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Paule und Sneakers

Helden auf vier Pfoten

eISBN 978-3-96129-138-0

 

Edel Kids Books

Ein Verlag der Edel Germany GmbH

Copyright © Edel Germany GmbH,

Neumühlen 17, 22763 Hamburg

www.edel.com

 

Projektkoordination: Judith Haentjes

Lektorat: Christiane Rittershausen

Text: Frauke Scheunemann und Antje Szillat

Cover- und Innenillustrationen: Nikolai Renger

Covergestaltung: Geviert Grafik & Typographie

unter Verwendung einer Illustration von Nikolai Renger

ePub-Konvertierung: Datagrafix GmbH, Berlin

 

Alle Rechte vorbehalten. All rights reserved.

Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.

Inhalt

Auf einen Dackel ist immer Verlass

Ziemlich verpennte Dackeltage

Was mal dringend gesagt werden muss!

Ein Kuscheltier wird vermisst!

Böser Dackel, arme Katzen

Dreister Diebstahl

Nächtliche Flucht

Ein turbulenter Auftritt

Geniale Dackelweisheiten und ungläubige Katzen

Schläfst du noch oder träumst du schon?

Buschgespräche

Dackel unter Beobachtung

Besuch bei Sneakers und ein seltenes Lob

Was wirklich Schlimmes passiert

Ich glaub, mein Eichhörnchen pfeift!

Eine heiße Spur

Ein dicker Kater in der Klemme

Tierische Rettung, Teil 1

Tierische Rettung, Teil 2

Kater ehrenhalber

PROLOG

Auf einen Dackel ist immer Verlass

Ich bin wie vom sechsfachen Donner gerührt! Der Schock ist so gewaltig, dass ich zunächst wirklich nur dastehen und es einfach nicht glauben kann. Und dennoch ist es die traurige Wahrheit: Sneakers, mein bester Freund, der geniale Haudegen und Chef des KRKT, er … er … ich kann es kaum aussprechen … ähm … wuffen, er ist weg!

Verschwunden – aber nicht wie vom Erdboden und keiner weiß, warum, wir kennen nämlich alle sehr genau den Grund dafür. Sneakers wurde entführt! Von einem wirklich üblen und hinterhältigen Ganoven, einem Verbrecher, so gefährlich, wie wir es noch nie zuvor mit einem zu tun hatten.

Zumindest hat das Jonny gerade gesagt und sich deshalb gleich mal zum neuen Chef der Katzen ernannt.

Und endlich, endlich!!!, kommt jetzt auch mal wieder Leben in meinen geschockten Dackelkörper.

„Ich bin dagegen!“, hechele ich zwar immer noch recht kurzatmig, aber entschieden.

Jonny, der Sekunden zuvor auf den Stapel von alten Autoreifen gesprungen ist und von dort aus seine Ansprache halten will, stiert mich grantig an.

„Was hast du gesagt, Dackel?“

Ja, nenn mich ruhig Dackel. Schließlich bin ich auch einer. Der einzige Dackel im Kinderrettungs-Katzenteam. Aber auch wenn Jonny es nicht wahrhaben will, als Dackel kann man eine echt gute Katze sein. Manchmal sogar die bessere. Wuff, wuff!

„Ich habe gemeint, dass ich es nicht für nötig halte, dass du dich vertretungsweise zum Chef unseres Teams ernennst. Sneakers ist schneller wieder zurück, als wir alle‚ Sneakers ist verschwunden‘ sagen können. Außerdem mag ich es nicht, dass du dich auf Sneakers’ Platz pflanzt.“ So, das war direkt und absolut der Wahrheit entsprechend.

Ich höre Minka neben mir maunzen: „Recht hast du, Paule, absolut recht!“

Einige andere Katzen stimmen mir ebenfalls zu.

