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www.vahlen.de

 

ISBN 978-3-8006-5148-1

 

© 2016 Verlag Franz Vahlen GmbH
Wilhelmstraße 9, 80801 München

Satz: Fotosatz Buck
Zweikirchener Straße 7, 84036 Kumhausen
Umschlaggestaltung: Ralph Zimmermann – Bureau Parapluie
Bildnachweise: eigene Fotos des Autors
eBook‐Produktion: Datagroup int. SRL, www.datagroup.ro

Dieser Titel ist auch als Printausgabe beim
Verlag und im Buchhandel erhältlich.

IX Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Aphorismen – Zitate – Geflügelte Worte

A Rhetorik

I. Begriffsklärung

II. Psychologie und Kommunikation

1. Psychologische Grundlagen

2. Der Kommunikationsvorgang

3. Das Kommunikationsspiel

III. Grundlagen der Rhetorik

1. So halten Sie einen guten Vortrag – 12 Tipps zur Vorbereitung

2. Einige technische, für den Erfolg nicht unwesentliche Dinge

3. Entspricht das Vortragspult den Erfordernissen?

4. Wie ist mein Erscheinungsbild?

5. Wie bringe ich meine Unruhe unter Kontrolle?

6. Wie und wo hole ich mir Anregungen für Vorträge und Reden?

IV. Der Stichwortzettel

1. Grundsätzliches

2. Wie sollte der Stichwortzettel aussehen?

3. Originalstichwortzettel des Autors zu einem Vortrag über „Verkaufsrhetorik und Telefonverkauf“

V. 15 rhetorische Stil- und Hilfsmittel

VI. 16 Punkte für erfolgreiche Reden und Vorträge

1. Wie ist mein Äußeres?

2. Wie ist mein Auftreten?

3. Wie ist mein Beginn bzw. meine Anrede des Publikums?

4. Betone ich meinen Dialekt?

5. Halte ich Blickkontakt mit meinen Zuhörern?

6. Setze ich gekonnt Gestik ein?

7. Achte ich auf meine Körperhaltung?

8. Kontrolliere ich meine Sprechtechnik?

9. Denke ich an die Pausentechnik?

10. Wie ist der „Gehalt“ meiner Rede?

11. Denke ich an den „Sie-Standpunkt“?

12. Strahle ich Sicherheit und Selbstbewusstsein aus?

13. Nutze ich audiovisuelle Hilfsmittel?

14. Stimmt meine Zeiteinteilung?

15. Zeige ich Engagement?

16. Habe ich einen guten Schluss bzw. Abgang?

VII. Negatives positiv ausdrücken

VIII. Die Atemtechnik und Entspannungsatmung

IX. Der Gebrauch von Fremd- und Modewörtern, Höflichkeitsfloskeln, Konjunktiven und Anglizismen

X. Wie fessle ich meine Zuhörer? 15 Ratschläge

XI. Wie begegne ich Zwischenrufen und Fragen?

XII. Aktivieren Sie Ihren Wortschatz!

XIII. Was tun, wenn Sie den Faden verloren haben?

B Kinesik

I. Kinesik – die Deutung der Körpersprache

II. Checkliste: Körpersprache

III. Fünf typische Situationen

IV. Distanzzonen erkennen und respektieren

V. Testen Sie Ihre Menschenkenntnis

VI. Karriere beginnt im Kleiderschrank

C Dialektik

I. Dialektische Beispiele

1. Der Fleißige und der Faule

2. Faire oder unfaire Dialektik?

II. Dialektik – Begriffsklärung

III. Eine Diskussion ist keine Debatte

1. Das Gespräch

2. Die Diskussion

3. Die Debatte

4. Das Interview

IV. Methoden der Dialektik

1. Die faire Dialektik

2. Die unfaire Dialektik

3. Die Fragetechnik – Königin der Dialektik

4. Wie begegne ich Einwänden?

5. 50 Stufen für eine erfolgreiche Tagung, eine erfolgreiche Schulung oder einen erfolgreichen Vortrag

V. Aktiv zuhören ist die andere Hälfte des Lebens!

Literaturverzeichnis

Stichwortverzeichnis

VVorwort

„Ein Dichter wird geboren, ein Redner wird gemacht.“ Eine altrömische Weisheit, die schon Cicero erkannt hat. Im 21. Jahrhundert gilt dies immer noch. Es gibt heute bewährte Methoden und Techniken, wie Sie souverän und sicher auftreten, wie Sie Ihren Gesprächspartner und Kunden mit Ihrer Überzeugungskraft gewinnen.

