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Über dieses Buch:

Die Idylle eines englischen Dorfes wird für sie zum Albtraum … Im beschaulichen Amberwood hofft die Psychologin Antonia Weston auf einen Neuanfang. Als sie am Rand des Dorfes eine alte Mühle entdeckt, fühlt sie sich auf unheimliche Weise angezogen und will unbedingt mehr erfahren. Doch die Anwohner sprechen nur im Flüsterton über das, was sich dort zugetragen haben soll. Wurden tatsächlich über viele Jahrzehnte junge, unerfahrene Mädchen dort hingelockt, um einem düsteren Zweck zu dienen? Antonia verstrickt sich immer tiefer in der grausamen Geschichte von Amberwood … und übersieht dabei, dass ihre eigene Vergangenheit sie längst eingeholt hat. Wird die Mühle für sie zur tödlichen Falle?

»Spannung, Horror und Gefühle spielen auf meisterhafte Weise zusammen.« Publishers Weekly

Über den Autor:

Sarah Rayne ist das Pseudonym von Bridget Wood, einer erfolgreichen britischen Autorin von Horror- und Fantasyromanen. Unter den Namen Sarah Rayne schreibt sie eiskalte Psychothriller, denen ihre Leidenschaft für alte Gebäude, deren Atmosphäre und Geschichte deutlich anzumerken ist.

Bei dotbooks erschienen außerdem folgende Thriller von Sarah Rayne:

»Blutfrost«

»Todeskammer«

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eBook-Neuausgabe August 2019

Dieses Buch erschien bereits 2007 unter dem Titel »Fluch der Finsternis« bei Goldmann.

Copyright © der englischen Originalausgabe 2006 by Sarah Rayne

Die englische Originalausgabe erschien 2006 unter dem Titel »Spider Light« bei Simon & Schuster, London

Copyright © der deutschen Erstausgabe 2007 by Wilhelm Goldmann Verlag, München, in der Verlagsgruppe Random House GmbH

Copyright © der Neuausgabe 2019 dotbooks GmbH, München

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.

Titelbildgestaltung: Nele Schütz Design unter Verwendung von shutterstock/Romiana Lee

eBook-Herstellung: Open Publishing GmbH (rb)

ISBN 978-3-96148-426-3

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Sarah Rayne

Rachestunde

Thriller

Aus dem Englischen von Ursula Bischoff

dotbooks.

Kapitel 1

Nach fünf Jahren fernab von der Welt war der Lärm das Erste, was unvermittelt über Antonia Weston hereinbrach. Sie hatte vergessen, wie laut und ungestüm Menschen sich unterhielten, dass Läden und Speiselokale von aufdringlicher Musik erfüllt waren. Es war gefährlich leicht, sich einzureden, man sei auf dem Laufenden geblieben. Doch wenn die Stunde der Wahrheit nahte, kam man sich vor, als hätte man auf dem Mond gelebt.

Selbst etwas so Einfaches wie das Betreten des Restaurants, in dem sie mit Jonathan Saxon verabredet war, war für sie mit enormer Anstrengung verbunden. Es gelang ihr nur mit Mühe, nicht vor dem Geräuschpegel zurückzuweichen, den sie wie eine undurchdringliche Mauer empfand, und zu vermeiden, die Leute an den benachbarten Tischen anzustarren. Sie hatte nicht nur vergessen, wie laut die Welt war, sondern auch, wie sich die Mode veränderte, selbst bei gewöhnlichen Sterblichen. Nicht so drastisch wie bei Prominenten oder Fernsehstars, aber doch unterschwellig. Hatten diese gepflegten grazilen jungen Frauen, die hier zu Mittag aßen und vermutlich in einer Unternehmensberatung, einer PR-Firma oder in der noch immer verwirrenden Welt des Internet arbeiteten, schon immer dunkle, beinahe maskulin anmutende Hosenanzüge getragen und lässige Frisuren bevorzugt?

Was Antonia indessen nicht vergessen hatte, war Jonathans Gewohnheit, die Tür mit einer ungeduldigen Wucht aufzustoßen, so dass alle Anwesenden innehielten und den Blick hoben, um zu sehen, wer den Raum betreten hatte. Diesen Trick hatte er sich schon bei Mitarbeiterbesprechungen zunutze gemacht, wie Antonia sich erinnerte, wo er sich absichtlich verspätete und dann genau im richtigen Moment eine Ladung geballter männlicher Energie freisetzte. Das hatte sie von jeher geärgert und ärgerte sie auch jetzt. Vor allem, weil mindestens sechs Leute im Restaurant reagierten, als hätte jemand unsichtbare Fäden gezogen. Zugegeben, der Trick war wirkungsvoll. Aber deshalb nicht minder unangenehm.

»Tut mir leid, dass hier ein solcher Betrieb herrscht«, sagte Jonathan zur Begrüßung, nahm Platz und musterte Antonia eindringlich. »Wahrscheinlich ein bisschen zu viel für deinen Geschmack. Aber ich habe dich erst nächste Woche erwartet, und mir fiel auf die Schnelle kein anderes Lokal ein, das so leicht erreichbar ist.«

»Datumsänderung in letzter Minute«, erwiderte Antonia lässig. Sie vertiefte sich in die Speisekarte. »Ich habe keine Ahnung, was ich bestellen soll«, sagte sie mit einem plötzlichen Anflug von Gereiztheit.

»Pochierter Lachs?«

»Oh Gott, frischer Lachs! Ich hatte ganz vergessen, dass es so etwas gibt. Ja, bitte.«

»Und dazu ein Glas Wein? Chablis?«

»Ich – nein, besser nicht.«

»Früher hast du gerne Wein getrunken.« Jonathan runzelte die Stirn. »Oder hast du Angst vor den Folgen?«

»Ich habe Angst, schon nach einem Glas unter dem Tisch zu liegen. Wenn man fünf Jahre lang keinen Tropfen Alkohol angerührt hat, steigt er einem mit Sicherheit gleich zu Kopf.«

»Stimmt«, pflichtete er ihr gleichmütig bei und bestellte Mineralwasser für sie und eine Karaffe Wein für sich selbst.

Als das Essen kam, leerte er seinen Teller zügig und mit sparsamen Bewegungen. Das war eine Eigenart von ihm, die Antonia wiederum vergessen hatte. Trotz aller Tricks und Effekthascherei waren seine Bewegungen immer von einer natürlichen Anmut gewesen. Katzenhaft. Nein, wölfisch war zutreffender. Gerüchten zufolge hatte dieser Mann systematisch alle Frauen vernascht, die ihm während des Medizinstudiums über den Weg gelaufen waren, und diese Gepflogenheit beibehalten, als er Chefarzt der Psychiatrie in dem großen Lehrkrankenhaus wurde, wo Antonia ihm zum ersten Mal begegnet war.

