Lieblingsplätze
Chiemgau
Klaus Bovers
Impressum
Der Chiemgau – weiß-blau und weltoffen
Vorwort: Eine Einladung
Der See, die Inseln und die Ufer
Hier fand der Chiemgau seine Mitte
Der See, die Inseln und die Ufer
1 Großer Wurf auf engem Raum
Herrenchiemsee: Altes Schloss auf der Herreninsel
2 Traumeiland ohne Hotel und Marina
Übersee am Chiemsee: Krautinsel
3 Hinter diesem Tor ist Hoffnung
Frauenchiemsee: Inselmünster auf der Fraueninsel
4 Bald 300 Jahre in der Familie
Frauenchiemsee: Inseltöpfer auf der Fraueninsel
5 Nur stehen bleiben und schauen
Frauenchiemsee: Pollfischer rund um die Fraueninsel
6 Der Hindu im Nonnenkloster
Rimsting: Ayurveda Kochschule Nicky Sabnis
7 Ein Chiemgau-Wirtshaus als AG
Übersee am Chiemsee: Wirtshaus D’Feldwies
8 Sie nannten ihn den Farbenfürsten
Übersee am Chiemsee: Exterhaus in Feldwies
9 Der Charme der späten 80er
Bernau am Chiemsee: Freibad und Strandcafe H2O
10 Über 300 Pralinen in Handarbeit
Bernau am Chiemsee: Schoko-Laden-Werkstatt
11 Kirche und Wirt gehören z’samm
Prien am Chiemsee: Filialkirche St. Jakobus in Urschalling
12 Geschossen wurde durch die Wand
Rimsting: Gasthaus St. Salvator bei Prien am Chiemsee
13 Bei Nebel ging’s nach Kompass
Prien am Chiemsee: Chiemsee-Schifffahrt
14 Insulaner sind willkommen
Gstadt: Café-Restaurant Inselblick
15 Der Scherben-Kare und sein Bedaium
Seebruck: Römermuseum Bedaium
16 Fangfrisch – hier stimmt es garantiert
Grabenstätt: Wirtshaus zur Hirschauer Bucht
17 Segler mögen unsern Wind nicht
Übersee am Chiemsee: Kitesurfen
Das Land vor den Bergen
Viele Einflüsse aus dem Süden
Das Land vor den Bergen
18 Gletscherblick eisfrei
Übersee am Chiemsee: Osterbuchberg
19 Zauberspruch mit Ausblick
Übersee am Chiemsee: Filialkirche St. Peter und Paul in Westerbuchberg
20 Der alte Weg durch die »Grüne Hölle«
Grassau: Ewigkeitsweg durch die Kendlmühlfilzen
21 Zwei Museums-Nachbarn und ein Thema
Rottau: Museum Torfbahnhof
22 An Michaeli ist Grassau Marktführer
Grassau: Chiemgaumarkt Grassau
23 Hier geht Musik im Handumdrehen
Grassau: Drehorgelbau Blüml
24 Das große Votivbild und die kleine Maus
Schleching: Wallfahrtskirche in Raiten
25 Ein Platz zum Abheben
Unterwössen: Segelflugplatz
26 Ein Tag am Chiemgauer Yukon
Schleching: Tiroler Ache bei Mettenham
27 Nichts kann Dir gleichen …
Schleching: Streichenkirche St. Servatius
28 Chiemgau-Mythos Müllner-Peter
Aschau im Chiemgau: Das Müllner-Peter-Museum in Sachrang
29 Kraftort für Tolkien-Fans
Aschau im Chiemgau: Schoßrinn im Priental
30 Den Lesern auf den Fersen bleiben
Aschau im Chiemgau: Buch & Café
31 Nur Wasser und geweihte Hostien
Frasdorf: Rupertus-Quelle
32 Für Wittelsbacher und Schwindelfreie
Frasdorf: Herzogsweg im Priental
Vom Inn zur Alz
Chiemgauer schauen gern übers Wasser
Vom Inn zur Alz
33 Die Schopper mussten nicht zum Militär
Neubeuern: Historischer Marktplatz
34 Nahui, in Gott’s Nam’!
Rosenheim: Inn-Museum
35 So geht Chiemgau-Wellness
Söllhuben: Beim Hirzinger
36 Das Chiemgauer Hoftheater
Riedering: Theater Himmegugga
37 Kreativität als tägliches Brot
Riedering: Wagenstaller Naturkostmühle
38 Zweimal Sperrsitz bitte!
Bad Endorf: Marias Kino
