image

image

image

HIGHLIGHTS | GEHEIMTIPPS | WOHLFÜHLADRESSEN

»Seit einem Monat also irrte ich durch diese großartige
Insel, mit dem Gefühl, dass ich am Ende der Welt sei.
Keine Gasthäuser, keine Schenken, keine Landstraßen.
Man erreicht auf Maultierpfaden die Weiler, die an den
Berghängen kleben und gewundene Abgründe überragen,
von wo man am Abend die dumpfe und
tiefe Stimme des Sturzbaches heraufsteigen hört.«

Guy de Maupassant, »Le Bonheur« (Das Glück, 1884)

image

image

Schnorchelparadies am Golf von Girolata

image

INHALT

Das sollten Sie sich nicht entgehen lassen

Willkommen auf Korsika

DER NORDEN

  1Bastia

  2Das Umland von Bastia

  3Cap Corse

  4Centuri Port

  5Weinanbaugebiet Patrimonio

  6Saint-Florent

DER NORDWESTEN

  7L’Île-Rousse

  8Calvi

  9Hinterland der Balagne

10Cirque de Bonifatu

11Der GR 20

12Im Fango-Tal

13Galéria

DIE INSELMITTE

14Parc Naturel Régional de Corse

15Im Asco-Tal

16Monte Cinto

17Fahrt durch das Niolo-Tal

18Corte

19Georges de la Restonica

20Bocognano

21Durch das Prunelli-Tal

22Bastelica

23Hochebene Plateau di Coscione

24Castellu di Cucuruzzu

25Zonza und Umgebung

26Col de Bavella

27Die korsische Eisenbahn

DER WESTEN

28Réserve Naturelle de Scandola

29Porto

30Golf von Porto

31Golf von Sagone

32Ajaccio

33Golf von Ajaccio

34Golf von Valinco

35Station Préhistorique de Filitosa

36Propriano

DER OSTEN

37Costa Verde

38Castagniccia

39Cervione

40Aléria

41Costa Serena

42Solenzara

DER SÜDEN

43Porto-Vecchio

44Das Hinterland von Porto-Vecchio

45Baie de Rondinara

46Bonifacio

47Lavezzi-Archipel

48Sartène

49Die Region Sartenais

50Cauria

REISEINFOS

Korsika von A bis Z

Kleiner Sprachführer

Register

Impressum

MEHR WISSEN

Korsikas Natur und Tierwelt

Berühmte Widerstandskämpfer

Der Klang Korsikas

MEHR ERLEBEN

Wandern auf Korsika

Günstig durch Korsika

Korsika für Kinder und Familien

image

Korsikas Küsten sind reich an schönen Stränden und Buchten.

image

Beim Altstadtbummel entdeckt man Läden mit besonderen korsischen Produkten.

image

Eine Reise ins Mittelalter

image

Reiterstandbild Napoleons in Ajaccio

image

Auch das ist Korsika: sattgrüne Laubwälder mit klaren Flüssen

image

Abendstimmung im Hafen

DAS SOLLTEN SIE SICH NICHT ENTGEHEN LASSEN

image

Eingang einer Töpferei im Künstlerdorf Pigna

image Das Cap Corse umrunden (S. 40)

Auf der abenteuerlich anmutenden Küstenstraße den nördlichsten Zipfel der Insel umfahren, über immer wieder neue Aussichten staunen. Verträumte Dörfer und Piratennester, besondere Museen und versteckte Buchten entdecken. Oder bei einer Wanderung dem Kammweg folgen, der einmal längs durch die Mitte des Caps führt. Von den Gipfeln entfalten sich Panoramen der Superklasse.

image Kunsthandwerk in der Balagne einkaufen (S. 72)

Auf den Bergkuppen und Hängen sitzen mittelalterliche Dörfer, die eine »Route der Kunsthandwerker« verbindet. Hier kann man in eine hier immer noch lebendige korsische Tradition eintauchen, nach besonderen Souvenirs stöbern und an kulturellen Highlights teilhaben. Diese Hügellandschaft im Nordwesten Korsikas ist einmalig!

image Spuren der Freiheitskämpfer sehen (S. 120)

Der Anblick der Kugeleinschläge in der Fassade bei der Bar de la Haute Ville entführt umgehend in die rebellische Inselgeschichte. Korsikas Universitätsstadt Corte hat außerdem viel Kultur zu bieten mit ihrer Zitadelle, lebendigen Museen und Denkmäler zu Ehren der Freiheitskämpfer. Obendrein ist Corte durch seine zentrale Lage Ausgangspunkt für viele schöne Touren und Ausflüge in die Bergwelt.

image

»Piratentürme« zieren die Küste.

image Der Treppe der Himmelskönigin folgen (S. 110)

Korsika hat einige atemberaubende Straßen, doch mit dieser können andere kaum mithalten. Durch die Schlucht mit dem Namen Scala die Santa Regina (»Treppe der Himmelskönigin«) führt die wohl abenteuerlichste Bergstraße der Insel. Mit dem Hochtal und den Schwarzwäldern von Niolo sowie der Spelunca-Schlucht folgen weitere großartige Landschaften. Ihre Schönheit kann man bei einer Wanderung in Ruhe auf sich wirken lassen.

image Boot fahren im Golf von Porto (S. 168)

Märchenlandschaften aus roten Felsen, ein bewaldetes Flusstal und das tiefblaue Meer vereinen sich im Hafenort Porto. Die spektakuläre Felslandschaft am Golf von Porto hat sich den Titel UNESCO-Weltnaturerbe redlich verdient. Ganz besonders schöne Perspektiven eröffnen sich bei einer Fahrt mit dem Ausflugsboot.

image

Schwindelerregend dicht am Abgrund sitzt die Festungsstadt Bonifacio.

image In einem Pool aus Felsen baden (S. 234)

Klares Wasser, das schillert wie Smaragde, daneben idyllische Plätze am Ufer: Der Bergfluss Solenzara hat zahlreiche Badegumpen in den Felsen gebildet, für Badeurlauber eine herrliche Alternative zu Strand und Meer. Er entspringt bei den Aigulles de Bavella, den sieben berühmten Felsnadeln, die man bei der Gelegenheit gleich einmal besuchen sollte. Der zugehörige Pass Col de Bavella ist über die Straße zu erreichen, die den Fluss begleitet.

image Die Vielfalt der Kastanie auskosten (S. 216)

Besonders schön geht dies in der Castagniccia im Hinterland der Costa Verde. Weitläufige Wälder aus Kastanienbäumen und reichlich Gelegenheit, die »Nationalfrucht« zu probieren, urige Dörfer, Klöster, eine Mineralwasserquelle und andere Entdeckerziele bereichern die Region. Mittendrin: der ehemalige Königssitz Cervione mit repräsentativen Bauten und einer charmanten kleinen Altstadt.

image Im Prunelli-Tal wandern (S. 132)

