Für Jacqueline

Als mir die Antwort einfiel, mußte ich an meine Schulzeit denken, an jene Tage, da man plötzlich aus dem Nichts wußte, daß Ankara die Hauptstadt der Türkei war, oder in Algebra herausbekam, was Y war. Und weil ich das eine wußte, war alles andere ganz einfach. Genial einfach.

Und dennoch hatte ich an jenem Morgen, bevor alles zusammenzupassen begann, das Gefühl, daß ich mich an einer abfallenden Kurve meines Lebens befand, und die Kurve erreichte ihren Tiefpunkt beim Frühstück, als ich einen Brief meiner Mutter öffnete, der mich in die Vergangenheit zurückversetzte – nicht nach Irland, über das sie schrieb, sondern nach Hause, in den Kreml meiner Erinnerung, der für alle Zeiten von der übrigen Welt abgeschlossen war – für immer ausgeschlossen. Dort, in dem Haus, in dem ich geboren war, sah ich meine Mutter vor mir: jung, hübsch, immer bereit zu lachen, aber auch zu schelten. In meiner Erinnerung lebte sie fort als die Mutter, die mich großgezogen hatte; wenn etwas nicht stimmte, sorgte sie dafür, daß alles wieder ins Lot kam. Es schien unmöglich, daß die Frau, die diesen alltäglichen einsamen Brief geschrieben hatte, jene Mutter sein konnte, an die ich mich erinnerte. Unmöglich, daß sie – nicht ich – jetzt das Kind war. Und doch hatte mir Ted Ormsby vor zwei Wochen geschrieben, daß der Betrag, den ich ihr regelmäßig schickte, nicht mehr zum Leben ausreichte. Natürlich geht ihn diese Geschichte eigentlich verdammt wenig an, und vielleicht hätte ich seinen Hinweis einfach vergessen; aber jetzt, wo die Handschrift meiner Mutter vor mir lag, wurde ich unangenehm an meine Pflicht erinnert. Ich legte den Brief hin. Der dünnbeinige Tisch, an dem ich frühstückte, zitterte im Rhythmus der dicht daneben stehenden Waschmaschine. Ich erinnere mich daran, wie ich noch dachte, daß ich hier in New York genau das tat, was meine Mutter nicht leiden konnte: in der Küche zu essen. Mir gegenüber saß Jane, meine Frau, las die New York Times und ließ sich von dem Unfug, den die Kinder mit ihren Frühstückseiern anstellten, nicht stören. Die Tischmanieren meiner Kinder würden meine Mutter entsetzen. Mich entsetzen sie jedenfalls.

»Ist das ein Brief von deiner Mutter, Darling«, fragte meine Frau.

»Ja.«

»Wie geht’s ihr?«

»Sie scheint ein bißchen deprimiert zu sein. Seit dem Tod meines Vaters hat sie sich überhaupt ziemlich verändert.«

»Wer ist tot, Daddy?«

»Niemand, Lisa«, sagte Jane zu dem Kind, »das ist etwas für Erwachsene. Iß jetzt endlich dein Ei auf, Schätzchen.«

Jane mag es nicht, wenn man vor den Kindern vom Tod spricht. Meine Mutter dagegen hätte sie auf den Schoß genommen und mit ihnen einen Rosenkranz für die Seelen der Verstorbenen gebetet. Was würde meine Mutter sagen, wenn sie erfuhr, daß die Kinder nicht einmal getauft sind? Meinem gegenwärtigen Leben steht sie wie eine völlig Fremde gegenüber.

So blieb der Brief, ein leiser Hinweis auf den Anspruch, den sie mir gegenüber hatte, mit anderen unbezahlten Rechnungen auf meinem Teller liegen. Zu diesem Zeitpunkt glaubte ich noch, ich brauchte den Betrag, den ich ihr schickte, nur zu erhöhen, und das mißfiel mir. Mißfallen ist vielleicht überhaupt ein Schlüssel zu meinem Charakter. Aber bevor man mich verurteilt, möchte ich doch die Frage stellen, ob es gerecht ist, daß von all ihren Kindern ausgerechnet ich allein die Aufgabe haben sollte, sie finanziell zu unterstützen. Mein Bruder Rory, der zehn Jahre älter war als ich, wurde zum Helden, als sich damals, im Jahre 1945, sein Fallschirm über Deutschland nicht öffnen wollte. Sheila, meine ältere Schwester, brannte mit einem erfolglosen Tierarzt nach Australien durch, und inzwischen haben die beiden sich in irgendeiner abgelegenen Gegend wie die Kaninchen vermehrt. Moira, meine jüngere Schwester, hat sich in einem Kloster in Manchester ganz Christus und der Armut verschrieben, und mein Vater, Dr. Charles Grattan Tierney, starb vor vier Jahren, nachdem seine Krankheit alle Ersparnisse seines Lebens genauso zunichte gemacht hatte, wie die Nacht es mit Penelopes Webarbeit getan hatte.

Blieb also nur ich übrig. Nach den Naturgesetzen bin ich als einziger meiner ganzen Familie – nein, nein, ich will es anders ausdrücken. Als Kind hatte ich immer Angst, ich wäre dumm und feige, und war überzeugt, daß ich für alle, die mich kennenlernten, eine große Enttäuschung bedeutete. Ich las sehr viel, und wie so viele zaghafte Kinder hatte ich eine Vorliebe für tragische Schlüsse. Durch meine Lektüre entdeckte ich jedoch, daß der Held von den Höhen der Tragödie nur dann hinunterstürzen kann, wenn er zuvor die Gipfel großer Taten erklommen hat. In den Büchern suchte ich nach einem passenden Wunschtraum. Als ich vierzehn Jahre alt war, mußten wir einen Aufsatz über das schreiben, was wir im Leben erreichen wollten. Ich schrieb die ganze Nacht hindurch. Zum ersten Mal in meinem Leben war ich begeistert. Ich schrieb, daß ich ein großer Dichter werden wollte, daß ich mein Leben der Schöpfung eines Meisterwerks widmen würde und daß ich mit dreißig Jahren, Blut hustend in einem letzten schwindsüchtigen Anfall zu sterben hoffte, so daß meine Begabung makellos und unbefleckt bleiben würde. Diesen Aufsatz übergab ich meinem Englischlehrer, der am folgenden Tag an meine Bank trat, mein Ohr zwischen seine von Nikotin gebräunten Finger nahm und mich vor die Klasse führte, wo ich meinen Aufsatz laut vorlesen mußte. O ja, allem Anschein nach war ich das ideale Demonstrationsobjekt seines plumpen pädagogischen Witzes, das perfekte Opfer, um eine Klasse eingesperrter Jungen zu ergötzen.

Aber dieser Lehrer ist inzwischen gestorben. Ich kann ihn nicht mehr hassen, weil er mich zur Zielscheibe des Spottes gemacht hat. Noch kann ich meine Klassenkameraden für den ausgiebigeren Jux hassen, den sie nach dem Unterricht mit mir anstellten. Warum auch? Damals hatte ich das Gefühl, daß dieser Vorfall der größte Triumph meines Lebens war. An jenem Tag hatte sich nach dem Unterricht ein sehr viel größeres Publikum versammelt. Ich wurde zum Schulbrunnen geschleppt, unter den Wasserstrahl geschoben und dort so lange festgehalten, bis mir das Wasser den Rücken hinunterlief, meine Hosen durchweichte und an meinen dürren Beinen hinunterrann, bis Socken und Schuhe ganz naß waren.

