Inhaltsverzeichnis
Alles im Kasten
Kartenverzeichnis
Unterwegs mit
Sabine Becht
Geboren in Wiesbaden, studierte in Bamberg Amerikanistik und Kommunikationswissenschaft. Schon in ihren Semesterferien war sie für den Michael Müller Verlag in Griechenland unterwegs, bevor sie 1997 mit »Tunesien« ihren ersten eigenen Reiseführer schrieb. Den gibt es zwar nicht mehr, dafür aber diverse zu Italien (Rom, Piemont, Ligurien, Elba, Abruzzen etc.), zu den griechischen Inseln (Kefalonia & Ithaka), zu Mecklenburg-Vorpommern und zu Österreich.
Die Marken kannte ich lange Zeit nur von der Durchreise Richtung Griechenland, Endstation Fährhafen Ancona. Dabei verspricht schon der Blick von der Autobahn Großartiges: üppig grüne Hügellandschaft, die sich in endlosen Wellen bis zur Küste zieht, oder die Burg Gradara, eine türmchenbewachte Festung wie aus dem Bilderbuch. Und kaum an Deck der Fähre, fällt der Blick auf die imposanten Felsen des Monte Conero, zu dessen Füßen sich herrliche Strände ausbreiten.
Die Idee für ein Marken-Buch kam nach vielem Durchfahren dann um das Jahr 2000. Das ist nicht nur gefühlt eine Ewigkeit her, und seitdem hat sich vieles verändert. Manches aber auch überhaupt nicht: Urbino und Ascoli Piceno zählen nicht nur für mich noch immer zu den schönsten Städten Italiens, ein guter Rosso Piceno kann es locker mit den Weinen der benachbarten Toskana aufnehmen, und auch die Küche der Marken ist und bleibt einfach gut. Am besten an den Marken aber gefällt mir das unverfälscht Italienische. Zwar sind Touristen auch hier schon lange keine Sensation mehr, aber die überaus netten Marchigiani leben ihr Leben, wie es ihnen seit Jahrhunderten gefällt. Kurzum: Die Marken sind ein Stück Italien, das man sich unbedingt mal aus der Nähe anschauen sollte.
Orientiert in den Marken
Die Region im Profil
Die Marken sind ...
... eine ungemein abwechslungsreiche Region in der Mitte Italiens, spannendes Kulturreiseziel, entspanntes Badeparadies und mit ihren Trüffeln und edlen Weinen ein Paradies für Feinschmecker.
Die Marken auf einen Blick
Fläche: 9401 km² (etwa 3,15 % des italienischen Staatsgebiets).
Höchster Berg: Monte Vettore (Monti Sibillini) mit 2476 m.
Einwohner: 1,5 Mio. Marchigiani (2,5 % der italienischen Gesamtbevölkerung), 160 Einwohner pro km² (Landesdurchschnitt 199 pro km²).
Sehenswerteste Orte: Urbino, Gradara, Pesaro, Fano, Ancona, Riviera del Conero, Grotte di Frasassi, Monti Sibillini, Ascoli Piceno.
... L’Italia in una regione
Schon im Relief wird deutlich: Die Marken sind „Italien in einer Region“: von den endlosen, sachte ins Meer abfallenden Sandstränden der fast 180 Kilometer langen Adriaküste über das sanft Richtung Apennin aufrollende Hügelmeer bis zum alpinen Szenario im Nationalpark der Monti Sibillini ganz im Südwesten. Neben landschaftlichen Vorzügen bieten die Marken große Weine von vorzüglichen Lagen und alle erdenklichen kulinarischen Hochgenüsse aus Wald und Meer; gemütliche Städtchen voller Patina und kulturelle Zentren, die seit der Renaissance nichts von ihrer Anziehungskraft verloren haben, erhabene Palazzi und wehrhafte Festungen, antike Relikte, versteckte, kleine Kirchen voller Kunstwerke und und und...
... ein lebhaftes Badeziel
Die 173 km lange Adriaküste der Marken bieten einige Highlights für Strandfreunde, z. B. die herrlichen Badebuchten am Monte Conero südlich von Ancona oder die Strände um den Monte San Bartolo zwischen Gabicce Mare und Pesaro im Norden an der Grenze zur Emilia-Romagna. Dazwischen überwiegen typische Adria-Sandstrände, meist nicht gerade romantisch, dafür aber breit, sauber, gepflegt und professionell ausgestattet: Liegestuhl- und Sonnenschirmverleih quasi überall (→ Strandbäder), alle paar Meter eine Bar, darüber hinaus Beachvolleyball-Plätze, Spielhöllen, Kioske, Strandrestaurants etc. Wer sich ohne Service und umsonst in die Sonne legen will, muss meist an den nicht immer sauberen Strand am Ortsrand oder noch weiter außerhalb ausweichen. An vielen Orten schützen große Felsblöcke im Wasser den Strand und seine Besucher vor größeren Wellen, die bereits bei mittlerem Seegang entstehen und sich eindrucksvoll an den vorgelagerten Barrieren brechen. Die überwiegend sandigen Strände sind für Kinder ideal.
Auch wer im Landesinneren unterwegs ist, findet einige Badestellen: z. B. den Lago di Cingoli bei Cingoli, den Lago di Fiastra, den aufgestauten Badesee Lago di Caccamo zwischen Camerino und Belforte di Chienti und die Flussbadestelle des Castellano in Ascoli Piceno.
... und doch beschaulich
Der große Tourismus wie z. B. in der benachbarten Toskana hat die Region nie wirklich erschlossen. Außer an der Adriaküste stößt man in den Marken nur selten auf größere touristische Zentren, umso häufiger aber auf den beschaulichen Ort in einem entlegenen Tal, das romanische Kirchlein am Wegesrand oder aber auf die liebenswerte, familiäre Dorf-Trattoria, in der sich der Padrone persönlich um das Wohl seiner Gäste sorgt.