… und dabei zum Beispiel den »Brautschleier«-Wasserfall, idyllische Bergseen oder alte Hirtenpfade entdecken. In wunderschönen Bergdörfern wie Bocognano und Bastelica gibt es die passenden Unterkünfte, nette Restaurants und eine familiäre Atmosphäre. Das Tal ist zweifellos eine der schönsten Wandergegenden auf Korsika – und weniger überlaufen als die bekannten Etappen des GR 20. Nördlich des Tals lohnt ein Abstecher nach Ghisoni, einem Bergdorf mit geheimnisvollen Ruinen.

image Das Maison Bonaparte besuchen (S. 180)

Das Geburtshaus von Napoleon Bonaparte steht in Ajaccio, denn hier, in der Inselhauptstadt, kam der berühmte Kaiser zur Welt. So sind auch die umliegenden Straßen und Plätze voll mit Denkmäler, Museen und anderen Erinnerungen an dieses Stück Geschichte. Bei einem Bummel entdeckt man außerdem noch zahlreiche andere spannende Seiten der Stadt.

image Die Gassen von Bonifacio erkunden (S. 254)

Es ist ein wahrer Genuss, sich in der Altstadt zu verlaufen, die wohl verwinkelter ist als jede andere und hoch über dem Meer sitzt. Bis nach Sardinien kann man von hier aus schauen. Die historische Festungsstadt Bonifacio wurde auf Kreidefelsen errichtet, schwindelerregend nah am Abgrund. Mit Ausflugsbooten geht es zu Grotten und den Lavezzi-Inseln.

image

Napoleons Geburtshaus – das Maison Bonaparte

image

Auch im Hinterland warten abenteuerliche Pfade.

WILLKOMMEN auf Korsika

Korsika überrascht selbst Stammgäste immer wieder. Vielfältig sind die Landschaften und Eindrücke, die das »Gebirge im Meer« bietet. Dies ist eine Insel für Abenteurer, Wanderer, Trekking-Anhänger und Campingfreunde, aber genauso ein Ort für entspannten Badeurlaub oder kulturelle Erkundungen. Spektakuläre Schluchten und schroffe Gipfel, klare Flüsse und Wasserfälle, Wälder und Bergdörfer bilden ihr wildes Herz. Rundherum verführt ein Saum aus Stränden, kleinen Buchten, Badeorten und Hafenstädten.

Lange Sandstrände im Osten

Je nachdem, in welche Richtung man auf Korsika abbiegt, kann ein Urlaub auf der Mittelmeerinsel höchst unterschiedlich aussehen. Lieblich locken die Strände im Osten – oft viele Kilometer lang, laden sie zum Baden im Azurblau ein. Auf rund 80 Kilometer Länge bringen es die Sandstrände an dieser Inselseite insgesamt. Sie prägen verschiedene Küstenregionen. An der Costa Verde, der »grünen Küste«, ist das kastanienreiche Hinterland der Castagniccia ganz nah. Weiter Richtung Süden folgen die »heitere« Costa Serena, die »Perlmuttküste« Côte des Nacres und schließlich, kurz hinter Porto-Vecchio, die karibisch anmutende Plage de Palombaggia sowie weitere schöne Buchten.

image

Die Steilküste bei Bonifacio im Abendlicht

Reizvolle Golfe im Westen

Von teils hoch aufragenden, zerklüfteten Felsen geprägt ist die westliche Seite Korsikas. Dazwischen bilden die fjordähnlichen Meereseinschnitte der Golfe zahlreiche reizvolle Urlaubsziele. Auf halber Strecke liegt Ajaccio, die Hauptstadt der Insel. Neben den vier großen Golfen von Valinco, Ajaccio, Sagone und Porto gehören auch noch kleinere Golfe und Buchten zur Küstenlinie – einige von ihnen bergen Traumstrände wie die Plage d’Arone südlich von Porto. Auch für Wassersport, von Wellenreiten bis Tauchen, ist diese Region wie geschaffen.

Wanderparadies Naturpark

Für viele ist das Landesinnere das wahre Korsika, das auch Wanderer besonders lieben (siehe »Wandern auf Korsika«, S. 86). Mittendrin fasziniert Corte, Korsikas ehemalige Hauptstadt, mit ihrer ehrwürdigen Zitadelle und ihrem großen Kulturangebot. Der Regionale Naturpark Korsika (Parc Naturel Régional de Corse) erstreckt sich über eine Fläche von 3500 Quadratkilometer. Kristallklare Flüsse, Quellen und Badegumpen in den Felsen bilden eine völlig andere Welt als die Strände und das Salzwasser des Mittelmeeres. Seine Berglandschaften mit dichten Pinien- und Korkeichenwäldern bieten zahlreiche Wander- und Trekkingmöglichkeiten. Und nicht zuletzt verbinden mehrere spektakuläre Passstraßen Ost- und Westküsten, etwa der Col de Bavella mit seinen sieben Felsnadeln »Aiguilles de Bavella«.

image

Auf einer Wanderung lernt man das wahre Korsika kennen.

Kunst und Kultur

Auch wenn Korsika vor allem eine Insel für Naturfreunde ist, die Städte und Dörfer bieten kulturelle Abwechslung. In Ajaccio, Geburtsort Napoleons I., können Besucher den Spuren des berühmten Kaisers folgen, in Bastia, Calvi, Corte und Bonifacio begeistert die mittelalterliche Architektur mit ihren gut erhaltenen Festungsanlagen (Citadelles). Besonders im Süden der Insel entführen mehrere Ausgrabungsstätten, Menhire und Bauten aus der Torre-Kultur in die Stein- und Bronzezeit. In Alèria und südlich von Bastia wiederum sind Reste von Siedlungen aus der römischen Antike zu bewundern.

image

Die schroffen Felsküsten haben ihren eigenen Charme.

Museen, Festivals und Feste in vielen Ortschaften bereichern das kulturelle Angebot, u. a. das Theaterfestival L’Aria in Vallinca, die Nuits de la Guitare in Patrimonio oder das Nussfest von Cervione. Unbedingt zu einem Korsika-Urlaub gehört es auch, den polyphonen Gesängen einer der zahlreich vertretenen korsischen Musikgruppen zu lauschen.

Eine »deftige« Insel

So herzhaft wie die Insel mit ihren verwilderten Hausschweinen und abenteuerlichen Landschaften ist auch die Küche. Charcuterie, also Fleisch- und Wurstwaren, kommen oft und in guten Portionen auf den Tisch, etwa Figatellu, eine geräucherte, grobe Wurst aus Leber und Speck, das gepfefferte Filet Lonzu, und Coppa: ein in Salz und Wein eingelegter Rollschinken aus Schweinenacken. Eine Spezialität ist auch Prisuttu – ein Räucherschinken, der gern mit frischen Feigen serviert wird.

Für seinen unverwechselbaren Duft berühmt ist Brocciu, der korsische Frischkäse aus Ziegen- oder Schafsmolke – im Comic »Asterix auf Korsika« bringt er ein ganzes Schiff zum Explodieren. Der mit Salz konservierte Käse dient auch als Füllung für Omelettes, Cannelloni und herzhafte Teigtaschen, genauso aber auch für süße Desserts und Kuchen. Für Feinschmecker eine Delikatesse, für alle anderen eher zum Gruseln ist Casjiu Merzzu, ein «verdorbener Käse«, in dem bewusst Maden angesiedelt werden als Zeichen der zweiten Reife.

