Buchinfo

Vertraue deiner Gabe!

Wenn deine Erinnerungen manipuliert wurden, alle, die dir die Wahrheit sagen möchten, verschollen oder tot sind - wie kannst du dann ihre Lügen durchschauen?
(Emma)

Wenn du nachts auf einer Parkbank aufwachst und feststellst, dass du weder deinen Namen noch deine Vergangenheit kennst - wie kannst du dein Gedächtnis zurückbekommen?
(Aidan)

Wenn deine Tochter in den Fängen eines mächtigen Psychopathen ist, der nicht wissen darf, dass du noch lebst, wie wirst du es schaffen, sie zu befreien?
(Jacob)

Eine Übersicht über die Rangordnung der Raben und ein Personenverzeichnis findet sich in der Legende.

Autorenvita

author.tif

© privat

Rena Fischer, geboren in München, schrieb schon als Kind begeistert eigene Geschichten und »Gedankenbücher«, die sie mit Fotoschnipseln, Eintrittskarten, Zeitungsausschnitten und allem Möglichen zu Scrapbooks anreicherte. Nach Abitur und Wirtschaftsstudium beruflich nach Cork (Irland) geschickt, verliebte sie sich in die wildromantische Landschaft. Der Traum vom Wohnen am Meer erfüllte sich ein paar Jahre später jedoch in wärmeren Gefilden, als sie mit ihrem Mann und ihrer Tochter nach Spanien zog. Nach der Geburt ihrer Zwillingssöhne hängte sie ihren »respektablen« Beruf an den Nagel, ließ ihrer Kreativität freien Lauf und begann mit dem Schreiben von Kinder- und Jugendbüchern. Zusammen mit ihrer Familie lebt sie heute in München.

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Titelbild

Für Sarah, Patrick und Markus,

die mich täglich aufs Neue mit ihren Gaben überraschen

S3.tif

»Schreib es auf«, hat er gesagt, »und dann beginnen wir neu.«

Wir. Meine Finger zittern, als sie über das Leder streichen. Es ist weich und so schwarz wie meine Geschichte. Seit einer Stunde sitze ich nun schon davor und habe es noch nicht einmal geschafft, den Einband aufzuschlagen.

Als ich es tue, sehe ich eine cremefarbene Seite.

Leer.

Nein, nicht ganz. In ihrer Mitte lauert etwas, versteckt zwischen den Papierfasern. Ein Wasserzeichen. Ich hebe das Buch und halte es gegen das Fenster. Die Flügel des Raben flattern wie mein Herz, und ich erinnere mich plötzlich, wo ich ihn das erste Mal gesehen habe.

Feuer, Luft, Wasser.

Ich schließe die Augen.

Der Füller liegt in meiner Hand und blaue Tinte fließt über das Papier.

Nie.

Nie hast du mich selbstlos geliebt.

Sonst hättest du sie nicht ermorden können.

Meinen Rabenbruder. Meinen Vater.

Wenn du zurückkommst, erwarte nicht, dass ich dir verzeihe. Zu viele Splitter meines Herzens liegen auf deinen Fußspuren. Genug.

Ich werde sie von deinem Weg fegen.

Bis meine Finger blutig sind.

Und ich frei.

S5.tif

So lag ich denn, wie ich gewollt.

Und dunkle Fische zogen still

zu meinen Häupten hin und her.

Und schwarzer Seetang überschwamm

mein Grab.

Und mein Bewusstsein schwand.

(Christian Morgenstern

aus: »Der gläserne Sarg«)

S6.tif

Es ist dunkel. Meine linke Seite sticht und eisige Luft schießt in meine Lungen. Ich höre Schreie, aber die Worte erreichen mich nicht.

»Du musst laufen!«, hämmert es in meinem Kopf. »Laufen!«

Meine Füße tragen mich mechanisch weiter. Sie kennen den Weg. Wind peitscht mir ins Gesicht und ich kneife die tränenden Augen zusammen und renne auf Bäume zu. Da ist ein Wummern über mir und bunte Lichter tanzen auf den Steinen. Irgendetwas wirbelt den Kies vor mir auf, schlägt ihn an meine Hose, und das dröhnende Geräusch wird immer lauter. Aber ich schaue nicht nach oben. Es würde mich zu viel Zeit kosten. Ein paar Zehntelsekunden mindestens. Meine Schritte werden länger und der Schmerz in den zuckenden Muskeln ebbt langsam ab.

Vor mir erhebt sich ein Tor. Schwarze Stäbe ragen in den Himmel und darüber kauern zwei Vögel. Es kommt mir irgendwie bekannt vor, aber als ich mich darauf konzentrieren will, ist da nichts. Merkwürdig.

Egal. Ich weiß, ich muss laufen. Nur das zählt.

Aber am Tor sind Männer. Sie tragen Waffen. Sie werden mich nicht durchlassen. Also schlage ich mich nach links durch das Gebüsch. Die Mauer ist hoch. Ich versuche mich an einem kleinen Spalt zwischen zwei Ziegeln emporzuziehen. Als ich abrutsche, reißt der Nagel meines Zeigefingers ein und ich blute. Scheiße!

Ich versuche es erneut, diesmal an einer anderen Stelle. Aber es klappt nicht.

»Warte, ich helfe dir!«

Mein Herz klopft mir bis zum Hals, als ich mich langsam umdrehe. Vor mir steht ein junger Mann in schwarzer Kleidung. Seine Nase und die Oberlippe sind geschwollen. Darunter klebt getrocknetes Blut. Ich weiche einen Schritt zurück. Er hebt beschwichtigend die Hände und lächelt. Seine Zähne sind ebenfalls blutig.

»Ganz ruhig! Mann, du siehst aus, als wärst du geradewegs der Hölle entsprungen«, sagt er.

Mir liegt auf der Zunge, dass er erst einmal selbst in den Spiegel schauen sollte, aber als ich die Maschinenpistole in seinem Gürtel sehe, halte ich lieber den Mund. Er geht auf mich zu und stellt sich an die Mauer. Als er seine Hände ineinander verschränkt und von sich streckt, sieht er mich auffordernd an.

»Beeil dich!«

Mit dem linken Fuß stütze ich mich auf seinen Händen ab und fasse nach seinen Schultern. Er gibt ein ächzendes Geräusch von sich, als ich mich nach oben schwinge. Meine Finger krallen sich in die Mauer, aber meine Handrücken schaben an dem darüber befestigten Stacheldraht entlang. Ich beiße die Zähne zusammen und drücke die Arme durch. Der Draht sticht tiefer in meine Haut und ich spüre, wie warmes Blut über meine klammen Finger läuft. Mit dem rechten Knie stütze ich mich auf die Mauer, ziehe mein linkes Bein nach und richte mich auf. Vorsichtig steige ich über den Draht.

Verdammt, ist das hoch!

Bevor ich springe, drehe ich mich noch einmal um.

Sein Gesicht ist bleich und sein blutiges Lächeln gruslig. Er hebt die Hand und deutet mit dem Daumen nach oben.

»Lass dich nicht erwischen!«

»Geht klar!«, sage ich und habe keine Ahnung, wer mich erwischen will oder wer er ist. Meine Knie beugen sich durch und ich federe ab. Der gefrorene Boden kommt näher und ich kann nur noch an eines denken:

Du musst laufen!

