Inhaltsverzeichnis


Vorwort
1. Sagen der Altmark
1. Das Haus des Kaisers zu Stendal
2. Erbauung des Doms zu Stendal
3. Die Rolandssäulen
4. Der verschwundene Tambour
5. Die gottesschänderischen Juden
6. Das wunderbare Feuer zu Stendal
7. Der Kinderesser zu Stendal
8. Der Betrug um die Leichengebühren
9. Die betenden Straßenräuber
10. Die alte Glocke in Koblake
11. Das steinerne Kreuz bei Großen-Möhringen
12. Das Marienbild zu Schleuß
13. Die Pferdetrappe bei Darnstedt
14. Der Teufel und der Schreiber zu Klein-Schwechten
15. Die rothe Erde bei Dentz
16. Der Teufelsstein zu Ostheeren
17. Die Wahrzeichen an der Stephanskirche zu Tangermünde
18. Die Jungfrau Lorenz
19. Die Papenkühle bei Bellingen
20. Der geigende Pfarrer
21. Das Büchelchen
22. Das Gespenst zu Schorstett
23. Die Belagerung von Rogätz
24. Die alte und die neue Stadt Gardelegen
25. Die Sanct Georgen-Capelle vor Gardelegen
26. Die Wette um das Thor zu Gardelegen
27. Das Wamms des Geräderten
28. Die Isern-Schnibbe bei Gardelegen
29. Der Selische See
30. Die goldene Laus bei Bismark
31. Die Todtenglocke zu Calbe
32. Die Stadt Salzwedel
33. Das Stadtholz bei Salzwedel
34. Klaus Ule
35. Der bestrafte Meineidige
36. Der Elternmörder in Salzwedel
37. Die wüste Kirche zu Danne
38. Der Mittelpunkt der Welt
39. Die großen Steine bei Ballerstedt
40. Die gestohlene Glocke in Ristedt
41. Tetzels Ablaßkasten in Flechtingen
42. Die beste Religion
43. Das Unwetter in Gr. Gerstädt
44. Der bestrafte Sabbathschänder zu Bombeck
45. Hakkeberg
46. Die bestraften Räuber
47. Der Lehnekenberg bei Dahrendorf
48. Der Lehnekenstein bei Bonese
49. Die Spinnerin im Monde
50. Die kluge Nonne zu Arendsee
51. Der Name Arendsee
52. Der Arendsee
53. Der Mehlberg am Arendsee
54. Der gekeilte Dieb
55. Der Inspector Krusemark zu Seehausen
56. Die Hand auf dem Grabe
57. Der Kaiserbesuch in Osterburg
58. Die Feuersbrunst in Osterburg
59. Die rothe Erde bei Krumke
60. Der letzte Pfarrer in Krumke
61. Das Kloster Crevese
62. Die beiden Frauen zu Aulosen
63. Der Währwolf in Hindenburg
64. Der Kobold in Lichterfeld
65. Der Münchensee bei Osterholz
66. Gott läßt sich nicht spotten
67. Die zwei Todesengel
68. Die Tempelherren-Schlösser
69. Der neue Adel in der Altmark
70. Der Name Jagow
71. Der Name Schulenburg
72. Der Name Gans von Putlitz
73. Der wunderbare Ring in der Familie von Alvensleben
74. Der alte Ziethen
2. Meinungen und Gebräuche der Altmark