Doch Jonny bleibt hartnäckig auf Sneakers’ Platz sitzen. „Es ist ja wohl unstrittig, dass Sneakers in die Fänge des Entführers geraten ist, und bei all dem, was wir bisher über diesen hinterhältigen Ganoven erfahren haben, ist stark davon auszugehen …“ Er macht eine kleine Pause, in der er den schwer Betroffenen mimt und sogar ein leises Katzenschluchzen hören lässt, bevor er mit tieftrauriger Stimme maunzt: „Kollegen, wir müssen jetzt alle ganz stark sein, aber es ist wirklich leider absolut sicher, dass wir unseren sehr geschätzten und beliebten Freund und Chef des KRKT nicht wiedersehen werden.“

Wildes Katzengemurmel bricht aus. Ich blicke in entsetzte Katzengesichter und meine sogar, Tränen in Minkas Augen aufblitzen zu sehen.

„Oh nein, der gute alte Sneakers“, höre ich schräg über mir die weiße Trudi miauen.

„Er ist tatsächlich nicht mehr der Jüngste gewesen und deshalb wohl etwas nachlässig geworden“, erwidert Cleo darauf.

Was heißt hier gewesen? Und nachlässig? Spinnen die Katzen denn auf einmal alle miteinander?

„Ich sag’s nur ungern, aber gerade wünsche ich mich sofort und auf der Stelle in ein Kinderrettungs-Hundeteam“, wuffe ich empört in die Runde der Katzen. „Und soll ich euch auch sagen, warum? Weil man unter Hunden noch weiß, was Zusammenhalt bedeutet. Da würde man seinen Kollegen und klugen und mutigen Chef nicht sofort abschreiben, wenn ihm vielleicht mal ein klitzekleiner Fehler unterlaufen ist.“

Jawoll! So ist das. Und von mir aus können sie mich jetzt in hohem Bogen rausschmeißen, die anderen Katzen. Dann mache ich mich eben alleine auf die Suche nach Sneakers und werde ihn auch ganz alleine retten. Schließlich bin ich ein Dackel und ein echt guter Freund.

WUFF-WUFF!

Kapitel 1

Ziemlich verpennte Dackeltage

UAAAAHHH! MÜÜÜHMMMJAUL! GÄÄÄHHHN! Ich rekle mich verpennt in meinem Körbchen, auf der Suche nach der perfekten Position für ein kleines Nickerchen. Eigentlich ist es helllichter Tag und ich habe heute Nacht gut geschlafen. Trotzdem bin ich müde. Hundemüde! Was ja irgendwie logisch ist, weil ich ein kleiner Dackel bin.

Ich überlege. Wobei habe ich mich denn bloß so verausgabt? Gut, ich habe ungefähr eine Stunde mit meinen Lieblingsmenschen rumgetobt. Fips und Bille sind Zwillinge, und immer, wenn sie aus der Schule kommen, marschieren sie schnurstracks mit mir in den Garten und spielen mit mir.

So war es auch heute: Wir haben Stöckchenwerfen und Fang-den-Hut gespielt, wobei der Hut genau genommen das Basecap von Fips war, nicht so ein klassischer Hut mit breiter Krempe, wie ihn mein Züchter gerne mal aufgesetzt hat. Dann hat Bille noch ein paar Hindernisse aufgebaut: einen Besenstiel über zwei Wäschekörbe gelegt, die Gartenliege hochkant gestellt und die Wäscheleine zwischen zwei Terrassenstühle gespannt. Über diesen Springparcours bin ich mindestens fünf oder sechs Mal gehetzt, bis mir die Zunge fast bis zum Boden hing. Gut, als Dackel habe ich echt kurze Beine, das geht also relativ schnell.

