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Mit Dank an die Personen, welche im Gedankenaustausch zur Entstehung dieses Buches beigetragen haben: Almut, Berit, Caro, Christian, Heike, Jana und Sara.

Inhaltsverzeichnis

Warum dieses Buch?

Hormonelle Verhütung

Historisch und heute

Varianten hormoneller Verhütungsmittel

Gesellschaftliche Kontroversen

Natur versus Technik und Schulmedizin

Das Gesundheitssystem und hormonelle Verhütung

Gynäkologen zwischen Pharmainteressen und Patientinnenwohl

Marketingaktivitäten der Pharmaindustrie

Standardmäßige Fehlmedikation

Kinder, die hormonell verhüten

Mangelnde Verhütungssicherheit bei Pille & Co.

Emanzipation, der weibliche Körper und die Leistungsgesellschaft

Keine Pille für den Mann

Hormonelle „Entwicklungshilfe“

Schäden am Ökosystem durch künstliche Hormone

Risiken für Körper und Geist

Störungen und Aussetzen des Zyklus

Thrombosen, Schlaganfälle und Herzinfarkte

Depressionen und psychische Störungen

Krebs, Knoten und Zysten

Der Körper in hormoneller Aufruhr

Sicher verhüten ohne Hormone

Die Kupferspirale

Natürliche Familienplanung (NFP)

Kombinierte Verhütungsmethoden

Schlussfolgerungen und Empfehlungen

Stichwortregister

Endnotenverzeichnis

Warum dieses Buch?

Knapp die Hälfte aller Frauen in Deutschland im gebärfähigen Alter nutzen hormonelle Verhütungsmittel. Einige Antibabypillen stehen seit 2014 verstärkt in der Schusslinie öffentlicher Kritik – vor allem diejenigen mit Hormonen der neueren Generationen. Befeuert wird die Kritik durch eine Reihe bekannt gewordener schwerer, teilweise tödlicher Fälle von Thrombosen und Lungenembolien durch die Einnahme dieser Mittel. Aber auch eine Vielzahl von negativen Berichten von Frauen heizen die Diskussionen seither an. Von ihnen wird das Prinzip von Pille & Co. zunehmend infrage gestellt, da diese Mittel stark in die natürliche Funktionsweise des weiblichen Hormonhaushaltes eingreifen. Das Thema hat neben scharfen Kritikern aber auch überzeugte Fürsprecher auf den Plan gerufen, die die Vergabe hormoneller Medikamente an große Teile der Bevölkerung rechtfertigen und verteidigen.

Die gesellschaftliche Diskussion zu hormoneller Verhütung soll in diesem Buch differenziert wiedergegeben und es sollen umfangreiche Informationen zu den Risiken nach aktuellem wissenschaftlichen Stand dargelegt werden.

Auch der Fortschritt in Medizin und Technik wird insgesamt beleuchtet und neben konkreten Sachfragen rund um das Gesundheitssystem gilt es, das Natur- und Technikverständnis der Bevölkerung, der Ärzte und der Institutionen in den Fokus zu rücken.

Ärzte und Krankenkassen, staatliche Stellen, aber vor allem Frauen kommen ausführlich zu Wort und es wird nicht zuletzt auf die Pharmakonzerne als wichtige Akteure eingegangen.

Kontroversen um Verhütung und Gleichberechtigung

Fragen der Verhütung sind für viele Menschen von großer Wichtigkeit – meistens vor allem für Frauen, die die Hauptlast dabei tragen. Auf der einen Seite gilt es, eine einfache und unkomplizierte Sexualität zu genießen, aber auch, die Gleichberechtigung zwischen den Geschlechtern herzustellen. Wichtig ist daneben die körperliche wie psychische Unversehrtheit der verhütenden Menschen.

Zudem soll die Frage beleuchtet werden, welche Rolle der weibliche Körper in der Leistungsgesellschaft spielt und welche Auswirkungen dies auf die Wahl der Verhütungsmethoden hat. Eng mit diesem Thema verwoben ist die Frage nach den Machtverhältnissen und Geschlechterrollen in Gesellschaft und Medizin. Weshalb gibt es etwa bisher keine Pille für den Mann?

Ein Teil der in der Öffentlichkeit geäußerten Kritik gilt der Fehlmedikation von Pillen, wenn diese jenseits ihres eigentlichen Zwecks der Verhütung – etwa aus kosmetischen Gründen – eingesetzt werden, was häufig junge Mädchen betrifft.43 Hier spielt insbesondere die Frage eine Rolle, ob es legitim ist, Minderjährigen starke Medikamente zur Empfängnisverhütung zu verschreiben, denn schließlich ist das Urteilsvermögen bei Kindern und jungen Heranwachsenden weniger geschärft als bei Erwachsenen. Viele Wirkungen und langfristige Konsequenzen können von jungen Menschen weniger gut abgesehen werden als von Erwachsenen. Auch die Zuverlässigkeit bei der Verhütung mit der Pille, die viel Disziplin erfordert, ist bei Mädchen nicht immer gegeben.

Es soll in diesem Buch daher auch verglichen werden, wie sich die Zuverlässigkeit hormoneller Verhütung – gerade gegenüber nicht hormonellen Alternativen – darstellt.

