Glaubenszeuge im KZ Dachau

Das Leben und Sterben des
Pallottinerpaters Richard Henkes
(1900 – 1945)

Biografie
von
Manfred Probst SAC

Mit den Vorarbeiten
von Georg Reitor und Ralf Büscher SAC

Pallotti Verlag

INHALT

Vorwort

Prolegomena

Einleitung

Wachsen und Werden (1900 – 1931)

3.1 Eine Kindheit im Westerwald (1900 – 1912)

3.2 Bei den Pallottinern im Studienheim Schönstatt; (1912 – 1919)

3.2.1 Die schulische Ausbildung im Studienheim

3.2.2 Der Sodale Richard Henkes

3.2.2.1 Engagement in der Missions-Sektion

3.2.2.2 Aktivitäten für die Soldaten-Sodalen

3.3 Soldat in Griesheim und Darmstadt

3.3.1 Der Einjährige

3.3.2 Spannung zwischen Ideal und Wirklichkeit

2.3.3 Zurück im Studienheim

3.4 Die Limburger Jahre (191 9 – 1926)

3.4.1 Das Noviziat und der Studienbeginn (1919 – 1921)

3.4.2 Die Studienjahre (1921–192d)

2.4.2.1 Die philosophische und theologische Ausbildung

3.4.2.2 Die religiöse Bildung

3.4.2.3 Krisenzeit

3.4.3 Priesterweihe und Primizbild

3.4.4 Nachruf auf P. Franz Xaver Salzhuber

3.5 Pallottinische Lehr- und Wanderjahre (.926-1931)

3.5.1 Lehrer und Seelsorger in Schönstatt (1926-1927)

3.5.2 Als ungeduldiger Patient in Ahrweiler

3.5.3 Langwierige Heilung im Schwarzwald ()327-192f)

3.5.4 Lehrer und Seelsorger in Alpen (1928-29)

3.5.5 Wieder Lehrer und Seelsorger in Schönstatt (D29-1931)

3.5.6 Kanonische Ermahnung und ihre Folgen

3.6 Zwischenbilanz

Bekenntnisjahre in Schlesien und im Sudetenland

4.1 Lehrer und Seelsorger in Katscher (1931-1937)

4.1.1 Das Haus in Katscher

4.1.2 Lehrer in Katscher

4.1.3 Einstieg in die außerordentliche Seelsorge

4.1.4 Vizerektor in Katscher

4.1.5 Klare Gegnerschaft zum Nationalsozialismus

4.1.5.1 Stellungnahmen zu Devisen- und Sittlichkeitsprozessen

4.1.5.2 Gestapountersuchung zu einer Predigt in der Kirche von Ruppach

4.1.5.3 Prozess vor dem Sondergericht in Breslau 1937/38

4.2 Die Zeit in Frankenstein (1937–1940)

4.2.1 Abschied von der Schule

4.2.2 Das Haus in Frankenstein

4.2.3 Ein neuer Rektor in Frankenstein

4.2.4 Vermittler der Provinzleitung zu Prälat Nathan

4.2.5 Stellungnahmen gegen die NS-Regierung

4.3 Zwischenspiel in Branitz (1940-1941)

4.3.1 Branitz und Joseph Martin Nathan

4.3.2 Exerzitienmeister in Branitz und unterwegs

4.3.3 Eine Beschwerde von Kardinal Innitzer

4.3.4 Einsatz für jüdische und behinderte Menschen

4.4 Pfarradministrator in Strandorf (1941-1943)

4.4.1 Zur Situation in Strandorf

4.4.2 Seelsorger in Strandorf

4.4.3 Arbeit im Sinne der Schönstattbewegung

4.4.3 Obmann der Pallottiner im Ostsudetenland

4.4.5 Offene Kritik an der Staatsführung

4.4.6 Weitere Zusammenarbeit mit Branitz

Christusnachfolge im KZ Dachau (1943-1945)

