Cover

Mami Bestseller
– 20–

Mein Schicksal heißt Nicole

So viele Tränen habe ich um dich geweint

Ingrid Raden

Impressum:

Epub-Version © 2018 KELTER MEDIA GmbH & Co. KG, Sonninstraße 24 - 28, 20097 Hamburg. Geschäftsführer: Patrick Melchert

Originalausgabe: © KELTER MEDIA GmbH & Co.KG, Hamburg.

Internet: https://ebooks.kelter.de/

E-mail: info@keltermedia.de

Dargestellte Personen auf den Titelbildern stehen mit dem Roman in keinem Zusammenhang.

ISBN: 978-3-74093-690-7

Weitere Titel im Angebot:

Weitere Titel im Angebot

»Ich brauch’ noch einen Schnaps«, verkündete Vinzenz Aberl und schob das Glas über den Holztisch auf Viktoria zu, die ihn mit großen blauen Augen und stummem Staunen ansah. Vinzenz hatte sich nämlich seine brennende Zigarre hinters Ohr geklemmt. Das sah nicht nur komisch, sondern auch gefährlich aus.

Aber dem Kunstmaler waren ja immer so ulkige Scherze eingefallen. Dieses Bravourstückchen sollte nun aber der Abschluß einer Reihe von Possen sein. Denn die Aberls zogen aus München fort und würden ihr Sommerhaus am Tegernsee bewohnen.

Viktoria seufzte. Sie reckte ihren Arm, ergriff die Schnapsflasche und versuchte, das Glas ihres alten Freundes zu füllen. Weil sie sich dabei sehr anstrengen mußte, fuhr ihre Zunge über die Lippen und kreiste in der Luft, bis sie fast die Nasenspitze erreicht hatte.

Vinzenz Aberl lachte. Und seine Frau, die einige Meter entfernt auf der Terrasse stand und immer wieder auf das Nachbargrundstück zu schauen versuchte, wurde aufmerksam.

»Das wievielte Glas Schnaps ist das, Vinzenz?« fragte sie streng.

Der Kunstmaler zwinkerte Viktoria zu, sein weißer Schnurrbart zuckte auf und ab. »Das weiß ich nicht«, erwiderte er mit der Unschuldsmiene eines Engels.

»Du weißt es nicht?« Maria Aberl blickte Viktoria fragend an.

»Es ist das zweite, Tante Maria.« Viktoria log nie.

Maria Aberl lachte. Sie ging um den Tisch herum und legte den Arm um Viktoria. »Wer wird denn jetzt darauf aufpassen, wieviel unser guter Vinzenz trinkt? Ach, Viktoria, wir werden dich sehr vermissen. Du warst doch unser Sonnenschein. Und wie gern habe ich mit deiner Mutter geplaudert. Aber ihr besucht uns recht oft, nicht wahr?«

Viktoria war sieben und für ihr Alter sehr zart. Ihre verträumten Augen waren wie leuchtende Sterne. Das blonde Haar hing ihr bis zum Nacken herab. »Ich komme nicht, Tante Maria. Ich will, daß ihr hierbleibt – bei uns. Und die neuen Nachbarn kann ich gar nicht leiden.«

Sie blickte scheu zu Vinzenz und griff unwillkürlich zur Schnapsflasche, als wollte sie den alten Herrn noch zu einem dritten Glas verleiten. Aber er schüttelte den Kopf.

»Der erste, mein Kind, war zum Aufwärmen auf eurer Terrasse, der zweite ist zum Abschiednehmen vom Haus.«

»Ihr sollt bleiben«, wiederholte Viktoria.

Da ergriff der Maler ihre kleinen Hände und zog sie zu sich.

»Wir haben lange genug hier gelebt, Viktoria. Es war schön in eurer Nachbarschaft. Besonders in den letzten fünf Jahren, als Lisa und Kurt dich bekamen.«

»Ich bin schon sieben«, stellte Viktoria richtig.

