für Angehörige, Betroffene und Fachleute
herausgegeben vom
Deutschen Verband der Ergotherapeuten
Kinderfüße -
Gesund ein Leben lang?
Ein Ratgeber für Eltern
Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek
Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http:// dnb.ddb.de abrufbar.
Die Informationen in diesem Ratgeber sind von der Verfasserin und dem Verlag sorgfältig erwogen und geprüft, dennoch kann eine Garantie nicht übernommen werden. Eine Haftung der Verfasserin bzw. des Verlages und seiner Beauftragten für Personen-, Sach- und Vermögensschäden ist ausgeschlossen.
Besuchen Sie uns im Internet: www.schulz-kirchner.de
1. Auflage 2010
ISBN 978-3-8248-0773-4
Alle Rechte vorbehalten
© Schulz-Kirchner Verlag GmbH, 2010
Mollweg 2, D-65510 Idstein
Vertretungsberechtigter Geschäftsführer: Dr. Ullrich Schulz-Kirchner
Titelfoto: © Iosif Szasz-Fabian, fotolia.com
Fachlektorat: Beate Kubny-Lüke
Fotos: Suna Pfeif, Bettina Wieland, Petra Zimmermann
Lektorat: Doris Zimmermann
Umschlagentwurf und Layout: Petra Jeck, Susanne Koch
Druck und Bindung: wd print + medien GmbH, Elsa-Brandström-Str. 18,
35539 Wetzlar
Printed in Germany
Auch als E-Book erhältlich unter der ISBN 978-3-8248-0773-4
Vorwort zur Reihe
Danksagung
Einleitung
Der Fuß – das Fortbewegungswunder
Anatomie des Fußes
Die Fußform
Die Zehenform
Einfluss der Füße auf den Körper
Baby und Kleinkind
Babyfüße – nicht nur niedlich
Sind die Füße gesund?
Das Krabbelalter
Aufstehen
Laufen lernen
Das O-Bein-Alter (1.–2. Lebensjahr)
Das X-Bein-Alter (2.-4. Lebensjahr)
Bewegungs- und Entwicklungsstörungen früh erkennen
Fußpflege für Babys und Kleinkinder
Das Kindergartenalter (3–6 Jahre)
Der Fuß verändert sich
Die richtigen Schuhe
Fußschäden vermeiden
Frühe Fußhygiene ist ein Muss
Bitte keine Käsemauken
Barfußlaufen tut gut
Das Grundschulalter (6–10 Jahre)
Die Schule: Viel Sitzen – wenig Gehen
Der Körper braucht Bewegung – der Fuß auch!
Schuhmode ist kein Auswahlkriterium
Sportschuhe sind keine Dauerbrenner
Vom Kind zum Jugendlichen
Die körperliche Entwicklung und ihre Folgen
Ruiniert jede Schuhmode die Füße?
Was Teenie-Füßen gut tut
Sport ist Mord?
Passende Schuhe sind das A und O
Die Lauflernschuhe
Die Krux bei Kinderschuhen
Die Passform entscheidet
Materialien bei Kinderschuhen
Öko-Schuhe für Kinder?
Schuhgröße: nicht drin, was draufsteht!
Größenmessen im Schuhfachhandel
Fußscanner nutzen
Markenunabhängig messen
Die hohe Kunst des Kinderschuhkaufs
Kinderfüße messen – das A und O
Tipps und Tricks beim Kauf
Gebrauchte Schuhe weiternutzen?
Fußbett ja oder nein?
Die richtigen Sportschuhe
Passen die Sportschuhe?
Funktionsschuhe für Kinder?
Falsche Schuhe: die Folgen
Fußfehlbildungen rechtzeitig erkennen
Fußspezialisten helfen
Fußschäden durch falsche Schuhe
Fußdeformationen
Zehenverformungen
Fußerkrankungen vermeiden
Richtige Nagelpflege
Verletzungen versorgen
Fußprobleme und ihre Folgen
Warzen
Füße gesund erhalten
Fußgymnastik
Fußreflexzonenmassage
Spiraldynamik
Pro und Kontra Einlagen
Literatur
Nützliche Internetadressen
Die „Ratgeber für Angehörige, Betroffene und Fachleute“ vermitteln kurz und prägnant grundlegende Kenntnisse auf wissenschaftlicher Basis und sie geben Hilfestellungen zu ausgewählten Themen aus den Bereichen Sprachtherapie, Ergotherapie, Physiotherapie und Medizin.
Die Autor(inn)en der Reihe sind ausgewiesene Fachleute, die seit vielen Jahren in Therapie, Beratung, Forschung und Lehre tätig sind. Sie sind jeweils für den Inhalt selbst verantwortlich und stehen Ihnen für Rückfragen gerne zur Verfügung.
