Tiroler
Bäuerinnen
kochen
© 2006 by Löwenzahn in der Studienverlag Ges.m.b.H., Erlerstraße 10, A-6020 Innsbruck
E-Mail: loewenzahn@studienverlag.at
Internet: www.loewenzahn.at
Buchgestaltung und grafische Umsetzung: Kurt Höretzeder – Büro für Grafische Gestaltung, Scheffau/Tirol, Mitarbeit: Ines Graus
Fotografien:
S. 4, 6, 7, 8, 9, 14, 23, 26, 33, 34 o, 39, 58, 63, 67, 70, 73, 76, 82 o, 105, 111, 112 o, 119, 157, 171, 187, 198: www.fotowerk-aichner.at
S. 13: Florian Schneider
S. 16, 54, 88, 89 u, 130, 131 u: Ludwig Mallaun
S. 17, 34 u, 46 o, 46 u, 50, 55 o, 55 u, 112 u, 113, 131 o, 160 o, 160 u, 162: pixelquelle.de
S. 161: photocase.de
S. 89 o: Innsbruck Tourismus – diverse Fotografen
S. 124 u: Cilli Reisingers Brotbackbuch (löwenzahn verlag 2006)
S. 176: Oberstaller Alm im Villgratental/Osttirol Werbung
S. 177 o: Islitzermühle (Radmühle) in Prägraten/Nationalpark Hohe Tauern/Lois Lammerhuber
S. 177 u: Bergbauer mit Kalb im Sommer/Osttirol Werbung/Fotograf: Böhm
S. 207: Gertrude Messners Kräuterhandbuch (löwenzahn verlag 2004)
Umschlagfotos:
vorne: www.fotowerk-aichner.at
hinten:
li oben: Oberstaller Alm im Villgratental/Osttirol Werbung
li unten und re oben: www.fotowerk-aichner.at
re unten: Innsbruck Tourismus – diverse Fotografen
Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über <http://dnb.ddb.de> abrufbar.
ISBN-978-3-7066-2802-0
Alle Rechte vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (Druck, Fotokopie, Mikrofilm oder in einem anderen Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden
Abhängig vom eingesetzten Lesegerät kann es zu unterschiedlichen Darstellungen des vom Verlag freigegebenen Textes kommen.
Dieses Buch erhalten Sie auch in gedruckter Form mit hochwertiger Ausstattung in Ihrer Buchhandlung oder direkt unter www.loewenzahn.at.
Liebe Leserinnen, liebe Leser!
Eine neue Auflage ist entstanden – im neuen Design, mit neuen und überarbeiteten Rezepten. Es freut mich, dass im Zeitalter der Fertigprodukte, des schnellen Essens und der Hektik auch weiterhin die Nachfrage nach einem Kochbuch mit überlieferten Rezepten besteht.
Kochen ist ein wichtiger Bestandteil unserer Kultur und so soll dieses Kochbuch anregen, darüber nachzudenken, woher unsere Lebensmittel stammen, wie sie erzeugt und verarbeitet wurden, bis sie bei uns in der Küche landen. Lebensmittel sollen unsere „Mittel zum Leben“ bleiben – sie sollen die wertvollen Inhaltsstoffe auf dem weiten Weg von der Erzeugung bis zur Verwendung nicht verlieren. Genuss liegt im Einfachen – in der Qualität, in der richtigen Zubereitung, in der Auswahl der Zutaten und Speisen. Tiroler Küche braucht heimische Produkte. Die Kunst besteht nicht darin, alles zu jeder Zeit aus aller Welt zur Verfügung zu haben, sondern mit den Lebensmitteln, die in unserer Region wachsen, den Tisch decken zu können.
Dieses Kochbuch will anregen, aus einfachen und guten Grundzutaten vielfältige Speisen zubereiten zu können. Es soll den Wert unserer heimischen, saisonalen Produkte bewusst machen und Ideen liefern für abwechslungs-reiche Zubereitungsmöglichkeiten. Es soll uns an „alte Speisen“ erinnern, die vielleicht unsere Mütter und Großmütter gekocht haben – und es soll gelingen, sie mit diesen gesammelten Rezepten nachzukochen.