Mehr als 500.000 Personen durfte ich in über 30 Jahren in meinen Seminaren, Einzelschulungen und Großveranstaltungen schulen. Die zahlreichen Unternehmer, Geschäftsführer, Politiker und Führungskräfte aller Branchen haben mir gezeigt, wie leicht es ist, ein selbstsicherer und souveräner Redner zu werden. Das Handwerkszeug, das ich meinen Teilnehmern mitgeben konnte, hat sich vielfach bewährt. Die bestehenden Regeln konnten dank vieler Erfolgs- und Rückmeldungen immer weiter verfeinert werden.

Auch in den Bereichen Gesprächsführung und Körpersprache wurden meine Seminarteilnehmer immer erfolgreicher – das Resultat aus über 3.500 Rhetorik-Körpersprache-Dialektik-Veranstaltungen und Verkaufsrhetorik-Seminaren.

Alles, aber auch alles ist praxiserprobt und kann sofort umgesetzt werden. Dieses Werk – in der 17. Auflage und jetzt in der 1. Auflage im Verlag Franz Vahlen – gilt als erfolgreichstes Rhetorik-Buch der letzten 20 Jahre.

Heute möchte ich all meinen Teilnehmern danken, die mir Tipps und Hinweise gegeben sowie ihre eigenen Erfahrungen mitgeteilt haben. Nur so war und ist der starke Praxisbezug dieses Buches möglich. Ich habe mich gefreut, wie viele Teilnehmer mir persönlich zur Seite gestanden sowie am Seminar „Rhetorik und Körpersprache“ und den nachfolgenden Seminarstufen teilgenommen haben.

Lassen Sie uns gemeinsam auf eine spannende Reise gehen. Ich würde mich sehr freuen, wenn Sie viele neue Erkenntnisse für Ihre Praxis mitnehmen.

Für Anregungen, Tipps und Ratschläge bin ich Ihnen dankbar.

Viel Spaß beim Lesen!

Ihr Rolf H. Ruhleder

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VIRhetorik und Dialektik ist nicht alles, aber ohne dies ist alles nichts.

Aphorismen – Zitate – Geflügelte Worte

Keiner kann zu viel wissen, aber jeder zu viel reden.

Wer viel redet, erfährt wenig.

Man sage immer die Wahrheit, aber man sage die Wahrheit nicht immer.

Jedes überflüssige Wort wirkt seinem Zweck gerad’ entgegen. (Schopenhauer)

Wer viel schießt, ist noch kein Schütze, wer viel spricht, ist noch kein Redner. (Konfuzius)

Sprachkürze gibt Denkweite. (Jean Paul)

Wenn ich nachdenke, was eigentlich die Grundlage der Führung sein muss, dann ist es die Fähigkeit zum Gespräch. (Wolfgang Habbel)

Ein Gedanke, der sich nicht kurz fassen lässt, verdient nicht, ausgesprochen zu werden. (Anonym)

Die größte Macht hat das richtige Wort zur richtigen Zeit. (Mark Twain)

Nebensätze sind Nebelsätze. (Rolf H. Ruhleder)

Das Schwierige an Diskussionen ist nicht, den eigenen Standpunkt zu verteidigen, sondern ihn zu kennen. (André Maurois)

Die Sprache ist die Kleidung der Gedanken. (Samuel Johnson)

Tritt frisch auf, tu’s Maul auf, hör bald auf. (Martin Luther)

VIIDer schnellste Weg zur Popularität ist, dem anderen sein Ohr, anstatt seine Zunge zu leihen. (Johann-Peter Holzner)

Vom Schweigen schmerzt die Zunge nicht. (Lao-Tse)

Es sind schon mehr Menschen über ihre Zunge als über ihre Füße gestolpert. (tunesische Weisheit)

Man brauche gewöhnliche Worte und sage ungewöhnliche Dinge. (Schopenhauer)

Die Rede ist die Kunst, Glauben zu erwecken. (Aristoteles)

Wer seinen Willen durchsetzen will, muss leise sprechen. (Jean Giraudoux)

Rhetorik ist deshalb ein Problem, weil es schwierig ist, gleichzeitig zu reden und zu denken. Politiker entscheiden sich meistens für eines von beiden. (Mark Twain)

Zum Reden sind wir geboren wie der Manager zum Führen, der Pfarrer zur Seelsorge, der Arzt zum Heilen und der General zum Befehlen. (Quelle unbekannt)

Worte sind Luft, aber die Luft wird zu Wind und macht die Schiffe segeln. (Arthur Koestler)