5.1 Verhaftung durch die Gestapo in Ratibor

5.2 Auf dem Weg nach Dachau

3.3 Ankunft in Dachau (10. Juli 1943)

5.4 In Dachau – äußere Gefangenschaft in innerer Freiheit

5.4.1 In den Arbeitskommandos

5.4.2 Die Beziehung von R. Henkes zu J. Kentenich in Dachau

5.4.2.1 Zeugen und der verschiedene Kontext der Aussagen

5.4.2.2 Wachsende Entfremdung

5.4.3 Bekanntschaft mit Regens Dr. Josef Beran

5.4.4 Beter und Seelsorger im KZ

5.4.5 Die Situation von P. Henkes im Jahre 1944

5.4.5.1 Illegaler Briefverkehr mit seiner Schwester Maria

5.4.5.2 Kantineneinkäufer auf Block 17

5.4.5.3 Das Missverständnis vom „Tschechenblock“

5.4.5.4 P. Henkes und die dritte Gründungsurkunde

5.4.5.5 Der Umschwung

5.5 Tod in Dachau – "Alles wie Gott es will"

5.5.1 Ausbruch der Fleckfieber-Epidemie

5.5.2 Die Freiwilligkeit seines Pflegedienstes

5.5.3 Der Beginn seines Pflegedienstes

5.5.4 Die Umstände und der Ort seines Todes

5.6 Exequien, Einzelverbrennung des Leichnams, Bergung der Asche

5.7 Requiem und Beisetzung der Asche in Limburg

5.8 Zwei Totenbildchen für P. Henkes

Vermächtnis seines Todes

6.1 Kämpfer für die Freiheit

6.2 Kämpfer für die Wahrheit

6.3 Einsatz für den Nächsten

6.4 Kämpfer für Menschenwürde

6.5 Kämpfer für den christlichen Glauben

6.6 Kämpfer für christliche Werte

Quellen -und Literaturverzeichnis

7.1 Quellenverzeichnis

7.2 Literaturverzeichnis

Anhang: Briefe

I. Briefe von R. Henkes von 1918 - 1925 an P. J. Kentenich

II. Briefe von R. Henkes von seiner Verhaftung bis zu seinem Tod

Register

9.1 Autoren und Personen

9.2 Orte

9.3 Sachverzeichnis

Vorwort des Provinzials

Am 15. September 2019 wurde P. Richard Henkes im Limburger Dom durch den päpstlichen Delegaten Kardinal Kurt Koch seliggesprochen. Damit ist ein lang gehegter Wunsch vieler Menschen in Deutschland und Tschechien, näherhin in der Diözese Ostrava-Opava, der Diözese Limburg sowie der pallottinischen Familie in Erfüllung gegangen. Auch in Polen hat die Seligsprechung ein neues Interesse an P. Henkes und dem Wirken der Pallottiner geweckt. Der Selige hat als Priester und Seelsorger, als Exerzitienbegleiter und Prediger an Orten Spuren hinterlassen, die heute zu Deutschland, Polen und Tschechien gehören. Diese Spuren sind mit Begriffen wie Einsatz für Wahrheit und Wahrhaftigkeit, Engagement für Versöhnung und furchtlos gelebter Nächstenliebe verbunden. Dies alles fand Vollendung in der freiwilligen Lebenshingabe von P. Henkes im KZ Dachau. Es verwundert nicht, dass sich für ihn sehr schnell die Bezeichnung „Märtyrer der Nächstenliebe“ herausbildete.

Dass wir uns heute ein so umfangreiches Bild von P. Henkes machen können, ist vor allem der Mühe und dem Einsatz von P. Manfred Probst zu verdanken. Nachdem wir Pallottiner, nach vielen Ermutigungen aus Deutschland und Tschechien, 2001 beim Bistum Limburg die Eröffnung des Seligsprechungsverfahrens beantragt hatten, hat P. Probst als Vizepostulator sehr viel Fleiß und Herzblut in die Erforschung des Lebens von P. Henkes investiert. Der hier vorliegende Band ist das Ergebnis dieser Leistung und somit eine profunde Quelle für alle, die sich mit dem Leben des Seligen beschäftigen.

Mein Dank gilt P. Manfred Probst für diese großartige Arbeit. Mein Dank gilt ebenso Bischof Franz Kamphaus und Bischof Georg Bätzing sowie ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Bischöflichen Offizialat und Ordinariat, ohne die die Forschungen von P. Probst und das Verfahren der Seligsprechung nicht möglich gewesen wären. Wir Pallottiner sind beeindruckt von dem oft sehr persönlichen Engagement dieser Frauen und Männer.

Eine Seligsprechung bringt es mit sich, dass wir unseren Blick mit Dankbarkeit und Bewunderung auf die Vergangenheit richten. Andererseits sagt der Titel dieses Buches, worum es auch geht: Wer das Leben von P. Henkes kennenlernt, entdeckt sofort die Botschaft für die Gegenwart, für das Heute: dass wir ebenso furchtlos Glaubenszeugen seien in den Herausforderungen unserer Gesellschaft und unserer Zeit.

Dazu sei uns der Selige Vorbild und Fürsprecher.

Friedberg, im September 2019

P. Helmut Scharler SAC, Provinzial

Vorwort

Das Provinzkapitel der Limburger Pallottiner hat im Januar 2001 den Beschluß gefasst, für den am 22.2.1945 im KZ Dachau bei der freiwilligen Pflege Typhuskranker zu Tode gekommenen Mitbruder P. Richard Henkes einen Seligsprechungsprozeß anzustreben. Zu den Voraussetzungen dafür gehört eine Biographie über die betreffende Person. Diese Aufgabe erweist sich fast siebzig Jahre nach dem Tod eines Menschen als schwierig, zumal wenn der Betreffende mehr ein Mann des gesprochenen Wortes und der Tat als des geschriebenen Wortes war.