Der vorliegende Ratgeber widmet sich einem häufig vernachlässigten Thema, den Kinderfüßen auf ihrem Weg von der Geburt bis in das Erwachsenenalter.
Die Autorin Petra Zimmermann hat sich über Jahre mit dieser Thematik auseinandergesetzt und gezielt Kontakt mit ausgewiesenen Experten gesucht.
So gibt dieser Ratgeber Eltern, Therapeuten, Erziehern und anderen Interessierten einen Überblick über die relevanten anatomischen Grundlagen und wichtige Tipps für die Pflege von Kinderfüßen. Besprochen wird sowohl, was beim Schuhkauf und dem Tragen der Schuhe für Kinder und Jugendliche zu beachten ist, als auch welche möglichen Probleme bei der Fußentwicklung auftreten können. Abgerundet wird der Ratgeber mit Hinweisen auf Übungen und Maßnahmen, die der Entwicklung gesunder Kinderfüße dienen können.
Wir hoffen, mit diesem Ratgeber dazu beizutragen, dass die Kinderfüße, die in ihrer Entwicklung einen weiten Weg vor sich haben, die notwendigen Rahmenbedingungen erhalten, um auch im Erwachsenenalter die Basis für „gestandene“ Persönlichkeiten zu bilden.
Arnd Longrée
Herausgeber für den DVE
Hiermit möchte ich folgenden Fachleuten danken, die mir in Gesprächen und in E-Mails Auskunft gaben und meine zahlreichen Fragen geduldig beantworteten:
Wolfgang Best, Chefredakteur Orthopädieschuhtechnik, Geislingen
Dr. Kerstin Bosch, Bewegungswissenschaftlerin, Münster
Thomas Deiser, Orthopädieschuhtechniker, Ingolstadt
Karl Georg Henkel, Orthopädieschuhmachermeister, Biedenkopf
Dr. Wieland Kinz, Sportwissenschaftler, Salzburg
Dr. Christian Klein, Orthopäde, Salzburg
Thomas Schmidt, Chefredakteur „Der Fuß“, Geislingen
Dr. Christian Schwartzkopf, Orthopäde, Kiel
Konrad Weißler, Das Schuhinstitut, Offenbach
Barbara Zukunft-Huber, Kinderphysiotherapeutin, Biberach
Zu keiner Zeit kümmerten sich Eltern so intensiv um ihren Nachwuchs wie heute. Sie stellen sich viele Fragen: Ist das Kind gesund, wie entwickelt es sich, welche Fähigkeiten zeigt es, wie kann es optimal gefördert werden usw.? Zwei Körperteile geraten aber mit der Zeit aus dem Blickwinkel engagierter Eltern: die Kinderfüße. 98 Prozent aller Menschen kommen mit gesunden Füßen auf die Welt, aber nur noch 40 Prozent der Erwachsenen haben gesunde Füße. Der Grund dafür ist manchmal angeboren, in der Mehrheit liegt er aber in der Kindheit: Zwei Drittel der Kinder tragen zu kleine Schuhe. Oft weil die Schuhgrößen in Europa nicht den realen Fußgrößen entsprechen. Aber auch weil Kinderfüße so weich und formbar sind, dass zu kleine Schuhe sie nicht weiter stören. Sie können Missempfindungen noch nicht richtig deuten, weil sich ihr Nervensystem und die Empfindsamkeit der Füße noch entwickeln.
Wenn etwas mit unseren Füßen nicht in Ordnung ist, wirkt sich das auf den ganzen Körper aus: Gleichgewicht, Fortbewegung, Körperstatik und wahrscheinlich sogar die Konzentration werden beeinträchtigt. Die Folgen sind falsche Angewohnheiten beim Laufen und Stehen und Fußfehlstellungen. Vor allem durch zu kurzes und enges Schuhwerk bildet sich erst Hornhaut und mit der Zeit werden die Zehen beeinträchtigt und am Ende der ganze Fuß.
Der Kinderfußreport 2009 des Deutschen Schuhinstitutes zeigt, dass es mittlerweile einen Trend zum „zu großen Schuh“ gibt, der Kinderfüßen aber ebenfalls schadet: Der Fuß rutscht ständig nach vorne, die Zehen werden gestaucht. Hat die Ferse keinen festen Sitz, krallen sich Zehen an ihre Unterlage und können zu Krallenzehen werden.
