter angebaut werden können. Allzu oft werden die beliebtesten Gewürzkräuter einfach – zum Leid der Kräuter – in ein „Kräuterbeet“ oder einen „Kräutertopf“ zusammengepflanzt. Denn: So unterschiedlich, wie sie schmecken und wirken, sind auch die Standort-ansprüche der Kräuter. Was in der Ordnung des Gewürzregals sinnvoll ist – weil die Kräuter so in Reichweite des Herdes stehen –, macht im Garten wenig bis keinen Sinn: Petersilie, etwa, hat ganz andere Wuchsansprüche als Salbei, Schnittlauch ist zwar ebenso grün wie Basilikum und hat ähnliche Bedürfnisse an die Wasser- und Nährstoffversorgung, aber ganz andere Temperaturansprüche. Was nicht weiter verwunderlich ist, da Schnittlauch in den Gebirgen Mitteleuropas zu Hause ist, wohingegen Basilikum aus den warmen Regionen Indiens stammt.
Einige Kräuter wuchern üppig, andere wiederum wachsen langsam und zurückhaltend und erwecken einen bescheidenen Eindruck. Je näher man sich mit Kräutern beschäftigt, je länger man selbst im Garten Kräuter anbaut, umso mehr fällt auf, wie eigensinnig und charakterstark gerade unsere Heil- und Gewürzkräuter sind. Und nach Jahren der Beschäftigung weiß man, dass die Bezeichnung „Kräuter“ wohl nur ein Ordnungsbegriff für uns Menschen ist. Würden die Kräuter selbst sich einen Platz suchen, würden sie sich vermutlich gar nicht in einem Buch zusammengesellen. Lässt man sie sich selbst ihren Platz im Garten wählen, keimen und gedeihen sie an unterschiedlichsten Standorten, und es verwundert nicht, dass gerade die Kräuter, die sich durch Selbstaussaat vermehren, manchmal am gesündesten und ertragreichsten wachsen. Und nicht etwa jene, die wir in die aus unserer Sicht „beste“ Erde im „besten“ Gefäß und an den „besten“ Standort gesetzt haben. Genau die Menschen, denen wir einen „grünen Daumen“ attestieren – bei ihnen blühen selbst verschrumpelte Pflanzen wieder auf –, wissen um den Eigensinn und die besonderen Bedürfnisse der einzelnen Arten meistens recht konkret Bescheid. Ähnlich wie ein guter Koch oder eine gute Ärztin aus ihren vielschichtigen Erfahrungen – nenne man sie Intuition oder professionelles Handeln – die „richtige“ Zutat verwenden oder die „richtige“ Arznei verschreiben. So erzählt Hannes Wagner, selbst seit über 30 Jahren Kräuter- und Raritätengärtner und aufgewachsen in einer Gärtnerfamilie, bei einem der vielen Beratungsgespräche für dieses Buch: „Mein Großvater hat immer gesagt, Bua, du musst schauen, wie geht es der Pflanze, lacht sie oder weint sie? “ Ja, woran erkennt man, ob eine Pflanze weint oder lacht? Genau diesen Blick gilt es zu entwickeln und zu schärfen und Stück für Stück zu erkennen, was die einzelnen Kräuter brauchen und wo sie gut gedeihen. Dann verwundert es nicht mehr, dass das so wärmeliebende (und wärmende) Basilikum in einem regenreichen, kalten Sommer anfällig für Mehltau wird. Oder dass Pflanzen vor sich hin kränkeln, wenn sie zu dicht stehen und sich nicht so wüchsig entfalten können, wie es ihnen entsprechen würde. Oder dass die Petersilie einfach nicht gesund wachsen kann, wenn sie Jahr für Jahr an die gleiche Stelle im Garten und in zu nährstoffreiche Erde gepflanzt wird.
Die folgenden Ausführungen mögen ein Leitsystem auf dem Weg zu einem Umgang mit den Kräutern im Garten sein, der ihrem Wesen und ihren Wuchseigenschaften, ihren Ansprüchen an einen Standort entspricht. Denn gerade im Bio-garten geht es darum, dass die Pflanzen mit möglichst wenig Aufwand wachsen können, dass die Kräuter über viele Jahre gesund bleiben und dass wir Pflanzen in all ihren reichen Facetten jenseits des unmittelbaren Ertrages wahrnehmen können. Vielleicht macht gerade das das Gärtnern letztlich aus: Die Pflanzen wachsen mit uns, und in unserer gärtnerischen Obhut wir ein Stück mit ihnen. Dieser Dialog mit den Pflanzen ist für begeisterte Gärtnerinnen und Gärtner ein nie enden wollender.