Dieses Buch ist auch ein modernes Kochbuch – es beinhaltet Rezepte, die durchaus der heutigen Ernährungsweise entsprechen bzw. in der Menüzusammenstellung ein harmonisches Ganzes bezüglich gesunder Ernährung ergeben. Durch die Rückbesinnung auf hochwertige Zutaten mit möglichst wenig Zusatzstoffen kochen und genießen wir mit allen Sinnen.
Ernährung ist Verantwortung – sie betrifft uns alle und je früher wir darüber nachdenken, was wir essen, woher wir unsere Lebensmittel beziehen, wie wir sie zubereiten und verarbeiten, umso schneller werden wir Zusammenhänge zu unserer Gesundheit herstellen.
Kochen kann man lernen, durch zuschauen und nachmachen – und Kochen ist nie zu Ende, für den, der aufgeschlossen und willig ist, Neues zu entdecken.
Ein besonderer Dank gilt der Fachschule für ländliche Hauswirtschaft in Rotholz, der Leiterin FOL Ing. Elfriede Hauser, die es mir ermöglicht hat, die Speisen für die Fotos (gemeinsam mit dem Fotowerk Aichner) im Rahmen des praktischen Unterrichtes Kochen zuzubereiten. Meine Schülerinnen waren mit vollem Einsatz dabei – dass Kochen Freude macht, haben sie damit bewiesen!
Allen Köchinnen und Köchen, Genießerinnen und Genießern viel Freude und gutes Gelingen mit: Einfach guten Rezepten!
Maria Gschwentner,
im Juli 2006
Unberührte Naturlandschaften entlang des Lechs, schroffe und liebliche Gebirgszüge und traumhafte Seen prägen das Bild dieser Region. Das Außerfern ist vom übrigen Tirol durch den Fernpass getrennt und weist dadurch nicht nur sprachliche, sondern auch auch kulinarische Besonderheiten auf.
Suppen
Brätknöderlsuppe
Milchsuppe
Riebelesuppe
Versoffene Suppe
Schlettersuppe
Kräutersuppe
Hauptgerichte
Aufgegangene Topfennudeln
Semmelschmarren
Apfelkiachl
Topfenauflauf
Brotkiachl
Apfelkrapfen
Topfenschmarren
Hollerkiachl
Marillenknödel
Weinnudeln
Krautkrapfen
Leberknödel
Polentapizza
Türkenmus
Türkennudeln
Spinatpalatschinken
Ziegernudeln (1)
Ziegernudeln (2)
Kässpätzle
Brennende Spatzeln
Fleisch
Gulasch
Wildbraten
Tiroler Gröstl
Schwammerltoast
Beilagen
Löwenzahnsalat
Glasierte Karotten mit Thymianbutter
Kümmelerdäpfel
Kürbiskraut
Nachspeisen, Gebäck
Kürbiskerngugelhupf
Ehenbichler Festtagsschnitten
Sauermilchsulz
Schokoladetraum
Waffeln
Einfache Keks
Streuselkuchen
Hefewaffeln
Germkeks
Grammelkuchen
Topfengitterkuchen
Verschiedenes
Milch
Weichkäse
Topfen mit Lab
Nuanzen
Holunderessig
Hollerlikör
Hollerpunsch
Johannisöl
Johanniskrautschnaps
Arnikaschnaps
Molkehonig
Karamellzuckerl
Das Tiroler Oberland umfasst die Bezirke westlich von Innsbruck (abgesehen von Reutte), also ein sehr großes Gebiet, das sich weiter in Bezirke, Regionen und Täler mit jeweils eigenen Besonderheiten in Landschaft, Lebensart und Küche unterteilen lässt.
