Heinz E. Studt

KURVENFIEBER

GARDASEE

Die schönsten Motorradtouren mit GPS-Tracks zum Download
Die Besten der Region: Unterkünfte und Biker-Treffs
Von Bikern für Biker: Top-Tipps und Einkehrmöglichkeiten

Exklusiv für Sie als Leser:

MIT GPS-DATEN ZUM DOWNLOAD

unter: gps.bruckmann.de

Inhalt

Vorwort

Land und Leute

Die Touren

1Die See-Umrundung

Pflicht und Kür zugleich

4 Stunden – 170 Kilometer

2Besuch nicht nur in Verona

Die Perle Venetiens

6 Stunden – 290 Kilometer

3Monte Baldo intensiv

Kurvenreiche Aussicht

4-5 Stunden – 240 Kilometer

4In das Herz des Trentino

Kurvenreiche Geschichtsstunde

5 Stunden – 190 Kilometer

5An den Südrand der Dolomiten

Durch das herrliche Trentino

6-7 Stunden – 360 Kilometer

6Zwischen Stilfser Joch und dem Naturpark Adamello

Anspruchsvoller wird’s nimmer

8 Stunden – 430 Kilometer

7Zum kleinen Idrosee

Ein See und vielleicht eine Portion Offroad

4-5 Stunden – 180 Kilometer

8Durch die Po-Ebene nach Bergamo

Zur Perle der Lombardei

4-5 Stunden – 250 Kilometer

9In den Alpi Orobie

Kurvenspaß pur

6-7 Stunden – 360 Kilometer

10Rundtour zum Comer See

Ein beeindruckender Abschied

9-10 Stunden – 460 Kilometer

Die Bikertreffs – TOP 5

Der Gardasee und seine Region in Zahlen

Register

P.S.

Impressum

Zu jeder Jahreszeit bietet der Gardasee prächtigen Genuss.
Ganz früh am Morgen unterwegs am Westufer

VORWORT

ACHTUNG: SUCHTGEFAHR!

Er ist 52 Kilometer lang, maximal 17 Kilometer breit und bis zu 346 Meter tief. Er wurde in der letzten Eiszeit vom mächtigen Etschgletscher geformt und seine Landschaften sind seit etwas über 4000 Jahren von Menschen besiedelt.

Alles in allem also ein normaler, etwas größer geratener Bergsee inmitten der südlichen Ausläufer der Alpen, könnte man an dieser Stelle resümieren und sich anderen alpinen Zielen zuwenden. Doch das wäre grob fahrlässig.

Denn wir sprechen hier über den Gardasee, den größten und wohl berühmtesten See Italiens. Er ist alljährlich Ziel von Millionen Touristen aus der ganzen Welt und er ist – ohne jeden Zweifel – der Deutschen liebste »Reise-Badewanne«.

Sein sub-mediterranes Klima lässt Zitronen und Palmen gedeihen. Seine einzigartige Alpenkulisse begeistert Naturfreunde, seine Winde produzieren fast täglich perfekte Bedingungen für Surfer und Segler und seine hunderte Meter steil abfallenden Unterwasserhänge sind das Paradies für die berühmte Gardasee-Forelle.

Nun gut, aber hat der Gardasee uns Motorradfahrern ähnliche Genüsse zu bieten? Nach weit über zehn Reisen an den See und durch seine Region antworte ich ohne zu zögern: Ja, hat er! Sofern wir seine »touristischen Regeln« beachten, die ich Ihnen in diesem Buch zusammengetragen habe. In zehn handverlesenen Touren von 170 bis 460 km Länge präsentiere ich Ihnen nicht nur die Schönheiten des Sees. Ausgehend von zwei Standorten am See möchte ich Sie auch in das alpine Umland entführen auf Pisten, fernab touristischer Massenbewegungen. Am Ende jedes Tourentages kehren wir dann zurück an den See mit all seinen Genüssen. Exakt diese Kombination ist es, die mich persönlich süchtig werden ließ nach dem Gardasee. Behaupten Sie bitte später nicht, ich hätte Sie nicht gewarnt …

Viel Vergnügen wünscht Ihnen Heinz Studt

LAND UND LEUTE

Umgeben von herrlichen Kurvenstrecken bietet die Gardasee-Region auch Bikern volles Programm.