Alles in allem ein ordentliches Bewegungsprogramm, aber noch kein Grund, einen sportlichen Typen wie mich wirklich aus den Latschen zu hauen. Wenn ich mit meinem Katerfreund Sneakers durch den Park oder unser Viertel jage, um Kindern in Not zu helfen, lege ich weitaus größere Strecken zurück. Sneakers und ich gehören nämlich einer geheimen Bande an – dem KRKT, dem Kinderrettungs-Katzenteam. Wann immer wir merken, dass ein Kind aus der Nachbarschaft in Schwierigkeiten steckt, schwärmen wir aus, um ihm zu helfen und sein Leben wieder in Ordnung zu bringen. „Wir“ – das sind in diesem Fall ungefähr dreißig Katzen und ein Dackel. Ich bin also gewissermaßen eine Katze ehrenhalber.

Wie komme ich da jetzt noch mal drauf? Ach ja, richtig! Normalerweise bin ich so oft mit meiner Bande unterwegs, dass mir ein bisschen Getobe im Garten nur ein sehr müdes Lächeln abringt. Aber in letzter Zeit ist in Sachen Kinderrettung echt tote Hose. Ist natürlich an sich prima, aber: Ich komme langsam aus der Form. Und langweilig ist mir auch! Ich bräuchte mal wieder ein richtiges Abenteuer!

Langsam krabbele ich aus meinem Körbchen und schlurfe den Flur entlang. Gut, hier wird das große Abenteuer schon mal nicht auf mich warten – aber zumindest wartet etwas Leckeres in meinem Napf, das erkenne ich an dem Geruch, der mir aus der Küche entgegenströmt.

Ich laufe also dorthin und entdecke zu meiner großen Freude, dass mein Frauchen Doro tatsächlich frisch gekochten Pansen dort hineingefüllt hat. Mjamjam, köstlich! Am besten stärke ich mich also erst mal, dann fällt mir die Abenteuersuche bestimmt gleich viel leichter.

Gerade will ich mich über meinen Napf beugen und mir die saftigen Pansenstücke reinziehen, da fliegt die Küchentür weiter auf: Bille und Fips sind wieder da! Sie haben offensichtlich ihren Musikunterricht hinter sich gebracht, hurra! Ich lasse den Pansen links liegen und springe begeistert an Billes Beinen hoch. So gern ich auch fresse – Spielen macht mir noch viel mehr Spaß.

„Ui, Paule, du bist ja wild!“ Bille kniet sich neben mich und krault mich hinter den Ohren. „Haben wir dich heute Mittag gar nicht müde gespielt?“

Ich schüttle mich energisch. Ich? Müde? Wuff! Keinesfalls! Vergessen ist mein kleiner Schwächeanfall von eben und ich tobe laut kläffend um die Zwillinge herum, in der Hoffnung, dass sie mich verstehen und gleich wieder mit mir rausgehen.

Fips checkt sofort, was Sache ist.

„Komm, Schwesterherz, schnapp dir die Leine und dann gehen wir mit Paule in den Park. Der ist ja überhaupt nicht ausgelastet und ich kann nach unserer Blockflötenstunde auch echt frische Luft vertragen.“

KNURRRRRWUFFWUFF! Blockflöte! Das ist schlimm! Ich habe die Kinder einmal zu der Stunde begleitet und das war mit Abstand der schrecklichste Lärm, den ich jemals gehört habe. Ich weiß wirklich nicht, warum man so etwas lernt! Dass Fips’ Ohren nun zum Ausgleich etwas Vogelgezwitscher im Park brauchen, leuchtet mir ein. Und zwar to-tal!! Abgesehen davon ist eine Runde im Park immer eine gute Idee und vielleicht habe ich Glück und treffe auf Sneakers. Wäre doch denkbar, dass er endlich mal wieder ein neues Abenteuer am Strick hat!

„Mama!“, ruft Bille nun aus der Küche den Flur hinunter, an dessen Ende Doro ihr Büro hat. „Wir gehen eine Runde mit Paule spazieren, okay?“

„Ja, meinetwegen!“, schallt es zurück. „Aber habt ihr denn schon eure Hausaufgaben gemacht?“

JAAAAA!“, rufen die Kids jetzt im Chor und zwinkern sich gegenseitig zu, was ich sehr wohl, ihre Mutter hingegen natürlich nicht sehen kann.

