Kreiselpumpen und Pumpensysteme

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Thomas Merkle

Kreiselpumpen und Pumpensysteme

Betrieb, Instandhaltung und Schadensvermeidung

expert verlag

Inhalt

Vorwort

Kreiselpumpen werden zur Förderung von sehr unterschiedlichen Fluiden oder Flüssigkeiten eingesetzt. Neben der Förderung von reinen Flüssigkeiten werden sehr häufig auch Flüssigkeiten mit Feststoffbestandteilen transportiert. Abrasive Medien schleifen an Gehäusen und Laufrädern so stark, dass erhebliche Schäden an den Pumpenteilen auftreten.

Dies hat zur Folge, dass die Pumpen je nach Belastung und Zusammensetzung des zu fördernden Mediums und der darin enthaltenen Feststoffe nur eine geringe Standzeit aufweisen und daher unwirtschaftlich werden können. Eine falsche Betriebsweise von Pumpen kann zu Kavitation führen und ebenfalls starker Schäden verursachen.

 

In diesem Buch wird aufgezeigt, dass sich Schäden und Verschleiß beim Betrieb von Pumpen durch geeignete Maßnahmen reduzieren und teilweise vermeiden lassen. Konstruktive Maßnahmen, vorbeugende Instandhaltung, optimale Wartung und Reparatur von Anlagen, können sowohl die Lebensdauer verlängern als auch Kosten sparen. Der Einsatz von Drehzahlregelung, neuen Technologien zur Beschichtung und Herstellung der Pumpenbauteile kann die Wirtschaftlichkeit von Pumpenanlagen erheblich erhöhen.

Anhand von praktischen Beispielen werden Schadensmechanismen und Zusammenhänge aufgezeigt und bewertet. Es werden Hinweise zu Fehler-management, sowie Vorschläge für Maßnahmen zu Fehlervermeidung und Fehlererkennung gegeben.

Der spezifische Verschleiß, beispielsweise beim Pumpen von Flüssigkeiten mit Feststoffen oder „Spänen“ wird in Theorie und Praxis beschrieben. Pumpen die in der spanenden Metallbearbeitung, bei Werkzeugmaschinen und bei Anlagen zur Förderung von abrasiven Flüssigkeiten eingesetzt werden, unterliegen völlig anderen Betriebsbedingungen als bei der Förderung von reinen, sauberen Flüssigkeiten. Es wird erläutert, dass sich vorausschauende Instandhaltung in wirtschaftlich interessantem Rahmen bewältigen lässt.

Auf tiefergreifende, theoretische Herleitungen und Berechnungen wurde verzichtet, da hierüber bereits ausreichend Fachliteratur vorhanden ist.

Das Buch ist gedacht als Leitfaden, um Schäden minimieren oder vermeiden zu können. Auch als praxisnahe Hilfe für Planer, Anlagenbauer und Betreiber von Anlagen zur spanenden Metallbearbeitung, sowie für die Bereiche Instandhaltung, Wartung und Reparatur von Anlagen, bei denen Pumpen eingesetzt werden. Außerdem für Studierende der Fachbereiche Maschinenbau und Verfahrenstechnik. Die 4. Auflage wurde um das Kapitel Grundlagen ergänzt, mit den Themen Hydraulik, Elektrik, elektrische Antriebe und Regelungsarten.

Tübingen, April 2020

Thomas Merkle

1. Einführung

Kreiselpumpen sind aufgrund ihrer Robustheit sehr weit verbreitet. Sehr viele Förderaufgaben von sehr unterschiedlichen Flüssigkeiten können durch den Einsatz von Kreiselpumpen gelöst werden. Sie eignen sich sowohl für stationäre als auch für instationäre Strömungsverhältnisse. Auch der einfache Aufbau und der geringe Wartungsbedarf begünstigen ihre Anwendung. Dennoch können Kreiselpumpen bedingt durch Schäden auch zerstört werden. Schäden und Verschleiß an Pumpen können sehr unterschiedliche Ursachen haben. Langzeit-schäden treten oft erst nach Jahren auf. Die Art und Intensität der Belastung der Pumpe hat einen sehr entscheidenden Einfluss darauf. Kurzer, getakteter Betrieb, zyklischer oder Dauerbetrieb bestimmen die Lebensdauer der Pumpe. Schäden, die bereits kurz nach der Inbetriebnahme auftreten, lassen sehr häufig auf Planungs- oder Inbetriebnahme-Fehler schließen. Eine falsch ausgelegte Pumpe oder der Betrieb außerhalb des Betriebspunktes können sehr schnell zum Ausfall der Pumpe führen.