Dieses Buch ist ein Kräuterbuch. Doch was sind überhaupt Kräuter? Die Frage mag erstaunen, aber aus botanischer Perspektive bilden die Pflanzen, die wir umgangssprachlich als „Kräuter“ bezeichnen, keine Einheit. Die Botanik teilt Pflanzen in ein-, zwei- oder mehrjährig, verholzend oder nicht verholzend ein. Mehrjährige, nicht verholzende Pflanzen werden als Stauden bezeichnet. Die verholzenden Pflanzen – die immer mehrjährig sind – werden in Halbsträucher, Sträucher und Bäume unterteilt. Die Kräuter, die wir in diesem Buch beschreiben, sind aus der Sicht der Botanik entweder einjährige, zweijährige oder mehrjährige krautige Pflanzen oder – wie viele der mediterranen Kräuter – verholzende Pflanzen. Manche sind in unseren Gärten winterhart, andere nicht. Und gerade dies hat sich in den letzten – zunehmend milderen – Wintern geändert.
Bei all der Fülle an verschiedenen Kräutern war es nicht leicht, eine Auswahl für dieses Buch zu treffen. Doch Auswahl muss sein beim Buchschreiben. Ein Buch braucht einen Anfang und ein Ende. Zudem ist für die meisten Menschen im Alltag kein allumfassendes Kompendium hilfreich, sondern ein Lese- und Nachschlagewerk, in dem die wichtigsten Kräuter beschrieben sind, und wie ihr Anbau gut gelingt. Und genau diesen Anspruch hat dieses Buch. Die Kriterien, nach denen wir die Kräuter ausgewählt haben, ist schlicht die ihrer Schmackhaftigkeit. Wir beschreiben jene Kräuter, die eine lange Geschichte in der Verwendung als Würzkraut haben – wie Rosmarin oder Fenchel –, und zwar nicht nur in Mitteleuropa, sondern weit darüber hinaus. Viele Kräuter haben auch eine Nutzungsgeschichte im Orient, und ihre Heilwirkung ist in alten Kräuterbüchern beschrieben. Alle unsere Gewürz- und Teekräuter haben zudem eine medizinale Wirkung. Kräuter, die „reine“ Heilkräuter sind, beschreiben wir in diesem Buch nicht, weil es schlicht den Umfang gesprengt hätte. Besonders wichtig sind uns all jene Kräuter, die als Teekräuter in unseren Gärten angebaut werden können, und aus denen sich schmackhafte Kräutergetränke herstellen lassen.
Das Buch gliedert sich in zwei Teile. Im ersten Teil werden allgemein wichtige Aspekte des Kräuteranbaus beschrieben: Wo und wie wachsen Kräuter im Garten gut? Was brauchen sie, um im Topf gedeihen zu können? Was tun, wenn sie doch einmal krank werden? Welche Pflege benötigen Kräuter im Garten, um langlebig und gut zu wachsen? Wie erntet und trocknet man sie? Welche Kräuter werden über Samen vermehrt und welche vegetativ? Und: Welche Kräuter eignen sich gut für die Floristik?
Im zweiten Teil des Buches stellen wir die einzelnen Kräuter genau vor. Die Kräuter sind danach gegliedert, in welchem Lebensbereich sie am liebsten wachsen. Bei den einzelnen Kräuterporträts wird neben Pflege und Ernte auch beschrieben, welche Rolle die einzelne Pflanze in der Gartengestaltung und in der Floristik spielen kann, welche überlieferten und schulmedizinisch bestätigten Heilwirkungen die Pflanze hat, wie sie am einfachsten im Hausgarten vermehrt werden kann und welche Sorten wir für welchen Anlass – sei es aus gartenbaulicher oder aus kulinarischer Sicht – empfehlen.
„Gleich und gleich gesellt sich gern.“ Das gilt auch für Kräuter. Doch was ist gleich? Auf den ersten Blick ist ein Küchenkraut ein Küchenkraut. Aber eben nur auf den ersten. Auf den zweiten Blick bemerkt man Unterschiede: in der Wuchshöhe der Pflanzen, in Form und Farbe ihrer Blätter und in ihrem gesamten Erscheinungsbild. Kräuter wachsen nur dann richtig gut – sprich gesund und langlebig –, wenn sie annähernd dort gepflanzt werden, wo es ihrem Charakter auch entspricht. Bei den meisten Kräutern bedeutet dies, ihnen möglichst jene Wachstumsbedingungen zu bieten, die auch auf ihren Naturstandorten herrschen.