In einem solchen Fall greift der Autor natürlich gerne auf die Vorarbeiten anderer zurück. Zu ihnen gehört die kleine Studie von Georg Reitor über seinen Lehrer P. Henkes in Katscher und Frankenstein, mit der er die Erinnerung an diesen Märtyrer der Nächstenliebe neu entfacht hat. Ihr Schwerpunkt liegt auf der Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus. Umfassender hat Ralf Büscher seine Diplomarbeit angelegt, die zum ersten Mal das gesamte Leben von Richard Henkes skizziert. Beide Arbeiten – obwohl im Abstand von etwa zwanzig Jahren entstanden - wurden geschrieben, als viele Quellen noch nicht bekannt waren oder unter Verschluß gehalten wurden. Inzwischen sind die Türen weitgehend geöffnet.

Als reiche Fundgrube für die verschiedenen Lebensphasen von R. Henkes hat sich das gut bestückte Archiv der Pallottiner in Limburg erwiesen. Weitere Mosaiksteine lieferten u.a. das Bundesarchiv, die Diözesanarchive in Speyer und Limburg, das Archiv der Schönstattpatres, das Archiv des Säkularinstituts der Schönstätter Marienschwestern, das Archiv des Internationalen Suchdienstes in Bad Arolsen, das Sonderarchiv in Moskau, das Landeshauptarchiv in Koblenz und das Mons Tabor Gymnasium in Montabaur. Der Autor hat Leitern und Mitarbeitern dieser Archive viel zu verdanken. Besonderer Dank gilt Frau Dr. Antonia Leugers, München für viele einzelne Hinweise aus ihrer profunden Kenntnis des Limburger Provinzarchivs und der Kirchengeschichte des 20. Jahrhunderts.

Drei Reisen hat der Autor nach Strandorf im Hultschiner Ländchen, nach Troppau, Ratibor, Katscher, Branitz und beim dritten Mal auch nach Frankenstein/Schlesien unternommen, um Spuren von Richard Henkes zu suchen, Material für diese Untersuchung zu sammeln und sich ein eigenes Bild von diesem Lebensraum zu machen, in dem P. Henkes gegen den verderblichen Einfluß des Nationalsozialismus kämpfte und auf seine Lebenshingabe im KZ vorbereitet wurde. Besonderer Dank für alle Unterstützung gilt dabei Pfarrer Jan Vidlák von Strahovice und seiner Pfarrgemeinde, Pfarrer Jan Larisch in Ostrava-Svinov, dem H.H. Bischof Lobkowicz von Ostrava-Opava und dem H.H. Bischof von Plzen Frantisek Radkovský. Wesentlich einfacher war es, Kontakte in der Heimat von Richard Henkes im Westerwald aufzunehmen, die gleichsam vor der Haustür von Vallendar liegt. Hier gebührt besondere Anerkennung den Verantwortlichen der Kirchen- und Zivilgemeinde Ruppach-Goldhausen So konnte auf der Grundlage vieler, früher nicht bekannter Quellen ein Lebensbild von Richard Henkes gezeichnet werden, von dem zu hoffen ist, dass es der Wirklichkeit weitgehend entspricht. Es geht dem Autor zuerst um gesicherte Fakten und eine nüchterne Deutung der tragenden Überzeugungen dieses mutigen Menschen und Priesters. Dabei ist – so hofft er – ein Bild entstanden, das für sich selbst spricht.

Vallendar, am Hochfest Allerheiligen 2013

Manfred Probst SAC

Prolegomena

Im Jahre 2000 wäre P. Richard Henkes SAC1 100 Jahre alt geworden. Viel zu früh ist er am 22. Februar 1945 im Konzentrationslager Dachau auf dem Tuberkuloseblock 11 als Häftling Nr. 49642 gestorben. Er weilte dort als sterbenskranker Patient höchstens zwei Tage. Vorher hatte er als Pfleger und heimlicher Seelsorger der Typhuskranken in Block 17 gewirkt, bis er sich selber ansteckte. Ende November/ Anfang Dezember 1944 hatte er sich freiwillig dort einschließen lassen, wo er bis dahin vom Priesterblock 26 aus als Kantinenwirt gearbeitet hatte.

Dachau war die letzte Lebensstation, andere führten Richard Henkes von seinem Heimatdorf Ruppach im Westerwald nach Vallendar-Schönstatt, Limburg, St. Blasien und Menzenschwand im Schwarzwald, nach Alpen am Niederrhein, sowie nach Katscher, Frankenstein und Branitz2 sowie Strandorf im Hultschiner Ländchen3. Ihm nahestehende Gefangene und pallottinische Mitbrüder, die ebenfalls im Konzentrationslager Dachau gefangen waren, sorgten dafür, daß sein Leichnam gesondert verbrannt und die Asche geborgen wurde. Nach dem Ende des Krieges und der Naziherrschaft wurde sie am 20. Jahrestag seiner Primiz, dem 7. Juni 1945, in Limburg auf dem Pallottinerfriedhof feierlich beigesetzt. In der Friedhofskapelle seines Heimatdorfes Ruppach wurde bald darauf eine Bildtafel zur Erinnerung an diesen großen Sohn der Gemeinde angebracht. Im Jahr 1947 beschäftigte sich das Generalkapitel der Pallottiner in Rom mit den deutschen und polnischen Märtyrern der Nazizeit, wobei der Name Richard Henkes ausdrücklich genannt wurde. Aber die herannahende Seligsprechung des Gründers Vinzenz Pallotti zog bald alle Aufmerksamkeit an sich. Um P. Richard Henkes wurde es still. Es fehlten Menschen, die sich für ihn einsetzten, denn die Menschen von Oberschlesien wie Katscher und Branitz sowie Niederschlesien waren geflüchtet oder aus ihrer Heimat vertrieben und über ganz Deutschland zerstreut worden. Die Pallottiner wurden durch den Wiederaufbau der Provinz und bald auch von der Entwicklung um die Schönstattbewegung und ihren Gründer Josef Kentenich weitgehend in Beschlag genommen. Diese selber hatte andere Favoriten für eine Seligsprechung.