»Ich dachte, es wäre dir lieb, erst einmal eine Weile abzutauchen. Deshalb habe ich dir geschrieben. Jemand aus der Klinik erwähnte ein leer stehendes Cottage, das man für ein paar Monate mieten kann. Irgendwo in Cheshire.«

Vermutlich stammte die Information von einer seiner Haremsdamen. »Saxons Marionetten« hatte jemand sie einmal genannt: er zog die Fäden, und sie tanzten nach seiner Pfeife.

»Offenbar ein ruhiges, beschauliches Fleckchen Erde«, erläuterte der Strippenzieher. »Und die Miete ist ganz annehmbar.« Er reichte ihr ein zusammengefaltetes Blatt Papier. »Hier, die Adresse und die Telefonnummer des Maklers. Das verschafft dir eine Verschnaufpause, bevor du entscheidest, wie es weitergehen soll.«

»Ich habe keinen blassen Schimmer, wie es weitergehen soll«, sagte Antonia, und bevor er ein von Mitleid geprägtes Angebot welcher Art auch immer machen konnte, fügte sie hinzu: »Ich weiß, dass du mich nicht wieder einstellen kannst. Die Klinik, meine ich.«

»Was ich sehr bedaure. Wir alle. Es wäre eine Schande, deine Ausbildung und deine Berufserfahrung nicht weiter zu nutzen. Du könntest aber vielleicht Kurse geben oder Fachbücher schreiben.«

»Beides vermutlich ein ideales Betätigungsfeld für eine abgehalfterte Ärztin der Psychiatrie.« Das klang nicht nur wütend, sie sagte es geradezu aufbrausend.

»Schreiben gehört zu den besten Gleichmachern, die man sich vorstellen kann. Niemand schert sich auch nur im Geringsten um das Privatleben eines Autors. Falls du empfindlich bist, ändere deinen Namen.« Er füllte sein Glas nach, und Antonia spießte einen weiteren Bissen von dem köstlich frischen Lachs auf die Gabel, der mit einem Mal wie Sägemehl schmeckte.

»Ich gehe davon aus, dass dein Geld nicht ausreicht, um ewig auf der faulen Haut zu liegen«, bemerkte er plötzlich.

Antonia war längst über das Stadium hinaus, das Thema Finanzen als peinlich zu empfinden. »Nicht lange jedenfalls. Mit meinen Ersparnissen kann ich mich ungefähr ein halbes Jahr über Wasser halten. Danach muss ich einen Weg finden, meinen Lebensunterhalt zu verdienen.«

»Was hindert dich daran, das Cottage zu mieten und gleichzeitig nach einer Beschäftigungsmöglichkeit Ausschau zu halten? Was immer auch dabei herauskommt, du musst schließlich irgendwo wohnen.«

»Es ist nur – ich bin nicht mehr daran gewöhnt, Entscheidungen zu treffen.« Das klang ekelhaft jämmerlich, so dass sie mit fester Stimme hinzufügte: »Du hast völlig recht. Das ist eine gute Idee. Danke. Kann ich meine Meinung ändern, was den Wein angeht?«

»Ja, natürlich. Und ich verspreche dir, solltest du unter dem Tisch liegen, leiste ich dir Beistand.«

»Wenn ich mich recht erinnere, hast du immer gerne den barmherzigen Samariter gespielt, wenn ein weibliches Wesen Beistand brauchte«, erwiderte Antonia trocken.

Das äußere Erscheinungsbild spielte eigentlich keine große Rolle, aber man konnte wenigstens halbwegs anständig aussehen, wenn man an einem unbekannten Ort aufkreuzte.

Antonia verbrachte zwei weitere Tage in London, wo sie ihre Haare in eine annähernd moderne Frisur verwandeln ließ und ihre Garderobe erneuerte. Die Kosten waren horrend, aber noch erschreckender war der gelegentliche Drang, sich in ihrem kleinen Hotel in Bayswater Zuflucht suchend zu verkriechen. Dieses Bedürfnis hatte sie weder vorausgesehen noch erwartet. Obwohl es sich leicht erklären ließ. Antonia hatte schließlich lange Jahre in einer abgeschotteten Gemeinschaft gelebt, und ihr Verhalten war eine unmittelbare Folge der Fixierung auf die vorherrschenden sozialen Normen in einem solchen Umfeld, wie es im Fachjargon hieß. Trotzdem war es lächerlich, dieses anhaltende Bedürfnis nach einem vertrauten Raum und der vorhersehbaren Routine der Mahlzeiten, Arbeitsabläufe und Freizeitbeschäftigungen.

»Ich nehme an, Sie möchten Ihre Haare auch waschen und föhnen lassen, oder?«, erkundigte sich die freundliche Friseuse, während Antonia stumm gegen den Impuls ankämpfte, aus dem Salon zu eilen und wieder in ihrem Hotelzimmer abzutauchen. »Danach sind sie viel einfacher zu pflegen, vor allem mit einer guten Haarspülung.«

Antonia sagte »Ja natürlich«, ohne hinzuzufügen, dass sie fünf Jahre lang jeden Morgen vor der Gemeinschaftsdusche Schlange gestanden und eine Flasche Shampoo mit der gleichen Eifersucht gehütet hatte wie ein Elixier, das ewiges Leben versprach.

Die Erneuerung der Garderobe war im Vergleich dazu ein Kinderspiel. In einem großen Kettenladen in der Oxford Street erstand sie zwei Paar Jeans, einige Pullover und Turnschuhe. Danach stärkte sie sich mit einer Tasse Kaffee und einem Sandwich in einem rappelvollen Selbstbedienungsrestaurant – noch eine Stunde durchhalten in der großen weiten Welt, Antonia, du schaffst es! Nach diesem bescheidenen Imbiss zögerte sie angesichts einer Hose und der dazu passenden Jacke in der Farbe von Herbstlaub. Brauchbar für unverhoffte Einladungen, und die Farbe war absolut Spitze. Sicher, doch wann ziehst du das an? Bildest du dir ein, dass sich die Bewohner eines kleinen verschlafenen Nests in Cheshire darum reißen, dich unmittelbar nach der Ankunft in ihre atemberaubenden gesellschaftlichen Aktivitäten einzubeziehen? Wie auch immer, Kleider dieser Kategorie kannst du dir ohnehin nicht leisten, warf eine herrische Stimme in ihrem Kopf ein. Das ist die exklusive Boutique des Kaufhauses, schau dir bloß den Preis an! Dieser Aspekt gab den Ausschlag, unwiderruflich. Antonia verließ den Laden mit dem herbstbraunen Ensemble, liebevoll in einer Tüte mit Designer-Label zusammengefaltet.

Das Cottage, das Jonathans Bekannte, neuestes Betthäschen oder was auch immer erwähnt hatte, befand sich allem Anschein nach auf dem Terrain eines hochherrschaftlichen Landsitzes aus dem 18. Jahrhundert. Quire House, so der Name, war in ein kleines Museum umgewandelt und Charity Cottage früher vermutlich einem Pächter überlassen worden. Antonia fand, dass der Name nach staatlicher Fürsorge und wohltätigen Damen aus dem Landadel klang, die den Bedürftigen einen Besuch abstatteten, mit Körben voller Kalbsfußsülze. Eine Vorstellung, die ihr das Haus verleidete.