Um eine gute Stegreifrede zu halten, brauche ich drei Tage Vorbereitungszeit. (Mark Twain)

Schlagfertig ist jede Antwort, die so klug ist, dass der Zuhörer wünscht, er hätte sie gegeben. Lassen Sie den anderen ausreden und er verwickelt sich in Widersprüche. (Elbert Hubbard)

Jede Sprache ist Bildersprache. (Wilhelm Busch)

1Rhetorik A

I. Begriffsklärung

Die Geschichte der Rhetorik ist nahezu 2.500 Jahre (Wikipedia) alt: 427 v. Chr. kam Gorgias, der erste historisch erwähnte Rhetor (Redelehrer), nach Athen. Bekannte Rhetoren waren Sokrates, Platon, Aristoteles, Cicero, Quintilian, Seneca und Plutarch. Allen Rhetoren wurde in den nachfolgenden Jahrhunderten große Anerkennung entgegengebracht. So wurden zum Beispiel im 2. Jahrhundert n. Chr. sämtliche Rhetoren – neben den Ärzten – vom Kriegsdienst befreit. In den Stellenplänen römischer Provinzhauptstädte waren zehn Ärzte, fünf Grammatiker und fünf Rhetoren vorgesehen. Im Mittelalter zählte die Rhetorik zu den sieben freien Künsten (artes liberales): Es gab drei Sprachkünste (Grammatik, Rhetorik und Dialektik) sowie vier mathematische Künste (Arithmetik, Geometrie, Musik und Astronomie).

Rhetorik ist heute gleichzusetzen mit „der Kunst zu reden“. Wenn von „rhetorischer Kunst“ gesprochen wird, ist dies jedoch nicht wörtlich zu verstehen – Rhetorik ist eine Fähigkeit, die erlernt werden kann und beherrscht werden will. Mit „Phrasenhaftigkeit“ hat sie allerdings nichts zu tun, obwohl so etwas sogar z. T. in Lexika zu finden ist.

Rhetorik als „Redegewandtheit“ oder als die „Lehre von den Grundbedingungen und Grundsätzen einer Rede“ zu definieren, ist ebenfalls richtig und zutreffend. Rhetorik wird übrigens nur an einer einzigen deutschen Universität als Fach gelehrt: an der Eberhard-Karls-Universität in Tübingen. 25 Jahre (1963–1988) hatte hier der bekannteste Rhetorik-Theoretiker Prof. Walter Jens den Lehrstuhl inne.

2II. Psychologie und Kommunikation

1. Psychologische Grundlagen

Es ist wichtig zu wissen, dass im Mittelpunkt aller unserer Bemühungen immer wieder der Mensch – der Gesprächspartner – steht. Auch der Geschäftsführer, Verkäufer oder Verkaufsleiter z. B. sollte sich immer wieder vor Augen führen, dass nicht nur das Produkt und der Preis ausschlaggebend sind, sondern letztlich der Mensch entscheidet, ob die Firma X oder Y bevorzugt wird.

Warum das „Ich“ durch ein verbindliches „Wir“ oder besser durch ein „Sie“ ersetzt werden sollte, damit werden wir uns noch an anderer Stelle ausführlich beschäftigen (siehe Kap. „Denke ich an den ‚Sie-Standpunkt‘?“).

Zwei Dinge sind wichtig für das vorliegende Buch:

„Der Verstand und die Wünsche des Menschen liegen im Unterbewusstsein.“ Richtig oder falsch? Falsch: Nur die Wünsche des Menschen liegen im Unterbewusstsein.

Eine beliebte Frage, die sehr oft gestellt wird und die – sehr oft – auch falsch beantwortet wird. Auch für unsere Ausführungen ist es notwendig und interessant, einmal – leicht abgeänderte Gedankengänge des wohl bekanntesten Psychoanalytikers Freud und seines Schülers Jung zu hören.

Wir wollen ein Gespräch führen, eine Rede halten. Was sprechen wir an? Ausschließlich den Verstand? Hier hilft uns die nachfolgende „Eisberg-Theorie“1.

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Betrachten Sie diese Pyramide genau. Sind Sie sicher, dass es in Zukunft ausreicht, den kleinen Teil des Verstands anzusprechen (Ausnahme: Fachvortrag)?

Nur ein sehr geringer Teil unserer Wünsche liegt also im Verstandesbereich. Sprechen Sie deshalb die Gefühle des Partners an. Erkennen Sie, dass die Wünsche und Interessen im Unterbewusstsein schlummern, und nutzen Sie dies für Ihre Zwecke.

