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Jules Verne

Von der Erde zum Mond

Illustrierte und unzensierte Komplettübersetzung

Jules Verne

Von der Erde zum Mond

Illustrierte und unzensierte Komplettübersetzung

Veröffentlicht im Null Papier Verlag, 2019
Illustrationen: Henri de Montaut
Übersetzung und Fußnoten: Jürgen Schulze
EV: A. Hartleben’s Verlag, 1874
1. Auflage, ISBN 978-3-962815-05-9

null-papier.de/624

null-papier.de/katalog

Inhaltsverzeichnis

Ju­les Ver­ne – Le­ben und Werk

Ers­tes Ka­pi­tel – Der Gun-Club

Zwei­tes Ka­pi­tel – Mit­tei­lung des Prä­si­den­ten Bar­bi­ca­ne

Drit­tes Ka­pi­tel – Wel­chen Ein­druck Bar­bi­ca­nes Mit­tei­lung mach­te

Vier­tes Ka­pi­tel – Gut­ach­ten des Ob­ser­va­to­ri­ums zu Cam­bridge

Fünf­tes Ka­pi­tel – Ro­man des Mon­des

Sechs­tes Ka­pi­tel – Was in den Ve­rei­nig­ten Staa­ten nun nicht mehr un­be­kannt sein kann, und was man nicht mehr glau­ben darf.

Sie­ben­tes Ka­pi­tel – Lob­lied der Ku­gel

Ach­tes Ka­pi­tel – Ge­schich­te der Ka­no­ne

Neun­tes Ka­pi­tel – Die Pul­ver­fra­ge

Zehn­tes Ka­pi­tel – Ein Feind ge­gen fünf­und­zwan­zig Mil­lio­nen Freun­de

Elf­tes Ka­pi­tel – Flo­ri­da und Texas

Zwölf­tes Ka­pi­tel – Dem gan­zen Erd­kreis

Drei­zehn­tes Ka­pi­tel – Sto­ne’s-Hill

Vier­zehn­tes Ka­pi­tel – Ha­cke und Kel­le

Fünf­zehn­tes Ka­pi­tel – Das Guß­fest

Sech­zehn­tes Ka­pi­tel – Die Ko­lum­bia­de

Sieb­zehn­tes Ka­pi­tel – Eine te­le­gra­fi­sche De­pe­sche

Acht­zehn­tes Ka­pi­tel – Der Pas­sa­gier der At­lan­ta

Neun­zehn­tes Ka­pi­tel – Ein Mee­ting

Zwan­zigs­tes Ka­pi­tel – An­griff und Ab­wehr

Ein­und­zwan­zigs­tes Ka­pi­tel – Wie ein Fran­zo­se eine Sa­che zur Aus­glei­chung bringt

Zwei­und­zwan­zigs­tes Ka­pi­tel – Der neue Bür­ger der Ve­rei­nig­ten Staa­ten

Drei­und­zwan­zigs­tes Ka­pi­tel – Der Pro­jek­til-Wag­gon

Vier­und­zwan­zigs­tes Ka­pi­tel – Das Te­le­skop des Fel­sen­ge­bir­ges

Fün­f­und­zwan­zigs­tes Ka­pi­tel – Letz­te Be­geb­nis­se

Sechs­und­zwan­zigs­tes Ka­pi­tel – Feu­er!

Sie­ben­und­zwan­zigs­tes Ka­pi­tel – Be­deck­ter Him­mel

Acht­und­zwan­zigs­tes Ka­pi­tel – Ein neu­es Gestirn

Ein Nach­wort

Dan­ke

Dan­ke, dass Sie die­ses E-Book aus mei­nem Ver­lag er­wor­ben ha­ben.

Ju­les Ver­ne ge­hört zu den Au­to­ren, die je­der schon ein­mal ge­le­sen hat. Eine Be­haup­tung, die man nicht über vie­le Schrift­stel­ler auf­stel­len kann. Die Ge­schich­ten von Ver­ne sind un­ter­hal­tend, lehr­reich und im­mer sehr at­mo­sphä­risch.

In un­re­gel­mä­ßi­ger Fol­ge wird mein Ver­lag die Wer­ke von Ver­ne ver­öf­fent­li­chen – die be­kann­ten wie die un­be­kann­ten. Im­mer in der über­ar­bei­te­ten Er­st­über­set­zung, um den (sprach­li­chen) Ch­ar­me der Zeit bei­zu­be­hal­ten.

Kor­ri­giert und kom­men­tiert wer­den Orts- und Per­so­nen­na­men oder of­fen­sicht­lich falsche An­ga­ben. Sie fin­den die Er­läu­te­run­gen in Fuß­no­ten.

Ich habe es mir auch nicht neh­men las­sen, die ur­sprüng­li­chen Na­men zu ver­wen­den: Aus dem Jo­hann wird so wie­der der ur­sprüng­li­che Jean, aus Lud­wig wie­der Louis und aus Ma­ri­an­ne wie­der Ma­rie. Ich den­ke, das tut den Ge­schich­ten nur gut.

Soll­ten Sie Hil­fe be­nö­ti­gen oder eine Fra­ge ha­ben, schrei­ben Sie mir.

 

Ihr
Jür­gen Schul­ze

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Ju­les Ver­ne – Le­ben und Werk

Bei­na­he wäre Klein-Ju­les als Schiffs­jun­ge nach In­di­en ge­fah­ren, hät­te eine Lauf­bahn als See­mann ein­ge­schla­gen und spä­ter un­ter­halt­sa­mes See­manns­garn ge­spon­nen, das ver­mut­lich nie die Drucker­pres­se er­reicht hät­te.

Jules Verne
Ju­les Ver­ne

Ver­liebt in die aben­teu­er­li­che Li­te­ra­tur

Glück­li­cher­wei­se für uns Le­ser hin­dert man ihn dar­an: Der Elf­jäh­ri­ge wird von Bord ge­holt und ver­lebt wei­ter­hin eine be­hü­te­te Kind­heit vor bür­ger­li­chem Hin­ter­grund. Ge­bo­ren am 8. Fe­bru­ar 1828 in Nan­tes, wächst Ju­les-Ga­bri­el Ver­ne in gut si­tu­ier­ten Ver­hält­nis­sen auf. Als äl­tes­ter von fünf Spröss­lin­gen soll er die vä­ter­li­che An­walt­spra­xis über­neh­men, wes­halb er ab 1846 in Pa­ris Jura stu­diert.

Viel span­nen­der fin­det er schon zu die­ser Zeit al­ler­dings die Li­te­ra­tur. Ver­ne freun­det sich so­wohl mit Alex­and­re Du­mas als auch mit sei­nem gleich­na­mi­gen Sohn an. Ge­mein­sam mit Va­ter Du­mas ver­fasst er Opern­li­bret­ti und ers­te dra­ma­ti­sche Wer­ke. Nach dem Ab­schluss sei­nes Stu­di­ums be­schließt er, nicht nach Nan­tes zu­rück­zu­keh­ren, son­dern sich völ­lig der Dra­ma­tik zu wid­men.