Bevor auf die speziellen Ursachen von Verschleiß näher eingegangen wird, sollen Grundlagen betreffende Themen wie Hydraulik, Dimensionierung, Bauformen, Elektrotechnik, elektrische Antriebe und Regelungsarten näher erläutert werden.

1.1. Grundlagen

Die Hauptkomponenten im System Kreiselpumpe sind: Spiralgehäuse, Laufrad, Welle, Motor, Druckdeckel, Gleitringdichtung, oder auch eine Magnetkupplung. Jede einzelne Komponente muss der Anwendung entsprechend angepasst sein. Auftretende Kräfte, das Strömungsverhalten, die Beschaffenheit und die Betriebs-temperatur des Fördermediums erfordern eine sehr genaue Betrachtung der jeweils vorliegenden Anwendung. Viele Probleme während des Betriebs der Pumpe sind auf eine falsche Einschätzung der Anwendung zurückzuführen.

1.1.1. Hydraulische Grundlagen

Die Funktion der Kreiselpumpe basiert auf den hydraulischen Gesetzmäßigkeiten. Die elektrische oder mechanische Energie des Antriebsaggregats wird in Druck- und Bewegungsenergie umgewandelt.

Druck

Kreiselpumpen bewegen eine Flüssigkeit bzw. ein Fluid. Sie erzeugen Druck und Geschwindigkeit. Die im Spiralgehäuse beschleunigte Flüssigkeit fließt im System von Punkt A nach Punkt B, bewirkt durch die von der Pumpe umgesetzte kinetische Energie.

Die Definition von Druck P ist Kraft (N) pro Flächeneinheit in m².

Als Einheit gilt Newton je Quadratmeter (N/m² = Pa = bar).

1 bar = 105 N/m² = 105 Pa

Der atmosphärische Druck ist die Kraft, die durch das Gewicht der Atmosphäre auf eine Fläche wirkt. Der Druck ist abhängig von der Höhe über dem Meeresspiegel.

Topographische Höhe über Meeresspiegel, N.N. [m]

Luftdruck

[hPa] oder [mbar]

Siedetemperatur [°C]

0

200

500

1000

2000

4000

1013

989

955

899

795

616

100

99

98

97

93

87

Tabelle 1: Einfluss der topographischen Höhe auf Luftdruck und Siedetemperatur

Auf der Höhe des Meeresspiegels beträgt der absolute Druck ungefähr 1 bar = 105 N/m². Je höher sich ein Ort über dem Meeresspiegel befindet, desto geringer ist der Luftdruck und die Siedetemperatur.

Zusammenhang zwischen Druck und Förderhöhe

In einer statischen Flüssigkeit ist die Druckdifferenz zwischen zwei Punkten abhängig vom Höhenunterschied. Die Druckdifferenz wird berechnet, indem die jeweilige Höhe mit der Dichte multipliziert wird.

 

Im Folgenden sind die wichtigsten druckrelevanten Begriffe definiert:

Statischer Druck

Druck der ruhenden Flüssigkeit im System

Reibungsverlust

VerlustDruckverlust (Druck und Energie) der während der Strömung im System aufgrund von Reibung zwischen Flüssigkeit (Fluid) und Rohrinnenwand entsteht.

Dynamischer
Druck

Druck, der aufgrund der fließenden Strömung der Flüssigkeit entsteht

Förderdruck

Summe aus statischem und dynamischem Druck im System

Förderhöhe

Der umgerechnete Förderdruck in Meter Wassersäule [mWS]

Differenzdruck

Druck zwischen zwei Punkten in der Rohrleitung der Anlage

Reibungsverluste

Das Auftreten von Reibungsverlusten in Pumpsystemen beeinflusst die Auswahl einer Pumpe. Der Reibungsverlust ist proportional zur Länge der Leitung, dem Förderstrom, dem Rohrdurchmesser und der Viskosität. Verluste in den Komponenten, verursacht durch Strömungen im Rohrleitungssystem – laminare und turbulente Strömung – sind durch Kennwerte bestimmt. Bei turbulenter Strömung kommt es durch erhöhte Geschwindigkeit zu starken Vermischungen und Verwirbelungen.