S9.tif

Ein Jahr.

So lange dauert es, bis sie meinen Vater für tot erklären können.

Ich sitze zusammen mit Farran und Callahan in dem Raum, in dem ich bei den Aufnahmetests an die SENSUS CORVI den Projektor zerstört habe. Es kommt mir vor, als läge das schon Jahre zurück, dabei ist es nur ein paar Monate her. Farrans Büro gehört zu den Gebäudeteilen des Internats, die am stärksten zerstört worden sind. Deshalb hat er sich zeitweilig hier unten eingerichtet, fernab von dem Lärm, den Bohrmaschinen, Hämmer, Fliesenschneider und sonstige Gerätschaften in den oberen Geschossen tagsüber veranstalten.

»Da Jacobs Leiche nicht auffindbar ist, gilt er als verschollen. In diesem Fall helfen auch unsere Zeugenaussagen bei der Polizei nichts. Das Gesetz sieht vor, dass ein Antrag auf Todeserklärung beim Obersten Gerichtshof gestellt wird, und die Gerichtsmühlen mahlen dort bekanntlich langsam«, erklärt mir der Schulleiter, als ich nicht reagiere.

Seine graublauen Augen mustern mich eindringlich.

Was erwartet er? Mein Vater ist tot. Das weiß ich auch, ohne es von einem Richter bestätigt zu bekommen. Kein Mensch überlebt einen Sturz aus dieser Höhe. Ich schaue auf meine zitternden Hände.

»Warum ist es so dringend?«

»Weil du sonst sieben Jahre lang SENSUS CORVI auf der Tasche liegst, bis du an dein Erbe rankannst«, fährt Callahan dazwischen. »Das ist die Frist, die man üblicherweise in Fällen wie diesen wartet. Bedank dich bei deinen Freunden

Ich muss nicht in ihn tauchen, um seinen Hass zu spüren. Glühende Nadelspitzen auf meiner Haut. Seit mehr als zwei Wochen suchen er, als Socius der engste Verbündete von Farran, die Polizei und ganze Heerscharen von Raben fieberhaft nach seinem ebenfalls vermissten Sohn. Ergebnislos. Sein Foto klebt sogar auf Milchtüten. Aber Aidan ist genauso unauffindbar wie Dads Leichnam. Und schuld an all dem bin natürlich ich. Zumindest in Callahans Augen.

»James, hör auf damit«, sagt Farran streng, beugt sich vor und greift nach meiner Hand. Ich zucke zusammen.

Da ist es wieder. Dieses eigenartige Gefühl. So, als wären meine Emotionen irgendwie falsch gepolt. Alles in mir erstarrt. Ich halte die Luft an und konzentriere mich auf seinen Blick. Der metallische Glanz seiner Iris weicht einem Funkeln, so warm wie seine Hand, doch ich fröstele auf einmal so stark, dass meine Lippen beben. Ein winziges Zucken huscht über sein linkes Augenlid und er lässt mich abrupt los.

Zitterig atme ich wieder aus.

Nicht einen einzigen Vorwurf habe ich seit jener schrecklichen Nacht von ihm gehört. Er hat mich kommentarlos in einem Einzelzimmer im Internatsbereich untergebracht und meine Sachen von zu Hause holen lassen. Seit Silvester habe ich das Rabengelände nicht wieder verlassen.

Dabei erinnere ich mich noch genau an seine Worte, als ich mit Patrick, Connor und Jared vor den schweren, schmiedeeisernen Torflügeln der Schule stand, um Farran zu stürzen und meine Freundin Liz zu befreien: Wirst du mich zur Begrüßung auf die linke Wange küssen, Emma MacAengus?

Aber Jacobs Tod hat seine Verbitterung über meinen Verrat von ihm gewaschen.

»Fion und ich werden als Zeugen auftreten und seinen Tod so glaubhaft wie möglich schildern. Dennoch kann es sein, dass sie dich in den Zeugenstand bitten. Dir ist hoffentlich klar, dass Aidan nicht erwähnt werden darf. Schon gar nicht seine Gabe, mit der er die Scheibe zerplatzen ließ. Montgomry hat vom Hubschrauber aus auf das Fenster geschossen und dein Vater ist im Kampfgetümmel hinausgestürzt. Danach haben sie die Leiche mitgenommen. So die offizielle Version.«

Der drohende Tonfall in Callahans Stimme schreckt mich eigenartigerweise weniger, als es die sanfte Berührung von Farrans Hand getan hat.

Sie haben erst hinterher geschossen. Das weiß ich genau. Aidan hat Dad getötet, indem er ihn mit einem Luftwirbel von Farran wegschleuderte.

Schwer atmend erwidere ich Callahans eisigen Blick. Er kneift die Augen zusammen.

»Du weißt, wer ihn zu dieser Wahnsinnstat gebracht hat!«, zischt er.

Ich beiße mir fest auf die Unterlippe.

»Sie trägt nicht alleine die Schuld«, wirft Farran ein. »Wenn Jacob nicht so ein schlechtes Gewissen wegen der Ermordung Katharinas gehabt hätte, wäre das alles nicht passiert. Niemals hätte er sich gegen mich gewandt. In seiner Angst, seine Tochter nach diesem Geständnis zu verlieren, wollte er Emma etwas Gutes tun.«

Callahan lacht höhnisch auf. »Indem er sie zu unserem Feind überlaufen lässt? Grundgütiger! Es war abzusehen, dass Aidan das verhindern würde.«

»Von wegen!«, rufe ich empört. »Aidan ist schließlich freiwillig mit Jared und mir zu Richard geflüchtet. Das war kein Grund, meinen Vater umzubringen!«

Es ist das erste Mal, dass wir darüber reden. Wie eine düstere Gewitterwolke schwebten ungesagte Worte die ganze Zeit über uns. Jederzeit bereit, sich zu entladen. Doch Farran hat mir vor diesem Gespräch zwei Wochen Ruhe gegönnt, in denen Evelyn O’Connell, die Schulpsychologin, mich unter ihre Fittiche genommen hat. Als ob mir irgendjemand helfen könnte, über die Ereignisse jener Nacht hinwegzukommen.

Callahan öffnet den Mund, aber Farran bringt ihn mit einer knappen Handbewegung zum Schweigen.

»Ich verlange, dass ihr beide bei diesem Gespräch sachlich und ruhig bleibt.« Bei seinem Tonfall bekomme ich eine Gänsehaut. Die Luft um seine dünne Gestalt vibriert und seine kurzen Haare bewegen sich, als würde Wind durch sie streichen. Schlagartig wird mir wieder bewusst, dass ich seiner Macht vollkommen ausgeliefert bin.

»Schau mich nicht so verschreckt an, Emma. Du weißt genau, dass ich allen Grund hätte, dich zu verstoßen. Damit ist jedoch weder dir noch mir geholfen. Diese Missverständnisse müssen endlich ein Ende haben und deshalb habe ich beschlossen, dir die ganze Wahrheit zu sagen, auch wenn das sehr schmerzhaft für dich sein wird.«

Die Wahrheit? Wovon spricht er?