Nach dem Tauchbad wurde ich gezwungen, meinen Aufsatz noch einmal laut vorzulesen. Man wollte mir meinen Dünkel austreiben und mir eine Lektion erteilen, die zu lernen mir bisher schwergefallen war. Aber ich lernte nichts. Klatschnaß, mit zerrissenem Anzug las ich meinen Aufsatz vor, jetzt aber voller Stolz, und verkündete laut schreiend, daß ich genau das tun würde, was ich darin versprochen hatte. Und meine Klassenkameraden, die mein blasses Gesicht und meine zitternden Schultern sahen, die in meinem dünnen, herausfordernden Kreischen den wahren Fanatismus hörten, wandten sich ab, weil ich ihnen nicht geheuer war, weil Überzeugung, selbst eine falsche Überzeugung, anderen nie ganz geheuer ist. Zum erstenmal in meinem Leben hatte ich gewonnen. Meine eigene Unsicherheit verschwand, und während meiner restlichen Schulzeit hatte ich ständig unter der abweisenden Haltung meiner Klassenkameraden zu leiden. Ihre Zweifel an jenem Tag machten aus mir das Opfer meiner eigenen unsicheren Prahlerei, das ich auch heute noch bin.

Denn ich habe es immer noch nicht geschafft. Ich, der ich mich einmal rühmte, mich nie mit einem der üblichen Berufe zufriedenzugeben, habe statt dessen – was eigentlich? Ich habe geschrieben, das stimmt, und zwar Prosa, keine Poesie. Sechs meiner Erzählungen sind in kleinen literarischen Zeitschriften veröffentlicht worden. Doch der Roman, mit dem ich meine Prophezeiungen zu erfüllen hoffe, liegt noch immer in einer Schublade meines Büros, ein geliebtes, aber kränkliches Kind, dessen Leben dadurch gefährdet ist, daß ich nur hin und wieder an ihm arbeite. Es ist wahr, ich bin der provinziellen Mittelmäßigkeit meines Heimatlandes entflohen und lebe jetzt im Exil, im Rom unserer Zeit. Aber hier in New York arbeite ich als Redaktionssklave einer Zeitschrift, die in Titel und Inhalt so banal ist, daß ich es nicht ertragen kann, ihren Namen zu nennen, und wenn man mich fragt, warum ich diese Arbeit tue, muß ich von Rechnungen sprechen: von Rechnungen für Kleidung, für Nahrungsmittel und Wohnung, für Medikamente und den Kindergarten, von dem Betrag, den ich meiner Mutter schicke – über die vielen Rechnungen, in denen ich allmonatlich ertrinke. Und nachts, in einem bösen, immer wiederkehrenden Traum, stehe ich neuerlich neben jenem eiskalten Brunnen, erlebe noch einmal jenen Augenblick, in dem mir meine Klassenkameraden aus Angst vor mir einen Vorgeschmack dessen gaben, was der Ehrgeiz mir einbringen könnte. Und plötzlich, wie von ungefähr, wenn auch unausweichlich, bekommt mein Leben eine Zielsetzung, deren Endpunkt ich bis heute nicht erreicht habe. In jenem Traum weine ich.

Als ich heute morgen zur Arbeit fuhr, saß ich daher verdrossen in der rüttelnden U-Bahn. Soll ich mich jetzt selbst beschreiben, damit ich es hinter mir habe? Ich bin blaß und habe eine napoleonische Haarlocke, die mir über dem einen Auge in die Stirn fällt. Ein amerikanischer Filmregisseur, den ich eines Nachts in Palma de Mallorca in einer Bar kennenlernte, bot mir an, mich in der Rolle eines betrunkenen jungen calvinistischen Geistlichen herauszubringen, weil ich, wie er sagte, »einen edlen, schuldbeladenen, versonnenen Ausdruck« hätte. Als ich ihn am folgenden Morgen in seinem Hotel aufsuchte, tat er, als könne er sich an sein Angebot nicht erinnern; dennoch halte ich seine Beschreibung meines Aussehens für ein Kompliment. Es stimmt ferner, daß meine Großmutter väterlicherseits Schottin war. Ich bin groß und habe große Hände, die aus den Ärmeln meiner Anzüge weit heraushängen. Eines meiner Augen ist größer als das andere und nicht ganz so braun. Aber ich gebe es auf. Kann ich mich selbst beschreiben, indem ich sage, daß keine Frau Vertrauen zu mir hat, wie ich während meines ersten Sommers in Amerika feststellte, als ich – zur Aufbesserung meiner Finanzen – an den Haustüren Enzyklopädien zu verkaufen versuchte? Zollbeamte fordern mich auf, meine Koffer zu öffnen, Polizisten fordern mich auf weiterzugehen.

An diesem Morgen saß ich in abgewetzten Wildlederschuhen, einem zerknitterten Anzug aus Baumwollcord und einem durchgeknöpften blauen Hemd schweigsam und in mich versunken auf meinem Platz in der U-Bahn, als wäre ich von einer Vision erfüllt. In Wirklichkeit rechnete ich jedoch, überschlug den Wechselkurs von amerikanischem Dollar und englischem Pfund, um herauszubekommen, mit welcher möglichst geringen Erhöhung der Zahlungen an meine Mutter ich davonkommen könnte, erwog zum wer weiß wievielten Mal die Möglichkeit, das kleine Hinterzimmer unserer Wohnung an eine Studentin zu vermieten, beschäftigte mich zwischendurch in wollüstigen Gedanken mit dem hübschen Negermädchen, das mir gegenübersaß, konzentrierte mich dann unvermittelt wieder auf meinen Artikel über einen Berufsboxer, an dem ich arbeiten sollte, bastelte während der kurzen Fahrt zwischen Grand Central und meinem Büro am nächsten Absatz herum und schwor mir, als ich die Treppe nach oben ging, daß ich heute morgen den ersten Entwurf abschließen würde.

Aber ich hatte es nur auf zwei schlecht geschriebene Seiten gebracht, als ich mittags zum Essen wegging. Seit einigen Wochen schon wich ich meinen Kollegen möglichst aus und fuhr immer nach Greenwich Village, wo ich bei »Howard Johnson« esse, um anschließend mit einem idiotischen Heimweh nach einem Paris, das ich gar nicht kenne, durch die Straßen zu wandern. Bei »Howard Johnson«, wo man vor jeder Störung sicher ist, bestellte ich überbackene Bohnen mit Knackwurst und schlug eine alte Nummer der Partisan Review auf. Ich strich jedoch gerade die aufgeschlagenen Seiten glatt, da setzte sich mir gegenüber jemand in meine Nische.

»Tag, Brendan.«

Er wußte, daß er mich finden würde. Ich wußte, daß er mich finden würde. Durch irgendeine Telepathie des Versagens kannte einer des anderen Pfade, Rastplätze und Wasserstellen. Wer von uns beiden ist der Jäger? Meinem Gefühl nach ist er es. Denn bin ich in meinem Verlangen nach seiner Gesellschaft nicht der Vogel seiner Schlange?