Abergläubische Meinungen und Gebräuche
Hexereien in Mellin
Gewohnheiten in Thüritz
Besondere Gebräuche und Meinungen im Hans Jochen-Winkel
Besondere Gebräuche bei Entbindungen und Kindtaufen
3. Sagen der übrigen Marken
1. Ursprung der Geschlechter Habsburg, Zollern etc
2. Die wunderbarste Sage von Berlin
3. Die Zauberinnen in Berlin
4. Die Bildsäule des Churfürsten von Sachsen in Berlin
5. Die gespenstischen Mäher bei Berlin
6. Das Unwetter und Churfürst Joachim I
7. Gesichter der Churfürsten Joachim I. und II
8. Joachim von Schapelow
9. Der Müggelberg bei Cöpenik
10. Das Grab bei Rheinsberg
11. Der Stein bei Stolzenhagen
12. Die sieben Steine bei Morin
13. Der Adamstanz bei Wirchow
14. Die alte Stadt im Blumenthal
15. Der Markgrafenberg bei Rathenau
16. Das Wunderblut zu Belitz
17. Das Wunderblut zu Zehdenick
18. Das Wunderblut zu Wilsnack
19. Das wunderbare Gesicht zu Prenzlau
20. Die geharnischten Männer zu Cüstrin
21. Der Bärenskirchhof in Grimnitz
22. Das vermauerte Thor zu Gransee
23. Die Strohbrücke bei Himmelpforten
24. Der schwarze Mönch zu Ukermünde
25. Die Capelle des h. Kreuzes bei Perleberg
26. Der große Stein bei Reetz
27. Das fluchende Weib
28. Die Mißgeburt zu Jütkendorf
29. Die Zaubersäcke zu Cüstrin
30. Die stillen Frösche zu Schwante
31. Die Ratzen in Neustadt-Eberswalde
32. Die Schlangen von Prenzlau
33. Die Schlangen zu Bernau
34. Das Bernauische Bier
35. Die Wundereiche bei Wittstock
36. Der bestrafte Sabbathschänder
37. Der Name Pritzwalk
38. Das blutende Hirschhorn
39. Die Blutkammer zu Wilsnack
40. Das Fräulein bei Wittenberge
41. Der Hildebrand bei Wittenberge
42. Der Blutregen in Großmantel
43. Historie von der Magd zu Frankfurt an der Oder
44. Die Magd und die Männlein zu Help
4. Sagen aus dem Magdeburgischen
1. Die Wiedererbauung Magdeburgs
2. Das Kaiserbildniß im Dome zu Magdeburg
3. Der Schäfer am Dome zu Magdeburg
4. Der schwörende Mönch
5. Die gefesselten Männer am Dome zu Magdeburg
6. Die frommen Hunde in Magdeburg
7. Kriegeszeichen
8. Der gefangene Jude zu Magdeburg
9. Die heiligen Leichnams-Capelle zu Magdeburg
10. Das Gespenst auf dem Tye in Magdeburg
11. Bestrafte Tanzlust
12. Die Cardinalsbirne
13. Der Erzbischof Ernestus zu Magdeburg
14. Der Warner vor der Schlacht, und die Magdeburger Taufe
15. Das blutige Brod
16. Die Metze und die Magd
17. Der Todtengräber in Magdeburg
18. Wolmirstett
19. Der heilige See bei Neuhoff