»Ja, das weiß ich. Aber als du hierher kamst, warst du schon zwei Jahre alt.«

»Ja«, sann die Kleine vor sich hin, »weil die Leute so viel Papier an Mama und Papa geschickt haben und beide immer wieder alles vollschreiben mußten, bis ich endlich zu ihnen konnte, nicht, Vinzenz, so war es?«

Er lachte. »Ja, das war ein Kampf, bis die Adoption endlich über die Bühne ging. Aber jetzt bist du ja da und allen ein Sonnenschein.«

»Wenn ich dein Sonnenschein bin, Vinzenz, warum geht ihr dann fort?«

Sie trug ein kariertes Kleidchen mit einer roten Jacke darüber. Der Ausschnitt der Jacke wurde mit einer Kordel zusammengehalten. Und an der Art, wie Viktoria an dem Ende der Kordel zog, war zu erkennen, wie sehr sie die Trennung von dem befreundeten Ehepaar beschäftigte. Maria Aberl liebte Viktoria wie eine Enkelin. Ihr zog ein Schmerz durch das Herz.

»Sieh mal«, begann der Kunstmaler zu erklären und griff nun doch zur Flasche. »Vor vier Jahren habe ich das Haus am Tegernsee gekauft, aber wir waren immer nur in den Ferien da, weil ich nebenan mein Atelier besaß und dort gern arbeitete und auch oft zu den Ausstellungen und Galerien in der Stadt gehen konnte. Nun ist damit Schluß. Wenn ich wieder zu euch will, muß ich mit der Bahn fahren, aber das ist auch schön. Wir sind jetzt schon älter und werden die Ruhe am See genießen.«

»Außerdem sind wir gekündigt worden«, sagte Maria verärgert.

»Was ist das?« fragte Viktoria. »Was Krankes?«

»Nein. Die Villa nebenan gehört einem Herrn Troostmann, Viktoria. Er hat sie aber nie bewohnt, weil er sich außerhalb der Stadt einen Bungalow für seine Familie gebaut hat.«

»Dann braucht er das Haus auch nicht«, stellte Viktoria fest. »In zwei Häusern kann man nicht wohnen.«

Vinzenz lachte. »Du hast ganz recht, Viktoria. Aber wir haben auch zwei Häuser gehabt und in dem einen nur in den Ferien gewohnt. Und dieser Herr Troostmann hat nun eine andere Frau gefunden.«

»Die hat bestimmt auch ein Haus«, wollte Viktoria sich trösten. »Dann kann er da wohnen und braucht das Nachbarhaus gar nicht! So!«

Maria wechselte einen Blick mit ihrem Mann. Ob Viktoria überhaupt begriff, was er dem Kind erklären wollte? Sie lebte doch in einer friedvollen, heilen Welt. Lisa und Kurt Raben, ihre Adoptiveltern, waren einander in Liebe verbunden. Was konnte in einem Kind wie Viktoria für Furcht ausgelöst werden, wenn es von Scheidung und Trennung hörte?

Aber wie so oft in ihrer langjährigen Ehe dachte Vinzenz gar nicht daran, auf die Bedenken seiner Frau Rücksicht zu nehmen.

Während er Viktorias Händchen umschloß und mit der rechten Hand leise und rhythmisch auf ihre Finger klatschte, fuhr er mit seiner Erklärung fort:

»Ich weiß nicht, was die neue Frau von Herrn Troostmann hat, Viktoria. Ich habe nur erfahren, daß seine geschiedene Frau mit ihren beiden Kindern dieses Haus als Abfindung bekommt und gern darin wohnen möchte.«

»Was ist denn Abfindung?« fragte Viktoria und riß ihre kullerrunden Augen noch mehr auf. »Etwas Gutes?«

»Ja, vielleicht. Das kommt auf den Fall an.«

»Und wo ist die Frau hingefallen?«

Vinzenz seufzte. Sein Blick wanderte hilfesuchend zu seiner Frau. Jetzt war er in der Klemme. Wie kam er da wieder heraus? Maria mußte ihm helfen. Aber Maria dachte gar nicht daran. Sie hatte ja schon geahnt, daß Viktoria alles in den falschen Hals kriegen würde.

Da hallten Schritte durch den Wohnraum, und Lisa Raben erschien gleich danach auf der Terrasse. Sie war eine Frau, die durch ihr südländisches Aussehen bestach und deren melancholische Augen von Herzenswärme und Gefühlsreichtum zeugten. Sie trug ein schlichtes Dirndl, die dunklen Haare waren in der Mitte gescheitelt und fielen in einer leichten Welle bis zu den Ohrläppchen herab. Sie sah Vinzenz und Maria an.