Das heißt nicht, dass wir im Garten alle Einflüsse, die am Naturstandort auf die Pflanze einwirken, nachahmen können oder müssen. So ist es klarerweise im Hausgarten nicht möglich, Meerkohl oder Meerfenchel eine würzige Meeresbrise zu bieten. Aber: Beide brauchen wie auf ihren Wildstandorten einen vollsonnigen und sandigen, ja nicht zu nährstoffreichen Boden. Pflanzen wir sie in schwere und stark gedüngte Lehmböden, werden sie zwar im ersten Jahr vielleicht gut wachsen, ihre Chancen, auch den Winter zu überstehen und viele Jahre alt zu werden, sind jedoch äußerst gering. Oder betrachten wir eines der beliebtesten Kräuter im Garten, den Lavendel: In seiner mediterranen Heimat wächst der Lavendel in kargsten Felsgestein-Landschaften und entwickelt sich gerade hier zu üppigen, mannshohen Sträuchern. Nun können wir ihm zwar in Mitteleuropa nicht das mediterrane Klima bieten. Bereiten wir aber den Boden so vor, dass dieser gut durchlässig ist und die Wurzeln nie im kalten, staunassen Boden vor sich hin kümmern müssen, werden die Pflanzen auch in unseren Breiten langlebig und gesund wachsen. Vorausgesetzt, wir schneiden sie jährlich (→ Kräuter richtig pflegen). Und dann gibt es noch jene Kräuter, die richtige Kulturpflanzen sind. Sie haben keine direkten wilden Vorfahren, sondern sind aus Kreuzungen verschiedener Wildpflanzen hervorgegangen: Das bekannteste Beispiel sind die Gartenminzen. Diese Kulturpflanzen wachsen am besten, wenn wir ihnen andere Pflanzen vom Leib halten und sie gut mit Nährstoffen versorgen.
Wir haben die einzelnen Kräuter und ihre Ansprüche an Boden, Dünger und Bewässerung jeweils in Gruppen zusammengefasst. Aus dieser Zusammenstellung ergeben sich konkrete Anbauorte im Garten, die wir als Lebensbereiche bezeichnen. Auch für den Anbau im Topf gilt, dass wir den Kräutern die richtigen Wachstumsbedingungen bieten müssen: Das sonnenhungrige Basilikum aus dem Lebensbereich Beet braucht einen vollsonnigen Standort am Balkon. Die Gehölzrandpflanze Kerbel einen halbschattigen Standort und die Wasserrandpflanze Brunnenkresse muss auch im Topf richtig nass kultiviert werden.
Den meisten Pflanzen sieht man es schon an ihrem Erscheinungsbild an, welche Ansprüche sie haben und wo sie am liebsten wachsen: Alle Kräuter mit kleinen, harten Blättern – wie Thymian oder Bohnenkraut – brauchen nährstoffarme, steinige Standorte. Alle Kräuter mit großen, intensiv grünen Blättern sind nährstoffhungrig und können große Blattmassen bilden, wenn sie richtig gut gedüngt sind. Weißlaubige und silbrige Kräuter gedeihen nur in der prallen Sonne und auf kargen Standorten üppig.
Aus der Angabe dieses Lebensbereichs lässt sich ableiten, für welchen Standort oder welche Standorte eine Pflanze gut geeignet ist, und wie dieser Standort im Garten geschaffen werden kann. Diese Einteilung orientiert sich am System der Lebensbereiche, die die Staudenkundler Richard Hansen und Friedrich Stahl für die große Anzahl unterschiedlichster Garten-Stauden, Kräuter und Gräser – aus langjähriger Erfahrung und Forschungsarbeit – entwickelt haben. Die Einteilung schafft einen guten Überblick für die „artgerechte Haltung“ von Kräutern. Im Unterschied zu den „originalen“ Lebensbereichen beschreiben wir aber Anbauorte im Garten, die als solche in der Natur nicht vorkommen. Besonders bei mehrjährigen Kräutern ist es wichtig, sie an einen Standort zu pflanzen, an dem sie sich gut entwickeln können. Schließlich sind Pflanzen ja uns Gärtnerinnen und Gärtnern „ausgeliefert“ und können nicht einfach davonlaufen, wenn es ihnen zu heiß, zu kalt, zu schattig oder zu sonnig ist. Dann wachsen sie meist kümmerlich, werden krankheits- und schädlingsanfällig und haben kein langes Leben. In den Katalogen der Staudengärtnereien werden Sie noch viel mehr Lebensbereiche entdecken – etwa Steinfugen, Steinanlagen oder Freiflächen mit Heidecharakter. Auf Basis unserer Erfahrungen beschreiben wir in diesem Buch für die ausgewählten Küchen- und Teekräuter sechs verschiedene Lebensbereiche: Gemüsebeet, Kräuterbeet, Mediterranes Kräuterbeet, Gehölzrand, Wasserrand und Kübel (für mehrjährige Pflanzen, die in unserem Klima über den Winter frostfrei aufgestellt werden müssen). In der Natur sind Grenzen immer fließend. So auch die Grenzen zwischen diesen Lebensbereichen. Viele Kräuter können nicht nur in einem Lebensbereich gut wachsen, oder sie entwickeln sich einfach unterschiedlich, je nachdem, ob sie mit mehr oder weniger Nährstoffen, mit mehr oder weniger Wasser oder mit mehr oder weniger Sonnenlicht versorgt sind. Doch gibt diese Einleitung eine Richtlinie vor, anhand derer man sich rasch einen Überblick verschaffen kann, was Kräuter im Garten brauchen, um gut und ertragreich zu gedeihen, und mag vielleicht auch gleich auf einen Blick erklären, warum das eine oder andere Küchenkraut bislang im Garten nicht so richtig gut gewachsen oder konsequent jeden Winter eingegangen ist.