Hormonelle Verhütung birgt einige Implikationen, die auf den ersten Blick nicht erkennbar sind oder im öffentlichen Bewusstsein keine Rolle spielen. Zu diesen Themen gehört der Einsatz von Verhütungspillen unter dem Deckmantel sogenannter Entwicklungshilfe. Auch Schäden am Ökosystem sind nicht immer auf den ersten Blick offensichtlich und werden entsprechend aktueller Erkenntnisse beschrieben.

Nebenwirkungen, Frauenärzte und Pharmaindustrie

Die große Bandbreite der Wirkungen und Nebenwirkungen von Pille & Co. sind ein weites Feld und sorgen für gesellschaftliche Diskussionen. Dieses Buch beschreibt, welche Nebenwirkungen in welcher statistischen Verbreitung vorkommen und wie groß ihre Tragweite im Einzelnen ist – ob nun Libidoverlust oder die Störung des Zyklus, ob Depressionen, Migränen, Thrombosen, Schlaganfälle; ob Wassereinlagerungen, Krebs, Wesensveränderungen oder Veränderungen im Partnerwahlverhalten.

Wie in den folgenden Kapiteln dargelegt wird, positionieren sich viele Frauenärzte und das Gesundheitssystem klar im Sinne hormoneller Verhütung und gegen andere Verhütungsmittel. Und so kommen verträglichere Alternativen in Deutschland seltener zur Anwendung. Wie auch gezeigt werden soll, ist gerade im internationalen Vergleich auffällig, dass in anderen Teilen der Welt häufig zu einem größeren Anteil mit ebenso sicheren, nicht hormonellen Methoden verhütet wird.7

Viele der beschriebenen Probleme erklären sich aus dem Umstand, dass ein großer Teil der Ärzte hierzulande Zuwendungen von der Pharmaindustrie für Dienstleistungen und die Vergabe bestimmter Medikamente erhält88 – und diese Abhängigkeit einen kritischeren Blick auf künstliche Hormone und ihre Nebenwirkungen zu verhindern scheint.

Dazu kommt, dass eine Reihe großer Pharmakonzerne in Deutschland aktiv sind, die über massive finanzielle Mittel für PR und Werbung verfügen.8 Dadurch haben sie eine große ökonomische und gesellschaftspolitische Macht.

Im Zuge der Kritik an den offenkundigen Verflechtungen zwischen Ärzten und Industrie, die bis hin zur Korruption reichen92, werden derzeit vor allem vonseiten vieler Frauen die grundlegende Herangehensweise und die Technokratie im Gesundheitssystem infrage gestellt. Dies wird anhand vielfältiger Aussagen in diesem Buch gezeigt.

Kein Mediziner war in den letzten Jahren hierzulande dazu bereit, ein umfassendes Buch zur kritischen Auseinandersetzung mit hormonellen Verhütungsmitteln zu schreiben. Dieses Buch soll die Lücke nun schließen. Die hormonelle Verhütung wird aus einer kritischen Außenperspektive heraus beleuchtet und so wird ein gut verständlicher und für alle nachvollziehbarer Überblick geschaffen.

Inhaltliche Grundlagen sind wissenschaftliche Studien und Fachpublikationen sowie journalistische Artikel und Äußerungen aus der Bevölkerung.

Das Buch richtet sich an Interessierte der Themen Gesundheit und Verhütung, an Frauen, die selber hormonell verhüten, die es vorhaben oder die durch künstliche Hormone geschädigt wurden. Des Weiteren dürften die Ausführungen interessant sein für Männer, die sich für die Auswirkungen auf Körper und Geist ihrer Partnerinnen interessieren (sollten), aber auch für Ärzte und andere Personen des Gesundheitssystems, die mit hormonellen Verhütungsmitteln zu tun haben.

Kurzer historischer Abriss

Empfängnisverhütung spielt eine große Rolle im Alltag vieler Menschen und ist wichtig, um sexuelle Freiheit zu gewährleisten und Überbevölkerung zu verhindern. Historisch betrachtet war Verhütung bis zum 20. Jahrhundert meist unzuverlässig. Ein Umstand, der für den Großteil der Bevölkerung mit vielen Problemen einherging. Ob nun verhütet wurde mit Fischblasen- oder Blinddärmen als Vorgänger heutiger Kondome, pflanzlichen Extrakten verschiedener Art, mit Diaphragmen aus halben Zitronen oder dem Coitus interruptus: Die Effektivität der Verhütung konnte erst im 19. und dann vor allem im 20. Jahrhundert gegenüber den vorherigen Zeiten stark erhöht werden.1,2 Die Geburtenrate sank in Deutschland entsprechend seit etwa 1870 deutlich.

Heute sind sichere Verhütungsmethoden bei Weitem nicht nur hormoneller Art. Auch Alternativen wie die Kupferspirale, die natürliche Empfängnisverhütung, das recht sichere Kondom oder die Sterilisation stehen zur Verfügung. Hormonelle Verhütung ist damit alles andere als „alternativlos“. Weshalb die Pille trotzdem so stark verbreitet ist, wird in diesem Buch herausgearbeitet.

