AERA Die Rückkehr der Götter

Markus Heitz

AERA
Die Rückkehr der Götter

Episode 6
GOTTESBEWEIS

Knaur e-books

Inhaltsübersicht

Über Markus Heitz

Markus Heitz, geboren 1971, studierte Germanistik und Geschichte. Kein anderer Autor wurde so oft wie er mit dem Deutschen Phantastik Preis ausgezeichnet, weshalb er zu Recht als Großmeister der deutschen Fantasy gilt. Mit der Bestsellerserie um »Die Zwerge« drückte er der klassischen Fantasy seinen Stempel auf und eroberte mit seinen Werwolf- und Vampirthrillern auch die Urban Fantasy. Markus Heitz lebt in Homburg.

Impressum

© 2015 der eBook-Ausgabe Knaur eBook

Ein Imprint der Verlagsgruppe Droemer Knaur GmbH & Co. KG, München

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit
Genehmigung des Verlags wiedergegeben werden.

Dieses Werk wurde vermittelt durch die

AVA international GmbH Autoren- und Verlagsagentur, München.

www.ava-international.de

Innenabbildungen: Heiko Jung

Redaktion: Hanka Jobke

Covergestaltung: Guter Punkt, München | www.guter-punkt.de

Coverabbildung: Anke Koopmann, Guter Punkt

unter Verwendung von Motiven von © Elm Haßfurth/www.elmstreet.org

ISBN 978-3-426-43694-3

Hinweise des Verlags

Noch mehr eBook-Programmhighlights & Aktionen finden Sie auf
www.droemer-knaur.de/ebooks.


Sie wollen über spannende Neuerscheinungen aus Ihrem Lieblingsgenre auf dem Laufenden gehalten werden? Abonnieren Sie hier unseren Newsletter.


Sie wollen selbst Autor werden? Publizieren Sie Ihre eBooks auf unserer Akquise-Plattform www.neobooks.com und werden Sie von Droemer Knaur oder Rowohlt als Verlagsautor entdeckt. Auf eBook-Leser warten viele neue Autorentalente.


Wir freuen uns auf Sie!

Episode 6
GOTTESBEWEIS

 

»Es gibt kein Volk, das so wild, und niemanden unter allen, der so roh wäre, daß er in seinem Geist nicht einen Gedanken an die Götter trüge – viele meinen über die Götter Verkehrtes (das aber pflegt aus einem schlechten Lebenswandel zu rühren) –, dennoch glauben alle, daß es eine göttliche Kraft und Natur gibt; das bewirkt aber nicht eine Verabredung oder ein Konsens unter den Menschen, und auch wird die Annahme nicht durch Einrichtung oder Gesetze in Geltung gesetzt; die Übereinstimmung aller Völker in der ganzen Sache muß [darum] für ein Naturgesetz genommen werden.«

 

Marcus Tullius Cicero, Gespräche in Tusculum, 45 v. Chr.

»Es muß gewettet werden, das ist nicht freiwillig, ihr seid einmal im Spiel und nicht wetten, daß Gott ist, heißt wetten, daß er nicht ist. Was wollt ihr also wählen? […] Ihr habt zwei Dinge zu verlieren, die Wahrheit und das Glück, und zwei Dinge zu gewinnen, eure Vernunft und euern Willen, eure Erkenntniß und eure Seligkeit, und zwei Dinge hat eure Natur zu fliehen, den Irrthum und das Elend. Wette denn, daß er ist, ohne dich lange zu besinnen, deine Vernunft wird nicht mehr verletzt, wenn du das eine als wenn du das andre wählst, weil nun doch durchaus gewählt werden muß. Hiermit ist ein Punkt erledigt. Aber eure Seligkeit? Wir wollen Gewinn und Verlust abwägen, setze du aufs Glauben, wenn du gewinnst, gewinnst du alles, wenn du verlierst, verlierst du nichts. Glaube also, wenn du kannst.«

 

Blaise Pascal,

Pascalsche Wette, Gedanken über die Religion und über einige andere Themen, 1670

»Das Fundament der irreligiösen Kritik ist: Der Mensch macht die Religion, die Religion macht nicht den Menschen. […]