39 Im Wald der Libellen und Seerosen
Eggstätt: Hemhofer Seenplatte
40 Den Hubbi gibt’s schon ewig
Bad Endorf: Hubbis Kneipe
41 Altbayerische Heimatpflege ganz privat
Pittenhart: Hilgerhof
42 Hochberühmt, aber namenlos
Rabenden: Altar von Rabenden
43 Der Häuslmannhof auf Reisen
Amerang: Bauernhausmuseum Amerang
44 Mit den Klöstern fing alles an
Seeon: Kloster Seeon
45 Doppelbock im Bourbonfass
Truchtlaching: Brauerei Camba Bavaria
46 Das Tor in die Vergangenheit
Truchtlaching: Keltenschanze
Entlang der Traun nach Süden
Der Chiemgau und seine Traunsteiner Hälfte
Entlang der Traun nach Süden
47 Niemals bei Regen in den Biergarten
Traunstein: Beim Wochinger Brauhaus
48 Als die Kinderzimmer noch offline waren
Traunstein: Spielzeugmuseum Traunstein
49 Thomas Bernhard und Traunstein
Traunstein: Traunsteiner Literaturspaziergang
50 Zuflucht bei der Schwaigerin
Altenmarkt an der Alz: Alzfähre beim Gasthaus zum Roiter
51 So sieht bewegte Geschichte aus
Altenmarkt an der Alz: Kloster Baumburg
52 Heinz von Stein und sein langes Leben
Stein an der Traun: Schloss Stein an der Traun
53 »50 Mark, und Sie haben es!«
Traunreut: Schloss Pertenstein in Matzing
54 Knall und Fall aus heiterem Himmel?
Vachendorf: Tüttensee
55 Wer lebte zur Steinzeit im Chiemgau?
Siegsdorf: Mammut-Museum
56 Wanderer statt Wilderer
Inzell: Forsthaus Adlgass
57 Der Hintereingang zum Chiemgau
Schneizlreuth: Weißbachschlucht
58 Kuhglocken heißen eigentlich Schellen
Ruhpolding: Glockenschmiede
59 Ein Gespür für den richtigen Platz
Ruhpolding: Butzn Wirt
60 Naturschutz gegen Badefreuden?
Ruhpolding: Weitsee
61 Das Heilige Grab auf dem Dachboden
Reit im Winkl: Sakrales Museum
Almen, Gipfel, Wanderwege
Auf den Bergen ist die Freiheit
Almen, Gipfel, Wanderwege
62 Die Wagners und ihr Zimmermann
Samerberg: Wagneralm (1.018 Meter)
63 Romadur und Wellbappn
Samerberg: Käser Alm (910 Meter)
64 Brotzeit beim Baron auf der Alm
Frasdorf: Hofalm (970 Meter)
65 Traumberuf Sennerin
Grassau: Hefteralm (1.020 Meter)
66 Eingelegter Almkas mit Bauernbrot
Marquartstein: Piesenhausener Hochalm (1.360 Meter)
67 Mein ganz persönlicher Hausberg
Marquartstein: Hochplatte (1.587 Meter)
68 Ganz ohne Spektakel
Sachrang: Schreckalm (1.403 Meter)
69 Der Chiemgauer Blumenberg
Schleching: Geigelstein (1.813 Meter)
70 Almabtrieb als Arche Noah
Schleching: Chiemhauser Alm (1.050 Meter)
71 Das blaue Auge des Chiemgaus
Kössen / Tirol: Taubensee (1.138 Meter)
72 Alles »wie sich’s g’hört«
Reit im Winkl: Hemmersuppenalm (1.240 Meter)
73 Die Irmi und die Mountainbiker
Staudach-Egerndach: Staudacher Alm (1.150 Meter)
74 Drei Logenplätze an einem Tag
Marquartstein: Hochgern (1.748 Meter) und Schnappenkirche
75 Alm-Legende unterm Gipfel
Bergen: Bründlingalm (1.161 Meter)
76 Gut erschlossen, aber ohne Rummel
Ruhpolding: Rauschberg (1.671 Meter)
77 Kaiserschmarrn ohne Kaiserblick
Siegsdorf: Bäckeralm (1.100 Meter)
Karte
Das Prädikat »weißblau und weltoffen« mögen manche außerbayerischen Landsleute aus unerfindlichen Gründen für ein Paradox halten. Es gibt in Bayern aber Regionen, wo es trotzdem auf den Punkt genau passt. Bestes Beispiel: der Chiemgau.