Er heißt Max Bronstein und ist siebenundzwanzig Jahre alt. An diesem Tag trug er Sandalen, eine Sonnenbrille, grüne Hosen im China-Look und ein rotes Hemd, das mit einem Muster gelber Vögel bedruckt war. Seit kurzem hatte er sich einen Bart wachsen lassen, der irgendwie nicht zu seiner Phantasiebekleidung eines Beatnik paßte und ihn eher wie einen angehenden Rabbiner aussehen ließ, der sein yarmalke in die Irre geführt hat. Mit einer Katze bewohnt er ein Ein-Zimmer-Apartment in West Village, schreibt gelegentlich als freier Mitarbeiter Artikel für die Zeitschrift, bei der ich angestellt bin, und zwei seiner Erzählungen sind in derselben kleinen literarischen Zeitschrift veröffentlicht worden, die auch meine Arbeiten gebracht hat. Ein geselliger Einsiedler, ein Spaßmacher, der sich sein Essen an anderer Leute Tisch verdient, und vor allem ein Mann, der unerbetene Ratschläge erteilt.

»Na, alter Knabe«, sagte er. »Wo hast du letzte Woche gesteckt? Weißt du schon das Neueste von mir?«

»Was heißt hier das Neueste?«

»Mein Roman. Gardiner Key will ihn veröffentlichen.«

Ich glaubte ihm nicht.

»Tausendfünfhundert Dollar Vorschuß«, sagte er. »Für heute abend hat er mich ins ›Algonquin‹ eingeladen. Er hat bereits eine großartige Besprechung von Carnovsky vorliegen, und alle anderen wichtigen Kritiker sollen Vorausexemplare bekommen. Hier, ich zeig dir den Brief.«

Er reichte ihn mir herüber. Ich las ihn. Mein Gott, es stimmte! Ich blickte zu ihm auf und sah sein Lächeln; es war ein Lächeln, das mehr dem Zähnefletschen eines Köters glich, Ohren flach angelegt, jederzeit bereit, sich streicheln zu lassen oder zuzubeißen. Von nun an würde alles, was ich sagte, notiert und als Beweis gegen mich vorgebracht werden.

»Herzlichen Glückwunsch«, sagte ich. »Das ist großartig, Max.«

»Es ist wirklich großartig«, sagte er. »Da siehst du mal wieder: Laß dich nicht davon abbringen, und früher oder später wird dein Talent anerkannt. Weißt du, Brendan, was ich jetzt tun werde? Ich werde den Vorschuß nehmen, aus New York verschwinden und sofort mit einem neuen Roman anfangen. Wenn ich irgendwo ein billiges Kaff finde, könnte ich mir vorstellen, daß ich mit dieser Summe sechs Monate auskomme.«

»Du schon«, sagte ich. »Ich nicht.«

»Das stimmt«, sagte er. »Mit Frau und Kindern. Aber denk immer an Tolstois Bemerkung: Ein Mann, der nicht auch Vater ist, kann das Leben nicht kennen.«

»Wo hat er das gesagt?«

»Irgendwo. Aber ich gebe zu, daß es für einen verheirateten Mann schwieriger ist.«

»Außerdem habe ich noch meine Mutter …«, begann ich, aber er hörte nicht zu; er gab dem Kellner seine Bestellung auf.

»Schweinesteak mit Spiegelei, ein Glas Milch, Muffins und Kaffee, verstanden? Wie ist es mit dir, Brendan?«

»Danke, nichts.«

Er nahm seine Sonnenbrille ab und schob sie in ein Brillenetui aus Kunststoff. »Weißt du«, sagte er, »du solltest endlich deinen Roman fertigschreiben.«

»Das kann ich mir nicht leisten.«

»Moment«, sagte er, »ich habe eine Idee.« Sein Lächeln ließ die Klammern in seiner Brücke sichtbar werden. »Wie wäre es, wenn ich Key gegenüber heute abend deinen Namen erwähnen würde? Er ist immer auf der Suche nach guten jungen Schriftstellern.«

Leck mich, dachte ich im stillen. Aber war das nicht ein Omen? Mir gegenüber saß nicht mehr Max, mon semblable, der von den gleichen Wunschträumen und der gleichen Bitterkeit erfüllt gewesen war; jener Max, der zwei Jahre jünger war als ich und von dem nur zwei Geschichten – gegenüber meinen sechs Erzählungen – veröffentlicht waren. Nein, von nun an war er Max Bronstein, dessen Roman bei Gardiner Key erscheinen würde, gepriesen von Carnovsky, während ich – das war nicht gerecht.

Mochte es sein, wie es wollte, ändern ließ es sich nicht. Alles war jetzt anders geworden. Nach dem Mittagessen bummelte Max, der sonst immer wie von der Uhr gehetzt davonstob, langsam den Bürgersteig entlang und machte nebenbei den Vorschlag, ich solle mir den Nachmittag freinehmen. Dabei wußte er genau, daß ich nein sagen mußte.

»Na, los, Mann.«

»Nein! Ich muß wieder an die Arbeit.«

»Arbeit? Wer fragt denn schon danach?« sagte er. »Komm. Wie wäre es mit einem Bier im ›San Remo‹?«

»Nein.«

»Also gut«, sagte er. »Bis zum nächsten Mal, du Sklave.«

Selbst sein Gang hatte sich verändert. Wie oft hatte ich mich von ihm verabschiedet und ihm nachgeblickt: ein bedrückter junger Rabbiner, der unwillig zur shul schlurrte, dessen Ziel das seelenlose Kabuff des Redakteurs irgendeines Käseblattes oder jenes einsame Ein-Zimmer-Apartment in der West 12th Street war, jenes Zimmer, das bestimmt keine der verdammten Musen betreten würde, wo seine gelbbraune Katze bei seinem Eintreten gelangweilt die Beine von sich strecken würde, um sich dann wieder zum Schlaf einzurollen. Wenn man ihn dagegen jetzt beobachtete, wie er munter durch den Verkehr stolzierte, ohne sich noch einmal umzublicken, und in der Menge auf der 8th Street verschwand, ein seines Erfolges sicherer Sieger. Wie viele Werke der Phantasie sind durch den Neid auf den Erfolg eines unbegabten Zeitgenossen zum Leben erweckt worden? Weit mehr, möchte ich wetten, als durch das Beispiel eines mit Erfolg belohnten Talents. Während ich beobachtete, wie Max davonging, wurde ich von einem Zittern gepackt – von einem Zittern, das aus Wut und Freude gemischt war, denn was dort von mir weg stolzierte und meinen Neid erweckte, das war der zweibeinige positive Beweis dafür, daß ich ein viel, ein sehr viel besseres Buch schreiben könnte und bei Gott auch schreiben würde als alle, von denen Max Bronstein auch nur träumte. In meinen Augen war mein Roman ein eingedämmtes Feuer, das nur dieser Flamme aus Wut und Groll bedurfte, um zur Genialität aufzulodern. Mein bisheriges Leben in Amerika hatte sich auf Ehe, Vaterschaft, Geldverdienen und die törichte Eitelkeit beschränkt, die ich bei der Veröffentlichung jener wenigen Kurzgeschichten empfunden hatte. Diesen dilettantischen Dingen war mein Roman bisher untergeordnet gewesen. Im kommenden Dezember werde ich dreißig Jahre alt. Ich kann mich nicht mehr mit »Versprechungen« durchmogeln. Ausführung ist die Forderung des Augenblicks. Rücksichtslos muß ich sein. Ich habe nur ein einziges Leben; und damit muß ich irgend etwas anfangen. Zeit – ich muß mir Zeit verschaffen.