Zwar schreibt er nicht ganz er­folg­los – drei sei­ner Er­zäh­lun­gen er­schei­nen in ei­ner li­te­ra­ri­schen Zeit­schrift. Doch zum Le­ben reicht es nicht, wes­halb der jun­ge Au­tor 1852 den Pos­ten ei­nes In­ten­danz-Se­kre­tärs am Théâtre ly­ri­que an­nimmt. Im­mer­hin wird die­se Ar­beit zu­ver­läs­sig ver­gü­tet und Ver­ne darf sich als Dra­ma­ti­ker be­tä­ti­gen. In sei­ner Frei­zeit ver­fasst er wei­ter­hin Er­zäh­lun­gen, wo­bei ihn aben­teu­er­li­che Rei­sen am meis­ten in­ter­es­sie­ren.

Als er 1857 eine Wit­we hei­ra­tet, die zwei Töch­ter in die Ehe mit­bringt, muss sich der Li­te­rat nach ei­ner bes­ser be­zahl­ten Ein­kom­mens­quel­le um­se­hen. Wäh­rend der nächs­ten zwei Jah­re schlägt er sich als Bör­sen­mak­ler durch, wo­bei er ge­nug Zeit fin­det, län­ge­re Schiffs­rei­sen zu un­ter­neh­men, be­vor 1861 sein Sohn Mi­chel ge­bo­ren wird.

Ver­liebt ins li­te­ra­ri­sche Aben­teu­er

Letzt­lich ist es ei­ner be­son­de­ren Be­geg­nung im Jahr 1862 ge­schul­det, dass al­les, was der Au­tor bis­her »geis­tig an­ge­sam­melt« hat, in sei­nen künf­ti­gen Ro­ma­nen kul­mi­nie­ren darf: Der Ju­gend­buch-Ver­le­ger Pier­re-Ju­les Het­zel ver­öf­fent­licht Ver­nes uto­pi­schen Rei­se­ro­man »Fünf Wo­chen im Bal­lon«. Die­ses von ihm oh­ne­hin be­vor­zug­te Su­jet wird den Schrift­stel­ler nie wie­der los­las­sen – die aben­teu­er­li­chen Rei­sen, auf wel­cher Rou­te auch im­mer sie ab­sol­viert wer­den. Het­zel ver­legt Ver­nes noch heu­te be­lieb­tes­te Schrif­ten: 1864 »Rei­se zum Mit­tel­punkt der Erde«, im fol­gen­den Jahr »Von der Erde zum Mond«, 1869 »Rei­se um den Mond« und »Zwan­zig­tau­send Mei­len un­ter dem Meer«. Mit »Rei­se um die Erde in 80 Ta­gen« er­scheint 1872 Ju­les Ver­nes er­folg­reichs­ter Ro­man über­haupt.

Die Zu­sam­men­ar­beit mit Het­zel, der gleich­zei­tig als sein Men­tor fun­giert, sorgt in den spä­ten 1860er Jah­ren da­für, dass der höchst pro­duk­ti­ve Schrift­stel­ler sei­ner Fa­mi­lie ei­ni­gen Wohl­stand bie­ten und sich selbst »ju­gend­traum­haf­te« Rei­se­wün­sche er­fül­len kann. Sein Ver­le­ger stellt ihn nam­haf­ten Wis­sen­schaft­lern vor – in Kom­bi­na­ti­on mit den er­wähn­ten Rei­sen ent­steht auf die­se Wei­se ein un­ge­heu­rer Fun­dus der In­spi­ra­ti­on: Ju­les Ver­nes Zet­tel­kas­ten ent­hält an­geb­lich 25.000 No­ti­zen!

Zwar ist er seit »Rei­se um den Mond« glei­cher­ma­ßen wohl­ha­bend und ge­ach­tet; er en­ga­giert sich seit den spä­ten 1880er Jah­ren so­gar als Stadt­rat in Amiens, wo­hin er 1871 mit sei­ner Fa­mi­lie über­ge­sie­delt war. Der »Rit­ter­schlag« aber bleibt aus: In der Aca­dé­mie françai­se möch­te man den Ju­gend­buch­au­tor nicht ha­ben, er gilt als nicht se­ri­ös ge­nug.

Den Ze­nit sei­nes Schaf­fens hat der Li­te­rat be­reits über­schrit­ten, als er 1888 blei­ben­de Ver­let­zun­gen durch den Schuss­waf­fen-An­griff ei­nes geis­tes­ge­stör­ten Ver­wand­ten da­von­trägt. Den­noch ar­bei­tet der Au­tor un­un­ter­bro­chen wei­ter. Als Ju­les Ver­ne im März 1905 stirbt, hin­ter­lässt er ein ge­wal­ti­ges Ge­samt­werk: 54 zu Leb­zei­ten er­schie­ne­ne Ro­ma­ne, wei­te­re elf Ma­nu­skrip­te be­ar­bei­tet sein Sohn Mi­chel nach dem Tod des Va­ters. Er­gänzt wird Ver­nes Œu­vre durch Er­zäh­lun­gen, Büh­nen­stücke und geo­gra­fi­sche Ver­öf­fent­li­chun­gen.

Ge­liebt und miss­ach­tet

Je­nes zwie­späl­ti­ge Ver­hält­nis, das sich be­reits in der Ab­leh­nung der Aka­de­mie­mit­glie­der äu­ßert, kenn­zeich­net die aka­de­mi­sche Re­zep­ti­on bis heu­te: Ju­les Ver­ne ist eben »nur ein Ju­gend­buch­au­tor«. We­ni­ger be­fan­ge­ne Re­zi­pi­en­ten frei­lich schrei­ben ihm eine ganz an­de­re Be­deu­tung zu, die dem Vi­sio­när und lei­den­schaft­li­chen Er­zäh­ler bes­ser ge­recht wird.

Wenn­gleich der al­tern­de Li­te­rat zum Ende sei­nes Schaf­fens durch­aus nicht mehr in gläu­bi­ger Tech­nik­be­geis­te­rung auf­geht, blei­ben uns doch ge­nau jene Wer­ke in lie­be­vol­ler Erin­ne­rung, in de­nen tech­ni­sche und mensch­li­che Groß­ta­ten die Hand­lung be­stim­men: »Rei­se um die Erde in 80 Ta­gen« oder »Zwan­zig­tau­send Mei­len un­ter dem Meer« bei­spiels­wei­se. Wer als Kind von Nemo und sei­ner Nau­ti­lus liest, wird un­wei­ger­lich ge­fan­gen von die­sem tech­ni­schen Wun­der­werk und des­sen Ka­pi­tän. Ver­nes Ro­ma­ne ge­hö­ren zu je­nen Ju­gend­bü­chern, die man als Er­wach­se­ner ger­ne noch­mals zur Hand nimmt – und man staunt er­neut, er­in­nert sich, lässt sich wie­der­um ein­fan­gen und fragt sich, warum man ei­gent­lich so sel­ten Ver­ne liest…

So wie der Au­tor sich selbst durch Rei­sen und Wis­sen­schaft in­spi­rie­ren lässt, die­nen sei­ne Wer­ke seit je­her der In­spi­ra­ti­on sei­ner Le­ser­schaft. Wie prä­sent die­ser ex­zel­len­te Un­ter­hal­ter in den Köp­fen sei­ner Le­ser bleibt, be­le­gen Be­nen­nun­gen in See- und Raum­fahrt: Das ers­te Atom-U-Boot der Ge­schich­te ist die ame­ri­ka­ni­sche USS Nau­ti­lus. Ein Raum­trans­por­ter der Eu­ro­päi­schen Raum­fahr­t­agen­tur heißt »Ju­les Ver­ne«, ein As­te­ro­id und ein Mond­kra­ter tra­gen eben­falls den Na­men des Schrift­stel­lers. Die »Ju­les Ver­ne Tro­phy« wird seit 1990 für die schnells­te Wel­t­um­se­ge­lung ver­lie­hen, was dem be­geis­ter­ten Jacht­be­sit­zer Ver­ne ge­wiss ge­fal­len hät­te.