Die Situation änderte sich erst nach der Trennung des Schönstattwerkes von den Pallottinern im Jahre 1964. Die Fixierung des Bewusstseins der deutschen Pallottiner auf die Schönstattfrage lockerte sich und bisher vergessene oder verdrängte Tatsachen konnten neue Bedeutung erlangen. Dazu gehörten auch alle Pallottiner, die unter der Naziherrschaft in Gefängnissen oder im KZ gefangengehalten wurden oder sogar ihr Leben geopfert haben.4 Der Bewußtseinswandel in Bezug auf P. Richard Henkes ist aber vor allem seinen ehemaligen Mitgefangenen zu verdanken, die in die Freiheit zurückkehren konnten. Schon in einem Brief vom 21. August 1968 richtete Pfarrer Josef Witthaut von Rimbeck an den Redakteur der „Stimmen von Dachau“ Heinz Römer folgende Erinnerung: „In Deinem Necrologium oder besser Martyrologium vermisse ich bisher 2 gute Freunde, die es verdienen, neben P. Kolbe u.a. vor der Vergessenheit bewahrt zu werden: P. Richard Henkes SAC (Nr. 49642) Pfarrer in Strandorf (Olmütz) und P. Engelmar Unzeitig (Nr. 26147) aus Budweis. Beide meldeten sich im Winter 1944/45 mit P. Lenz und P. Roth freiwillig in die verlauste und typhusverseuchte Baracke Nr.29(?), da es hieß: „Freiwillige vor“5 Doch der Redakteur druckte nur den zweiten Teil des Briefes ab, so dass diese Mahnung vom Gesamtkreis nicht gehört wurde. Aber vergessen wurden die beiden nicht. 1972 erinnerte P. Eduard Allebrod in dem gedruckten Bericht über seine Verhaftung und seine Zeit im KZ Dachau an das freiwillige Lebensopfer seines Mitbruders Richard Henkes.6

„Die Dachauer KZ-Priestergemeinschaft“ und ihre Angehörigen richtete am 19.9.1985 von Würzburg aus einen Brief an den Bischof der Diözese Limburg Dr. Franz Kamphaus mit der Bitte „um Eröffnung des Seligsprechungsprozesses für ihren ehemaligen Mitbruder und Mitleidensgenossen P. Richard Henkes SAC (Pallottiner)“. Er habe den KZ-Häftlingen aller Nationen und aller politischen Richtungen ein kraftvolles und männlich-starkes Christentum in der Verfolgung vorgelebt. Der Brief trägt die Unterschriften der KZ-Häftlinge P. Eduard Allebrod SAC (31632)?, Heinz Römer (23929), Josef Johannes Peters (49641), Franc Puncer (43016), Berthold Niedermoser (32464)?, Johann Womes (24199), Johann Steinbock (29112), Martin Rohrmeier (28854)?, Johannes Sonnenschein (30224), Hermann Scheipers (24255), Max Lackmann (33650)?, Kurt Habich (33687), Jakob Schneider (91225), Ludw. Spießl (22526), Theo Brasse (26962), Josef Albinger (29171), Ludwig Bauer (40825), Hermann Dümig (26589), Eugen Weiler (37936), Richard Schneider (21613) und Alois Langhans (22248), alle Namen also gekennzeichnet mit der Dachauer Häftlingsnummer.7 Außerdem setzten noch Wilh. Haas, der Schwager des KZ Häftlings Karl Leisner, der Neffe von F. Puncer Ivan Rojnik und sieben Frauen, Elisabeth Haas, Angelika Zohlen, Maria Brückner, Elisabeth Bauer, Anna-Katharina Kruse, Christel Richars, Cäcilie Schneider, nahe Verwandte von KZ-Häftlingen und Haushälterinnen, ihre Unterschrift unter das Bittgesuch an den Limburger Bischof Dr. Franz Kamphaus.8

