Inhaltsverzeichnis

Danksagung

Einleitung

Ein Knoten in der linken Brust

Verloren ohne klare Strukturen

Neue Medien erwärmen und beflügeln die Seele

Ein Einzelzimmer schenkt mir neue Strukturen und lässt mich aufatmen

Entscheidung für die unsichtbaren Welten

Wieder in der Werkstatt

Nachkontroll-Termine bei meinem Gynäkologen

Einsamkeit als Eremitin

Gemeinsam improvisieren und ein unerwarteter Auftritt

Faszination des Augenblicks und ein Forschungsprojekt

Fehlende Gespräche und Selbstverleugnung

Mein Auftritt im Ackermannshof in Basel

Gespräche mit meiner Tochter und eine verletzende Bemerkung

Ein unerfüllter Wunsch und eine schwere Diagnose

Sternenkräfte schenken mir neuen Lebensmut

Verschiedenste Ebenen des Lebens

Es geht nur mit Chemotherapie

Ein Text befreit Gedanken und Gefühle

Der Wunsch zu sterben und gleichzeitig wird das Leben verlängert

Ein unerwartetes Projekt

Dankbarkeit und gleichzeitiger Zusammenbruch

Neue Gedichte schenken Befreiung und öffnen Seelen-Räume

Ich stehe zu weiteren emotionalen Seelen-Räumen

Neuer Haarflaum und Austausch mit Studierenden

Ein sehr berührender Videoclip und persönliche Worte

Ein medizinisches Wunder und die Fragen meiner Tochter

Die begeisterte Trommlerin

Meine neue Ärztin, Untersuchungen und Strahlentherapie

Machen Sie es bald

Die Grenzgängerin in mir auf der Gradwanderung des Lebens

Unsere Kinder finden ihren Weg

Das Schreiben hält mich am Leben

Danksagung

Danken möchte ich jenen Menschen, die mich nun schon seit einigen Jahren begleiten, mir geduldig zuhören und mir im gemeinsamen Gespräch Schritte aufzeigen, wie ich die Felsen und Klippen des Lebens umschiffen kann.

Da ist mein Hausarzt, der mich auf seine väterliche Weise immer wieder geduldig getröstet, durch Gedanken gestärkt hat und mir mit warmherzigem Humor die Sonnenseiten und widersprüchliche Geheimnisse des Lebens aufgezeigt hat.

Da ist mein Therapeut, der mich nun schon seit dem Jahre 2004 begleitet und ohne dessen Hilfe ich sicher nicht mehr am Leben wäre. Er hat mir gezeigt, dass in meinem Leben andere Gesetze gelten und hat immer wieder mit grosser Geduld die Spreu vom Weizen getrennt.

Da ist mein Gynäkologe, der mir seit der ersten Minute der Behandlung mit grosser menschlicher Wärme begegnet ist und immer wieder ein offenes Ohr für viele schwierige Situationen in meinem Leben gehabt hat.

Da ist mein Onkologe von der Klinik Arlesheim und die pflegenden Fachkräfte, die mich begleitet haben von meiner Abwehr gegen das Leben bis hin zu der Tatsache, dass ich mich für das Leben entschieden habe. Trotz dieser Veränderung meiner Sichtweise ergeben sich immer wieder sehr warmherzige Gespräche. Meinem Onkologen danke ich für seinen Humor, aber auch für seine tiefgründigen Hinweise und Erklärungen, die mir immer wieder meine Situation klar sehen helfen.

Dank sagen möchte ich auch meiner onkologischen Ärztin, die mich vom Unispital in ihre eigene Praxis übernommen hat. Von unserem ersten Gespräch an hat sie mir grosse Wertschätzung entgegen gebracht und mir zu verstehen gegeben, dass sie mich in meinem Anders-Sein mit Märchen erzählen, Gedichte rezitieren, dem Bedürfnis meine Seele in Worten zu formen, gerne begleiten würde. Sie begleitet mich mit Humor, menschlichem Interesse und grossem fachlichem Wissen

Da ist Thomas, mein Mann, der so viel Alltägliches für mich regelt. Gemeinsam besprechen wir die Belange der Kinder. Daneben danke ich ihm, dass er versucht, meine Welt zu verstehen und meine Gedichte in seiner Angehörigen-Selbsthilfe-Gruppe vorliest.

Danken möchte ich meinem Verleger, der mir die Möglichkeit gibt, meine Gedichte und meine Geschichte zu schreiben und sie an andere weiter zu geben.

Einleitung

Dieses Buch widme ich allen Menschen, die anders im Leben stehen als die grosse Masse und ihr Sein und Werden immer wieder mit grossem Kraft- und Energieaufwand erringen müssen.

Ich widme es allen Frauen, die sich einsam fühlen, weil ihre emotionalen Seelen-Räume keinen Platz haben und sie trotzdem in ihrer Seele überleben müssen.