Bei manchen Kräutern gibt es eine Auswahl an unterschiedlichen Arten, die sich jeweils für unterschiedliche Standorte eignen, bei anderen eignen sich jeweils unterschiedliche Sorten für unterschiedliche Standorte. Diese sind bei den einzelnen Kräuterporträts unter „Sortenvielfalt“ ausführlich beschrieben. Sorten, die sich gut als Schnittblumen machen, sind unter der Rubrik „Verwendung in der Floristik“ zusammengefasst, und Sorten, die sich für einen Aspekt der Gartengestaltung besonders eignen, sind jeweils unter dieser Überschrift beschrieben.
Der Lebensbereich Beet ist eine von Menschen geschaffene Kulturfläche, die kein natürliches Vorbild hat. In der Natur gibt es keine dauerhaft offene Erdoberfläche und keinen eingezäunten Garten. So, wie es in der freien Wildnis keine Kulturpflanzen gibt. Das Beet ist das Urbild eines vom Menschen geschaffenen, aber auch stets neu zu schaffenden Lebensbereichs für Pflanzen. Ein Beet kann man nie ganz sich selbst überlassen. Und wenn man es tut, ist es kein Beet mehr. So ist ein Beet auch stets ein Sinnbild für den ewigen Dialog des Menschen mit der Natur. Dabei ist ein guter Gartenboden viel mehr als „gezähmte“ Natur: Er ist ein eigener Lebensraum, in dem zum Beispiel ganz bestimmte Regenwurmarten oder Mikroorganismen vorkommen. In gut und langjährig biologisch bewirtschafteten Gärten ist der Humusgehalt höher, als er es war, bevor das Land in Gartenland umgewandelt wurde.
Den Lebensraum Beet kennzeichnet der – von uns Gärtnerinnen und Gärtnern – offen gehaltene und gut gedüngte Boden. Hier wachsen die Pflanzen in der Ordnung, die wir für sie vorgesehen haben. Kräuter, die hier gerne wachsen, brauchen zu ihrer vollen Entwicklung einen offenen Boden um sich herum und haben es gar nicht gerne, wenn ihnen andere Pflanzen zu stark zu Leibe rücken. Viele werden direkt gesät, dazu wird das Beet gut vorbereitet, Unkräuter werden entfernt und den Samen wird mit einem Rechen ein Saatbeet bereitet. Konkurrenz und Pflanzabstand spielen eine große Rolle. Der Boden ist ein guter Gartenboden, der durch ständige Bearbeitung stets offen oder mit einer von uns Gärtnerinnen und Gärtnern ausgebrachten Mulchschicht abgedeckt ist. Je nach Wasserverfügbarkeit und Wasserführung des Bodens eignen sich verschiedene Kräuter für diesen Lebensbereich (→ Tabelle Seite 21). Beete werden regelmäßig mit Dünger – am besten mit reifem Kompost – versorgt. Die Pflanzen, die hier wachsen, sind entweder Mittel- oder Starkzehrer (→ Kräuter richtig pflegen).
Pflege/Kulturmaßnahmen: jährliche Düngung, Fruchtfolge oder/und gezielte Mischkultur, regelmäßige Bewässerung, im Herbst: Abräumen der Beete, umstechen oder Boden lockern, mulchen mit Grasschnitt, regelmäßig Gesteinsmehl einbringen, Gründüngung anbauen
Kennzeichen: Mutterboden, der offen oder gemulcht ist, sonnig bis maximal halbschattig, klar abgegrenzte Beete
Kräuter, die am liebsten in einem Gemüsebeet wachsen, brauchen einen offenen und gut mit Nährstoffen versorgten Boden und wachsen am liebsten in der Sonne. Nur im sommerheißen und trockenen Weinbauklima und auf sandigen Böden gedeihen sie auch im Halbschatten gut. Die meisten Kräuter dieser Gruppe sind einjährige Pflanzen, die rasch viel Blattmasse bilden können. Viele der einjährigen Kräuter gedeihen auch gut in Mischkultur mit Gemüse.