Suppen
Erdäpfelsuppe
Rahmsuppe
Milchsuppe
Brennsuppe
Kassuppn
Bärlauchsuppe
Hauptgerichte
Spargelrisotto
Kaskiachl
Tarpl
Blutmandl
Erdäpfelgulasch
Lauchtoast
Geschnittene Nudeln
Hasenohren
Kluanmehlnudeln
Wassermus
Weinmus
Kräuterforelle
Gratinierte Erdäpfel
Biastkuchen
Erdäpfelnocken
Gefüllte Putenbrust
Salbeischnitzel
Beilagen
Bachlkress
Gedörrte Zwetschkensauce
Eingebrannte Erdäpfel
Oberländer
Nachspeisen, Gebäck
Erdäpfelschnitten
Flachszöpfe
Linzerschnitten
Zwetschkenfleck
Erdäpfeltorte
Ongsanats
Nui Schmalz
Joghurtkuchen
Ölgugelhupf
Bratäpfel
Eiweißkuchen
Rhabarber-Apfel-Creme
Verschiedenes
Zitronensaft
Spitzwegerichsirup
Hustensaft
Ziegenmilch-Zugsalbe
Heilmittel
Schnapssuppe
Wermutwein
Einreibung bei Prellungen
Nussschnaps
Moosbeerlikör
Äpfelschnitz
Ribisellikör
Joghurt
Hollermarmelade mit Zwetschken
Schissalkas
Innsbruck ist die Hauptstadt Tirols und kulturelles Zentrum des Bundeslandes. Die ländliche Umgebung ist hingegen stark von Landwirtschaft und Naturtourismus geprägt.
Suppen
Würstelsuppe
Weinsuppe
Lauchsuppe
Knoblauchsuppe
Biersuppe
Schwammerlsuppe
Hauptgerichte
Roggane Apfelnudeln
Apfel-Topfenauflauf
Mohnnudeln (1)
Mohnnudeln (2)
Grießauflauf
Topfennudeln
Topfeler
Apfelnocken
Ofennudeln
Apfelstrudel
Milchreis
Strauben
Gebackene Mäuse
Polsterzipfel
Süßer Plenten
Apfelauflauf
Erdäpfelpuffer
Hefekiachl
Krapfen
Erdäpfelpaunzen
Biastnudeln
Blutnudeln
Topfenzergel
Spinatknödel
Schweinsbraten
Krautnocken
Pressknödel
Kohlrabicarpaccio
Beilagen
Gemüse
Sauerkraut
Eiersalat
Fenchelsalat
Nachspeisen, Gebäck
Hippen mit Walnussparfait
Apfelkuchen
Nervenkeksln
Obstkuchen
Sauerrahmschnitten
Mohnkuchen
Zucchinischnitten
Apfelbrot
Schneebiskuit
Sachertorte
Hirschhornkeks
Salzstangerl
Dinkelsemmeln
Brot
Verschiedenes
Kefir
Grammelschmalz
Eingelegte Zucchini
Eingelegter Knoblauch
Bierlikör
Vanillezucker
Ringelblumenschnaps
Beinwellsalbe
Löwenzahnhonig
Mit „Tiroler Unterland“ ist der gesamte Landesteil östlich von Innsbruck mit allen Seiten- und Hochtälern (abzüglich Osttirol) gemeint. Diese relativ dicht besiedelte, sehr fruchtbare und wirtschaftlich starke Region gehört seit dem Mittelalter zu den wohlhabendsten Gegenden Tirols.