Der kom­mer­zi­el­le Li­te­ra­tur­be­trieb so­wie die Film­wirt­schaft be­trach­ten den fran­zö­si­schen Va­ter der Science-Fic­ti­on-Li­te­ra­tur eben­falls mit Wohl­wol­len: Un­zäh­li­ge Neu­auf­la­gen der Ro­man­klas­si­ker, Hör­bü­cher und Ver­fil­mun­gen der ra­san­ten, stets mit­rei­ßen­den Hand­lun­gen spre­chen Bän­de. Mitt­ler­wei­le gel­ten die äl­tes­ten Ver­fil­mun­gen selbst als kul­tu­rel­le Mei­len­stei­ne, die kei­nes­wegs nur ein jun­ges Pub­li­kum er­freu­en.

Ju­les Ver­nes Be­deu­tung für die Li­te­ra­tur

Der Ein­fluss Ver­nes auf nach­fol­gen­de Science-Fic­ti­on-Au­to­ren ist gar nicht hoch ge­nug ein­zu­schät­zen: Aus heu­ti­ger Sicht ist er ei­ner der Vor­rei­ter der uto­pi­schen Li­te­ra­tur Eu­ro­pas, der noch vor H. G. Wells (»Krieg der Wel­ten«) und Kurd Laß­witz (»Auf zwei Pla­ne­ten«) das neue Gen­re be­grün­det. Sein­er­zeit gibt es die­sen Be­griff noch nicht, wes­halb Het­zel die Ro­ma­ne sei­nes Er­folgs­schrift­stel­lers als »Au­ßer­ge­wöhn­li­che Rei­sen« ver­mark­tet

Der Fran­zo­se sieht, an­ders als Wells und ähn­lich wie Laß­witz, im tech­ni­schen Fort­schritt das künf­ti­ge Wohl der Mensch­heit be­grün­det. Trotz­dem ist Ju­les Ver­ne vor al­lem Er­zäh­ler: Er will we­der war­nen wie Wells noch be­leh­ren wie Laß­witz, son­dern in ers­ter Li­nie un­ter­hal­ten. Im Ver­gleich zum sprö­den Rea­lis­mus ei­nes Wells wir­ken sei­ne Ro­ma­ne für mo­der­ne Le­ser aus­ufernd, viel­leicht so­gar ge­schwät­zig. Den­noch sind sie leich­ter zu­gäng­lich als das sti­lis­tisch ähn­li­che Schaf­fen des Deut­schen Laß­witz, weil sie Uto­pie und Tech­nik­be­geis­te­rung nicht zum Zweck ih­res In­halts ma­chen, son­dern le­dig­lich zu des­sen Trä­ger: Schließ­lich ist es ein­fach auf­re­gend, in ei­nem Bal­lon eine Welt­rei­se an­zu­tre­ten oder Ka­pi­tän Nemo in sein ge­hei­mes Reich zu fol­gen.

Von der Erde zum Mond

Von der Erde zum Mond

Erstes Kapitel – Der Gun-Club

Wäh­rend des Bun­des­kriegs der Ve­rei­nig­ten Staa­ten bil­de­te sich zu Bal­ti­mo­re in Ma­ry­land ein neu­er Klub von großer Be­deu­tung. Es ist be­kannt, wie ener­gisch sich bei die­sem Volk von Ree­dern, Kauf­leu­ten und Mecha­ni­kern der mi­li­tä­ri­sche In­stinkt ent­wi­ckel­te. Ein­fa­che Kauf­leu­te brauch­ten nur in ih­rem Comp­toir1 auf- und ab­zu­schrei­ten, um un­ver­se­hens Haupt­leu­te, Obris­ten, Ge­nerä­le zu wer­den, ohne die Mi­li­tär­schu­le zu West­point durch­zu­ma­chen; bald stan­den sie in der »Kriegs­kunst« ih­ren Kol­le­gen der Al­ten Welt nicht nach und ver­stan­den gleich die­sen durch Ver­geu­den von Ku­geln, Mil­lio­nen und Men­schen Sie­ge zu ge­win­nen.

Aber in der Bal­lis­tik über­tra­fen sie die Eu­ro­pä­er ganz au­ßer­or­dent­lich. Sie fer­tig­ten Ge­schüt­ze nicht al­lein von höchs­ter Voll­kom­men­heit, son­dern auch von un­ge­wöhn­li­cher Grö­ße, die folg­lich eine noch un­er­hör­te­re Trag­wei­te ha­ben muss­ten. In Be­zie­hung auf ra­san­te und Bre­che-Schüs­se, Schüs­se in schie­fer, in ge­ra­der Rich­tung oder vom Rücken her – kann man die Eng­län­der, Fran­zo­sen, Preu­ßen nichts mehr leh­ren; aber ihre Ka­no­nen, Hau­bit­zen und Mör­ser sind nur Sack­pis­to­len ge­gen die fürch­ter­li­chen Ma­schi­nen der ame­ri­ka­ni­schen Ar­til­le­rie.

Das ist aber nicht zum Ver­wun­dern. Die Yan­kees, die ers­ten Mecha­ni­ker auf der Welt, sind ge­bo­re­ne In­ge­nieu­re, wie die Ita­lie­ner Mu­si­ker, die Deut­schen Me­ta­phy­si­ker. Ganz na­tür­lich, dass sich ihre küh­ne Ge­nia­li­tät in ih­rer Ge­schütz­kun­de zu er­ken­nen gab. Da­her jene Rie­sen­ka­no­nen, die zwar weit we­ni­ger nüt­zen als die Näh­ma­schi­nen, doch eben­so viel Stau­nen und noch mehr Be­wun­de­rung er­re­gen. Be­kannt sind von sol­chen Wun­der­wer­ken die Parott, Dahl­green, Rod­man. Die Arm­strong, Pal­li­ser, Treuil­le de Beau­lieu muss­ten vor ih­ren über­see­i­schen Ri­va­len die Se­gel strei­chen.

Da­her stan­den denn auch wäh­rend des fürch­ter­li­chen Kamp­fes der Nord- und Süd­staa­ten die Ar­til­le­ris­ten im al­ler­höchs­ten An­se­hen; die Jour­na­le der Uni­on prie­sen ihre Er­fin­dun­gen mit En­thu­si­as­mus, und es gab kei­nen arm­se­li­gen Krä­mer, kei­nen ein­fäl­ti­gen Bu­ben, der sich nicht den Kopf zer­brach mit un­sin­ni­gen Schuss­be­rech­nun­gen.

Wenn aber ei­nem Ame­ri­ka­ner eine Idee im Kop­fe steckt, so sucht er sich einen zwei­ten Ame­ri­ka­ner, um sie zu tei­len. Sind ih­rer drei, so wäh­len sie einen Prä­si­den­ten und zwei Se­kre­tä­re; vier, so er­nen­nen sie einen Archi­vis­ten, und das Büro tritt in Wirk­sam­keit. Bei Fün­fen be­ru­fen sie eine Ge­ne­ral­ver­samm­lung, und der Klub ist fer­tig. So ging’s auch zu Bal­ti­mo­re. Ei­ner er­fand eine Ka­no­ne, as­so­zi­ier­te sich mit ei­nem, der sie goss, und ei­nem an­de­ren, der sie bohr­te. Aus ei­nem sol­chen Kern er­wuchs auch der Gun-Club.2 Ei­nen Mo­nat nach sei­ner Bil­dung zähl­te er 1833 wirk­li­che Mit­glie­der und 30.575 kor­re­spon­die­ren­de.