Vorwort.

Inhaltsverzeichnis

Die Altmark besteht gegenwärtig aus den vier Landräthlichen Kreisen Stendal, Gardelegen, Salzwedel und Osterburg; außerdem gehören einzelne Theile der Kreise Wolmirstedt und Neuhaldensleben dazu. Sie bildet einen Theil des Regierungsbezirks Magdeburg und der Provinz Sachsen. Sie war früher, bis zu ihrer Einverleibung mit dem ehemaligen Königreiche Westphalen, eine für sich selbst bestehende, abgeschlossene Provinz des Preußischen Staats, mit selbständiger Verfassung, mit einem eigenen Obergerichte, das in ihrer damaligen Hauptstadt Stendal seinen Sitz hatte, u.s.w.

Diese Selbstständigkeit hat manche Eigenthümlichkeit in Charakter, Sitten, Kleidung und Leben der Altmärker aufrecht erhalten, zu welcher vielleicht die Umstände, daß ein großer Theil der Altmark früher von den Wenden bewohnt war, daß unter Albrecht dem Bären ein eben so eigenthümliches Volk, die Niederländer, in die Mark, namentlich in die Wische, gegerufen wurden, so wie, daß die Altmark die langjährige Residenz nicht nur der Brandenburgischen Markgrafen, sondern selbst mehrerer Deutschen Kaiser war, den ersten Grund gelegt haben mögen. Soviel ist gewiß, man erkennt einen Altmärker, besonders einen Altmärker vom Lande, leicht und auf den ersten Blick. Alle Generalisirung und Uniformirung der neueren Civilisation, alle politische Verschmelzung mit anderen Stämmen und Regierungen hat seine Besonderheiten, seinen specifischen Nationaltypus nicht zu verwischen vermocht. Ist er auch ein Preuße, ist er auch ein Märker, so ist er doch ein Altmärker, und von der Altmark geht der erste Ruhm und Glanz der Brandenburgischen Marken und des Preußischen Thrones aus.

Die Eigenthümlichkeit des Altmärkers findet sich wieder in seinen Sagen. Ist daher die Sammlung des Sagenschatzes eines Volkes, dieser nationalsten Volkspoesie, dieses Spiegels seiner ganzen Denk- und Gefühlsart, seiner Geschichte, seines Lebens, überhaupt etwas Interessantes, mag man sie als Gegenstand müßiger Unterhaltung, oder als Hülfsmittel zum Studium der Völker und ihrer Geschichte betrachten, so erschien mir eine Sammlung der Volkssagen der Altmark doppelt interessant. Sie muß ein bedeutsamer Beitrag zu einer Sagensammlung unseres gesammten deutschen Vaterlandes sein. Für die deutsche Sage geschieht in der neueren Zeit wieder viel. Das muß in Kurzem zu einem höchst interessanten Resultate führen. Ist sie nämlich aus allen Gauen Deutschlands gesammelt, so muß sie einen Blick in die Verschiedenheiten der Stämme und Gegenden, der Sitten, Gebräuche und Lebensweise, der Wirkungen der Verfassung, der politischen und religiösen Institutionen werfen, der für den beobachtenden Vaterlandsfreund von der entschiedensten Bedeutung ist. Die Sagen der Altmark werden dann nicht unbeachtet da stehen. Man wird ihren allgemeinen deutschen Ursprung und Charakter, man wird aber auch ihre besondere Bildung und Richtung anerkennen.

Die Altmark ist flach und eben. Im Gebirge soll die Sage besser gedeihen, als in der Ebene. Bei der Altmark bewährt sich das nicht. Sie ist reich an Sagen, besonders auf dem Lande. Der gemüthliche und gemüthlich beschauende Charakter des Volkes, das zu langwierigen und mühsamen Anstrengungen des Geistes sich nicht hinneigt, hat hier an jeden Gegenstand seines Lebens und seiner Geschichte irgend eine übernatürliche, poetische Bedeutung geknüpft.

Der Reichthum des Altmärkischen Sagenschatzes ist nicht nach der vorliegenden Sammlung zu beurtheilen. Einmal verschwindet überall die Sage mehr aus dem Volke, je mehr sie in die Bücherwelt übergeht. Sodann lebt in der Altmark die Sage mehr auf dem Lande als in den Städten, und man muß bei der Verschlossenheit des Landvolks zu diesem schon in ganz besonderen und vertrauten Beziehungen stehen, um es mittheilsam für seine Sagen zu machen, die es gern für sich allein behält, so wie der Mensch überhaupt das nicht gern weggiebt, was er, zumal in schöneren Stunden, selbst geschaffen hat, und was ihm eben darum um desto lieberes Eigenthum geworden ist. Hat doch das Volk die Sage aus sich heraus producirt; wer will es ihm verdenken, wenn es sie nur für sich behalten will. Ich habe zwei Jahre mitten in der Altmark gelebt, und ich habe mir während dieser ganzen Zeit sehr viele Mühe gegeben, Altmärkische Sagen zu sammeln; nur das hier Mitgetheilte ist meine ganze Ausbeute geworden. Von diesem ist mir das Wenigste unmittelbar aus dem Munde des Volks zugekommen. Das Meiste ist aus Chroniken geschöpft, deren die Altmark viele hat. Von den übrigen verdanke ich Vieles Männern, die eine Reihe von Jahren lang unmittelbar unter dem Volke gelebt haben, von denen ich hier dankbar des um das Volksleben der Altmark in vielfacher Hinsicht verdienten Pfarrers Pohlmann in Grieben erwähne. Eine Wiederauflebung der Altmärkischen Sage steht durch den im Jahre 1830 zu Salzwedel gegründeten »Altmärkischen Verein für Geschichte und Industrie” bevor, der sich viele Mühe giebt, die Geheimnisse und Eigenthümlichkeiten des Volkslebens und Volkscharakters in allen seinen verschiedenen Richtungen zu erforschen und festzustellen. Durch die Güte des verdienstvollen Professors Danneil zu Salzwedel ist mir die Einsicht der Acten des Vereins gestattet, wofür ich hier öffentlich meinen Dank auszusprechen mich verpflichtet fühle.