»Es gibt Hintergründe, die du noch nicht kennst. Umgekehrt erwarte ich von dir, dass wir über deine und Aidans Flucht zu meinem Erzfeind offen sprechen. Ich sehe dich immer noch als Rabe und ihn auch.«

Wie schön! Ich schlucke eine bissige Bemerkung hinunter. Hör auf, Emz! Dad selbst hat vor seinem Tod zugegeben, dass er Farran nichts von dem Mordauftrag erzählt hat.

»Bist du bereit, dir meine Sicht der Dinge anzuhören?«, unterbricht Farran meine Gedanken und lehnt sich in den Stuhl zurück.

Warum nicht? Schlimmer kann es nicht werden.

»Jacob hat deine Mutter von Vater und Sohn Owens ermorden lassen. Diese Tat ist nicht zu beschönigen. Dein Vater muss nicht bei Sinnen gewesen sein, als er das veranlasste. Vermutlich konnte er nicht überwinden, dass sie ihm all die Jahre seine Tochter verheimlicht hatte und auch weiterhin jeden Kontakt unterbinden wollte. Sein erster Fehler.«

Fehler nennt er das?

»Den zweiten beging er, als er dir und mir vor deiner Aufnahme bei den Raben nicht reinen Wein einschenkte. Zu allem Überfluss scheinen Dean Owens und sein Vater vor Jacob zu viel Angst gehabt zu haben, als dass sie sich mir anvertraut hätten. Selbstverständlich wäre das ihre Pflicht gewesen.«

»Na, das ist wohl nicht weiter verwunderlich. Du kennst ja Jacobs Ruf«, unterbricht Callahan spöttisch.

Farran seufzt. »Allerdings.« Er lehnt sich vor und sieht mich eindringlich an. »Emma, wie hat Aidan damals auf Jareds Geständnis reagiert?«

Ich will nicht an Aidan denken. Zumindest nicht an die Zeit, als ich noch meinte, dass er mich liebt. Aber Farrans Blick hält mich fest und meine Gedanken fliegen zu jener Nacht.

»Pack deinen Rucksack, Emz. So wie … damals, als … als du vor deinem Vater in Deutschland fliehen wolltest, weißt du noch? Wir müssen hier auf der Stelle weg.«

»Er hatte Angst um mich. Vermutlich dachte er, mein Vater würde mich töten, weil ich sein Geheimnis kenne.«

»Das macht Sinn. Hat Aidan dem Falkenführer einen Eid geschworen?«

Seine Stimme klingt lauernd und ich höre, wie Callahan scharf die Luft einzieht. Als ich mich zu ihm umdrehe, sehe ich die Anspannung in seinem Gesicht. Ich könnte es Aidan jetzt heimzahlen. Mich für den Mord an Jared rächen. Sekunden vergehen.

Nein. Ich bin nicht wie er.

»Richard hat es von ihm verlangt. Aber Aidan hat abgelehnt.« Callahan atmet erleichtert aus und ein zufriedenes Lächeln flackert über seine Züge. Ich wende mich ab. »Aidan hat ihm gesagt, dass er ein Rabe mit Leib und Seele sei und ihm nur so lange dienen werde, wie er mich vor meinem Vater beschützt.«

»Gut.« Farran verschränkt die schmalen Finger ineinander und legt sie nachdenklich an sein Kinn. »Ihr beide dachtet natürlich, ich wäre in die Pläne deines Vaters eingeweiht gewesen, nicht wahr?«

»Allerdings.«

»DAS WAR ICH NICHT!«, ruft er laut und schlägt mit der flachen Hand auf den Tisch. Mein Herz macht vor Schreck einen Satz. Aber als Farran weiterspricht, klingt er unendlich müde. »Damit du mir das endlich ein für allemal glaubst, lasse ich dich jetzt in meine Gefühle tauchen.«

»FION!« Fassungslosigkeit spiegelt sich in Callahans Blick.

Wie oft habe ich mir gewünscht, das zu tun!

Doch als ich meinen Schulleiter jetzt ansehe, schnürt die Angst mir die Kehle zu. Ich kralle meine Nägel in den Rock meiner Schuluniform. Farrans Gesicht ist so ruhig und friedlich wie ein See an einem lauen Sommertag, aber ich habe das irrsinnige Gefühl, das Ungeheuer von Loch Ness lauere unter seiner Oberfläche. Atme, Emz! Nutz diese Chance! Plötzlich fühle ich ein Kribbeln auf meiner Kopfhaut.

»Emma, ich habe das noch niemandem erlaubt. Bitte, tu es! Ich will, dass du mir endlich vertraust.«

Ich konzentriere mich auf seine Augen und tauche langsam in ihren metallischen Glanz. Es ist ganz anders als beim ersten Mal. Ich erinnere mich an Mauern und Kälte. Jetzt stehe ich auf einer Waldlichtung. Warme Sonnenstrahlen kitzeln meine Haut. Zuneigung. Ich haste los, versuche im schattigen Dickicht des Waldes die Lügen zu finden, bevor er es sich anders überlegt.

»Dein Vater hat mir nie verraten, dass er deine Mutter gefunden hat. Aus gutem Grund. Niemals hätte ich zugelassen, dass er seine Pläne verwirklicht«, sagt Farran sanft.

Nichts. Keine Lüge. Wie kann das sein? Die Sonnenstrahlen folgen mir durch das Geäst, als wollten sie mich zurück in die Wärme der Lichtung locken. Aber ich taumle weiter. Da ist doch was. Ich fühle es! Da muss etwas sein! Aber wohin ich mich auch wende, alle Wege führen zurück ins Licht.

»Und was Owens anbelangt: Ich hatte keine Ahnung, ob und welche Anweisungen dein Vater ihm gegeben hat. Ich hielt ihn und Dean für überzeugte, loyale Raben, die mir alles berichten würden, was sie über abtrünnige Mitglieder erfuhren.«

Erneut taumle ich auf die Lichtung. Verdammt, wo hat er sie versteckt? Er ist gerissen, aber er kann doch unmöglich Lügen vor einer Taucherin verbergen! Schließlich bin ich jetzt mit seinen Gefühlen verschmolzen. Aber alles, was er sagt und denkt, scheint wahr zu sein.

»Davon, dass Dean Jared an Halloween am liebsten umgebracht hätte, um vor dir ihre Tat zu verschleiern, wusste ich nichts. Auch nicht, dass er dachte, er könne über dich in meiner Gunst steigen. Lächerlich!«

Noch ein Schritt und ich stolpere erneut auf die Lichtung. Wahr. Alles. Oh Himmel! Und statt mich für meinen Verrat an ihm zu hassen, fühle ich weiterhin nur Wärme und Zuneigung. Nicht den Hauch von Wut. Mein Magen krampft sich schmerzhaft zusammen.

»Emma, glaub mir, du bist wie eine Tochter für mich.«

Das Sonnenlicht wird gleißend hell und brennt wie glühendes Eisen auf meiner Haut. Ich schnappe nach Luft und tauche auf.

Etwas Nasses fließt über meine Wangen. Beschämt wische ich mit dem Ärmel meiner Jacke über mein Gesicht und schnappe Callahans Blick auf.