2. Der Kommunikationsvorgang

Ein Kommunikationsspiel

(Teilnehmerzahl: mindestens 10 Personen)

Zuerst werden 5 Personen vor den Raum gebeten. Danach wird einem weiteren Teilnehmer ein Bild (z. B. „Picknick auf einer Waldlichtung“, s. Abb.) gezeigt. Er erzählt einem anderen Teilnehmer, was er auf dem Bild sieht.

Das Bild wird danach nicht mehr gezeigt, sondern zur Seite gelegt. Der zuhörende Teilnehmer wird nun gebeten, das, was er vom ersten Teilnehmer gehört hat, an die nächste Person, die in den Raum hereingerufen wird, weiterzugeben. Diese 4wiederum gibt das Gehörte an den nächsten, der hereingerufen wird, weiter usw.

Hier das Ergebnis eines solchen Kommunikationsspiels während einer Seminarveranstaltung in Bad Harzburg:

Anwesend waren 12 Führungskräfte (7 Mitspieler und 5 Beobachter). Fünf Personen wurden vor die Tür gebeten (ein Vorstandsmitglied, eine Wirtschaftsprüferin, zwei Geschäftsführer, ein Marketingleiter). Zwei weitere Teilnehmer (Bankdirektor, Handelsvertreter) wurden vor die beobachtende Gruppe gebeten.

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Teilnehmer 1 sieht sich das Bild an und beschreibt es so:

„Wir sehen einen runden Tisch – sehr rustikal –, daran sitzen sechs Personen, alle weiblichen Geschlechts, und eine männliche Person im Hintergrund, die einen Holzklotz über den Kopf hält. Der Kopf des Mannes ist nicht zu sehen. Das Bild schneidet den Kopf ab.

Das Ganze spielt sich im Wald ab, Bäume sind zu sehen. Auf dem Baumstumpf, der als Tisch dient, befinden sich Biergläser, halb gefüllt … und ein bisschen Salat. Die Damen sind im Durchschnitt etwa 30 Jahre alt. Der Mann ist nur mit dem Oberkörper zu sehen und trägt ein rot kariertes Hemd. Die ganze Situation spielt im Sommer, wahrscheinlich um die Mittagszeit. Ja, deshalb sind die Damen auch alle wegen der Wärme sommerlich-luftig angezogen. Es sind drei Schwarzhaarige, zwei Brünette und eine Rothaarige.“

5Teilnehmer 2 hört die Informationen von Teilnehmer 1 und gibt sein Wissen an Teilnehmer 3 weiter: „Sie sehen hier ein Bild – einen runden Tisch im Wald. An diesem Tisch sitzen sechs Frauen – in leichter Sommerkleidung. Die Sonne scheint direkt auf den Tisch. Im Hintergrund ein Mann, der eine Tonne schwingt und ein rot kariertes Hemd anhat. Auf dem Tisch stehen Biergläser; die Frauen scheinen im Durchschnitt 30 Jahre alt zu sein. Die Grillzange nicht zu vergessen; anscheinend handelt es sich um ein Grillessen mit Gurken und Tomaten. Das Ganze spielt sich im Wald ab und – wie gesagt – Sonne.“ Die Damen haben folgende Haarfarben: dreimal schwarz, zweimal brünett und einmal rot.

Teilnehmer 3: „Sie sehen hier ein Bild. Da sitzen an einem runden Tisch sechs Damen in leichten Sommerkleidern. Auf dem Tisch liegen Utensilien zum Essen, es stehen Biergläser da. Im Hintergrund ist ein Mann, der schwingt eine Tonne. An der Seite aufgestellt ein Grillapparat. Es ist im Wald, Sonnenschein … und die Damen haben ein Durchschnittsalter von 30 Jahren. Drei Schwarzhaarige, zwei Brünette, eine Rothaarige.“

Teilnehmer 4: „Wir sehen ein Bild, auf dem ein runder Tisch dargestellt ist. An dem runden Tisch sitzen Damen mittleren Alters, leicht sommerlich bekleidet. Drei sind schwarzhaarig, zwei sind blond und eine brünett. Darauf stehen Gläser mit Trinkbarem und Gebäck. Im Hintergrund schwingt einer eine Trommel, dann steht da ein Grill; aber es fehlt an ausreichendem Grillmaterial. Es ist ein Wald ringsum, es ist schönes Wetter – die Sonne scheint.“