Die Menschen am »Bayerischen Meer« sind gastfreundlich und großzügig, sie gewähren fast jedem Dauerasyl, wenn es sein muss auch Berlinern. »Gehört man erst einmal dazu, in der Regel vom ersten Tag an, geschehen erstaunliche Dinge«, schrieb vor vielen Jahren ein zugereister Autorenkollege, »Handwerker kommen pünktlich und arbeiten bis tief in die Sommernacht, um Rechnungen muss man geradezu betteln und ganz selbstverständlich wird man augenblicklich von fast allen geduzt.«
Jetzt soll aber niemand meinen, das hätte mit Beliebigkeit oder gar fehlendem Stolz zu tun. An Selbstbewusstsein mangelt es den Chiemgauern bestimmt nicht, aber sie lassen es nicht »raushängen«, wie man hier sagt. Im Chiemgau ist immerhin die erfolgreichste deutsche Regionalwährung (der Chiemgauer) erfunden worden, auch wenn es die Region politisch gar nicht gibt. Dafür gibt es sie kulturell und atmosphärisch umso mehr, und das seit vielen Jahrhunderten. Sie werden merken, was ich meine, wenn Sie sich rund um das Bayerische Meer auf die Suche nach eigenen Lieblingsplätzen machen. Mein Buch soll dafür eine erste Spur legen.
Zum Schluss noch zwei nützliche Hinweise für erste Kontakte mit den Chiemgauern: Das Chiemgau gibt es nicht, auch wenn der Duden das mal zu wissen meinte. Der Chiemgau ist männlich und wird übrigens »Kiemgau« ausgesprochen, so wie der Bayer zu China eben »Kina« sagt. Und woher kommt der Name? Einem Siedler am Ostufer namens Kiemo gefielen im 8. Jahrhundert die Sonnenuntergänge. Er blieb, sein damaliger Lieblingsplatz heißt heute Chieming.
Klaus Bovers
Stefan Dettl und LaBrassBanda –
Aus dem Chiemgau und in der Welt zu Hause
www.labrassbanda.com
Hier fand der Chiemgau seine Mitte.
Mit dem See hat der Chiemgau seine Mitte gefunden. Er brauchte nicht lange zu suchen, sie wurde ihm geschenkt, vor etwa 10.000 Jahren, am Ende der letzten Eiszeit.
Mit seinen Inseln und Buchten war er ein Präsent der Natur, und der Mensch nahm das große, fischreiche Gewässer als Geschenk gerne an. Die Kelten besiedelten Ufer und Inseln, die Römer bauten ein Kastell in Seebruck, und missionierende irische Mönche brachten im 7. Jahrhundert neue Gedanken an den See. Eine Weltsicht, die den Frieden betonte und mit dem Erfolg der christlichen Mission den Grundstock für die Klosterkultur im Chiemgau legte. 14 Klöster gab es zu ihrer Blütezeit, die Inselklöster waren dabei immer die wichtigsten.