Ueber meine Grundsätze bei der Auswahl der mitgetheilten Sagen kann ich hier nur Weniges sagen. Es sind dieselben, die den Landrath von Tettau und mich bei Herausgabe der »Volkssagen Ostpreußens, Litthauens und Westpreußens« (Berlin 1837) geleitet und die wir dort in der Einleitung niedergelegt haben. Ich darf mich im Ganzen darauf beziehen. So wie wir dort von der Ansicht ausgingen, nur solche Sagen aufzunehmen, die aus dem Volke hervorgegangen oder sein Eigenthum geworden, nicht aber demselben von außen her aufgedrängt und ihm immer fremd geblieben waren, so habe ich auch hier nur eben solche Sagen mitgetheilt, und bei denen, die ich aus Chroniken schöpfte, aus ihrer Quelle und Beschaffenheit sorgfältig erwogen, ob sie für ächte Volkspoesie oder aber für fremdartiges Machwerk zu halten seien. Dieß hat bei einiger Mühe und Aufmerksamkeit, bei Vergleichung der einzelnen Sage mit dem Gesammtcharakter der übrigen Sagen des Volkes und mit dem Leben und Charakter des letzteren, keine großen Schwierigkeiten. In derselben Weise, wie bei jener Sammlung, habe ich es mir auch hier zur strengsten Pflicht gemacht, die aufgenommenen Sagen nur gerade so wieder zu geben, wie sie im Munde des Volkes leben oder früher gelebt haben, ohne alle eigene Zuthat, ohne alle Ausschmückung. Mag auch manche er mitgetheilten Sagen eben so sehr einer Pointe entbehren, als ihr durch eine geringe Nachhülfe eine bessere, eine poetischere Gestaltung und Vollendung zu geben gewesen wäre, ich habe solche Mittel auf das strengste verschmähen zu müssen geglaubt, den Hauptzweck meiner Arbeit festhaltend: nur die Schöpfungen und die Poesie des Volkes zu geben.

Aus demselben Grunde habe ich mich denn auch hier ganz der einfachen, prunklosen Darstellungsweise befleißigt, in der jene Preußischen Sagen vorgetragen sind, und die mir einer einfachen Volkssage allein angemessen zu sein scheint. Wo die Chronik nicht, was öfter ihr Fehler ist, zu weitläufig wurde, habe ich ihr meistentheils fast wörtlich nacherzählt. Wo ich nicht aus der Chronik schöpfte, und ich also mehr selbstbildend hinsichtlich der Form auftreten mußte, erschien mir die einfachste und kürzeste Erzählungsweise die beste. Ich halte es für keinen geringen Fehler in vielen der neuesten Sammlungen von Volkssagen, daß sie in einem überladenen, sentimentalen, modern-novellenartigen Style vorgetragen werden. Sie erhalten dadurch das unangenehme Ansehen formloser Gestalten. Sie sind nicht mehr eine Sage des Volks; sie sind noch weniger in den gebildeteren Kreisen als Eigenthum einheimisch. Dort stößt sie die Form zurück, hier die Materie, der Inhalt. Sie passen nirgends recht hin.