Hormonelle Verhütung

Historisch und heute

In Westdeutschland kam die erste Antibabypille 1961 auf den Markt und in der DDR Mitte der 1960er-Jahre. Die Einführung der Pille fiel zeitlich mit den Protest- und Frauenbewegungen der 1960er-Jahre zusammen und führte im Alltag vieler Frauen der Industriestaaten zu einer größeren sexuellen Unabhängigkeit und Selbstbestimmung. Dieser Teil der Emanzipation hatte schon lange vorher in verschiedenen Gesellschaftsbereichen begonnen, sodass die Grundlagen für einen schnellen Erfolg der Pille bereits gelegt waren: Ein starker Anstieg, etwa bei der Häufigkeit des Wechsels von Sexualpartnern, hatte in Westeuropa und den USA in den 1950er-Jahren eingesetzt. Auch das Verbot von vorehelichem Sex war im Alltag der Menschen bereits weitgehend aufgehoben, was neben einer liberaler werdenden Gesellschaft, maßgeblich aber auch mit der medizinischen Eindämmung der sexuell übertragbaren Krankheit Syphilis zusammenhing. Im Zuge der 1968er-Bewegung öffneten sich Moralvorstellungen in der jungen Bevölkerung weiter und unterstützten die Entwicklung zur sexuellen Freiheit.3

Entwicklungsgeschichte hormoneller Verhütung

Schwangerschaftsverhütung wurde Anfang des 20. Jahrhunderts zum Thema in der wissenschaftlichen Medizin.4 Die Grundlagen für die Gabe von Hormonen zum Zweck der Verhütung hatte wesentlich der österreichische Wissenschaftler Ludwig Haberlandt gelegt, der 1919 vorschlug, mit Hormonen direkt in den weiblichen Körper einzugreifen. Als einem der ersten Chemiker gelang es dem deutschen Wissenschaftler Adolf Butenandt in den 1920er- und 1930er-Jahren, Sexualhormone zu isolieren und die Molekularstruktur jener Hormone aufzuschlüsseln. Er erhielt 1939 den Chemie-Nobelpreis für seine Arbeiten. Auch andere Wissenschaftler wie Walter Hohlweg und Hans Herloff Inhoffen leisteten wichtige Beiträge zur ersten Herstellung künstlicher Hormone bzw. Östrogene. Es folgten Wissenschaftler weltweit, die in diesem Bereich forschten. In der Zeit gelang zum Beispiel auch die Isolierung hormonartiger Substanzen aus Pflanzen – etwa aus der Yamswurzel. Dem Chemiker Russell Marker und seinem Mitarbeiter Carl Djerassi gelang es zudem, ein weibliches Sexualhormon herzustellen, das oral eingenommen werden konnte. Dieses wurde später zum Hauptbestandteil der ersten hormonellen Verhütungspillen.5

Die US-amerikanische Krankenschwester Margaret Sanger eröffnete zu Beginn des 20. Jahrhunderts eine Klinik für die Empfängnisverhütung zum Zweck der Geburtenkontrolle in New York City. Nach anfänglichen juristischen Auseinandersetzungen konnte sie sich etablieren und gab in den 1950er-Jahren gemeinsam mit Katharine McCormick beim Biologen Gregory Pincus die Entwicklung einer Antibabypille in Auftrag. Die Motive, sowohl der Auftraggeberinnen, als auch von Herrn Pincus selbst, waren aus heutiger Sicht nicht nur positiv im Sinne der Armutsbekämpfung und dem Wohl von Frauen zu bewerten. Es ging ihnen vielmehr darum, Schwangerschaften von ungebildeten und armen Frauen zu verhindern, um die „Qualität“ des Bevölkerungsdurchschnitts zu heben. Sie hatten also eine klar sozialdarwinistische Zielsetzung.6,5

Die moderne Pille entsteht

1957 kam das erste von Pincus entwickelte hormonelle Verhütungspräparat (Enovid) auf den US-amerikanischen Markt und kurz darauf folgte die Einführung eines ähnlichen Mittels namens Anovlar auf dem westdeutschen Markt, entwickelt von der Firma Schering. Damals löste die Einführung „der Pille“ in Deutschland gesellschaftliche Kontroversen aus. Dabei ging es weniger um die Gesundheit der Frauen als vielmehr um konservativ-moralische Vorstellungen. Deshalb wurde die Pille zunächst mit dem Zusatz „Mittel zur Behebung von Menstruationsstörungen“ vertrieben. 1960 wurde die Pille in Westdeutschland dann offiziell als Verhütungsmittel zugelassen. Ab 1965 wurde auch in der DDR ein vergleichbares Produkt (Ovosiston) eingeführt.

Die Antibabypille galt für viele Menschen seit den 1968er-Jahren als ein Symbol für die Selbstbestimmung und die Freiheit der Frau. Erste Kritik an der hormonellen Verhütung erfolgte allerdings seit Mitte der 1970er-Jahre durch Vertreterinnen der Frauenbewegung, aufgrund der Nebenwirkungen.

Die starke Verbreitung hormoneller Verhütungsmittel bei Frauen im gebärfähigen Alter beschränkt sich heute überwiegend auf die reichen, vor allem westlichen Industrieländer und einige sehr arme Länder. Im Westen vor allem in Form von Antibabypillen und in den armen Ländern in Form von Spritzen oder Implantaten.

Statistiken ...