Der Bischof leitete diesen Brief weiter an den Provinzial der Limburger Pallottinerprovinz. Dort wurde die Angelegenheit aber auf die lange Bank geschoben. Johannes Peters, einer der Mithäftlinge von Dachau, setzte sich in einem Glückwunschbrief vom 28. Dezember 1986 zum Geburtstag von Kardinal Höffner für einen Kanonisationsprozess von P. Richard Henkes ein. Prälat Wilhelm Schätzler, der damalige Sekretär der DBK, antwortete darauf am 14. Januar 1987: „Er wird den Bischof von Limburg, der für diesen Kanonisationsprozeß von Pater Richard Henkes zuständig ist, gern auf das heroische Opfer seines Lebens, das Pater Henkes gebracht hat, aufmerksam machen.“ Ein zweiter Brief von ihm, 14 Tage später, verweist auf die Zuständigkeit der Pallottiner und des Limburger Bischofs.9 Auch ein Treffen der Dachauer KZ-Priestergemeinschaft in Limburg im Jahre 1988 brachte noch keinen Durchbruch bei den Pallottinern.

Wohl hatte sich in den Jahren davor ein Richard-Henkes-Freundeskreis gebildet, dem als treibende Kräfte die Pallottiner Eduard Allebrod, Wilhelm Schützeichel und Dr. Heinrich M. Köster sowie der ehemalige Schüler von P. Henkes in Katscher, Georg Reitor und seine Gattin angehörten. Im Jahre 1988 brachte Georg Reitor eine erste Lebensbeschreibung seines Lehrers heraus mit dem Titel: Glaubenszeuge im KZ. P. Richard Henkes - Märtyrer der Nächstenliebe.10 Mit Brief vom 28.2.1988 setzte sich Prälat Dr. Stefan Kruschina, Professor und Regens in Königstein, für die Seligsprechung von P. Engelmar Unzeitig und P. R. Henkes ein „im Hinblick auf die Ähnlichkeit der Lage von P. Henkes und P. Unzeitig mit jener von P. Kolbe“11.

Danach verstärkte sich die Beschäftigung mit dem Leben und Wirken von P. Richard Henkes. Der ehemalige Generalrektor der Pallottiner Ludwig Münz, der wie P. Henkes aus Ruppach stammte, sammelte wichtige Dokumente über das Leben seines Landsmanns. Ihm schloß sich P. Wilhelm Schützeichel an, der Initiator des „Richard-Henkes-Freundeskreises“, der in Vertriebenenzeitschriften Zeugen suchte und von ihnen erste Berichte sammelte. P. Heinrich M. Köster regte den damals letzten noch lebenden KZ-Zeugen der Pallottiner, P. Eduard Allebrod, an, seine Erinnerungen an Richard Henkes nieder zu schreiben. 1990 wurde die Urne mit der Asche von P. Richard Henkes aus dem bisherigen Reihengrab in die Bischofsgruft auf dem Pallottinerfriedhof in Limburg übertragen. Auf seinem Grabstein steht: „Pater Richard Henkes SAC 26.5.1900 - 22.2. 1945 Opfer der Nächstenliebe im KZ Dachau.“ Im Jahre 1991 erschien eine tschechische Übersetzung der von Georg Reitor verfaßten Lebensgeschichte des Richard Henkes.12 Damit war die Möglichkeit gegeben, P. Henkes in Tschechien bekannt zu machen. Auch in der früheren Pfarrei Strandorf erinnerte man sich des Martyrerpfarrers im KZ Dachau. Am 25.10.1992 wurde die im Ort liegende größere Kapelle vom Olmützer Erzbischof neu geweiht, nachdem man dort das von P. Henkes gestiftete Bild der Dreimal wunderbaren Mutter wieder in dem Retabel des neugotischen Hochaltars angebracht hatte. Außerdem wurde eine vergrösserte Fotografie mit den Hauptdaten seines Lebens an der Hinterwand der Kapelle aufgehängt. Später wurde vor der Pfarrkirche ein großer Gedenkstein mit Namen und Lebensdaten von Richard Henkes angebracht.13

Am 22. Februar 1995 fand zum 50. Todestag von P. Henkes und der anderen Nazi-Opfer der Pallottiner an der Hochschule in Vallendar eine große Gedenkfeier statt. Zelebrant und Prediger der Gedenkmesse war der Bischof von Pilsen, František Radkovský. Er nannte P. Richard Henkes bei dieser Gelegenheit eine „wirklich strahlende Gestalt der Geschichte“14 und regte öffentlich die Seligsprechung an. 1995 schuf die Künstlerin Beate Heinen ein Portrait15 von Richard Henkes, das in seiner ehemaligen Schule in Schönstatt aufgehängt wurde. Als Beigabe verfasste sie eine einfühlsame Meditation zu ihrem Bild. Ein Saal des mit der Hochschule verbundenen Forum Vinzenz Pallotti wurde ihm zu Ehren Richard-Henkes-Saal benannt.

