image

Für Alexandra

Image

Halt, Mut und Inspiration

Thomas Lang

Die Sache an dem Haken

Kurzgeschichten

© 2018 Thomas Lang

Autor: Thomas Lang

Umschlaggestaltung: Thomas Lang

Lektorat, Korrektorat: Judith Kreiner, weblektorat

Verlag: myMorawa von Morawa Lesezirkel

978-3-99070-709-8 (Paperback)

978-3-99070-710-4 (Hardcover)

978-3-99070-711-1 (e-Book)

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.

Die Personen und Handlungen in den Geschichten dieses Buches sind frei erfunden. Allfällige Ähnlichkeiten mit realen Personen sind rein zufällig.

Was wo beginnt

Der Hiltonian

Die Siebeneierorgel

Der Hof der drei Marien

Der Tag ohne Licht

Lautmalers Vernissage oder 6B Gründe, zufrieden zu sein

In Fahrtrichtung gegen die Fahrtrichtung

Leise Gleise

Die Sache an dem Haken

Das Paket

Doppelt oder nichts

Wo Gin und Tonic fließen

Projectile présidentiel

Rhythmus in Orange

Radio Salvador

Die Wahrheit über die Wahrheit

Coin-operated world

schön langsam schön

Buchstäbliche Vollversammlung

Schattentheater

Kurvendiskussion

Der Hiltonian

Es war wie jeden Monat. Wie immer ein völlig unbekanntes Gesicht beim Check-in. Drei Nächte, ja. Wakeup Call, nein. Zeitung, nein, wann sollte er Zeitung lesen? Ein rascher Blick in Richtung Restaurantbereich und in ihm kommt Vorfreude auf, wegen des gediegenen Frühstücks. Als Lin die Schlüsselkarte in Empfang nimmt, verspürt er ein wenig Hunger. Diesmal im hintersten Gebäudekomplex, dritter Stock. Der Bildschirm im Aufzug zeigt die Uhrzeit und gleichzeitig den Hinweis auf die Happy Hour. Alle Cocktails um acht Pfund. Lin denkt an die Erfahrungen der letzten Monate mit der Hotelbar und stellt ganz entspannt fest, dass diese hundertzwanzigminütige glückliche Stunde in Kürze ohne ihn ablaufen wird.

Die Aufzugtür öffnet sich schwerfällig und gibt den Blick auf den langen Gang frei. 372, ziemlich weit hinten. Der Trolley lässt sich nur mühsam über den Teppich ziehen. Immer wieder muss sich Lin wundern, warum man in England so dermaßen auf hochflorige Teppiche steht. Im Zimmer – ja, vielleicht, aber am Gang? Das Quietschen der Räder wird vom Flor vollends verschluckt. Aus 364 dröhnt Filmmusik … nein, es handelt sich um eine Fernsehwerbung. Vorletzte Tür links. Die Schlüsselkarte ist eine weiße Scheckkarte, mit der Lin kontaktlos die Tür öffnet.

Im Zimmer brennt Licht, eine am Boden stehende Öllampe erhellt den großen Raum. Lin kann keine Fenster erkennen, einförmige Ziegelwände begrenzen den Raum. In der hinteren Ecke steht ein Krankenbett, ein Mann liegt darin und atmet regelmäßig, die Augen geschlossen. Lin betritt das Zimmer und stellt seinen Trolley ab. In dem Moment, in dem er die Tür schließen möchte, hört er leise, dumpfe Schritte am Gang. Ein Mann klopft an Lins noch nicht verschlossene Zimmertür. Er hat eine Malerstaffelei unter dem Arm, und bittet um Einlass. Lin sieht auch eine kleine, halb offene Tasche, aus der Pinsel und Farbtuben ragen. Er öffnet wieder die Tür, und der Maler betritt den Raum. Er starrt den Kranken mit sichtlich interessiertem Blick an, dann stellt er seine Staffelei mitten im Zimmer auf und beginnt, die Pinsel und Farben vorzubereiten. Eine Palette taucht plötzlich aus der Innenseite seines Sakkos auf. Der Maler mustert sein Modell. Lin öffnet in der Zwischenzeit seinen Trolley, entnimmt seine Anzughemden und legt sie vor sich auf den Boden. Der Boden scheint die einzige Ablagefläche in dem Raum zu sein. Der Maler holt unter dem Krankenbett einen Keilrahmen mit gespannter Leinwand hervor und stellt ihn auf die Staffelei. Lin packt weiter seinen kleinen Koffer aus und legt den ganzen Inhalt in einer Ecke des Zimmers auf den Boden.