Teilnehmer 5: „Es ist sommerliches Wetter. Wir sehen einen Wald und eine kleine Gesellschaft, Damen und Herren, die an einem runden Tisch sitzen mit etwas Trinkbarem. Die Damen sind aufgrund der Wärme sehr leicht gekleidet. Drei Blonde, zwei Schwarzhaarige, eine Brünette. Es soll gegrillt werden. Allerdings fehlt entsprechendes Grillmaterial.“

Teilnehmer 6: „Wir sehen eine sommerliche Landschaft. Es sitzen um einen Tisch einige Damen und Herren, die sommerlich bekleidet sind. Vor ihnen auf dem Tisch steht etwas zu trinken. Offensichtlich soll dann auch noch eine Grillparty stattfinden. Aber das entsprechende Handwerkszeug fehlt.“

Teilnehmer 7: „Also, im Sommer sitzen sechs Frauen an einem runden Tisch. Drei Blonde, zwei Brünette und eine Schwarzhaarige trinken zusammen etwas. Die wollen so ne Grillparty veranstalten … Es fehlt das nötige Werkzeug dafür.“

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Das Gedächtnis des Menschen ist eine Kombination von Protokoll und Märchenbuch.

6Was können wir aus dieser Kommunikationsübung für die Rhetorik lernen?

Bei jeder Rede ist zu beachten:

  1. Das Gedächtnis der Zuhörer ist nicht gleich belastbar, und der Wissensstand der Zuhörer ist meist sehr unterschiedlich.

    Konsequenz: Wir müssen uns auf alle Zuhörer einstellen und dürfen uns bei einem Vortrag nicht nach dem „Aufnahmefähigsten“ richten. Wir sollten uns weder am stärksten noch am schwächsten Zuhörer orientieren.

  2. Die Wunschvorstellungen des Zuhörers fließen in jede Rede, in jedes Gespräch ein. Was für den einen ein uralter Schrank ist, kann für den anderen ein antikes wertvolles Möbelstück sein. Die Zuhörer wollen oft nur das hören, was in ihre Vorstellungswelt passt.

    Konsequenz: Achten wir auf Bewertungen in unseren Reden. Es ist angebracht, auf übertrieben positive oder übertrieben negative Aussagen zu verzichten (Ausnahmen bestätigen nur die Regel). Es ist nicht möglich, die eigenen persönlichen Vorlieben und Vorstellungen in den Gesprächspartner hineinzuprojizieren.

  3. Neben dem Gedächtnis spielt die Aufnahmebereitschaft und -fähigkeit eine entscheidende Rolle. Nur wenn ausreichendes Interesse an der vorgetragenen Thematik vorhanden ist, wird eine entsprechende Resonanz zu erwarten sein.

    Konsequenz: Überfordern Sie Ihre Zuhörer nicht – auch nicht zeitlich. Versuchen Sie, das Interesse aller zu wecken. Gehen Sie nicht davon aus, dass auch nur 70 Prozent Ihres Vortrags behalten werden können.

  4. Der Beginn und das Ende der Ausführungen des Vorredners werden – wenn auch verzerrt – noch weitergegeben.

    Konsequenz: Wichtige Ausführungen sind – besonders bei Diskussionen und Debatten (Wecken des Zuhörers) – an den Beginn und an das Ende zu stellen.

  5. Nebensächliche (nicht logische) Informationen werden vom Zuhörer als besonders wichtig empfunden.

    Konsequenz: Wir müssen (wie unter 2.) immer mit einer Änderung der eigenen Aussage durch den Zuhörer rechnen.

  6. 7Das Zuhörenmüssen – eine für einige unfreiwillige Situation – kann zu Spannungen führen.

    Konsequenz: Bei jeder Rede wird also immer ein gewisses Spannungsfeld vorhanden sein. Versuchen wir, dies – am besten mit Humor – abzubauen, bevor wir zum eigentlichen Sachthema kommen.

  7. Das oben angeführte Kommunikationsspiel ist ein typisches Beispiel für das Entstehen von Gerüchten im Unternehmen.

    Konsequenz: Chef wie Mitarbeiter müssen sich bemühen, den ursprünglichen Informationsgeber zu ermitteln. Wir sollten sämtlichen Aussagen in Zukunft kritischer gegenüberstehen.

  8. Weitere Ergebnisse:

  9. Maximal vier bis fünf Informationen weitergeben.
  10. Öfter Fragen stellen. Fragen bleiben länger haften, da Missverständnisse geklärt und die Aussage wiederholt wird.