ReynoldszahlReynoldszahl

Laminare und turbulente Strömung werden mit Hilfe der Reynoldszahl definiert. Diese dimensionslose Zahl Re ist abhängig von der Strömungsgeschwindigkeit, dem Rohrdurchmesser und der kinematischen Viskosität. Sie ergibt sich durch die Berechnung:

 

Re = V ▪ DN / ν

Re

 

=

Reynoldszahl

V

 

=

Strömungsgeschwindigkeit (m/s)

DN

 

=

Rohrdurchmesser (mm)

ν

 

=

kinematische Viskosität Nü (m²/s)

Allgemeine Richtwerte:

  • Laminare Strömung, wenn Re < 2320

  • Turbulente Strömung, wenn Re ≥ 2320

Auslegung

Um eine Pumpe auszuwählen, bzw. auszulegen, ist es wichtig die Anlagen-Kennlinie zu ermitteln. Erst dann kann über die Pumpenkennlinie die richtige Pumpe gewählt werden. Die Kennlinie der Pumpe gibt Aufschluss über ihr Betriebsverhalten. Die Pumpenkennlinien sind definiert durch den Förderstrom Q (in m³/h) und die Förderhöhe H (in m) der Pumpe.

Die Förderhöhe einer Pumpe ist unabhängig von der Dichte (ρ) der Förderflüssigkeit, d.h. eine Kreiselpumpe fördert Flüssigkeiten unabhängig von der Dichte auf gleiche Förderhöhen. Die Dichte muss jedoch bei der Bestimmung des Leistungsbedarfs (P) der Pumpe berücksichtigt werden. Die Förderhöhe ist der umgerechnete Förderdruck (bar) in m Wassersäule.

Druckverlustberechnung

Der DruckverlustDruckverlust bzw. der Druckabfall ergibt sich aus den Reibungsverlusten der Flüssigkeit oder des Fluids durch Reibung in Rohrleitungen, Formstücken und Armaturen. Der Druckverlust ist abhängig von der Geometrie des Systems, der Rauigkeit der Oberfläche, dem Volumenstrom und der Reynoldszahl. Zur Berechnung stehen zwischenzeitlich verschiedene Berechnungsprogramme, viele auch online zur Verfügung. Beispielsweise unter:

  • www.druckverlust.de/online-Rechner

  • www.lgrain

  • www.nussbaum.ch/de/druckverlustberechnung

DrehzahlregelungDrehzahlregelung

Die exakte Anpassung der Pumpenleistung an den tatsächlichen Bedarf mittels Drehzahlregelung durch Frequenzumrichter ist Stand der Technik. Alleine schon durch gesetzliche Vorgaben der Europäischen Union (EU) bezüglich der Energieeffizienz, ist die Optimierung des Energieverbrauchs beim Betrieb von Pumpen festgeschrieben. Neben teilweise hohen Energieeinsparpotentialen liegen verschiedene Vorteile auf der Hand:

  • optimale Leistungsanpassung

  • schonender Pumpenbetrieb

  • gleichmäßige Strömung, wenig Druckstöße

  • hoher Gesamtwirkungsgrad der Anlage

  • weniger störende Ein-/Ausschaltvorgänge

1.1.2. Elektrotechnische Grundlagen

Der Betrieb von Maschinen mit elektrischen Antrieben ist sehr weit verbreitet und hat viele Vorteile. Die elektrische Energie ist die hochwertigste Energieform. Sie ist sauber, energieeffizient und in industrialisierten Ländern fast überall verfügbar. Sie lässt sich leicht transportieren, ist umwandelbar und speicherbar. Elektrische Antriebe lassen sich einfach regeln und verursachen relativ niedrige Geräusch-emissionen. Basierend auf diesen Vorteilen werden die meisten Pumpen mit Elektromotoren angetrieben. Elektromotoren sind elektromechanische Energie-wandler, die elektrischen Strom in Bewegungsenergie bzw. Rotationsenergie umwandeln. Die Drehbewegung bewirkt den Antrieb des Pumpenlaufrades über die Welle. Die Motoren sind geprägt durch folgende Einflussfaktoren: Strom, Spannung, elektromagnetisches Feld, mechanische Abmessungen, Drehmoment, Drehzahl, Kraft, Geschwindigkeit, Materialien, Verluste in Leitern und magnetischen Werkstoffen, sowie Kühlung. Die Basisparameter beim elektrischen Strom und ihre jeweiligen Einheiten sind:

Strom (I):

Spannung (U):

Widerstand (R):

Leistung (P):

Frequenz (f):

Ampere (A)

Volt (V)

Ohm (Ω)

Watt (W)

Hertz (Hz)

Spannung:

Leistung:

U = R • I

P = U • I

Bei der Elektrizität unterscheidet man die 3 Stromarten: Gleichstrom, Wechselstrom und Drehstrom. Wobei der Drehstrom aus einer Überlagerung von 3 Wechsel-strömen erzeugt wird.