Suppen
Brennsuppe
Fastensuppe
Bohnensuppe
Kürbiscremesuppe
Brezensuppe
Hauptgerichte
Magschoan
Mahnnudeln
Wassermuas
Bladlkiachl
Broadakrapfen
Kiachl
Krapf-Kiachl
Erdäpfel im Strudelteigblatt
Haggerl
Gebackene Knödel
Pfannernudeln
Schottnocken
Schliachtarnudeln
Fastenknödel
Bandnudeln
Thierseer Kiachl
Brandenberger Kaser
Holzknechtkrapfen
Samstagnocken
Schutznudeln
Türkenwixer
Zillertaler Krapfen
Broadaknödel
Schottzöpferl
Dampfnudeln
Schmarren
Grießkoch
Mascherl
Topfenkrapferl
Kluabakrapfen
Zwetschkenschober
Tschagrutschen
Klotzenstrudel
Beilagen
Obst
Dörrpflaumenkompott
Hollermandl
Eiermilch
Eierbier
Abgeschmalzene Erdäpfel
Nachspeisen, Gebäck
Marillenstreuselkuchen
Topfennockerl
Walnusskuchen
Almnüsse
Dinkelroulade
Apfel-Müsli-Riegel
Brandenberger Prügeltorte
Stanitzel
Kirschkuchen
Eierlikörtorte
Germzopf
Zimtparfait
Rotholzer Vollkornbrot
Brezen
Angerberger Magenbrot
Neidegger Hausbrot
Verschiedenes
Graukäse
Ziegerkugeln
Topfenaufstrich
Dieser durch mächtige Gebirgsgruppen geprägte Teil Tirols zeichnet sich durch besonderes Traditionsbewusstsein aus. Unberührte Natur- und bäuerlich geprägte Kulturlandschaft gehen hier Hand in Hand. Beinahe ein Drittel der Fläche Osttirols gehört zum Nationalpark Hohe Tauern.
Suppen
Gerstensuppe mit Bohnen
Gerstensuppe
Schottsuppe
Milzschnittensuppe
Brennnesselsuppe
Milchsuppe mit Grieß
Hauptgerichte
Osttiroler Schlipfkrapfen
Speckknödel
Zwiebelkuchen
Nudel-Spinat-Rolle
Überbackenes Gemüse
Erdäpfelbuchteln
Schwarzplentenknödel
Zucchinistrudel
Rindsroulade mit Brätfülle
Lammkoteletts
Rosmarinrostbraten
Schöpsernes mit Wurzelsauce
Osttiroler Blattlstock
Hochzeitsnigelen
Beilagen
Eingemachter Kürbis
Specksalat
Brennnesselspinat
Rosmarinerdäpfel
Nachspeisen, Gebäck
Topfen-Ölteig
Joghurtkuchen
Buchweizenkuchen
Rhabarberkuchen
Apfel-Walnuss-Kuchen
Gute Schnitten
Lebkuchen
Haferflockenbusserl
Zwetschken-Mohntorte
Verschiedenes
Milchpunsch
G’stockte Milch
Eierlikör
Apfel-Melissen-Punsch
Hollersirup
Kräutersekt
Hollersaft
Zitronenmelissenlikör
Weichsellikör
Gewürzkräuter
Suppen- und Saucenwürze
Kräuteressig
Molkeessig
Kräutersalz
Einfache Leberwurst
Rosmarinwein
Pechsalbe
Ringelblumensalbe
Topfen
Eingelegter Käse
Register
Allen Varianten des Tiroler Dialekts ist gemein, dass sie zur Gruppe der bairischen bzw. alemannischen Dialekte gezählt werden. Doch zwischen Arlberg und Osttirol gibt es wahrscheinlich so viele verschiedene Mundarten wie Ortschaften. Regionale Eigenheiten machen sich vor allem in einem der persönlichsten Lebensbereiche der Menschen bemerkbar: in der Küche. Daher sind Abweichungen bei Wörtern für Zutaten und Gerichte auch innerhalb Tirols keine Seltenheit. Die wichtigsten Ausdrücke werden im Folgenden kurz erklärt:
abschmalzen: mit Butter übergießen
Dampfl: Gärprobe beim Germteig
Faferl (Riebele): Mehl mit wenig Milch oder Wasser verbröselt
Germ: Hefe
Holler: Holunder
Klotzen (Kluaban): Dörrbirnen
Miasl (Muas): Schmarren
moar: mürb
Muas (Koch): dick eingekochter Brei
Plenten: Mais
Prinze (Scharra): braun angekochte Kruste am Boden der Pfanne
Schotten (Broada): Topfen
Schwarzplenten: Buchweizen
Türkenmehl: Maismehl
Abkürzungen:
g = Gramm
KL = Kaffeelöffel
EL = Esslöffel
Msp. = Messerspitze
Pkg. = Packung
Die Rezepte sind gedacht für 4 bis 6 Personen.