... ausgezeichnet
In Italien liebt man Ehrungen und Auszeichnungen. Auch Orten und Gegenden werden gerne bunte Flaggen verliehen: Die Bandiera Blu für saubere Wasserqualität erhalten allein 15 Küstenorte der Marken seit Jahren, darunter auch jene an der Riviera del Conero. Schönster Strand der Region ist sicher die Spiaggia delle due Sorelle, der Strand der „zwei Schwestern“, der nur mit dem Boot zu erreichen ist. Die Bandiera Arancione wird vom Touring Club Italiano an Orte verliehen, die Historie und Tourismus gekonnt verbinden, in den Marken ging die Auszeichnung schon an über 20 Orte, darunter Corinaldo, Ripatransone und Gradara mit seiner spektakulären Rocca. Und dann gibt es noch die Borghi più belli d’Italia, die schönsten Dörfer Italiens, zu denen auch 28 Orte der Marken zählen - damit nimmt die Region gemeinsam mit Nachbarin Umbrien die Spitzenposition in Italien ein!
... ein Wein-Reich
In den Marken gibt es gleich 15 DOC- sowie fünf DOCG-Anbaugebiete. Das bekannteste Weinbaugebiet der Marken sind nach wie vor die Castelli di Jesi um die gleichnamige Stadt, aus denen der berühmte Verdicchio stammt - er gilt unangefochten als bester und vielfältigster Weißwein der Region. Mehr erfahren Sie unter „Die Weine der Marken“.
... ein Erdbebengebiet
Wer in die Marken fährt, sollte auch wissen, dass im Sommer/Herbst 2016 der Südwesten der Region von mehreren Beben heimgesucht wurde. Einige Orte wurden in weiten Teilen in Schutt und Asche gelegt. Am schlimmsten betroffen ist die Stadt Camerino und die umliegenden Orte sowie Arquata del Tronto ganz im Süden, vielerorts sind aber bis heute Kirchen, Palazzi etc. wegen „Restauro“ geschlossen.
Zwischen Adria und Apennin
Erlebnis Natur & Kultur
Ob überwältigende Tropfsteinhöhlen oder herrliche Gebirgspanoramen im Nationalpark, ob beeindruckender Renaissance-Palazzo voller Kunst, heiliges Haus oder verstecktes uraltes Kloster, ob Kunsthandwerk oder Opernfestival: Es finden sich zahllose Gründe, dem breiten Adriastrand mal den Rücken zu kehren ...
Zu besichtigen gibt es in der Region weit über 300 Museen und Pinakotheken, etwa 200 romanische Kirchen - darunter die hier abgebildete Kirche San Vittore delle Chiuse -, gleich über 70 historische Theater und mehr als 30 archäologische Stätten.
Naturschutzgebiete
Die Marken bieten herrliche Natur, jedoch nicht überall - die dicht besiedelten und verkehrsgeplagten Täler an der Küste zählen nicht zu den Highlights. Landschaftlicher Höhepunkt ist sicher der Parco Nazionale dei Monti Sibillini in der gleichnamigen Gebirgsgruppe, in der man auf der Suche nach Einsamkeit genauso glücklich wird wie als (Hoch-)Gebirgswanderer.
Badefreunde kommen hingegen in den beiden Regionalparks an der Küste voll auf ihre Kosten: Der endlose Sandstrand der Adriaküste wird ganz im Norden vom Parco Regionale Monte San Bartolo mit hübschen Buchten unterbrochen, weiter südlich bei Ancona vom Parco Naturale del Conero, dem fast 600 m hohen Vorgebirge mit spektakulärer Steilküste und wunderschönen Badebuchten.
Höhlen-Star
Die Grotte di Frasassi sind ein atemberaubendes Höhlensystem im Westen der Marken, das man auf keinen Fall verpassen darf. Allein in der zentralen Höhle mit einer Fläche von 120 x 180 m und einer Höhe von 200 m könnte man den Mailänder Dom aufstellen, hinzu kommen die skurrilen, über Abertausende von Jahren entstandenen Tropfstein-Formationen, die die Besucher in Scharen anlocken.
Auf den Spuren der Antike
Die antike Via Flaminia führte von Rom nach Fano, wo noch zahlreiche Spuren der römischen Antike zu sehen sind. Auf dem Weg, in der Schlucht Gola del Furlo kann man einen römischen Straßentunnel aus dem 1. Jh. n. Chr. bewundern.
Anconas Hafen wird von einem römischen Triumphbogen geschmückt, und das Ausgrabungsgelände des antiken Sentinum bei Sassoferrato ist wohl das bedeutendste der Region.
Urbinos Renaissance-Highlight
La Casa nannte Federico da Montefeltro in aller Bescheidenheit seinen imposanten Palazzo Ducale in Urbino - angesichts des 200 Räume umfassenden Meisterwerks der Renaisssance-Architektur mehr als eine Untertreibung. Die größten Architekten seiner Zeit engagierte Federico für den Bau dieser Residenz, in der sich bald alles versammelte, was im höfischen Leben des damaligen Italien Rang und Namen hatte. Heute beherbergt „La Casa“ in der angeschlossenen Nationalgalerie Meisterwerke großer Künstler. Aber bei aller Pracht ist doch ein Höhepunkt des Palastes das winzig kleine Studiolo, das einzigartige Studierzimmer des gelehrten Herzogs. Nicht zuletzt wegen Federicos Prachtresidenz ist die Stadt heute ein beliebtes Ziel für Kulturreisende.
Sakrale Wunder
Noch eine „Casa“ ist in den Marken allseits bekannt: die Santa Casa von Loreto, das „Heilige Haus“, in dem Maria geboren und das von Engeln im Flug von Nazareth hierher gebracht worden sein soll. Heute ist Loreto eines der meistbesuchten Pilgerziele Europas.
Hinzu kommen zahlreiche kleine, fast versteckte Kirchen und Klöster wie beispielsweise die Abbadia di Fiastra in einem Naturschutzgebiet.
Wunderschön und völlig abgeschieden liegt auch das Kloster Fonte Avellana unterhalb des Monte Catria. Der berühmte Renaissance-Dichter Dante Alighieri weilte hier im frühen 14. Jh. im Exil und verewigte es in seiner „Göttlichen Komödie“.