Zu den inseltypischen Produkten verarbeitet werden auch – wenn auch teils nur in bestimmten Regionen – Honig, Zitrusfrüchte, Oliven, Myrte, Haselnüsse, Feigen und Kastanien. Man findet sie unter anderem in Form von Konfitüren, Nougat, Likören, Speiseölen und Gebäck. Eine besondere Rolle nimmt die Kastanie ein, die hier so vielfältig verarbeitet wird wie wohl kaum irgendwo sonst – sogar zu Bier. An die italienische Polenta erinnert die Inselspezialität »Pulenta«, ein Brei aus Kastanienmehl und Wasser, zu dem zum Beispiel Wildschweinleber gereicht wird.

Zitadellen und Wehrtürme

Neben einer eindrucksvollen Natur findet man auf Korsika an vielen Stellen Relikte längst vergangener Epochen. Teils sind sie nicht zu übersehen, teils verstecken sie sich in der Landschaft und werden selten erwähnt. Das wohl auffälligste Zeugnis der bewegten, von Kriegen und Besatzung geprägten Jahrhunderte sind die Festungsanlagen (Zitadellen) in Städten und Hafenorten wie Bastia, Bonifacio, Calvi, Corte und Algajola sowie die zahlreichen »Genuesertürme«, die eine Verteidigungslinie rund um die Küste bildeten und größtenteils noch gut erhalten sind. Um sich vor Angriffen durch die Sarazenen und verfeindete Mächte zu schützen, ließen die Genueser allein im Zeitraum 1510 bis 1620 rund 100 Türme an den Küsten Korsikas errichten.

image

Im Abendlicht erstrahlt die Zitadelle von Calvi.

Die Geschichte anderer Hinterlassenschaften reicht noch viel weiter zurück. Zwei Ausgrabungsstätten erinnern an die Antike, als die Griechen und Römer ihre Spuren hinterließen. Südlich von Bastia wurden die Überreste der Stadt Mariana gefunden, die der römische Feldherr Gaius Marius um 100 v. Chr. errichten ließ. Von der Fundstätte, die sich hinter der Kathedrale La Canonica befindet, ist allerdings nicht mehr viel zu sehen. Ganz anders verhält es sich in Aléria an der Ostküste: Hier sind die Grundmauern der antiken Stadt Alalia noch gut zu erkennen, die der griechische Volksstamm der Phokäer gründete. Die Ausgrabungsstätte zählt zu den größten kulturellen Sehenswürdigkeiten Korsikas.

Menhire und Torre-Kultur

Bekannt ist die Insel auch für einige Fundstätten aus der Vor- und Frühgeschichte (Neolithikum und Megalithikum). Besonders die Südhälfte Korsikas ist nahezu gespickt mit Menhiren, jenen geheimnisvoll anmutenden Steinsäulen, die oft Gesichter tragen und an Kultplätze denken lassen. Rund 630 Menhire, 73 Menhirstatuen sowie 64 Steinkistengräber und Dolmen verteilen sich in der Landschaft. Besonders eindrucksvoll zeigen sie sich in den Fundstätten Filitosa und Cauria, die als große Freilichtmuseen gestaltet wurden. Doch es gibt auch einige unbekanntere einzelne Menhire, die es aufzuspüren lohnt.

image

Eindrucksvolle Menhire sind in Fundstätten wie Cauria zu bewundern.

image

Nicht Wildschweine, sondern verwilderte Hausschweine trifft man oft auf Wegen und Straßen.

An manchen Fundplätzen, etwa in Filitosa, vermengen sich diese Hinterlassenschaften der Steinzeitkultur mit geheimnisvollen Bauten aus der Bronzezeit, die man nur auf Korsika und in ähnlicher Form auf Sardinien fand: Die Ruinen von Rundbauten der »Torreaner« sind zum Beispiel auch nahe Porto Vecchio zu bewundern und entstammen jener rätselhaften Kultur, über deren Geschichte und Untergang kaum etwas bekannt ist – nicht zu verwechseln mit den Genuesertürmen an der Küste, die erst im Mittelalter entstanden.

Ehrenkodex und Blutrache

Dass die Korsen ein liebenswertes, aber auch eigenwilliges Volk sind, ist bei einem Besuch auf der Insel schnell spürbar. Da ist einerseits die Gastfreundschaft: die Vermieterin des Apartments, die herzlich zum Aperitif einlädt, oder der Wirt in der Bergerie, der humorvoll den berüchtigten Ziegenkäse mit seinem strengen Duft serviert. Andererseits fürchtet man als Autofahrer mitunter um sein Leben, wenn der genervte Einheimische zwar mit passgenauer Abmessung, doch gehörigen Schrecken einjagend die Kurven schneidet.

image

Weitläufige Strände laden zum Spaziergang ein.

Auf den Punkt bringt es der Comic »Asterix auf Korsika«, der mit sympathischer Ironie die Eigenarten der Insulaner darzustellen weiß.

image

Der Korsische Feuersalamander

Demnach sind die Korsen als »Individualisten von überschäumendem Temperament, doch gleichzeitig beherrscht und gelassen in ihrem Gehabe, gastfreundlich, ihren Freunden treu, heimatverbunden, redegewandt und mutig«. Und sie haben noch eine andere Eigenschaft, resümiert der Verfasser: »Sie sind leicht beleidigt.« Doch während sich das Temperament heute eher in ungeduldigem Hupen oder einem vielsagenden Blick äußert, musste man sich in früheren Jahrhunderten ernsthaft vorsehen. Wehe dem, der eine Familienehre verletzte!

Das »Recht« zur Selbstjustiz war einst auf Korsika selbstverständlich. Nach dem geltenden Ehrenkodex war ein Mann regelrecht dazu verpflichtet, Kränkungen durch Mord zu sühnen. Ein einmal gegebenes Wort durfte man keinesfalls brechen. Zu den Grundsätzen zählte auch die Gastfreundschaft, die man Hilfesuchenden anzubieten hatte. Schwere Verstöße gegen den Ehrenkodex wurden mit der Vendetta (korsisch: Vindetta) geahndet, aus der Literatur hinlänglich bekannt als Blutrache. Alle Familienmitglieder waren daran beteiligt, dazu wurde ein Familienrat einberufen, um zu entscheiden, ob die Beleidigung gerächt werden sollte. Bei Einigkeit benachrichtigte man die Familie des Beleidigers, der wiederum fortan als Ehrenbandit galt und sich in die undurchdringliche Bergwelt mit ihrer Macchia und vielen Verstecken flüchtete. Solch eine Fehde zwischen zwei Familien konnte lange währen, sich sogar von Generation zu Generation fortsetzen, bis die Schande schließlich gerächt werden konnte. Dies führte so weit, dass auf Korsika einige Sippen regelrecht ausgelöscht wurden.

image

Auch die Friedhöfe berichten von der bewegten Inselgeschichte.