Seine Mimik ist eigenartig.

Mit einer Mischung aus Triumph und unverhohlener Bewunderung starrt er Farran an. Bevor ich darüber nachdenken kann, glätten sich seine Züge und er sagt: »Verstehst du jetzt endlich, wie sehr du den einzigen Menschen, der immer ehrlich zu dir war, der dich gefördert und unterstützt hat, hintergangen hast? Ich wusste von Anfang an, dass du nicht stark genug bist, ein Rabe zu werden. Deshalb war ich gegen deine und Aidans Verbindung. Du bist engstirnig und egoistisch, Mädchen. Wie deine Mutter. Ich wollte verhindern, dass Aidan das gleiche Schicksal erfährt wie dein Vater.«

Es dauert eine Weile, bis ich die beißenden Schuldgefühle Farran gegenüber niederkämpfe und Callahans Worte zu mir durchdringen.

»Meine Mutter ist geflohen und hat mich allein aufgezogen, damit mein Vater nicht ebenfalls des Verrats bezichtigt wird. Was ist daran egoistisch?«

Aidans Vater hebt die Augenbrauen und macht eine auffordernde Handbewegung zu Farran. Ich schlucke. Was geht hier vor?

»Schon gut, James«, seufzt Farran. »Ich wünschte nur, es gäbe einen anderen Weg. Du weißt, wie sehr sie ihre Mutter liebt. Sieh mich an, Emma.«

Ich will ihn nicht anschauen. Nicht solange sich Scham und Schuldgefühle einen erbitterten Wettstreit in meinem Inneren liefern. Aber Fion hasst Schwäche. Und plötzlich will ich ihm auf jeden Fall beweisen, dass Callahans Worte falsch sind. Als ich den Kopf hochreiße, erschlägt mich Farrans trauriger Blick.

»Deine Mutter hat deinem Vater einen Abschiedsbrief hinterlassen, bevor sie ihn verlassen hat. Ich habe ihn um eine Kopie gebeten, weil ich so stolz war, dass sie zumindest am Ende den Mut aufbrachte, ihm die Wahrheit über sich und Richard Montgomry zu sagen und ihn zu schonen. Es war ein kleiner Triumph, dass nicht all mein Unterricht umsonst war.«

Er greift in sein Jackett, zieht ein zusammengefaltetes Blatt Papier hervor und schiebt es über den Tisch zu mir.

Jacob,

meine Eltern haben sich wegen mir umgebracht.

Meine Gefühle kann und will ich dir gar nicht schildern. Aber ich bereue. Bereue so sehr. Ich hätte niemals Richards Reden glauben dürfen. Er wollte dich von Farran abwerben und ich sollte ihm bei diesem Plan behilflich sein. Glaub mir, ich habe dich niemals so geliebt, wie ich vorgegeben habe. Aber ich mag dich gern und möchte nicht, dass dir etwas geschieht. Bleib bei Farran. Bitte ihn um Verzeihung. Er weiß, dass ich die Schuld an allem trage. Sag ihm, dass ich schwöre, nichts, was ich über die Raben weiß, jemals irgendjemandem preiszugeben. Ich werde untertauchen und ein neues Leben fernab von Raben und Falken beginnen. Bitte versuch nicht, mich zu finden.

Ich würde dich nur abweisen.

Es tut mir leid,

Rina

S19.tif

»Du … du hast das wirklich geglaubt?«, zischt Montgomry und sein Blick wandert von dem vergilbten, zerknitterten Stück Papier in seiner Hand zu ihm.

Jacobs Atem geht schneller. Warum gibt er es nicht endlich zu? Er weiß doch, dass er auf ihn angewiesen ist, wenn er seine Tochter retten will, und dass er alles diesem einen Ziel opfern wird.

Seinen Stolz, seine Selbstachtung, sein Leben.

Wenigstens ein Mal sollte er ehrlich sein!

»Hör mal, Montgomry. Wir haben doch beschlossen, reinen Tisch zu machen und dann die Vergangenheit ruhen zu lassen.« Selbst er hört das drohende Knurren in seinem Tonfall. Ruhig, Jacob. Du brauchst ihn.

Aber bevor er sein rasendes Herz unter Kontrolle bringen kann, trifft ihn ein Schlag mitten auf die Brust. Eine Sekunde lang starrt er fassungslos auf die Hand des Falken, der Rinas letzte Botschaft fest gegen sein Herz presst – die Finger klauenartig gebogen, als wollte er es ihm herausreißen.

»Du bist der dämlichste Schwachkopf, der mir je untergekommen ist! Hätte ich Rina bloß nicht an diesem Abend zu dir gelassen! Deine Dummheit …« Weiter kommt er nicht.

Wie an unsichtbaren Fäden gezogen wird Montgomry rückwärts durch die Luft geschleudert und landet mit einem dumpfen Aufprall in dem hinter ihm stehenden Sessel, so schnell, dass das zu Boden segelnde Blatt noch nicht einmal sein Ziel erreicht hat.

Mit einem empörten Schrei springen Phyllis und Patrick auf. Letzterer hebt drohend die Hand und deutet mit dem Zeigefinger auf ihn. »Noch ein Ausbruch dieser Art, MacAengus, und du kannst dir schon mal ein Grab in Kilcully schaufeln.«

Bevor er noch etwas erwidern kann, richtet sich der Falkenchef stöhnend im Sessel auf.

»Deine Dummheit wird nur noch übertroffen von meiner.«

»Ach?« Jacobs Herzschlag beruhigt sich. Er beugt sich nach unten und hebt Rinas Brief auf. Die Worte kennt er seit Jahren auswendig.

»Ich hab Farran unterschätzt«, sagt Montgomry mit einem gequälten Unterton in der Stimme.

»Natürlich hast du das. Immer und immer wieder. Du …«

»Himmel! Halt mal einen Moment lang deine große Rabenklappe!« Er steht mit einem Ruck auf und reibt sich den Rücken.

Hoffentlich hat er blaue Flecken!

»Farran hat ihre Eltern ermordet.«

Was? Das schmale Gesicht von Rinas Mutter blitzt in Jacobs Erinnerung auf. Die Augen leuchtend vor Bewunderung, wenn sie über Farran sprach. Ihre Leichen auf dem Bett. Unmöglich!

»Und deshalb schreibt Rina mir zum Abschied, dass sie für den Selbstmord ihrer Eltern verantwortlich ist, und du sie angestachelt hast, mir glühende Liebe vorzuheucheln?«, fragt er sarkastisch.

»Genau!«

»Okay, ich weiß, dass es euch Mantikern im Blut liegt, nicht nur die Zukunft vorherzusehen, sondern vor allem in orakelhaften Rätseln zu sprechen. Dennoch bitte ich dich, mir deine wirren Gedankengänge zu entknoten.«

Das Lächeln auf Montgomrys Gesicht gefällt ihm nicht. Es ist das eines überzeugten Kreuzritters, der gerade mit dem Schwert ausholt, um es dem Ungläubigen mitten ins Herz zu rammen.