Die wichtigsten Kräuter im Gemüsebeet: Rukola, Petersilie, Basilikum, Dill, einjähriges Bohnenkraut, Gewürz-Fenchel, Schnittlauch, Schnitt-Knoblauch, Koriander, Kümmel, Liebstöckel, Indianernessel, Borretsch, Portulak, Mönchsbart, Garten-Kresse, Perilla, Minze, einjähriger Majoran, Zitronen-Verbene (Weinbauklima), Zitronen-Melisse, Tropische Salbei-Arten (Weinbauklima), Ringel blume
trockener Boden |
Gold-Anis-Ysop, Wilde Rauke, Indianernessel, Ringelblume |
frischer Boden |
Stockrose, Schnitt-Sellerie, Jiaogulan, Liebstöckel, Koriander, Argentinischer Minzstrauch, Zitronen-Melisse, Pfefferminze, Petersilie, Dill, Zitronen-Verbene, Borretsch |
feuchter Boden |
Barbarakresse |
Einige Beispiele von Arten und Sorten für Beete mit trockenem, Beete mit frischem und Beete mit feuchtem Boden
Im Kräuterbeet können die Kräuter gemeinsam mit einjährigen Blumen oder mehrjährigen Gräsern und Stauden angebaut werden. Immer sind es baumfreie Flächen in voller Sonne. Die klassischen Kräuterbeete im Bauerngarten sind die Randbeete, wo viele Gewürz- und Teekräuter gemeinsam mit den „typischen“ Bauerngartenstauden wachsen. Ist das Beet von einem Zaun umgrenzt, ist es wichtig, diesen so zu gestalten, dass die Latten ausreichend Sonne durchlassen.
Bei der Anlage von Kräuterbeeten ist es von großer Bedeutung, sich die Gestaltung gut zu überlegen – oder sich von Fachleuten beraten zu lassen –, bevor man pflanzt (→ Die Gestaltung von Kräuterbeeten). Schließlich sollen sich die Pflanzen hier gleich über viele Jahre gut entwickeln können. Und auch wenn man die einzelnen Pflanzen alle paar Jahre aus dem Boden nimmt und teilt (→ Stockteilung), bleiben meistens daneben andere Pflanzen im Boden, sodass man die Fläche nie gänzlich neu gestalten kann. Oder anders gesagt: auch nicht muss. Wenn die Pflanzen im richtigen Abstand und in der richtigen Geselligkeit zueinander gepflanzt werden, können sich über die Jahre unglaublich eindrucksvolle Kräuterbeete entwickeln. Auch im Kräuterbeet werden Unkräuter entfernt, jedoch ist man hier manchmal nicht ganz so „streng“ wie im Gemüsebeet. Auf schweren, lehmigen Böden muss vor der Pflanzung reichlich Quarzsand eingearbeitet werden (auf sandigen Böden natürlich nicht!). Auf jedem Boden ist das Einbringen von Urgesteinsmehl wichtig. Sollen im Beet mediterrane Kräuter wachsen, muss vor der Pflanzung Kalk in den Boden eingebracht werden (Algenkalk oder Magnesiumkalk – zum Beispiel von der Firma Naturrein). Die Pflanzen gedeihen am besten, wenn auch in den folgenden Jahren im Frühling Magnesiumkalk und Gesteinsmehl eingearbeitet werden. Da die Pflanzen mehrjährig sind, wird der Boden nicht jedes Jahr gelockert. Daher dürfen größere Steine im Boden bleiben, oder sie werden gar gezielt als Wärmespeicher oder als Gestaltungselement eingebracht beziehungsweise der Boden mit einer dünnen Schicht aus Kies (oder auch jährlich mit Heu) gemulcht.
Pflege/Kultur: jährliche – zurückhaltende – Düngung mit reifem Kompost oder einem organischen Dünger, mulchen mit Grasschnitt oder gröberem, organischem Material oder dünnen Gesteinsschicht, Bewässerung, Einbringen von Gesteinsmehl und Kalk, alle paar Jahre: mehrjährige Pflanzen ausgraben und teilen, im Herbst oder Frühling: Rückschnitt der Kräuter und Blütenstauden
Kennzeichen: stark mit Quarzsand abgemagerter Mutterboden, für mediterrane Kräuter mit Magnesiumkalk versetzter Boden, sonnig bis maximal halbschattig, klar abgegrenzte Beete, Boden offen oder mit Mulchschicht aus Grasschnitt oder Steinen abgedeckt
Die meisten Kräuter dieser Gruppe sind mehrjährig. Ein Kräuterbeet ist nährstoffärmer als ein Gemüsebeet. Hier können alle Kräuter angebaut werden, die nicht ganz so viele Nährstoffe wie ihre Kollegen im Gemüsebeet benötigen.