Ich widme es auch allen Frauen, denen das Schicksal eine Türe des Lebens zugeschlagen hat. Ich möchte sie ermutigen, ihr So-Sein zu leben und für ihre stummen Schreie kreative Wege zu finden, um sich zu befreien und nicht qualvoll innerlich zu ersticken, weil sie sich getrieben fühlen, ihre Emotionen zu verleugnen.

Ich widme es Menschen, die zarte Antennen in ihren Seelen spüren und wünsche ihnen Momente, in denen ihnen eine höhere Kraft die Geheimnisse des Lebens aufzeigt und ihnen hilft, innere Kontinente zu entdecken, die ihnen ein Leben eröffnen, in dem sie befreit atmen können – vielleicht nur für Momente.

Als ich mein erstes Buch „Leben mit Psychose“ veröffentlicht habe, habe ich von mehreren Menschen erfahren, dass Thomas in diesem Erlebnisbericht ziemlich schlecht weg gekommen ist. Das war natürlich keine Absicht und es tut mir sehr leid. Thomas ist ja derjenige, der als bodenständiger Teil verlässlich in allen Belangen der handelnde Teil ist. Ausserdem sucht er in Telefongesprächen immer wieder Klärung bei Ämtern oder bei zuständigen Fachpersonen und gemeinsam versuchen wir, die Spreu vom Weizen zu trennen.

Dafür danke ich ihm sehr.

Ein Knoten in der linken Brust

Im Jahre 2007 fand ich eines Tages einen Knoten in der linken Brust. Im ersten Augenblick erschrak ich und wusste nicht, was ich tun sollte. Ich blieb für mehrere Tage in einer Apathie, ohne etwas zu unternehmen. Danach sagte mir eine innere Stimme, ich müsse handeln, etwas unternehmen, da ich eine Familie und damit Verantwortung habe.

Ich rief meinen Hausarzt an und bat ihn um die Telefonnummer eines Gynäkologen. Ich erhielt einen Termin und der Gynäkologe bestätigte den Knoten und nahm eine Gewebeprobe ab. Zu dieser Zeit war es mir noch nicht klar, dass in meiner linken Brust Krebszellen sein könnten. Beim zweiten Termin bestätigte der Gynäkologe, dass in der Gewebeprobe Krebszellen vorhanden waren. Ich nahm diese Nachricht wie im Traum wahr. In dieser Sprechstunde erzählte mir der Gynäkologe von einem anthroposophischen Spital in der Ostschweiz. Er sagte immer wieder, dass bald operiert werden müsse, da diese Krebszellen wie eine Uhr tickten und die Zellen bald entfernt werden müssten. Ich entschied mich für dieses Spital in der Ostschweiz und innerhalb von zwei Wochen fand die Operation statt.

Die Zeit bis zur Operation war angefüllt mit sehr besorgten Telefonaten mit meinen Schwestern und meinen Eltern.

Ich war damals seit drei Jahren in der Kreativwerkstatt des Bürgerspital Basel. Dort arbeite ich heute noch an einem geschützten Arbeitsplatz. Für mich ist diese Werkstatt ein besonderer Ort, da ich die Möglichkeit habe, mich in freien künstlerischen Arbeiten auszudrücken. Hier konnte der Umstand meiner Krebserkrankung verbalisiert werden. Das Thema meiner Todessehnsucht kam natürlich sehr zum Tragen. Die Tatsache, dass ich in Narkose operiert werden sollte, liess die Sehnsucht wieder gross werden, vielleicht diesmal einen Herzstillstand zu bekommen und ins Jenseits hinüber gleiten zu dürfen. Für meine damalige Bezugsperson war es wichtig, dass ich immer wieder darüber sprechen konnte. Alle Mitarbeitenden des Teams wussten natürlich über meine Diagnose Bescheid und waren sehr besorgt. In den ersten Tagen ging ich strahlend durch die Werkstatt. Die Sehnsucht, vom Leben vielleicht erlöst zu werden, liess mich in einer unglaublichen Euphorie durch die Räume gehen. Diese hielt so lange an, bis eine Betreuerin mir sehr klar zu verstehen gab, dass die Ärzte alles Menschenmögliche tun würden, damit ich die Operation überlebe.

Schlagartig war die Euphorie vorbei und das Stimmungsbarometer veränderte sich. Ich ging ab diesem Zeitpunkt weinend durch die Werkstatt. Wahrscheinlich würde ich weiter leben müssen – ohne Aussicht auf Erlösung.

Als Thomas von den Krebszellen in meiner linken Brust erfuhr, war er erschüttert. Er dachte sich, das könne doch nicht wahr sein, dass ich neben der psychischen Beeinträchtigung der Schizophrenie, die 2004 diagnostiziert wurde, nun auch noch die Krebserkrankung hatte. Er fühlte sich hilflos. An einem Sonntag, als er im Chor in der Kirche ein Lied von Mendelssohn-Bartholdy sang, waren im Text Worte, die ihn sehr berührten:

„Denn er hat seinen Engeln befohlen, dass er Dich auf allen Deinen Wegen behüte.“

Als Thomas diesen Text sang, da wusste er, dass schon alles so kommen würde, wie es müsse. Er war erleichtert.