»Mit dem größten Vergnügen, Jacob.«

Vor ihm liegt der Zettel mit dem Gedicht von Shakespeare, den er zusammen mit Rinas Abschiedsbrief auf ihrem Schreibtisch gefunden hatte. Montgomry nimmt ihn in die Hand und wedelt Richtung Phyllis.

»Wann hab ich das geschrieben, Phyl?«

Sie sieht angespannt aus und ihre ineinander verschränkten Finger zittern leicht. Nervös huschen ihre hellen Augen zwischen ihm und Montgomry hin und her. Es ist ihr Vorschlag gewesen, sich erst einmal auszusprechen, bevor sie gemeinsame Pläne schmieden.

»Eine Woche bevor ich SENSUS CORVI verlassen habe«, erklärt sie an Jacob gewandt. »Mein Verlobter Dennis hat sich damals heimlich in Dublin mit Falkenmitgliedern getroffen und Richard hat herausgefunden, dass Farran davon Wind bekommen hatte, und wollte mich warnen.« Sie zitiert den Inhalt der Warnung auswendig.

»Der Weiber Gram um Anverlobte,

die dieser grimme Streit verschlingen wird.

Dies ist sein Ruf, sein Drohn

und meine Botschaft.

In meiner Abwesenheit hat Farran mein Zimmer durchsuchen lassen und sie haben Richards Brief entdeckt. Du weißt, was danach passiert ist!« Ihr Tonfall verändert sich und Jacob schlägt der Hass in ihrer Stimme wie ein Schwall kalten Wassers ins Gesicht. Zumindest hat sie sich länger unter Kontrolle gehabt als die anderen. »Ich dachte damals, du wärst der Schnüffler gewesen, Jacob.«

Zischend presst er die Luft aus, die er angehalten hat, und sieht sie ernst an.

»Nein. Denk nach, Phyllis! Dann hätte ich doch seinen Inhalt bereits gekannt! Ich schwöre dir, an dem Abend, als Rinas Eltern starben und sie floh, habe ich diese Zeilen zum ersten Mal gelesen. Fion …« Er räuspert sich und schaut zu Montgomry. »Farran hat mir nie gezeigt, was du Phyllis geschickt hast. Ich wusste nur von einem konspirativen Schreiben.« Ein kalter Schauer überläuft Jacob, als er an Farrans Worte denkt. »Er verkündete, du wärst vor uns im Haus gewesen, hättest die Leichen von Rinas Eltern und ihren Brief entdeckt und dieses Schreiben sei deine wütende Reaktion darauf gewesen, dass Rina und ich dir durch die Lappen gegangen sind. Eine Drohung, dass du dich an mir rächen willst.«

Der Falkenchef lacht bitter auf. »Als ob du mich interessiert hättest! Ich hab Rina klipp und klar gesagt, dass ich es nicht ertragen könnte, wenn sie dich zu mir bringen würde. Ihr hätte ich Unterschlupf gewährt. Euch beiden zusammen nicht. Ich bin kein Heiliger, MacAengus. Weder jetzt und schon gar nicht damals.«

Seine Worte ergeben keinen Sinn, außer …

»Nein!«, flüstert er. »NEIN!«

Aber es genügt Montgomry nicht, das Schwert bis zum Griff in seine Brust zu stoßen. Mit seinen folgenden Worten dreht er es genüsslich um.

»Hast du es jetzt endlich begriffen? Sie hat diesen Schwachsinn nur geschrieben und ist geflohen, um dich vor Farran zu schützen! Deshalb hat sie auch keinen Kontakt zu dir gesucht, als sie merkte, dass sie schwanger war. Er muss ihr gedroht haben, dich umzubringen, wenn ihr zusammen SENSUS CORVI verlasst. Als Beweis dafür, wie ernst es ihm ist, tötete er ihre Eltern. Und auf mich konnte sie nicht zählen, da ich, egoistisch und verletzt, nur an meine eigenen Gefühle für sie dachte und jedwede Hilfe verweigert habe!«

Dunkle Flecken tanzen vor Jacobs Augen und das Parkett wölbt sich ihm plötzlich entgegen. Erst als Emmas Gesicht vor ihm aufflackert, erinnert er sich daran, dass er atmen muss. Keuchend klammert er sich an einen Stuhl und setzt sich.

»Ich fass es nicht! Du hast wirklich die ganze Zeit über nicht gewusst, wie innig sie dich geliebt hat!«

Patricks Stimme entflammt den Zorn erneut und bringt wieder Leben in ihn. Kein Mitleid! Alles, bloß das nicht!

»Was ist mit deiner verdammten Mantik? Warum hast du das alles nicht vorhergesehen und Rina rechtzeitig gewarnt?«, herrscht Jacob den Falkenchef an.

»Oh, jetzt soll ich der Sündenbock sein? Nein, Jacob. So einfach ist das nicht. Ich trage meinen Teil der Schuld schon so lange mit mir. Den deinen nehme ich dir nicht auch noch ab! Meine Mantik funktioniert, indem ich mich auf die Person, von der ich etwas wissen will, konzentriere. Von dem Moment an, als Rina sich von mir losgesagt hat, um mit dir zu fliehen, habe ich jeden Gedanken an sie vermieden. Ich bin weder ein Voyeur noch ein Masochist!«

Ein schmerzhafter Ausdruck schleicht sich in die dunklen Augen des Falken.

»Seit wann kann man deine Gabe abstellen? In Farrans Bibel …«

»Vergiss es! Kein Mantiker, den Farran kennt, hat es je so weit gebracht, das Hellsehen bewusst zu steuern. Kannst du dir auch nur ansatzweise vorstellen, wie grausam es ist, wenn Bilder auf dich einströmen, die du gar nicht sehen willst? Zukünftige Ereignisse, die du in den seltensten Fällen beeinflussen kannst? Seit meinem dreizehnten Lebensjahr arbeite ich daran, es zu beherrschen.«

Einen Augenblick lang starren sie sich an wie zwei hungrige Wölfe, die sich umkreisen und nur auf den richtigen Moment warten, um zuzuschnappen.

»Ähm, vielleicht lassen wir das lieber mit der Vergangenheitsaufarbeitung und blicken frohgemut nach vorn«, durchschneidet Phyllis’ frustriert klingende Stimme die Stille. Ein belustigtes Schnauben von Patrick begleitet ihre Worte.

Montgomry nickt langsam, ohne seine Augen von Jacob zu lösen. »Besser so. Sonst muss ich an all unsere Leute denken, die dieser Kerl auf dem Gewissen hat, angefangen mit Rina.«

»Wir beide!«, zischt Jacob und das Blau seiner Augen funkelt wie Gletschereis. »Hättest du uns damals bei der Flucht geholfen oder zumindest hinterher versucht, mit mir über Rina zu reden, wäre es nie so weit gekommen!« Jacob hebt ihren Brief hoch. »Denn nachdem ich das da gelesen und als Beweis die Leichen ihrer Eltern gesehen hatte, blieb mir in meiner Wut nur eine Möglichkeit: All diejenigen zu jagen, die ich für schuldig hielt!«

»Ich dachte, du wärst schon immer auf uns Falken angesetzt gewesen!« Montgomry reißt verwundert die Augen auf. »Dann hast du deine Falkenspürhunde, die Picten, erst hinterher ins Leben gerufen?«

»Richtig. Ihr habt mich früher nur am Rande interessiert. Natürlich war ich verärgert, wenn ihr unsere Leute abgeworben habt, und natürlich habe ich gegen euch gekämpft, wenn es zu Angriffen kam. Aber mein Spezialgebiet war es, Leute in Wirtschaft und Politik einzuschüchtern, die nicht mit Farran kooperieren wollten.«

»Na, das macht ihn doch gleich viel sympathischer, findest du nicht, Rich?«, wirft Patrick Namara zynisch ein.