Dieser Ratgeber fasst den Erfahrungsschatz ausgewiesener Fuß-Experten, wie z. B. Podologen, Orthopäden, Orthopädieschuhtechniker und Sportwissenschaftler, zusammen: Wie verändert sich der Kinderfuß? Wie können Fehlbelastungen bzw. Fehlbildungen rechtzeitig erkannt und verhindert werden? Wie sieht der optimale Schuh für einen Kinderfuß aus? Wie halte ich die Füße von Kindern und Jugendlichen gesund? Welche Auswirkungen haben Fußschäden auf den ganzen Körper? Dieser Ratgeber will Eltern die Bedeutung gesunder Kinderfüße für die langfristige Entwicklung ihres Kindes vor Augen führen. Wissen Eltern mehr über diese perfekten Gehwerkzeuge, können sie ihre eigene Fuß-Kompetenz entwickeln und zur richtigen Zeit die fachliche Hilfe von Fuß-Experten nutzen.
Der Fuß besteht aus Zehen, Mittelfuß und Fußwurzel. Am Mittelfuß unterscheidet man Ballen, Sohle, Ferse, Spann (Fußrücken) und Rist (Außenkante).
Kaum ein Körperteil ist so kompliziert wie unser Fuß, er ist ein filigranes Bauwerk: Mit jeweils 26 Knochen, 33 Gelenken, 20 Muskeln sowie 107 Sehnen und Bändern tragen uns die Füße – versorgt durch Blutgefäße und die im Fuß endenden zigtausend Nervenbahnen – im Laufe eines Lebens im Durchschnitt etwa 180.000 Kilometer weit: viereinhalb Mal um den Äquator. Bei jedem Schritt müssen die Füße über das Fußgewölbe ein Mehrfaches des Körpergewichts abfedern. Dabei arbeiten Sprungbein, Kahnbein, Mittelfußknochen, Zehen und Muskeln raffiniert zusammen, um beim Gehen, Tragen, Hüpfen und Springen Wirbelsäule und Gelenke federnd zu entlasten.
Kinderfüße müssen dieses komplizierte Zusammenspiel jedoch erst noch lernen. Vom Fußgewölbe beispielsweise ist bei einem Baby noch nichts zu sehen – es wird von dicken Fettpölsterchen ausgefüllt, die den Fuß bei den ersten Gehversuchen schützen. Kleine Füße sind noch weich und formbar, denn ihr Skelett besteht anfangs überwiegend aus Knorpel und verknöchert erst nach und nach. Kinderfüße sind in den ersten Lebensjahren unempfindlich gegen Druckschmerz und passen sich leider auch unpassenden Schuhen an.
Trägt ein Kind über längere Zeit falsches Schuhwerk, wirkt sich das auf die Fußstellung und Körperhaltung aus. Denn Füße lassen sich wie ein Scherengitter zusammenschieben, sie passen sich zu kurzen Schuhen an. Die Folge sind Fußfehlstellungen, die vor allem später Schmerzen machen. Werden die Kinderfüße in ihren sensiblen Wachstumsphasen in der Entwicklung behindert, kann diese Phase später nicht oder nur sehr eingeschränkt nachgeholt werden.
Zwischen 40 und 60 Prozent aller Menschen haben eine ägyptische Fußform: Hier dominiert die Großzehe. Zu empfehlen sind in diesem Fall naturförmige Schuhe.
Zwischen 25 und 35 Prozent haben die römische Fußform: Dabei sind mindestens die ersten drei Zehen gleich lang, der Fuß sieht dadurch quadratisch aus. Eine breite sportliche Leistenspitzenform der Schuhe ist hier passend.
Bei der griechischen Form (zwischen 15 und 20 Prozent) ist der zweite Zeh dominant. Hier ist eine lang gezogene Schuhform die richtige.
Generell zu unterscheiden sind die Schmalfüße (Kinder: Weiten 1 und 2; Erwachsene: Weite A bis E), mittlere Weiten (Kinder: Weite 3; Erwachsene: Weite F bis G) und Breitfüße (Kinder: Weiten 4 und 5; Erwachsene: Weite H bis M).
Schmalfüße haben meist eine spitze Zehenform und kommen daher gut mit spitz zulaufenden Schuhen zurecht, aber sie benötigen einen langen Zehenraum.
Bei den mittleren Weiten gibt es Unterschiede in der Zehenform:
Die ersten drei Zehen sind etwa gleich lang, sodass die Schuhspitze nur leicht verrundet sein darf.
Bei der spitzen Zehenform ist die Großzehe länger als die anderen Zehen, sodass der Fuß spitzer zuläuft und auch spitze Schuhe tragen kann.
Bei Breitfüßen liegen die Zehen breit an, sodass sie eine Naturform benötigen.