Der Kampf gegen die Religion ist also mittelbar der Kampf gegen jene Welt, deren geistiges Aroma die Religion ist. Das religiöse Elend ist in einem der Ausdruck des wirklichen Elendes und in einem die Protestation gegen das wirkliche Elend. Die Religion ist der Seufzer der bedrängten Kreatur, das Gemüth einer herzlosen Welt, wie sie der Geist geistloser Zustände ist. Sie ist das Opium des Volks. Die Aufhebung der Religion als des illusorischen Glücks des Volkes ist die Forderung seines wirklichen Glücks. Die Forderung, die Illusionen über seinen Zustand aufzugeben, ist die Forderung, einen Zustand aufzugeben, der der Illusionen bedarf. Die Kritik der Religion ist also im Keim die Kritik des Jammertales, dessen Heiligenschein die Religion ist.«

 

Karl Marx,

Einleitung zu: Zur Kritik der Hegelschen Rechtsphilosophie, 1844

 

 

Germanien (keltisches Gebiet), Rheinland-Pfalz, Hahn (Hunsrück), November 2019

 

Malleus Bourreau stand unter dem Vordach auf dem Gelände des zerstörten Flughafens, das ihn vor dem heftigen Regen schützte, und sah zu der humanoiden Gestalt, die in etwa hundert Metern Entfernung aus einem eingestürzten Teil des Abfertigungsgebäudes ins Freie trat; drei hüftgroße, wilde Hunde begleiteten sie, die Köpfe gesenkt und zu ihrem Herrn gedreht, der in zerrissene Kleidung gehüllt war.

Noch immer erklang das metallische Trommeln von Dutzenden Eisenstangen aus den Ruinen, die im immer gleichen Takt auf Beton einschlugen, als feuerten sie den Schemen an.

Er sah zu Malleus hinüber, hob erneut den Schädel und witterte.

Halten Sie durch, hatte Lautrec ihm geschrieben – nun wusste Malleus, wie das gemeint war.

In den eingestürzten und in Mitleidenschaft gezogenen Gebäuden wurden Magnesiumfackeln gezündet und brannten rauchend und rot, der herausdringende Lichtschein sorgte für eine düstere Beleuchtung.

Ich hätte den Warnhinweis zum Areal lesen sollen. Er widerstand dem Impuls, die beiden Apache Deringer aus den Händen zu legen und den PDA aus der Tasche zu ziehen, um das Versäumnis nachzuholen. Es war besser, die Umgebung im Auge zu behalten.

Eine Spezialeinheit sei unterwegs, um ihn rauszuholen, hatte sein Vorgesetzter ebenso mitgeteilt.

Wie lange wird sie brauchen? Malleus ließ die Blicke aus seinen kontaktlinsenblauen Augen über die Ruinen schweifen, aber es zeigten sich keine weiteren Gestalten.

Der gewaltige Schwarm Krähen zog am dunkelgrauen Himmel unvermindert seine Kreise und krächzte dabei auf Malleus und den Schemen herab, als würde er die beiden beschimpfen und sich über den Lärm beschweren.

Abseits von menschlichen Siedlungen konnte es in dieser Gegend mit Einbruch der Nacht dunkel werden. Sehr dunkel. Der Wald und die Wolken schirmten jedes bisschen Helligkeit ab, als gälte es, ein schwarzes Loch zu erschaffen, in dem Malleus verschluckt werden sollte.

Die Gestalt hob den linken Arm weithin sichtbar in die Höhe, und das Trommeln endete.

»Was willst du in meinem Reich?«, donnerte der Unbekannte durch die Düsternis der Ruinen und brachte die Rauchnebelgespinste dazu, sich vor seinen Worten zu ducken und rollend zur Seite zu weichen.

Malleus vernahm den Mann so deutlich, als stünde er direkt vor ihm. Er paffte mehrmals an der Culebra und wünschte sich, doch eine mit roter Banderole gewählt zu haben. Mit einer Hand nahm er die krumme Zigarre aus dem Mund, was dank Deringer einfach gelang, und schöpfte tief Luft für eine Erwiderung.

»Sie sind mich bald wieder los«, rief er zurück und sah seinen Atem als Wölkchen. Der prasselnde Regen schluckte seine Stimme, die Antwort würde nicht bis zu dem Unbekannten reichen.

»Ich habe dich nicht verstanden«, kam folgerichtig zurück. Nun hob sich der rechte Arm, die Hand deutete auf ihn.

Die drei Hunde von der Größe eines Kalbs hoben die Köpfe, richteten die langen, kräftigen Schnauzen auf ihn. Jedes Augenpaar glomm in einer anderen Farbe, wie LED-Taschenlampen: weiß, rot, grün.

»Versuche es noch einmal, oder ich lasse die Tiere auf dich los«, tönte die Stimme spielend leicht zu ihm.