Jacob platzt der Kragen. »Geh Schafe hüten, Namara. Nein, reih dich besser gleich bei den Lämmchen ein! DU bist ja so unschuldig!«

Mit zwei großen Schritten, die Hände zu Fäusten geballt, stürmt der stämmige Ire auf Jacob zu.

»Du wagst es, mich …«

Der Stuhl neben Jacob zischt in die Luft und verharrt reglos zwischen ihnen, sodass Patrick um ein Haar dagegenprallt.

Jacob lächelt. »Hast deine Reaktionsgeschwindigkeit ganz schön verbessert, Phyllis. Das wird Farran aber gar nicht gefallen.«

»Männer und miteinander sprechen! Mir reicht’s!« Mit roten Wangen stellt sie sich neben Patrick, und Jacob fragt sich, ob der Zorn oder sein Kompliment sie erröten lassen. »Jetzt wo wir geklärt haben, dass wir uns immer noch glühend hassen und jeder von uns schuldig ist, sollten wir uns vielleicht darum kümmern, wie wir Emma Farrans Krallen entreißen können!«

Laut krachend fällt der Stuhl zu Boden und kippt um.

Montgomry hebt eine Augenbraue. »Aber das wollten wir Männer doch von Anfang an, liebste Phyllis!«

S26.tif

Es ist warm und hell.

Ich liege unter einer Decke und halte die Augen geschlossen, während ich versuche, mich zu erinnern.

Durch meinen leeren Kopf dröhnen Schreie und das helle Klirren von zersplitterndem Glas. Farrans Stimme klingt angespannt, als er Callahan befiehlt, sofort die Schulpsychologin zu rufen. Tische und Stühle bewegen sich, prallen gegen weiße Wände, schlagen Löcher in den Putz. Ich frage mich, ob die Falken wieder angreifen, bis ich Farrans Kraft spüre. Sie umgibt mich so gewaltig und mächtig wie eine Mauer aus Beton. Und da begreife ich, dass ich schreie und es meine Telekinese ist, die er abblockt.

»Ruhig, Emma! Hör auf damit! Sofort! Es wird alles gut.«

Gut?

Hundertmal.

Nein. Bestimmt viel häufiger hat sie es zu mir gesagt.

Zwischen uns darf es keine Lügen geben.

Und ich habe ihr geglaubt. Habe all die Jahre gedacht, dass sie meinen Vater liebt und sich für ihn geopfert hat. Dabei hat meine Mutter ihn nur in Richards Auftrag benutzt. Warum hat Jacob mir nie von dem Brief erzählt? Ich denke an die Kerze, die er für sie an Weihnachten ins Fenster gestellt hat, und fühle, wie sich hinter meinen geschlossenen Lidern Tränen bilden.

Oh Gott, glaub mir, ich hatte so sehr gehofft, wir könnten eine glückliche Familie werden! Aber deine Mutter war zerfressen von Hass und Paranoia.

Meine Finger krallen sich in das Laken unter mir. Mein rechter Unterarm schmerzt. Farran und Callahan haben mich zu zweit festgehalten und trotzdem hat die Schulpsychologin zwei Anläufe gebraucht, bis sie die Spritze darin versenkt hatte.

»Emz.«

Jemand berührt meine Stirn und ich reiße die Augen auf. Selbst im Winter sind auf ihren Wangen fröhliche Sommersprossen und ihre roten Locken fallen so ungezähmt in ihr Gesicht, als hätten sie noch nie eine Bürste gesehen.

»Faye!«, flüstere ich. Sie beugt sich zu mir hinunter und nimmt mich in die Arme, als wäre nichts geschehen, als hätte ich die Raben niemals verlassen.

Faye ist zurück. Endlich! Farran hatte die Schule vor Silvester evakuiert. Alle Schüler wegen des zu erwartenden Angriffs der Falken in Sicherheit gebracht. Nur wenige auserwählte, für einen Kampfeinsatz trainierte Jugendliche durften bleiben.

»Hey«, sagt Faye und löst sich von mir. »Hast uns allen einen ganz schönen Schrecken eingejagt.«

Sie setzt sich auf die Bettkante und erst jetzt erkenne ich, dass ich in meinem Zimmer bin. Was hat man ihr erzählt? Ihre grünen Augen mustern mich so unverhohlen neugierig wie bei unserer ersten Begegnung.

»Wie spät ist es?«, frage ich ausweichend.

»Zehn.« Sie grinst plötzlich verschmitzt. »Deinetwegen muss ich nicht in Mathe. Bin todtraurig deswegen.«

Ich lächle, bis mir die Bedeutung ihrer Worte klar wird. Als ich mit Farran und Callahan geredet habe, war es elf Uhr gewesen. Was auch immer in Mrs O’Connells Spritze war, es hat mich fast 23 Stunden schachmatt gesetzt, und heute ist der erste Schultag nach dem Falkenangriff.

»Willst du reden?«

Ich atme tief durch. Abgesehen von Liz ist Faye die einzige Freundin, der ich je vertraut habe. Andererseits war auf dieses Gefühl in letzter Zeit wenig Verlass.

»Schon okay, du musst nicht, wenn du nicht willst.«

Sie sieht enttäuscht aus. Irgendwo in der Nähe knallt eine Tür zu und ich höre Stimmen und schnelle Schritte auf dem Gang. Dann ist es wieder still.

»Farran persönlich war hier bei dir, als ich reinkam!«, platzt sie plötzlich heraus.

»Wie bitte?«

»Hat total übermüdet ausgesehen. So als wäre er die ganze Nacht an deinem Bett gesessen. Jedenfalls war er eindeutig unrasiert. Ich bin fast rückwärts aus der Tür gestolpert. Aber er hat mich reingewunken und gefragt, ob ich Lust hätte, bei dir zu bleiben und den Unterricht zu schwänzen.« Sie streicht sich eine Haarsträhne hinters Ohr und rollt die Augen. »Wer kann dazu schon Nein sagen?«

Er hat nach meinem Anfall persönlich auf mich aufgepasst?

Mein Herz klopft plötzlich so hart gegen meinen Brustkorb, dass es schmerzt.

Die Worte aus Mamas Brief tanzen wie Irrlichter vor meinen geschlossenen Augen. Ich bin auf Montgomry ebenso hereingefallen wie sie. Vielleicht hat er meine Mutter wirklich geliebt. Aber das hat ihn nicht davon abgehalten, sie zu benutzen, um seinen Plan, möglichst viele hochrangige Raben auf seine Seite zu bringen, durchzusetzen.