Uner­läss­li­che Be­din­gung für je­des Mit­glied des Klubs war, dass man eine Ka­no­ne oder min­des­tens ir­gend­ei­ne Feu­er­waf­fe er­fun­den oder doch ver­bes­sert hat­te. Aber, of­fen ge­sagt, die Er­fin­der von Re­vol­vern zu fünf­zehn Schuss, von Pi­vot-Ka­ra­bi­nern oder Sä­bel­pis­to­len ge­nos­sen kein großes An­se­hen. Die Ar­til­le­ris­ten be­haup­te­ten in je­der Hin­sicht den ers­ten Rang.

»Die Ach­tung, wel­che sie ge­nie­ßen«, sag­te ein­mal ei­ner der ge­schei­tes­ten Red­ner des Gun-Clubs, »steht im Ver­hält­nis zur Mas­se ih­rer Ka­no­nen, und zwar nach di­rek­tem Maß­stab des Qua­drats der Di­stan­zen, wel­che ihre Ge­schos­se er­rei­chen!«

Noch et­was mehr, das New­ton’­sche Gra­vi­ta­ti­ons­ge­setz ver­pflanz­te sich in die mo­ra­li­sche Welt.

Man kann sich leicht vor­stel­len, was, nach­dem der Gun-Club ein­mal ge­grün­det war, das er­fin­de­ri­sche Ge­nie der Ame­ri­ka­ner in die­ser Gat­tung zu­ta­ge för­der­te. Die Kriegs­ma­schi­nen nah­men einen ko­los­sa­len Maß­stab an, und die Ge­schos­se flo­gen weit über die ih­nen ge­steck­ten Schran­ken hin­aus, um harm­lo­se Spa­zier­gän­ger zu zer­rei­ßen. Alle die­se Er­fin­dun­gen lie­ßen die schüch­ter­nen Werk­zeu­ge der eu­ro­päi­schen Ar­til­le­rie weit hin­ter sich. Man ur­tei­le aus fol­gen­den Zah­len.

Einst, »wenn’s gut ging«, ver­moch­te ein Sechs­und­drei­ßig­pfün­der in ei­ner Ent­fer­nung von drei­hun­dert Fuß sechs­und­drei­ßig Pfer­de von der Sei­te her zu durch­boh­ren und dazu achtund­sech­zig Mann. Die Kunst lag da­mals noch in der Wie­ge. Seit­dem hat sie Fort­schrit­te ge­macht. Die Rod­man-Ka­no­ne, die eine Ku­gel von ei­ner hal­b­en Ton­ne sie­ben (engl.) Mei­len weit schleu­der­te, hät­te leicht hun­dert­und­fünf­zig Pfer­de und drei­hun­dert Mann nie­der­ge­wor­fen. Es war im Gun-Club gar die Rede da­von, eine förm­li­che Pro­be da­mit an­zu­stel­len. Aber, lie­ßen sich’s auch die Pfer­de ge­fal­len, das Ex­pe­ri­ment zu ma­chen, an Men­schen fehl­te es lei­der.

Wie dem auch sei, die­se Ka­no­nen leis­te­ten Mör­de­ri­sches, und bei je­dem Schuss fie­len die Men­schen wie die Ähren un­ter der Sen­se. Was woll­te ne­ben sol­chen Ge­schos­sen die be­rühm­te Ku­gel zu Cou­tras be­deu­ten, wel­che im Jah­re 1587 fünf­und­zwan­zig Mann kampf­un­fä­hig mach­te, und die an­de­re, wel­che bei Zorn­dorf 1758 vier­zig Mann tö­te­te, und 1742 bei Kes­sels­dorf die ös­ter­rei­chi­sche, die bei je­dem Schuss sieb­zig Fein­de nie­der­warf? Was war da­ge­gen das er­staun­li­che Ge­schütz­feu­er bei Jena und Aus­ter­litz, das die Schlach­ten ent­schied? Da gab’s wäh­rend des Bun­des­kriegs ganz an­de­re Din­ge zu schau­en!

Mitglieder des Gun-Clubs.

Bei Get­tys­burg traf ein ke­gel­för­mi­ges Ge­schoss aus ei­ner ge­zo­ge­nen Ka­no­ne drei­und­sieb­zig Fein­de, und beim Über­gang über den Po­to­mak be­för­der­te eine Rod­man­ku­gel zwei­hun­dert­fünf­zehn Süd­län­der in eine ohne Zwei­fel bes­se­re Welt. So ver­dient auch ein fürch­ter­li­cher Mör­ser, den J.T. Mas­ton, ein her­vor­ra­gen­des Mit­glied und be­stän­di­ger Se­kre­tär des Gun-Clubs, er­fand, er­wähnt zu wer­den; sei­ne Wir­kung war noch mör­de­ri­scher, denn beim Pro­bie­ren tö­te­te er drei­hun­dert­sie­ben­und­drei­ßig Per­so­nen – frei­lich beim Zer­sprin­gen!

Der Präsident Barbicane.

Die­se Zah­len spre­chen be­redt ohne Kom­men­tar. Auch wird man ohne Wi­der­re­de die fol­gen­de vom Sta­tis­ti­ker Pit­kairn auf­ge­stell­te Be­rech­nung gel­ten las­sen: di­vi­diert man die An­zahl der durch die Ku­geln ge­fal­le­nen Op­fer mit der Zahl der Mit­glie­der des Gun-Clubs, so er­gibt sich, dass auf Rech­nung je­des ein­zel­nen des letz­te­ren durch­schnitt­lich 2375 Mann kom­men, nebst ei­nem Bruch­teil.

Nimmt man die­se Zif­fern in Er­wä­gung, so ist’s au­gen­schein­lich, dass das Trach­ten die­ser ge­lehr­ten Ge­sell­schaft ein­zig auf Men­schen­ver­til­gung zu phil­an­thro­pi­schem Zweck und auf Ver­voll­komm­nung der Kriegs­waf­fen als Zi­vi­li­sa­ti­ons­mit­tel ge­rich­tet war. Es war ein Ve­rein von Würgen­geln, sonst die bes­ten Men­schen­kin­der der Welt.

Die­se Yan­kees, muss man wei­ter an­füh­ren, von er­prob­ter Tap­fer­keit lie­ßen’s nicht beim Re­den be­wen­den und tra­ten per­sön­lich ein. Man zähl­te un­ter ih­nen Of­fi­zie­re je­des Gra­des vom Leut­nant bis zum Ge­ne­ral, Mi­li­tär­per­so­nen je­des Al­ters, An­fän­ger im Kriegs­dienst und bei der La­fet­te er­grau­te Män­ner. Man­che fie­len auf der Wal­statt,3 und ihre Na­men wur­den ins Ehren­buch des Gun-Clubs ein­ge­tra­gen, und von de­nen, wel­che da­von­ka­men, tru­gen die meis­ten Be­wei­se ih­rer un­zwei­fel­haf­ten Uner­schro­cken­heit an sich. Krücken, höl­zer­ne Bei­ne, ge­glie­der­te Arme, Ha­ken statt der Hän­de, Kinn­ba­cken von Kaut­schuk, Schä­del von Sil­ber, Na­sen von Pla­tin, nichts man­gel­te in der Samm­lung, und der ob­ge­dach­te Pit­kairn be­rech­ne­te eben­falls, dass im Gun-Club nicht völ­lig ein Arm auf vier Per­so­nen kam und nur zwei Bei­ne auf sechs.