Die regionale Begrenztheit der oral aufgenommenen Pille hängt mit den vergleichsweise hohen Kosten für diese Verhütungsmittel zusammen. Die weltweit am weitesten verbreitete Verhütungsmethode ist die Sterilisation mit 19,2 % aller Frauen im gebärfähigen Alter. Danach folgen hormonelle Verhütungsmethoden zusammengenommen mit weltweit 14,1 % (Pille, Injektion, Implantat). Die Kupferspirale liegt etwa gleichauf mit 13,7 % und das Kondom kommt auf einen Anteil von etwa 7,7 %.7

Die Frauen in Westeuropa verhüten zu 39 % mit hormonellen Mitteln und in Deutschland sind es laut Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) ca. 7 Mio. Frauen. Dies entspricht etwa einem Drittel aller 20 Mio. Frauen im gebärfähigen Alter (8 nach Wiegratz et al., 2011).

Auch in anderen Quellen, wie in den Zahlen der WHO, wird für Deutschland von einem Anteil von etwa 38,5 % der Frauen zwischen 15 und 49 Jahren in festen Beziehungen ausgegangen, die hormonell verhüten.7 Bei 19-jährigen Frauen sind es nach Zahlen der Barmer- und der Techniker Krankenkasse sogar zwischen 60 und 70 %.8,58 Man kann festhalten, dass ein großer Teil der erwachsenen Frauen in Deutschland mit der Pille oder anderen hormonellen Methoden verhütet.

In Europa insgesamt sind hormonelle Mittel bei 22,5 % der Frauen im gebärfähigen Alter und in festen Beziehungen etwas weniger verbreitet.7 In anderen Weltregionen, etwa in Afrika, sticht Kenia mit 47 % hormoneller Verhütung unter allen verhütenden Frauen hervor. In dem westafrikanischen Land ist – wie in vielen anderen armen Ländern auch – insbesondere die nebenwirkungsreiche Hormon-Injektion verbreitet. In Japan wurde die Antibabypille erst 1999 erlaubt; hier ist die Pille kaum, das Kondom aber mit 46,1 % mit Abstand am weitesten verbreitet.7 In Asien insgesamt finden statt der Pille sehr häufig die Kupferspirale und die Sterilisation Anwendung.

Der Siegeszug hormoneller Verhütung fand weltweit betrachtet also nicht überall statt und sie ist nicht überall so weit verbreitet wie in Deutschland und Westeuropa.

Verhütungssicherheit

Relevant zu erwähnen zu Beginn dieses Buches ist, dass für die Vergleichbarkeit der Sicherheit von Verhütungsmitteln der sogenannte Pearl-Index dient. Als sicher gelten Methoden, die hohe Werte, deutlich über 90 Punkte auf diesem Index haben. Er gibt an, wie viele von 100 Frauen durchschnittlich innerhalb eines Jahres trotz Anwendung einer Verhütungsmethode schwanger werden. Der Pearl-Index berücksichtigt auch, dass die statistische Wahrscheinlichkeit der Befruchtung einer Frau im gebärfähigen Alter bei einem Mal ungeschütztem Sex nicht 100 % beträgt. Je nach Untersuchung zur Zuverlässigkeit von Verhütungsmitteln kann es abweichende Angaben des Pearl-Indexes für einzelne Methoden geben, je nachdem, welche Kriterien für die Bewertung angelegt werden.

Varianten hormoneller Verhütungsmittel

Natürliche und künstliche Hormone

Zu den Geschlechtshormonen im menschlichen Körper zählen natürlicherweise eine Reihe unterschiedlicher Östrogene und Gestagene, die sich chemisch etwas voneinander unterscheiden. Östrogene, Gestagene, aber auch das männliche Geschlechtshormon Testosteron erfüllen unterschiedliche Zwecke, sei es für das Nervensystem, den Stoffwechsel, die Haut, den Knochenbau – aber auch für die Emotionen. Zum Teil gleichen sich die Hormone gegenseitig aus oder haben gegenläufige Einflüsse auf Körper und Gemütsverfassung. Jeder Eingriff in dieses natürliche wie individuell fein austarierte System von Hormonen bewirkt eine mehr oder weniger starke Veränderung.

Das Funktionsprinzip der meisten hormonbasierten, oral aufgenommenen Verhütungsmittel („Pille“) basiert auf dem Zusammenspiel der künstlich hergestellten Hormongruppen von Östrogenen und Gestagenen. Dem weiblichen Körper wird durch die Zuführung dieser Hormone vorgegaukelt, er sei schwanger, sodass eine tatsächliche Schwangerschaft nicht erfolgen kann. Die meisten hormonellen Verhütungsmittel sorgen dafür, dass keine Eizellen heranreifen können und so keine Befruchtung stattfindet.

Die künstlichen Östrogene unterdrücken den Eisprung und haben eine stabilisierende Wirkung auf die Regelmäßigkeit des Zyklus sowie den Aufbau der Gebärmutterschleimhaut. Progesteron ist der wichtigste Vertreter der Gestagene und wird auch Gelbkörperhormon genannt. Das Hormon in seinen zahlreichen künstlich hergestellten Varianten verhindert durch den Einsatz in der Pille den Einsprung und verändert die Viskosität des Vaginalschleims (Zervixschleim). Dadurch können die Spermien während des Eisprungs die Eizelle nicht erreichen. Die Gestagene sind damit die wesentlich verhütenden Hormone in Antibabypillen.

