Black Stiletto 

Band 2 – Licht und Schatten


Raymond Benson


übersetzt von Peter Mehler





Copyright © 2012 by Raymond Benson
Die Originalausgabe erschien 2012 bei Oceanview Publishing, USA, unter dem Titel »The Black Stiletto: Black & White«.
Dieses Buch wurde vermittelt von der Literaturagentur erzähl:perspektive, München (www.erzaehlperspektive.de).


The original edition was published in 2011 at Oceanview Publishing, USA, under the title »The Black Stiletto: Black & White«.
This book was arranged by erzähl:perspektive Literary Agency, Munich (www.erzaehlperspektive.de)

 

 

Impressum


Deutsche Erstausgabe
Originaltitel: The Black Stiletto: Black & White
Copyright Gesamtausgabe © 2018 LUZIFER-Verlag
Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.

   

Cover: Michael Schubert
Übersetzung: Peter Mehler
Lektorat: Johannes Laumann

    

Dieses Buch wurde nach Dudenempfehlung (Stand 2018) lektoriert.

    

ISBN E-Book: 978-3-95835-290-2

    

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Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

1| Martin


Heute


Der altmodische 8mm-Projektor surrte, die Filmrollen drehten sich, und die brandneue Glühbirne warf flackerndes Licht an die leere Wand. Der Film war über fünfzig Jahre alt, deshalb war die Qualität nicht gerade berauschend. Und natürlich war der Film in schwarz-weiß.

Die Szene fand in einem Raum statt, so etwas wie ein Fotoatelier, denn der Vorhang im Hintergrund reflektierte das künstliche Studiolicht. Eine große Frau in einem schwarzen Kostüm lief ins Bild. Die Kamera stand weit genug entfernt, sodass man ihren gesamten Körper und die Größe des Raums erkennen konnte. Eine männliche Schaufensterpuppe in Straßenbekleidung stand ihr gegenüber. Sie nahm ihre Position ein, machte sich bereit, dann sprang sie in die Luft, trat mit dem rechten Stiefel nach vorn und der Schaufensterpuppe gegen die Brust. Der »Gegner« fiel nach hinten um und krachte auf den Boden. Die Frau landete leichtfüßig und sah in die Kamera. Die Maske bedeckte die obere Hälfte ihres Kopfes und ihres Gesichts. Der Kameramann zoomte für eine Nahaufnahme heran. Die dunklen Augen funkelten in den Löchern der schwarzen Ledermaske und ihr von Lippenstift bedeckter Mund formte ein süßes Lächeln. Sie sagte etwas zu dem Mann hinter der Kamera, aber da es ein Stummfilm war, verstand ich nicht, was sie sagte.

Da war sie. Die Black Stiletto. Unglaublich.

Nach einem Schnitt hatte die Frau wieder ihre Position eingenommen und die Schaufensterpuppe war wieder aufgerichtet worden. Dieses Mal zog sie ein Messer aus einer Scheide, die an ihrem rechten Oberschenkel befestigt war – ein Stiletto natürlich – und wechselte mit einem blitzschnellen Manöver vom Heft zu einem Griff an der Klinge. Dann warf sie die Waffe durch den Raum. Das Messer bohrte sich mitten durch die Kehle der Schaufensterpuppe. Wieder sah sie in die Kamera, schmunzelte und lachte über etwas, das der unsichtbare Kameramann sagte.

Es war einfach unglaublich. Abgesehen von der bizarren Aufmachung – der eng anliegenden schwarzen Lederjacke, dem Gürtel, den engen Hosen aus Leder, kniehohen Stiefeln, einem kleinen Rucksack und der Maske – war sie wirklich süß! Ihre quirlige Art strahlte selbst durch die Verkleidung hindurch. Sie hatte jede Menge Charisma.

Und sie war meine Mutter.

Ist sie immer noch.

Und ich beginne mich zu fragen, ob ich vielleicht nicht der Einzige bin, der das weiß.

Die alte kleine 8mm-Filmrolle war eine der Hinterlassenschaften, die meine Mutter zusammen mit einem Brief, in dem sie mir ihre Identität als Black Stiletto offenbarte, in einer Schatulle aufbewahrt hatte. Auf dem Film war »März 1959« vermerkt wurden, also nahm ich an, dass er zu dieser Zeit gedreht wurde. Es gab keinen Hinweis darauf, wer sich hinter der Kamera befand.

Fasziniert schaute ich weiter dem etwa fünf Minuten langen Filmmaterial zu. Im Zeitalter der digitalen Fotografie ist es gar nicht so einfach, einen 8mm-Projektor zu finden, aber ich konnte einen in einem Second-Hand-Laden in Palatine ergattern und stellte ihn in der Zurückgezogenheit meines Hauses in Buffalo Grove auf.

Obwohl ein paar alte, nicht gestellte Aufnahmen der Black Stiletto existierten, waren die meisten von Amateuren auf der Straße gefilmt worden – flüchtige Momentaufnahmen, in denen sie vorbeirannte oder irgendwo hinaufkletterte. Das hier war die erste echte, einigermaßen professionell inszenierte Aufnahme der berühmten Verbrechensbekämpferin aus der Nähe, die ich bislang zu Gesicht bekam. Vielleicht sogar die Einzige, die existierte.

Es ist erst ein paar Monate her, als ich die Überraschung meines Lebens überreicht bekam. Der Anwalt meiner Mutter, Onkel Thomas – er ist nicht wirklich mein Onkel, aber ich habe ihn immer so genannt, denn ich kenne ihn seit meiner Kindheit – hatte die Schatulle bis zu dem Zeitpunkt aufbewahrt, an dem meine Mutter unzurechnungsfähig wurde. Und das ist sie definitiv. Meine Mutter hat Alzheimer und wohnt derzeit in Woodlands North, einem Pflegeheim in Riverwoods, Illinois. Sie weiß kaum noch, wer ich bin, aber sie erkennt mich als jemanden, den sie liebt. Sie ist jetzt dreiundsiebzig. Ich bin beinahe neunundvierzig.

Ich heiße Martin Talbot. Der Name meiner Mutter ist Judy Talbot, geborene Cooper. Niemand außer mir – soweit ich das sagen kann – weiß davon, dass sie die legendäre und berühmt-berüchtigte Verbrechensbekämpferin namens Black Stiletto gewesen war, die zwischen 1958 und 1963 etwa in New York City und Los Angeles tätig war. Nachdem sie plötzlich scheinbar verschwand, wurde die Stiletto zum Stoff für Mythen und popkulturelle Phänomene. Niemand kannte ihre wahre Identität oder was aus ihr wurde, wenn man von der Flut an Black-Stiletto-Produkten absah, die seit den Achtzigern erschienen – Comicbücher, Actionfiguren, Halloweenkostüme und sogar ein Film in den Neunzigern mit der noch sehr jungen Angelina Jolie in der Hauptrolle.