Aber die­se wa­cke­ren Ar­til­le­ris­ten mach­ten sich nicht so viel dar­aus, und sie wa­ren mit Recht stolz dar­auf, wenn das Bulle­tin ei­ner Schlacht zehn­mal mehr Op­fer an­führ­te, als Ge­schos­se wa­ren ab­ge­feu­ert wor­den.

Ei­nes Ta­ges je­doch – ein trau­ri­ger, be­dau­er­li­cher Tag – un­ter­zeich­ne­ten die Über­le­ben­den den Frie­den, der Ge­schütz­don­ner hör­te all­mäh­lich auf, die Mör­ser ver­stumm­ten, die Hau­bit­zen wur­den für lan­ge Zeit un­schäd­lich ge­macht, und die Ka­no­nen kehr­ten ge­senk­ten Haup­tes in die Ar­se­na­le zu­rück, die Ku­geln wur­den in den Zeughäu­sern auf­ge­schich­tet, die blu­ti­gen Erin­ne­run­gen erb­li­chen, die Baum­woll­stau­den spross­ten üp­pig auf den reich ge­düng­ten Fel­dern, mit den Trau­er­klei­dern wur­de auch der Schmerz ab­ge­legt, und der Gun-Club ver­sank in voll­stän­di­ge Un­tä­tig­keit.

»Trost­los!« sag­te ei­nes Abends der tap­fe­re Tom Hun­ter, wäh­rend sei­ne höl­zer­nen Bei­ne am Ka­min ver­kohl­ten: »Nichts mehr zu tun. Nichts mehr zu hof­fen! Welch lang­wei­li­ges Le­ben! O gol­de­ne Zeit, da einst je­den Mor­gen lus­ti­ger Ka­no­nen­don­ner uns weck­te!«

»Die Zeit ist hin?« er­wi­der­te der mun­te­re Bils­by. »Das war eine Lust! Man er­fand sei­nen Mör­ser, und war er ge­gos­sen, so pro­bier­te man ihn vorm Feind; dann be­gab man sich wie­der ins La­ger mit ei­ner Be­lo­bi­gung Sher­mans oder ei­nem Hand­schlag Mac-Clel­lans! Aber nun sind die Ge­ne­ra­le wie­der auf ih­ren Comp­toirs und ver­sen­den harm­lo­se Baum­woll­bal­len! Ja, wahr­haf­tig, die Ar­til­le­rie hat in Ame­ri­ka kei­ne Zu­kunft mehr!«

»Ja, Bils­by«, rief Obrist Bloms­ber­ry aus, »das sind grau­sa­me Täu­schun­gen! Ei­nes Tags ver­lässt man sei­ne fried­li­chen Ge­wohn­hei­ten, übt sich in den Waf­fen, zieht aus Bal­ti­mo­re ins Feld, tritt da als Held auf, und zwei, drei Jah­re spä­ter muss man die Frucht sei­ner Stra­pa­zen wie­der ver­lie­ren, in lei­di­ger Un­tä­tig­keit ein­schla­fen.«

»Und kein Krieg in Aus­sicht!« sag­te dar­auf der be­rühm­te J.T. Mas­ton und kratz­te da­bei mit sei­nem ei­ser­nen Ha­ken sei­nen Gut­ta­per­cha-Schä­del.4 »Kein Wölk­chen am Him­mel, und zu ei­ner Zeit, da noch so viel in der Ar­til­le­rie­wis­sen­schaft zu tun ist! Da hab’ ich die­sen Mor­gen einen Mus­ter­riss fer­tig­ge­bracht, samt Plan, Durch­schnitt und Au­friss, für einen Mör­ser, der die Kriegs­ge­set­ze um­zuän­dern be­stimmt ist!«

»Wirk­lich?« er­wi­der­te Tom Hun­ter, und da­bei fiel ihm un­will­kür­lich der letz­te Ver­such des eh­ren­wer­ten J.T. Mas­ton ein.

»Ja, wirk­lich«, ent­geg­ne­te die­ser. »Aber wozu nun so vie­le Stu­di­en, das Über­win­den so vie­ler Schwie­rig­kei­ten? Ist das nicht ver­lo­re­ne Mühe? Die Be­völ­ke­rung der Neu­en Welt scheint ent­schlos­sen zu sein, nun in Frie­den zu le­ben, und un­se­re krie­ge­ri­sche Tri­bü­ne hat be­reits Ka­ta­stro­phen in Fol­ge des An­wach­sens der Be­völ­ke­rung ge­weis­sagt!«

»In­des­sen, Mas­ton«, fuhr Obrist Bloms­ber­ry fort, »in Eu­ro­pa gib­t’s im­mer noch Krie­ge fürs Prin­zip der Na­tio­na­li­tä­ten!«

»Nun denn?«

»Nun denn! Da könn­te man viel­leicht einen Ver­such ma­chen, und wenn man un­se­re Diens­te an­näh­me? …«

»Was mei­nen Sie? Bal­lis­tik zu­guns­ten von Aus­län­dern.«

»Bes­ser, als gar nichts da­mit trei­ben«, ent­geg­ne­te der Obrist.

»Al­ler­dings«, sag­te J.T. Mas­ton, »es wäre wohl bes­ser, aber an so einen Aus­weg darf man nicht ein­mal den­ken.«

»Und wes­halb?« frag­te der Obrist.

»Weil man in der Al­ten Welt über das Avan­ce­ment5 Ide­en hat, die un­se­ren ame­ri­ka­ni­schen Ge­wohn­hei­ten schnur­straks zu­wi­der­lau­fen. Die Leu­te dort mei­nen, man kön­ne nicht kom­man­die­ren­der Ge­ne­ral wer­den, wenn man nicht zu­vor Un­ter­leut­nant ge­we­sen, was auf das­sel­be hin­aus­läuft, als man ver­ste­he nicht, eine Ka­no­ne zu rich­ten, wenn man sie nicht selbst ge­gos­sen hat! Nun ist aber selbst­ver­ständ­lich …«

»Lä­cher­lich!« er­wi­der­te Tom Hun­ter, in­dem er mit ei­nem Bo­wie­mes­ser Schnit­te in die Arme sei­nes Lehn­ses­sels mach­te; »und weil dem so ist, so bleibt uns nichts üb­rig, als Ta­bak zu pflan­zen oder Tran zu sie­den!«

»Wie!« rief J.T. Mas­ton mit laut hal­len­der Stim­me, »wir sol­len un­se­re letz­ten Le­bens­jah­re nicht auf die Ver­voll­komm­nung der Feu­er­waf­fen ver­wen­den! Es soll­te sich kei­ne Ge­le­gen­heit mehr er­ge­ben, un­se­re Ge­schos­se zu pro­bie­ren! Der Blitz von un­se­ren Ka­no­nen soll­te nicht mehr die Luft er­hel­len! Es soll­te sich kei­ne in­ter­na­tio­na­le Streit­fra­ge er­ge­ben, die An­lass gäbe, ei­ner über­see­i­schen Macht den Krieg zu er­klä­ren. Soll­ten nicht die Fran­zo­sen eins un­se­rer Dampf­boo­te in Grund boh­ren, und die Eng­län­der soll­ten nicht mit Ver­ach­tung des Völ­ker­rechts et­li­che un­se­rer Lands­leu­te hän­gen!«

»Nein, Mas­ton«, ent­geg­ne­te der Obrist Bloms­ber­ry, »dies Glück wird uns nicht wer­den! Nein! Kein ein­zi­ger die­ser Fäl­le wird ein­tre­ten, und ge­schä­he es, so wür­den wir ihn nicht be­nüt­zen! Das ame­ri­ka­ni­sche Selbst­ge­fühl schwin­det von Tag zu Tag, und wir wer­den zu Wei­bern!«

»Ja, wir sin­ken her­ab!« er­wi­der­te Bils­by.