Provinzmuseen und -theater
Das Museum der Weinetiketten in Cupramontana, das Museum des Akkordeons in Castelfidardo, das Papier-und-Wasserzeichen-Museum in Fabriano und nicht zu vergessen das Giacomo-Leopardi-Museum in Recanati - unterwegs in den Marken stößt man eine ganze Reihe von kuriosen Sammlungen, die alle eine Besichtung wert sind. Staunen kann man auch über die vielen kleinen Provinztheater in historischer Ausstattung, oft auch in den kleinsten Dörfern, die in aller Regel heute noch bespielt werden.
Opernland Marken
Gioacchino Rossini, Komponist des „Barbiers von Sevilla“, ist sicher einer der berühmtesten Marchigiani. In seiner Heimatstadt Pesaro, wo er im Februar 1792 geboren wurde, findet seit 1980 alljährlich ein weit über die Grenzen hinaus bekanntes Festival statt, das Rossini Opera Festival (ROF). Der Online-Verkauf startet im Juni.
Und auch in Macerata wird alljährlich beim Open-Air-Festival große Oper gegeben. Ganz besonders eindrucksvoll ist hier allein schon der Aufführungsort Sferisto, eine Ballspiel-Arena aus dem 19. Jh.
Tipps für den Familienurlaub
Die Marken mit Kindern
Die knapp 180 Kilometer Adriastrand mit unzähligen Hotels und Campingplätzen fast direkt am Wasser sind wie geschaffen für einen Badeurlaub mit Kindern in jedem Alter. Wem es am Strand zu langweilig wird, kann Burgen und Höhlen besichtigen, sich aufs Mountainbike schwingen oder im Hochseilgarten klettern.
Bootstour zu den Due Sorelle
Obwohl an der Küste gelegen, gibt es in den Marken kaum organisierte Bootstouren. Eine Ausnahme ist der Ausflug zur berühmten Spiaggia delle Due Sorelle, ein Badeausflug ab Numana, bei dem man am Abend wieder abgeholt wird. Der Strand ist traumhaft schön, doch sollten die Kinder schon etwas größer sein, da das Wasser hier schnell an Tiefe gewinnt und nicht durch Wellenbrecher geschützt wird.
Ideale Strände
Die allermeisten Strände der Marken sind ideal für Familien mit Kindern: breit und sandig, es geht seicht ins flache Wasser, und dank der vorgebauten Wellenbrecher gleicht die Adria vielerorts einer Badewanne. Am Sandstrand selbst gibt es im Bagno oder dem Stabilimento Balneare, also der Badeanstalt, immer einen Bagnino (Bademeister), der nicht nur Sonnenschirme und Liegen zuweist, sondern auch das Geschehen am und im Wasser im Blick hat. Einen Parco giochi (Kinderspielplatz) für kleinere Kinder gibt es eigentlich überall, für größere kommen diverse Sportmöglichkeiten hinzu: SUP und teils auch Tretboote, oft Beachvolleyball und Tischtennis, Trampolin und Kicker, mancherorts sogar ein Pool, einige größere Bagni haben sogar eine eigene Kinderanimation. Und natürlich fehlen Eis, Pasta und Pizza nirgends.
An den freien Stränden, den Spiaggie libere abseits der Strandorte sieht es anders aus, da muss man sich selbst mit Schatten versorgen, einen Bademeister gibt es auch nicht, oft ist aber eine Bar in der Nähe.
Nicht ideal für kleine Kinder sind einige Strände an der Riviera del Conero (u. a. Portonovo, Mezzavalle), wo das Wasser schnell tief wird und es keine vorgelagerten Wellenbrecher gibt!
Süßwasser-Spaß
Im Landesinneren findet man Bademöglichkeiten u. a. am Lago di Cingoli und Lago di Fiastra, beide allerdings ohne Aufsicht; ein großes Spaßbad gibt es etwas östlich von Cingoli.
Familien-Camping
Junge italienische Familien machen gerne in den Marken Urlaub, bevorzugte Unterkunft ist das Villaggio Turistico, eine Mischung aus Campingplatz und Mobile-Home-Siedlung am Strand, in der man sich ganz auf die Bedürfnisse von Familien eingerichtet hat: mindestens ein Pool, Bar, Restaurant oder Pizzeria, Spielplatz, oft ein breit gefächertes Sportangebot, zum Teil Kinderanimation bzw. -betreuung und viele, viele andere Kinder.
Preiswert im Hotel
In Hotels werden oft Familienzimmer für zwei Erwachsene und ein bis zwei Kinder angeboten. Kinderpreise sind nach Alter gestaffelt.
Bringt man das Babybett („culla“) selbst mit, schläft das Baby oder Kleinkind oft sogar umsonst. Ohne kostet es ca. 20-25 € pro Tag. Darüber hinaus gibt es diverse Familienpakete - fragen Sie bei der Buchung danach.
Oder doch im Agriturismo?
Ein Ferien-Bauernhof kann eine super Unterkunft für Kinder sein, aber Achtung, informieren Sie sich vorab genau - oft verbirgt sich hinter diesem angesagten Begriff eine superschicke Anlage auf dem Land, zwar mit Pool, aber von Bauernhof keine Spur!
Für Ritter und Burgfräuleins
Drei Burgen-Highlights liegen im Norden: allen voran natürlich San Marino mit seinen drei Burgtürmen. Zur Stadt kann man mit der Seilbahn hinauffahren.
Eine spektakuläre Burg ist auch die hoch auf einem Fels gelegene Forte di San Leo mit ihren gruseligen Kerkern. An der Küste ist die Rocca di Gradara ein Highlight für Kinder. Nicht ganz so bekannt ist die Rocca in Offagna bei Ancona, die ebenfalls erkundet werden kann.
Abenteuerliche Höhlen
Italienweit Numero Uno in Sachen Höhlenbesichtigung sind die berühmten gigantischen Grotte di Frasassi - mit allerdings enormem Andrang, besonders in der Ferienzeit. Mit sportlichen Kindern ab 12 Jahren sind auch mehrstündige geführte Touren möglich - ein echtes Abenteuer.
Etwas ruhiger geht es in den Höhlen von Camerano sowie jenen von Osimo zu, beide ganz in der Nähe von Ancona.