Künstliche Gestagene, wie beispielsweise Levonorgestrel, ersetzen zwar das natürliche Progesteron, haben aber nicht dieselben Eigenschaften wie vom Körper selbst produzierte Hormone, die wiederum bei allen Frauen etwas unterschiedlich sind. Auch „Östrogen“ ist nur der Oberbegriff für verschiedene weibliche Geschlechtshormone, zu denen etwa „Estron“ und „Estradiol“ gehören.2

Relevant zu erwähnen im Zusammenhang mit der Funktion hormoneller Verhütung ist, dass die regelmäßigen Blutungen, die viele Frauen während der Pilleneinnahme haben, künstlich herbeigeführt werden durch die Nichteinnahme von Hormonpräparaten an sieben Tagen (nach 21 Tagen der Einnahme). Sie werden „Abbruchblutung“ oder auch „Hormonentzugsblutung“ genannt.

Pillengenerationen und Hormone

Hormonell wirksame Verhütungspillen werden im Allgemeinen in vier Generationen unterteilt, wobei heute die Generationen 2 bis 4 auf dem Markt sind. Der Begriff 1. Generation bezieht sich auf die Hormonpillen der 1960er-Jahre mit vergleichsweise hohen Hormondosen. Bereits seit den 1970er-Jahren schritt die Entwicklung neuer künstlicher Hormone und Hormon-Kombinationen voran, vordergründig zu dem Zweck, die Verträglichkeit zu erhöhen und die negativen Nebenwirkungen zu verringern.

Oft geht es den Pharmaunternehmen bei neueren Präparaten aber auch darum, ihre Absätze durch Zusatzfunktionen zu erhöhen, wie etwa „schönes Haar“, „reine Gesichtshaut“ und ähnliche kosmetische Nebenwirkungen. Hormonelle Verhütungsmittel der 3. und 4. Generation werden daher sehr viel häufiger verschrieben als Präparate der 2. Generation (8 S. 5).

Unter allen hormonellen Verhütungsmitteln sind die sogenannten Kombinationspillen mit Östrogen- und Gestagen-Bestandteilen am weitesten verbreitet. Sie sollen die natürlicherweise vom Körper produzierten Hormone Östrogen und Progesteron nachbilden. Aber auch rein gestagenbasierte Pillen sind zunehmend stark verbreitet.

Menschen sind bekanntlich sehr unterschiedlich, was auch für ihre körperlichen Voraussetzungen und Eigenheiten gilt. Zum einen ist dies relevant für die Frage, wie wirksam ein hormonelles Verhütungsmedikament ist, und zum anderen dafür, welche Nebenwirkungen in welchem Ausmaß auftreten. Übergewicht kann zum Beispiel die Wirksamkeit von hormoneller Verhütung herabsetzen, da sich Medikamente im Fettgewebe ablagern können, ohne ihre Wirkung im Körper zu entfalten. Daneben gibt es eine Vielzahl weiterer bekannter und unbekannter Faktoren und organischer Funktionen, welche Wirkung und Aufnahme der künstlichen Hormone individuell unterschiedlich effektiv machen.13 Die Auswirkungen künstlicher Hormone können vor der Einnahme damit nicht genau abgesehen werden.

Die Bandbreite hormoneller Verhütungsmittel

Es gibt eine breite Palette von unterschiedlichen Gestagenen, die synthetisch hergestellt und dann Verhütungsmitteln zugegeben werden. Für jeden Lebensabschnitt und für jeden Frauen-Typus gibt es angeblich die perfekten künstlichen Hormone. Die Pharmaindustrie stellt mit ihrer Produktpalette sicher, dass Präparate mit allen möglichen Hormon-Zusammensetzungen und in unterschiedlichen Verabreichungsformen angeboten werden. Wenn Frauen einzelne Hormonpillen nicht vertragen, wird ihnen von Gynäkologen meist nahegelegt, andere Präparate, Hormonspiralen (PR-Name: „Hormonschirmchen“), Hormonringe oder Hormon-Implantate einsetzen zu lassen.

Auch Hormonpflaster sind eine solche „Alternative“ zur Pille. Sie geben die Hormone über die Haut ab und müssen nach einigen Wochen gewechselt werden. Die hohen Hormondosen erzeugen jedoch viele Nebenwirkungen, zum Teil deutlich stärkere als bei oral aufgenommenen Pillen.

Der sogenannte NuvaRing ist ein Silikonring mit künstlichen Hormonen, der in die Vagina eingeführt wird. Die Wirkstoffe des Rings sind eine Kombination aus Östrogen und Gestagen (Ethinylestradiol und Etonogestrel). Der Ring wird alle drei Wochen neu eingesetzt, dann folgt eine einwöchige Pause. Nachteile: 25 % der Frauen und 29 % der Männer spüren den Ring während des vaginalen Sexes.9

Ähnlich wie der NuvaRing funktioniert das Hormon-Implantat. Es handelt sich um ein etwa vier Zentimeter langes Silikonröhrchen, das in den Oberarm unter der Haut eingesetzt wird. Durch die ständige Abgabe von Hormonen in die Blutbahn verhindert es den Eisprung. Die meisten Frauen haben bei Einsatz des Implantats starke Nebenwirkungen und für viele ist es auch ein überaus unangenehmer Gedanke, einen fühlbaren Gegenstand über einen langen Zeitraum von drei Jahren im Arm stecken zu haben.