Doch nun gab es kein Zurück mehr. Sie hatte einen Scheck über zwei Monatsmieten an den Makler geschickt, eine Vorauszahlung, die einzubüßen sie sich nicht leisten konnte, und postwendend einen kurzen Standard-Mietvertrag erhalten. Der sicherte ihr die volle und uneingeschränkte Nutzung des Wohnhauses und umfriedeten Innenhofs zu, was immer man darunter verstehen mochte, legte verschiedene Wegerechte fest, die mit Rotstift in einem fotokopierten, undeutlichen Plan eingezeichnet waren und ihr vermutlich das Betreten und Verlassen des Anwesens gestatteten, und endete schließlich mit dem Verbot, nach dreiundzwanzig Uhr laute Musik zu spielen, das Anwesen zu gewerblichen Zwecken zu nutzen, sei es Handwerk, Beruf, Geschäft oder was auch immer, und Feste zu feiern, bei denen die Gäste durch ungebührliches Benehmen, Trunkenheit oder anderweitig störende Aktivitäten auffielen.

Charity Cottage, Amberwood. Es klang nach einer Kreuzung aus Trollope mit seinem viktorianischen Gesellschaftsmilieu und einer Seifenoper wie Archers. Das halte ich nicht länger als eine Woche aus, dachte Antonia, als sie ihren Wagen wieder in Besitz nahm, der in den letzten fünf Jahren in der Garage eines Ex-Kollegen gestanden hatte und von diesem netterweise in Stand gehalten worden war. Das Cottage wird entweder fürchterlich kitschig oder einfallslos auf edel getrimmt sein. Und Quire House klingt nach altehrwürdiger, volkstümelnder Bildungsstätte. Mit Webkursen am Nachmittag und Exponaten von Bruchstücken römischer Straßen, die von Studenten ausgegraben wurden. Und die Ortschaft entspricht womöglich einer Kommune im Stil der 60er Jahre, wo Suppenrezepte und Partner getauscht werden. Sollten die Bewohner herausfinden, dass ich Ärztin bin, fragen sie mich garantiert wegen entzündeter Fußballen und Hämorriden um Rat, und sobald sie erfahren, dass ich Psychiaterin bin, werden sie mich mit der Schilderung ihrer Träume behelligen.

Aber von Gästen, die sich ungebührlich benehmen, werde ich wohl kaum behelligt werden. Und von der Ausübung eines Gewerbes oder Berufs kann ebenfalls keine Rede sein.

Es war ein seltsames Gefühl, wieder einen Hausschlüssel zu besitzen; die Maklerfirma hatte ihn per Einschreiben mit Rückschein geschickt und Antonia gebeten, den Erhalt außerdem telefonisch zu bestätigen. Das war irgendwie beruhigend. Es führte ihr vor Augen, dass es noch eine Welt gab, in der die Menschen Wert auf Privatsphäre legten und sich die Mühe machten, ihren Besitz zu schützen. Vielleicht wird doch noch alles gut, dachte Antonia. Vielleicht stelle ich ja fest, dass meine Entscheidung richtig war.

Der Verkehr auf den Straßen war dichter, als sie es in Erinnerung hatte, und die Leute fuhren schneller und aggressiver, aber sie fand, dass sie sich wacker schlug. Es war ein unbehagliches Gefühl, sich in die Autoschlange in einem großen Kreisverkehr einfädeln zu müssen, aber sie schaffte es. So weit so gut, dachte sie. Ich muss mir eigentlich nur noch den Kopf darüber zerbrechen, ob ich den Weg finde.

Richard hatte sie immer mit ihrem schlechten Orientierungsvermögen aufgezogen; er pflegte eine Bemerkung über das Bermuda-Dreieck fallen zu lassen, in dem so manch einer verschollen war, oder das klassische Chesterton-Gedicht von der nächtlichen Fahrt nach Birmingham über Beachy Head zu zitieren – sprich mit der Kirche ums Dorf. Doch dann hatte er eine Karte hervorgeholt und sich mit jener Intensität in sie vertieft, die so typisch für ihn war, um ihr danach geduldig und unmissverständlich den Weg zu erklären. Wobei er ihr ein verstohlenes Lächeln zuwarf, das seinen Augen Ähnlichkeit mit denen eines Fauns verlieh. Es war fünf Jahre her, seit Antonia zuletzt mit Richard im Auto gesessen hatte. Etwas, das sich nie mehr wiederholen ließ.

Sie hielt auf halber Strecke, um zu tanken und eine Tasse Tee zu trinken. Es war frustrierend, dass es zehn Minuten dauerte, bis sie sich entschließen konnte, die Sicherheit des Wagens zu verlassen und die große Raststätte zu betreten. Diese verflixte Angst werde ich in den Griff bekommen, schwor sie sich stumm, ich schaffe es; ich werde für den Rest der Fahrt das Autoradio einschalten oder eine Kassette einlegen – ja, das ist eine gute Idee.

Bevor sie weiterfuhr, suchte sie im Handschuhfach nach einer Kassette. Einen Moment lang drohte ihr Herz auszusetzen, als sie sah, dass sich noch einige von Richards Lieblingskassetten darin befanden, aber sie schob sie entschlossen beiseite und suchte unter den anderen nach entspannenden, beruhigenden Klängen. Da gab es etliche alte Pop-Songs, die immer noch frisch und lebendig wirkten, aber vielleicht doch zu sehr an die Vergangenheit erinnerten. War es Noel Coward gewesen, der gesagt hatte: »Merkwürdig, wie nachhaltig billige Musik ist?« Aber hier, Beethovens Pastorale. Genau das Richtige. Bachgeplätscher, Vogelrufe und was sonst noch.

Beethoven war gerade beim »Hirtenlied« angelangt und sie glaubte, noch etwa sechzig Kilometer von ihrem Ziel entfernt zu sein, als ein vager Verdacht in ihr aufkeimte und ihr einen Schauer über den Rücken jagte.

Sie wurde beschattet.

Zuerst verwarf sie den Gedanken, tat ihn als Hirngespinst ab. Es waren viele Autos auf der Straße, die man leicht miteinander verwechseln konnte, und dunkelblaue Limousinen dieses Fabrikats gab es dutzendweise.

Antonia beobachtete den Wagen aufmerksam im Rückspiegel. Er blieb hinter ihr, machte weder Anstalten zu überholen, noch zu ihr aufzuschließen, sondern folgte ihr beharrlich. Ich sehe Gespenster, dachte sie. Von finsteren Machenschaften kann nicht die Rede sein. Nur von zwei Menschen, die in die gleiche Richtung fahren.