Biken und klettern
Mit schon etwas größeren Kindern eignet sich z. B. eine MTB-Tour am Monte Conero, hier werden auch geführte Touren angeboten.
Schöne Radausflüge auf kaum befahrenen Straßen kann man auch im Gebiet des Piano Grande bei Castelluccio unternehmen.
Vom Radfahren auf den viel befahrenen Regionalstraßen ist generell abzuraten, mit Kindern sowieso!
Kletterparks gibt es in den Marken nur vereinzelt, einen davon in San Vittore Terme (bei den Grotte di Frasassi) unten am Fluss, mit drei Parcours verschiedener Schwierigkeitsgrade, für Kinder ab vier Jahren.
Unterwegs in den Marken
Stopover in San Marino
Der imposante Fels des Monte Titano beherrscht die hügelige Landschaft geradezu. Auf seinem Rücken bilden drei Türme - die Wahrzeichen der Repubblica di San Marino - eine markante Silhouette, drum herum erstrecken sich die bescheidenen 61 km² dieses einzigartigen Staates.
Auf dem Weg zur Wachablösung in der Zwergrepublik

Auf dem Weg zur Wachablösung in der Zwergrepublik

„Benvenuti nell’Antica Terra della Libertà“ begrüßt eine Aufschrift über der Schnellstraße von Rimini den Gast an der ansonsten nicht erkennbaren Staatsgrenze der Republik San Marino. Auf der Schnellstraße SS 72 ist es keine halbe Stunde von der Küste hinauf in den Zwergstaat. Von La Rocca, einem der drei Türme auf dem Felsen von San Marino, überblickt man nahezu das gesamte Staatsgebiet der ältesten Republik der Welt: die „Hauptstadt“ San Marino und umliegende Dörfer, Pinienwälder und grüne Wiesen. Bei nur halbwegs guter Sicht reicht der Blick bis an die Küste Riminis.
San Marino zieht jährlich knapp zwei Millionen Besucher an. Man kommt zum Sightseeing und billigen Shoppen (keine Mehrwertsteuer), entsprechend dicht gedrängt geht es in den schmalen und steilen Gassen der Stadt am Hang zu. Der Tagestourismus stellt im Zwergstaat mittlerweile die wichtigste Einnahmequelle seiner Einwohner, der etwa 33.500 Sammarinesi, dar. Ledergeschäfte und Parfümerien, Sonnenbrillen-, Juwelier- und Waffengeschäfte prägen das Bild der Stadt heute ebenso wie unzählige Snackbars.
Ein Zwischenstopp in San Marino bietet sich bei einer Reise in die nördlichen Marken geradezu an. Aber Achtung: Es herrscht fast das ganze Jahr über Rummel, die Stadt ist nichts für Ruhebedürftige. Während im Frühling viele Schulklassen auf ihrem Jahresabschluss-Ausflug anzutreffen sind, kommen im Herbst verstärkt ältere Gäste hierher, im Hochsommer sind es dann die Badeurlauber aus Rimini und Riccione. Nur im Winter kann man die Stadt einigermaßen ruhig erleben. Unbedingt sehenswert sind der elegante Palazzo Pubblico (Palazzo Governo) im Zentrum und die drei Türme; darüber hinaus kann man sich eine Vielzahl an Museen (→ Sehenswertes) anschauen.
Geschichte
Das Gebiet um den Monte Titano war vermutlich bereits in vorchristlicher, wenn nicht sogar in vorgeschichtlicher Zeit besiedelt. Die Gründung des Gemeinwesens, aus dem später die Republik San Marino entstand, wird auf das Wirken eines Eremiten namens Marino zurückgeführt, der sich Anfang des 4. Jh. hier in der Einsamkeit niederließ. Schon bald gesellte sich eine Schar christlicher Glaubensbrüder hinzu, aus der sich in den folgenden Jahrhunderten weitgehend unbemerkt von der Welt eine kleine Ansiedlung entwickelte.
Die erste urkundliche Erwähnung datiert aus dem Jahr 754. Dort ist die Rede von einem Castellum Sancti Marini, und in einer Urkunde aus dem Jahr 885 wird dann nicht nur die Existenz eines Klosters San Marino dokumentiert, sondern diesem auch der rechtmäßige Besitz von Ländereien um den Monte Titano zuerkannt. Es entwickelte sich schnell eine kommunale politische Ordnung, die auf demokratischen Grundsätzen beruhte. Bereits seit 1244 werden die Namen der beiden für jeweils sechs Monate gewählten Capitani Reggenti (anfangs noch Consules genannt) schriftlich festgehalten, die Verfassung der winzigen Republik stammt im Kern aus dem Jahr 1250.
Aus dem Ringen um das Gebiet zwischen den Malatesta und den Montefeltro im 14. und 15. Jh. ging San Marino gestärkt hervor und konnte durch geschicktes Taktieren das Staatsgebiet erweitern. Zweimal wurde die Republik von päpstlichen Truppen besetzt (1503 und 1739), ansonsten konnte San Marino seine Unabhängigkeit bis heute bewahren. Die Republik ist UN- und Europaratmitglied, außerdem unterhält man diplomatische Vertretungen in 35 Ländern der Welt. Seit 2008 gehören die Altstadt von San Marino und der Monte Titano zum Weltkulturerbe der UNESCO.
Politik und Staatswesen
Das politische System San Marinos wurde im Lauf der Jahrhunderte nur in Nuancen geändert. Die wichtigsten Instanzen sind die Capitani Reggenti, der Große Rat (Consiglio Grande e Generale), der aus dem Großen Rat gewählte Staatsrat (Congresso di Stato, bestehend aus zehn Secretari) und der Rat der Zwölf (Consiglio de XII). Der Große Rat ist das Parlament des Landes, seine 60 Mitglieder werden alle fünf Jahre direkt von der Bevölkerung gewählt. Exekutive ist der Staatsrat, der aus den zehn Secretari des Congresso die Stato besteht. Die beiden Capitani Reggenti, werden vom Staatsrat für sechs Monate gewählt: einer der beiden ist Staats- und Regierungschef sowie auch Außenminister, der andere quasi der Innenminister.