Und in jenem Augenblick, an der Ecke der Sixth und der Greenwich Avenue, fiel mir die Antwort ein. Ankara ist die Hauptstadt der Türkei. Meine Mutter.

 

Als Mrs. Eileen Tierney an ihrer Haltestelle den Bus verließ, versteckte sie die kleine Tasche unter ihrem Mantel. Es war ein kleines Necessaire der BOAC, die der Angestellte ihr gegeben hatte, als er ihren Flugschein ausstellte. Sie versteckte die Tasche, weil Dromore Estates hundert Augen hatte – Augen, die nichts Besseres zu tun hatten, als sich um die Angelegenheiten anderer zu kümmern. Sie ging den Hauptweg entlang, bog erst nach links, dann nach rechts und schließlich noch einmal nach links. Obgleich sie jetzt seit vier Jahren hier wohnte, mußte sie immer noch auf ihren Weg achten, weil die kleinen Häuser sich alle so ähnlich sahen. Als sie in den Weg einbog, der zur Nummer 49 führte, setzte endlich der Regenschauer ein, der schon den ganzen Nachmittag gedroht hatte. Sie hatte Glück gehabt, daß sie ihm entwischt war.

Sie legte die kleine Tasche in der Diele ab und sah, daß dort ein Brief von Moira lag. Höchstwahrscheinlich fragte sie wieder wegen der Schuhe an. Sie würde ihn später lesen. Und jetzt? Der Abend lag vor ihr, eine leere Seite, die beschrieben werden mußte. Zum Lesen der Abendzeitung würde sie nicht einmal eine halbe Stunde brauchen. Sämtliche Bücher hatte sie in die Bibliothek zurückgebracht; mit dem Packen war sie sehr viel weiter, als sie sich vorgenommen hatte. Sämtliche Rechnungen waren bezahlt, sämtliche Briefe geschrieben und in den Briefkasten gesteckt, und frühestens morgen konnte sie die letzten Abschiedsbesuche machen. Gut – aber was konnte sie jetzt noch Nützliches anfangen? Irgend etwas mußte es doch geben, wie es immer etwas gegeben hatte.

Aber diesmal fand sie nichts. Wenn sie erst bei Brendan war, hatte sie wenigstens die beiden Kinder, mit denen sie genug zu tun haben würde. Einen Fernsehapparat hatte Brendan sicher auch. Und sie würde Brendans Frau helfen können. »Jane«, sagte sie laut. Wer war Jane? Die Absenderin von etwa vier höflichen Briefen im Jahr, mit denen sie sich für die Pullover bedankte, die Liam und Lisa erhalten hatten, in denen sie vom Wetter berichtete, alles Gute wünschte und mit »alles Liebe« schloß. Aber was bedeutete »Liebe« wirklich; was bedeute ich ihr, eine alte Frau, die sie noch nie gesehen hat, die Mutter ihres Mannes, ein Mensch mit einem anderen Glauben?

Ihr war etwas schwindelig. Sie ging in das kleine Wohnzimmer, zog die Vorhänge zu und setzte sich. Dann öffnete sie Moiras Brief: »The Convent, Pints Lane, Manchester, Lancashire.« Eine komische Anschrift. Und der Brief war, wie immer, mit »Sister Teresa« unterschrieben, mit jenem Namen, den ihr die Kirche gegeben hatte, als sie sie ihrer Pflicht gegenüber der Familie, ihres schönen kastanienbraunen Haares und ihres Rechtes entledigte, sich irgendwo eine Tasse Tee zu bestellen oder zu einem Mann »guten Morgen« zu sagen. Ich weiß, angeblich soll es Berufung sein, aber war der Grund vielleicht nur der, daß sie nicht hübsch war? Ich weinte, als sie ins Kloster eintrat. Denn damit hatte ich sie verloren. Für Teresa in Christo gibt es keine irdischen Belange mehr; sie unterrichtet Kinder aus dem Elendsviertel von Manchester und darf während der Fastenzeit nicht nach Hause schreiben. Ihre Briefe sind alles, was ich noch von ihr besitze, aber sind diese Briefe wirklich Teresa? Ist es zu glauben, daß eine Frau von achtundzwanzig Jahren so etwas schreibt, einen Brief, der so weltfremd ist, der Brief eines Schulmädchens, das um ein Weihnachtsgeschenk bittet und berichtet, was es in der Schule alles tut und über welche Kleinigkeiten es sich aufregt? Werde ich sie jemals wiedersehen, meine Moira? Wahrscheinlich nicht.