Ich muss näher ran. Malleus wollte zwar nicht, aber er bezweifelte, dass es ratsam sei, sich mit diesen Monstrositäten anzulegen. Weder der Mann noch die Hunde waren menschlichen Ursprungs. Ob Apache und Cobray überhaupt halfen, stand auf einem anderen Blatt. Im besten Fall werde ich es nicht herausfinden müssen.

Er klappte den Kragen hoch und vermisste seinen Hut schmerzlich, als er aus dem Schutz des halb zerstörten Vordachs trat und sich langsam auf den Unbekannten zubewegte. Die Culebra ließ er auf einem Stein im Trockenen zurück. Sie konnte nichts dafür und sollte nicht durch die Nässe leiden.

»Ich sagte«, schrie er dabei und hob die Arme zum Zeichen seiner Friedfertigkeit, wobei die Deringer nicht auffielen, »ich bin bald wieder verschwunden. Es lag nicht in meiner Absicht, Sie und Ihre Freunde zu stören.« An der Körperhaltung sah Malleus, dass ihn der andere nun verstand. »Ich sprang mit einem Fallschirm ab, weil mein Flugzeug abstürzte. Verzeihen Sie bitte die Ruhestörung.«

Bei geschätzten fünfzig Metern Abstand blieb er stehen und revidierte seine Einschätzung, was die Größe des Mannes anging. Er ist mindestens zwei Meter und höher! Die Schultern der drei Höllenhunde reichten bis an Malleus’ Brust.

Der sehr breit gebaute Mann blieb schwer zu erkennen. Ein zerfetzter Poncho umwehte ihn auragleich, die langen Haare bildeten im Wind eine unstete schwarze Korona, während das Antlitz selbst im Schatten lag. Das rote Licht der Magnesiumfackeln geisterte ängstlich drüber hinweg.

»Wer sich in mein Reich begibt, darf es verlassen, sofern er mir eine Gabe darreicht«, verkündete der Mann huldvoll.

»In welchem Reich bin ich, und wie lautet Ihr Name?«, erkundigte sich Malleus freundlich. Jede gewonnene Sekunde mochte wertvoll sein.

»Mein Name ist Adamastos. Und dies ist mein Reich«, erwiderte er stolz. »Es trägt meinen Namen.«

Malleus fiel ein, dass Adamastos der Beiname des Gottes Hades war, dem Herrn der Unterwelt, jedenfalls gemäß der griechischen Mythologie. Damit hatte er nicht gerechnet. »Ein ungewöhnlicher Name im keltischen Teil Germaniens.«

»Ich suchte es mir nicht aus.« Adamastos senkte langsam den Arm, und die Hunde setzten sich. »Wäre es nach mir gegangen, lebte ich an einem anderen Ort. Vielleicht in Koroneia oder in Olympia, um meinem Vater nahe zu sein. Länder ohne dauernden Regen. Ohne Kälte. Ohne Ruinen. Wie wir alle, die sich verborgen halten, trachten wir nach einem schöneren Leben. Doch die Menschen und Götter wollen uns nicht.«

Er denkt, Hades sei sein Vater. Malleus wischte sich das Wasser aus den Augen und rieb sich über den Fu-Manchu-Bart, der sich durch den Regen ungewohnt weich anfühlte. »Ihr alle?« Hoffentlich bereute er die Frage nicht.

»Wir alle, die von den Sterblichen verstoßen wurden«, sagte eine Frauenstimme unvermittelt hinter ihm. »In antiken Legenden wurden wir als Heldinnen und Helden gefeiert. Heute sind wir nichts.«

Malleus hatte damit gerechnet, dass sich einer von den Trommelnden anschleichen würde. So blieb er ruhig und sah weiter auf Adamastos; zugleich fühlte er die Wärme, die von der Unbekannten ausging. Sie musste sehr nahe bei ihm stehen. »Ihr seid Halbgöttinnen und -götter.«

»Sehr richtig.« Sie umrundete ihn und stand nackt vor ihm. Es störte sie offenbar nicht, von ihm betrachtet zu werden. Malleus schätzte sie auf knappe sechzehn; ihre langen, schwarzen Haare lagen wasserschwer auf der hellen Haut, verdeckten die Brüste teilweise. Das unstete magnesiumrote Flackern tauchte sie in Blutfarbe. »Ich bin Brigantina, Tochter der Brixia und Gemahlin des Adamastos. So sage uns, Sterblicher: Was willst du geben? Was ist dir dein Leben wert?«

Welche Entitäten würden entstehen, wenn sie ihre Linien vermischen? Malleus fand das Gedankenexperiment spannend, sofern man die atheistischen Bedenken außer Acht ließ. Brixia gehörte zum keltischen Pantheon, aber ihren Verantwortungsbereich kannte er nicht, und seinen PDA wollte er nicht hervorholen.