Um den See herum fiel die Friedensbotschaft auf fruchtbaren Boden, denn im Chiemgau blieb es immer, selbst in kriegerischen Zeiten, überwiegend friedlich. Der Chiemgauer mag’s nun mal harmonisch, und seine eigene Mitte findet er gerne dann, wenn Arbeit und Feiern im Gleichgewicht sind.
Apropos Arbeit: Auf beiden Inseln standen schon früh bedeutende Bauwerke. Da ergibt sich die Frage, wie das seinerzeit mit der Logistik war. Für Transport und Fischerei auf dem Chiemsee gab es lange Zeit nur den Einbaum, ein primitives Fahrzeug aus der Vorzeit. Auf manchen Bildern der Chiemseemaler kann man ihn noch bewundern – und bewundern müssen wir auch die Leistung der alten Inselbaumeister.
Der neue Inselbaumeister Ludwig II. verfügte schon über viel modernere Wasserfahrzeuge, als er Schloss Herrenchiemsee errichten ließ. Schon seit 1846 gab es nämlich auf dem Chiemsee eine Dampfschifffahrt! Das erste Fahrzeug war mehr ein Experiment, aus Fichtenholz gebaut vom Grassauer Zimmermann Wolfgang Schmid. Maschinerie und Dampfkessel kamen aus München, Letzteren fertigte der Kupferschmied Joseph Feßler. Die »Bauernarche« erntete viel Spott, aber dass sie überhaupt schwamm, war eine Sensation und fast wichtiger als die langen Stunden, die sie auf ihrer Jungfernfahrt von der Feldwies zur Fraueninsel brauchte.
Joseph Feßler witterte trotzdem ein Geschäft, kaufte dem Zimmermann die Arche samt königlicher Lizenz ab und baute den ersten eisernen Dampfer namens Maximilian. Der hatte viele Nachfolger und alle liefen und laufen bis heute unter der Flagge der Familie Feßler. Die nach dem Tod des Märchenkönigs heftig einsetzende Neugier auf sein Inselschloss ließ den Chiemgauern keine Wahl, sie erlernten von da an den Fremdenverkehr.
Keine Wahl hatten 80 Jahre zuvor auch die beiden Inselklöster, als sie 1803 mit der Säkularisation aufgelöst wurden. Auf der Fraueninsel durften die Nonnen zwar weiter im Kloster wohnen, aber nur, weil sich für die Gebäude kein Käufer fand. Das Kloster der Chorherren von der Herreninsel wurde dagegen verkauft, im barocken Dom wurde 1818 sogar eine Brauerei eingerichtet. Der Münchner Großkaufmann Alois Fleckinger ließ dafür die zwei Türme abreißen. Die Chiemgauer mochten sein Bier überhaupt nicht, und er gab sehr bald auf. Die Nonnen auf Frauenwörth hingegen gaben nicht auf, ihr Kloster ist heute ein spiritueller Leuchtturm.
Die Chiemseefischer waren bis 1803 gewohnt an klösterliche und kurfürstliche Vorgaben, die neue, ungewohnte Selbstständigkeit war für sie eine große Herausforderung. Aber der See ernährte seine Fischer weiter, Renken und Brachsen wurden schließlich immer gebraucht. Zur Zeit gibt es 16 Fischer am Chiemsee, sechs davon auf der Fraueninsel, manche seit Generationen. An schönen Sommertagen, wenn sich die Fischer den See mit einem Dutzend Dampfer und Hunderten Seglern teilen, kommt es trotzdem nie zu Konflikten. In der Mitte des Chiemgaus mit seiner paradiesischen Szenerie findet jeder sehr rasch seine ganz persönliche Mitte, und sei es nur für einen Tag auf dem See.
Hauptsteg der Herreninsel gegen Mittag, das Schiff hat gerade seine Touristenladung entlassen. Die Dame an der Kasse fragt nach: »Nur das Alte Schloss?« Ja, ich bestehe darauf, dass ich nicht zum Kini will. Sie muss jetzt ungewohnte Prospekte zusammenstellen und ist verwirrt. Wir einigen uns auf den niedrigeren Eintrittspreis.