Der Ablauf der Kommunikation

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8Es ist unmöglich, nicht zu kommunizieren. Auch Schweigen besitzt eine starke Aussagekraft („beredtes Schweigen“). Nach Albert Mehrabian2 macht der Inhalt und Gehalt einer Rede lediglich 7 Prozent aus. 38 Prozent werden durch Stimme und Stimmlage festgelegt und 55 Prozent der Aussage bestimmt die Mimik. (Im englischen Original: Total feeling = 7 % verbal liking/feeling + 38 % vocal liking/feeling + 55 % facial liking/feeling.)

Als Ergebnis von über 4.000 Seminaren und mehr als 500.000 Teilnehmern kann ich diese Werte nur bestätigen. In den 55 Prozent (facial liking) sind Mimik und zusätzlich Körperhaltung und Gestik eingeschlossen.

3. Das Kommunikationsspiel

Kommunikationsspiel

Teilnehmerzahl: mindestens 10 Personen

(z. B. 7 Mitspieler und 3 Beobachter)

5 Mitspieler (C, D, E, F, G) verlassen den Raum, 2 Mitspieler (A, B) werden nach vorn gebeten.

A erhält ein Bild zur Ansicht, das er beschreibt.

Die Bildbeschreibung sollte möglichst viele Details (10 bis 12 Fakten) enthalten (Zeit: ca. 1/2 bis 3 Minuten).

B muss danach diese Angaben möglichst vollständig – aus dem Gedächtnis – an den nächsten Mitspieler (C), der hereingerufen wird, weitergeben. C gibt dann sein Restwissen an den nächsten hereingerufenen Mitspieler D weiter. Dies wiederholt sich, bis auch der letzte Mitspieler – G – die „Bildbeschreibung“ von F gehört hat.

G wiederholt nochmals das, was er gehört hat. Danach darf er das ursprünglich beschriebene Bild sehen.

Viel Spaß!

9Arbeitsbogen zum Kommunikationsspiel (Muster)

A gibt B folgende Beschreibung:

(Notieren Sie bitte mindestens 10 Einzelheiten)

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B gibt an C:

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Zusätzliche Details

Entfallene Details

1. ___

1. ___

2. ___

2. ___

3. ___

3. ___

4. ___

4. ___

5. ___

5. ___

Der Letzte gibt noch folgende Bildbeschreibung:

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III. Grundlagen der Rhetorik

1. So halten Sie einen guten Vortrag – 12 Tipps zur Vorbereitung

Es gibt wohl kaum jemanden, der nicht nervös wird, wenn er plötzlich einen Vortrag zu halten hat. Eine gute Vorbereitung hilft Ihnen jedoch, das Lampenfieber entscheidend zu reduzieren. 10Nachfolgend finden Sie zwölf Ratschläge, die der Autor mit seinen Seminarteilnehmern im Rahmen seiner Rhetorik-Seminare erarbeitet hat:

1. Wie ist mein genaues Thema?

Schon mancher Redner, der sich „perfekt“ vorbereitet hatte, musste sich nachher harte Kritik gefallen lassen: Er hatte am Thema vorbeigeredet.

Überlegen Sie sich genau:

Sprechen und diskutieren Sie darüber mit Geschäftskollegen und Freunden.

2. Wer oder was hat mich veranlasst zu sprechen?

Es ist natürlich ein großer Unterschied, ob Sie aus freien Stücken, aufgrund einer Bitte oder „gezwungenermaßen“ sprechen. Wichtig ist, dass Ihre Zuhörer auf jeden Fall das Gefühl haben, dass Sie das Thema gern und engagiert vertreten.

Jeder sollte auch nur über das Gebiet reden, das er beherrscht. Wer sich trotzdem „aufs Glatteis“ begibt, kann vom sachkundigen Publikum „auseinandergenommen“ werden. Er wird diesen Fehler bestimmt nur einmal machen!

3. Welche Redeform wähle ich?

Eine Informationsrede muss anders vorgetragen werden als eine Überzeugungsrede (Was sind die Ziele unserer Werbung?). Bei der dritten Redeform, der Gelegenheitsrede (Jubiläumsansprache/Hochzeitsrede) ist zu berücksichtigen, dass keine negativen Äußerungen/keine Kritik einfließen.

4. Was ist mein Redeziel?

Vor jeder Rede müssen Sie festlegen, was Sie erreichen sollen. Was sollen die Teilnehmer mitnehmen? Man spricht hier von der Festlegung des Ziel- und Zwecksatzes, der sich wie ein roter Faden durch Ihren Vortrag zieht.

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11Halten Sie einen Vortrag über die „Arbeit unseres Vereins“, dann kann das Ziel sein: Werdet Mitglied in dieser Organisation! Entsprechend muss der Vortrag aufgebaut werden.