»Und man drückt uns her­ab!« ent­geg­ne­te Tom Hun­ter.

»Dies al­les ist nur all­zu wahr«, er­wi­der­te J.T. Mas­ton mit er­neu­ter Hef­tig­keit. »Tau­send Grün­de, sich zu schla­gen, las­sen sich aus der Luft grei­fen, und man schlägt sich nicht! Man will Arme und Bei­ne scho­nen, und das zu­guns­ten von Leu­ten, die nichts da­mit an­zu­fan­gen wis­sen! Und, den­ken Sie, man braucht einen Grund zum Krieg nicht so weit her­zu­ho­len: hat nicht Nord-Ame­ri­ka einst den Eng­län­dern ge­hört?«

»Al­ler­dings«, er­wi­der­te Tom Hun­ter, in­dem er mit sei­ner Krücke das Feu­er schür­te.

»Nun denn!« fuhr J.T. Mas­ton fort, »warum soll­te nicht Eng­land ein­mal an die Rei­he kom­men, den Ame­ri­ka­nern zu ge­hö­ren?«

»Das wäre nur recht und bil­lig«, er­wi­der­te leb­haft der Obrist Bloms­ber­ry.

»Ma­chen Sie ein­mal dem Prä­si­den­ten der Ve­rei­nig­ten Staa­ten den Vor­schlag«, rief J.T. Mas­ton, »und Sie wer­den se­hen, wie er Sie emp­fan­gen wird!«

»Ge­wiss wohl schlecht«, brumm­te Bils­by zwi­schen den Zäh­nen, die er noch hat­te.

»Mei­ner Treu!« rief J.T. Mas­ton, »auf mei­ne Stim­me hat er nicht mehr zu rech­nen!«

»Auch auf die uns­ri­gen nicht«, er­wi­der­ten ein­stim­mig die krie­ge­ri­schen In­va­li­den.

»Un­ter­des­sen«, er­wi­der­te J.T. Mas­ton zum Schluss, »gibt man mir nicht Ge­le­gen­heit, mei­nen neu­en Mör­ser auf ei­nem wirk­li­chen Schlacht­feld zu pro­bie­ren, so tre­te ich aus dem Gun-Club und ver­gra­be mich in den Sa­van­nen von Ar­kan­sas!«

»Da ge­hen wir mit«, er­wi­der­ten die Ge­nos­sen des küh­nen J.T. Mas­ton.

So stan­den die Din­ge, die Geis­ter er­hitz­ten sich, und der Klub war mit na­her Auf­lö­sung be­droht, als ein un­er­war­te­tes Er­eig­nis da­zwi­schen­kam. Tags nach die­ser Un­ter­re­dung er­hielt je­des Mit­glied der Ge­sell­schaft ein fol­gen­der­ma­ßen ab­ge­fass­tes Zir­ku­lar:6

Bal­ti­mo­re, 3. Ok­to­ber.

Der Prä­si­dent des Gun-Clubs beehrt sich, sei­ne Kol­le­gen zu be­nach­rich­ti­gen, dass er in der Sit­zung am 5. d. eine Mit­tei­lung zu ma­chen hat, wel­che sie leb­haft in­ter­es­sie­ren wird. Dem­nach bit­tet er sie, un­ge­säumt der im Ge­gen­wär­ti­gen ent­hal­te­nen Ein­la­dung zu fol­gen.

Mit herz­li­chem Gruß
Im­pey Bar­bi­ca­ne, Prä­si­dent.


  1. Kon­tor, Nie­der­las­sung ei­nes Han­dels­un­ter­neh­mens  <<<

  2. Gun = Ge­schütz, Ka­no­ne.  <<<

  3. Kampf­platz; Schlacht­feld  <<<

  4. gum­mi­ar­ti­ger, kau­tschu­k­ähn­li­cher Na­tur­stoff  <<<

  5. Be­för­de­rung  <<<

  6. Rund­schrei­ben  <<<

Zweites Kapitel – Mitteilung des Präsidenten Barbicane

Am 5. Ok­to­ber um acht Uhr abends dräng­te sich eine dich­te Men­ge in den Sä­len des Gun-Clubs, 21. Uni­on-Squa­re. Alle zu Bal­ti­mo­re ein­hei­mi­schen Mit­glie­der der Ge­sell­schaft hat­ten sich auf die Ein­la­dung ih­res Prä­si­den­ten da­hin be­ge­ben. Die kor­re­spon­die­ren­den lang­ten mit Ex­press zu Hun­der­ten in der Stadt an, und so groß auch die Sit­zungs­hal­le war, so konn­te die Men­ge der Ge­lehr­ten dar­in nicht mehr Platz fin­den; sie ström­te über in die an­sto­ßen­den Säle, die Gän­ge bis mit­ten in die äu­ße­ren Höfe, wo sie mit dem ge­wöhn­li­chen Volk zu­sam­men­traf, das sich an den Ein­gän­gen dräng­te; in­dem je­der in die vor­ders­ten Rei­hen zu ge­lan­gen trach­te­te, alle voll Be­gier­de, die wich­ti­ge Mit­tei­lung des Prä­si­den­ten Bar­bi­ca­ne zu ver­neh­men, stieß und schob man sich her­um, zer­drück­te sich mit je­ner Frei­heit des Han­delns, wel­che den in den Ide­en des Self­go­ver­n­ment1 er­zo­ge­nen Mas­sen ei­gen­tüm­lich ist.

An je­nem Abend hät­te ein zu Bal­ti­mo­re an­we­sen­der Frem­der um kei­nen Preis in den großen Saal ge­lan­gen kön­nen; der­sel­be war aus­schließ­lich den ein­hei­mi­schen Mit­glie­dern oder den Kor­re­spon­den­ten vor­be­hal­ten; kein an­de­rer konn­te dar­in einen Platz be­kom­men; und die No­ta­beln2 der Stadt, die Mit­glie­der des Ra­tes der »Au­ser­ko­re­nen«, hat­ten sich un­ter die Men­ge ih­rer Un­ter­ge­be­nen men­gen müs­sen, um flüch­tig zu er­ha­schen, was drin­nen vor­ging.