So vielgestaltig wie die Landschaft und die Vegetation unseres Landes sind, so vielfältig sind auch die Speisen und deren Zubereitungsformen. Dabei gibt es neben den Gerichten, die im ganzen Land auf den Tisch gebracht werden, Spezialitäten, die fast ausschließlich in einer bestimmten Gegend gekocht werden. Neben Tradition und Überlieferung spielen oft auch besondere Nahrungspflanzen eine große Rolle, z.B. der Buchweizen („Schwarzplenten“), dessen Hauptverbreitungsgebiet südlich des Alpenhauptkammes liegt, und der Mais („Türggen“), der in den Föhngebieten eines der Hauptnahrungsmittel darstellte. In den letzten Jahren entstand vielerorts wieder reges Interesse an der einfachen und naturnahen Küche.
Es sind nicht nur alternative Lebensauffassungen, die sich auf bodenständiges Essen zurückbesinnen, sondern allgemein wird wieder mehr auf Produkte zurückgegriffen, die im eigenen Land erzeugt worden sind. Schließlich erfreuen sich auch die Bauernmärkte immer größerer Beliebtheit.
Die Bauern erzeugten seit jeher ihre Nahrungsmittel selbst. Ausnahmen waren in Tirol nur die Schwaighöfe, die in der ersten Zeit nach ihrer Gründung vom Landesfürsten einen Zuschuss an Brotgetreide bekamen*. Der tägliche Speise-zettel wurde von den gedeihenden Nahrungspflanzen und von der Wirtschaftsform des Hofes bestimmt.
Die ältesten Hauptnahrungsmittel sind Hafer, Hirse, Roggen und Weizen. Die Römer führten dann auch noch die Gerste in unser Land ein. Im 15. Jahrhundert wurde der Buchweizen heimisch. Nach der Entdeckung Amerikas verdrängte der Mais die Hirse vollständig. Die stärksten Veränderungen am Speisezettel bewirkten aber die Erdäpfel. Sie waren ab Anfang des 19. Jahrhunderts in ganz Tirol verbreitet. Häufigste Zuspeisen waren Kraut in Form von Sauerkraut und Rüben. Von den Hülsenfrüchten sind heute nur noch die Erbsen und Bohnen im Gebrauch, während Saubohnen und Linsen fast in Vergessenheit geraten sind.
„Immer mehr Menschen zeigen Interesse an bewusster Ernährung und naturbelassenen Lebensmitteln, die in ihrer unmittelbaren Umgebung hergestellt wurden. Man kauft wieder am Bauernmarkt ein und entdeckt traditionelle bäuerliche Gerichte.”
Der große Strukturwandel der bäuerlichen Betriebe innerhalb der letzten 50 Jahre hat dazu beigetragen, dass ein Bauernhof heute kaum mehr auf Eigenversorgung ausgerichtet ist. Die großen Veränderungen ließen viele der gesunden und einfachen Rezepte der Bauernkost in Vergessenheit geraten.
Umso erfreulicher ist die bereits erwähnte Rückbesinnung auf die Tiroler Bauernküche. Die folgende Rezeptesammlung will aber nicht nur diesem Titel Rechnung tragen. Sie lüftet „Küchengeheimnisse“ aus dem ganzen Land und erzählt uns über die Kochkunst unserer Frauen.
* Wopfner, H.: Bergbauernbuch I. Bd. 1, S. 82
Karge Lebensgrundlagen prägen die Rezepte der Außerferner Küche. Wasser, Milch, Erdäpfel und Brot – aus diesen Grundzutaten haben die Bäuerinnen dieses Landesteiles ihren Speisezettel zusammengestellt.
Das raue Klima ließ wenig Obst und Gemüse gedeihen – man sammelte alles, was in wilder Natur wuchs: Himbeeren, Heidelbeeren, Preiselbeeren, Holunder und Maulbeeren, die Früchte des Wacholders, Enzianwurzeln und Ähnliches. Alles wurde in der Küche verwertet, sei es als Nahrungs- oder Heilmittel.