Sie nahm die nächste Ausfahrt, wobei sie erst im letzten Moment den Blinker setzte, und folgte danach aufs Geratewohl irgendwelchen Abzweigungen. Sie führten tief ins Innere einer ihr völlig unbekannten ländlichen Region und in ein Labyrinth von Feldwegen, aus dem sie vermutlich nie wieder herausfinden würde. Also würde sie tatsächlich mit der Kirche ums Dorf fahren. Doch sie nahm es in Kauf, sich zu verirren, wenn sie dadurch ihrer törichten, neurotischen Fantasie den Beweis liefern konnte, dass sie an Halluzinationen litt und niemand ihr folgte.

Und das ließ sich ohne weiteres beweisen. Der Mann, der damals einen blauen Wagen gefahren hatte – der Mann, der ihr Leben ruiniert hatte –, konnte sich auf diesen menschenleeren Straßen nicht an ihre Fersen heften. Außerdem war er tot, seit mehr als fünf Jahren. Und Antonia glaubte nicht an Gespenster – zumindest nicht an solche, die am Steuer einer blauen Limousine saßen und englische Autobahnen entlangrasten, auf der Jagd nach ihrer Beute.

Sie warf abermals einen flüchtigen Blick in den Rückspiegel, damit rechnend, hinter sich eine menschenleere Straße zu sehen, und wurde von Panik ergriffen. Der Wagen war noch da – in einiger Entfernung, aber klar erkennbar. War es derselbe Wagen? Allem Anschein nach ja. Einen Augenblick lang erwog sie, am grasbewachsenen Straßenrand zu halten und abzuwarten. Würde der Mann schnurstracks an ihr vorüberfahren (und ihr dabei mit finsterer Miene signalisieren, dass ihr letztes Stündlein bald schlagen würde ...? Quatsch, mach dich nicht lächerlich!).

Wenn er vorbeifuhr, konnte sie zumindest versuchen, einen Blick auf sein Gesicht zu werfen. Und was war, wenn er gar kein Gesicht hatte? Wenn er den Ungeheuern aus den blutrünstigen Horrorfilmen glich, die am späten Abend im Fernsehen liefen? Mit grinsendem Totenschädel, dem Gesicht einer Leiche?

Es war nicht das Gesicht einer Leiche gewesen, das sie an jenem Abend in dem winzigen Aufwachraum der Notaufnahme vor sich gesehen hatte. Es war ein anziehendes, wenngleich willensschwaches Gesicht, jung und zutiefst unglücklich. Antonia erinnerte sich an die Verzweiflung, die den kleinen Raum erfüllt hatte, und wie der junge Mann vor den Ärzten zurückgezuckt war, eine klassische und dennoch immer wieder herzzerreißende Geste der Ablehnung. Das Gesicht war zur Wand gekehrt, ein stummes Signal, das besagte »Ich will nicht länger Teil dieser leidvollen Welt sein«. Auch Antonia, die an besagtem Abend den Bereitschaftsdienst in der Psychiatrie versah, hatte er zunächst die kalte Schulter gezeigt. Sie war im Dienstzimmer im ersten Stock eingenickt, als ihr Piepser ertönte, hatte sich die Zeit genommen, kaltes Wasser in ihr Gesicht zu spritzen, in ihre Schuhe zu schlüpfen und eine Strickjacke überzuziehen, bevor sie die Gänge der Klinik entlangeilte.

Überdosis, ganz eindeutig, hieß es resigniert. Hatte Schlaftabletten in rauen Mengen geschluckt und sie mit Wodka heruntergespült, die Flasche bis auf einen kleinen Rest geleert. Armer Kerl. Oder Schwachkopf, je nachdem, von welcher Warte aus man es betrachtete. Wie auch immer, man hatte ihn unweit des Flussufers gefunden: ein Mann, der am frühen Morgen mit seinem Hund Gassi gegangen war, hatte bemerkt, dass er mehr als nur betrunken war, und die Ambulanz gerufen. Natürlich hatten sie ihm den Magen ausgepumpt. Er war noch benommen und ziemlich verschlossen. Seinen Namen hatten sie – Robards. Don Robards. Er stand unter Beobachtung, sie sahen alle Viertelstunde nach ihm und versuchten, seine Angehörigen ausfindig zu machen. Er hatte keinerlei Papiere bei sich gehabt, um sich auszuweisen. Mittlerweile war sein Zustand stabil, das Schlimmste schien überstanden, und Dr. Weston konnte übernehmen.

Der junge Mann machte in seinem Bett einen sehr kindlichen Eindruck. Er hatte dichte blonde Haare, die ihm normalerweise in einem glänzenden Schopf in die Stirn gefallen wären; nun wirkten sie feucht und stumpf, wie bei einem Kranken.

»Hallo«, sagte Antonia sanft und nahm auf der Bettkante Platz. »Ich bin Dr. Weston – Antonia Weston. Ich bin die Psychiaterin, die den Notdienst versieht, und Ihre Ärzte meinten, wir sollten uns unterhalten, um zu sehen, ob ich Ihnen helfen kann.«

»Mir kann niemand helfen. Ich habe eine schreckliche Entdeckung gemacht und will nicht mehr in einer Welt leben, in der so grauenvolle Dinge geschehen können.«

Er hatte sich ihr zugewandt und sah sie an. Seine Augen von einem lebhaften Blau, die Pupillen noch stecknadelkopfgroß von den Schlaftabletten, waren allem Anschein nach völlig klar. Er hatte fragend und ziemlich unbeholfen die Hand ausgestreckt, und ohne lange zu überlegen hatte sie diese ergriffen und festgehalten.

Und damit hatte ein Alptraum begonnen.

Der blaue Wagen bog in einen schmalen Feldweg ein, der nach links abzweigte, und verschwand hinter Bäumen und Ackerland. Antonia zitterte so heftig, dass sie kaum das Lenkrad halten konnte. Nach ungefähr einem Kilometer gelangte sie zu einer kleinen Dorfschenke, die auf einem Plakat Barfood anpries – einfache kleine Gerichte, die als volle Mahlzeit durchgehen konnten. Sie hielt sich vor Augen, dass es ihr freistand, hineinzugehen, sich an einen Tisch zu setzen und zu essen. Antonia parkte so nahe an der Tür wie möglich, sperrte den Wagen ab und betrat dankbar die dämmerige, kühle Gaststube.

Was sich in der fast vergessenen Welt entschieden verbessert hatte, war das Essen in solchen Gaststätten. Antonia wurde ein kleiner Tisch unweit der Kaminecke zugewiesen, und sie bekam eine heiße Suppe mit einem frischen, noch warmen Brötchen, einen Teller köstlichen, selbst geräucherten Schinken mit einem knackigen Salat und eine große Tasse duftenden Kaffee vorgesetzt.

Eine Dreiviertelstunde später, als sie das Gefühl hatte, es mit Tod und Teufel aufnehmen zu können, stieg sie wieder in ihren Wagen, zog die Straßenkarte zurate und setzte die Fahrt nach Amberwood und Charity Cottage fort.