Nachdem er alles ausgebreitet hat, kommt es ihm vor, als würde das ganze Gewand, das nun so daliegt, eigentlich gar nicht in den kleinen Trolley passen. Lin schließt die Tür und genießt den ersten ruhigen Moment seit Stunden. Er beobachtet den Maler, wie er seine Farben auf die Palette aufträgt und währenddessen immer wieder den Kranken im Bett mustert. Der Maler beginnt mit einer Zeichnung, einer Skizze. Lin kann kurz darauf eine stehende Person auf der Leinwand ausnehmen, von hinten gezeichnet. Das Licht der Öllampe flackert, und Lin hofft, dass die Lampe dem Maler noch lange genug leuchten wird. Mit großem Geschick und ohne zu zögern arbeitet der Maler an der Skizze. Lin kann jetzt einen Seiltänzer erkennen, der mit einer langen Stange auf einem Strich aus schwarzer Kohle sein Gleichgewicht hält. Wann kommen die Farben zum Einsatz? Der Kranke liegt ungestört im Bett, bewegt sich nicht. Die Handbewegungen des Zeichners werden immer langsamer, als ginge es jetzt nur mehr um die Details. Die Figur wird jedenfalls das Gleichgewicht halten. Dem Kranken im Bett ist es egal, denkt Lin. Der Maler ist äußerst konzentriert am Werk und versucht alle Details, alle Gesichtszüge des Kranken in der Zeichnung des Seiltänzers wiederzugeben. Die Farben kommen nicht zum Einsatz, die Palette verschwindet wieder dorthin, von wo sie ursprünglich aufgetaucht war. Jeder Strich der Zeichnung sitzt, und der Seiltänzer erscheint stabiler als je zuvor.

Lin nimmt jetzt am Boden hinter dem Maler Platz, er ist erschöpft von der Anreise und entschließt sich kurzerhand, das Zimmer zu verlassen, um noch einen Happen Essen zu besorgen. Er schließt die Tür vorsichtig von außen, um den Künstler nicht zu stören. Auf dem Weg zum Aufzug greift er in seine Tasche der Jean und prüft, ob er genug Kleingeld hat. Die Anzeige der Happy Hour ist gewichen, stattdessen jetzt der Hinweis, dass es nicht weit ist zum perfekten Dinner. Lin verlässt das Hotel und geht zielstrebig links um den Block, um zu einem kleinen Supermarkt zu gelangen.

Der Mann indischer Herkunft grüßt freundlich und kurz wie immer, sitzt hinter der Kassa, die wahrscheinlich schon seit Jahrzehnten an ihrem Platz steht. Lin fragt sich, wie der Inder wohl über die Runden kommt mit seinem kleinen Geschäft, das irgendwie alles und nichts zum Verkauf anbietet. Der Duft verzaubert Lin immer wieder … Ist es der Mann selbst oder sind es seine Waren, die diesen irgendwie orientalischen Geruch verbreiten? Das Geschäft wirkt schlecht belüftet, der Geruch hat sich irgendwie in alles hineingefressen. Lin greift zu einer Teigtasche mit Fleisch-Zwiebel-Fülle, die man laut Angabe auf der Verpackung sowohl erhitzt als auch kalt essen kann. Dazu nimmt er eine Dose Ginger Beer aus einem etwas staubigen Regal, die Temperatur des Getränks ist Lin egal. Er zahlt mit Münzen den exakten Betrag, was dem indischen Geschäftseigentümer ein Grinsen herauslockt. Lin hat den Eindruck, als sei er gleichzeitig der erste und letzte Kunde des heutigen Dienstags. Die Lade der Registrierkasse schnellt mit ihrer ganzen metallischen Wucht heraus, als die auslösende Taste gedrückt wird. Der Bauch des Mannes bremst den Vorgang in einer Manier, als wären Bauch und Lade füreinander geschaffen. Wie kommt er wohl über die Runden?