Die Pille

Am weitesten verbreitet sind unter hormonellen Verhütungsmitteln oral aufgenommene Präparate, also klassische Pillen.10 Die folgende Tabelle soll einen Überblick über alle Pillen, aber auch die anderen verfügbaren hormonellen Verhütungsmittel geben.

Es werden häufig unterschiedliche Bezeichnungen, teilweise für ein und dasselbe Präparat verwendet, was verwirrend sein kann. Die Zusammenstellung soll auch Ordnung in den Wildwuchs dieser Bezeichnungen bringen.

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Quellen: 11,12,13,18,14

Im Jahr 2011 waren 75 unterschiedliche hormonelle Verhütungsmittel auf dem Markt in Deutschland – und wie die Tabelle zeigt, ist die Bandbreite sehr groß.19

Pharma-Fürsprecher wie der Mediziner Johannes Bitzer schwärmen für das „breit gefächerte Spektrum an Substanzen und Präparaten“, das für jede Patientin die richtige Wirkstoffkombination ermögliche. Der Arzt müsse die Frau lediglich richtig einschätzen und medizinisch beurteilen.13

Die Verbreitung einzelner Hormonpräparate

Momentan sind am weitesten verbreitet sogenannte Kombinations- bzw. Einphasenpillen15, danach folgen der Verhütungsring und eine desogestrelbasierte Minipille. Bei älteren Frauen über 30 Jahren werden stärker gestagenbasierte Mittel verschrieben.

Zwei- und Dreiphasenpillen haben unterschiedliche Hormonkonzentrationen von Gestagen und Östrogen in den unterschiedlichen Phasen des Menstruationszyklus und sollen damit stärker dem natürlichen Zyklus der Frau ähneln. Angeblich sollen diese Mittel geringere Auswirkungen auf den Organismus haben, aber laut Verpackungsbeilage haben sie in etwa die gleichen Nebenwirkungen. Bei der Zweistufen-Verhütungspille „Yaz“ zum Beispiel ist der Blick auf das Medikamenten-Bewertungsportal Sanego aufschlussreich. Es zeigt eine Verträglichkeit von 5,1 von 10 Punkten, wird von den Konsumentinnen also als wenig verträglich empfunden.16

Mehrstufenpräparate haben sich bisher nicht durchgesetzt, was auch an der komplizierteren Einnahme liegt. Nimmt die Frau die Pille für den falschen Tag, nimmt sie die falsche Dosis von Hormonen zu sich.

Geografisch betrachtet, wird hormonelle Verhütung in Deutschland verhältnismäßig besonders oft in den ostdeutschen Bundesländern (außer in Sachsen) sowie in Teilen von Bayern und Schleswig-Holstein verschrieben. In Großstädten wie Berlin, Hamburg oder München sind die Raten bei der Verordnung verhältnismäßig deutlich geringer.19

Die verschiedenen künstlichen Hormone

Die folgende Tabelle fasst zusammen, welche künstlichen Hormone in den marktüblichen Hormonmitteln zurzeit verfügbar sind. Diese Informationen sind vor allem wichtig, da die künstlichen Hormone unterschiedliche erwünschte und unerwünschte Auswirkungen auf den Körper haben.

Hormon

Anmerkungen

Nebenwirkungen

Chlormadinon (Gestagen)

Wird vor allem bei fettiger Haut und Akne eingesetzt

Handelsnamen u.a.: Balanca, Belara, Chantal, Chariva, Esticia, Lilia, Madinette, Minette Hexal, Neo Eunomin, Pink Luna

Zahlreiche negative Nebenwirkungen

Vermutlich stark erhöhtes Thromboserisiko (erste Hinweise: ca. 12,5 – 36 Fälle pro 10.000 Frauen und Jahr)

Wenig Studien und Informationen verfügbar

Cyproteronacetat (Gestagen)

Neueres Gestagen

Zahlreiche negative Nebenwirkungen

Erhöhtes Thromboserisiko

Desogestrel (Gestagen)

Neueres Gestagen

Handelsnamen u.a.: Desmin, Jubrele, Lamuna, Lovelle, Cerazette

Zahlreiche negative Nebenwirkungen

Anfängliche Blutungen und „Spottings“

Stark erhöhtes Thromboserisiko (9-12 Fälle pro Jahr)

Dienogest (Gestagen)

Älteres Gestagen (1979)

Handelsnamen u.a.: Maxim, Velafee, Dienovel, Valette

Zahlreiche negative Nebenwirkungen

Vermutlich stark erhöhtes Thromboserisiko

Wenig Studien und Informationen verfügbar

Drospirenon (Gestagen)

3. und 4. Pillengeneration

Handelsnamen u.a.: Petibelle, Yasmin, Yasminelle, YAZ

Zahlreiche negative Nebenwirkungen

Stark erhöhtes Thromboserisiko (9-12 Fälle pro Jahr)

Bekannt durch Todesfälle bei „Yasmin“ u.a.