Der Rat der Zwölf schließlich geht auf das 15. Jh. zurück und ist die oberste Instanz der Zivil-, Straf- und Verwaltungsgerichtsbarkeit. Schließlich sei noch der Arengo erwähnt: Ursprünglich war er eine Versammlung der Familienoberhäupter und die Keimzelle des san-marinesischen Staates, heute wird mit der L’Istanza d’Arengo die Gesamtheit der Wahlberechtigten bezeichnet, die zweimal im Jahr (jeweils zur Einsetzung der neuen Capitani Reggenti am 1. April und 1. Oktober eines jeden Jahres) die Möglichkeit hat, Eingaben an das Parlament zu richten, die, so sie dort abgesegnet werden, von der Regierung durchzuführen sind.
Sehenswertes
Beim Bummel durch die Altstadt kommt man sich vor wie in einem Märchenpark: zinnengekrönte Mauern und Türme, die Wachablösung am Palazzo del Governo (bzw. Palazzo Pubblico) wie fürs Publikum inszeniert und Souvenirstände ohne Ende. Wer - wie die meisten - San Marino im Rahmen eines Tagesausflugs besucht, wird die Vielzahl an Sehenswürdigkeiten inklusive der staatlichen und privaten Museen (u. a. Wachsfigurenkabinett, Vampir-Museum, Kuriositätenmuseum ...) kaum bewältigen können. Auf keinen Fall auslassen sollte man aber:
San Marinus - Eremit und Staatsgründer
Die Legende von der Gründung San Marinos beginnt an der dalmatinischen Küste. In der zweiten Hälfte des 3. Jh. kamen die Steinmetze Marino und Leo von der kroatischen Insel Arbe (Rab) zum Wiederaufbau der zerstörten Stadt Ariminum (Rimini) ins heutige Italien. Beide waren treue Anhänger des christlichen Glaubens und somit vermutlich der Verfolgung unter Kaiser Diokletian ausgesetzt. In Rimini jedenfalls gelangten Marino und Leo dank ihrer Frömmigkeit zu großem Ansehen. Ihre gemeinsame Arbeit setzten die beiden Steinmetze drei beschwerliche Jahre auf dem Monte Titano fort, bevor sich ihre Wege trennten.
Während Leo sich als Einsiedler auf den Berg Feretrio (San Leo) zurückzog, kehrte Marino nach Rimini zurück, um zu missionieren, entschied sich aber nach einigen Schwierigkeiten in der Stadt, es seinem Freund Leo gleichzutun und Zuflucht in der Einsiedelei zu suchen. In direkter Nachbarschaft zu Leo ließ er sich in der einsamen Gegend am Monte Titano nieder und war bald von einer immer größer werdenden Schar von Anhängern umgeben. Man errichtete eine erste Kirche, stieß aber auf den Widerstand des Besitzers des Landes namens Verissimo, seines Zeichens Lebemann, der so viel Frömmigkeit auf seinem Boden nicht ertragen konnte. Die Auseinandersetzung eskalierte, und als Verissimo einen Pfeil auf Marino abfeuern wollte, wurde er selbst augenblicklich stumm und gelähmt. Verissimos Mutter flehte Marino um Hilfe an, und der Heilige bewirkte, dass dieser auf wundersame Weise gesundete. Zum Dank erhielt Marino das Gebiet um den Monte Titano - die Gemeinschaft San Marino war begründet. Als Datum gibt die Legende den 3. September des Jahres 301 an: der offizielle Tag der Staatsgründung von San Marino.
Palazzo Pubblico (Palazzo del Governo): Das Herz der Republik. Der elegante Regierungspalast im neugotischen Stil ziert die Piazza della Libertà (auf ihr die „Freiheitsstatue“ von San Marino aus dem Jahre 1876) mit herrlichem Ausblick. Im Inneren des 1894 von Giosuè Carducci feierlich eröffneten Palazzos kann man neben der repräsentativen Halle mit Wappen und Gedenktafeln im ersten Stock auch den Saal des Großen Rates besichtigen - ein außerordentlich stilvoller Raum, in dem das Regieren eine Freude ist. Ein riesiges Wandgemälde an der Stirnseite erinnert die Parlamentarier daran, wem sie ihren Staat zu verdanken haben: dem Heiligen Marinus, der hier zum Volk herunterschwebt. Zwischen 9.30 und 17.30 Uhr findet immer um halb vor dem Palazzo die Wachablösung der 1754 gegründeten Garde statt (in den Wintermonaten eingeschränkt).
20. Juni bis 10. Sept. tägl. 8-20 Uhr, Rest des Jahres 9-17 Uhr. Eintritt 4,50 €, erm. 3,50 €, Kinder unter 6 J. frei. Sammelticket für alle staatlichen Museen 10,50 €. Weitere Infos unter Tel. 0549-991369 oder www.museidistato.sm.
Das Urgestein im Club der Kleinen
Zweifellos: San Marino gehört mit seinen 61 km2 zu den Zwergstaaten dieser Erde. Kleiner als San Marino sind in Europa nur noch der Vatikanstaat (0,44 km2) und Monaco (1,95 km2), außerhalb Europas sind es die Inselstaaten Tuvalu (26 km2) und Nauru (21 km²) in Ozeanien.
Wenn auch nicht die kleinste, so ist San Marino im Club der Ministaaten zumindest die älteste Republik, und das absolut konkurrenzlos. Denn während San Marino 2001 seine 1700-Jahr-Feier begehen konnte und eine über 700-jährige republikanische Tradition besitzt, blickt die Insel Nauru auf gerade mal auf ein knappes halbes Jahrhundert Unabhängigkeit zurück: Ehemals Teil einer deutschen Kolonie, wurde Nauru dann von Australien verwaltet und ist erst seit 1968 Republik mit einem gewählten Präsidenten als Staatsoberhaupt und einem Parlament von immerhin 18 Abgeordneten.