Immer wieder entstanden neue Variationsmöglichkeiten mit Erdäpfeln, Mehl in Form von Muas, Schmarren und Suppen. Auch Fleisch war selten – der Boden war knapp, Schlachtvieh konnte kaum gehalten werden. Jedoch ist das Außerfern wegen seines Wildreichtums bekannt – so darf es uns nicht wundern, dass uns gute Wildrezepte aus diesem Landesteil bekannt sind.
Manche Gerichte erinnern an Speisen auf den Almen. Auch dort wurden, nachdem die Vorräte aus dem Tal verbraucht waren, die anfallenden Erzeugnisse aus der Milchwirtschaft verwendet. Käse für Kasnocken, Knödel und Spatzeln; Butter, Rahm und Milch für Muas und Schmarren. Mehl war vorrätig und als Getränk war Milch und „Riahrmilch“ (Buttermilch) vorhanden.
Im Allgemeinen ist die Außerferner Küche vom süddeutschen und alemannischen Raum beeinflusst. Die Saisonarbeiter, die für einige Monate in die Fremde wanderten, um Geld zu verdienen, brachten Rezepte aus dem Schwabenland mit, z.B. Brätknödel, Kässpatzen, Waffeln u.a.m. An diesem Beispiel wird uns klar, dass bodenständige Kost nichts Endgültiges ist, sondern dass sie in Verbindung steht mit der wechselnden Situation von Menschen, sei es durch Vermischung von Menschen verschiedener Herkunft, z.B. durch Heirat oder durch Einflüsse aufgrund der Änderung des Arbeitsstandortes.
Auch so kann heimische Kost gesehen werden, als bewusst übernommene Heimat von und für Menschen.
Über die Region
500 g Brät
3 Eier
50 g Zwiebel
ca. 1/4 l Milch
1 Semmel
Salz, Pfeffer
Petersilie
1,5 l Rindsuppe
♦ Brät (vom Metzger) gut verrühren
♦ Milch dazugießen
♦ nach und nach Eier dazugeben
♦ würzen
♦ Zwiebel fein schneiden, in Butter anrösten, überkühlen lassen
♦ Semmel würfelig schneiden, in Milch einweichen, ausgedrückt dazugeben
♦ soviel Mehl dazugeben, dass eine bindige Masse entsteht
♦ mit einem Esslöffel Nockerln abstechen
♦ in kochendes Salzwasser einlegen
♦ ca. 15 Minuten ziehen lassen
♦ in Fleischsuppe servieren
30 g Butter
30 g Mehl
1 l Milch
1 Prise Salz
1 Dotter
Brotwürfel
♦ Mehl in Butter anschwitzen lassen
♦ mit Milch aufgießen
♦ salzen
♦ aufkochen lassen
♦ vor dem Servieren Dotter einsprudeln
♦ mit Brotwürfeln servieren
Variation: Aufgewürfelte Reste vom Zelten schmecken gut dazu!
1 Ei
Mehl
Salz
Suppe
♦ Ei mit soviel Mehl, wie das Ei annimmt, vermischen
♦ mit den Händen solange verreiben, bis feine Riebele entstehen
♦ in Wasser oder Fleischsuppe einkochen, würzen
Variation: Riebele mit leicht gebräunter Zwiebel abschmalzen
4 Scheiben Schwarzbrot
8 Zehen Knoblauch
1 Zwiebel
Schnittlauch
200 g Edamer
1 EL Butter
1 EL Mehl
Salz
Pfeffer
1 l Wasser
♦ Brot würfelig schneiden
♦ mit zerdrücktem Knoblauch, fein geschnittener Zwiebel, Schnittlauch und würfelig geschnittenem Käse in eine Schüssel geben
♦ mit 1 l heißem Wasser übergießen
♦ aus Butter und Mehl eine Einbrenn machen, mit etwas Wasser aufgießen, gut verkochen lassen
♦ die Suppe in die Einbrenn einrühren, würzen