Sie wollte sich ein paar Minuten ausruhen. Noch immer war ihr etwas schwindelig. Dr. Brady, der sie betreute, hatte darauf gedrungen, daß sie abnahm. Sie hatte Arthritis in den Gelenken. Manchmal hatte sie Schwierigkeiten beim Atmen. Und außerdem gab es keinen Zweifel mehr, daß sie zu hohen Blutdruck hatte: über 200. Als sie Grattan heiratete, war sie Krankenschwester, Operationsschwester gewesen. Sie versuchte, sich an den Namen jenes Instruments zu erinnern – Sphygmo oder so ähnlich, richtig, Sphygmomanometer! Das freute sie. Mit ihrem Gedächtnis war immer noch alles in Ordnung. Jetzt nur eine Minute ausruhen … Der hochgewachsene, dunkelhaarige Mann kam über das Deck, hielt sich dabei an der Reling fest und kämpfte mit gesenktem Kopf gegen den Wind an. Er trug einen Tweedhut und war in einen schweren Mantel mit Pelerine gehüllt. Auffallend war sein dunkler Spitzbart, und zwischen den Fingern hielt er eine erloschene Zigarre. Er kam die schmale Treppe in den Salon hinunter, in dem auf Tragbahren jene Kranken lagen, die nicht gehen konnten; beim Hinuntersteigen setzte er sich den Kneifer auf die Nase. Es war 1926. In einer Stunde würde die Pilgergruppe in Calais von Bord gehen, und sie, die mitgefahren war, um die schwerkranken Patienten zu betreuen, saß halb tot vor Seekrankheit auf einer Bank an der Wand. Der Reporter und der Fotograf des Daily Sketch waren da. Das Blitzlicht blendete sie, als sie den dunklen bärtigen Mann fotografierten, der neben einer der Tragbahren kniete, und ihn in Zeitlosigkeit erstarren ließen: Dr. Charles Grattan Tierney, ärztlicher Betreuer der irischen Pilger nach Lourdes. Er war zu einer Fotografie gefroren; er konnte sie auch nicht hören, als sie ihn rief. Statt dessen erschien Brendan. Eigentlich hatte Brendan hier nichts zu suchen, denn er war noch gar nicht geboren. Trotzdem war er zwanzig Jahre alt und trug den Anzug seines Bruders Rory; er sagte, der Anzug passe ihm nicht richtig, weil er vererbt wäre. Sie erwiderte darauf, daß er sich darüber keine Gedanken machen solle, denn bald würde er eigene Anzüge besitzen. Sie wußte, daß Rory bald tot sein würde. Brendan bat sie, nach New York zu kommen. Sie erklärte ihm, daß er hier im Salon nichts zu suchen hätte; er wäre noch gar nicht geboren. Sie fragte ihn, ob seine Kinder Katholiken wären, aber er hörte sie nicht. Sie rief nach Grattan; Grattan würde keine Angst haben, Brendan danach zu fragen. Grattan kam und nahm seinen Kneifer ab, dessen Gläser von der Hitze im Salon beschlagen waren. Dann streifte er die Pelerine seines Mantels ab. Ihr war, als müsse sie vor Seekrankheit sterben, aber er schien es nicht zu bemerken. Er erzählte ihr von dem Reporter und von den Fotografen. »Engländer natürlich und absolute Heiden. Ach, Eileen, bete, daß auf dieser Pilgerreise ein Wunder geschehe. Ein Wunder, das ich als Mediziner bezeugen kann.« Er möchte bloß seinen Namen in der Zeitung lesen, dachte sie. Brendan schlägt ihm nach. Ich habe ihn nicht immer geliebt, und jetzt ist es zu spät. Ich hoffe nur, daß er im Himmel ist. Sie war jetzt ganz allein, aber nicht mehr im Salon, sondern im Café de la Paix an der Place de l’Opéra in Paris. Sie trug einen Glockenhut. Grattan setzte sich an ihren Tisch. Er hatte sich seinen Bart noch nicht wachsen lassen. Auf französisch bestellte er Kaffee und Kuchen, und der Kellner antwortete ihm auf englisch. Grattan war wütend. Er war so stolz auf seine Sprachkenntnisse. In seinem zweiten Jahr auf der Universität in Dublin war er für sein Französisch mit einer Goldmedaille ausgezeichnet worden, erzählte er ihr. Sie erinnerte sich, er hatte ihr das schon früher einmal erzählt. Sie liebte Paris. Sie wünschte so sehr, daß er sie in eines dieser anrüchigen Lokale mitnehmen würde, aber sie hatte Angst, ihn darum zu bitten, weil er jeden Abend, bevor er zu Bett ging, niederkniete und betete. Er sagte, wenn sie erst Kinder hätten, müßten sie abends mit der ganzen Familie einen Rosenkranz beten. Danach knieten sie im Café de la Paix nieder, und die Kinder taten es ihnen nach. Moira war fromm, Rory dagegen konnte sich nicht an die Namen der Mysterien erinnern. Brendan rutschte nervös hin und her und beugte sich – mitten im Rosenkranz – zu ihr und sagte, er kenne Paris, er würde ihr alles zeigen, was sie wolle. Sie fragte ihn rundheraus, ob er schon jemals in einem dieser verrufenen Häuser gewesen wäre, die man Bordelle nennt. Lachend sah er sie an und sagte, sie wäre verrückt, aber als sie ihn anblickte, wußte sie genau, daß er dort gewesen war. Grattan kam aus seiner Praxis zurück. Er war jetzt älter: Er hatte sich den Bart abgenommen, trug jedoch immer noch einen dichten grauen Schnurrbart, bräunlich verfärbt vom Nikotin seiner endlosen Zigaretten. Als sie ihn wegen der Bordelle fragte, sagte er, manchmal glaube er fast, sie hätte eine schmutzige Phantasie. Wegen dieser Bemerkung haßte sie ihn. Sie hätte eine schmutzige Phantasie: Es war unfair, das zu sagen. Sie sah ihn in seinem blauen Anzug auf einem Bett liegen, einen Strauß weißer Kalla zu Häupten. Er sah jung aus. Seine Nasenflügel waren fein geschwungen, was sie bisher noch nie bemerkt hatte. Das war seine letzte Wandlung. An der Treppenkehre war der Sarg gegen die Tapete gestoßen und hatte ein Loch hineingerissen. Sie haßte es, an dieser Stelle vorbeizugehen. Immer wollte sie das Loch ausbessern lassen, aber war er wirklich fort, oder war er vielleicht immer noch oben? War er es, der jetzt klingelte …?

Es war die Hausklingel. Sie erhob sich, ging hinaus und drehte das Licht in der Diele an. Dann öffnete sie die Haustür. »Ach, Sie sind es, Ted«, sagte sie und freute sich ehrlich.

»Störe ich?«

»Nein, überhaupt nicht, kommen Sie doch herein. Ich war nur einen Augenblick eingeschlafen.«

Ted Ormsby kam herein und nahm die kleine flache Mütze ab, die er immer trug. Dann zog er seinen abgetragenen Regenmantel aus und hängte ihn an die Garderobe. Ein hochgewachsener Mann von gut vierzig Jahren mit lockigem grauem Haar und einer Brille mit sehr dicken Gläsern. Er trug ein teures Tweedjackett, graue Flanellhosen und braune Wildlederschuhe. Mrs. Tierney wußte, daß er Sozialist, Englischlehrer an einer protestantischen Knabenschule und früher der beste Freund ihres Sohnes Brendan gewesen war. Während Brendans Universitätszeit hatte ihr Mann gemeint, Ted Ormsby hätte einen schlechten Einfluß auf ihn, aber diese Ansicht hatte sich weder auf ihre Zuneigung zu Ted noch auf Teds Zuneigung zu ihr ausgewirkt. Während Grattans langer Krankheit hatte Ted ihr auf hunderterlei Weise geholfen: angefangen beim Ausfüllen von Steuererklärungen bis hin zu den Kohlen, die er einmal in der Woche aus dem Schuppen hinter dem Haus heranschleppte. Als Grattan gestorben war, hatte Ted ihr beim Umzug nach Dromore Estates geholfen. Mrs. Tierney, die in ihrem Leben nur wenige Protestanten kennengelernt hatte, merkte auf einmal überrascht, daß Ted Ormsby ihr von allen Menschen, die sie in Irland zurückließ, wahrscheinlich am meisten fehlen würde.

Er trat jetzt in das Zimmer und bewegte sich dabei in der tastend zögernden Art eines fast Erblindeten. Er fand seinen üblichen Sessel, starrte durch seine dicken Brillengläser, bis er sah, daß sie sich hingesetzt hatte, setzte sich dann ebenfalls, schlug seine langen Beine übereinander, holte Pfeife und Tabaksbeutel hervor und hielt ihr beides erlaubnisheischend entgegen.