Lin nimmt den längeren Weg um den Block ins Hotel zurück. Er weiß nicht genau warum, aber meistens wählt er die längere Route für den Rückweg. Er versucht sich zu erinnern, wo er die Schlüsselkarte einsteckte, als er sein Zimmer verließ. In seiner linken Manteltasche findet Lin ein zusammengefaltetes Stück Papier.

Auf dem Weg zurück zum Hotel muss er keine Straße überqueren. So schlendert er in Gedanken versunken den Gehsteig entlang. Mit nur einer freien Hand gelingt es Lin nicht, das Papier zu entfalten. Um dieses Problem zu lösen entscheidet sich Lin, die Teigtasche auf der Stelle aufzuessen und die Getränkedose verschlossen in der Manteltasche verschwinden zu lassen. Hastig schluckend öffnet Lin das Papier. Nur kurz betrachtet er das Bild darauf, und faltet es anschließend beruhigt wieder zusammen.

Im Hotel angekommen bemerkt Lin, dass sich im Rezeptionsbereich momentan keine Menschenseele aufhält. Komplett leer. Der Gang zum Aufzug ist schlecht beleuchtet. Die Tür zur Aufzugskabine steht halb offen und Lin zwängt sich hinein. Am Bildschirm läuft eine Art Trickfilm. Lin erkennt den Seiltänzer wieder. Gekonnt bewegt sich dieser, vor weißem Hintergrund, den Kohlestrich entlang. In den Händen die Stange, die ihn ungemein sicher wirken lässt. Er geht einen Schritt nach dem anderen, gleichmäßig. Der Aufzug mit Lin steht immer noch im Parterre. In der Kabine gibt es lediglich eine große Taste, keine Angabe zu Stockwerken oder Ähnliches. Nach kurzem Überlegen drückt Lin die Taste. Ohne jegliche Konsequenz. Die Tür bleibt halb offen und der Seiltänzer geht unbeirrt weiter. Das Seil ist von der rechten unteren Bildecke zur linken oberen gespannt.

Lin denkt an das bevorstehende Duell mit den Radissonians. Wie werden sie es wohl diesmal anlegen, nun nach drei Niederlagen in Serie, wieder einmal den Sieg davonzutragen? Lin nimmt die Dose aus der Manteltasche, öffnet sie und nimmt einen großen Schluck. Er setzt sich auf den Boden der Kabine und betrachtet den gleichmäßigen Gang am Seil.

Die Siebeneierorgel

Es war immer schon ein Traum von Esther, eine Maschine dieser Art zu konstruieren. Kurz nach der gedanklichen Lösung des letzten offenen Problems lehnt sie sich zurück, schließt die Augen und sieht die Abläufe der nun uneingeschränkten Mechanik. Großartig, das ist es ... Ihr Onkel sollte doch recht behalten. Immer wieder sagte er, die Welt brauche zwar diese Maschine nicht, aber auch er war von ihrer Idee fasziniert, und er ermutigte sie unzählige Male, das Projekt nicht aufzugeben. Ja, er stachelte Esther geradezu an, ihren Traum fertig zu träumen, sie schien ja schon sehr lange knapp vor dem Durchbruch zu stehen. Und dann, endlich ... jetzt, da das Werk zumindest im Kopf fertiggestellt werden konnte, kommt es Esther so vor, als gäbe es nichts Einfacheres als Dinge dieser Art zu erfinden.