Anläßlich seines 100. Geburtstages im Jahre 2000 führten die Bewohner seines Heimatdorfes Ruppach auf Initiative des damaligen Diakons Mathias Struth ein Schauspiel mit Szenen aus seinem Leben in der Pfarrkirche auf, das auch an anderen Wirkungsstätten von P. Henkes, in Limburg und Schönstatt, mit großem Erfolg wiederholt wurde. Seine Heimatgemeinde erwies ihm besondere Ehre und benannte das Gemeindehaus in Ruppach „P. Richard-Henkes-Haus“. Auch im deutschen Martyrologium des 20. Jahrhunderts – Zeugen für Christus –, herausgegeben im Auftrag der Deutschen Bischofskonferenz, findet man eine Würdigung des Lebens und Sterbens von P. Richard Henkes.16 Auf ihrer Sitzung am 3.–4. Oktober 200017 beschloß die Tschechische Bischofskonferenz einstimmig auf Initiative des Bischofs von Pilsen, einen Seligsprechungsprozeß von P. Richard Henkes vonseiten der Pallottiner zu untertützen. Zu den Gründen schrieb die Bischofskonferenz: „P. Henkes wirkte vor seiner Verhaftung als mutiger kirchlicher Zeuge für die Wahrheit, die Freiheit und die Liebe. Er wandte sich gegen die Lüge, die Sklaverei und den Haß des totalitären Regimes der Nationalsozialisten in Strahovice bei Hlucin. Im Konzentrationslager Dachau hat er sich freiwillig zur Pflege der tschechischen Typhuskranken gemeldet. In diesem Dienst infizierte er sich bald selbst und starb als Diener der Nächstenliebe“.

Ein Antrag der Hausgemeinschaft Theologische Hochschule Vallendar an das Provinzkapitel der Limburger Pallottinerprovinz im Januar 2001 ging dahin zu beschließen, die Provinzleitung solle die Voraussetzungen für einen Seligsprechungsprozeß von P. Richard Henkes schaffen. Dieser Antrag wurde mit überwältigender Mehrheit angenommen. Nach ersten Vorklärungen und Gesprächen mit der Bistumsleitung erklärte sich das Bistum Limburg bereit, den Seligsprechungsprozess mit den Pallottinern als Aktor zu führen. Am 25. Mai 2003 wurde der Prozess in der Marienkirche der Pallottiner in Limburg durch Bischof Dr. Franz Kamphaus in Anwesenheit des Bischofs von Ostrava-Opava František Lobkowicz feierlich eröffnet.

Hier wird eine wissenschaftliche Biografie auf einer breiten Quellenbasis vorgelegt. Die Bemühungen um eine Seligprechung von R. Henkes haben zu intensiven weiteren Forschungen Anlaß gegeben. Nun sind durch die Vorarbeiten von W. Schützeichel, H. M. Köster, G. Reitor, E. Allebrod, M. Struth, R. Büscher und intensive eigene Forschungen die Fakten so weit erhoben, dass eine Gesamtdarstellung und –würdigung des Lebens und Sterbens von P. Richard Henkes sinnvoll und möglich ist, auch wenn manche Einzelheiten wegen fehlender Quellen nicht geklärt werden konnten.

Wer war dieser Richard Henkes? Wie kam er in Konflikt mit dem Nationalsozialismus? Wie kam er zu dem Entschluß, sein Leben für andere zu opfern? Diese und andere Fragen sollen mit der hier vorliegenden Arbeit so weit wie möglich beantwortet werden. Dabei muß sein Leben auf der Folie des damaligen Zeitgeschehens, der Auseinandersetzung zwischen der katholischen Kirche und dem Nationalsozialismus dargestellt werden. Denn P. Richard Henkes SAC wurde in dieser schwierigen Zeit ein unerschrockener Streiter für die Sache des katholischen Glaubens. Er hat nicht nur der Vereinnahmung durch den Nationalsozialismus widerstanden, sondern er wurde ein mutiger Gegner dieser rassistischen Weltanschauung. Damit leisten wir auch einen Beitrag zu der Diskussion über das Verhältnis zwischen der katholischen Kirche und dem Nationalsozialismus, denn bis in unsere Tage hinein wird darüber gestritten. Das hat die Diskussion um den Beitrag der Kirche am Entschädigungsfond für Zwangsarbeiter18 und die anhaltende Debatte über die Seligsprechung Pius XII. gezeigt.

Das hier vorgelegte Buch will die Forschungsergebnisse über das Leben von Richard Henkes zusammenfassen und einer breiteren Öffentlichkeit bekannt machen. Aber auch das genannte Verhältnis zwischen Kirche und Nationalsozialismus wird aus der Blickrichtung der speziellen und konkreten Situation eines Menschen und seines Wirkens in der damaligen Zeit beleuchtet. P. Richard Henkes steht dabei sicherlich nicht für die gesamte katholische Kirche, aber er repräsentiert sie als eines ihrer Glieder. Dadurch kann sein Leben und Sterben auch ein Schlaglicht auf das Verhältnis von Kirche und Nationalsozialismus werfen.