»Es ist soweit. Die Wagen sind beladen. Ich bin noch einmal durch alle Räume und auch durch das Atelier gegangen. Kein Gegenstand lag herum. Ihr könnt beruhigt fahren. Und wenn nicht der Wagen des Herrn Troostmann schon wartete, würde ich euch trotz allem bitten, noch bis zum Abendessen zu bleiben.«

Ihr Blick hing an Maria, und ihr Lächeln war schmerzlich. Lisa war ohne Mutter aufgewachsen und hatte in der bedeutend älteren Nachbarin Maria Aberl eine kluge und liebenswerte Freundin gefunden.

Die Trennung von den Aberls fiel ihr schwer.

Frau Aberl legte die Hand an Lisas Wange. »Du kommst immer, wenn dir danach zumute ist, Lisa. Du bist uns wie eine Tochter ans Herz gewachsen. Wir haben immer einen Platz für dich.«

»Danke!« flüsterte Lisa.

Vinzenz hatte die Zigarre längst wieder vom Ohr genommen und sog fest daran herum. Er erhob sich.

»Mein liebes Kind«, sagte er zu Lisa, »du weißt, daß ich über viele Dinge anders denke als du. Trotzdem schließe ich mich von Herzen Marias Bitte an. Nur bitte ich dich um einen Gefallen! Denke an deinen Mann, Lisa. Er braucht dich. Du lebst nicht nur für Viktoria allein.«

»Sie hat heute mittag wieder kaum etwas gegessen.«

»Aber, Lisa! Das war die Aufregung über den bevorstehenden Abschied. Und da die Möbelpacker noch eifrig bei der Arbeit waren, hatte Viktoria nicht viel Zeit. Sie mußte hinüber und zuschauen. Heute abend wird sie besser essen.«

»Ich will es hoffen«, erwiderte Lisa ernst. »Den größten Appetit hat sie ja immer entwickelt, wenn sie bei euch in der Küche schmausen durfte.«

»Nun wird sie bei dir schmausen, Lisa.« Maria Aberl sah die junge Freundin besorgt an. In Lisas Augen stand ein Leid, das sie schon öfter bemerkt, das ihr jedoch nie so deutlich und klar offenbar geworden war. Sie wußte, daß Lisa sich immer viel zu sehr um Viktoria sorgte. Viktoria, das Adoptivkind war ihr ein und alles, ihr Lebensinhalt, ihr steter Anlaß zur Besorgnis.

Heiterkeit und Lebensfreude, die Zärtlichkeit für ihren Ehemann kamen dabei zu kurz. Und sie hatte es Lisa schon oft zu sagen versucht.

»Viktoria macht mir Sorgen«, gestand Lisa. »Die Schule strengt sie an. Sie macht ihre Hausaufgaben ohne Freude.«

»Dann mußt du ihr den Spaß daran beibringen, Lisa.«

Vinzenz wandte sich ab. Sein Stockende schlug leicht auf die Terrassenfliesen. Er wollte den Abschied nicht länger hinauszögern. Die Zeit mit den Rabens war wundervoll gewesen, aber nun begann für ihn ein neuer Lebensabschnitt, der des Alters und der Einkehr. Und die Rabens mußten ihr junges Leben auskosten. Nicht, indem sie Viktoria vor lauter Fürsorge einengten, sondern indem sie sie an den Freuden des Alltags teilnehmen ließen.

Dr. Kurt Raben hatte sich schon in aller Herrgottsfrühe von dem Ehepaar Aberl verabschiedet und war zu einem Prozeß nach Augsburg gefahren. So kam es, daß Lisa Viktoria an der Hand nahm und die Freunde zu dem Wagen von Lorenz Troostmann geleitete.

Der reiche Autohändler und Hausbesitzer hatte es sich nicht nehmen lassen, dem Kunstmaler und seiner Frau das Auto mit Chauffeur zur Verfügung zu stellen. Maria Aberl hatte darüber gelächelt, aber ihr Mann hatte gemeint, wenn sich dieser Lorenz Troostmann aus schlechtem Gewissen zu dieser Großzügigkeit verleiten ließ, solle man das Angebot auch annehmen.