Dann nimmt Bille meine Leine von der Garderobe und los geht’s!

Im Garten haben wir Sneakers gerade knapp verpasst. Das kann ich deutlich an dem Geruch erkennen, der hier noch in der Luft hängt und der als Fährte von unserem Haus durch den Garten zur hinteren Pforte führt. Die Pforte öffnet sich in den großen Park, der wiederum genau hinter unserm Haus beginnt. Wirklich fantastisch, denn auf die Weise konnte ich schon das ein oder andere Mal einen heimlichen Ausflug in den Park unternehmen.

Ich laufe vor und schnuppere mich an der Witterung von Sneakers entlang. Zack, unter der Pforte durchgekrochen und sssswusch! auf den nächsten Baum zugesteuert. Hier hebe ich erst einmal ausgiebig das Beinchen und schaue mich dann um. Aber in welche Richtung ich auch blicke: kein dicker Kater. Nirgends.

Nun gut. So ein Park ist auch ohne Kater schön. Schließlich gibt es hier noch eine Menge anderer Dinge zu entdecken. Ich bin mir zum Beispiel sehr sicher, dass hinter dem großen alten Baum dort drüben ein Eichhörnchen hockt, das bestimmt sehr erbaut über meinen Besuch wäre. Und dass sich am Rande des Blumenbeets ein Kaninchenbau befindet, den ich jetzt gleich mal aufstöbern könnte.

Mittlerweile haben die Kinder mich wieder erreicht. Sie diskutieren darüber, ob sie mich nun tatsächlich anleinen müssen oder nicht. Schade, dass ich nicht sprechen kann, denn sonst würde ich ihnen diesen Leinen-Unsinn ganz schnell ausreden. Aber dafür stehen meine Chancen leider sehr schlecht. Im Gegenteil, vor einiger Zeit hat Torsten, Doros Mann und der Vater von Fips und Bille, sogar ein neues Leinengeschirr für mich gekauft. Seitdem wird meine Leine nicht mehr am Halsband befestigt, sondern ich trage eine Art Brust- und Schultergurt, in den die Leine eingehakt wird. Das ist zwar angenehmer als das olle Halsband, aber ohne Leine ist es immer noch am schönsten!

Während Bille und Fips noch über diesen Leinenquatsch diskutieren, kommt auf einmal ein sehr kleines Mädchen an uns vorbeigelaufen. Ach was – sie kommt an uns vorbeigerannt! Und zwar im Schweinsgalopp! Noch dazu heult sie so laut, dass ich zusammenzucke, und ruft immer wieder: „Schnuffi, Schnuffi!“ Meine Güte, diese Kreisch-Kinder! Können die nicht mal ein bisschen leiser sein?

Auch Fips und Bille schrecken zusammen. Dann startet Fips durch und läuft hinter dem kleinen Mädchen her. Ziemlich schnell hat er es eingeholt und hält es am Ärmel fest. Na, da ist doch wohl eine Standpauke wegen Lärmbelästigung fällig!

Aber weit gefehlt – anstatt mit dem Kind zu schimpfen, nimmt Fips es ganz vorsichtig in den Arm und streicht ihm über den Kopf.

„Schschhhhh, Kleene! Was ist denn passiert?“

Das Mädchen guckt ihn aus total verheulten Augen an. Dann schluchzt es und bringt mühsam ein paar Worte hervor.

„Sch…schnuffi! Mein armer Schnuffi! Sie haben ihn mir einfach weggenommen! Schnuuuuffiiii!“ Weiter kommt das Mädchen nicht – ein Weinkrampf schüttelt es nun so, dass es nicht mehr sprechen kann.

Ach du dicker Kauknochen! Da hat offenbar jemand ein richtiges Problem!