Die Türme: Das Wahrzeichen der Republik sind die drei Türme Guaita, Cesta und Montale (von West nach Ost). Die Rocca (La Guaita) stammt aus dem 13. Jh. und liegt am höchsten Punkt des Monte Titano. Von den begehbaren Mauern oder vom Glockenturm (Achtung: hier führt eine Treppe hinauf, die etwas Sportlichkeit verlangt) bietet sich ein herrlicher Blick auf die Umgebung. Die Rocca Guaita war einst die wichtigste Befestigung San Marinos und wurde im Laufe der Jahrhunderte mehrfach erweitert und umgebaut.
Von hier geht es über den Passo delle Streghe, den „Hexenpass“, zur Torre La Cesta, dem mittleren Turm, in dem sich heute ein kleines Waffenmuseum befindet. Auch hier kann man auf den Befestigungsmauern umhergehen und die Aussicht auf die beiden benachbarten Türme und auf die Stadt genießen, in nordöstlicher Richtung reicht der Blick bis Rimini. Über einen gepflasterten Pfad, die Salita al Montale, geht es in ca. 10 Minuten zum dritten Turm, zur Torre Montale, die zwar nicht mehr zugänglich ist, aber allein des schönen Spaziergangs wegen einen Abstecher lohnt.
20. Juni bis 10. Sept. tägl. 8-20 Uhr, ansonsten 9-17 Uhr. Für die Türme La Guaita und La Cesta gibt es ein Sammelticket für 6,50 € (einzeln je 4,50 €, erm. 3,50 €).
Museo di Stato: Auf vier Stockwerken bietet das Staatsmuseum im Palazzo Pergami-Belluzzi an der Piazzetta del Titano ein breites Spektrum an Exponaten von der Vorgeschichte bis ins 19. Jh. Im Erd- und Untergeschoss befinden sich die Abteilungen für prähistorische, etruskische, griechische und römische Funde, interessant ist auch die Abteilung mit alten san-marinesischen Münzen und Medaillen (Untergeschoss). In den beiden oberen Stockwerken sind Ikonen und hauptsächlich Gemälde vom 15. bis ins 19. Jh. zu sehen, außerdem einige Keramiken.
20. Juni bis 10. Sept. tägl. 8-20 Uhr, ansonsten 9-17 Uhr (Sa/So 9-18 Uhr). Eintritt 4,50 €, erm. 3,50 €, Kinder unter 6 J. frei. Sammelticket für 2 staatliche Museen nach Wahl 6,50 €, für alle staatlichen Museen 10,50 €. Weitere Infos unter Tel. 0549-991369 oder www.museidistato.sm.
Basilica del Santo: Oberhalb der Piazza della Libertà liegt der Dom mit seiner klassizistischen Fassade, zuvor befand sich hier vermutlich ein romanischer Vorgängerbau. Im Inneren mit korinthischen Säulen, Kassettendecke und Stuck. Hier werden in einer goldenen Urne die Gebeine von Marinus aufbewahrt. In der Kapelle San Pietro nebenan kann man noch den Fels besichtigen, in dessen ausgeschlagenen Nischen Marinus und Leo geschlafen haben sollen.
Beide Kirchen sind tägl. 8-20 Uhr (20. Juni bis 10. Sept.) bzw. 9-17 Uhr (Rest des Jahres) geöffnet. Eintritt frei. Piazzale Domus Plebis.
Letzter Einlass für alle Museen und Kirchen: 30 Min. vor der offiziellen Schließung.

Übernachten

1 Hostaria Da Lino 2 Hotel Titano

Essen & Trinken

1 Hostaria Da Lino 2 Restaurant La Terrazza
Praktische Infos
Einwohner ca. 33.500 Einwohner
Information Info-Büro nahe der Bergstation der Seilbahn und dem Palazzo Governo (Piazza della Libertà) in der Contrada Omagnano 20. Mo-Fr 8.30-18 Uhr, Sa/So 9-13.30 und 14-18 Uhr. Hier kann man sich auch einen San­Marino-Stempel in den Pass geben lassen (kostet 5 €!). Tel. 0549-882914, www.visitsanmarino.com.
Wer aus dem Ausland anrufen will, muss die Landesvorwahl Tel. 00378 mitwählen!
Verbindungen Ca. 10x tägl. Busse von und nach Rimini (Bahnhof), Haltestelle am Piazzale Calcigni (unterhalb der zentralen Porta San Francesco bei Parkplatz 1, Aufzug zur Porta), einfache Fahrt 5 €.
Taxi Tel. 0549-991441.
Parken Rund um die Altstadt gibt es nicht weniger als 12 Parkplätze (pro Stunde 1,50 €, 3-5 Std. 4,50 €, Tag 8 €), am zentrumsnächsten parken Pkw auf dem kleinen P 2; von P 9 (Parkhaus) führen Aufzüge hinauf zum zentralen Stadttor Porta San Francesco. P 10 (ebenfalls Aufzüge) ist auch ein Wohnmobil-Stellplatz, Übernachtung 15 €. Man kann auch im nordwestlich unterhalb gelegenen Ortsteil Borgo Maggiore parken (P 11, ebenfalls gebührenpflichtig, hier auch Stellplatz für Wohnmobile) und sich mit der Seilbahn (s. u.) nach oben ins Zentrum bringen lassen. Zu Stoßzeiten der Hochsaison fährt von Borgo Maggiore auch ein Shuttle-Bus hinauf (2 €).
Seilbahn Die Funivia ab Borgo Maggiore fährt alle 15 Min., Fahrtdauer nur etwa 2 Min.; im Winter 7.45-18.30 Uhr, im Frühling/Herbst bis 19 bzw. 20 Uhr, im Hochsommer bis 1 Uhr nachts. Einfach 2,80 €, hin und zurück 4,50 €.
Shopping In San Marino kauft man Leder, Parfüm, Sonnenbrillen, Schmuck, ein wenig Alkohol und auch Waffen. Der Zwergstaat ist aber auch beliebt bei Münz- und Briefmarkensammlern, offizieller Anbieter dafür ist das Ufficio Filatelico e Numismatico di San Marino an der Piazzetta Garibaldi im Zentrum.