Als Lago di Garda (oder auch Lago di Bénaco) gehört der Gardasee mit dem Lago Maggiore, dem Lago di Como, dem Iseo- und Luganersee sowie den kleinen »Geschwistern« Orta-, Idrosee und Lago di Varese zur Oberitalienischen Seenplatte, die am Südrand der Alpen aus eiszeitlichen Gletscherbewegungen entstanden ist. »Zungenbeckenseen« nennt sie der Fachmann, eine Spezialform der Gletscherrandseen. Bis zu zweieinhalb Millionen Jahre zurück reicht ihre Entstehungsgeschichte und vor allem eiszeitliche Geröllmoränen waren es, die jene Felsenbecken gen Süden abschlossen und die aus Norden strömenden Wasser aufstauten.

Der Gardasee liegt im Norden der mächtigen Po-Ebene, sein Nordufer umschließen bis zu 2000 Meter aufragende Alpengipfel, wie das Monte-Baldo-Plateau. Drei norditalienische Regionen teilen sich den gut 370 Quadratkilometer großen See – der Norden gehört zur Region Trentino-Südtirol, der Westen zur Lombardei und der Osten zu Venetien. Weithin bekannt ist der See auch für seine östlich und südlich anschließenden Weinbaugebiete des Bardolino, Soave und Valpolicella.

Ein Paradies auch für Naturfreunde erwartet uns.
Die Almen des Etschtales benötigen im Sommer viel Wasser.

Die Frischwasserzufuhr des Sees gewährleistet hauptsächlich der im Norden bei Torbole einströmende Fluss Sarca, der im Süden bei Peschiera del Garda als Fluss namens Mincio den See wieder verlässt, um 75 Kilometer weiter im gewaltigen Po aufzugehen.

Eine technische Meisterleistung sorgt zudem für ordentlich Frischwasser: der 1959 erbaute Etsch-Gardasee-Tunnel, ein gut zehn Kilometer langer Felsentunnel, der südlich von Torbole in den Gardasee mündet. Erbaut, um Hochwassergefahren im Etschtal zu minimieren, wurde er bislang elfmal geöffnet, um Schmelzwasserströme abzuleiten. Das führte teilweise zu einem deutlichen Pegelanstieg im Gardasee von bis zu 20 Zentimetern.

Im See liegen fünf Inseln, die entweder in Privatbesitz oder aber militärisches Sperrgebiet sind, wie die Isola di Trimelone. Die größte Insel Isola del Garda gehört der Familie der Grafen von Cavazza, die sie – inklusive der berühmten Villa Borghese – von April bis Oktober für Besichtigungen und Führungen zugänglich macht.

DIE GESCHICHTE

Lacus Benacus nannten ihn die Römer nach dem keltischen Gott Benacus, dessen Stammbaum bis zu Neptun respektive dessen griechisches Pendant, den Wassergott Poseidon, zurückreichen soll.

Bereits in der Bronzezeit 2000 Jahre vor unserer Zeitrechnung siedelten Menschen rund um den See, wie zahlreiche Funde von Pfahlbauten belegen. Sie sind übrigens seit 2011 UNESCO-Weltkulturerbe. Römer und Alemannen trafen im November des Jahres 268 zur berühmten Schlacht am Lacus Benacus aufeinander. Die Alemannen waren mit 100 000 Kriegern über den Brenner gekommen und tief in römisches Gebiet eingedrungen. Bevor sie sich dauerhaft ausbreiten konnten, schlug der römische Kaiser Claudius Gothicus mit 35 000 Legionären das alemannische Heer vernichtend und trieb den Rest weit über die Alpen zurück in den Norden Europas.