5. Vor wem spreche ich?

6. Inwieweit ist die Thematik schon bekannt?

Wenn Sie Laien vor sich haben, ist es immer leichter, über ein Thema zu sprechen. Das Fachpublikum dagegen fordert von Ihnen mit Recht eine tiefer gehende Behandlung. Bei „gemischtem“ Zuhörerkreis richten Sie Ihren Vortrag weder nur nach den unwissenden Laien noch ausschließlich nach dem Fachmann aus. Versuchen Sie ein Maß zu finden, das allen Zuhörern gerecht wird.

7. Welche Zeit steht mir zur Verfügung?

Ihre Zuhörer werden es Ihnen danken, wenn Sie auf keinen Fall über die vorgegebene Zeit hinaus sprechen.

Ab 20 Minuten sollten Sie ein „schlechtes Gewissen“ bekommen. Ab 45 Minuten können Sie sehr oft nur noch durch Pausen gewinnen. Natürlich gibt es Redner, die nach einer Stunde noch ein begeistertes Publikum haben. Wir sollten uns jedoch nicht an dieser Ausnahmeerscheinung orientieren.

8. Habe ich einen Vorredner?

Stimmen Sie sich unbedingt mit einem Vorredner ab. Falls er Sie vorstellen soll, so sprechen Sie mit ihm darüber, dass nicht zu viel Lob („Vorschusslorbeeren“) verteilt wird. Auch sollte eine Einführung Ihrer Person kurz sein (möglichst nicht mehr als 150 Wörter). Ein Zuviel führt zu Abneigung und Widerspruch.

129. Ist mit Störungen/Zwischenrufen zu rechnen?

Kalkulieren Sie immer die Möglichkeit ein, dass Sie durch Störungen oder Zwischenrufe unterbrochen werden. Wenn Sie Ihren Zuhörerkreis einschätzen (Punkt 5), wissen Sie zumeist auch, ob Widerspruch aufkommen wird.

Werden Sie dann auf keinen Fall ausfällig, sondern bewahren Sie Ruhe.

10. Wie groß ist mein Zuhörerkreis?

Je größer die Gruppe, umso stärker ist zumeist das Lampenfieber ausgeprägt. Gleichzeitig muss bei einer größeren Gruppe das Niveau Ihres Vortrags etwas niedriger angesetzt werden, da die Zusammensetzung der Gruppe bei zunehmender Größe heterogener wird.

11. Bin ich auf eine etwaige Diskussion am Ende der Rede vorbereitet?

Sie können gebeten werden, bestimmte Ausführungen Ihrer Rede zu wiederholen („zu präzisieren“). Schauen Sie ruhig auf Ihren Stichwortzettel, bevor Sie antworten. Langes Herumsuchen ist selbstverständlich nicht möglich. Wenn Sie Zitate ohne Quellenangaben gebracht haben, so stellen Sie sich darauf ein, dass Sie nach dem Namen gefragt werden. Für die Diskussion sollten Sie die Grundregeln der Dialektik – der Kunst zu überzeugen – beherrschen (siehe Kapitel „Dialektik“).

12. Findet das Thema Interesse oder handelt es sich um eine Pflichtveranstaltung?

Es ist hilfreich zu wissen, ob die Zuhörer freiwillig gekommen sind oder ob sie sich in irgendeiner Form verpflichtet fühlen. Oder – was für den Redner sehr schwierig ist – blieb ihnen keine andere Wahl, als zu erscheinen? Beim „Zwang zum Zuhören“ werden Sie kaum Interesse, dafür viel Opposition erzielen. Die Zuhörer, die gern kommen, können wir am leichtesten begeistern, aber auch der Kreis, der sich aus Höflichkeit verpflichtet fühlt zu erscheinen, kann noch erreicht werden.

Welcher dieser zwölf Tipps ist für Ihren Vortrag besonders beachtenswert? Prüfen Sie alle. Wenn Sie nur zwei zusätzlich berücksichtigen konnten, so hat sich das Durchlesen dieser Ratschläge schon gelohnt.

132. Einige technische, für den Erfolg nicht unwesentliche Dinge

1. Mit wie vielen Zuhörern kann ich rechnen?

Die Anzahl der Sitzplätze möglichst genau an die Zahl der zu erwartenden Zuhörer anpassen. Weitere Sitzgelegenheiten nur in Reserve halten. Bei nicht zu bestimmender Zuhörerzahl empfiehlt es sich, vorab die letzten Reihen zu blockieren. Es entsteht Unmut, wenn Sie die Zuhörer bitten müssen, in die vorderen Reihen zu kommen.