Bei der Anordnung habe ich zum großen Theil von der in den Preußischen Sagen beobachteten Form abweichen müssen. Dort wurde die Ordnung hauptsächlich mit durch die Rücksicht auf die Geschichte des Landes bedingt, so daß eine große Menge von Sagen, als einer bestimmten Geschichtsperiode angehörend und sich auf dieselbe beziehend, zusammengestellt werden mußten, und nur die übrigen nach der verschiedenen Oertlichkeit oder Verwandtschaft ihres Inhalts geordnet werden konnten. Eine solche Rücksicht fällt hier fort, und ich habe es daher vorziehen zu müssen geglaubt, die Sagen hauptsächlich nach der Oertlichkeit, für jede Oertlichkeit sodann aber chronologisch zu ordnen. Hiervon habe ich nur zuweilen eine Ausnahme gemacht, namentlich dann, wenn der verwandte Inhalt mehrerer Sagen ihre unmittelbare Zusammenstellung zweckmäßiger erscheinen ließ.

Wie den Preußischen Sagen, so habe ich auch den Altmärkischen eine Sammlung von abergläubischen Gebräuchen und Meinungen in der Altmark angehängt. Zur Rechtfertigung kann ich mich gleichfalls auf das darüber in der Einleitung zu den Preußischen Sagen Gesagte beziehen. Diese Meinungen und Gebräuche sind so durch und durch Volkspoesie, und mit der Sagenpoesie verwandte Volkspoesie, sie erscheinen mir zudem von so entschiedenem Interesse, daß ich mir einbilde, derjenige, der ohne sie die Sagen eines Volkes liefert, giebt nur etwas Halbes, und läßt wenigstens gerade das Sinnigste und am meisten Charakteristische fort. Soviel über die Altmärkischen Sagen.

Ich habe ihnen einen Anhang von Sagen aus den übrigen Theilen der Brandenburgischen Marken und aus dem Magdeburgischen beigefügt. Hierzu hat mich folgende Rücksicht bewogen. Die Altmark ist sowohl von den ältesten Zeiten her mit den übrigen Marken, als aus neuerer Zeit mit dem Herzogthum Magdeburg auf das engste verbunden. Dadurch, so wie ferner durch gemeinsame Abstammung eines großen Theils des Bodens und der Gegend, hat sich nothwendig in mannigfacher Hinsicht eine Verwandtschaft und Aehnlichkeit in der Lebensweise und dem Charakter der Bewohner der einzelnen genannten Provinzen bilden müssen. Gleichwohl hat jede Provinz ihr Eigenthümliches behalten, besonders, wie schon oben erwähnt, die Altmark. Diese Eigenthümlichkeiten und Verschiedenheiten, und diese Verwandtschaften und Aehnlichkeiten auch in den Sagen der einzelnen Gegenden wieder aufzusuchen, habe ich nun für nicht bedeutungslos gehalten, und die mitgetheilten Sagen werden in der That manche Vergleichungspunkte darbieten. –

Ich habe bisher den Apologeten meiner eigenen Arbeit gemacht. Ich verkenne darum aber nicht ihre Fehler. Darunter muß ich zunächst die Form, den Ton der einzelnen Sagen hervorheben. Ich fühle selbst, daß manche anders hätten erzählt werden müssen; aber wie es Einem oft geht, daß man Fehler einsieht, ohne sie verbessern zu können, so ging es mir auch hier: ich sah den unrechten Ton ein, aber ich konnte den rechten nicht treffen. Ich muß ferner selbst zugeben, daß einige der mitgetheilten Sagen einem etwas strengen Begriffe der Sage, namentlich dem in der Einleitung zu den Preußischen Sagen aufgestellten, nicht entsprechen möchten, z.B. die von dem letzten Pfarrer in Krumke, von dem Dorfe Buch u.e.a., da sie im Grunde nur Anekdoten sind. Aber es sind jedenfalls doch Anekdoten, die das Volk aufgenommen, auf seine Weise einmal verarbeitet und volksthümlich gemacht hat, und die es mit seinen übrigen Sagen sich gern erzählt. Ich habe deshalb geglaubt, sie ebenfalls unter diesen wenigstens dulden zu müssen.