Kapitel 2

In den vergangenen fünf Jahren hatte sich Antonia ausgemalt, was sie draußen in der Welt alles tun wollte – einige Pläne waren durchaus umsetzbar und vernünftig, andere bizarr, ausufernden Tagträumen entsprungen. Aber sie wäre nie auf die Idee gekommen, ein ehemaliges Pächterhäuschen in einem entlegenen Winkel von Cheshire zu mieten. Als sie von der kleinen Dorfschenke losfuhr, war der Himmel verhangen und das Licht so trüb, als ob die Dämmerung jeden Moment hereinbrechen würde, obwohl es erst drei Uhr nachmittags war. Es gelang ihr mühelos, zur Autobahn zurückzufinden, und obwohl sie wiederholt einen Blick in den Rückspiegel warf, war keine Spur von der dunkelblauen Limousine zu entdecken, die sie verfolgt hatte.

Als Antonia schließlich Amberwood erreichte, stellte sie fest, dass der Ort viel ansprechender war als erwartet. Er entpuppte sich als kleine Marktstadt, die aussah, als sei hier die Zeit Anfang des 20. Jahrhunderts stehen geblieben. Amberwood schien das 21. Jahrhundert völlig verschlafen zu haben. Eine Eigenart, die Antonia überaus reizvoll fand.

Der Lageskizze der Maklerfirma folgend, die hochkant auf dem Armaturenbrett klemmte, kam sie an einem Gebäude vorüber, das wie eine alte Wassermühle aussah. Es hatte ein tief nach unten gezogenes Dach und wirkte geschichtsträchtig, und Antonia fuhr langsamer, um es genauer in Augenschein zu nehmen. Ja, es war tatsächlich eine alte Mühle, an einem Wasserreservoir errichtet. Sie war unfraglich außer Betrieb. Antonia entdeckte eine auffällige Uhr, die in eine der Giebelwände eingelassen war.

Sie hielt, zog die Handbremse an und blieb einen Moment sitzen. Überlegte, was es mit der Mühle auf sich haben mochte. Ob sie ein Überrest staatlicher Fürsorge aus der Viktorianischen Epoche oder eine der satanischen Mühlen aus Matons und Blakes Höllenvisionen war? Nein, dafür war sie zu klein und vermutlich auch in der falschen Grafschaft gelegen. Hier handelte es sich eindeutig um eine lokale Einrichtung, die dazu diente, einfach das Getreide der Bauern zu mahlen. Möglicherweise hatte sie ihre Arbeit erst vor einigen Jahren eingestellt, auch wenn sie uralt aussah.

Wie das Leben damals wohl gewesen sein mochte? Der heimischen Scholle verhaftet zu sein, zu einer eingeschworenen Gemeinschaft zu gehören, deren Mitglieder sich von Kindesbeinen an kannten, durch dick und dünn miteinander gingen, Freud und Leid gleichermaßen teilten: Feiern anlässlich Geburten und Hochzeiten, Tränen bei Tod, Krankheit und anderen Schicksalsschlägen. Schöne heile Welt, dachte Antonia zynisch; ich wette, die Kindersterblichkeitsrate war ebenfalls beeindruckend; und davon, dass man im Armenhaus landet, wenn man den eigenen Lebensunterhalt nicht mehr bestreiten konnte, sollte besser nicht die Rede sein. Oder dass die Operationsmethoden ohne Betäubung barbarisch waren ...

Sie fuhr weiter. Die Hauptstraße bot ein gefälliges Bild: Läden, winzige Cafés und am Ende ein kleines Hotel. Es gab einen weitläufigen Platz mit einem Kriegerdenkmal – offensichtlich hatte Amberwood sein Scherflein dazu beigetragen, junge Männer in beide Weltkriege zu schicken – und einige Gebäude mit dem unverkennbar windschiefen Aussehen historischen Alters und den geraden Schornsteinen, die sich bei den Tudors so großer Beliebtheit erfreut hatten. Entweder stand der Ort unter dem Schutz von Städteplanern mit einer ungewöhnlichen Ader für kommunale Ästhetik, oder die Bewohner von Amberwood gingen für den Erhalt ihrer Geschichte auf die Barrikaden, denn nirgendwo verschandelten nachträglich eingesetzte monströse Spiegelglasfronten die Elisabethanischen Gebäude und Queen-Anne-Fassaden. Alles war tadellos in Schuss. Es gab einen kleinen Supermarkt, doch der lag in einer Seitenstraße zwischen Bildergalerien und kunstgewerblichen Läden von der Trockenblumen- und Bastmattensorte verborgen im Schatten.

Auch wenn es unerfreulich ist, hierher verbannt zu sein, dachte Antonia, ist der Ort selbst alles andere als unerfreulich. Ich werde in der ›Einkaufsmeile‹ bummeln gehen, mir die Auslagen anschauen (ich werde es schaffen, das Haus zu verlassen, um Besorgungen zu machen und eine Tasse Kaffee zu trinken, hundertprozentig!), und bald wird mir alles vertraut sein und ganz normal vorkommen.

Quire House war hervorragend ausgeschildert. Wie sich herausstellte, war es einige Kilometer von der Ortsmitte entfernt und somit weiter weg, als Antonia erwartet hatte. Es war frustrierend, dass sie abermals einen Anflug von Panik verspürte, als sie die trauliche Ansammlung von Straßen hinter sich ließ und auf eine offene Landstraße gelangte, an der weit und breit keine menschliche Behausung zu sehen war. Sie schaltete kurzerhand das Radio ein, und Stimmen füllten den Wagen – ein Hinweis auf einen Fernsehfilm am Nachmittag und eine Programmvorschau auf eine Sendung für Hobbygärtner.

Quire House selbst war von der Straße aus nicht zu sehen. Ein Tor mit Steinpfosten zu beiden Seiten bildete den Eingang, und ein geschmackvolles Schild an der breiten gewundenen Auffahrt wies auf das »Museum and Craft Centre« hin, »Täglich von 11 bis 16 Uhr geöffnet«. Antonia warf einen Blick auf die Wegbeschreibung der Maklerfirma: das Tor passieren, gleich danach rechts abbiegen. Nach etwa fünfzig Metern begann eine alte Backsteinmauer, der sie folgen musste, dann kam eine scharfe Linkskurve, und schon war sie da.

Sie bog gehorsam rechts ab und weigerte sich, dankbar für die hohen Eibenhecken zu sein, die anheimelnd den schmalen Weg umschlossen. Aha, die alte Backsteinmauer; sah ganz so aus, als hätten sich früher Kletterpflanzen daran emporgerankt. Hübsch. Im Sommer würden die Backsteine warm sein, ideal, um sich anzulehnen, zu lesen und zu träumen. Ihr fiel ein, dass ihr nun alle Zeit der Welt für solche Dinge zur Verfügung stand. Lesen, Musik, Träume. Vielleicht würde sie es jetzt endlich schaffen, sich Bücher wie Pepys Diaries vorzunehmen und sämtliche Mahler-Sinfonien anzuhören. Richard pflegte zu sagen, ihr Musikgeschmack sei hoffnungslos unspektakulär. Sie war sich mit einem Mal bewusst, wie schmerzhaft sie sich danach sehnte, Richards Stimme noch einmal zu hören.