Seit Langem versucht die Bayerische Schlösser- und Seenverwaltung mit viel Aufwand, das Alte Schloss auf der Herreninsel zu einer gleichwertigen Attraktion zu machen. Auch die Dauerausstellung zum Verfassungskonvent soll dabei helfen. Doch der Kini ist Pflicht, wie ferngelenkt strömen die Besucher zum unvollendeten, aber prächtigen Versailles-Nachbau vom Märchenkönig.
Eher schlicht hatten es die »Väter des Grundgesetzes« im Sommer 1948, als sie in Vertretung der 11 Westländer und Berlins den Entwurf für eine neue deutsche Verfassung formulieren sollten. Der Konvent tagte im ersten Stock des ehemaligen Klosters, in einem Eckzimmer von 45 Quadratmetern, mit vier deckenhohen Fenstern und einer imitierten Holzverkleidung. Für die 23 Ländervertreter und zwei Stenografen war es eng, man drängte sich in zwei Reihen um einen Hufeisentisch. Komfort war Nebensache, wichtig war das Ergebnis. Das kann sich als Grundgesetz bis heute sehen lassen.
Besucher lassen sich am historischen Ort dagegen wenige sehen, ungestört kann ich die ausgestellten Dokumente studieren: Kurz nach der Währungsreform gab es keine Touristen, nur ein paar Reporter und Schwärme von Mücken störten die Gespräche auf den Spaziergängen während der Inselklausur. Die Bedienung im Schlosshotel sprach von einem »lausigen Konvent«, wohl wegen der knappen Trinkgelder. Nach den braunen Bonzen war mit Männern wie Carlo Schmid und Theodor Maunz auch die Bescheidenheit mal wieder zu Gast. Für wie lange? Auch darüber kann man hier gut nachdenken.
Einmal im Alten Schloss sollten Sie es nicht versäumen, den von Johann Baptist Zimmermann gestalteten barocken Bibliothekssaal anzuschauen.
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Hier wurde 1948 unser Grundgesetz entworfen
Altes Schloss
Schloss- und Gartenverwaltung Herrenchiemsee
Altes Schloss 3
83209 Herrenchiemsee
08051 68870
herrenchiemsee.de
Schon ihr Name ist so anspruchslos wie kaum etwas anderes im Chiemgau. Sie duckt sich zwischen zwei weit berühmtere Chiemsee-Inseln, sodass sie der Dampferpassagier vor lauter grüner Bescheidenheit kaum wahrnimmt. Dabei ist ihre Lage höchst exklusiv, mit allen Attributen eines Geheimtipps, der Gott sei Dank niemals einen Tourismus-Baulöwen in Versuchung führen kann. Unbesiedelt und grün, das war sie schon immer und das wird sie bleiben.
Viele Jahrhunderte diente der halbe Quadratkilometer Wildnis den Bewohnern der Fraueninsel und ihrem Kloster als Gemüsegarten und Viehweide. Heute stehen auf der Krautinsel noch ein paar Bootsschuppen, manche mit alten Betonstegen oder rostigen Geleisen, die ins Wasser führen. Im Sommer weiden unbehütet kleine Gruppen von Schafen im Schatten himmelhoher, uralter Weiden. Ansonsten gehören die Kiesufer den Genießern, die sich mit ihren eigenen oder ausgeliehenen Schifferln dort für einen Sommertag ansiedeln. Die wenigen Naturschutz-Schilder werden respektiert. Zwischen der sonnigen Hügelweide im Zentrum und dem schattigen Ufer herrscht ein stiller Frieden, der seltsam paradiesisch wirkt. Selbst an Hochsommertagen, wenn der See voller Segel ist und die Dampfer im Viertelstundentakt vorüberziehen, ist auf der Krautinsel die Zeit stehen geblieben.
Hier entbehrt man gar nichts mehr, und die verrückte Suche nach fernen Zielen löst sich einfach auf. Sich für einen halben Tag am Krautinsel-Ufer einzunisten, baut mehr Stress ab als eine ganze Woche am Strand der Bahamas oder Seychellen. Wer sich dann noch an der Ostseite niederlässt, hat eine Szenerie vor sich, die fromm machen kann. Praktisch ist der Platz ebenfalls. Wenn gegen Mittag die Getränke ausgehen, sind es bis zu Fritzis Biergarten auf der Fraueninsel gepaddelte fünf Minuten. Besonders Sportliche schwimmen die Distanz.