1 Zur Zeit von Richard Henkes hieß seine Gemeinschaft PSM (Pia Societas Missionum); 1947 erhielt sie die Ursprungsbezeichnung SAC (Societas Apostolatus Catholici) wieder zurück; vgl. Ziegler, August: Vinzenz Pallotti, Gossau 1947, 195.

2 Branitz heißt heute Branice und gehört zu Polen.

3 Strandorf heißt heute Strahovice und gehört zur Tschechischen Republik.

4 Vgl. Wilhelm Schützeichel, Pallottiner unter Hitlers Terror, in: Dokumentation `85 – pallottiner intern, Limburg 1986, 134-164; Zeugen für Christus. Pallottiner-Opfer unter der Nazi-Diktatur: ka + das zeichen, Limburg 107/5 (2000) 148-168.

5 Brief vom 21. August 1968, in: Nachlaß Pfarrer Heinz Römer (1913-1998) Nr. 59: DA Speyer. Pfarrer Witthaut wird auch mehrfach als Zeuge in der Biografie von P. Engelmar Unzeitig angeführt; vgl. dazu Adalbert L. Balling, Eine Spur der Liebe hinterlassen, Reimlingen 1984, 307, 317.

6 P. Eduard Allebrod, SAC, Realschulpfarrer i.R. in Heinsberg, in: Selhorst, H.: Priesterschicksale im Dritten Reich aus dem Bistum Aachen, Aachen o.J. (1972), 11-20, hier 19f.

7 Bei Allebrod, Niedermoser, Rohrmeier und Lackmann weichen die Nr. von Weiler, Eugen: Die Geistlichen in Dachau, Mödling o.J (1971) ab.

8 Original im DA Limburg AZ. 261F/85/02/1 Bereich R; Kopie beim Vf. Die Namen konnten mit Hilfe eines im Nachlass E. Allebrod gefundenen Teilnehmerverzeichnisses identifiziert werden.

9 Briefe von Prälat Wilhelm Schätzler, Sekretär der Deutschen Bischofskonferenz vom 14. Januar 1987 und 28. Januar 1987 (JNr. S 266/87 – Sch/za), in: Dokumente R. Henkes bei M. Probst.

10 Reitor, Georg: Glaubenszeuge im KZ. Pater Richard Henkes – Martyrer der Nächstenliebe, Leutesdorf 1988, 49 S. Reitor wurde 1919 geboren und starb hochbetagt am 16. März 2013.

11 Brief von Dr. Stefan Kruschina vom 29.2.1988 an P. Eduard Allebrod, in: Dokumente R. Henkes bei M. Probst.

12 Georg Reitor, Svedek Víry v Koncentračním Táboŕe. Pater Richard Henkes, mučednik blíženské lásky. Přeložil: Ing. Zdeněk Potĕšíl, Olomouc 1991, 38 S.

13 Brief vom 11.11.1992 von Pfarrer P. Jan Vidlák an P. Vinzenz Henkes ISch; Kopie in: Dokumente R. Henkes bei M. Probst.

14 P. Richard Henkes heilig sprechen. Gedenkfeier mit dem Bischof von Pilsen zu Ehren des Pallottinerpaters am 22.2.95 in Vallendar: Pallottis Werk (Limburg) 46 (2/1995) 8 – 10; vgl. auch: Pallottinerpater Richard Henkes: Pallottis Werk 46 (1/1995) 9 – 11.

15 Das Portrait von Richard Henkes, gemalt von Beate Heinen, hängt im Forum Vinzenz Pallotti vor dem nach ihm benannten Richard-Henkes-Saal. Den Meditationstext von Beate Heinen zu diesem Bild s. Pallottis Werk 47 (1/1996) 12-14.

16 Vgl. A. Holzbach, Pater Richard Henkes, in: Zeugen für Christus. Das deutsche Martyrologium des 20. Jahrhunderts. Hg. von Helmut Moll im Auftrag der DBK, 2 Bde, Paderborn – München – Wien – Zürich 1999, 829 – 831.

17 Brief der Tschechischen Bischofskonferenz vom 6. Dezember 2000, in: Sekretariat des Provinzials, Friedberg bei Augsburg. Kopie in: Dokumente R. Henkes bei M. Probst.