Onkel Thomas wusste nicht, was sich in der Schatulle befand, die er mir vor einiger Zeit übergab. Sie können sich meine Überraschung vorstellen, als ich erfuhr, dass meine Mutter die Black Stiletto war. Zuerst konnte ich es nicht glauben. Das war komplett verrückt. Aber dann begann ich, unser altes Haus in Arlington Heights auszukundschaften – welches immer noch zum Verkauf steht – und fand ihr Kostüm und eine Reihe von Tagebüchern in einem geheimen Schrank im Keller. Ich las das erste Tagebuch, mit »1958« betitelt, und erfuhr, wie die vierzehnjährige Judy Cooper 1953 von ihrer Mutter, ihren Brüdern und einem gewalttätigen Stiefvater aus Odessa, Texas, davonlief. Schließlich landete sie in New York City, allein und ohne einen Penny. Dort freundete sie sich mit Freddie Barnes an, dem Besitzer eines Boxklubs im östlichen Greenwich Village, und zog in ein Zimmer über der Einrichtung. Sie arbeitete als Putzfrau, aber nach einer Weile begann Freddie ihr beizubringen, wie man boxte. Ein japanischer Trainer namens Soichiro unterwies sie in diversen Kampfkünsten, bevor Dinge wie Judo oder Karate der breiten Masse bekannt wurden. Ihr erster ernsthafter Freund, ein Mafioso namens Fiorello, zeigte ihr den Umgang mit Messern. Nach Fiorellos Ermordung wurde sie die Black Stiletto und bekämpfte von da an das Verbrechen in der Stadt auf eigene Faust. Den Gesetzeshütern gefiel das ganz und gar nicht. Es dauerte nicht lange, bis sie von der Polizei und dem FBI gesucht wurde. Davon unbeeindruckt bekämpfte sie jedoch während des Jahres 1958 gewöhnliche Ganoven, die Mafia und kommunistische Spione. Gegen Ende jenes Jahres unternahm sie eine Reise zurück nach Odessa, fand dort ihren Stiefvater, der sie vergewaltigt hatte – ein Mann mit dem Namen Douglas Bates – und übte ihre Rache.

Die Aktivitäten meiner Mutter sollten sogar noch Jahrzehnte später ihre Auswirkungen haben. Roberto Ranelli, ein Auftragsmörder der Mafia, wurde aus dem Gefängnis entlassen. Irgendwoher wusste er, dass meine Mutter die Black Stiletto war, und verfolgte sie bis in die Vorstädte Chicagos. Zum Glück war er bereits alt und nicht mehr bei bester Gesundheit. Obwohl er eine Immobilienmaklerin umbrachte, und versuchte, meine Mutter zu töten, schaltete sich eine verborgene Erinnerung meiner vom Alzheimer gezeichneten Mutter ein und wie auf wundersame Weise setzte sie den Killer in jenem Pflegeheim außer Gefecht. Aber es war sein schwaches Herz, das ihn umbrachte.

Ich bin noch immer dabei, die Geschichte meiner Mutter zu erforschen, aber ich hatte viel zu tun. Zur Zeit bin ich arbeitslos und musste den Sommer damit verbringen, mir eine neue Arbeit zu suchen. Außerdem musste ich mich um den Umzug meiner Tochter Gina nach New York kümmern, wo sie die Juilliard besuchen wird. Ich bin geschiedener Vater. Ginas Mutter, Carol, lebt noch hier in der Gegend, und ich denke, man kann sagen, dass wir gut miteinander auskommen. Ich war nicht allzu glücklich darüber, dass Gina nach New York gehen wird, um Schauspielerei und Tanz zu studieren, aber sie konnte mich schließlich davon überzeugen, dass sie ihrem eigenen Herzen folgen musste, und nicht meinem.

Jedenfalls hatte ich keinen freien Moment, um in die verbliebenen Tagebücher meiner Mutter einzutauchen. Gerade erst habe ich den 8mm-Projektor besorgt, um mir den mysteriösen Film anzusehen.

Zurück zu den flimmernden Bildern an meiner Wand. Die Black Stiletto »kämpfte« gegen die Schaufensterpuppe und stellte ihre Kampfkünste unter Beweis. Die arme Puppe musste einiges einstecken. An einer Stelle hieb sie dem Kerl mit einem Handkantenschlag im Karate-Stil gegen die Schulter, worauf hin sein Arm abfiel. Sie nahm ihre Hand vor den Mund, kicherte, drehte sich zur Kamera und formte die Worte: Tut mir leid. Es gab einen Zwischenschnitt, dann befand sich der Arm wieder an Ort und Stelle. Meine Mutter lachte noch immer. Sie hatte sichtlich ihren Spaß, aber man konnte trotzdem sehen, dass sie die Sache auch ein wenig lächerlich fand. Wann immer der Kameramann ihr Anweisungen gab, rollte sie mit den Augen. Ich schätze, die beiden waren allein in dem Studio.

Nach ein paar weiteren Einstellungen, in denen die Stiletto die Puppe mit Schlägen oder Tritten malträtierte oder auf sie einstach, gab es einen Schnitt, und plötzlich befanden wir uns außerhalb, an einer Straßenecke in Manhattan. Es war Nacht, und die einzige Beleuchtung kam von einer Straßenlaterne und einer Art Strahler, den der Filmemacher auf die Seite eines Gebäudes und die dort befindliche Feuertreppe gerichtet hatte. Aufgrund der schwachen Lichtverhältnisse war das Bild jetzt körniger als zuvor. Die Black Stiletto trat auf und warf ein Seil mit einer Art Enterhaken nach dem unteren Ende der Feuerleiter. Der Haken traf sein Ziel und sie zog die Leiter zur Straße hinunter. Dann wickelte sie das Seil schnell wieder auf, befestigte es an ihrem Gürtel und kletterte die Leiter zu der Plattform im zweiten Stockwerk hinauf. Der Filmer blieb am Boden und hob die Kamera, um ihr zu folgen. Sie glitt die Stufen zum dritten und dann zum vierten Stockwerk hinauf. Ihr Tempo war verblüffend. Sie bewegte sich wie eine Katze, grazil und geschmeidig. Als sie das fünfte Stockwerk erreicht hatte, kletterte sie die wenigen verbliebenen Zentimeter zum Dach hinauf, schwang ihr Bein darüber und sprang hinauf. Jetzt war sie ein kleiner schwarzer Umriss vor einem noch schwärzeren Himmel. Sie war kaum zu erkennen, aber man konnte sehen, dass sie der Kamera zuwinkte, bevor sie verschwand.

Der Film endete. Der Rest der Filmrolle entpuppte sich als leer. Ich war baff. Ich saß auf einer Goldmine, denn wer würde für ein solches Filmmaterial nicht das ganz große Geld locker machen? Aber andererseits würde ich dann offenbaren müssen, wo ich diesen Film herhatte. Ich bin nicht sicher, ob ich das tun kann, solange Mutter noch am Leben ist.

Ich wollte gerade aufstehen, um den Projektor anzuhalten, den Film zurückzuspulen und ihn mir noch einmal anzusehen – als plötzlich am Ende der Rolle noch eine weitere Szene begann. Dieses Mal saß die Stiletto in einem kleinen Zimmer vor einem Spiegel, umrahmt von hellen Glühbirnen. Vor ihr standen eine Reihe von Schminkutensilien. Eine Garderobe. Sie starrte in den Spiegel, legte noch etwas mehr Lippenstift auf und rückte ihre Maske zurecht. Anders als in den vorangegangenen Szenen schien sie die Kamera nicht zu bemerken, ignorierte sie völlig. Es schien, als würde sie nicht merken, dass sie in dieser Szene gefilmt wurde. Sie beugte sich nach vorn, weil sie mit etwas unzufrieden schien, und dann zog sie ihre Maske herunter. Judy Cooper gab sich dem Spiegel zu erkennen.