Die wichtigsten Kräuter im Kräuterbeet: Agastache, Eberraute, Estragon, Ysop, Strauch-Basilikum, Salbei, Engelwurz, Eibisch, Schottischer Liebstöckel, Malve, verschiedene Minzen, Austernpflanze, Süßdolde, Oregano, Bibernelle, Frauenmantel, Weiße Melisse, Kreta-Melisse, Mönchspfeffer (Weinbaugebiet), Ingwer-Thymian, Knoblauch, Schnitt-Knoblauch, Meerrettich, Zitronen-Melisse, Meerfenchel.
trockener Boden |
Wilde Bergamotte, Anis-Ysop, Eberraute, Wermut, Estragon, Johanniskraut, Ysop, Lavendel, Schottischer Liebstöckel, Weiße Melisse, Malve, Weinraute |
frischer Boden |
Koreanische Minze, Frauenmantel, Knoblauch, Schnitt-Knoblauch, Eibisch, Meerrettich, Borretsch, Gewürz-Fenchel, Süßholz, Liebstöckel, Zitronen-Melisse |
feuchter Boden |
Schnitt-Sellerie, Japanische Petersilie, Wilder Sellerie, Baldrian, Löffelkraut, Brunnenkresse, Barbarakresse |
Einige Beispiele von Arten und Sorten für Kräuterbeete mit trockenem, Kräuterbeete mit frischem und Kräuterbeete mit feuchtem Boden
Im Mediterranen Kräuterbeet muss der Boden vor der Pflanzung gezielt aufbereitet werden. Einfacher ist es meistens, ein Rahmenbeet zu errichten, in das man auf etwa 30 cm Höhe das richtige Substrat einbringt (→ Mediterranes Kräuter-Rahmenbeet, Seite 51). Mediterrane Kräuter wachsen nur im wasserdurchlässigen, kargen Boden so richtig gut und langlebig. Diese Standortbedingungen muss man in unseren Breiten gezielt herstellen. Ein Rosmarin, der in zu fetter Erde wächst, geht über den Winter auch schon bei leichten Frösten fast sicher kaputt, ebenso all die anderen typischen mediterranen Kräuter. Fast alle mediterranen Kräuter brauchen einen kalkreichen Boden.
Pflege/Kulturmaßnahmen: Mediterrane Kräuter brauchen kaum Stickstoffdünger, aber Spurenelemente, vor allem Silikate. Daher jährlich zirka eine Handvoll Magnesiumkalk (zermahlener Kalkstein) pro Pflanze und vier bis fünf Handschaufeln Quarzsand mit etwas reifen Kompost (oder einem organischen Dünger) und Steinmehl vermengen und in den Boden einarbeiten, aufgelaufene Unkräuter entfernen.
Fast alle Kräuter dieser Gruppe sind mehrjährige Halbsträucher, einige wenige – wie der Griechische Bergtee – verholzen nicht. Wenn die Bodenverhältnisse stimmen und die Pflanzen jährlich geschnitten werden, können diese Kräuter viele Jahre und Jahrzehnte alt werden.
Die wichtigsten Kräuter im Mediterranen Kräuterbeet: Rosmarin, Thymian, Oregano, Griechischer Bergtee, Weißer Bergtee, mehrjähriges Bohnenkraut, Currykraut, mehrjähriger Majoran, Lavendel
Tipps von Arche Noah-GärtnerInnen
Mediterraner Kräuterhügel
„Wer träumt nicht von üppigen Lavendelbeeten und duftenden Thymianwegen? Steinmauern und Steinwege sorgen für das milde Kleinklima, hügelige Anschüttungen schützen die Pflanzenwurzeln auch im Winter vor Staunässe. Das Pflanzsubstrat muss durchlässig sein, kein Lehm! Rosenduft-Thymiane säumen die Wege, und der Lavendel entwickelt in unterschiedlichen Sorten seine Duftwolken. Gut dazu passen Zierkugellauch, Steppenlilien, Rosmarin und Steppenkerzen.“
Isabell Bayer, Gartenarchitektin, Hartberg, www.bellabayer.at
Durch das Wachsen der Gehölze ändern sich die Lichtverhältnisse im Jahresverlauf, die Luftfeuchtigkeit ist höher als außerhalb des Gehölzbereichs. Hier gedeihen alle Kräuter gut, die nicht in der vollen Sonne wachsen wollen und mit dem Wurzeldruck der Sträucher und Bäume gut zurechtkommen. Die Arten sind entweder Stauden und/oder versamen sich leicht und können sich so jährlich neue Plätzchen suchen, an denen es ihnen am besten behagt. Die Lichtbedingungen sind je nachdem, ob der Gehölzrand nach Süden oder Norden exponiert ist, sehr unterschiedlich. Auch im Schatten eines Hauses oder Stadels können diese Kräuter angebaut werden.