Übernachten/Essen & Trinken Im Zentrum herrscht Fast Food vor, es ist schwierig, ein nettes und einigermaßen günstiges Restaurant zu finden. Gehobenes Niveau bietet das Restaurant La Terrazza 2 des Hotels Titano, dazu ein herrlicher Blick von der Dachterrasse und gar nicht mal so teuer: Degustationsmenüs zu 19 und 25 €, das Kindermenü 12,50 €. Besonders romantisch ist die Terrasse natürlich am Abend. Mittags und abends geöffnet, für abends besser reservieren (Tel. 0549-991007, www.ristorantelaterrazza.sm). Im dazugehörigen **** Hotel Titano 2 bieten 42 Zimmer klassische, eher schlichte Eleganz, z. T. mit Ausblick. Contrada del Collegio 31, Tel. 0549-991007, www.hoteltitano.com. €€€
Die Hostaria Da Lino 1 in Borgo Maggiore, dem unterhalb gelegenen Ort (in nur 2 Min. mit der Seilbahn ins Zentrum, s. o.) bietet schmackhaft Bodenständiges, zumeist aus der Fleischküche, zu guten Preisen, auch Pizza. Tägl. mittags und abends geöffnet. Auch Hotel: eher einfache, funktionale Zimmer mit viel dunklem Holz, moderne Bäder. Piazza Grande 47, Tel. 0549-903975, www.hostariadalino.com. €-€€
Die Provinz Pesaro & Urbino
„La provincia bella“ - verspricht der Prospekt des Fremdenverkehrsamts von Pesaro und Urbino, und das ist nicht gelogen. Wichtigste Sehenswürdigkeit ist das Städtchen Urbino mit dem beeindruckenden Palazzo Ducale und dem Geburtshaus des großen Malers Raffael.
Die Provinz in Zahlen
Fläche: mit 2567,8 km² die zweitgrößte Provinz der Marken.
♦ Größte Städte: Pesaro (96.000 Einwohner), gefolgt von Fano (60.000 Einwohner).
Gesamtbevölkerung: etwa 357.000.
♦ Höchster Berg: Monte Catria mit 1701 m.
Der nördlichste Teil der Marken, das Montefeltro, bietet Programm gleich für mehrere Tage. Allein die schöne Landschaft mit ihren zahllosen grünen Hügeln und den hübschen kleinen Dörfern wie aus einem Guss lohnt mehr als einen Ausflug. Unbedingt besuchen sollte man die dramatisch am Fels klammernde Festung von San Leo. Zahlreiche weitere Festungen und Museen warten auf Besichtigung, auch Wanderer und Mountainbiker werden an der Gegend ihre Freude haben. Und natürlich darf man das Highlight der Marken und eine der schönsten Städte Italiens auf keinen Fall auslassen: Urbino, Renaissancemetropole, Studentenstadt und seit 1998 UNESCO-Weltkulturerbe mit regem abendlichem Leben, das als Standort für Ausflüge in die Umgebung prädestiniert ist.
Südlich des Montefeltro haben die Flüsse Metauro und Cesano breite Täler in die Hügellandschaft gegraben. Besonders idyllisch ist der Oberlauf des Metauro mit seinen kleinen Orten wie z. B. Sant’Ángelo in Vado, Mercatello sul Metauro oder Lámoli. Weiter östlich beeindruckt die Gola del Furlo, an der sich der Fluss Candigliano tief in den Fels hineingegraben hat. Sonnenanbeter kommen im Badeort Gabicce Mare auf ihre Kosten, und Opernfans sollten sich im August das weit über die Grenzen der Marken hinaus bekannte Rossini Opera Festival in Pesaro nicht entgehen lassen. Ein weiteres Highlight der Provinz ist die an der Grenze zur Emilia-Romagna gelegene und schon von Weitem eindrucksvoll sichtbare Festung Gradara direkt unterhalb der Autobahn A 14.
Was anschauen?
Fortezza di San Leo: trutzige Renaissance- Wehranlage mit Weitblick und Museum.
Rocca Ubaldinesca in Sassocorvaro: Festung mit winzigem Theater und Pinacoteca.
Palazzo Ducale in Urbino: Prachtbau des berühmten Renaissancefürsten Federico da Montefeltro und Sitz der Nationalgalerie.
Palazzo Ducale in Urbania: die zweite Residenz der Montefeltro, vielleicht etwas bescheidener als jene in Urbino.
Gola del Furlo: spektakuläre Schlucht, durch die noch heute die alte römische Via Flaminia führt.
Kloster Fonte Avellana: völlige Abgeschiedenheit in den Bergen ganz im Westen der Marken.
Museo dei Bronzi Dorati in Pergola: Hier wird die berühmte antike Skulpturengruppe ausgestellt.
Rocca di Gradara bei Gabicce Mare: Hoch über der Ebene thront die geschichtsträchtige Festung wie aus dem Bilderbuch. Die vielleicht sehenswerteste Burg der Region.
Fano: Die ganze Altstadt ist eine Sehenswürdigkeit, mit römischem Stadttor und verkehrsberuhigt.
Wo baden?
Gabicce Mare: kompakter Badeort mit nettem Sandstrand und oberem Ortsteil samt Weitblick. Nur durch das Flüsschen Tavollo vom ungleich größeren Cattolica getrennt.
Buchten am Monte San Bartolo: schmale, teils recht einsame Sandstrände vor den Hängen des gleichnamigen Regionalparks - hier findet jeder sein eigenes Plätzchen am Meer.
Wo essen?
Antica Osteria „Da la Stella“ in Urbino: historisches Gemäuer und stilvolles Ambiente mitten im Zentrum.
La Trattoria del Leone in Urbino: freundliches und familiäres Lokal, auf den Tisch kommt leckere Hausmannskost zu guten Preisen.
La Gioconda in Cagli: feines Restaurant im abgelegenen Westen der Marken, hervorragende, moderne Küche in historischem Gemäuer.
La Canonica in Casteldimezzo: lauschiger Innenhof mit Garten, hervorragende Fischküche.
Taverna del Pescatore in Casteldimezzo: Traditionslokal mit Meerblick, auch hier tolle Fischküche.