Meine Mutter. Einundzwanzig Jahre alt. Mein Gott, sie war wunderschön. Ihre langen schwarzen Haare, die sie unter der Maske zusammengewickelt hatte, fielen auf ihre Schultern. Sie trug etwas Mascara auf ihre Wimpern auf, begutachtete ihr Werk, und legte dann mit der einen Hand ihre Haare nach oben, während sie mit der anderen die Maske über ihren Kopf zog. Nachdem sie ihr Haar säuberlich unter der Maske versteckt hatte, richtete die Stiletto ihre Maske ordentlich auf ihrem Gesicht aus und stand auf.

Schnitt.

Der Film war nun wirklich zu Ende und rollte flatternd aus dem Projektor.

Das war ein erstaunliches geschichtliches Artefakt. Die Black Stiletto in Aktion, ganz aus der Nähe und höchstpersönlich. Das war aufregend und verstörend zugleich. Ich war begeistert, eine authentische Aufnahme der Frau zu besitzen. Was mir aber Sorgen bereitete, war jene letzte Szene. Man hatte sie ohne Maske erwischt, ihr Gesicht offenbart. Sie muss von dem Film gewusst haben, schließlich hatte sie die Filmrolle unter Verschluss, aber ich bin mir sicher, dass sie in diesem Moment in der Garderobe nicht bemerkt hatte, dass der Kerl sie filmte.

Ich fädelte den Film erneut ein und sah mir alles noch einmal an, versuchte Hinweise zu finden, wo man die Szenen gefilmt hatte oder wer der Kameramann gewesen sein mochte. Es gab keine Möglichkeit, das Gebäude zu identifizieren, außer dass es ein typisches fünfstöckiges New Yorker Stadthaus war, wie man es an jeder Ecke finden konnte. Die Straßenschilder waren nicht mehr im Bild, also konnte es überall in Manhattan sein.

Als der Film ein zweites Mal durchgelaufen war, stellten sich mir noch mehr Fragen. Bedeutete das, dass es noch mehr Menschen gab, die die wahre Identität der Black Stiletto kannten? Wer war der Kameramann? Warum hatte man diesen Film gedreht? Es musste einen Grund dafür geben.

Offensichtlich musste ich das zweite Tagebuch lesen – das aus dem Jahre 1959 – um diesen herauszufinden.

 

2| Judys Tagebuch 1959


Januar 1959


Liebes Tagebuch, ich bin noch immer ein wenig aufgewühlt wegen dem, was letzte Nacht geschehen ist. Die Black Stiletto hatte ihren ersten Auftritt in diesem Jahr, und einen ereignisreichen dazu. Ich habe kein Auge zu bekommen, als ich wieder zurück in meinem Zimmer war.

Aber bevor ich versuche, meine Gedanken diesbezüglich zu sammeln, werde ich dich erst einmal auf den neuesten Stand bringen.

Nach der großen alljährlichen Neujahrsfeier ließ ich es für ein paar Tage ruhig angehen; ich arbeitete nur im Gym und versuchte mich ansonsten von Ärger fernzuhalten, haha. In der Welt passieren gerade eine Menge Dinge. Alaska wurde in dieser Woche ein neuer Bundesstaat, also schätze ich, dass sie eine neue amerikanische Nationalflagge mit einem weiteren Stern dazu machen müssen. Außerdem hat Fidel Castro in Kuba die Kontrolle übernommen. Ich wusste, dass das passieren würde, und ich habe es dir ja gesagt, liebes Tagebuch. Ich hatte gehofft, dass meine Arbeit im letzten Jahr, als ich den kubanischen Spion entlarvte, etwas Gutes bewirken würde, aber das hat es wohl nicht. In den Zeitungen wird viel darüber spekuliert, welcher Seite Castro sich verpflichtet fühlen wird – Amerika oder Russland. Da er ein Sozialist ist, wird er sich wohl den Kommunisten anschließen. Das macht vielen Menschen Angst, zumal Kuba so nah ist.

Wie auch immer, jedenfalls fiel mir dann gestern die Decke auf den Kopf und ich entschied, auszugehen. Vielleicht lag es daran, dass ich diesen albernen Chipmunks-Weihnachtssong zum hunderttausendsten Mal im Radio gehört hatte. Vor ein paar Wochen fand ich den noch ganz niedlich, aber seitdem er auf Platz Eins ist, spielen sie ihn im Radio rauf und runter. Mittlerweile möchte ich diese Chipmunks am liebsten erwürgen! Zum Glück klettert der neue Song der Platters gerade in den Charts nach oben – »Smoke gets in your Eyes«, und das stimmt ja auch, oder?

Zu schade, dass Elvis gerade in der Armee ist. Ich vermisse neue Songs von ihm. In der Zwischenzeit bringen sie ein paar Titel von ihm heraus, die er früher aufgenommen hat, wie »One Night«, oder »I got stung«. Immer mehr Rock'n-Roll-Bands machen ihm Konkurrenz, und die meisten davon mag ich sehr. Buddy Holly, die Everly Brothers, Ritchie Valens. Und außerdem gibt es eine Menge neuer beliebter Sänger, die nicht ganz so wild sind, wie Frankie Avalon und Bobby Darin. Die sind in Ordnung, aber für mich gehen die ein wenig zu sehr auf »Nummer sicher« – anders kann ich es nicht beschreiben. Und ich höre mir öfter Frank Sinatra und Dean Martin an als früher. Letzte Nacht hat Freddie eine Schallplatte von einem Jazzmusiker namens Miles Davis aufgelegt. Er spielt Flügelhorn. Das fand ich ganz in Ordnung, war mal was anderes. Es ist interessant, denn die meisten Jazzmusiker sind Schwarze. Es gibt kaum Weiße, die Jazz spielen. Warum ist das so? Und das bringt mich zu letzter Nacht, denn zumindest der erste Teil der Geschichte hat mit Schwarzen zu tun.

Draußen war es nass und kalt, schließlich haben wir Januar, also zog ich mein warmes Stiletto-Outfit an und ging auf die Straße. Schätze, ich wollte mich auf die Suche nach einem Verbrechen machen, wie ich das immer tue, aber ich hatte nicht viel Hoffnung, auf eines zu stoßen. Ich meine, am liebsten wäre es mir, wenn es gar kein Verbrechen gäbe. Wäre das nicht toll, wenn die Menschen überall sicher vor Verbrechern wären? Aber ich weiß, dass das in einer Million Jahren nicht passieren wird, und da war ich also, stürmte über die Dächer und hinunter in die dunklen Winkel der Straßen, um die Nacht zu beobachten.