»Haben Sie schon ihre Flugscheine?«

»Ja, Ted, heute habe ich sie bekommen.«

»Also alles in Ordnung?«

»Ja, die Verbindungen sind genauso, wie Sie sie mir herausgesucht haben. In London habe ich drei Stunden Aufenthalt.«

»Hat man Ihnen auch schon die Platzkarte für den Atlantikflug mitgegeben? Ich hatte Ihnen einen Platz im hinteren Teil des Flugzeuges reservieren lassen. Dort ist es sicherer.«

»Ja«, sagte sie, »ich habe sie in meiner Handtasche. Und noch einmal vielen Dank, Ted – für alles, was Sie für mich getan haben.«

Er senkte verlegen den Kopf und begann mit großer Sorgfalt seine Pfeife zu stopfen. Sie war richtig glücklich, daß er gekommen war, und weil sie insgeheim mit seinem Besuch gerechnet hatte, hatte sie vier Flaschen Bier kalt gestellt. Als ihr das einfiel, erhob sie sich, ging in die Küche und kehrte mit einer Flasche und einem Glas auf dem Tablett zurück.

Seine Verlegenheit wurde noch größer. »Oh«, sagte er. »Oh. Vielen herzlichen Dank. Haben Sie schon gegessen? Ich störe doch nicht etwa?«

»Aber nein.«

Vorsichtig goß er das Glas voll, so daß der Schaum genau bis zum Rand des Glases reichte. »Sagen Sie, Mrs. Tierney, jetzt, wo Sie abreisen – was, ich meine – wie ist einem zumute, wenn man Irland verläßt, um in einem ganz anderen Land zu leben?«

Während dieser Worte beobachtete er sie genau, obgleich er Einzelheiten ihres Gesichtes mit seinen schwachen Augen nicht erkennen konnte. Beinahe ängstlich wartete er auf das, was sie sagen würde. Er fühlte sich verantwortlich, denn im Grunde hatte er den Anstoß zu dieser Umsiedlung nach Amerika gegeben. Er war sich sehr wohl der Verantwortung bewußt, die er damit übernommen hatte, bewußt auch der Gefahren, die dieser Frau bevorstanden, wenn sie zu einem Sohn zog, dessen Welt und dessen Lebensverhältnisse ihren eigenen so entgegengesetzt waren.

»Ach, Ted«, sagte Mrs. Tierney. »Ich habe es Ihnen doch schon gesagt: Ich lasse hier niemanden zurück. Mein Mann hatte keine nahen Verwandten, und von meiner eigenen Familie lebt nur noch meine Schwester Agnes in Derry. Seit fünfzehn Jahren haben wir uns nicht mehr gesehen. Und davon abgesehen bin ich immer gern gereist. Vorhin erst habe ich wieder von einer Reise geträumt, die wir einmal nach Paris machten.«

»Dies ist aber etwas anderes«, sagte er. »Und das wissen Sie ja auch.«

»Schon – aber liegt darin nicht gerade die besondere Freude? Ich finde, ich bin zu beneiden.«

»Ich meine«, sagte er, »vielleicht sind Sie und Brendan nicht immer der gleichen Ansicht.«

»Ich weiß. Brendan war schon immer sehr unabhängig. Aber wir werden es schon schaffen.«

Er nickte und trank einen großen Schluck Bier. Er war gekommen, um ihr dies und das zu sagen, aber jetzt, da er dieser alten Frau gegenübersaß, der er so zugetan war, überlegte er, ob er denn das Recht hätte, sich in ihre privatesten Dinge einzumischen. Vor drei Monaten, als er sie in ihrem Häuschen besucht hatte, war er zufällig auf die Wochenrechnung ihres Lebensmittelkaufmanns gestoßen und hatte gesehen, daß sie nur Brot, Tee, Milch, Corned beef und Lachs in Dosen bestellt hatte. Unauffällig hatte er sich erkundigt. Ein Postbeamter, den er kannte, hatte ihm von der monatlichen Überweisung erzählt, die sie regelmäßig erhielt, Brendans Geld. Es war typisch für sie, daß sie gar nicht daran dachte, ihn um mehr zu bitten. Und obgleich Ted Ormsby es haßte, sich in die Beziehungen anderer Menschen zu ihren Eltern einzumischen, hatte er Brendan in einem kurzen Brief angedeutet, daß die Lebenskosten hierzulande gestiegen wären und daß es seiner Mutter wahrscheinlich schwerfiele, mit dem Geld auszukommen. Bevor er schrieb, hatte er gemeint, gewissermaßen als Brendans Gewissen zu handeln. Mit dieser Wendung der Dinge aber hatte er nicht gerechnet: daß Brendan seine Mutter auffordern würde, in New York zu leben. Und dafür fühlte er sich verantwortlich. Es gab etwas, das er ihr sagen mußte.

Aber er konnte es nicht aussprechen. Er trank sein Bier aus. Vielleicht konnte er mit ihr ausgehen, sie zum Essen einladen, und es ihr dabei sagen? Aber kaum war ihm dieser Aufschub eingefallen, als er ihn aus moralischen Gründen schon verwarf. Er würde zwar mit ihr zum Essen ausgehen, aber sprechen würde er vorher mit ihr.

»Hören Sie, Mrs. Tierney. Es ist so schwer auszudrücken, und ich hoffe nur, daß Sie mich nicht mißverstehen.«

Er unterbrach sich, atmete tief und zog an seiner Pfeife.

»Also, Ted? Worum handelt es sich?«

»Ich – ich meine – mir ist eingefallen, daß Sie sich vielleicht eingesperrt fühlen, wenn Sie nach New York reisen. Verstehen Sie, was ich meine?«

»Nein«, sagte sie.

»Ich meine, daß Sie sich vielleicht verpflichtet fühlen, dort zu bleiben. Selbst dann, wenn Sie Heimweh haben.«

»Oh, Heimweh kriege ich bestimmt nicht.«

»Aber wenn Sie es nun doch bekommen – verstehen Sie? Wenn es Ihnen dort drüben nicht gefällt. Ich weiß nicht, wie ich es ausdrücken soll, aber eine Tante hat mir vor kurzem etwas Geld hinterlassen. Wenn Sie also irgendwann ein kleines Darlehen brauchen. Ich meine – falls Sie den Wunsch haben, wieder zurückzukommen. Ich würde es als Ehre empfinden, wenn ich Ihnen helfen dürfte.«

»Das ist wirklich sehr nett von Ihnen, Ted«, sagte sie und war zutiefst gerührt; denn war es nicht erstaunlich, daß dieser Mann, der mit ihr überhaupt nicht verwandt war, der so völlig anders dachte als sie, so etwas nicht nur aussprach, sondern es auch im Ernst meinte? »Ich werde daran denken«, sagte sie und lächelte ihn an, aber sie wußte genau, daß sie die Barmherzigkeit eines Fremden nie annehmen könnte. Er kannte sie nicht, wenn er glaubte, sie würde ihn jemals auch nur um einen Penny bitten. Sie bemerkte, daß er sein Bier ausgetrunken hatte, und sie stand auf, um eine neue Flasche zu holen.