Eine Hochburg der Vendetta war Sartène, das auch aus diesem Grund oft als düster bezeichnete Städtchen an der Südwestküste. Die korsische Blutrache prägte einige große literarische Werke, darunter die Novelle »Colomba« von Prosper Mérimée.

»Korsika den Korsen«

Das Streben der Korsen nach Unabhängigkeit zieht sich wie ein rotes Band durch die Geschichte der Insel. Ende der 1960er-Jahre verstärkten sich die Autonomiebestrebungen, treibende Kräfte sind die Union des korsischen Volkes (UPC) und die Nationale Front zur Befreiung Korsikas (FLNC). Ein Autonomiestatut, das Korsika daraufhin im Jahr 1982 erhielt, wurde 1992 erneuert und erweitert. Weil die FLNC die Unabhängigkeit auch mit terroristischen Methoden zu erreichen versuchte, wurde sie allerdings 1983 verboten.

Bei Fahrten über die Insel fallen Ortsschilder auf, deren französische Bezeichnung übersprüht oder überpinselt wurde. Dies ist das wohl offenkundigste Zeichen dafür, dass der Kampf um Unabhängigkeit für manche Korsen noch nicht vorüber ist. Mit Parolen wie »A terra corsa a i corsi« (Korsika den Korsen) und »I Francesi fora« (Franzosen raus) wollen die korsischen Autonomisten eine Eigenständigkeit erwirken, die soziale und wirtschaftliche Probleme verringern und auch der Erhaltung der korsischen Kultur zuträglich sein soll. Doch selbst die Widerstandsgruppen untereinander sind sich nicht immer einig; die Proteste gipfeln mitunter in Anschlägen und gewaltsamen Aktionen, bei denen es bereits einige Todesopfer gab. Diese Aktionen richten sich aber nicht gegen Touristen, sondern beispielsweise gegen politisch einflussreiche Personen oder andere Drahtzieher.

image

Wahrlich nicht zu übersehen sind die Denkmäler zu Ehren Napoleons.

Allgegenwärtig auf der Insel ist das Symbol korsischen Rebellentums, das bereits ab 1762 unter dem Freiheitskämpfer Pasquale Paoli zum Wappen bestimmt wurde: ein schwarzer Kopf mit weißer Stirnbinde, teils auch (als modernere, verfälschte Variante) mit Ohrring. Er ziert zahlreiche Souvenirs, da und dort tragen Eisverkäuferinnen und Servicemitarbeiter solch ein Stirnband als touristischen Werbegag. Um die Herkunft des Symbols kursieren einige Legenden. Auch der Rebellenführer Theodor Stephan von Neuhoff, der für wenige Monate in Cervione zum König ernannt wurde, soll bei seiner Ankunft eine weiße Flagge mit dem besagten Kopf gehisst haben.

image

Mit Büsten und Statuen gedenkt man vielerorts der Freiheitskämpfer, hier Pasquale Paoli.

Steckbrief Korsika

Lage:Korsika liegt südöstlich der französischen Festlandküste und westlich von Italien, auf derselben Höhe wie die Abruzzen. Unmittelbar im Süden schließt sich die italienische Insel Sardinien an, die ab Bonifacio zu sehen und per Fähre erreichbar ist.

Fläche:8699 qkm (Haute-Corse: 4685 qkm, Corse-du-Sud: 4014 qkm).

Küste:Rund 1000 km, davon ein Drittel Strand und zwei Drittel Felsküste.

Hauptstadt:Ajaccio.

Flagge:

image

Amtssprache:Französisch. Die Orts- und viele andere Bezeichnungen sind zusätzlich auf Korsisch angegeben. Diese eigene Inselsprache, die etwas an Italienisch erinnert, ist heute wieder Wahlfach an Schulen. Auch in den Zeitungen und in der Musik gibt es viele korsische Beiträge. Viele Einheimische legen Wert auf den Erhalt ihrer Sprache und nutzen sie täglich.

Bevölkerung:Auf Korsika leben zurzeit 309 693 Einwohner (Stand 2010). Die größten Städte sind Ajaccio mit rund 65 000 und Bastia mit 43 000 Einwohnern. Die Bevölkerungsdichte beträgt 35,7 Einwohner pro Quadratkilometer.

Währung:Euro.

Zeitzone:MEZ und MESZ von Frühsommer bis Herbst.

Geografie:Korsika ist – nach Sizilien, Sardinien und Zypern – die viertgrößte Mittelmeerinsel. Sie ist 183 km lang (von Cap Corse im Norden bis Capo Pertusato im Süden) und 83 km breit (von Alistro im Osten bis Capo Rosso im Westen). Ihr Umfang beträgt aufgrund der zahlreichen Buchten mehr als 1000 km. 86 Prozent der Insel bestehen aus Bergland mit Gipfeln, die bis zu 2700 Meter erreichen.

Staat und Verwaltung:Korsika gehört zu Frankreich. Die Insel gliedert sich in die Verwaltungsgebiete Haute-Corse mit der Hauptstadt Bastia und Corse-du-Sud mit der Hauptstadt Ajaccio.

Wirtschaft:Auch wenn die Insel von Landwirtschaft geprägt zu sein scheint, lebt hiervon nur noch ein kleiner Teil der Bevölkerung. Rund 80 Prozent des Bruttoinlandsproduktes entfallen heute auf den Tourismus.

Tourismus:Ungefähr 2,5 Millionen Touristen kommen jährlich nach Korsika. Etwa 81 Prozent der Erwerbstätigen arbeiten im Dienstleistungssektor, die Hälfte davon wiederum im Tourismus. Weitaus geringere Anteile entfallen auf die Bereiche Landwirtschaft (2 Prozent) und Industrie (17 Prozent).

Religion:Der größte Teil der korsischen Bevölkerung ist römisch-katholisch.

Geschichte im Überblick

In der Steinzeitgibt es bereits erste Siedlungen, worauf so manche archäologische Fundstätte hinweist.

In der Antikehinterlassen die Griechen und Römer ihre Spuren – so gründete der griechische Volksstamm der Phokäer die Stadt Alalia (heute Aléria) an der Ostküste Korsikas.

535 v. Chr.Nach einer Seeschlacht gegen die Karthager und Etrusker verlassen die Griechen die Insel. An deren Stelle kommen die Römer, denen es im 3. Jh. n. Chr. gelingt, die Karthager zu besiegen.

Im 5. und 6. Jh. n. Chr.steht Korsika unter der Herrschaft der Vandalen, des byzantinischen Reiches und der Langobarden.

758erobern die Truppen des fränkischen Königs Pippin die Insel, nachdem sie fast 200 Jahre lang zu Byzanz gehört hatte. In die Geschichte geht die »Pippinsche Schenkung« ein, wonach der Monarch die Insel dem Papst schenkte. In den folgenden tausend Jahren wird Korsika wiederholt von Angriffen der aus dem arabischen Raum stammenden Sarazenen gebeutelt.

Ab 1077wird die Insel vom Bistum Pisa verwaltet – eine Zeit, in der ein gewisser Friede und kultureller Aufschwung einkehrt. Ein Zeugnis der pisanisch-romanischen Kirchenbaukunst ist die Kathedrale La Canonica am Lagunensee Étang de Biguglia südlich von Bastia.