Es war gegen 23:30 Uhr, und ich befand mich im West Village. Mir war nichts Ungewöhnliches aufgefallen, also entschied ich, nach Hause zu gehen und aus der Kälte zu kommen. Ich hielt mich außerhalb der Straßenlaternen zwischen den Gebäuden auf der 7th Avenue bereit und wartete darauf, dass sich der Verkehr etwas lichtete und ich über die Straße nach Osten spurten konnte. Ganz in der Nähe befindet sich ein Jazz Klub namens Village Vanguard, allem Anschein nach ist der weithin berühmt, eine New Yorker Institution. Jedenfalls kam ein schwarzes Pärchen heraus, ein junger Mann und eine Frau. Beide ungefähr um die zwanzig. Kaum älter als ich. Er hatte seinen Arm um sie gelegt und beide lachten. Sie sahen reizend aus und hatten allem Anschein nach ein Date. Hatten sich wohl in dem Klub ein wenig Musik angehört, aber sonst kam weiter niemand heraus. Ich war vielleicht 4 oder 5 Meter von ihnen entfernt, weshalb mein besonderes Gehör ihre Stimmen aufschnappte. Er sagte so etwas wie: »Wenn wir ein Taxi kriegen, kann ich dich noch rechtzeitig nach Hause bringen.« Und sie antwortete: »Mein Paps wird uns umbringen, wenn wir zu spät kommen.« Sie mussten die Show wohl vorzeitig verlassen haben, weil sie zu einer bestimmten Zeit zuhause sein sollte.

Der junge Mann stand also mit erhobenem Arm am Bordstein, du weißt schon, so wie man eben ein Taxi ruft. Mehrere leere Taxen fuhren vorbei, aber keines hielt an. Die beiden taten mir leid. Seitdem ich in New York lebe, werden mir die Vorurteile, die gegenüber Schwarzen existieren, immer mehr bewusst.

Als ich in Odessa aufwuchs, machte ich mir darüber keine Gedanken. Unten im Süden nannten wir sie »Farbige«. Ich muss mich selber zwingen, »Schwarze« zu sagen, denn das ist höflicher. Die Schwarzen in Odessa lebten allesamt südlich der Bahngleise, gar nicht weit von uns entfernt, und deshalb war ich an sie gewöhnt. Ich weiß, dass sich eine Menge weißer Leute in Texas nicht um die Farbigen scheren und manchmal hörte ich meine Brüder »Nigger« sagen, aber ich selber benutzte dieses Wort nie. Ich wusste, dass das nicht nett war. Ich habe gehört, wie Weiße dieses Wort hier in New York benutzt haben und über Schwarze sprachen, als ob sie Menschen zweiter Klasse wären.

Zum Glück ist Freddie keiner von diesen Typen. Er lässt Schwarze in seinen Boxklub. Als ich nach New York kam, hatte ich den Eindruck, dass die meisten Fitnessstudios genauso nach Rassen getrennt waren wie jeder andere Ort auch. Aber eine Menge Schwarze sind Boxer, also denke ich, dass das nicht ungewöhnlich ist. Ins Second Avenue Gym kamen tatsächlich alle Rassen. Weiße, Schwarze, Mexikaner und Lateinamerikaner aus Kuba oder Puerto Rico. Ich bin es also gewohnt, von allen möglichen Hautfarben umgeben zu sein. Das sind alles nur Menschen.

Egal, während ich also das bedauernswerte Pärchen dabei beobachtete, wie es auf ein Taxi wartete, fiel mir wieder all das ein, was ich in letzter Zeit in den Zeitungen über eine Rede eines schwarzen Predigers namens Martin Luther King Jr. bezüglich der Bürgerrechte gelesen hatte. Der Mann hat immer Schwierigkeiten mit weißen Leuten. Obwohl es eigentlich anders herum ist. Die Weißen machen immer ihm Schwierigkeiten. Ich erinnere mich noch gut an den letzten Herbst, als er hier in New York war, um sein Buch Strike Toward Freedom zu promoten – das ich im Übrigen gelesen habe – und man ihm in einem Kaufhaus in Harlem ein Messer in die Brust rammte. Die Ironie an der Sache war, dass die Täterin eine farbige Frau war. Es hieß, sie sei eine geistig verwirrte obdachlose Landstreicherin gewesen. Soweit ich weiß, hat man sie in eine psychiatrische Anstalt eingewiesen. Dr. King überlebte, Gott sei dank. Aber überall in den Städten gibt es rassenbedingte Unruhen; Pulverfässer, die jederzeit explodieren können. Ich gebe den Schwarzen nicht die Schuld für die Stimmung. Sie hatten es in all den Jahren schwer genug. Sie wollen nichts weiter, als gleich behandelt zu werden. Ich verstehe das. Warum dann nicht auch die anderen?

Ich stand da also im Dunkeln und bedauerte die beiden, als diese drei weißen Männer die Straße herunterkamen. Alle Ende zwanzig oder Anfang dreißig, schätze ich. Sie schienen betrunken zu sein, denn sie redeten und lachten laut, rempelten sich an und markierten den starken Mann. Sie sahen das farbige Pärchen am Straßenrand stehen und einer der Männer rief: »Hey, seht euch die Nigger an! Die versuchen, ein Taxi zu bekommen. Viel Glück, Nigger!« Ich hasse das Wort und mag es nicht aufschreiben, aber das war es, was sie sagten. Die Männer lachten, als wäre es das Lustigste, das sie je gehört hatten. Der Freund versuchte, sie zu ignorieren, aber ich konnte sehen, dass die junge Frau anfing, nervös zu werden, je näher die weißen Männer kamen. Sie zog ihr Date am Ärmel und sagte: »Komm schon, lass uns die U-Bahn nehmen.« Er erkannte, dass ihr Vorschlag nicht einer gewissen Klugheit entbehrte, und nickte. Also begannen sie, auf mich und dem Eingang der U-Bahn an der 7th Avenue zuzulaufen. Doch dann stellten sich ihnen die drei Unruhestifter in den Weg,

»Was hast du hier verloren, schwarzer Mann?«, fragte einer von ihnen. »Harlem ist ziemlich weit von hier!« Er ließ es so klingen, als sei Harlem ein besonders widerwärtiger Ort. Unglücklicherweise war die Straße wegen des schlechten Wetters wie leer gefegt. Es war niemand in der Nähe, der sich für das Paar hätte einsetzen können. Die drei fuhren damit fort, das Pärchen zu verhöhnen, und drängten sie immer mehr gegen das Gebäude. Einer der Männer gab dem Farbigen einen Schubs. Da hielt ich es nicht mehr aus. Ich trat aus dem Schatten und gab mich zu erkennen.

»Aufhören«, sagte ich. »Lasst sie in Ruhe!«

Die drei Ganoven wirbelten herum; und meine Herren, die staunten nicht schlecht.

»Seht mal, das ist sie!«

»Die Black Stiletto!«

Sie wussten nicht, ob sie sich darüber freuen sollten, mir leibhaftig begegnet zu sein, oder sich darüber ärgern, dass ich ihnen ihren Spaß verdorben hatte.

»Warum verdünnisiert ihr euch nicht besser und lasst das reizende Paar in Ruhe?«, fragte ich.

Der junge Mann und die junge Frau standen nur mit weit aufgerissenen Augen und offenem Mund da, halb verängstigt, halb bewundernd.