Als ich im Spital in der Ostschweiz ankam, hatte ich ein Aufnahmegespräch, in dem ich völlig in meine Todessehnsucht fiel. Ich gestand der Ärztin, dass ich eigentlich nur noch auf Erlösung durch den Tod wartete. Ich erhielt in diesen Tagen neben Eurythmie auch noch Zeichnen mit Kohlestift. Der Eurythmistin hatte ich ebenfalls von meiner Todessehnsucht erzählt. Sie fragte mich, ob ich Kinder habe. Als ich dies bejahte, sagte sie: „Todessehnsucht verboten“. Sie stellte mich vor reale Tatsachen. Dieser Satz war wie ein Schlag in mein Gesicht. Vor der Operation kam die Eurythmistin am frühen Morgen in mein Zimmer und stimmte mich mit sphärischen Übungen für die Operation ein.

Nach der Operation erinnerte ich mich an die sehr mitfühlenden Telefonate meiner Schwestern und Eltern und rief sie an, um mich für ihre guten Worte zu bedanken.

Da mein Therapeut, der mich schon seit 2004 begleitet, in der anthroposophischen Klinik Arlesheim in Basel-Land arbeitet, wollte ich die Nachpflege natürlich in dieser Klinik haben. Manche Pflegende konnten meinen Wunsch nicht verstehen und eine Pflegekraft sagte kurz vor der Fahrt zurück nach Arlesheim: „So viel schlechter als in der Klinik Arlesheim werden wir ja auch nicht sein.“ Dieser Konkurrenzkampf erstaunte mich sehr.

Natürlich wurde ich auch gefragt, welche Therapie ich nun weiter wegen meiner Krebserkrankung machen wollte. Zur Auswahl standen Chemotherapie, Bestrahlung oder Hormontherapie. Ausserdem sollte ich mir selbst Iscador spritzen. Ich entschied mich für die Hormontherapie. Ich ahnte damals nicht, welch anstrengende Nebenwirkungen diese Therapie mit sich bringen würde.

Verloren ohne klare Strukturen

In der ersten Zeit der Nachpflege in der Klinik Arlesheim war ich auf einer Station, die grosse Selbständigkeit voraussetzte. Feste Zeiten gab es nur fürs Frühstück, Visite, Mittagessen, Abendessen. Ich war in einem Einzelzimmer und mir wurde immer wieder bewusst, dass ich zwischen diesen klaren Zeiten in eine innere Leere fiel. Ich fühlte mich damals wie ausgeliefert. Der Vormittag, der Nachmittag lag wie ein unsichtbarer Berg vor mir und ich spürte, dass es mir sehr schwer fiel, diesen ganzen Tag zu gestalten. Ich kann mich noch erinnern, dass ich mich die meiste Zeit mit Wortsuchrätseln beschäftigte. Es gab und gibt bei der Klinik einen angelegten Garten mit Liegestühlen und Bänken. Ich schritt immer wieder die Wege ab. Ich beachtete nicht die Blumen oder die Bäume, sondern es war eher eine Abwechslung in dem Bemühen, die Zeit auszufüllen. Eines Tages sollten wir Formen zeichnen genannt und ich bat eine Pflegende um Unterlagen. Als ich von einer Therapie zurück kam, lag ein Blatt auf meinem Bett. Ich zog die Linien nach und spürte, wie das reine Nachziehen beruhigte.

Trotz dieser neuen Formen fiel ich immer mehr zwischen die Maschen. Eines Tages teilte mir mein Therapeut mit, dass ich verlegt werden sollte. Es war allen aufgefallen, dass ich nicht fähig war, die Zeit so zu gestalten, dass es mir wohl dabei war. Ich fühlte mich bedrängt, ich litt darunter, dass ich keinen Bezug zum Leben hatte. Irgendwie realisierte ich gar nicht, warum der Transfer zu einer Abteilung, die als psychiatrisch galt, so schnell gehen sollte.

Anfangs teilte ich das Zimmer in dieser neuen Abteilung mit einer Mitpatientin. Hier gab es klarere Strukturen. Es gab Gesprächsrunden, mehrere Therapien und immer wieder die Gespräche mit meinem Therapeuten. Kaum war ich in der neuen Station angekommen, entschied ich mich , in der Gesprächsrunde mitzumachen. Ich spürte, wie schwer es mir fiel, meine Meinung nach aussen zu vertreten. Ich spürte meine eigene Person in mir nicht.

Natürlich wurde auch das Thema angesprochen, was ich mit der Zeit anfangen, wie ich mich mit meinem Schicksal versöhnen sollte. Es war für mich eine klare Tatsache,