»Nein, danke«, sagte er und erhob sich ebenfalls. »Da Sie schon einmal stehen, setzen Sie bitte den Hut auf, und ziehen Sie Ihren Mantel über, und dann werden wir beide ausgehen und irgendwo einen Happen essen.«

»Aber nicht doch.«

»O doch. Ich bin hierhergekommen, um Sie zu einer kleinen Abschiedsfeier einzuladen. Sie dürfen mich nicht enttäuschen.«

Er schob ihre Einwände beiseite und erreichte schließlich, daß sie einverstanden war. Er wartete, während sie sich fertigmachte. In der Haltung eines Kurzsichtigen trat er an das Fenster, beugte sich vor und beäugte die Dinge, die auf dem Fensterbrett standen. Er griff nach einer gerahmten Fotografie, hielt sie dicht vor seine Brille und sah ein Gesicht: eine napoleonische Haarlocke über dem einen Auge, die harten jungen Augen mit dem anklagenden Blick. Brendan, wie er ihn gekannt hatte, ein Gesicht, das er bei Vorlesungen und in Lokalen gesehen hatte, ein Gesicht, das nie lächelte, das jedoch von ärgerlichem Ernst unvermittelt in wildes, ausschweifendes Gelächter umschlug. Das Porträt des jungen Mannes als Künstler.

War es erst zehn Jahre her, daß Brendan, ein schüchterner junger Student, zu F.E. Ormsby, dem Redakteur der Zeitschrift North, gekommen war, um seine ersten Erzählungen anzubieten? Waren erst zehn Jahre vergangen, seit er und sein junger Freund Brendan auf den literarischen Soireen in Belfast jenen übermütigen Unfug veranstaltet hatten, pour épater la bourgeoisie? Diese Aufnahme zeigte den ihm vertrauten Brendan; wer aber war dieser Brendan jetzt?

Die Gesichtszüge auf dem Bild verschwammen vor seinen Augen und verwischten sich. Vor sieben Jahren, in »Lavery’s Saloon Bar«: Die Hitze des Kohlenfeuers hinter ihnen während sie tranken; der Geruch feuchter Kleidungsstücke, von Qualm und Bier. Brendan war ein Jahr in Spanien gewesen und gerade zurückgekehrt. Zwei seiner Erzählungen waren in England veröffentlicht worden. Hatte er sich damals verändert? Er erzählte von einem Mädchen, das er kennengelernt hatte.

»Ich bin in sie verliebt, Ted. Mich hat es ziemlich erwischt.«

»Sie ist wirklich hübsch«, sagte Ormsby und gab die Fotografie zurück.

»Das ist es ja. Wenn ich sie allein nach New York zurückfahren lasse, wird ihr irgendein Yankee in dem Moment, in dem sie von Bord geht, einen Heiratsantrag machen. Deshalb werde ich sie begleiten.«

Ormsby hob seinen Kopf. »Du fährst weg?«

»Ja. Das Visum habe ich mir beim Konsulat in Barcelona beschafft. Ende dieses Monats werde ich sie abholen. Sobald wir in New York sind, heiraten wir.«

»Aha.« Graues Licht, das durch das bleigefaßte Fenster des Lokals drang, fiel auf Ormsbys Brillengläser und blendete ihn. »Und dann kommst du mit ihr hierher zurück?«

»Nein. Sie hat drüben eine Stellung in Aussicht, eine gute Stellung. Sie macht Illustrationen für Zeitschriften.«

»Und was ist mit dir?«

»Jane kennt eine Menge Leute in den Zeitschriftenredaktionen. Sie glaubt, mit ein paar veröffentlichten Erzählungen im Kreuz müßte es mir möglich sein, was zu finden. Außerdem ist es mir völlig egal. In Amerika gibt es für einen Journalisten bestimmt sehr viele Möglichkeiten.«

Ormsby nippte an seinem Bier und lauschte dieser jungen, vertrauensvollen Stimme. Er leckte sich den Schaum vom Schnurrbart. »Ja«, sagte er. »Da gibt es so eine Bemerkung von Cyril Connolly. Über den Journalismus als das Verzetteln von Talent.«

»Journalismus«, sagte Brendan, »ist in meinem Fall unumgänglich.«

»Aber warum? Wenn deine Frau eine gute Stellung hat?«

»Jane möchte Kinder haben.«

Ormsby tastete hinter sich, fand die Theke und stellte sein Glas ab.

»Sie möchte also Kinder haben«, sagte er. »Und du?«

»Nicht so sehr.«

»Warum denn dann?«

»Das habe ich dir bereits gesagt. Ich will sie heiraten. Und wenn Kinder dazugehören, soll es mir auch recht sein.«

»Warum gehst du nicht nach Spanien zurück, Brendan? Es wäre billiger.«

»Spanien – Spanien, ich bin doch schon in Spanien gewesen! Du hast es mir selbst vorgeschlagen, weißt du noch? Aber die Sache hat einen Haken, Ted. Spanien war für deine Generation das Richtige, nicht aber für meine. Die Vorstellung, in irgendeinem ausländischen Kaff nur deswegen zu leben, weil es dort billiger ist, gehört in die dreißiger Jahre. Wir leben jetzt aber in den Fünfzigern. Die Zeiten haben sich geändert. Heute muß ein Schriftsteller im Brennpunkt des Zeitgeschehens stehen. Und das Zentrum ist New York.«

»Unsinn! In New York wirst du, nur um existieren zu können, so viel Geld brauchen, daß du wie ein Ochse schuften mußt. Wenn du dann noch dieses Mädchen heiratest und Kinder hast und dazu noch in einer Stadt wie New York wohnst, dann bist du als guter Schriftsteller erledigt.«

»Aber ich liebe dieses Mädchen.«

Durch seine Brille sah Ormsby ein nebliges Rot, als er sich dem Feuer zuwandte. Die Ausstrahlung der Glut erhitzte seine Wangen.

»Ich hatte immer geglaubt«, sagte er, »daß die Schriftstellerei dir wichtiger sei als alles andere.«

Hinter seinem Rücken Brendans Lachen: ein hämischer Heiterkeitsausbruch. »Immer noch der alte Romantiker, was Ted? Immer noch auf der Suche nach einem Grund, für den zu sterben sich lohnt.«

»Und was ist mit dir, Brendan? Hast du als Grund nur dich selbst?«

»Gründe? Kolonisation, das Klassensystem und solche Sachen – hast du denn immer noch nicht gemerkt, daß das heute keine wirklichen Gründe mehr sind? Heute besteht die Schwierigkeit darin, daß jeder Grund, jede Sache zwangsweise Erfolg haben muß. Der Wohlfahrtsstaat ist auf unseren Inseln kein Problem mehr. Selbst in Irland ist er unvermeidlich.«

»Aber wir können die Sache vorantreiben.«

»Dann los! Ich kann mich aber nur für etwas begeistern, wenn die Chancen gegen mich stehen.«

»Wer von uns beiden ist denn jetzt der Romantiker?« sagte Ormsby bitter: »Drei Viertel der Weltbevölkerung haben nicht genügend zu essen, und trotzdem willst du …«

»Dieses Problem läßt sich nicht durch eine Revolution lösen – das weißt du selbst. Wie sich auch die Tatsache der Atombombe von den Pazifisten nicht einfach wegzaubern läßt.«

»Um Gottes willen, Brendan – höre endlich auf, deinen Egoismus auch noch erklären zu wollen. Was dich augenblicklich interessiert, ist nur, mit irgendeinem amerikanischen Mädchen endlich ins Bett zu kommen. Wenn ich daran denke, daß ich mal dein ganzes Palaver über die Schriftstellerei und über die Opfer, die zu bringen du bereit wärst, geglaubt habe!«