Der Wagen von Lorenz Troostmann war ein Sechs-Zylinder in Silbergrau. Vinzenz betrachtete ihn mit hochgezogenen Augenbrauen. Dann wandte er sich zu Lisa um. Und während der Chauffeur die persönlichen Gepäckstücke der Aberls verstaute, flüsterte der Kunstmaler der jungen Frau belustigt zu:

»Du wirst ja richtig reiche Leute als Nachbarn bekommen, Lisa!«

»Es ist doch die geschiedene Frau!« erwiderte Lisa. Dabei fühlte sie ihr Herz aus unerklärlichen Gründen klopfen. So, als wüchse eine Unsicherheit in ihr. Eine geschiedene Frau mußte ein leidgeprüftes Wesen sein. Es würde nur ein Jammern und Klagen geben, und womöglich würde sich diese Frau bei Kurt ausweinen und sie alle drei mit ihren schrecklichen Problemen belasten.

»Nun ja, ganz arm kann sie nicht sein, Lisa.« Er kniff ein Auge zu. »Vielleicht findest du noch eine gute Freundin in der geschiedenen Frau Troostmann.«

»Nein«, erwiderte Lisa und hielt Viktorias Hand ganz fest umschlossen. »Nein. Ich habe für derlei Sachen gar keine Zeit, Viktoria braucht mich.«

»Aber, Lisa!« Frau Aberl hatte die letzten Worte gehört. »Viktoria hat dich schon immer gebraucht. Und du warst trotzdem sehr oft bei uns zu Besuch.« Sie hatte Tränen in den Augen, als sie fortfuhr: »Vinzenz und ich haben viele Aufgaben, Lisa. Wir sind die, die ein anderes Leben beginnen müssen. Wir müssen mit der Umstellung fertigwerden, du wirst dich auch an die neue Nachbarin gewöhnen.«

Sie setzte sich zu Vinzenz in den Wagen. Der Kunstmaler ergriff die Hand seiner Frau. Er war ganz ihrer Meinung. Und das erschien ihm ein gutes Zeichen für den neuen Lebensabschnitt.

Und dann glitten Lisas und Viktorias Gestalten aus ihrem Gesichtskreis. Aber beide wußten, daß die Verbindung zwischen den Familien nicht abreißen darf.

*

»Mutti, schau mal!«

Der fünfjährige Florian zupfte an den eleganten, weit geschnittenen Hosenbeinen Sigrid Troostmanns. »Da ist ja ’n Kind.«

Sigrid Troostmanns schmales Gesicht mit den grauen Augen, der feingeformten Nase und den geschwungenen Lippen war vom Kummer der letzten Monate gezeichnet. Aber jetzt, als Florian mit ihr auf der erhöhten Terrasse der alten Villa stand und ganz begeistert auf den Zaun deutete, hellten sich ihre Züge auf.

Kinder in der Nachbarschaft waren immer gut. Sie würden Daniela und Florian die Umstellung erleichtern, ihnen helfen, sich einzugewöhnen. Aber sie sah nichts. Florian mußte sich geirrt haben.

»Wo, Florian? Wo hast du ein Kind gesehen?«

Der schob die Unterlippe vor. »Och, Mensch. Das ist ja blöd.«

»Was ist blöd?«

Sie mußte lachen.

»Ich hab’ da ein Kind gesehen, Mutti. Es stand da. Geradeso. Aber es wollte mich nicht sehen. Es ist ins Haus gelaufen.«

»Es wird dich schon sehen, Florian. Wir sind ja noch nicht einmal eingezogen. Wenn wir hier wohnen, wirst du dich mit dem fremden Kind befreunden.«

»Und wenn es nu’ nicht will?«

»Aber warum denn nicht? Du bist doch ein netter Junge.«

»Du hast gerade gesagt, ich bin frech.«

Ihre schmale Hand mit den feinglied­rigen Fingern zerwuschelte ihm das dunkle Haar. Gleichzeitig bückte sie sich und brachte ihr Gesicht ganz nah an seins. »Ich habe es nicht so gemeint, Flori. Ich bin heute etwas nervös. So ein Umzug, weißt du…« Sie sah an ihm vorbei in das Haus. Die Möbelpacker hatten ihre Frühstückspause gerade beendet. Gerda, ihre Hausangestellte, hatte Kaffee in der kaum eingerichteten Küche aufgebrüht. Und wenn sie davon getrunken und Florian ein Glas Milch bekommen hatte, wollte sie die Plätze für die Möbel bestimmen. Sonst kamen die Packer ja nicht voran.