»Faye«, schluchze ich und ihr Gesicht verschwimmt vor meinen tränenden Augen. »Ich hab verdammt viel Mist gebaut und ich hab keinen Schimmer, wie ich das jemals wiedergutmachen kann. Aber zumindest weiß ich jetzt wieder, auf welcher Seite ich stehe.«

S29.tif

Ihr Misstrauen brennt wie eine Warnung auf meiner Haut und ich ersticke in der Stille ihrer ungesagten Worte.

Welche Ansprache Fion auch immer vor den Schülern am ersten Schultag gehalten hat, sie kann nicht ungeschehen machen, dass nach meiner erzwungenen Rückkehr Aidan vermisst, mehr als zwanzig Raben verletzt und fünf tot sind, darunter mein Vater, Jared und Dean.

Ich denke zurück an die ersten Schultage als Anwärterin. Doch diesmal fühlt es sich anders an.

Ganz anders.

Als würde ich auf einem zugefrorenen See laufen. Über mir ein veilchenblauer Himmel und zu meinen Füßen brennt die Sonne unbarmherzig Wasserlachen in die hauchdünne Eisfläche. Egal wie klein und vorsichtig meine Schritte sind, wie sehr meine Ohren auf jedes einzelne Knacken achten und meine Augen nach den ersten Rissen Ausschau halten.

Das Eis wird brechen.

Der 31. Januar fällt dieses Jahr auf einen Montag. Am Wochenende wäre es leichter gewesen. Ich hätte einfach einen Tag im Bett verbracht. Faye hat meinen Geburtstag hoffentlich vergessen. Einen Augenblick lang überlege ich, ob ich mich krankmelden soll. Aber Farran hasst Schwäche. Er würde es sofort durchschauen. Mit einem Ruck stehe ich auf und gehe ins Bad. Immer noch habe ich ein Zimmer für mich allein. Die Zeit, in der Farran mir Ruhe gönnen wollte, ist vorbei. Große Teile des Schulgebäudes werden noch renoviert, trotzdem will keiner freiwillig mit mir zusammenwohnen. Lieber quetschen sie sich zu viert in ein Zweierzimmer. Je höher man steigt, desto tiefer fällt man. Die Zeiten, in denen alle geradezu begierig auf meine Gesellschaft gewesen waren, sind nun ein für allemal vorbei.

Ich schlüpfe aus meinem Nachthemd, gleite unter die Dusche und schließe die Augen. Immer heißer drehe ich das Wasser, bis meine Haut feuerrot ist und das Bad in milchigem Dampf versinkt. Das knallende Geräusch einer Tür lässt mich zusammenfahren. Habe ich vergessen abzusperren?

»Faye?«

Wer sonst würde mich freiwillig besuchen? Ich schiebe die Duschwand beiseite und spähe hinaus. Keine Antwort. Das Zimmer ist leer. Langsam wandert mein Blick von der Tür nach rechts über das Waschbecken. Als ich in den Spiegel darüber sehe, schreie ich auf. Er ist beschlagen und die drei Worte, die jemand mit dem Finger darauf gemalt hat, verblassen schnell durch den Wasserdampf, der aus der Dusche tritt. Ich kann sie gerade noch lesen:

Verräter müssen sterben

Sarah Parker runzelt ungehalten die Stirn, als ich fünf Minuten zu spät in den Economics Unterricht hineinplatze. Das Frühstück habe ich ausfallen lassen. Ich hätte eh keinen Bissen runterbekommen. Ich erwarte, dass sie schimpft, aber sie dreht sich nach meiner hastig gemurmelten Entschuldigung wortlos zu dem Whiteboard um und fährt mit ihrem Vortrag fort. Hasserfüllte Blicke und Getuschel begleiten mich auf meinem Weg zu Faye.

»Wo warst du?«, formen ihre Lippen lautlos.

Ich winke ab und ziehe meinen Block und das Federmäppchen heraus. Vermutlich denkt sie jetzt, ich hätte verschlafen. Mein Puls rauscht laut in meinen Ohren, während ich die Schüler um mich herum beobachte. War es einer von ihnen? Ich wage nicht, in sie zu tauchen. Sie könnten es merken und Parker Bescheid sagen. Es ist uns verboten, unsere Gabe gegen Mitschüler einzusetzen, und ich kann mir wahrhaft keine weiteren Fehler bei Farran leisten. Zwei Reihen vor mir sitzt Lynn. Sie ist einer der Gründe, warum ich diesen Kurs nicht wählen wollte. Aber Farran hat mich vor meinem Praktikum bei Haddington Consulting gebeten, Economics zu belegen. Bei dem Gedanken an das Praktikum blitzt Aidans Gesicht schmerzhaft in meinem Kopf auf und ich wehre es so schnell ab, als könnte allein die Erinnerung an ihn mich verbrennen.

Lynns Hand schießt nach oben.

»Miss MacAengus, ich habe gerade gefragt, welche Auswirkungen ein steigender Export für die inländische Wirtschaft hat.«

Sollten wir das etwa über die Weihnachtsferien lesen? Aber ich war bei Richard. Montgomry, verbessere ich mich in Gedanken.

»Ähm, die Wirtschaft nimmt mehr Geld ein?«, mutmaße ich.

Lynns Hand kann nicht mehr höher steigen. Parker ruft sie auf.

»Ein steigender Export erhöht das Bruttoinlandsprodukt, weil es sich aus den Faktoren Konsum, Investition und Export zusammensetzt. Die Bewertung der Produkte folgt dabei den Gesetzmäßigkeiten von Angebot und Nachfrage. Demnach führt der zusätzliche Absatz, also das steigende Angebot, zu einem Preisverfall. Außerdem entstehen mehr Arbeitsplätze, wenn die Produktion sich ausweitet.«

»Vollkommen richtig. Miss MacAengus, ich erwarte, dass Sie den Stoff nachholen, den sie während ihres Ausflugs versäumt haben.«

Keiner lacht.

Als Lynn sich zu mir umdreht, erwarte ich zumindest ein triumphierendes Lächeln. Aber ihr Gesicht ist so reglos wie das einer Porzellanpuppe. Kreidebleich starrt sie mich mit zusammengekniffenen, dunkel umschatteten Augen an. Dann dreht sie sich wortlos wieder um. Ich schlucke. Mit ihrem Hohn habe ich gelernt umzugehen. Aber das hier ist gruselig. Meine Hand ist eiskalt und zittert so stark, dass ich den Stift kaum ruhig halten kann.

Verdammt! Was hast du erwartet? Dass sie dir nach zwei Wochen wieder alle um den Hals fallen?

Faye kritzelt einen zähneknirschenden Smiley mit einer Geburtstagstorte an den Rand meines Blocks. Daneben schreibt sie: »Kopf hoch, sonst pustest du an den Kerzen vorbei!«

Ich lege den Zeigefinger an die Lippen und schüttele den Kopf. Sie nickt.

Vier Stunden später stehen wir in der Mensa.

Sobald wir uns in die Essensschlange einreihen, wenden uns die Schüler den Rücken zu. Allmählich bildet sich hinter uns eine kleine Lücke und die zwei Mädchen, die sie peinlich genau einhalten, begutachten den Serviettenspender, als wäre er ein Kunstwerk.