Im Jahr 1284besiegt die Seemacht Genua das gegnerische Pisa nach jahrelangem Streit um Korsika. Für die folgenden fünf Jahrhunderte sollte der aufstrebende ligurische Stadtstaat die Macht über die Insel haben. In dieser Epoche entstehen die imposanten Festungsanlagen der Insel.

1510 bis 1620lassen die Genueser, um sich vor weiteren Angriffen durch die Sarazenen und verfeindete Mächte zu schützen, rund 100 Türme an den Küsten Korsikas errichten. Diese militärischen Bauwerke bilden einen Verteidigungsgürtel und dienen der Überwachung. In den Städten werden Befestigungsanlagen errichtet oder bereits vorhandene Anlagen verstärkt, etwa in Bonifacio, Calvi, Algajola, St. Florent und Porto-Vecchio. Noch heute sind diese Anlagen und viele der Wehrtürme auf der ganzen Insel als eindrucksvolle historische Zeugnisse zu besichtigen.

1358Bauernaufstände während der Zeit der genuesischen Herrschaft sorgen für Aufruhr.

1376 bis 1434prägen die Kriege gegen Aragon diese bewegte Epoche der korsischen Geschichte.

1453 bis 1559Innerhalb von mehr als 100 Jahren verschuldet sich das Inselreich hoch und wird schließlich an die Bank des Heiligen Georg verpfändet.

1559fällt Korsika unter König Heinrich II. an Frankreich.

1559 bis 1567begehren die Korsen selbst unter Sampiero Corso auf, in dem Bemühen, Unabhängigkeit zu erreichen.

1729 bis 1769Fast 200 Jahre später gipfelt die Rebellion im Korsischen Unabhängigkeitskrieg, wobei den Korsen der deutsche Abenteurer Theodor von Neuhoff zu Hilfe kommt, den sie 1736 in Cervione zum König krönen. Nur sieben Monate währt seine Regierungszeit. Es folgen weitere Jahre mit Aufständen, ab 1755 unter Pasquale Paoli, dem »General der Nation«. Noch heute wird der Freiheitskämpfer als Nationalheld verehrt. Er verhilft Korsika zu einer Verfassung, führt die Schul- und Militärpflicht ein, macht Corte zur Hauptstadt und gründet dort eine Universität. Vierzehn Jahre lang hält sich Korsika als eine Art eigenständiger Staat unter den genuesischen Besatzern.

1768endet diese relative Autonomie mit dem Verkauf der Insel an Frankreich. Ein Jahr später besiegen die Franzosen die an Zahl und Waffen unterlegenen Korsen in der historischen Schlacht von Ponte Novu und übernahmen die Insel.

1942 bis 1943Während des Zweiten Weltkriegs ist Korsika von deutschen und italienischen Truppen besetzt.

Ende der 1960er-Jahreverstärken sich die Autonomiebestrebungen; treibende Kräfte sind die Union des korsischen Volkes (UPC) und die Nationale Front zur Befreiung Korsikas (FLNC).

1982erhält Korsika ein Autonomiestatut, das im Jahr 1992 erneuert und erweitert wird.

1983wird die FLNC verboten, da sie die Unabhängigkeit auch mit terroristischen Methoden zu erreichen versucht. Ab den 1990er-Jahren sorgt sie mit Anschlägen, die sich jedoch nicht an Touristen richten, aber wieder für Aufsehen.

Am 6. Februar 1998wird der Präfekt Claude Erignac in Ajaccio auf offener Straße erschossen. Der Politiker stand im Visier der korsischen Extremisten.

2011wird der korsische Nationalist Yvan Colonna, mutmaßlicher Mörder des Präfekten, vor dem Pariser Sonderschwurgericht zu lebenslanger Haft verurteilt.

2013startet auf Korsika die 100. Tour de France – die erste Etappe beginnt am 29. Juni in Porto-Vecchio. Weitere Etappenziele sind Bastia, Ajaccio und Calvi. Damit ist die Insel erstmals an dem legendären französischen Radrennen beteiligt.

image

Statue des Generals Gaffori in Corte

DER NORDEN

1Bastia

2Das Umland von Bastia

3Cap Corse

4Centuri Port

5Weinanbaugebiet Patrimonio

6Saint-Florent

image

Am Kap Corse: das Kastell bei Pino

1 Bastia

Versteckte Juwelen

image

Bescheiden gibt sich die zweitgrößte Stadt Korsikas auf den ersten Blick. Doch hinter ihrer unscheinbaren Fassade verbirgt sich barocke Pracht. Wie kleine Schatzkammern hüten die Kirchen und Oratorien sehenswerte sakrale Kunst. In die Gründerzeit entführt die Zitadelle über dem alten Hafen. Das Museum im Gouverneurspalast informiert über die Traditionen und Geschichte der Insel.

image

Hafenflair mit Wahrzeichen: die doppeltürmige Kirche Saint Jean Baptiste

Bastia bedeutet für viele Inselgäste das erste Rendezvous mit Korsika. Die Flieger aus Frankreich und Deutschland landen auf dem zugehörigen Flughafen Poretta südlich der Stadt. Wer mit der Fähre anreist, könnte meinen, in Italien anzukommen. Pastellfarben und schlicht-elegant rückt eine Häuserfront ins Blickfeld, die genauso auch in Neapel oder Rom stehen könnte, dahinter ragen die Gipfel des Pigno-Massivs auf. Neben dem Fährhafen grüßt der historische Stadtteil mit dem alten Hafen und der Zitadelle. Sie gab der Stadt ihren Namen: Bastia entstammt dem italienischen Wort »Bastiglia« für Festung; damit verwandt ist auch der deutsche Begriff »Bastion«.

image

Von der Hafenmole aus bietet sich ein besonders schöner Blick auf Meer und Altstadt.

Terra Nova und Terra Vecchia

Die Festungsanlage ließ der genuesische Gouverneur Leonello Lomellini errichten. Im Jahr 1378 hatte er das Schloss von Biguglia verlassen, um die strategisch und wirtschaftlich günstige Lage für die Gründung der neuen Stadt zu nutzen. Der dortige Naturhafen »Porto Cardo« diente bereits der Verschiffung von Wein nach Pisa. Die Reben gediehen im Hinterland des Bergdorfs Cardo, noch heute das ertragreiche Anbaugebiet Patrimonio. Mit dem Bau der Zitadelle entstand das neue Viertel »Terra Nova«, während man das Hafengebiet Porto Cardo fortan »Terra Vecchia« nannte. Im Jahr 1480 war der Bau der Befestigungsanlagen abgeschlossen. Weitere fünfzig Jahre später konnte der Gouverneurspalast als Anbau an den alten Wehrturm vollendet werden.