Die un­er­mess­lich große Hal­le bot den Bli­cken einen merk­wür­di­gen An­blick dar. Das um­fas­sen­de Lo­kal war zum Er­stau­nen für sei­ne Be­stim­mung ge­eig­net. Hohe Säu­len, aus über­ein­an­der­ge­setz­ten Ka­no­nen ge­bil­det, auf ei­ner di­cken Un­ter­la­ge von Mör­sern, tru­gen die fei­nen Ver­zie­run­gen des Ge­wöl­bes, gleich Spit­zen aus Guss ge­fer­tigt. Voll­stän­di­ge Rüs­tun­gen von Stut­zern, Don­ner­büch­sen, Büch­sen, Ka­ra­bi­nern, alle Feu­er­waf­fen al­ter und neu­er Zeit, wa­ren an den Wän­den mit ma­le­ri­schen Ver­schlin­gun­gen grup­piert. Das Gas ström­te in vol­len Flam­men aus tau­send Re­vol­vern, die in Form von Lüs­tern zu­sam­men­ge­ord­net wa­ren, wäh­rend Gi­ran­do­len von Pis­to­len und Kan­de­la­ber, aus Bün­deln von Flin­ten­läu­fen ge­bil­det, die glän­zen­de Be­leuch­tung vollen­de­ten. – Die Ka­no­nen­mo­del­le, die Pro­be­mus­ter von Bron­ze, die durch­lö­cher­ten Ziel­schei­ben, die von Ku­geln des Gun-Clubs zer­schos­se­nen Plat­ten, die Aus­wahl von Set­zern und Wi­schern, die Ro­sen­krän­ze von Bom­ben, die Hals­bän­der von Ge­schos­sen, die Gir­lan­den von Gra­na­ten, kurz, alle Werk­zeu­ge des Ar­til­le­ris­ten über­rasch­ten das Auge durch ihre stau­nen­er­re­gen­de An­ord­nung und er­weck­ten den Ge­dan­ken, dass sie in Wahr­heit mehr zum Schmuck als zum Mor­den be­stimmt sei­en.

Am Ehren­plat­ze sah man un­ter ei­ner glän­zen­den Glas­glo­cke ein zer­bro­che­nes, vom Pul­ver zer­dreh­tes Stück von ei­nem Ka­no­nen­stoß, kost­ba­res Rest­stück von der Ka­no­ne J.T. Mas­tons.

Am Ende des Saa­l­es saß auf ei­nem brei­ten Son­der­plat­ze der Prä­si­dent, um­ge­ben von vier Se­kre­tä­ren. Sein Sitz, der sich auf ei­ner mit Schnitz­werk ge­zier­ten La­fet­te be­fand, war im gan­zen gleich ei­nem star­ken Mör­ser von zwei­und­drei­ßig Zoll ge­formt, un­ter ei­nem Win­kel von neun­zig Grad auf­ge­protzt und an Zap­fen be­fes­tigt, so­dass der Prä­si­dent sich auf dem­sel­ben wie auf ei­nem Schau­kel­stuhl (rocking chair) in an­ge­nehms­ter Wei­se schau­keln konn­te. Auf dem Schreib­tisch, ei­ner brei­ten Plat­te von Ei­sen­blech auf sechs Kar­ro­na­den,3 sah man ein Tin­ten­fass von be­son­de­rem Ge­schmack, das aus ei­ner kost­bar ge­mei­ßel­ten Bis­kayer Büch­se ge­bil­det war, und eine Donner­glo­cke, die bei Ge­le­gen­heit wie ein Re­vol­ver knall­te. Bei hef­ti­gem Streit reich­te die­se neu er­fun­de­ne Glo­cke manch­mal kaum hin, die Stim­men die­ser Le­gi­on von er­hitz­ten Ar­til­le­ris­ten zu über­tö­nen.

Vor dem Schreib­tisch wa­ren klei­ne Bän­ke im Zick­zack, gleich den Li­ni­en ei­ner Ver­schan­zung, auf­ge­stellt und bil­de­ten eine Rei­hen­fol­ge von Bas­tei­en4 und Kur­ti­nen.5 Auf die­sen sa­ßen die Mit­glie­der des Gun-Clubs, und die­sen Abend konn­te man sa­gen, »es fehl­te nicht an Mann­schaft auf den Wäl­len«. Man kann­te den Prä­si­den­ten gut ge­nug, um zu wis­sen, dass er ohne den ge­wich­tigs­ten Grund sei­ne Kol­le­gen nicht in Be­we­gung ge­setzt hät­te.

Im­pey Bar­bi­ca­ne war ein Mann von vier­zig Jah­ren, ru­hig, kalt­blü­tig, streng, von au­ßer­or­dent­lich erns­tem und kon­zen­trier­tem Geist, pünkt­lich wie ein Chro­no­me­ter, von er­prob­tem Tem­pe­ra­ment, un­er­schüt­ter­li­chem Cha­rak­ter, we­nig rit­ter­lich, doch aben­teu­er­lich, aber voll prak­ti­scher Ide­en, selbst bei den ver­we­gens­ten Un­ter­neh­mun­gen; – er war in her­vor­ra­gen­der Wei­se der Mann Neu-Eng­lands, der nor­di­sche Pflan­zer, der Ab­kömm­ling je­ner Rund­köp­fe,6 die einst den Stuarts so ge­fähr­lich wur­den, der un­ver­söhn­li­che Feind der süd­li­chen Gent­le­men, je­ner vor­ma­li­gen Jun­ker des Mut­ter­lan­des. Mit ei­nem Wort, er war ein Yan­kee reins­ten Was­sers durch und durch.

Bar­bi­ca­ne hat­te sich im Holz­han­del ein großes Ver­mö­gen er­wor­ben; wäh­rend des Krie­ges zum Ar­til­le­rie­di­rek­tor er­nannt, zeig­te er sich frucht­bar an Er­fin­dun­gen, kühn in Ide­en, trug viel zu den Fort­schrit­ten die­ser Waf­fe bei und gab den ex­pe­ri­men­ta­len For­schun­gen einen un­ver­gleich­li­chen Schwung.

Ein Mann von mitt­ler­er Sta­tur, hat­te er – sel­te­ne Aus­nah­me im Gun-Club – ganz wohl er­hal­te­ne Glie­der. Sei­ne scharf aus­ge­präg­ten Ge­sichts­zü­ge wa­ren wie mit dem Li­ne­al nach dem Win­kel­ma­ße ge­schnit­ten, und wenn es wahr ist, dass man, um ei­nes Men­schen in­stink­ti­ven Cha­rak­ter zu er­ken­nen, ihn im Pro­fil an­se­hen müs­se, so konn­te man bei ihm dar­in die deut­lichs­ten An­zei­chen von Ener­gie, Kühn­heit und Kalt­blü­tig­keit wahr­neh­men.

Eine Versammlung des Gun-Club.

In die­sem Au­gen­blick war er in sei­nem Lehn­stuhl un­be­weg­lich, stumm, in Ge­dan­ken ver­senkt, den Blick nach in­nen ge­rich­tet, mit ei­nem hoch ge­form­ten Hut – schwar­zem Sei­den­zy­lin­der – wel­cher, scheint es, den ame­ri­ka­ni­schen Schä­deln an­ge­schraubt ist.

Triumph-Fackelzug.

Das lär­men­de Ge­plau­der sei­ner Kol­le­gen um ihn her stör­te ihn nicht; sie frag­ten sich ein­an­der, schweif­ten auf dem Feld der Ver­mu­tun­gen, forsch­ten in den Zü­gen ih­res Prä­si­den­ten und trach­te­ten ver­geb­lich, das X sei­ner un­durch­dring­li­chen Phy­sio­gno­mie her­aus­zu­be­kom­men.