Sie bog um die Linkskurve und war da, wie in der Wegbeschreibung angegeben.

Es war das hässlichste Gebäude, das sie jemals gesehen hatte. Wenn solche Einrichtungen, wie der Name besagte, der Vorstellung von Wohltätigkeit für Bedürftige entsprachen, durfte sie sich glücklich schätzen, keine Almosenempfängerin zu sein. Denn diese Form der Mildtätigkeit machte einen ebenso herzlosen wie freudlosen Eindruck.

Das Haus war aus schmutzig aussehenden Feldsteinen erbaut, die vielleicht noch ganz malerisch gewesen wären, wenn sie verwittert oder vom Alter blass geworden wären, doch weit gefehlt. Das ganze Gebäude bestand ausschließlich aus Ecken und Kanten – ein länglicher Kasten mit einem Dach ohne Schnickschnack, das auf die gemauerten Wände geklatscht war. Antonia, die unbewusst rosaroten Backstein, Fenster mit Ziergittern und einen Garten voll Lupinen und Stockrosen erwartet hatte, nahm zur Kenntnis, dass dieses Cottage robust und wetterfest war, bis hin zu den kompromisslos modernen Fenstern, die einzusetzen jemand für angemessen gehalten hatte, weiße Rahmen aus Kunststoff. Die Eingangstür auf der linken Seite des Hauses war aus dem gleichen Kunststoff und mit einem unansehnlichen Briefkasten aus Stahl versehen, der wie eine Rattenfalle aussah.

Doch man wohnte schließlich im Innern eines Hauses, und deshalb spielte das äußere Erscheinungsbild im Grunde keine Rolle. Antonia holte den Schlüssel hervor und stellte fest, dass es ein schönes Gefühl war, ihn ins Schloss zu stecken und die Tür mit Besitzermiene zu öffnen. Egal wie es aussieht, für die nächsten zwei Monate ist es mein Reich, dachte sie. Vorausgesetzt, ich verzichte darauf, um ein Uhr nachts laute Musik zu spielen oder Zechgelage zu veranstalten, kann mich niemand hinauswerfen oder unaufgefordert hereinkommen.

Einen Augenblick lang spürte sie einen Anhauch der Vergangenheit, der sie streifte, genau wie vorhin, als sie die alte Wassermühle betrachtet hatte. Es war, als würde man durch die von Spinnweben verhangenen Fensterscheiben eines alten Hauses spähen und dahinter eine verschwommene, huschende Bewegung wahrnehmen.

Doch der Augenblick ging vorüber, und sie trat über die Schwelle. Sie war gespannt auf die Gerüche und die Atmosphäre dieses Hauses. Die Eingangstür führte unmittelbar in ein Wohnzimmer von annehmbarer Größe, und es war auf den ersten Blick ersichtlich, dass Charity Cottage innen weit einladender war als außen. Im Wohnzimmer gab es einen offenen, gemauerten Kamin, in dem ein Elektrofeuer installiert war, und die Möbel waren besser als erhofft: ein Sofa, mehrere Sessel, ein niedriger Couchtisch. Einige hübsche gerahmte Zeichnungen an den Wänden. Die Fenster, jeweils eines zu beiden Seiten der Tür, gingen auf eine grasbewachsene Parklandschaft hinaus.

Das Cottage war nicht nur einladender, sondern auch geräumiger, als es auf den ersten Blick schien. Vom Wohnzimmer führte eine Tür in eine weitläufige Diele mit einer Treppe zum ersten Stock. Die Diele war als Esszimmer genutzt worden. Hier standen ein Klapptisch mit vier Stühlen und eine Anrichte aus Eiche mit blauweißen Tellern. Antonia blickte zur Treppe hinüber, fand, dass die Besichtigung der Schlafzimmer warten konnte, und beschloss, zuerst den hinteren Teil des Cottage in Augenschein zu nehmen. Dort würde sich vermutlich die Küche befinden, und hoffentlich, wie zugesichert, Küchengerätschaften und das Heißwasser-System. Sie stieß die Tür auf, eine von der altmodischen Art mit einem hohen Schnappriegel aus Eisen.

Die Gefühle schlugen mit voller Wucht über ihr zusammen, trafen sie wie ein Schlag ins Gesicht. Der Raum begann sich Übelkeit erregend zu drehen, und Antonia tastete blind nach der massiven alten Tür, um Halt zu suchen. Sie klammerte sich ein paar Minuten daran, fühlte sich wie in einem Alptraum, rang nach Luft und kämpfte gegen Wellen der Angst. Hör auf zu japsen, dumme Gans, atme tief und langsam – du weißt doch, wie es geht. Einatmend bis fünf zählen, ausatmend bis fünf zählen. Sie konzentrierte sich, und dann war sie in der Lage, die Tür loszulassen und sich zittrig aufzurichten.

Es war eine ganz gewöhnliche Küche: Spülbecken, Abtropfbrett, Geschirrschränke und Arbeitsplatten – keine hochmoderne Einrichtung, die dem neuesten Stand der Technik entsprach, aber auch nicht uralt. Auf einer Arbeitsfläche stand ein Karton mit Lebensmitteln, was dem Ganzen sogar eine freundliche Note verlieh. Antonia nahm ihn genauer in Augenschein und entdeckte einen Notizzettel mit einem Willkommensgruß darin. Von Quire House, mit den besten Wünschen. Verderbliche Waren im Kühlschrank. Hoffen, dass Sie länger bleiben – Sie müssen unbedingt auf einen Drink oder eine Tasse Tee zu uns kommen. E S.: Ersatzschlüssel in der Teekanne. Die Unterschrift lautete: Godfrey Toy, und oben im Kopf des Briefbogens hieß es: Quire House Trust. Museum and Craft Centre. Suchdienst für seltene, vergriffene Bücher. Kuratoren: Dr. Godfrey Toy und Professor Oliver Remus.

Wenn man ohne Vorwarnung in einen bodenlosen schwarzen Brunnen der Panik fiel, war die Rückkehr zur Normalität zumindest erfreulicher, wenn ein Karton mit Lebensmitteln und ein Willkommensgruß auf einen warteten, sobald man wieder auftauchte. Antonia gefiel die Vorstellung, dass jemand den Ersatzschlüssel in der Teekanne aufbewahrte wie Lewis Carolls Haselmaus.

Eine nähere Begutachtung ergab, dass sich der Geschmack des unbekannten Dr. Toy in der Nobelkategorie bewegte. Wovon eine ansehnliche Portion Brie, frisches französisches Brot, eine Keramikschale mit Pastete, ein Dutzend Eier aus Freilandhaltung, abgepackter Räucherlachs in Scheiben, eine Tüte mit Äpfeln, eine mit Pflaumen und vier kleine Flaschen Wein zeugten, jeweils zwei Flaschen Rot- und Weißwein. Zusammen mit den Dosengerichten und den Milchkartons, die sie selbst gekauft hatte, ergab das eine recht ordentlich ausgerüstete Speisekammer. Ich werde wieder lernen, wie man einen Haushalt führt, dachte Antonia, als sie die Lebensmittel sorgfältig in Regalen und Vorratsschränken verstaute. Ich werde mir Milch und die Tageszeitung liefern lassen.