Im Laufe des 16. und 17. Jahrhunderts wuchs die Oberstadt Bastias – angelegt mit geraden Straßen im Schachbrettmuster, spiegelt sie die Tradition genuesischer Städte wider. Immer mehr Menschen ließen sich in der Stadt nieder, die sich während des 18. und 19. Jahrhunderts weiter Richtung Norden und über die Anhöhen ausbreitete. Repräsentative Bauten bereicherten nun das Stadtbild, darunter der Justizpalast und große Bürgerhäuser entlang der Boulevards, die zusammen mit der Place Saint Nicolas auch heute das wirtschaftliche Zentrum bilden. Noch bis 1811 blieb Bastia die Hauptstadt der Insel, dann übernahm Ajaccio als Geburtsstadt von Napoleon Bonaparte (1769–1821) diesen Status. Heute ist Bastia mit mehr als 43 000 Einwohnern die zweitgrößte Stadt Korsikas, seit 1975 ist sie die Hauptstadt des Verwaltungsbezirks Haute-Corse.

Rund um die Place Saint Nicolas

Korsischer Alltag und touristisches Treiben vermengen sich in der heutigen Neustadt mit ihren breiten Avenues und weiten Plätzen. Es gibt Läden, Restaurants und Cafés für jeden Geschmack. Besonders der Boulevard Paoli lädt zum Flanieren und Shoppen ein. Die benachbarte, von Palmen und Platanen gesäumte Place Saint Nicolas ist einer der größten Plätze Frankreichs. Auf dem 300 Meter langen und 90 Meter breiten Areal stehen zwei Denkmäler. Das eine zeigt Napoleon in römischer Toga, das andere erinnert an die in den Kriegen des 18. und 19. Jahrhunderts gefallenen Korsen. In nahezu jeder Ortschaft auf der Insel steht übrigens solch ein Mahnmal.

Einfach gut!

PLACE DU MARCHÉ

Im Schatten der zentralen und bekannteren Place Saint Nicolas geht der Marktplatz von Bastia bei Reisenden ein wenig unter. Die Place du Marché misst nur etwa ein Viertel der Fläche ihres großen Schwesterplatzes, doch genau das macht sie für viele, die sie kennen, attraktiver. Während man sich auf dem größeren Platz schon fast etwas verloren vorkommt, ist es hier gemütlicher, die Straßencafés und Lokale ringsum sind mehr auf Einheimische als auf Touristen eingestellt. Besonders lebendig geht es an Markttagen zu, obendrein eine schöne Gelegenheit für einen traditionellen Einkauf. An den Ständen gibt es frischen Fisch, Fleisch, Käse und andere korsische Lebensmittel.

Place du Marché / Marché Courvert. Marktplatz und Markt in Bastia. Reges Treiben und korsische Produkte, z. B. Kastanienhonig, Olivenöl. Mo–So vormittags, 20 200 Bastia

image

Rund um die Place du Marché gibt es besonders schöne Cafés.

image

Auf der Place Saint Nicolas trägt Napoleon eine Toga.

Ein barocker Spaziergang

Der Glanz ist den Vorzeigebauten und Einkaufsstraßen vorbehalten. Besonders in der Altstadt blättert der Putz, harrt manche Fassade der Sanierung. Dazwischen aber versteckt sich kulturelle Schönheit: Bastia hat auf kleinem Raum gleich mehrere sehenswerte Kirchen und Oratorien zu bieten, die sich auf einem Spaziergang verbinden lassen. Dazu begibt man sich am besten zur Place Saint Nicolas und läuft an der Südseite des Platzes (Richtung alter Hafen) in die Rue Napoleon. Bereits nach etwa 100 Metern ist auf der linken Seite das Oratoire Saint Roch (1590–1604) zu sehen, das dem Schutzpatron der Pestkranken, Rochus von Montpellier, geweiht wurde. Unscheinbar fügt sich die Kapelle in die Häuserfronten der schmalen Einbahnstraße, ein schlichtes Mosaik mit einem Kreuz ziert den Vorplatz. Im Inneren aber erweist sie sich als Juwel des frühen Barocks: Viel Gold, Marmor, reich geschnitztes Mobiliar und zahlreiche Engel schmücken den Raum in prunkvollem Einklang mit karmesinroten Wänden und Holzvertäfelungen. Links neben dem Eingang befindet sich eine Statue des Heiligen Rochus im blauen Gewand. Die Fassade des Bauwerks entstammt dem Neoklassizismus. Der Bildhauer Giuseppe Bertolucci schuf das große Marmortor im Jahr 1860. Über dem Eingang ist die Jakobsmuschel als Symbol der Pilger zu sehen.

image

Durchgang zur Place du Donjon im Zitadellenviertel

image

Rund um die Zitadelle gibt es viel zu entdecken (hier: Rue de L’Hospiche).

Am südlichen Ende der Rue Napoleon weist ein Sonnenmosaik den Weg zum Oratoire de l’Immaculée Conception (Oratorium der Bruderschaft zur Unbefleckten Empfängnis, 1609). Der barocke Eingang entstand 1704, der übrige Marmorschmuck der Fassade kam 1859 hinzu. Etwas weiter, kurz vor dem alten Hafen, führt links die Rue Saint Jean zum Wahrzeichen Bastias: Die doppeltürmige Kirche Église Saint Jean Baptiste (1636–1666) wird von der umgebenden Bebauung regelrecht verschluckt; man könnte meinen, dass sich das schwere Eingangsportal kaum noch öffnen lasse, so nah rückt die Häuserzeile gegenüber heran. Auf der Hinterseite indes weitet sich die Place du Marché (Marktplatz), umgeben von netten Cafés und kleinen Lokalen – eine schöne Gelegenheit für einen Stopp, besonders zu den Marktzeiten.

Rundgang durch Bastia

Altstadt, Hafen und Zitadellenviertel: Ein Stadtrundgang führt durch die verschiedenen Teile Bastias. Teil der Tour ist beispielsweise ein barocker Rundgang, der die schönsten Kirchen und Kapellen verbindet.

image Fährhafen – Hier legen die Fähren aus Frankreich und Italien an.

image Place Saint Nicolas – Mondänes Flair verströmt der weitläufige Platz mit dem Napoleon-Denkmal.

image Boulevard Paoli – Die Einkaufsmeile, Hauptgeschäftsstraße von Bastia, ist nach dem korsischen Revolutionär und Widerstandskämpfer Pasquale Paoli benannt.

image Oratoire Saint Roch – Die Kapelle, geweiht dem Schutzpatron der Pestkranken, ist Startpunkt des Barock-Spaziergangs.

image Oratoire de l’Immaculée Conception – Auch das Oratorium zur Unbefleckten Empfängnis hat ein barockes Innenleben.

image Église Saint Jean Baptiste – Das doppeltürmige Wahrzeichen Bastias ist Johannes dem Täufer geweiht.

image Place du Marché – Auf dem Marktplatz von Bastia herrscht vormittags reges Treiben.

image Alter Hafen – Schaukelnde Boote, Cafés und ein schöner Blick von der Mole verlocken zum Stopp.

image Jardin Romieu – Der schönste Weg zur Zitadelle führt durch diese Gartenanlage.

image Zitadelle – Ein Besuch der Festungsanlage gehört unbedingt zu einem Rundgang durch Bastia. Den ältesten bebauten Teil der Stadt nennt man übersetzt »Neustadt«.

image Kathedrale Sainte Marie – Die Kathedrale in der Zitadelle beherbergt eine große Marienstatue aus Silber.

image

image Oratorium Sainte-Croix – Das einzige Rokoko-Oratorium vermag den Prunk noch zu toppen.

image Gouverneurspalast – Hier ist auch das Museum von Bastia, das sogenannte Musée de Bastia, untergebracht.