Ganz besonders muß ich aber zum Dritten die Unvollständigkeit meiner Arbeit anerkennen. Dieser Fehler ist indeß freilich nicht der meinige. Ich habe mir gewiß Mühe genug gegeben, etwas Vollständiges zu liefern; wie es mir nicht gelingen konnte, habe ich oben zu zeigen versucht. Ich habe gleichwohl den gewählten Titel des Werkchens nehmen zu dürfen geglaubt. Denn wenn gleich derselbe eine vollständige Mittheilung der Altmärkischen Sagen anzudeuten scheint, so darf ich doch auch hinwiederum darauf aufmerksam machen, daß weder einer Seits die bekannten Sagen der Altmark (Ausnahmen wird es immerhin geben) mitgetheilt sind, daß aber von der andern noch viele Mühe und Jahre erforderlich sein dürften, bevor es gelingen wird, die noch nicht bekannten aus den schwer zugänglichen Schachten der Volksverschlossenheit, in denen sie verborgen liegen, zu Tage zu fördern.

Ueber die Geschichtswerke und Chroniken, aus denen ich geschöpft habe, noch etwas zu sagen, dürfte hier nicht der Ort sein. Ich darf nur noch anführen, daß ich jedesmal, wo ich eine geschriebene Quelle hatte, diese angegeben habe. Diejenigen Sagen, bei denen keine solche Quelle angegeben ist, sind unmittelbar aus dem Munde des Volks, theils durch mich selbst gesammelt, theils durch Freunde und Bekannte, von denen ich den Pastor Pohlmann schon oben dankbar genannt habe.

I. Sagen der Altmark.

Inhaltsverzeichnis
1. Das Haus des Kaisers zu Stendal
2. Erbauung des Doms zu Stendal
3. Die Rolandssäulen
4. Der verschwundene Tambour
5. Die gottesschänderischen Juden
6. Das wunderbare Feuer zu Stendal
7. Der Kinderesser zu Stendal
8. Der Betrug um die Leichengebühren
9. Die betenden Straßenräuber
10. Die alte Glocke in Koblake
11. Das steinerne Kreuz bei Großen-Möhringen
12. Das Marienbild zu Schleuß
13. Die Pferdetrappe bei Darnstedt
14. Der Teufel und der Schreiber zu Klein-Schwechten
15. Die rothe Erde bei Dentz
16. Der Teufelsstein zu Ostheeren
17. Die Wahrzeichen an der Stephanskirche zu Tangermünde
18. Die Jungfrau Lorenz
19. Die Papenkühle bei Bellingen
20. Der geigende Pfarrer
21. Das Büchelchen
22. Das Gespenst zu Schorstett
23. Die Belagerung von Rogätz
24. Die alte und die neue Stadt Gardelegen
25. Die Sanct Georgen-Capelle vor Gardelegen
26. Die Wette um das Thor zu Gardelegen
27. Das Wamms des Geräderten
28. Die Isern-Schnibbe bei Gardelegen
29. Der Selische See
30. Die goldene Laus bei Bismark
31. Die Todtenglocke zu Calbe
32. Die Stadt Salzwedel
33. Das Stadtholz bei Salzwedel
34. Klaus Ule
35. Der bestrafte Meineidige
36. Der Elternmörder in Salzwedel
37. Die wüste Kirche zu Danne
38. Der Mittelpunkt der Welt
39. Die großen Steine bei Ballerstedt
40. Die gestohlene Glocke in Ristedt
41. Tetzels Ablaßkasten in Flechtingen
42. Die beste Religion
43. Das Unwetter in Gr. Gerstädt
44. Der bestrafte Sabbathschänder zu Bombeck
45. Hakkeberg
46. Die bestraften Räuber
47. Der Lehnekenberg bei Dahrendorf
48. Der Lehnekenstein bei Bonese
49. Die Spinnerin im Monde
50. Die kluge Nonne zu Arendsee
51. Der Name Arendsee
52. Der Arendsee
53. Der Mehlberg am Arendsee
54. Der gekeilte Dieb
55. Der Inspector Krusemark zu Seehausen
56. Die Hand auf dem Grabe
57. Der Kaiserbesuch in Osterburg
58. Die Feuersbrunst in Osterburg
59. Die rothe Erde bei Krumke
60. Der letzte Pfarrer in Krumke
61. Das Kloster Crevese
62. Die beiden Frauen zu Aulosen
63. Der Währwolf in Hindenburg
64. Der Kobold in Lichterfeld
65. Der Münchensee bei Osterholz
66. Gott läßt sich nicht spotten
67. Die zwei Todesengel
68. Die Tempelherren-Schlösser
69. Der neue Adel in der Altmark
70. Der Name Jagow
71. Der Name Schulenburg
72. Der Name Gans von Putlitz
73. Der wunderbare Ring in der Familie von Alvensleben
74. Der alte Ziethen