»Macht schon«, forderte ich sie auf. »Verschwindet von hier.«

Da machte der Anführer des Trios einen Schritt auf mich zu. »Wer bist du denn, etwa eine Nigger-Freundin?«, schnauzte er mich an.

Tja, das mochte ich ganz und gar nicht. Ich verlor die Beherrschung. Blitzschnell war ich bei ihm und hieb dem Mann mit der flachen Hand ins Gesicht, bevor der auch nur reagieren konnte. Ich hatte wirklich nicht vor, eine Schlägerei anzuzetteln. Ich wollte dem Kerl einfach nur eine Lektion erteilen, du weißt schon, so wie ein Lehrer einen ungezogenen Schüler zur Raison bringt.

»Und jetzt mach die Biege und verschwinde!«

Das hatte der Mann nicht erwartet. Er sah rot: »Warum, du Schlampe?!«, schrie er und ging mit fliegenden Fäusten auf mich los. Ich konnte die Schläge aber leicht abwehren, und dann verpasste ich ihm einen starken rechten Haken gegen seinen Kiefer. Er fiel auf den Gehweg.

Dann zog einer der anderen Kerle ein Schnappmesser hervor und ließ die Klinge herausspringen. Damit fuchtelte er bedrohlich herum, bereit anzugreifen.

Ich zog mein Stiletto, welches natürlich größer und angsteinflößender aussah. »Du willst dich wirklich mit mir anlegen?«, fragte ich ihn.

Doch er ließ sich davon nicht einschüchtern. Er ließ die Klinge hin und her sausen und ging ohne viel Feingefühl auf mich los, weshalb ich ihm mühelos die Waffe aus der Hand trat. Er schrie vor Schmerz und sprang zurück, bevor ich ihn mit meinem Messer treffen konnte. Was ich auch nicht getan hätte, aber er dachte, dass ich es tun würde.

Der dritte Typ musste der Cleverste von ihnen gewesen sein, denn er rief seinen gedemütigten Kameraden zu: »Los, lasst uns abhauen!«

»Ich lass mich doch nicht von so einem Freak überwältigen!«, heulte der erste Kerl. Leichtsinnig griff er an. Diese Punks waren alles Angeber. Sie hatten die große Klappe und spielten sich auf, aber sie hatten keine Disziplin und kein Training. Ich wich dem wütenden Großmaul seitlich aus und sein Angriff ging ins Leere. Er stürmte wieder auf mich los, und dieses Mal rammte ich ihm mein Knie in den Magen. Uff. Das trieb ihm die Luft aus der Lunge. Für einen Moment schwankte er, dann fiel er rückwärts in die Arme des dritten Typs, der ihn anflehte: »Komm schon, Wayne, lass uns abhauen!« Er und der zweite Kerl bekamen es jetzt mit der Angst. Sie hievten ihren nach Luft japsenden Freund auf, und mit eingezogenen Schwänzen zog das Trio von dannen.

Ich drehte mich zu dem Pärchen um, dass schlotternd vor mir stand. Ob vor Angst oder der Kälte konnte ich nicht sagen.

»Seid ihr beiden in Ordnung?«

Der junge Mann nickte: »Danke sehr.«

Auch die Frau ergriff das Wort: »Ja, vielen Dank. Sind Sie wirklich die Black Stiletto?«

Ich zuckte mit den Achseln: »Wann sollst du wieder Zuhause sein?«

»Um Mitternacht. Das ist in zehn Minuten!«

»Wartet hier.« Ich trat an den Bordstein, hob einen Arm und pfiff so laut ich konnte. Sofort hielt ein Taxi bei mir an. Dem Fahrer fiel die Kinnlade herunter, und er starrte mich an, als wäre ich so eine Art Geist. Ich griff in meinen Rucksack und holte etwas von dem Bargeld hervor, das ich bei mir trug. Zwanzig Dollar. Das war mehr als genug. Ich winkte das Pärchen heran und öffnete für sie die Hecktür. Die zwanzig Dollar gab ich dem Fahrer und fragte: »Sie haben doch kein Problem damit, diese netten Leute nach Harlem zu bringen, oder?«

»Nein, Ma'am!«, antwortete er.

»Gut. Und beeilen Sie sich. Ich habe Ihre Taxinummer und ich komme dahinter, wenn den beiden etwas passieren sollte. Verstehen wir uns?«

Der Fahrer nickte. Seine Kinnlade stand noch immer offen.

Das Paar stieg ein und bedankte sich noch einmal bei mir. Ich warf die Tür zu und gab dem Heck des Taxis einen Klaps, als wäre es ein Pferd. Der Fahrer fädelte sich in den Verkehr ein und weg waren sie.

Das hatte sich richtig gut angefühlt. Ich hatte noch nie zuvor zwanzig Dollar so gut angelegt.

Aber das war es nicht, was mich aufrüttelte und für meine schlaflose Nacht gesorgt hatte. Das passierte als Nächstes, als ich mich auf dem Rückweg zum Gym befand.

Es geschah im Washington Square Park. Hier und da liefen ein paar Leute herum, aber ansonsten war der Park größtenteils menschenleer. Es fing plötzlich an zu schneien, und das war einfach herrlich. Ich bin jetzt nicht unbedingt wild nach den Wintern in New York, aber wenn es schneit, hat das etwas Magisches. Ich fühlte mich gut, nachdem ich dem Pärchen geholfen hatte, also lief ich in den Park hinein und ließ den Schnee um mich herum hinabfallen. Ich wollte tanzen und singen und mich im Kreis drehen, als tat ich das. Ein paar Passanten blieben stehen und deuteten mit den Fingern auf mich. Tatsächlich, da war die Black Stiletto! Und was tat sie? Tanzte im Schneefall mit einem unsichtbaren Partner. Die mussten gedacht haben, ich sei irre. Ich lachte laut und winkte ihnen zu. Ein paar von ihnen winkten zurück.

Und dann fiel der Schuss.

Ich spürte, wie die Hitze des Geschosses bedrohlich nahe links an mir vorbei pfiff. Ich ließ mich sofort auf den Gehweg fallen und presste mich flach auf den Boden. Meine Augen suchten die Umgebung des Parks nach dem Schützen ab. Ein Mann in einem schweren Mantel kam durch den Triumphbogen auf mich zugelaufen. Er hielt den Arm ausgestreckt, und seine Hand hielt eine Pistole, die auf mich gerichtet war. Während er lief, feuerte er ein zweites Mal. Die Kugel schlug in den Beton neben meinem Kopf, kleine Brocken stoben in mein Gesicht.

Ich stand auf und lief los.

Ich wusste nicht, ob er allein war oder Freunde mitgebracht hatte. Ich wollte kein Risiko eingehen. Denn obwohl er mich zweimal verfehlt hatte, schien er im Umgang mit der Waffe geübt zu sein. Offenbar eine halbautomatische Waffe.