Geheimtipp

PARFUMERIE CYRNAROM

Auf den ersten Blick sieht der kleine Laden in der Avenue Emile Sari Nr. 29 aus wie eine typische Parfümerie. Leicht übersieht man das schlichte Schaufenster zwischen einer Autowerkstatt und anderen Geschäften, doch ein Schriftzug neben der Tür lässt innehalten. MUSÉE steht dort in großen Buchstaben. Wer der Einladung folgt, betritt das Reich der Düfte von Guy Cecchini. Zwischen Kupferkesseln und Glaskolben hantiert »Le maître parfumeur« mit Essenzen aus heimischen Blüten und Kräutern. Es ist eine Szene, die aus dem Roman »Das Parfum« von Patrick Süskind stammen könnte. Doch hinter diesen Türen verbergen sich keine düsteren Geheimnisse, sondern eine Welt der Düfte. Zugleich berichtet sie von der Tradition der Parfumherstellung. Während der Sommermonate gewährt Guy Cecchini Besuchern Einblicke in die hohe Kunst des Duftmischens. Ein Erlebnis und natürlich die Gelegenheit, ein besonderes Souvenir zu erwerben – den Duft von Korsika.

Laboratoire et Musée de la Parfumerie Cyrnarom. Avenue Emile Sari 29, Tel. 04 95 31 39 30

image

Kathedrale Sainte Marie

Eher schlicht gibt sich das Innere von Saint Jean Baptiste. Die Kirche diente der ärmeren Bevölkerung der Unterstadt. Seine beiden Kirchtürme erhielt das Bauwerk erst im 19. Jahrhundert. Als »Kirche der Reichen« hingegen galt die Kathedrale Sainte Marie (1495, Umbau 1600–1622) in der Zitadelle direkt gegenüber. Der schönste Weg dorthin geht um den u-förmigen alten Hafen herum, vorbei an Brasserien und Straßencafés. Der Fußweg führt schließlich über Treppen hinauf zum Jardin Romieu, einem in den 1870er-Jahren angelegten, öffentlichen Garten. Das Prachtstück im Altarraum ist eine zwei Meter große Silberstatue der Mariä Himmelfahrt. Das fast 500 Kilogramm schwere Kunstwerk wurde aus Ohrringen und Geschmeiden der gut betuchten Bastianer geschaffen. Um die Kirche Jean Baptiste zu übertrumpfen, heißt es, sammelte man bergeweise Schmuck und andere Dinge aus Silber und ließ sie einschmelzen. Sainte Marie ist das größte sakrale Bauwerk Korsikas. Ganz in ihrer Nähe steht noch eine sehenswerte Kapelle: Das Oratoire Sainte-Croix (1735–1790) prunkt in der verschwenderischen Fülle des Rokoko.

image

Vor dem Oratoire de l’Immaculée Conception

Museum und Miniaturdorf

Verbinden lässt sich die Kirchentour mit einer anschließenden Besichtigung der Citadelle (Zitadelle). Ein Labyrinth aus engen Gässchen, umschlossen von hohen Festungsmauern, bildet die Terra Nova, die einstige »Neustadt« der Genueser. Sie ist auch von der Straßenseite aus durch das Hauptportal, die Porte Louis XVI, zu erreichen. Herzstück der Zitadelle ist der Gouverneurspalast (1453), in dem sich heute das Musée de Bastia (Museum von Bastia) befindet. Auf einer Fläche von 900 Quadratmetern bietet es einen umfassenden Einblick in die Traditionen und Geschichte Korsikas.

In der Zitadelle ist zudem ein vollständiges korsisches Dorf im Miniaturformat (Miniature Citadelle de Bastia) zu besichtigen: Der Likörfabrikant René Mattei ließ 1983 bis 1986 »Le village miniature corse« errichten, Stein auf Stein im Maßstab 1:30 und komplett animiert. Die Windräder der Mühlen drehen sich, die Häuser sind beleuchtet.

Geheimtipp

DIE HEILIGE TREPPE VON KORSIKA

Viele Pilger zieht es zur Heiligen Treppe beim Lateranspalast in Rom, den Originalstufen, auf denen Christus laut Überlieferung zu Pilatus geführt wurde. Doch nur wenige wissen, dass sich ein seltener Nachbau der »Scala Santa« in einer Kapelle bei Bastia befindet. Im 19. Jahrhundert erteilte Papst Pius VII. der Stadt das Privileg, eine solche Treppe einzurichten. 28 rot-goldene Stufen führen zum Altar des barocken Oratoire de Monserrato, das auf einem Spazierweg durch hübsche Gärten zu erreichen ist.

L’Oratoire de Monserrato. Fußweg (ca. 1,5 km): Vom Justizpalast dem Chemin du Fort Lacroix folgen, links in die Route de Saint-Florent, kurz darauf erneut links (Chemin de Scala Santa). Anfahrt mit dem Pkw: Richtung Kloster St-Antoine, in der Kurve oberhalb parken, ab dort ca. 15 Min. Fußweg. Chemin de Scala Santa, 20 200 Bastia

Infos und Adressen

SEHENSWÜRDIGKEITEN

Cathédrale St.-Marie de l Àssomption. Rue Notre Dame 12, Tel. 04 95 31 01 80

Église Saint Jean Baptiste. Rue Cardinal Viale Prélat 4, Tel. 04 95 55 24 60

Gouverneurspalast mit Musée de Bastia. Place du Donjon / La Citadelle, Tel. 04 95 31 09 12, www.musee-bastia.com

Miniature Citadelle de Bastia. April–Mitte Okt. 9–12 / 14.30–17.30 Uhr. Tel. 06 10 26 82 08

ESSEN UND TRINKEN

A Scudella. Traditionelle Küche, korsische Spezialitäten. Rue Pino 10, Tel. 06 18 93 06 98

Brasserie l’Etudiant. Auch Pizza. Avenue Jean Zuccarelli 11, Tel. 06 20 29 44 26

image

Charcuterie gehört zu den ausgesprochenen Spezialitäten Korsikas.