2. Ist eine bestimmte Reihenfolge bei der Begrüßung der Zuhörer zu beachten?

Fertigen Sie vor Ihrer Rede unbedingt eine Liste der „Rangfolge“ an. Nehmen Sie möglichst auch Blickkontakt mit den speziell angesprochenen Zuhörern auf.

3. Welche audiovisuellen Hilfsmittel (Laptop, Beamer, Flipchart etc.) kann ich einsetzen?

Der Einsatz audiovisueller Hilfsmittel erleichtert jede Rede und gibt Ihnen größere Sicherheit. Schließlich ist auch der Erinnerungswert entschieden höher, wenn Ihr Vortrag durch Bilder, Zeichnungen und Texte untermauert wird.

4. Stimmen die Lichtverhältnisse?

Die Zuhörer sollten nicht gegen das Licht schauen müssen. Um Ablenkungen zu vermeiden, empfiehlt es sich, die Vorhänge zuzuziehen.

5. Ist genug Sauerstoff im Vortragsraum?

Berücksichtigen Sie den erhöhten Sauerstoffverbrauch. Lassen Sie unbedingt vor Ihrer Rede noch einmal durchlüften. Überlegen Sie, ob Sie während des Vortrags Pausen einlegen und frische Luft in den Raum lassen.

6. Entspricht das Vortragspult den Erfordernissen?

(s. auch folgenden Abschnitt)

Auch wenn zwischenzeitlich immer mehr ohne Pult gesprochen wird, ist bei besonders großen und wichtigen Vorträgen das Pult 14gefordert. Es sollte weder zu hoch noch zu niedrig sein. Ist eine Lampe angebracht, so prüfen Sie vorher, ob diese funktioniert. Die gesamte Vorderfront des Vortragspults sollte abgedeckt sein. Oder sind Sie sicher, dass Sie Ihre Füße immer unter Kontrolle haben? Wie wirkt es zum Beispiel auf die Zuhörer, wenn Sie plötzlich die Füße – aus Nervosität – über Kreuz stellen? Ich selbst benutze das Vortragspult nur zur Ablage meiner Stichwortzettel (Karteikarten) sowie eines Buches, aus dem ich gegen Ende zitiere.

Sprechen Sie ohne Pult, so ist zu beachten, dass Sie am Anfang Ihrer Rede nicht schnell hin- und hergehen, sondern erst einmal ein bis zwei Minuten „standhaft“ in der Mitte der „Bühne“ verweilen. Danach können Sie mit langsamen Schritten nach rechts und links gehen. Auch das Schlusswort sollte dann aus mittlerer Position gesprochen werden.

7. Ist das Mikrofon intakt?

Prüfen Sie vor Ihrer Rede, ob das Mikrofon funktioniert. Die Lautstärke muss dem Raum angepasst werden. Denken Sie daran: Das Mikrofon überträgt jedes Rascheln mit Ihren Unterlagen. Achten Sie darauf, dass Sie nicht durch ein zu niedrig oder zu hoch angebrachtes Mikrofon eine unnatürliche Körperhaltung einnehmen müssen. Auch Ihre Gestik wird darunter leiden. Bei besonders lebendigen Vorträgen empfiehlt sich ein Knopfmikrofon oder ein Headset.

3. Entspricht das Vortragspult den Erfordernissen?

Vor jeder Rede sollten Sie sich mit Ihrer Umgebung vertraut machen. Das gilt auch für das Rednerpult. Es ist wichtig, dass Sie sich wohlfühlen. Ihr Gefühl wird sich dann auf Ihre Zuhörer übertragen.

Sehen Sie das Rednerpult nicht als Ihren Gegner an. Es ist doch viel eher Ihr „Freund und Helfer“. Ein Rednerpult gibt Ihnen in jedem Fall Sicherheit – auch dann, wenn Sie keinen Platz brauchen, um Ihre Unterlagen abzulegen. Es ist ein fester Punkt, an den Sie sich halten können. Aber nehmen Sie das bitte nicht wörtlich: Keinesfalls sollten Sie sich mit Ihrem ganzen Gewicht auf das Pult stützen, Sie können lediglich von Zeit zu Zeit eine Hand leicht auflegen.

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Berücksichtigen Sie bei all Ihren Überlegungen, dass der Blickkontakt eine der wichtigsten Voraussetzungen zum Gelingen Ihrer Rede ist (vgl. Kap. „Halte ich Blickkontakt mit meinen Zuhörern?“).

4. Wie ist mein Erscheinungsbild?