GleichstromGleichstrom

Der Gleichstrom fließt immer in die gleiche Richtung und ändert seine Stärke nicht. Gleichstrom kann erzeugt werden in Gleichstromgeneratoren, wie z.B. in der Licht-maschine des Kraftfahrzeugs, (gespeichert in Batterien), Brennstoffzellen, und Photovoltaikmodulen (photoelektrische Solarzellen). Mit Wechselrichtern kann der Gleichstrom in Wechselstrom umgewandelt werden. Bei vielen Anwendungen im Privatbereich wie Netzteilen, Ladegeräten, Akkus oder auch bei verschiedenen Leuchten wird Gleichstrom benötigt.

Hochspannungsleitungen führen Drehstrom und ermöglichen zwar eine einfache Spannungstransformation, jedoch treten bei der Übertragung von Gleichstrom über große Entfernungen weniger Verluste auf. Ein weiterer Vorteil des Gleichstroms ist, dass er gespeichert werden kann. Infolge der zunehmenden Verbreitung der Elektro-mobilität und der Speicherung von Solarstrom in Gebäuden wird Gleichstrom in Zukunft an Bedeutung gewinnen.

WechselstromWechselstrom

Der Wechselstrom ändert entsprechend seiner Erzeugung im Generator regelmäßig seine Bewegungsrichtung und seine Stärke. Durch die alternierende Spannung unterscheidet sich der Wechselstrom vom Gleichstrom. Der Abstand zwischen dem 0-Durchgang und der Amplitude (höchster Punkt) entspricht der Höhe der Spannung in Volt (V). Sie ist einmal positiv und einmal negativ gerichtet. Eine Schwingung (0 >< Plus-Amplitude >< 0 >< Minus-Amplitude>< 0) ist eine Periode. Die Anzahl der Perioden in einer Sekunde bezeichnet man als Frequenz. Frequenz wird in Hertz (Hz) angegeben. In Deutschland und Europa arbeitet das Stromnetz mit 50 Hz = 50 Perioden in einer Sekunde. In anderen Ländern u.a. in den USA und in einigen Staaten Südamerikas hat das Stromnetz 60 Hz.

Diagramm1: Sinuskurve bei Wechselstrom [1]

Die Stromnetze im Gebäudebereich führen 230 V Wechselstrom. Bei Maschinen oder Anlagen höherer Leistung, wird „Kraftstrom“ bzw. Drehstrom mit 400 V benötigt.

DrehstromDrehstrom

Beim Drehstrom werden drei Wechselströme überlagert. Dies erfolgt in drei gleichen Zeitabständen. Die Spannungskurven der drei Phasen sind in der Abbildung unten dargestellt (Diagramm 2). Der Drehstrom ist sozusagen ein dreiphasiger Wechsel-strom, der nacheinander in drei gleichen Zeitabständen aufgeteilt ist. Durch diese Besonderheit kann der Strom mit nur drei Stromleitern (Phasen L1, L2 und L3) transportiert werden. Im Niederspannungsnetz (örtliches Stromnetz) besteht noch ein vierter Stromleiter, der Null- oder Neutralleiter. Bei der Klemmung im Nieder-spannungsnetz von nur einer der drei Phasen (L1, L2, L3) mit dem Neutralleiter (N) kann man Wechselstrom entnehmen (230 Volt). Bei Klemmung von zwei Außenleitern (z.B. L1 zu L3) erhält man Drehstrom mit 400 Volt Spannung.

Diagramm 2: überlagerte Sinuskurven bei Drehstrom [1]

In Deutschland und Europa hat Drehstrom ebenfalls eine Frequenz von 50 Hz, in anderen Ländern sind wie auch beim Wechselstrom 60 Hz verbreitet.