»Bleibst du draußen, Flori?«

»Nein, Mutti. Ich komme mit.«

Sie ging mit ihm in das Haus. Es war inzwischen frisch gestrichen worden. Einige Räume wiesen neue Tapeten auf. Sigrid dachte jedesmal an die Rechnung, die kommen mußte. Und dann atmete sie tief ein, als müsse sie einen Berg erklimmen.

Schon vor ihrer Ehe mit Lorenz Troostmann hatte sie dieses Haus liebgewonnen. Und der neue, moderne Flachbau weit vor der Stadt auf einem ausgedehnten baumlosen Grundstück hatte ihr nie so recht gefallen. Manchmal hatte sie sich dort abends gefürchtet. Lorenz war in den letzten Jahren oft bis Mitternacht im Büro geblieben. In dieser Zeit hatte sie wach gelegen und auf jedes Geräusch gehört, das sie verwirren konnte.

Hier würde es anders sein. Gleich nebenan zur Linken wohnte eine Familie mit Kind. Sie hatte das Kind nicht gesehen, weil es sich vor ihren Blicken verborgen hatte. Aber es mußte ja dort sein. Und zur Rechten befand sich sogar ein Zweifamilienhaus. In dem Mansardenobergeschoß mußten Studenten wohnen. Die waren vorhin rein zufällig vorbeigekommen und hatten gleich etwas ins Haus getragen. Sie lächelte. Bei so netter Umgebung konnte keine noch so hohe Rechnung sie in Unruhe versetzen. Sigrid Troostmann liebte Menschen und Fröhlichkeit.

Die Zeit, die hinter ihr lag, hatte sie das fast vergessen lassen. Lorenz hatte ein Mannequin kennengelernt und innerhalb von drei Monaten festgestellt, daß diese Frau sein Glück bedeutete und er sich ganz mit ihr in die Einsamkeit zurückziehen wollte.

»Frau Troostmann?«

»Ja, Gerda?«

»Es ist jetzt Viertel vor vier. Sie müssen Daniela abholen. Das war so verabredet.«

Sigrid fuhr sich durch das üppige, gelockte Haar. »Um Gottes willen! Das habe ich ganz vergessen.« Sie griff in die Tasche ihrer Jacke und holte den Autoschlüssel hervor. Dann blickte sie Gerda noch einmal an. »Wenn ich Sie nicht hätte, Gerda. Wie ist es nur möglich, ich hätte fast meine kleine Daniela vergessen!«

»Daniela ist nicht klein«, verteidigte Florian seine Schwester. »Sie ist schon neun, Mutti.«

»Ja, Florian. Du bleibst schön im Garten oder in Gerdas Nähe, nicht wahr?«

Inzwischen war Gerda noch einmal in der Küche verschwunden und kam jetzt mit einem Becher dampfenden Kaffees zurück.

»Wo sollen denn die Möbel hin, wenn Sie nicht da sind, Frau Troostmann?«

Sigrid schlürfte den Kaffee, er war viel zu heiß. Dabei hob sie die Schultern. »Ich weiß es jetzt nicht, Gerda. Die Packer sollen die Sachen irgendwohin stellen. Was nach oben kommt, kann ich schon genau sagen. Ich werde es ihnen erzählen. Und wenn die Möbel noch umgestellt werden müssen, kann meine Schwester zugreifen.«

»Ihre Schwester, das zierliche Ding!« tadelte Gerda Sigrid ob dieses Leichtsinns. »Kann doch keinen Stuhl tragen.«

»Sie hat Freunde unter ihren Studenten. Die werden helfen. Für ein Bier und eine Brotzeit immer. Zur Not muß ich sie auch bezahlen.«