Ein weiterer Schuss traf die Parkbank direkt vor mir. Ich überquerte die 4th Street und sprintete zur Thompson Street. Mit Gebäuden östlich und westlich von mir war ich sicherer. Ich huschte in einen unbeleuchteten und geschlossenen Ladeneingang, kauerte mich in die Dunkelheit und beobachtete meinen Verfolger. Er war am südlichen Ende des Parks angekommen und gerade dabei, die 4th zu überqueren. Er war allein. Obwohl er zu weit entfernt war, um es mit Sicherheit sagen zu können, war ich ziemlich sicher, dass ich ihn noch nie zuvor gesehen hatte. Aber da war etwas an seinem Auftreten, das »Gangster« rief. Ich hatte mit diesen Mafia-Typen genug zu tun gehabt, als ich noch mit Fiorello zusammen war. Seitdem witterte ich die Kerle aus einer Meile Entfernung. Lässt sich schwer beschreiben – das ist eine Art Grundkörperhaltung, zusammen mit der Art, wie sie sich kleiden. Und wer außer einem Undercover-Cop oder einem Gangster würde sonst mit einer Knarre in New York herumlaufen? Und der Typ war kein Undercover-Cop.

Sobald er die Kreuzung 4th und Thompson erreicht hatte, hielt er an. Er spähte die Straße hinunter, sah mich aber nicht. Ich war gut im Schatten hinter einer Reihe von Mülltonnen versteckt – doch dann blieb mein Herz beinahe stehen. Im frisch gefallen Schnee sah ich meine Schuhabdrücke. Die Straße und die Gehwege waren leicht überzuckert; meine Fährte überdeutlich, und sie führte genau dorthin, wo ich mich versteckt hielt.

Der Schütze bemerkte die Spuren ebenfalls. Er hob von da, wo er stand, die Pistole und gab drei Schüsse ab – zwei trafen eine der Mülltonnen, die dritte zerschlug eine Schaufensterscheibe hinter mir. Scherben regneten auf mich herab. Mit der Waffe direkt auf mich gerichtet kam er näher. Es gab keine Möglichkeit, wegzulaufen. Ich konnte ihn auch nicht angreifen, so lange er nicht weiter heran war. Wenn er genug Abstand hielt, konnte er ewig Zielschießen mit mir spielen, oder zumindest so lange, bis ihm die Munition ausging. Angesichts der Tatsache, dass er eine halbautomatische Pistole besaß und bestimmt mehrere Reservemagazine in der Tasche hatte, standen die Chancen ziemlich gut für ihn, mich früher oder später zu erwischen.

Nun, so leicht würde ich es ihm aber nicht machen. Ich hob eine Mülltonne an – voller übelriechendem Abfall – und warf sie nach ihm. Es machte ein fürchterliches Getöse, als sie auf die Straße krachte und herumrollte. Er schoss reflexartig auf die Tonne, war kurz abgelenkt, und ich konnte mich aufrichten, mein Stiletto ziehen und es nach ihm werfen. Der Abstand zwischen uns betrug zehn oder zwölf Meter, aber ich hatte genug Übung mit Zielen in dieser Entfernung.

Die Klinge bohrte sich in seine Schulter.

Der Mann schrie auf. Sein Arm schnellte nach oben und er feuerte einen unkontrollierten Schuss ab, der das Gebäude hinter mir traf. Aber er ließ seine Waffe nicht fallen. Ich machte einen Satz zur Seite, denn der Mistkerl hatte seine Zielsicherheit wiedererlangt und feuerte eine ganze Salve von Schüssen ab. Die Dunkelheit rettete mir das Leben. Ich rollte mich nach hinten ab und verschwand im dunklen Kellereingang eines Hauses direkt neben dem Ladengeschäft. Dort kauerte ich mich zusammen und hielt den Kopf unterhalb der Höhe der Straße. Der Gangster hörte auf zu schießen. Ich wusste, dass er nachsehen wollte, ob er mich getroffen hatte. Nach ein paar nervenaufreibenden Sekunden der Stille hörte ich ihn näherkommen. Er betrat den Gehweg und hielt an. Ich konnte seine Verwirrung förmlich vor mir sehen – wo steckte sie nur? Sie war doch eben noch hier!

Dann knipste jemand in dem Haus das Licht an. Der Lichtschein fiel über den gesamten Gehweg – und natürlich auch auf mich.

Die ganze Zeit, die ich im Turnunterricht verbracht hatte, machte sich nun bezahlt. Ich legte die Hände auf den Gehweg über mir, stieß mich mit den Füßen ab und schwang meinen Körper hinauf, so wie ich es Jahre zuvor auf dem Stufenbarren getan hatte. Er stand direkt vor mir. Mit den Händen flach auf dem Boden schwang ich meine Beine parallel zum Gehweg nach ihm und traf sein Schienbein. Er schrie vor Schmerz, stürzte, aus seiner Waffe löste sich ein letzter zielloser Schuss, bevor er sie fallen ließ. Ich denke, ich habe ihm wohl das Bein gebrochen.

Schnell sprang ich auf die Füße, trat die Pistole einige Meter weit weg und stellte mich über ihn. Er wand und krümmte sich mit schmerzverzerrtem Gesicht am Boden und hielt seinen Unterschenkel umklammert. Das Heft meines Stilettos ragte aus seiner rechten Schulter. Sein Mantel war mit Blut durchtränkt.

Das Geräusch heulender Sirenen näherte sich. Ich schätze, die Schüsse hatten wohl die Cops alarmiert. Mir blieb nicht viel Zeit. Ich wollte längst weg sein, wenn sie hier eintrafen. Die Polizei in der Stadt würde nichts lieber tun als die maskierte Rächerin fangen, die sie für so eine Bedrohung hielten. Völlig egal, dass sie eigentlich eine von den Guten war.

Ich drückte dem Mann die Sohle meines Stiefels auf die Brust und legte mein Gewicht darauf.

»Wer sind Sie?«, knurrte ich durch die Zähne. Seine Augen waren voller Angst. Er wusste, dass er die Schlacht verloren hatte. »Warum haben Sie auf mich geschossen? Antworten Sie mir!« Ich bohrte den Absatz in sein Brustbein. Er zuckte zusammen und grunzte.

Die Sirenen wurden lauter. Sie würden jeden Moment hier sein.

»Da ist ein Kopfgeld … auf Sie ausgesetzt«, murmelte er keuchend. »Eine sehr große … Belohnung.«

»Ein Kopfgeld? Auf mich? Von wem?«

Die Spur eines Lächelns erschien in seinem Gesicht. »DeLuca. Weil Sie … seinen Bruder getötet haben.«

Das ergab Sinn. Der neue Boss der Mafia, Franco DeLuca, wollte den Tod seines Bruders Don Georgio rächen. Aber ich hatte ihn nicht umgebracht! Okay, liebes Tagebuch, ich wollte ihn umbringen, dafür, dass er den Befehl gegeben hatte, Fiorello zu beseitigen, aber der fette Bastard brach sich das Genick, bevor ich es tun konnte. Er wollte mich erschießen, und ich nahm ihm die Waffe ab. Ich konnte nichts dafür, dass er das Gleichgewicht verlor, stürzte und sich den Kopf an dem Tisch anstieß. Ich hatte sogar einen Krankenwagen gerufen. Aber trotzdem ging man davon aus, dass ich für seinen Tod verantwortlich war.