Faye redet schneller auf mich ein als Liz, wenn sie mir von ihrem Traumtypen erzählt. Als ob ich mich je für Hurling interessiert hätte. Das war immer Aidans und ihr Hauptgesprächsthema gewesen. Die Tatsache, dass sie mir jetzt sämtliche Spielhighlights der letzten Wochen aufzählt, verrät sie. Ebenso ihre angestrengten Bemühungen, den grünen Nagellack von ihren Fingern zu kratzen. Es wäre so viel besser für sie, nicht mit mir befreundet zu sein.

»Hi, Faye! Kommst du zu uns an den Tisch?«, ruft eine dunkle Stimme hinter uns.

Wir drehen uns um. Brandon Miles lächelt sie auffordernd an und ignoriert mich vollkommen. Sein Haar ist über die Weihnachtsferien noch länger geworden. In dichten Wellen fällt es auf seine Schultern und erinnert mich schmerzhaft an Jared. Jetzt zieht er eine Augenbraue hoch und sein Lächeln vertieft sich. Aus den Augenwinkeln sehe ich, wie Faye vor Verwunderung der Mund aufklappt und ihre Wangen ihren roten Haaren Konkurrenz machen. Brandon gibt sich normalerweise nicht mit Mädchen wie ihr ab. Zusammen mit Aidan und Dean gehört er sonst immer zu den Jungs, denen weibliche Bewunderer reihenweise nachspringen.

Jetzt steht er außer Konkurrenz.

Hinter ihm bauen sich Ian Sutherland und zwei andere Typen aus seiner Hurlingmannschaft auf. Vielleicht ist es die Tatsache, dass sie alle fast zwei Köpfe größer sind als wir oder dass sie immer näher an uns heranrücken. Jedenfalls werden meine Hände schweißnass und mein Atem geht schneller. Ich drehe mich um und schiebe mein Tablett auf dem Gitter der Essensausgabe ein Stück weiter, als sich plötzlich Ian neben mich drängt. Er nimmt Besteck aus dem Korb über uns. Die Gabel legt er auf sein Tablett, das Steakmesser nicht. Er schaut mich an. Ich möchte schreien, laufen, mich in Sicherheit bringen. Stattdessen starre ich wie hypnotisiert auf seine kräftige Hand, die mit dem Messer spielt.

Du bist Kate. Und Kate hat keine Angst.

Aber Kate war eine Erfindung meiner Mutter. Eine Lüge, um mich besser zu manipulieren. All die Jahre hat sie mir meinen Vater vorenthalten. Es fühlt sich auf einmal vollkommen falsch an, wieder Kate zu sein.

Lügen, so viele Lügen.

Ich glaube, an ihnen zu ersticken. Da ist so ein hohes Surren in meinem Kopf. Verzerrte Stimmen dringen an mein Ohr. Jemand zieht mich weiter und ich sehe verschwommen das Essen vor mir. Lamm-Eintopf. Mein Magen rebelliert, als der herbe Geruch von Fleisch und Rosmarin in meine Nase dringt. Die Acrylscheibe, die mein Tablett von der Ausgabe trennt, beschlägt und meine Gedanken malen darauf die Worte: Verräter müssen sterben.

Nein! Instinktiv drehe ich mich zurück zu Ian. Wie in Zeitlupe fliegt in diesem Moment das Messer hoch über meinen Kopf, dreht sich einmal um sich selbst und segelt mit der Klinge nach unten, wo er es geschickt auffängt, ohne sich auch nur die Haut zu ritzen. Er weiß, wie man damit umgeht.

Und da spüre ich es. Die warme Holzmaserung des Schaftes, die den kühlen Stahl umfasst. Den Wellenschliff, der so scharf ist, dass er mühelos Haut und Fleisch teilt. In den wenigen Sekunden, die das Messer in der Luft schwebte, habe ich sein Wesen begriffen. Gleichzeitig bäumt sich etwas in mir auf. Mächtig und unkontrollierbar. Ich muss ihn warnen.

»Ian, nicht!« Meine Stimme ist nur ein Hauch.

Er lacht laut auf, versteht alles falsch und das Gefühl in mir wird immer stärker. Das Messer jagt erneut nach oben, durchtrennt die Luft und knüpft das Band zu meiner Gabe fester. Ich bin mit ihm verbunden. Wie mit einem Gummiband, zum Zerreißen gespannt, aber kurz bevor etwas in mir explodiert, schieben sich rote Locken vor mein Gesicht und ich höre noch Fayes vor Wut vibrierende Stimme, während ich mich umdrehe und aus der Mensa renne.

»Bist du total bescheuert, Ian? Hast du eine Ahnung, was sie durchmacht? Leg sofort das Messer weg oder ich melde es dem Schulleiter!«

Kies spritzt unter meinen Schuhen, während ich in einen schnellen Laufrhythmus falle. Erst als das Tor mit den Raben und dem Pförtnerhaus vor mir auftaucht, wird mir bewusst, wohin mich meine Füße tragen. Der mit Bauschutt beladene Pick-up eines Handwerkers passiert gerade die geöffneten Flügeltüren. Zwei schwarz gekleidete Männer mit Maschinenpistolen springen aus dem Pförtnerhaus und gestikulieren mit beiden Armen in meine Richtung, aber ich bleibe nicht stehen, schlage einen Haken um sie und laufe noch schneller weiter, um ihnen zu entkommen. Meine Kondition ist erstklassig. Aidan hat hart mit mir trainiert.

Aidan.

Ich sprinte gegen den Schmerz in meiner Brust, höre ihre Schreie und Warnschüsse. In meinem Kopf schrillt die verzerrte Stimme meiner Mutter gegen aufheulende Alarmsirenen. Du musst besser sein als sie. Viel besser.

Nach etwa hundert Metern verlasse ich die Straße und kämpfe mich einen Hügel hinauf. Der Boden ist matschig, und als ich abrutsche und falle, zerreiße ich mir die Strumpfhose. Auf allen vieren krabble ich weiter nach oben. Unter mir liegt der River Lee. Gleich den dunkel glänzenden Schuppen einer Schlange windet er sich zwischen bräunlichem Gras und winterkahlen Bäumen. Abwärts zu laufen ist bei dem Matsch noch schwieriger.

Hinter mir höre ich einen dumpfen Schlag, gefolgt von einem lauten Fluch.

»Emma, verdammt, bleib stehen! Mach jetzt keinen Mist! Bitte!«

Endlich habe ich das Wasser erreicht. Was nun? Rechts oder links? Ich laufe nach links. Mein Blick streift etwas Schwarzes zwischen Büscheln von Gras direkt neben dem Ufer. Ein Schritt, noch einer, dann bleibe ich abrupt stehen, drehe mich um und hebe es auf: eine kleine Plastikkarte mit einem Foto.

»Aidan!«, keuche ich. Meine Beine geben nach und ich stürze auf die Knie.

Vorsichtig reibe ich den Schlamm von Aidans Schulausweis an meinem Rock ab. Callahan hat doch das ganze Gelände absuchen lassen und nirgends eine Spur gefunden. Ich starre auf den gurgelnden Fluss. Nein! Ein Schluchzen dringt aus meiner Kehle, schleudert weiße Angst in kalte Winterluft.