1. Das Haus des Kaisers zu Stendal.

Inhaltsverzeichnis

Die Stadt Stendal, welche früher die Hauptstadt der Altmark war, ist erbauet von dem Kaiser Heinrich dem Finkler oder Vogelfänger, welcher sie zum Schutze gegen die heidnischen Wenden anlegte. Der Name kommt davon her, daß sie in einem steinigen Thale, Steinthal, liegt. Der genannte Kaiser hat sich in der von ihm erbauten Stadt viel aufgehalten, und zum öfteren darin residirt. Seine Wohnung hat er alsdann gehabt in einem Hause, welches noch jetzt gezeigt wird, obgleich es nun ganz anders gebauet ist. Es steht an der Ecke der Jacobi-Kirche, nach dem sogenannten alten Dorfe hin, dem ältesten Theile der Stadt. Es ist zum ewigen Wahrzeichen, daß der Kaiser Heinrich darin gewohnt, kenntlich daran, daß oben in seiner Giebelwand nach der Jacobi-Kirche hin ein pechschwarzer Mohrenkopf eingemauert ist.

Sammlung zu einer Chronik von Stendal. I. S. 4. u. mündlich.

2. Erbauung des Doms zu Stendal.

Inhaltsverzeichnis

Der Dom zu Stendal gehört zu den schönsten alten Kirchen in der Mark Brandenburg, die reich an herrlichen Baudenkmälern der Vergangenheit ist. Er soll gestiftet sein von dem Grafen Heinrich von Gardelegen, oder, wie Andere wollen, dem Grafen Heinrich von Osterburg. Der Stifter, sei es nun Einer von diesen beiden Grafen, welcher es wolle, war von seiner frühen Jugend an ein gar arger Sünder gewesen, weshalb ihn zuletzt der Erzbischof von Magdeburg in den Bann gethan hatte. Ueber solches spottete der Graf aber, und er ging in seinem gottlosen Frevelmuthe so weit, daß er höhnend sagte, er wolle doch einmal sehen, ob es wahr sei, was die Leute sagen, daß selbst die Hunde nichts annehmen von Einem, der im Bann sich befinde. Er ließ also seine Hunde alle zusammenkommen und warf ihnen Brod vor. Allein keiner von den Hunden wollte auch nur ein einziges Stücklein aufnehmen. Da ging der Graf in sich, und er erkannte seine vielen und großen Sünden, und stiftete, um sie zu büßenden Dom zu Stendal. Dieß war im Jahre 1188. Darauf that ihn der Erzbischof aus dem Bann.

Ueber die Altmark. I. S. 185

Sammlung zu einer Chronik von Stendal. I. S. 7.

3. Die Rolandssäulen.

Inhaltsverzeichnis