Unter meiner Maske begannen meine Ohren zu jucken. Die Sirenen waren mittlerweile wirklich laut. Die Streifenwagen bogen gleich um die Ecke.

Ich zog mein Stiletto aus der Schulter des Typen. Er schrie. Tut mir sehr leid, mein Herr. Dann nahm ich den Fuß von ihm herunter und lief los. Ich sah mich um – mehrere Fußgänger aus dem Park standen am nördlichen Ende der 4th Street und starrten zu mir herüber. Jede Menge Augenzeugen. Aber das ließ sich nicht ändern.

Im gleichen Augenblick bogen zwei Polizeiautos mit flackernden Lichtern und lautstarken Sirenen um die Ecke. Ich spurtete auf der Thompson gen Süden und bog auf der 3rd Street links ab. Ich denke nicht, dass sie mich gesehen hatten, denn niemand verfolgte mich. Die Cops interessierten sich offenbar mehr für den Typen, der mit einem gebrochenen Bein und einer Messerwunde auf der Straße lag.

Ich hielt mich im Dunklen, ließ mir Zeit und begab mich langsam zur Second Avenue und 2nd Street in die behagliche Sicherheit meines Zimmers über dem Studio. Was nicht heißt, dass ich schlafen konnte. Den Rest der Nacht lag ich im Bett, warf mich herum, und durchlebte die Ereignisse jenes Abends.

Manchmal ist der Kampf gegen das Verbrechen nicht so spaßig, wie er sein sollte.

 

3| Judys Tagebuch 1959


Januar 1959


Ich dachte, ich schreibe heute Morgen ein paar Zeilen, bevor ich ins Gym arbeiten gehe.

Gestern Abend habe ich Lucy in ihrem Appartement besucht, und wir haben ferngesehen. Das mache ich in letzter Zeit öfter, seit sie aus meiner Bude ausgezogen ist und sich ihre eigene Wohnung genommen hat. Ihr geht es jetzt schon viel besser. Ihre Verletzungen sind gut verheilt. Sie ist seelisch noch etwas angeschlagen und möchte nicht in dem Prozess gegen Sam aussagen, aber der Staatsanwalt meint, dass es keinen Prozess gegen ihn geben wird, wenn sie nicht aussagt. Ich sagte ihr, dass sie es tun muss. Sie kann Typen, die wie Sam Duncan Frauen verprügeln, nicht einfach damit davonkommen lassen.

Letzte Woche ging sie schließlich wieder im Diner arbeiten. Manny hat sie auf Teilzeit gesetzt, solange sie es braucht, aber sie scheint klarzukommen. Ich wette, dass sie bis zum Ende des Monats wieder Vollzeit arbeiten wird.

Die gute Nachricht ist, dass sie sich oft mit diesem Anwalt, Peter Gaskin, trifft. Während der Silvesterfeier verriet sie mir, dass er sie wahrscheinlich fragen wird, ob sie ihn heiraten will, aber bislang hat er das noch nicht. Ich sagte ihr, sie solle nichts überstürzen. Aus meiner Erfahrung (der wenigen Erfahrung, haha) weiß ich, dass die ersten ein, zwei Monate einer Beziehung ziemlich intensiv sein können. Aber was sage ich, dass weiß sie auch. Sie hat mehr Erfahrungen mit Beziehungen als ich. Schließlich ist sie auch sechs Jahre älter.

Also war ich bei ihr und wir schauten zusammen fern. Wir mögen in etwa die gleichen Sendungen, auch wenn sie kein so großer Fan von Alfred Hitchcock Presents ist wie ich. Wir mögen lustige Sachen wie I Love Lucy und Milton Berle. Und bei Candid Camera, der Show mit der versteckten Kamera, lachen wir uns kringelig. Letztens schauten wir eine Westernserie namens Rawhide – Tausend Meilen Staub, die neu anlief. Ed Sullivan ist nach wie vor eine feste Größe, und mir gefallen die Musiker, die er in seiner Show zu Gast hat. Meistens schaue ich das Zuhause mit Freddie.

Letzte Nacht sahen wir uns What's My Line – Wer bin ich an. Während der Werbepause nahm ich die Daily News zur Hand, und mein Blick fiel auf das unsägliche Phantombild der Black Stiletto auf einer der Innenseiten. In dem Artikel wurde behauptet, dass ich in alle Arten von Verbrechen in der Stadt verwickelt sei – Einbrüche, Angriffe auf Passanten und sogar Mordfälle – alles natürlich nur erstunken und erlogen. Ich spürte, wie mir das Blut hochkochte, während ich diesen Unsinn las. Der Police Commissioner wurde wieder mit den Worten zitiert, dass ich eine »Bedrohung« und »gefährlich« sei. Die gesamte Polizeitruppe hätte den Befehl, mich dingfest zu machen oder wenn es sein musste auch auf mich zu schießen.

Meine Güte, die Cops sind hinter mir her, das FBI ist hinter mir her und die Mafia ist hinter mir her. Ich schätze, ich bin derzeit wohl nicht die heißeste Partie, die man haben kann, haha.

»Es wird immer schlimmer mit dem Verbrechen in der Stadt«, sagte Lucy. Sie musste wohl mitbekommen haben, was ich las.

»Sieht ganz danach aus«, antwortete ich.

»Glaubst du, dass sie wirklich helfen will?«

»Wer?«

»Die Black Stiletto.«

»Natürlich will sie das. Ich glaube kein Wort von dem, was hier steht. Sie begeht keine Verbrechen, sie verhindert sie.«

»Bis du dir da sicher? Warum sollten sie das drucken, wenn es nicht die Wahrheit ist?«

Ich legte die Zeitung ab. »Lucy, sag mir nicht, dass du alles glaubst, was in der Zeitung steht.«

»Na ja, das muss doch stimmen, oder? Warum sollten die Zeitungen lügen?«

»Komm schon, die Black Stiletto hat deinen Ex-Freund geschnappt, schon vergessen? Den Typen, der dich zusammengeschlagen und beinahe dem Tod überlassen hat. Sie hat ihn einer gerechten Strafe zugeführt. Wie kannst du so von ihr denken?«

»Vielleicht ging es ihr nur um die Publicity.«

Ich war schockiert. Ich konnte es nicht fassen, dass Lucy so über die Frau dachte, die sie gerächt hatte. Mich. Aber das konnte ich natürlich nicht sagen.

»Du erstaunst mich, Lucy. Ich dachte, du mochtest die Black Stiletto. Du hast mir einmal gesagt, dass du sie bewunderst. Wie kannst du so undankbar sein?«

Sie sah mich verwundert an: »Was stimmt mit dir nicht? Warum verteidigst du sie?«

»Weil ich denke, dass sie mutig ist und der Stadt einen Dienst erweist. Was stimmt mit dir nicht?«

»Gar nichts! Ich sage nur, dass sie vielleicht nicht so grundgut ist, wie ich dachte.«

Ich spürte, dass ich langsam wütend wurde, und musste mich beruhigen. Schließlich wollte ich nicht, dass sie Verdacht schöpfte.

»Ich muss los«, sagte ich und begann meine Handtasche und meinen Kram einzusammeln.