L’Angolo di Mario in Pesaro: modernes Fischrestaurant und Pizzeria in Bestlage am Meer.
Trattoria la Quinta in Fano: zünftiges Fischlokal am Hafen, mit hervorragender Fischsuppe.
Was sonst noch?
Rossini Opera Festival (ROF) in Pesaro: Weit über die Grenzen der Stadt hinaus bekannt ist das Opernfestival zu Ehren des größten Sohnes der Stadt, des Komponisten Gioacchino Rossini. Alljährlich im August.
Das Montefeltro
Der nordwestliche Zipfel der Marken ist ein rauer und abgeschiedener Landstrich, geprägt von nicht enden wollenden Hügelketten mit vielen Wiesen, Feldern, etwas Wald und immer wieder schroff aufsteigenden Felsformationen. Eine dünn besiedelte Gegend, die mit zahlreichen interessanten Orten zu Entdeckungstouren einlädt.
Typische Montefeltro-Landschaft

Typische Montefeltro-Landschaft

Auffälligste Erhebungen des Montefeltro sind die Felsen von San Marino und von San Leo; ganz im Westen und schon halb auf toskanischem Gebiet ragen die beiden wuchtigen Felsen der Berge des Regionalparks Sasso Simone e Simoncello weit aus dem Wald heraus. Höchster Berg des Montefeltro ist mit 1415 m der Monte Carpegna, an dessen nordöstlichen Hängen im Winter Ski gefahren wird. Ausgangspunkt ist der Wintersportort Villagrande auf über 900 m Höhe. Im Sommer stößt man hier auf absolute Abgeschiedenheit. Die Landschaft wird von den breiten Tälern der Flüsse Marecchia, Conca und Foglia durchzogen, dazu kommen zahlreiche Nebenflüsse, die für Autofahrer vor allem viele Kurven zwischen Berg und Tal bedeuten. Bodenerosionen haben vielerorts eine bizarre Mondlandschaft hinterlassen.
Das Gebiet teilt sich in die beiden Gemeinden Alta Valmarecchia (gehört seit 2009 zur angrenzenden der Emilia­Romagna und dort zur Provinz Rimini) und Montefeltro mit den Hauptorten Novafeltria bzw. Carpegna. Sehenswerte Dörfer gibt es viele, die meisten von ihnen liegen auf einem der unzähligen Hügel der Gegend und sind in aller Regel mit einer trutzigen Festung ausgestattet. Touristische Highlights des Montefeltro sind das romantische San Leo und die wunderschöne Renaissancestadt Urbino.
Benannt wurde das Montefeltro nach dem alten Namen des Ortes San Leo, Mons Feretri.
Stararchitekt der Renaissance: Francesco di Giorgio Martini
Man begegnet ihm überall im Montefeltro, und bald kennt man auch seine Handschrift: Wuchtige Festungen mit eindrucksvollen Rundtürmen und elegante Palazzi waren die Spezialität des Stararchitekten Francesco di Giorgio Martini (1439-1501), der die nördlichen Marken architektonisch geprägt hat wie kein anderer. Ursprünglich aus Siena stammend, kam Martini 1476 an den Hof von Urbino, zuvor war er bereits in Mailand und Neapel als Baumeister tätig gewesen. Starken Einfluss auf seinen Stil soll Leonardo da Vinci genommen haben.
Zu Martinis wichtigsten Bauwerken zählt neben dem einmaligen Palazzo Ducale in Urbino auch der Palazzo Ducale von Urbania. In der Militärarchitektur gilt die Festung von Sassocorvaro als sein Meisterwerk, sehr eindrucksvoll ist auch die Festung von San Leo. Im weiter südlich, nahe Ancona gelegenen Jesi entstand unter seiner Leitung der Palazzo della Signoria.
Geschichte
Erstmals besiedelt wurde das Gebiet vermutlich von den Umbrern. Ab dem 3. Jh. v. Chr. entstanden zahlreiche römische Siedlungen, im 4. Jh. wurde die Gegend von Eremiten wie dem heiligen Leo christianisiert. Im Mittelalter verschanzte man sich hier so gut wie möglich vor den einfallenden „Barbaren“.
Seit dem 12. Jh. war das heutige Montefeltro-Gebiet schon ein ständiger Zankapfel der beiden Familien Montefeltro und Malatesta - schließlich stammte Erstere ursprünglich aus Carpegna, während die Malatesta nur wenige Kilometer entfernt im heutigen Pennabilli (Emilia-Romagna) herrschten. Die Frage nach der Vormachtstellung in der Gegend stellte sich zwangsläufig, auch wenn die Malatesta bereits im 13. Jh. nach Rimini übersiedelten. Zudem schlug man sich politisch damals auf unterschiedliche Seiten: Die Malatesta schlossen sich den papsttreuen Guelfen, die Montefeltro den kaisertreuen Ghibellinen an.
Die Rivalität der beiden Fürstenhäuser nahm eine neue Wendung, als Sigismondo Pandolfo Malatesta (1417-1468), bekannt als nur mäßig begabter Politiker, eine ganze Reihe von Fehlentscheidungen traf und sich sogar den Papst zum Feind machte. Sein Kontrahent, der berühmte Federico da Montefeltro (1422-1482), nutzte die Gunst der Stunde und konnte sämtliche zuvor an die Malatesta verloren gegangenen Gebiete zurückgewinnen. Besiegelt wurde Sigismondos Niederlage 1463 in der Schlacht von Cesano, nach der er alle Territorien außer Rimini abtreten musste.
In der Geschichte genießt die Familie Malatesta keinen guten Ruf. Mord und Totschlag - durchaus auch an der eigenen Ehefrau - waren nichts Außergewöhnliches, auch wenn man Gutes tat und sich als Mäzene für Kunst und Kultur betätigte. Bedeutende Bauwerke aus malatestianischer Zeit sind u. a. die mächtige Festung Gradara bei Gabicce sowie der Tempio Malatestiano und das Castel Sigismondo in Rimini.
Als Teil des Kirchenstaates versank das Montefeltro bis zur Gründung des Königreichs 1860 in Bedeutungslosigkeit - eine Randlage, die bis heute besteht.