»F.E. Ormsby ist also von mir enttäuscht, oder? Ich habe schon immer gewußt, daß ich für meine Freunde nur eine große Enttäuschung sein werde.«

»Du brauchst dir nicht selbst zu schmeicheln.«

»Aber unterschätze mich nicht, Ted. Immerhin habe ich einige Erzählungen veröffentlicht, oder?«

»Und dieser Erfolg genügt dir zu der Hoffnung, in New York irgendeinen miesen Journalistenjob zu finden.«

»Ich gehe nach New York, weil ich Jane liebe und sie nicht verlieren möchte. Liebe ist doch auch wichtig, oder bist du anderer Meinung?«

»Ach ja«, sagte Ormsby. »Ohne Liebe wäre die Welt verloren.«

»Du brauchst darüber gar nicht zu lachen.«

»Ich lache auch nicht.«

»Dann ist es gut. Mache dir keine Sorgen, daß ich meine Schriftstellerseele verkaufe oder so was. Wenn die Karten erst einmal auf dem Tisch liegen, weiß ich, daß es nichts Wichtigeres gibt als meine Schriftstellerei. Und dann werde ich auch bereit sein, jeden und alles zugunsten meiner Arbeit zu opfern. Du wirst es erleben.«

Es gibt in Gesprächen Augenblicke, in denen die Wahrheit tödlich wirkt: Selbst eine Freundschaft übersteht sie nicht. Dieser, erinnerte Ormsby sich, war so einer.

»Ja, Brendan«, sagte er. »Das glaube ich dir. Du wirst andere Menschen opfern – das stimmt. Aber wirst du auch dich selbst opfern?«

Auf diese Frage, die vor sieben Jahren gestellt worden war, hatte es keine Antwort gegeben. Aber jetzt, angesichts dieses Zimmers, der gepackten Koffer und einer Mutter, der durch das Wort eines Fremden geholfen worden war, stellte sich die Frage noch einmal. Warum hatte Brendan geschrieben, sie solle herüberkommen? Welche Rolle hatte er ihr zugedacht?

Hinter sich hörte Ormsby die Schritte von Mrs. Tierney. Er stellte die Fotografie zurück.

 

Jane Tierney träumte von dunkelhäutigen Männern, die sie vergewaltigten: junge, ungestüme Männer, die in ihren Gedanken auftauchten wie drohende, wenn auch erregende Phalli, mit offenstehenden weißen Seidenhemden, in deren Ausschnitt schwarzes, krauses Brusthaar sichtbar war, Männer, die unmöglich geschnittene Anzüge trugen, dazu goldene Uhrarmbänder und Amulette an silbernen Kettchen, die billiges Parfüm benutzten und deren Lächeln das weiße Gebiß eines Räubers aufblitzen ließ, ein markanter Gegensatz zu dem Oliv ihrer Haut bildete. Männer! Mit ihnen tat sie in Gedanken unaussprechliche Dinge und wurde von ihnen – willig, wenn auch verängstigt – gedemütigt, beraubt, entehrt und geschändet. Es waren Männer, die ihre Münder als Instrumente der Liebe, ihre Zungen als Erforscher der verborgensten Höhlen benutzten, deren Hände grausame und doch zärtliche Bändiger des Fleisches waren. Männer, die schwarze Zigarren rauchten, deren Verlangen bei den unmöglichsten Gelegenheiten aufwallte und die sich der Liebe besonders gern auf Tischen, in Zügen, um die Mittagszeit und in einem offenen Boot in der Dämmerung hingaben. Männer! Nicht Brendan.

Sünde war für Jane ein archaisches Wort. Seine gängige Bedeutung war Schwachheit. Und in der Unvereinbarkeit von Traum und Wirklichkeit hatte sie auch das Gefühl, Unrecht zu tun, ein undeutliches Schuldgefühl, weil ihre närrische Phantasie trotz aller Tatsachen derartig wuchern konnte. Als sie jetzt daranging, das leere Schlafzimmer für Brendans Mutter einzurichten, mußte sie daran denken, wie oft dieses Zimmer in ihrer Phantasie einen völlig anderen Mieter beherbergt hatte: einen französischen, italienischen oder mexikanischen Studenten der Columbia-Universität, einen dunkelhäutigen, amoralischen, leidenschaftlichen jungen Mann, ausgehungert und unerfüllt, dem sie ihren Körper an den heißen Nachmittagen, wenn sie Brendan im Büro wußte, in unzähligen schamlosen Stellungen hingegeben hatte.

Als sie das Zimmer jetzt jedoch betrachtete, trat an die Stelle dieser absurden Träume eine begeisterte, schöpferische Aktivität, und jetzt erkannte sie mit einemmal, was an diesem Zimmer falsch war, was immer falsch gewesen war. Es war einfach zu vollgestopft. Man mußte es so einrichten, daß es größer wirkte, mußte es so gestalten, daß es einen Eindruck von Raum und Helligkeit vermittelte. Also gut. Zuerst mußte das ganze Zeug der Kinder hinausgeschafft werden. Dann strich sie die Wände weiß. In der Fourth Street kaufte sie einen japanischen Bambusvorhang, bei Macy ein Einzelbett (wo sonst hätte sie es kaufen sollen?), bei einem Trödler in der Second Avenue erstand sie einen rechteckigen Spiegel, bei Bloomingdale’s besorgte sie eine kleine Frisierkommode und einen Stuhl aus Naturholz. Über das Bett kam eine Noguchi-Lampe aus Reispapier, während eine Bettdecke aus lustig rotem Baumwollstoff, der mit schwarzen chinesischen Buchstaben bedruckt war, und ein einziger Druck, ein kleiner Hokusai, für Farbe und Kontrast sorgten. Sie machte alles selbst, hielt dabei die Tür verschlossen, bis sie mit allem fertig war, und an dem Sonnabend vor Mrs. Tierneys Ankunft holte sie Brendan und zeigte ihm das Zimmer.

»Wie gefällt es dir, Darling?«

»Nun ja«, sagte er, »mir gefällt es schon. Aber wird es ihr gefallen?«

»Warum nicht? Ich finde es so hübsch.«

»Ja«, sagte er. »Aber vielleicht sollte man ihr noch einen Sessel hineinstellen.«

»Gute Sessel kosten ein Vermögen.«

»Ich weiß. Aber vielleicht könntest du irgendwo einen gebrauchten besorgen. Irgend etwas, wo sie sich ausruhen kann.«

»Aber das würde den Raum kaputtmachen. Merkst du denn nicht, daß ich das Zimmer so eingerichtet habe, weil es nicht nur reizend und praktisch, sondern auch billig war?«

»Ich weiß«, sagte er. Aber überzeugt schien er nicht zu sein.

Es war so rücksichtslos von ihm: Am liebsten hätte sie geweint. Weil die Kinder zu Hause waren und sie nicht wollte, daß man sie weinen sah, zog sie sich in das Badezimmer zurück. Wie konnte man Vier- und Fünfjährigen so etwas erklären? Dabei hatte er sonst ihre Mühen immer