Die wichtigsten Kräuter des Lebensbereichs Gehölzrand: Bärlauch, Knoblauchsrauke, Brennnessel, Kerbel, Zitronen-Melisse, Frauenmantel, Japanische Petersilie, Waldmeister, Süßholz, Hopfen, Tellerkraut, Süßdolde, Bibernelle, Bergminze, Blut-Ampfer
trockener Boden |
Kümmel, Weiße Melisse, Kerbel |
frischer Boden |
Bärlauch, Japanische Petersilie, Waldmeister, Süßholz, Hopfen, Zitronen-Melisse, Tellerkraut |
feuchter Boden |
Frauenmantel, Knoblauchsrauke |
Arten für trockene, frische und feuchte Böden im Schatten
Einige wenige Kräuter wachsen am besten am Wasserrand und in sumpfigen Bereichen. Im Garten können das das Umland von Wasserbecken sein, aber auch Uferbereiche eines Gartenteichs. Alle Kräuter, die gerne am Wasserrand wachsen, sind mehrjährige, nicht verholzende Pflanzen.
Pflegemaßnahmen bei Wasserbecken: bei allen Wasserbecken muss der Wasserstand kontrolliert und eventuell Wasser nachgefüllt werden. Gartenteiche brauchen die entsprechende Pflege, damit sie nicht veralgen und kippen.
Die wichtigsten Kräuter des Lebensbereichs Wasserrand: Brunnenkresse (in Fließgewässern), Knotenblütiger Sellerie, Kalmus, Engelwurz, Löffelkraut, Bach-Minze
Tipps und Erfahrungen von Arche Noah-GärtnerInnen
Kalmus und Muskateller-Salbei
„Gärten sind kleinräumige Biotope, Lebensräume für Pflanzen und Tiere und natürlich für uns Menschen. In der Gestaltung können wir zum Beispiel einen Teich mit einem Kiesgarten vernetzen. Im Uferbereich wachsen der Kalmus, und unweit davon fühlt sich im Trockenbiotop der Muskateller-Salbei wohl. Er liebt die Sonne und die Trockenheit, wandert und besiedelt neue Standorte. Ein Tipp für naturnahe Gärten.“
Isabell Bayer, Gartenarchitektin, Hartberg, www.bellabayer.at
Der „Lebensbereich“ Kübel hat wie das Beet kein natürliches Vorbild. An ihrem natürlichen Standort würden sich die Pflanzen ja kein Gefäß zum Darin-Wachsen aussuchen. Die meisten Kübelpflanzen gedeihen im Sommer üppig und müssen dann im Herbst zurückgeschnitten – oder ziehen selber ein – und frostfrei überwintert werden. Wer keine geeigneten Überwinterungsplätze hat (→ die jeweiligen Kräuterporträts), verzichtet besser auf Kübelpflanzen. Denn nichts ist trauriger, als wenn die schönsten Pflanzen im Freien einfach dem Frost oder im zu warmen Winterquartier den Blattläusen oder anderen Schädlingen zum Opfer fallen.
Mit „Kübel“ ist kein Putz- oder Maurerkübel gemeint, sondern schlicht und einfach ein gut transportables Pflanzgefäß. Während ein schwerer Pflanztrog aus Stein, Holz oder Keramik auch im Winter an Ort und Stelle stehen bleibt, ist ein geeigneter „Kübel“ ein Gefäß, das mobil ist: Das wesentliche Kennzeichen des „Lebensbereichs Kübel“ ist seine Transportfähigkeit: Die Kräuter bleiben in der Erde und werden, wenn die Standortbedingungen sich so verändern, dass auch die unterirdischen Teile der Pflanze absterben würden, einfach an einen neuen Standort gebracht. „Kübelpflanzen“ hat sich im Deutschen als Begriff eingebürgert, der genau diese notwendige Mobilität kennzeichnet. Denn viele Pflanzen lassen sich auch im Topf kultivieren, aber sie sind eben nicht darauf angewiesen. Kübelpflanzen sind hingegen darauf angewiesen, dass man sie wie einen Kübel leicht von einem Ort zum anderen tragen kann, eben weil sie den bei uns herrschenden starken Frösten nicht angepasst sind.