Estradiol (Östrogen)

Standard-Östrogen für die meisten Pillen-Präparate

Handelsnamen u.a.: Aida, Asumate, Balanca, Belara, Bellissima, Diane, Eve, Evra, Lovelle, Maxim, MonoStep, Neo-Eunomin, NuvaRing, Petibelle, Valette, Yasmin, Yasminelle, Zoely, Yaz

Sehr viele negative Nebenwirkungen

Erhöhtes Thromboserisiko

Ethinylestradiol (Östrogen)

Handelsname u.a.: Yasminelle

Zahlreiche negative Nebenwirkungen

Erhöhtes Thromboserisiko

Etonogestrel (Gestagen)

Neueres Gestagen der 3. Generation

Zahlreiche negative Nebenwirkungen

Stark erhöhtes Thromboserisiko (6-12 Fälle pro Jahr)

Gestoden (Gestagen)

Neueres Gestagen der 3. Generation

Handelsnamen u.a.: Femovan, Minulet

Zahlreiche negative Nebenwirkungen

Stark erhöhtes Thromboserisiko (9-12 Fälle pro Jahr)

Risiken nicht abschließend bewertbar

Lovonorgestrel (Gestagen)

Gestagen der 2. Generation

Handelsnamen u.a.: Jadelle / Norplant II (Implantat, ohne Östrogenanteil)

Zahlreiche negative Nebenwirkungen

Erhöhtes Thromboserisiko (5-7 Fälle pro Jahr)

Mestranol (Östrogen)

Östrogen

Zahlreiche negative Nebenwirkungen

Erhöhtes Thromboserisiko

Nomegestrol (Gestagen)

Älteres Gestagen (1975)

Handelsname u.a.: „Zoely“ (wurde in den USA aufgrund von Nomegestrol nicht zugelassen)

Zahlreiche negative Nebenwirkungen

Vermutlich stark erhöhtes Thromboserisiko

Wenige Studien und Informationen verfügbar

Norelgestromin (Gestagen)

Neueres Gestagen (2002)

Einsatz in Hormonpflastern

Zahlreiche negative Nebenwirkungen

Stark erhöhtes Thromboserisiko (6-12 Fälle pro Jahr)

Norethisteron (Gestagen)

Älteres Gestagen der 1. Generation

Handelsnamen u.a.: Activelle, Clionara, Cliovelle, Estalis, Estracomb, Estragest, Sequidot, Conceplan M

Zahlreiche negative Nebenwirkungen

Erhöhtes Thromboserisiko (5-7 Fälle pro Jahr)

Norgestimat (Gestagen)

Gestagen der 3. Generation

Ist ein Prohormon, wird im Körper in Levonorgestrel umgewandelt

Zahlreiche negative Nebenwirkungen

Erhöhtes Thromboserisiko (5-7 Fälle pro Jahr)

Quellen: 17,13,11,18,19

Die Tabelle zeigt, dass Pharma-Innovationen vor allem im Bereich künstlich hergestellter Gestagene stattfinden. Unter den derzeit am häufigsten verschriebenen Präparaten finden sich überwiegend Pillen, mit sogenannten neuartigen Gestagenen, die eine stärker erhöhte Thrombosegefahr gegenüber älteren Präparaten mit sich bringen.19

Hormonverhütung in der Kritik

Im Pillenreport der Techniker Krankenkasse wurde gezeigt, dass 2014 mit Abstand am häufigsten die Hormonpille Maxim mit dem künstlichen Hormon Dienogest und danach die Pille Lamuna mit Desogestrel verschrieben wurde. Unter den 20 meistverschriebenen Präparaten befanden sich 13 aus der 3. und 4. Generation – mit fragwürdigen oder gefährlichen Hormonen in Bezug auf das Thromboserisiko. Lediglich sieben waren aus der 2. Generation mit dem etwas weniger gefährlichen Levonorgestrel.

Neben der Gabe von künstlichen Hormonen zum Zweck der Verhütung spielen Hormonpräparate auch für Frauen in der Menopause eine Rolle, also zur Behandlung von Wechseljahresbeschwerden. Wurden solche Mittel vor einigen Jahren noch bei 30 % bis 40 % der über 45 Jahre alten Frauen dauerhaft verordnet, sind inzwischen erhebliche gesundheitliche Risiken bekannt (Herzinfarkt, Brustkrebs, Schlaganfälle), weshalb die Verschreibung solcher Medikamente deutlich zurückgegangen ist.19 Viele Schulmediziner beharren aber den neueren wissenschaftlichen Erkenntnissen zum Trotz auf der Harmlosigkeit von Hormonpräparaten für Frauen in ihren Wechseljahren.20

Gesellschaftliche Kontroversen

Durch die hormonelle Verhütung werden meist vollkommen gesunde Frauen zu Patientinnen. Auch Frauen, die keine gravierenden Nebenwirkungen wahrnehmen, nehmen mit Pille & Co. Medikamente täglich zu sich, die überaus wirksam sind und mit fundamentalen Veränderungen für Körper und Geist einhergehen. Diese Wirkungen sind, abgesehen von der Schwangerschaftsverhütung, überwiegend negativ.