Chez Anna. Authentische und saisonale Küche mit Produkten aus der Region. Rue Jean Casale 3, Tel. 04 95 30 86 21, E-Mail: restochezanna@live.fr

Helios. In dem großen Innenraum geht es lebendig zu, dafür überzeugt die Terrasse. Route du Cap 39

La Cuisine du Sud. Restaurant im Süden von Bastia. Küchenchefin Marie France Muraccioli kreiert mediterrane Köstlichkeiten. Avenue de la Libération (Sud Hôtel), Tel. 04 95 30 20 61

La Fabrica. Restaurant in urigen Gewölben. Auch Pizza und eine gute Auswahl an korsischer Pasta. Boulevard Général Giraud 1, Tel. 04 95 58 32 95, E-Mail: michel.pierucci@orange.fr

La Tomate Noire. Keine schwarzen Tomaten, aber internationale Küche (thailändisch, marokkanisch usw.) und Traditionelles (Souris Rôtie à la Panzetta, Filet mi foie gras, frites maison). Rue César Campinchi 33, Tel. 04 95 55 16 4, E-Mail: marinavaillant@yahoo.fr

Santa Maria. Fisch und Meeresfrüchte im alten Hafen. Auf der Esplanade mit Meerblick. Quai des Martyrs, Tel. 04 95 36 40 59

ÜBERNACHTEN

Bonaparte. Drei-Sterne-Hotel gegenüber dem Fährhafen. Boulevard Gal Graziani 45, Tel. 04 95 34 07 10, E-Mail: hotel.bonaparte.bastia@wanadoo.fr, www.hotel-bonaparte-bastia.com

Des Voyageurs. Im Stadtzentrum nahe den Einkaufsstraßen. Avenue Mal Sebastiani 9, Tel. 04 95 34 90 80, E-Mail: contact@hotel-lesvoyageurs.com, www.hotel-lesvoyageurs.com

Le Central. Zimmer, Suiten und Apartments im barocken Stil. Drei Sterne. Rue Miot 3, Tel. 04 95 31 71 12, E-Mail: info@centralhotel.fr, www.centralhotel.fr

Spa Ostella. Das Drei-Sterne-Hotel (52 Zimmer) zeichnet sich besonders durch den schönen Spa- und Fitness-Bereich aus. Avenue Sampiero Corso, Tel. 04 95 30 97 70, E-Mail: hotel.ostella@wanadoo.fr, www.hotel-ostella.com

image

Terrasse mit Weitblick

AUSGEHEN

La Noche de Cuba. Haus-DJ Greg hat noch mehr zu bieten als Salsa-Klänge. Mit Cocktailbar. Do–Sa. Rue Chanoine Leschi, Tel. 04 95 31 02 83

Le Pub O Connors. Neben Korsikas Hausmarke gibt es auch andere Biere. Karaoke. Mi: 1980er-Musik. Rue St. Erasme 1, Tel. 04 95 32 04 97

EINKAUFEN

Cave Seddas. Weinhandlung mit großer Auswahl an korsischen Weinen. Av. Emile Sari 3, Tel. 04 95 32 47 23

Distillerie L. N. Mattei. In den Verkaufsräumen in Bastia gibt es den legendären korsischen Aperitif, außerdem Spezialitäten wie Likör aus wilden Zitronen, Kastanien- und Myrthenlikör. Boutique Mattei, Place Saint Nicolas, www.capcorsemattei.com

AKTIVITÄTEN

Bahnhof Bastia. Mit der Eisenbahn in andere Regionen Korsikas. SNCF / Chemin de fer de la Corse (CFC). Infos und Tarife unter www.train-corse.com. Place de la gare, Tel. 04 95 32 80 61, www.ter-sncf.com/Regions/corse/Fr

INFORMATION

Office du Tourisme de l’Agglomération de Bastia. Mo–Fr 8–18 Uhr, Sa 8–12 / 14–18 Uhr, So 8–12 Uhr. Place Saint Nicolas, Tel. 04 95 54 20 40, www.bastia-tourisme.com

image

Auf der Place Saint Nicolas genießt man das mediterrane Leben.

2 Das Umland von Bastia

Bergdörfer und ein Lagunensee

image

Korsika hat landschaftlich Reizvolleres zu bieten als die dicht besiedelte Gegend rund um Bastia, doch es gibt auch hier einige lohnende Ziele: Eine Fahrt ins Pigno-Massiv eröffnet spektakuläre Panoramen. Das Vogelschutzgebiet Étang de Biguglia bildet eine grüne Lunge nahe der Stadt. An der angrenzenden Plage de Marana breiten Sonnenanbeter gern ihr Handtuch aus. Oben in den Bergen indes sind ehemalige Eislager zu bewundern.

image

An der Corniche Supérieure liegen hübsche Bergdörfer.

Nur vier Kilometer vom Stadtzentrum entfernt ruht Cardo auf einem Felsvorsprung. Das Dorf, dessen Hafen wegweisend für die Gründung von Bastia war, ist einen Ausflug wert, zumal er sich mit einem Besuch des Couvent Saint Antoine (16. Jahrhundert) verbinden lässt. Das Kapuzinerkloster liegt an derselben Strecke, es verbirgt sich hinter dem Grün der üppigen Gärten an der Route de Saint-Florent. Zur Besichtigung steht es Auswärtigen nicht frei, es gibt aber täglich Messen, Eucharistie und Ähnliches auch für öffentliches Publikum. Ein hauseigener Blogspot informiert über die Termine (siehe Infos und Adressen). Zum Kloster gehört auch das Radio di Salve Regina, eine Radiostation mit christlichen Themen.

image

Das Écomusée du Furtin am Lagunensee von Biguglia

Bergdorf Cardo

Um schließlich in das Bergdorf zu gelangen, nimmt man die Route de Cardo, eine Abzweigung der D64 an der Straße nach Saint-Florent, oder die höher gelegene Route supérieure de Cardo. Letztere ist etwas länger, bietet aber noch spektakulärere Aussichtspunkte. Am Ende wartet ein typisch korsisches Dorf, dessen Ursprünge mindestens im Mittelalter liegen. Zum Schutz vor Barbaren und der sich aus den Mündungsgebieten ausbreitenden Malaria baute man in Höhenlage. Wahrscheinlich existierte hier bereits zu Römerzeiten eine Siedlung, da das Dorf mit dem vorgelagerten Hafen an der bedeutenden Handelsachse lag. Rund vier Jahrhunderte nach ihrer Gründung schlug die Stadt Bastia die Eingemeindung von Cardo vor. Sie erfolgte schließlich am 13. April 1844 unter König Louis-Philippe. Noch heute wird das Dorf durch einen Sonderabgeordneten im Stadtrat von Bastia vertreten.

Rund um Furiani

Ein weiteres sehenswertes Dorf liegt rund zehn Kilometer südlich von Cardo: Auf einer Bergkuppe gruppieren sich die Häuser von Furiani um die Ruinen einer genuesischen Festung. Der kleine Platz vor dem Kirchlein bietet fast Rundumblick. Vor dem Meer in Richtung Südosten glitzert der Lagunensee Étang de Biguglia, der sich als nächstes Ziel einer Rundfahrt anbietet. Der Weg führt durch den Speckgürtel von Furiani, ein neues Wohn- und Industriegebiet, das sich zwischen dem alten Dorfkern und dem See ausbreitet. Sogar ein Kino gibt es (Route du village). Zur Blütezeit des Ortes trug ab 1920 die Tabakproduktion bei, nachdem der Anbau der Pflanze freigegeben worden war. Heute verbindet man vor allem den Namen »Pietra« mit Furiani: Das erste korsische Bier eroberte nach seiner Einführung im Jahr 1996 rasch die Insel (siehe Autorentipp rechts).