Schon als Kind hat sie vermutet, dass niemand anderer wohl auf die Idee kommen konnte, eine solche Maschine zu bauen. Wozu auch. Als Esther ihre Augen wieder öffnet, schweift ihr Blick durch das vergitterte Fenster nach oben auf den Gehsteig. Alle paar Sekunden sieht sie Beine von Fußgängern, und in den meisten Fällen kann Esther für sich entscheiden, ob der Passant männlich oder weiblich ist. Kinder und Radfahrer bereiten ihr aber immer Probleme. Menschen mit Hund, Kinder- oder Einkaufswagen sind mehrheitlich Frauen. Am Sonntagvormittag, wenn viele Leute in die Kirche gehen, kann man das Geschlecht am vornehmeren Beinkleid oft leichter erkennen.

Esther durchströmt eine Erleichterung, weil die Erfindung nun abgeschlossen ist. Es fühlt sich so an, als hätte ihr Chef ihr für den Rest des Tages freigegeben und als könnte sie jetzt in den nächsten Stunden tun und lassen, was sie nur will. Sie überlegt kurz, ob sie ihren Onkel anrufen soll, lässt es dann aber bleiben. Stattdessen geht sie zum großen Kasten mit den schweren Laden, zieht die oberste ein Stück heraus, gerade so weit, dass sie mit ihrer rechten Hand hinein- und weiter nach hinten greifen kann. Große Bögen graues Papier kommen zum Vorschein, überraschend groß, gemessen an den Dimensionen der Lade. Kohlestifte … ja, Kohlestifte müssten noch in ihrer Lederhandtasche sein, original verpackt. Esther hasst es, mit gebrauchten Stiften ihre Pläne zu zeichnen. Es ist wie eine Obsession. Das Aufreißen des Zellophans, das die neuen Stifte umhüllt, erfüllt sie jedes Mal mit einem Gefühl uneingeschränkter Perfektion. Nur die industrielle Fertigungsmaschine der Firma Samson kann diese perfekt gleichförmigen, schlanken Zylinder aus Kohlestaub pressen. Das, so geht es Esther durch den Kopf, das ist dann wohl eine Maschine, die Sinn macht.

In der letzten Nacht hat Esther von Orcawalen geträumt, bis sie von ihrem Kater Simon geweckt wurde. Sie war sehr verärgert, ihr Vierbeiner hatte den Traum vorzeitig unterbrochen. Die Orcas schickten sich gerade an, ein Symphonieorchester zu gründen, und dann Simons Tatze im Gesicht, zu blöd. Aber vielleicht hatte das ja auch etwas Gutes, denn bei der dritten Tasse Kaffee kam der Einfall, mit dem sie nun das Projekt abschließen kann. Wer weiß, wenn sie weitergeschlafen hätte und die Orcas nach Luft ringend ein Konzert in der Elbphilharmonie gegeben hätten, vielleicht wäre die Maschine jetzt noch nicht fertig. Aber so kann sich Esther nun dem Plan widmen. Sie breitet die Bögen Papier auf dem Boden ihres Zimmers aus. Dabei achtet sie darauf, dass sie kein Möbelstück verrücken muss. Es ist genug Papier da, um alle Teile des alten Teppichs abzudecken, die nicht von Möbeln verstellt sind. So bilden sich Wege und Straßen aus Papier zwischen Sesseln, dem Tisch, dem Bett und dem Kasten an der Wand. Esther kniet auf einem Papierbogen beim Türstock und schaltet das Licht aus. Sie hört Regentropfen gegen das Fenster prasseln, als sie das Zellophan öffnet.