18 Vgl. Rheinischer Merkur, 9. Februar 2001 Nr. 6, 56. Jg., Artikel von C. von Hoensbroech.

Einleitung

Bei der Darstellung des Lebens des Richard Henkes folgen wir den Stationen seines Lebens in chronologischer Weise: von seiner Kindheit im Heimatdorf Ruppach bis zu seinem Tod im KZ Dachau. Da Biographien auch immer mit Orten verknüpft sind, wird jeweils auf die Orte eingegangen, in denen Richard Henkes wirkte. Sein Leben war von häufigen Ortswechseln gekennzeichnet. Es führte ihn vom Westerwald ins Rheinland, dann nach Oberschlesien, Schlesien, in das östliche Sudetenland und schließlich nach Dachau in Bayern. Für die Rekonstruktion dieses Lebenslaufes wurden die verschiedenen schon vorhandenen Quellen genutzt, darunter die Personalakte und die umfangreiche Sammlung von P. Ludwig Münz SAC im Limburger Provinzarchiv und weitere erschlossen. Als die bedeutendsten erweisen sich die Briefe, die Richard Henkes selbst in nicht geringer Zahl verfasst hat, und drei gedruckte Beiträge aus seiner Feder. Für die Aufhellung seines Charakters und seiner Spiritualität haben sie unersetzlichen Wert. Hinzu gesellen sich Artikel und Berichte über das Leben von P. Richard Henkes, die ehemalige Mitgefangene in Dachau, Familienmitglieder, Schüler, Freunde, Bekannte sowie Pfarrangehörige aus Strandorf verfasst haben und die von L. Münz, E. Allebrod sowie W. Schützeichel und anderen zusammengetragen wurden. Weitere Briefe von Richard Henkes aus seiner Schulzeit in Schönstatt, seiner Studienzeit in Limburg, aus Alpen, Katscher, Frankenstein, Branitz, Strandorf und aus dem KZ Dachau sowie zwei Dokumente aus der Zeit seines Aufenthaltes im Studienheim Schönstatt konnten berücksichtigt werden.

Zu den wichtigsten Ergänzungen der Quellenbasis zählen die Ende Februar 2002 in Strandorf und in Staudt/Ww. aufgefundenen Originalbriefe aus der KZ-Zeit und die Ende Juli 2002 von den Schönstätter Marienschwestern übergebenen fünfundsechzig Briefe aus dem Nachlaß von P. Josef Kentenich. Letztere haben ihre große Bedeutung für Richards Zeit im Studienheim Schönstatt, seine militärische Ausbildung in Griesheim und Mannheim sowie für die Studienzeit in Limburg.

Ausgewertet werden hier auch Interviews mit Zeitzeugen, z.B. der Schwester von P. Richard Henkes, Regina Krämer, ihrer Nichte Agnes Biet und Anna Baranková aus Strahovice. Ihre Erinnerungen liegen schriftlich vor. Inzwischen stehen auch die offiziellen Zeugenbefragungen des Bischöflichen Erhebungsverfahrens zur Verfügung. Immer noch sehr nützlich für eine erste Einführung erweist sich das kleine Büchlein von Georg Reitor von 1988 und seit Anfang 2005 das von Alexander Holzbach SAC. Reitor ergänzte seine eigenen Erinnerungen an P. Richard Henkes mit den bis dahin schon gesammelten Berichten und durch die Erinnerungen von P. Eduard Allebrod SAC (1906 –1995). Dieser war 1935, also vier Jahre nach P. Richard Henkes, nach Frankenstein in Schlesien gekommen. Von 1937 – 1940 gehörten beide zur dortigen Pallottinerniederlassung und so kannte er P. Henkes persönlich. 1943 trafen sie im KZ Dachau wieder zusammen.

P. Allebrod hat seine Erinnerungen in vielen Fassungen schriftlich niedergelegt, allerdings die meisten erst im Alter von über fünfundsiebzig Jahren. Alle Schriften befinden sich im Archiv der Pallottiner in Limburg. Sie enthalten auch wertvolle Angaben über die Zusammenarbeit von P. Richard Henkes und dem damaligen Prager Regens und Professor für Pastoraltheologie Josef Beran im KZ Dachau. Der dreibändige Biografieversuch über P. Richard Henkes, ca. 1990 abgeschlossen, leidet offensichtlich unter dem hohen Alter des inzwischen 84jährigen Verfassers. Leider hat sich E. Allebrod nur für das Jahr 1943 auf eigene Notizen aus Dachau stützen können. Er hat zusätzlich die Veröffentlichungen anderer Dachauer Häftlinge ausgewertet und sich auf sein Gedächtnis gestützt. Dabei sind ihm manche Fehler und Ungenauigkeiten unterlaufen, wobei sich deren Anzahl mit wachsendem Alter steigert.19 Deshalb sind die Aussagen anderer KZ Priester über Richard Henkes, von denen eine ganze Reihe vorliegen, immer zum Vergleich heranzuziehen. So konnte, wie in einem Mosaik, das Leben von P. Richard Henkes SAC Steinchen für Steinchen rekonstruiert werden. Manchmal kam dies einer Detektivarbeit sehr nahe. Zum Abschluß wird die Person P. Richard Henkes als Mitglied der katholischen Kirche gewürdigt und kurz die Frage gestellt, ob das Verhalten und das Wirken von P. Richard Henkes Widerstand zu nennen sei.

19 Ein Vergleich der früher geschriebenen „Lebenserinnerungen“ mit der später verfassten Lebensbeschreibung von P. Richard Henkes zeigt die nachlassende geistige Kraft des Autors, die sich besonders in einer Vielzahl von Wiederholungen derselben Themen und Aussagen kundtut. Deshalb muß bei der Auswertung der Manuskripte von E. Allebrod u.a. das jeweilige Alter des Autors bei der Abfassung berücksichtigt werden.