Er erinnerte sich, dass es immer wieder geschah: Kinder, die divinen Ursprungs waren, wurden ausgesetzt; man nannte sie unschmeichelhaft Hybride oder Bastarde. Sie wuchsen schneller als normaler Nachwuchs, reiften innerhalb eines oder weniger Jahre zu Erwachsenen, wie die beiden vor ihm soeben bewiesen.

Oder es sind Spinner. Verrückte, die sich in Ruinen ein eigenes Reich erschufen und Wahnsinnige um sich scharten. Er gab einige Landstriche, in denen nach dem Ende der Übergangskriege ein Hauch von Endzeit herrschte, meistens in weit abgelegenen Regionen und abseits von Zivilisation. Auch in Germanien.

»Ich könnte Geld anbieten«, schlug er vor. »Oder die Kleidung in meinem Koffer.«

»Was ist mit den Zigarren?«, rief Adamastos. »Wie viele hast du noch von ihnen?«

»Keine mehr.« Malleus verbot sich ein Lachen. Er wollte die Meute nicht herausfordern, zumal sie sicherlich spürten, dass es sich nicht um gewöhnliche Tabakwaren handelte. »Die unter dem Vordach ist meine letzte.« Dass er weitere im Etui trug, ging den Hünen nichts an.

Brigantina legte eine Hand an seine rechte Wange. Malleus ließ sie gewähren. Wieder eine Sekunde gewonnen. »Eine Lüge, Geliebter«, sprach sie laut. »Er hat noch welche. Ich sehe es in seinen Augen.«

»Du wolltest einen Halbgott betrügen?« Adamastos schnaubte. »Damit hast du dein Leben verwirkt.«

»Das habe ich schon oft gehört. Auch von ganzen Göttern.« Malleus schob die Hand der Frau zur Seite, ohne Hast und Wut. »Oder von Wesen, die sich als solche ausgeben.«

»Du zweifelst?« Brigantina lachte auf, und Regentropfen sprühten von ihren Lippen. »Geliebter, er zweifelt an unserer Abstammung!« Sie machte zwei, drei Schritte rückwärts, weg von ihm. »Nun hat er wahrlich den Tod verdient!«

Malleus spürte das Wasser, das unter dem Mantelkragen unter das Hemd und das kurtaähnliche Obergewand rann. Es schien, als seien die Verhandlungen abgeschlossen.

Fauchend erloschen die ersten Magnesiumfackeln, das rote Licht schwand und wich einer mystischen Düsternis.

Adamastos und Brigantina führten keine Waffen mit sich, abgesehen von den drei titanischen Hunden, die vermutlich von Zerberus abstammten, wenn man ihren Herrn fragte. Zudem lauerten in den Hallen noch eine unbekannte Anzahl weiterer Gegenspieler. Ob Halbgottheiten oder nicht, war erst mal unerheblich.

Malleus überlegte, wie schnell er zu seinem Gepäck gelangen konnte, in dem mehr Munition für den Cobray lagerte. Schrot und Vollmantelgeschosse würden hilfreich sein.

Ein Blitz fuhr durch den Krähenschwarm aus dem Unwetterhimmel und krachte gleißend in einen emporragenden Metallträger.

Malleus hörte Brigantina aufschreien, und Adamastos duckte sich aus einem Reflex, um nicht getroffen zu werden.

Weiße Funken und glühende Metalltropfen sprühten in alle Richtungen davon und erhellten die Gebäudereste mit grellem, zuckendem Licht, das nicht abreißen wollte – als hätte der Stahl die Entladung gefangen und zapfte nun gierig Energie aus den Wolken, um eine alte Maschine tief in der Erde aufzuladen und anzufahren. Malleus konnte die Augen nicht abwenden.

Das flackernde Licht spiegelte sich auf seinen blauen Kontaktlinsen, drang in seine Netzhäute, durch seinen Sehnerv in sein Gehirn und löste weggeschlossene Erinnerungen aus seinem Verstand.

Ängste.

Hass.

Wut.

Es erweckte sie zum Leben wie Frankensteins Monster und ließ sie los, entfesselte sie und sprengte die Ketten, die Malleus und sein Therapeut in mühevoller Arbeit drum herumgelegt hatten.