Der Hof der drei Marien

Eigentlich wollten Sarah und Philipp nie aufs Land ziehen. Doch die Erbschaft durchkreuzte ihre Pläne. Als Kind war Sarah im Winter manchmal bei ihrer Tante auf dem Hof, der ihr damals schon immer irgendwie unheimlich vorkam. Ihre Tante, Marie II., lebte dort alleine, und man fragte sich ständig, warum um alles in der Welt gibt sie den Hof nicht auf, verkauft ihn und zieht in die Stadt. Nein, stattdessen residierte Marie II. auf diesem für einen Einpersonenhaushalt viel zu großen Hof und empfing ihre Nichte immer, wenn die Zeit gekommen war. Sarahs Mutter, Marie I., lebte in ihrer Kindheit lediglich bis zu ihrem siebten Lebensjahr auf dem Hof. Anders als ihrer Schwester Marie II. war es Marie I. in den ersten Lebensjahren immer wieder möglich, den Hof mit den Eltern zu verlassen, um entweder Besorgungen auf dem Markt zu machen oder die Kirche zu besuchen. Kinder von anderen Höfen trafen Marie I. und Marie II. praktisch nie. Am Hof der drei Marien gab es nie Besuch. Nur hin und wieder wurde der Gerichtsvollzieher zum Essen eingeladen. Er war über die Jahre ein immer gern gesehener Gast, konnte aber bei Marie I. und bei Marie II. keinerlei bleibenden Eindruck hinterlassen.

Marie II. war es wegen ihrer körperlichen Verfassung in ihrer Kindheit und Jugend nur ganz selten möglich, die Tiere in den Stallungen zu besuchen. Damals waren die Stallungen noch voller interessanter Tiere. Heute stehen sie leer und harren fein säuberlich gefegt ihrer nächsten Nutzung. Sarah und Philipp spielen mit dem Gedanken, die Räume der Stallungen für ihre gemeinsame Postkartensammlung zu nützen. Aber bevor sie dies entscheiden werden, müssen die beiden noch viele wichtigere Fragen zur Aufteilung der Wohnräume des Hofes klären.

Da gibt es insgesamt neunundzwanzig Räume laut den Plänen, die Sarah und Philipp zur Verfügung gestellt wurden. Das sind weit mehr Zimmer, als es Sarah von ihren Besuchen erinnerlich war. Die Pläne zeigen lila eingefärbte Räume, die auf diese Weise offensichtlich als „türlos“ gekennzeichnet sind. An einige dieser türlosen Räume kann sich Sarah heute noch erinnern.

Da war dieser eine eher kleine, längliche Raum, in den das Licht lediglich durch ein schmales Fenster an einer der kurzen Zimmerseiten einfiel. Es hatte immer den Anschein, als wäre dieses Fenster einen Spalt geöffnet. Aber die Luft im Raum war stets unbewegt, kein Luftzug, mangels zweiter Öffnung im Raum. Sarah hielt sich nie besonders gern dort auf. Da gefiel ihr das rosafarbene Zimmer, das Puppenzimmer, wie sie es nannte, um einiges besser. Dieses am Rand des Hofes gelegene Zimmer hatte auf einer der Außenmauern zumindest eine aufgemalte Tür, und somit war es für die darin befindlichen Personen dort immer viel heimeliger als in den Nachbarzimmern. Sieben Vitrinen mit Puppen standen in dem Raum. Es waren, nach Sarahs Geschmack, sehr ansehnliche und nette Puppen. Aber da die Vitrinen nicht geöffnet werden konnten, blieben die Puppen für Sarah lediglich unerreichbare Museumsstücke.

Beim dritten Raum ohne Tür, an den sich Sarah erinnern kann, handelte es sich um einen Waschraum, eine Art Badezimmer. Es war wunderschön verfliest, immer der kühlste Raum im Sommer. In der Mitte des Bodens, eigentlich dort, wo man den Abfluss erwartet hätte, war ein Loch, viel mehr ein im Boden befindlicher Behälter, in dem immer feinstes hausgemachtes Speiseeis bereitgestellt wurde. Es schien ein unerschöpflicher Quell von feinstem Eis zu sein. Jedes Mal, wenn man eine Portion herauslöffelte, begann sich der Behälter von unten wieder bis zum Rand aufzufüllen. Obwohl Sarah niemals eindeutig einen Geschmack benennen konnte, so war das Gefrorene aus dem Boden doch stets köstlich. Es schien Sarah so, als wären der Geschmack und die Farbe des Eises nie gleich, immer anders. Sarah hat Philipp in der Vergangenheit schon öfters von dieser Speiseeisquelle erzählt, dachte aber niemals daran, dass sie diese einmal mit dem gesamten Hof erben würde.