Die klassischen Medien, das Internet und die sozialen Netzwerke sind voll mit Berichten von „Pillen-Aussteigerinnen“, die sich erleichtert zeigen, wie sich ihre Gesundheit verbessert habe, nachdem sie hormonelle Verhütungsmethoden abgesetzt hätten („Mein Leben nach der Pille“). Die Berichte sind quantitativ-statistisch schwer zu erfassen, klar ist aber, dass es eine sehr große Zahl von Frauen gibt, die enttäuscht, verstört oder wütend auf Pharmaindustrie und Frauenärzte sind. Ihnen wurden angeblich nebenwirkungsarme hormonelle Verhütungspräparate verschrieben – was sich für sie als Fehler herausstellte. Auf der anderen Seite scheinen viele Ärzte Kritik an diesen Mitteln auch nach Eintreten starker Nebenwirkungen zu ignorieren.

2015 und 2016 kam es im Internet zu einem Höhepunkt dieser kritischen Stimmen gegen hormonelle Verhütung. Etwa unter dem Tag #mypillstory meldeten sich Frauen zu Wort, die schlechte Erfahrungen mit Nebenwirkungen gemacht hatten. Es handelte sich zum Teil sogar um Frauen, die sonst in eher oberflächlich wirkenden Mode-Kanälen auf YouTube Kosmetikfilmchen veröffentlichen. Es schlossen sich Tausende Frauen an, die unter diesen und ähnlichen Schlagworten ihre Negativerfahrungen schilderten. Speziell auf eine jugendliche Zielgruppe gerichtete Medien und im weiteren Verlauf zunehmend große Leitmedien berichteten über das Thema.21

Insgesamt ist auffällig, wie viele kritische Berichte sich in Blogs und sozialen Medien finden und dass auf der anderen Seite kaum positive Stimmen vonseiten der Anwenderinnen für hormonelle Verhütungsmittel zu vernehmen sind. Positive Aussagen kommen fast ausschließlich von Ärzten, Krankenkassen, Kontrollbehörden und Pharmaunternehmen.

Die neuen technischen Möglichkeiten stellen für normale Bürger ohne Macht oder Posten offenbar eine neue Art des Empowerment dar, auf die vonseiten der Eliten – in diesem Fall von einer Reihe von Funktionären und Gynäkologen – mit Fake-News-Vorwürfen reagiert wird. Die große Masse an fundierten Berichten von betroffenen Frauen zeigt aber, dass dies keine irrationale Mode ist, sondern dass sich nun gerechtfertigterweise Menschen Verhör verschaffen, die zuvor keine Möglichkeiten dazu hatten. Typische Aussagen der Kritikerinnen lauten etwa:

„Ich rate jeder Frau, die Pille abzusetzen, sobald sie unerwünschte Nebenwirkungen spürt. Für mich gibt es definitiv kein Zurück mehr zur hormonellen Verhütung.“23, 24

„Warum soll ich Hormone nehmen, wenn es nicht notwendig ist?21

„Jetzt habe ich keine fremden Hormone mehr in mir, das bin zu 100 Prozent ich.“22,23,24

In journalistischen Medien kamen einige Einzelfälle ausführlich zur Sprache. Es handelte sich meist um Frauen, die durch besonders starke Nebenwirkungen geschädigt worden waren. Diese Frauen übten massive Kritik an der Pharmaindustrie und zum Teil auch allgemein an der von ihnen empfundenen körperlich-seelischen Bevormundung durch künstliche Hormone.

Skandale rund um hormonelle Verhütung

Eine zentrale Person in der medialen Öffentlichkeit ist seither etwa Felicitas Rohrer, die aufgrund einer lebensbedrohlichen Lungenembolie infolge einer durch die Pille ausgelösten Thrombose den Bayer-Konzern auf 200.000 Euro Schmerzensgeld und Schadensersatz verklagt. In diesem Fall steht die Pille „Yasminelle“ mit dem Wirkstoff Drospirenon am Pranger – ein Präparat der 4. Generation.21,25 Frau Rohrer kann ihren gelernten Beruf als Tierärztin aufgrund der Folgeschäden der Lungenembolie nicht mehr ausführen und darf wegen der Schäden auch keine Kinder mehr bekommen. Sie hat die Selbsthilfegruppe Drospirenon-Geschädigter (SDG) gegründet.26 Gemeinsam mit anderen betroffenen Frauen wie Kathrin Weigele betreibt sie auch die Internetseite Risiko-Pille (risiko-pille.de), die inzwischen zu einer Art inoffiziellen Meldestelle für von Thrombosen Geschädigte geworden ist. Auf der Seite sind etwa 200 Fälle dargestellt von Frauen, die alle zuvor kerngesund waren. Die meisten in der Datenbank aufgeführten Personen erlitten Lungenembolien durch „Pillen“ der aktuellen Generationen; einige von ihnen starben, andere kämpfen mit lebenslangen Folgen.27,21,28 Die Initiative fordert den Bundestag dazu auf, alle Hormon-Pillenpräparate der dritten und vierten Generation zu verbieten.29

Parallel dazu wurde aufgrund der bei Hormonspiralen massiv auftretenden Nebenwirkungen auch eine Initiative Risiko-Hormonspirale von Katharina Micada gegründet. Auf der Internetseite der Initiative (risiko-hormonspirale. de) finden sich umfangreiche Informationen und Links zu wissenschaftlichen Publikationen sowie Warnungen vor dem Einsatz dieser Verhütungsmethode.30