Der Rest des Hauses bot keine Überraschungen. Im ersten Stock befanden sich drei Schlafzimmer und ein Bad, das offenbar einer alten Rumpelkammer abgetrotzt worden war. In einem Wäscheschrank wartete saubere Bettwäsche, und es gab einen Boiler, um heißes Wasser zuzubereiten, was sie umgehend tat, bevor sie ihr Gepäck die Treppe hinaufschleppte. Nach einer anständigen Mahlzeit und einer von Dr. Toys kleinen Flaschen Wein würde sie sich wieder mit der Welt in Einklang fühlen. Vielleicht würde sie sich auch zwei genehmigen.

Antonia hatte nicht viel mitgebracht, abgesehen von Kleidung und Lebensmitteln, dem kleinen CD-Spieler, ihren CDs und einem Karton Bücher. Nachdem sie sich ein Abendessen aus Büchsen und Dr. Toys gastfreundlichen Gaben zubereitet hatte, stöberte sie in den CDs.

Früher hätte sie Mozart aufgelegt, doch heute brauchte sie stärkeren Tobak: Musik, die ihre Stimmung und das Wissen widerspiegelte, wie es war, wenn man in ein bodenloses schwarzes Loch fiel und Höllenqualen litt, die aber auch darstellte, wie man diese Agonie mit Stumpf und Stiel aus seinem Herzen reißen konnte, sich ihrer mit einem Frohlocken entledigte. Schumanns Vierte? Sie wusste nicht viel über das Leben und die Antriebskräfte der berühmten Komponisten – das Wenige hatte sie von Richard erfahren –, aber Schumann hatte diese Symphonie geschaffen, nachdem er eine Periode tiefster Depression überwunden hatte. Seine »Vierte« war ein Abbild des gefangenen, gequälten Geistes, dem es gelungen war, sich von den Fesseln des Elends zu befreien und freudig dem Licht entgegenzustreben.

Nach diesem rhetorischen Höhenflug kam nur Schumann in Frage. Antonia beschloss, sich ein Glas von Godfrey Toys Wein einzuschenken, es sich in dem tiefen Lehnsessel am Fenster bequem zu machen und sich die Symphonie anzuhören. Der Regen trommelte sanft gegen die Scheibe, und ein leiser Windhauch bewegte dann und wann die dünnen Vorhänge, doch im Cottage war es warm und sicher.

Warm und sicher. Abgesehen von dem Grauen, das immer noch wie ein bodenloser Brunnen in der Küche auf sie lauern, mit Klauenhänden nach ihr greifen konnte ... Und abgesehen von der blauen Limousine, die ihr gefolgt war, dreiviertel des Weges hierher ...

Dr. Godfrey Toy blickte aus seinem Fenster im ersten Stock von Quire House und war froh, die Fenster von Charity Cottage hell erleuchtet zu sehen.

Es war gut zu wissen, dass jemand den Winter im Cottage verbringen würde. Godfrey fühlte sich immer beträchtlich sicherer, wenn er Menschen um sich hatte. Das war natürlich töricht, aber seit – seit der Tragödie, wie er es insgeheim nannte, fühlte er sich immer ein wenig unbehaglich, wenn er alleine im Haus war. Nur eine Spur. Vor allem nachts, und vor allem in einem Haus von der Größe des Quire. All die leer stehenden Räume im Erdgeschoss, und all die Erinnerungen, die sie enthielten.

Aber er liebte das Quire. Er liebte seine Wohnung mit den hohen Decken und den großen Fenstern. In diesem Sommer hatte er Männer kommen lassen, um sie ein wenig herauszuputzen. Angesichts dieser Ausdrucksweise lachte er stillvergnügt in sich hinein, denn das klang nach verschämt kichernder alter Jungfer, die hinter vorgehaltener Hand von einer leicht schlüpfrigen Begebenheit erzählte. Ich hatte Männerbesuch, meine Liebe.

Wie auch immer, die Handwerker hatten ganze Arbeit geleistet – nichts Ausgefallenes, nur eine Farbschicht hier und eine oder zwei Tapetenrollen dort, genau genommen. Und wenn man es ganz genau nahm, ein paar Spritzer Politur für Geländer und Bilderschienen. Nichts Aufwändiges, und die Kosten waren nicht der Rede wert, auch wenn der Professor bissige Bemerkungen über einen Hang zur Verschwendungssucht gemacht hatte. Nichtsdestotrotz fand Godfrey, das Geld sei gut angelegt.

Von seiner Wohnung aus blickte er auf den Park von Quire. Nichts Ausgefallenes, er gehörte keineswegs zur gleichen Liga wie die Landschaftsgärten, die Capability Brown oder Gertrude Jekyll gestaltet hatten, aber Godfrey fand ihn herrlich. Der Trust sorgte dafür, dass alles picobello in Schuss war, und die Besucher des Museums hielten sich größtenteils an die Bitte auf den Hinweistafeln, keine Abfälle herumliegen zu lassen. Obwohl man trotzdem hier und da verstreutes Einwickelpapier von einem Picknick und Hinterlassenschaften anderer Art fand, die zu benennen Godfreys Sinn für Schicklichkeit verbot. Er hatte nie verstanden, warum man für eine derartige Betätigung einen Ort aufsuchte, der so öffentlich war, dass man sich nachgerade auf dem Präsentierteller befand.

Die Maklerfirma hatte ihn davon in Kenntnis gesetzt, dass Charity Cottage an eine alleinstehende Frau vermietet worden war. Nein, mehr sei nicht über sie bekannt, hatte es auf Godfreys besorgte Anfrage geheißen. Es reiche schließlich aus zu wissen, dass sie die Miete für zwei Monate im Voraus bezahlt hatte und der Scheck gedeckt sei. Ihr Name laute Weston, Miss Weston, und sie hatte eine Londoner Adresse angegeben. Alles in bester Ordnung und der Quire Trust könne sich glücklich schätzen, für November und Dezember eine Mieterin gefunden zu haben. Das war auch Godfreys Meinung, der darin nicht nur einen Glücksfall für den Trust, sondern auch eine Möglichkeit sah, mit der neuen Nachbarin freundschaftliche Bande zu knüpfen. Deshalb hatte er den Präsentkorb als kleinen Willkommensgruß zusammengestellt und sich beinahe erleichtert gefühlt, dass Professor Remus unterwegs war. Sonst hätte es deswegen mit Sicherheit Ärger gegeben. Eine unnötige Geste, hätte der Professor gesagt, in dem Tonfall, dessen er sich immer dann befleißigte, wenn Godfrey einem spontanen Impuls nachgab. Und wenn er den Inhalt des Kartons gesehen hätte, hätte er sarkastisch hinzugefügt: »Pastete und Räucherlachs, aha! Nobel geht die Welt zugrunde!«

Deshalb war es besser, dass sich Oliver derzeit außer Haus auf einer Bücherkauf-Expedition befand – es gab da eine sehr gut erhaltene Frühausgabe von Marlowes Jew of Malta, von der er sich einiges versprach, aufgetaucht in einem alten Haus, in dem unlängst jemand verstorben war. Wenn man den Gerüchten Glauben schenken durfte, waren da noch einige glühende romantische Briefe von Bernard Shaw an Mrs. Patrick Campbell, für die sich eines der Theatermuseen interessieren könnte. Godfrey hoffte, dass die Schatzsuche in beiden Fällen von Erfolg gekrönt sein würde. Er freute sich schon jetzt darauf, die Fundstücke des Professors in Augenschein zu nehmen.