Malleus’ Atmen beschleunigte sich ruckartig, das Herz raste und jagte Adrenalin in jede Zelle seines Körpers.

Vor ihm stand plötzlich eine dieser unbekannten aschfarbenen Bestien, die zu keinen bekannten Entitäten gehörten und seine Einheit aufs Grausamste heimgesucht hatten. Sie öffnete ihren zahnbewehrten Rachen und brüllte ihn an, die tentakelhaften Arme zuckten angriffslustig.

Malleus’ Denken schaltete sich aus.

Er schrie dem Gegner in die hässliche Fratze und richtet die Deringer auf ihn, löste mehrmals aus und sandte ihn zu Boden, um sich auf das nächste Scheusal zu stürzen, das gleich darauf neben ihm erschien.

Aus den Augenwinkeln bemerkte Malleus die weiteren widerlichen Gegner, die aus den Ruinen gerannt kamen und auf ihn zuhetzten.

Doch es schreckte ihn nicht.

Nichts schreckte ihn im Moment. Denn wenn er starb, wäre er jenes Leid los, dem er im Leben nicht entkam.

Flüssigkeiten sprühten gegen Malleus, er spuckte das warme Feindesblut aus und ignorierte die Hiebe, die er selbst bekam.

Er schrie und schoss, schlug zu und um sich, stach und drosch auf alles ein, was sich ihm näherte. Metallischer Geruch, heißer Stahl und kochender Asphalt, Staubwolken, das Aufbrüllen der Gegner, alles verschmolz in ihm zu einem einzigen Eindruck, ohne dass er erlahmte.

Und das Unwetter befeuerte Malleus Blitz um Blitz.

* Α Ω *

Irgendwo in einem beschissenen Wald.

Und es pisst auch noch.

Nichts dabei außer dem, was ich zum Überleben brauche: die APB und Munition. Mal sehen, wo der, dem ich folge, abgeblieben ist.

 

Wette, er denkt, ich hätte ihn mit dem Fallschirm abgeworfen, aber das wäre zu gefährlich. Bleibt er am Ende noch ohnmächtig an einem Ast hängen und erwürgt sich.

Kurze Landung des Jets, raus mit ihm, und weiter.

Aber mich hat es nach meinem Absprung weiter abgetrieben als geplant. Fuck Wind, fuck Götter! Die spielen doch wieder mit uns und erlauben sich Späßchen.

Mein Ortungsgerät zeigt an, dass er … ja, er ist immer noch auf dem Flughafen. Und er hat sich ein Taxi bestellt, wie ich sehe. Die Bearbeitung des PDA hat sich bezahlt gemacht.

Fein, fein, dann ist er bald in …

 

Moment. Ein Warnhinweis zum Areal?

Ist auf der Karte ausgewiesen als gefährliches Sperrgebiet, in das niemand ohne Sondergenehmigung gehen darf.

Scheiße, da habe ich ihn mal richtig reingerissen. Und ich brauche bei dem Wetter quer durch den Wald sicherlich noch eine Stunde, wenn ich renne, etwas weniger.

Hätte ich mal vorher geprüft, warum sich keiner mehr für den ausgebombten Flughafen interessiert. Wer kann denn ahnen, dass sich dort die Bekloppten, Spinner und Hybriden tummeln, die man zu Hause rausgeschmissen hat? Wegschießen will man diese Spackos ja nicht, weil die germanische Regierung sich vor einem möglichen Vergeltungsschlag der Götter fürchtet. Eine wütende Entität ist schwer zu besänftigen, und Menschenopfer wären nicht leicht zu beschaffen.

 

Fuck, fuck, fuck.

Hoffentlich erwischt das Taxi ihn, bevor die Hybriden auftauchen.

 

Was ist denn das?

Eine doppelte Zaunreihe, Stacheldraht, Elektrowarnung, Minenfeld.

Meine Nacht wird immer besser. Hier komme ich nur durch, wenn ich fliege.

Oder einen Baum fälle.

Eine Mischung aus beidem müsste klappen.

Ich habe ihn reingerissen, ich muss ihn rausholen.

Denn ich folge ihm. Und seine Zeit ist noch lange nicht gekommen.

Weil ich bestimme, wann er stirbt.

Ich alleine.

* Α Ω *

Malleus blinzelte Blut und Regen aus den Augen, fühlte seine eigene hastige Atmung und wie sich sein Brustkorb dabei dehnte, als würde er bersten. Die Kontrolle über seine Sinne kehrte allmählich zurück.