Als die Uhr des großen Saa­l­es mit Don­ner­schlä­gen die Stun­de ver­kün­de­te, er­hob sich Bar­bi­ca­ne plötz­lich, als wie von ei­ner Sprung­fe­der em­por­ge­schnellt. Al­les lausch­te, und der Red­ner ließ sich mit et­was em­pha­ti­schem Ton fol­gen­der­ma­ßen ver­neh­men:

»Tap­fe­re Kol­le­gen, schon all­zu lan­ge hat ein un­frucht­ba­rer Frie­de die Mit­glie­der des Gun-Clubs in be­dau­er­li­che Un­tä­tig­keit ver­setzt. Nach vier so er­eig­nis­vol­len Jah­ren muss­ten wir un­se­re Ar­bei­ten ein­stel­len und auf dem Wege des Fort­schritts plötz­lich halt­ma­chen. Ich neh­me kei­nen An­stand, es laut aus­zu­spre­chen, je­der Krieg, der uns wie­der die Waf­fen in die Hand gäbe, wür­de will­kom­men sein …«

»Ja, der Krieg!« rief stür­misch J.T. Mas­ton.

»Hört! Hört!« ver­nahm man al­ler­wärts.

»Aber der Krieg«, sag­te Bar­bi­ca­ne, »ist un­ter ge­gen­wär­ti­gen Um­stän­den un­mög­lich; und was sich auch der eh­ren­wer­te Kol­le­ge, wel­cher mich un­ter­brach, für Hoff­nun­gen ma­chen mag, es wird eine Rei­he von Jah­ren ver­flie­ßen, ehe un­se­re Ka­no­nen wie­der auf ei­nem Schlacht­feld don­nern. Das muss man sich nun ge­fal­len las­sen, und in ei­nem an­de­ren Ide­en­krei­se Nach­ah­mung für un­se­ren Tä­tig­keit­strieb su­chen.«

Da die Ver­samm­lung merk­te, dass ihr Prä­si­dent nun auf den Haupt­punkt kam, ver­dop­pel­te sie ihre Auf­merk­sam­keit.

»Seit ei­ni­gen Mo­na­ten, wa­cke­re Kol­le­gen«, fuhr Bar­bi­ca­ne fort, »habe ich dar­über nach­ge­dacht, ob wir nicht – doch in­ner­halb un­se­res Spe­zi­al­fachs – im­stan­de wä­ren, eine große, des neun­zehn­ten Jahr­hun­derts wür­di­ge For­schung vor­zu­neh­men und ob nicht die Fort­schrit­te in der Bal­lis­tik uns in den Stand setz­ten, sie glück­lich aus­zu­füh­ren. Zu dem Ende habe ich ge­forscht, ge­ar­bei­tet, Be­rech­nun­gen an­ge­stellt, und das Er­geb­nis mei­ner Stu­di­en war die Über­zeu­gung, dass wir bei ei­ner Un­ter­neh­mung, die in je­dem an­de­ren Lan­de un­aus­führ­bar sein wür­de, zu ei­nem glück­li­chen Zie­le ge­lan­gen müs­sen. Über die­ses reif­lich durch­dach­te Pro­jekt will ich Ih­nen nä­he­re Mit­tei­lung ma­chen; es ist Ih­rer wür­dig, wür­dig der Ver­gan­gen­heit des Gun-Clubs, und wird un­fehl­bar großes Auf­se­hen in der Welt ma­chen!«

»Viel Auf­se­hen?« rief ein lei­den­schaft­li­cher Ar­til­le­rist.

»Sehr viel Auf­se­hen, im ech­ten Sin­ne des Worts«, er­wi­der­te Bar­bi­ca­ne.

»Nicht un­ter­bre­chen!« rief es von an­de­ren Sei­ten.

»Ich bit­te Sie also, wa­cke­re Kol­le­gen«, fuhr der Prä­si­dent fort, »mir Ihre vol­le Auf­merk­sam­keit zu schen­ken.«

Un­will­kür­li­che Be­we­gung er­griff die Ver­samm­lung. Bar­bi­ca­ne rück­te rasch sei­nen Hut und drück­te ihn fest, dann fuhr er mit ru­hi­ger Stim­me fort:

»Es ist kei­ner un­ter Ih­nen, wa­cke­re Kol­le­gen, der nicht den Mond ge­se­hen oder min­des­tens von ihm spre­chen ge­hört hät­te. Wun­dern Sie sich nicht, dass ich Sie hier über das Gestirn der Nacht un­ter­hal­te. Vi­el­leicht ist’s uns vor­be­hal­ten, für die­se un­be­kann­te Welt die Rol­le des Ko­lum­bus zu spie­len. Be­grei­fen Sie mich, un­ter­stüt­zen Sie mich mit al­len Kräf­ten, so will ich Sie füh­ren, die­se Erobe­rung zu ma­chen, und der Name des Mon­des wird sich de­nen der sechs­und­drei­ßig Staa­ten an­rei­hen, wel­che den großen Bund die­ses Lan­des bil­den.«

»Hur­ra dem Mond!« rief der Gun-Club wie mit ei­ner Stim­me.

»Man hat viel Stu­di­en über den Mond ge­macht«, fuhr Bar­bi­ca­ne fort. »Sei­ne Mas­se, Dich­tig­keit, sein Ge­wicht und Um­fang, sei­ne Be­schaf­fen­heit, Be­we­gun­gen, Ent­fer­nung, sei­ne Rol­le in der Son­nen­welt sind nun ge­nau be­kannt; man hat Mond­kar­ten ge­fer­tigt, wel­che an voll­kom­me­ner Aus­füh­rung den Erd­kar­ten we­nigs­tens gleich­kom­men, wo­fern sie die­sel­ben nicht über­tref­fen; die Fo­to­gra­fie hat von un­se­rem Tra­ban­ten Mus­ter­bil­der von un­ver­gleich­li­cher Schön­heit ge­lie­fert. Kurz, man weiß von dem Mond al­les, was die ma­the­ma­ti­schen Wis­sen­schaf­ten, Astro­no­mie, Geo­lo­gie, Op­tik uns leh­ren kön­nen; aber bis jetzt ist noch nie ein di­rek­ter Ver­kehr mit dem­sel­ben her­ge­stellt wor­den.«

Bei die­sem Satz des Red­ners gab sich eine hef­ti­ge Be­we­gung des In­ter­es­ses und der Über­ra­schung zu er­ken­nen.

»Ge­stat­ten Sie mir«, fuhr der­sel­be fort, »mit ei­ni­gen Wor­ten dar­an zu er­in­nern, wie ei­ni­ge glü­hen­de Geis­ter in fan­ta­sie­vol­len Rei­se­be­schrei­bun­gen vor­ga­ben, die Ge­heim­nis­se un­se­res Tra­ban­ten er­grün­det zu ha­ben. Im sieb­zehn­ten Jahr­hun­dert rühm­te sich ein ge­wis­ser Da­vid Fa­bri­ci­us, die Be­woh­ner des Mon­des mit ei­ge­nen Au­gen ge­se­hen zu ha­ben. Im Jah­re 1649 ver­öf­fent­lich­te ein Fran­zo­se J. Beau­doin, eine Rei­se in den Mond, von dem spa­ni­schen Aben­teu­rer Do­mi­ni­co Gon­za­le­z un­ter­nom­men. Zu der­sel­ben Zeit ließ Cy­ra­no de Ber­ge­rac die be­rühm­te Ex­pe­di­ti­on, wel­che in Frank­­­­­­­­­­­­­­Mehr­heit der Wel­ten­­­­­­­­­­­­New York Ame­ri­cain­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­7­­­­­­­­­­­­­­­­8­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­