»Judy, was ist los? Wieso bist du so wütend?«

»Ich bin nicht wütend. Mir ist nur gerade eingefallen, dass ich im Studio noch etwas zu erledigen habe.«

»Dich hat irgendwas auf die Palme gebracht. Außerdem ist die Show noch nicht zu Ende.«

»Das macht nichts. Wir sehen uns später.«

Und so machte ich mich ohne viele Worte davon. Ja, ich war wütend auf sie. Sie hatte schlecht über mich geredet, es mir direkt ins Gesicht gesagt, aber natürlich konnte sie das nicht ahnen. Das nächste Mal würde ich mich bei ihr dafür entschuldigen, aber im Moment hätte sich sie am liebsten geschüttelt. Es scheint, als würde sie nicht wahrhaben wollen, was mit ihr passierte. Wer weiß, wen Sam noch alles verletzt hätte, wenn die Stiletto ihn nicht hochgenommen hätte. Wahrscheinlich hätte er sie noch einmal besucht, um seinen Job zu Ende zu bringen, damit sie ihn nicht verriet.

Wieder einmal saß ich aufgewühlt in meinem Zimmer und konnte nicht schlafen. Mir ging alles Mögliche durch den Kopf und ich konnte mich nicht beruhigen. Ich war deprimiert. Nach der letzten Nacht, als dieser Gangster versucht hatte, mich zu töten, und ich herausfand, dass Franco DeLuca meinen Kopf wollte, und dann diesen Artikel in der Zeitung lese musste, dass ich nichts anderes als eine gewöhnliche Kriminelle war, stellte ich meine Aktionen in Zweifel. Tat die Black Stiletto wirklich das Richtige? Warum bekam ich nicht mehr Unterstützung in der Öffentlichkeit? Es ergab keinen Sinn. Man sollte annehmen, dass die Polizei froh darüber sein musste, wenn ihnen jemand dabei half, die Bösen zu fangen. Ich meine, Superman hatte dieses Problem in den Comics ganz sicher nicht! Die Leute liebten Superman und Batman. Aber die existierten nicht. Wahrscheinlich konnten die Leute keinen Kämpfer gegen das Verbrechen akzeptieren, der eine Verkleidung trug aber keine »Superkräfte« besaß. Sicher, ich kann besser hören, riechen und sehen als die meisten anderen Menschen, und ich kann kämpfen, aber ich bin normal. Ich bin ein Mensch. Aber nach Ansicht der Daily News bin ich nichts weiter als ein gemeiner Dieb.

Also frage ich mich – wenn mich alle wirklich hassen, wozu dann die Mühe? Sollte die Black Stiletto ihre Verkleidung an den Nagel hängen und verschwinden?

Ich muss zur Arbeit. Freddie ruft nach mir.


Später


Ich habe noch die Telefonnummer von diesem FBI-Typen. Richardson. Seinen Vornamen kenne ich immer noch nicht. Seitdem wir diese kurzen Gespräche am Telefon hatten, denke ich hin und wieder an ihn. Er hörte sich nach einem netten Kerl an. Außerdem hatte er angedeutet, dass er das, was ich tat, nicht für eine schlechte Sache hielt. Aber er ist ein FBI-Agent, also was weiß ich schon? Wahrscheinlich will auch er mich fangen.

Nach der Arbeit lief ich zu einem Münzfernsprecher und rief ihn an. Ich mache als Stiletto nie Anrufe aus dem Studio, weißt du? Sie können Telefonanrufe zurückverfolgen. Ich weiß nicht, wie das funktioniert, aber ich habe davon gelesen. Wie auch immer, da ich die Direktwahl zu seinem Büro besaß, dachte ich, ich wünsche ihm ein gesundes neues Jahr.

Es war noch nicht ganz 17 Uhr, also hoffte ich, dass er noch auf Arbeit war. War er.

»Special Agent Richardson«, meldete er sich.

»Ein gesundes neues Jahr, Special Agent Richardson«, sagte ich zuckersüß. »Ich wusste gar nicht, dass Sie ein Special Agent sind. Was macht Sie denn so special

Er brauchte einen Moment, bis er mich erkannte: »Stiletto? Sind Sie das?«

»Ich bin's. Wie geht es Ihnen? Hatten Sie schöne Feiertage?«

Ich hörte ihn kichern. »Es überrascht mich, von Ihnen zu hören. Ist schon eine Weile her.«

»Ich habe seit einem Jahr nicht mehr mit Ihnen gesprochen, Mr. Richardson! Es war 1958, als wir uns das letzte Mal unterhielten.«

»Das stimmt.«

»Wie heißen Sie eigentlich mit Vornamen?«

»John.«

»John Richardson.« Das wiederholte ich einige Male. »Das ist ein schöner Name, John Richardson.«

»Sagen Sie mir jetzt Ihren Namen?«

»Haha, netter Versuch, John. Ich sage Ihnen was, Sie können mich Eloise nennen.«

»Eloise? Diesen Decknamen haben Sie schon einmal benutzt.«

»Ihr Typen vom FBI wisst aber auch alles, oder?«

Ich konnte kaum fassen, dass ich gerade mit einem Bundesagenten flirtete. Ich kannte ihn ja noch nicht einmal. Ich versuchte, mir ausmalen, wie er aussah, und stellte mir einen gut aussehenden, adretten Mann in einem Anzug vor. Wahrscheinlich in körperlich guter Verfassung und um die dreißig herum. In so jemanden könnte ich mich verlieben. Könnte ich wirklich. Wenn er nicht gerade für die Justiz arbeiten würde.

»Kann ich Ihnen irgendwie helfen, Eloise?«, fragte er. Auch in seiner Stimme klang jetzt eine gewisse Verspieltheit mit.

»Oh, nein, nicht unbedingt. Ich wollte einfach nur Hallo sagen und Ihnen alles Gute fürs neue Jahr wünschen und so. Sie bleiben anständig, John?«

»Das tue ich. Aber wie ich sehe, tun Sie das nicht. Ich habe gerade erst etwas über Sie in der Zeitung gelesen.«

»Ja ja, und das ist alles gelogen, John. Das wissen Sie. Oder? Ich bin keine Kriminelle.«

»Doch, das sind Sie, Eloise. Selbstjustiz ist ein Verbrechen. Die Polizei sucht nach Ihnen. Und das FBI ebenso, fürchte ich.«

Ich lachte: »Ich mache mir mehr Sorgen, dass mich einer von Franco DeLucas Schergen erwischt, bevor es einem von Ihren Kollegen gelingt.«

»Franco DeLuca? Wieso das? Was wissen Sie über Don DeLuca?«

»Er hat einen Preis auf meinen Kopf ausgesetzt. Er macht mich für den Tod seines Bruders verantwortlich. Sie wissen schon, Don Giorgio.«

»Und waren Sie dafür verantwortlich?«

»Nein.«

»Das sind sehr gefährliche Leute, Eloise. Sie sind in einige wirklich kriminelle Aktivitäten verwickelt. Ich hoffe, Sie halten sich von denen fern.«

»Ich werde nicht gerade an deren Tür klingeln und versuchen, ihnen Pfadfinderinnen-Kekse zu verkaufen.«

»Sie wissen, was ich meine.«