Der Bootsverleih in der Feldwieser Bucht bietet für Aktive und Bequeme alles, was schwimmt. Vorbestellung bei Florian Riepertinger: 0174 4147507
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Krautinsel
Startpunkt: Bootsverleih Feldwieser Bucht
Julius-Exter-Promenade 9
83236 Übersee am Chiemsee
Mit dem Boot dem Kurs des ersten Dampfschiffs auf dem Chiemsee folgen, das im Juni 1845 die Fraueninsel ansteuerte.
Mitten im Dreißigjährigen Krieg, als die Fraueninsel von Flüchtlingen überquoll, stellte im Winter 1627 die Äbtissin Magdalena Haidenbucher im Münster von Frauenwörth eine Weihnachtskrippe auf, deren Figuren heute berühmt sind. Wie das Tagebuch der Äbtissin berichtet, waren die armen Verfolgten voll Andacht und zogen aus der überirdisch scheinenden, frommen Inszenierung viel Hoffnung und Zuspruch. Kein Soldat hatte bis dahin einen Fuß auf die Insel gesetzt – und so blieb es weiterhin.
Über Jahrhunderte haben die Menschen Trost und Beistand im Inselmünster gesucht und gefunden. Das zeigt, für jeden sichtbar, die tief ausgetretene Schwelle im 900 Jahre alten romanischen Portal. Im Inneren bezeugen das die Votivbilder, die der seligen Irmengard als Helferin in der Not danken. Irmengard wird als die zentrale Figur des Klosters verehrt, schon 150 Jahre nachdem sie im Jahr 857 von ihrem Vater König Ludwig dem Deutschen auf der Insel als Äbtissin eingesetzt wurde.
Die Benediktinerinnen durften nach der Säkularisation auf der Insel bleiben, aber auch nur, weil sich kein Käufer für das Kloster fand. König Ludwig I. half 1836 bei der Neueinrichtung, allerdings mussten sich die Nonnen ihre Existenz selbst sichern. Sie gründeten das Irmengard-Gymnasium mit Internat für Mädchenerziehung, das bis 1995 Bestand hatte. Heute treffen sich in der Abtei Frauenwörth Sinnsucher aus aller Welt. Das weithin bekannte Seminarzentrum bietet ihnen ein spirituelles und praktisches Angebot von beachtlicher Breite. Auf Frauenwörth sind Moderne und Tradition kein Gegensatz.
Viele Besucher des Inselmünsters spüren mehr als nur sein ehrwürdiges Alter oder die Bedeutung der sakralen Kunst. Der Ort ist mit einer wohltuend sanften geistigen Spannung aufgeladen, der sich so leicht niemand entziehen kann.
Eine Kirchenführung durchs Inselmünster ist bestimmt keine Zeitverschwendung. Anmeldung über 08054 9070 oder über hanna.fahle@frauenwoerth.de
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Das uralte Portal des Inselmünsters
Abtei Frauenwörth
83256 Frauenchiemsee
08054 9070
www.frauenwoerth.de
»Wenn Sie uns besuchen, dann stehen Sie gleich mittendrin«, lese ich im hauseigenen bunten Führer. Gemeint ist die Werkstatt der Inseltöpferei Georg Klampfleuthner, denn wenn Hochsaison ist auf der Fraueninsel, kann es dort schon mal eng werden. Doch sie wollen es nicht anders, und auch wenn das Interesse der Gäste hin und wieder von der Arbeit abhält, tragen es die Töpfer mit Gelassenheit. Die Töpfer, das sind vor allem Georg, Christina und Andrea in der Werkstatt und Isolde im Verkauf. Weil beides ineinander übergeht, stehen wir halt mittendrin. Das ist das Besondere beim Inseltöpfer.