Godfrey war froh, das kleine Willkommensgeschenk ins Cottage gebracht zu haben. Die unbekannte Miss Weston fand es vielleicht ein wenig trostlos, mutterseelenalleine in ein fremdes Haus einzuziehen. In der ersten Nacht in einem neuen Domizil fühlte man sich immer ein bisschen verloren. Das hatte er auch am Nachmittag zu dem jungen Praktikanten gesagt, der im Quire arbeitete, doch der junge Mann hatte ihn nur mit spöttischer Miene angeblickt. Aber so war die Jugend. Keine Spur von Romantik im Leibe. Sie schauten einen mit verächtlich geschürzten Lippen an und ließen Sprüche vom Stapel wie »Haben Sie ein Problem?« oder »Kein Bock ist kein Bock – was ist daran so schwer zu verstehen?«. Fragen, auf die Godfrey nie eine Antwort einfiel.

Er zog die Vorhänge zu, in der Hoffnung, dass der neuen Mieterin von Charity Cottage sein kleines Geschenk gefallen hatte und dass sie in der ersten Nacht in ihrem neuen Heim gut schlafen konnte.

Kapitel 3

Entweder hatte die Erinnerung an den Augenblick des abgrundtiefen Grauens in der Küche des Cottage oder aber das ständig wiederkehrende Bild des dunkelblauen Wagens, möglicherweise auch eine Mischung aus beidem, verhindert, dass Antonia in dieser Nacht ein Auge zutat.

Um halb eins gab sie den Kampf um Schlaf auf und ging nach unten, um sich eine Tasse Tee zuzubereiten. Die Küche war kühl, voller Schatten, doch falls die Angst immer noch darin lauerte, gab sie keinen Laut von sich. Gut.

Antonia hielt inne, um einen Moment aus dem Fenster zu blicken, wobei sie sich ins Gedächtnis rief, dass sie vor nicht allzu langer Zeit eine Heidenangst gehabt hatte, mitten in der Nacht aus dem eigenen Fenster zu schauen. Doch nichts regte sich, und die Parklandschaft zeigte eine glatte, ungebrochene Grasnarbe, die Bäume wirkten gefällig und alles andere als bedrohlich. Ein großer Kater mit schwarzweißem Fell tauchte aus den Schatten auf und betrachtete die nächtliche Landschaft mit der an Überheblichkeit grenzenden Gelassenheit seiner Art, bevor er anmutig und auf leisen Sohlen durch den Park tappte, in der Nacht verschwand, um irgendeiner ureigenen Beschäftigung nachzugehen. Der Wasserkessel kochte, Antonia brühte ihre Tasse Tee auf und nahm sie mit nach oben.

Es war im Grunde Wahnsinn, den kleinen Koffer aufzuschließen und die fünf Jahre alten, sich wellenden Zeitungsausschnitte aus dem Umschlag zu holen. Aber es gab Zeiten, in denen man dem eigenen Wahnsinn ins Gesicht sehen musste. Manchmal konnte man sich sogar einreden, es sei möglich, die Uhr zurückzudrehen und die Fehler der Vergangenheit zu vermeiden.

Sie breitete die Zeitungsausschnitte auf dem Bett aus und betrachtete sie lange. Die vermaledeite Regenbogenpresse hatte eine beachtliche Vielfalt an Fotos ausgegraben, um ihre Artikel anschaulich zu gestalten. Man konnte nur raten, wie sie in deren Besitz gelangt waren, aber die Redakteure hatten, wie vorherzusehen war, die schlimmsten und besten Bilder ausgewählt.

Auf den leicht unscharfen Bildern der Zeitungen sah Don Robards – der junge Mann, der etwas so Grauenvolles in dieser Welt entdeckt hatte, dass er nicht länger in ihr leben wollte – furchtbar jung aus. Dagegen wirkte Antonia auf dem Foto daneben geradezu gestählt und habgierig. Hatte sie damals wirklich so ausgesehen? Sah sie immer noch so aus? Bestand die Gefahr, dass jemand sie erkannte?

Das war unwahrscheinlich. Sie hatte nicht bewusst versucht, ihr äußeres Erscheinungsbild zu verändern, doch die Jahre hatten ihren Tribut gefordert, und das ehemals lange, glatte braune Haar war einer pflegeleichten Kurzhaarfrisur gewichen. Dennoch würden sich die Leute vielleicht an Don erinnern. Er hatte sehr gut ausgesehen.

Einige Redakteure hatten Richards Foto hinterhältigerweise auf der anderen Seite von Antonias Bild platziert, so dass sie zwischen den beiden Männern gezeigt wurde. Die Botschaft war ebenso unerfreulich wie eindeutig: hier seht ihr eine Frau zwischen zwei jüngeren Männern, und das kommt dabei heraus. Eine der Boulevardzeitschriften hatte Antonia als Messalina bezeichnet, bekannt durch ihren sittenlosen Lebenswandel, und es vermutlich zum ersten Mal seit Anbeginn der Geschichtsschreibung geschafft, mit einer Kaiserin aus der römischen Antike Punkte einzuheimsen.

Auch Richard wirkte auf dem Foto sanft und wehrlos. Die Aufnahme zeigte ihn am Flügel, nur Kopf und Schultern, aber gut beleuchtet, die zarte Gestalt und die leuchtenden Augen betonend. Es war ein falsches Bild, das von ihm vermittelt wurde. Trotz der durchscheinenden Haut und der ausgezehrten Miene eines ›Hungerleiders in der Dachstube‹ à la Keats war er ein Kämpfer gewesen, mit dem erlesenen Geschmack eines Gourmets, was Essen und Weine betraf. Wenigstens in einem Punkt hatte er Glück gehabt: sämtliche Kalorien wurden dank seiner verblüffenden Energie verbrannt, so dass er immer schlank blieb.

Antonia zeichnete die Umrisslinien der schwarz-grauen Aufnahmen mit der Fingerspitze nach. Ich vermisse dich so sehr, flüsterte sie Richards Foto zu. Ich kann immer noch nicht glauben, dass ich dich nie wiedersehen werde.