Die meisten Kübelpflanzen gehören in die Winterhärtezonen 9 und 10 (→ Winterhärtezonen). Das bedeutet, dass bei Temperaturen unter zirka -1 °C (Zone) und unter zirka +1 °C nicht nur die oberirdischen Teile der Pflanze, sondern die ganze Pflanze abstirbt. Die Pflanzen müssen also rechtzeitig an einen frostgeschützten Platz gebracht oder an Ort und Stelle frostsicher verpackt werden. Je nach Größe der Pflanzen und verfügbarer Überwinterungsmöglichkeit. Einige Pflanzen, die im Weinbauklima den Winter auch im Freien überdauern können, sind in allen anderen Regionen darauf angewiesen, dass sie in Kübeln kultiviert werden.
Pflege: jährlich düngen, spätestens alle zwei Jahre mit frischer Erde versorgen
Die wichtigsten Kübel-Kräuter: mehrjährige Basilikums, Balsamstrauch, Zitronengras, Lorbeer, Zitronen-Verbene, Vietnamesischer Koriander, Ingwer, Koriander, frostempfindliche Rosmarin-Sorten, Tropische Salbei-Arten, Stevia, Zimmerknoblauch
Kräuter und ihre Lebensbereiche (Quelle: eigene Zusammenstellung)
Im Gartenbau ist der Begriff der Winterhärtezonen vor allem für Gehölze gebräuchlich. Die Winterhärtezone sagt aus, welche Tiefsttemperatur eine Pflanze in einem „durchschnittlichen“ Winter mit 80 % Wahrscheinlichkeit ohne größere Schäden überstehen kann. Da viele Kräuter aus unterschiedlichen Klimata aus der ganzen Welt stammen, ist sie ein guter Richtwert, ob die Pflanze auch bei uns gut über den Winter kommt. Um die jeweils bei den einzelnen Kräuterporträts angegebene Winterhärtezone einordnen zu können, müssen Sie nur noch wissen, in welcher Winterhärtezone Sie sich befinden. So liegt zum Beispiel Wien in der Winterhärtezone 7. Damit können Kräuter und Stauden aus den Winterhärtezonen 1–6 hier recht zuverlässig überwintern. In welcher Winterhärtezone Sie zu Hause sind, lässt sich einfach im Internet nachschlagen (als Schlagwortsuche Ihren Wohnort und Winterhärtezone eingeben). Die Angabe ist allerdings immer nur als grober Richtwert zu betrachten – zumal viele der vergangenen Winter ausgesprochen mild waren und so die langjährigen Erfahrungswerte in vielen Regionen nicht mehr gelten. Zudem ist die Frosthärte einer Pflanze ist keine „absolute“ Größe. Eine Pflanze, die richtig gedüngt (und keinesfalls überdüngt) ist, ist widerstandsfähiger gegen Kälte und Frost als unterversorgte Pflanzen. Eine Pflanze, die gut eingewurzelt ist, übersteht kurzfristige Frostperioden immer besser als Pflanzen, die noch keine Wurzeln im Boden bilden konnten. Eine Pflanze, die in einem drainagierten, gut wasserableitenden Boden wurzelt, ist kälteresistenter als eine Pflanze, die im staunassen Boden wächst. Aber auch der winterliche Witterungsund Temperaturverlauf spielt eine Rolle: Sind Pflanzen nach einem warmen Witterungsverlauf schon losgetrieben, sind sie nicht mehr so frosttolerant wie bei durchgehender Kälte. So überdauern Pflanzen aus der Winterhärtezone Z8 Fröste zwischen -12,2 und -6,7 °C. Sie sind in den meisten Regionen winterhart, brauchen aber – wenn die Temperaturen tiefer fallen – einen Winterschutz aus Laub und/oder Reisig. In raueren Regionen sollten sie jedenfalls drinnen überwintert werden.
Zone |
°C |
Z5 |
-28,8 bis -23,4 |
Z6 |
-23,3 bis -17,8 |
Z7 |
-17,7 bis -12,3 |
Z8 |
-12,2 bis -6,7 |
Z9 |
-6,6 bis -1,2 |
Z10 |
-1,2 bis +4,4 |
Z11 |
über +4,4 |
Am richtigen Standort und ihren Ansprüchen entsprechend gedüngt und gepflegt, machen Kräuter über viele Jahre eine Freude und müssen nicht jährlich neu gekauft werden. Ein „Ziel“ im Biogarten ist, dass sich die Pflanzen hier wohlfühlen und sich gut entwickeln und kräftig vermehren – sodass man auch leicht Ableger nehmen kann. Alle verholzenden Kräuter sind – bei uns – nur dann langlebig, wenn sie jährlich geschnitten werden.