Eine Schau! Oldtimer-Treff am Passo Tonale
Schade: Mit einer Enduro wäre der Weg ein Genuss.

Doch die Region um den Gardasee war auch im Laufe der folgenden Jahrhunderte nie frei von Machtkämpfen. Klimatisch und strategisch zu wertvoll war das südliche Tor nach Norditalien auch im Mittelalter. Die Herzogtümer Mailand und Venedig kämpften hier ebenso um Einfluss und Macht wie Napoléon Bonaparte in seinem Italienfeldzug 1797. Von 1806 bis 1810 gehörte die Nordspitze des Gardasees sogar kurz einmal zum Königreich Bayern – vielleicht fühlen wir uns deshalb dort so zu Hause? – danach zählte der See zum Königreich Italien.

Aber wiederum nur kurz, denn auf dem Wiener Kongress 1815 wurde der See dem Kaisertum Österreich zugesprochen, das seinen prächtigen Besitz aber nur wenige Jahrzehnte gegen Eroberungsversuche aus dem Königreich Sardinien verteidigen konnte. Nach der verlorenen Schlacht von Solferino 1859 und dem Dritten Italienischen Unabhängigkeitskrieg 1866 gehörte Österreich nur noch ein winziger Zipfel am Nordufer. Dort verlief auch die Alpenfront des Ersten Weltkrieges, wie so manche Reste mächtiger Festungsanlagen auch heute noch erzählen. Diktator Benito Mussolini kam und ging und am 30. April 1945 endete mit der Befreiung von Torbole und Riva durch amerikanische Streitkräfte der Zweite Weltkrieg auch rund um den Gardasee. Friedliche Zeiten brachen an – und währen bis heute.

DER GARDASEE HEUTE

Seine einzigartige Lage samt guter Erreichbarkeit sowie das ganzjährig milde, sehr angenehm warme Klima haben den Gardasee zu einem der bekanntesten und beliebtesten Urlaubsziele der Südalpen werden lassen. Und das für nahezu alle Arten des Reisens, sei es für Naturliebhaber ebenso wie für Wassersportler, Kulinariker oder Kunstliebhaber, die vor allem auch im nahe gelegenen Verona ihre Ziele finden. Tagsüber Kunst und Kultur in Verona und am Abend alle anderen Genüsse am Gardasee – das ist eines der beliebtesten Reisekonzepte der Region.

Bitte ernst nehmen: Warnung am Passo del Vivione.

Grundsätzlich kann man den See in zwei Zonen einteilen: den bei Surfern, Mountainbikern und Sightseeing-Touristen beliebten Norden sowie den bei Familienurlaubern und Badegästen beliebten Süden mit seinen weiten Uferzonen und unzähligen Freizeit- und Aquaparks. Vor allem im Juli und ganz besonders im August »steppt hier der Bär«, ja könnte man an manchen Tagen fast trockenen Fußes über den See wandern. Sie müssten nur von einem Surfbrett zum nächsten, von einem Segelboot zur nahe liegenden Luftmatratze hüpfen, um das gegenüberliegende Ufer sportlich wertvoll zu erreichen. Wer es bequemer mag, nimmt eine der zahlreichen Fähren über den See, die den Trubel rund um die Anlegestellen dann noch ordentlich vergrößern.

Deshalb darf ich an dieser Stelle speziell für Motorradfahrer eine Reisewarnung aussprechen: Genießen Sie den Gardasee und die umliegenden Tourenregionen so oft und intensiv, wie Sie mögen. Bringen Sie Zeit mit und lassen Sie sich auch von den touristischen Angeboten verwöhnen – aber bitte nicht im Juli und August zur Hauptreisezeit. Dann machen weder der Kurvensurf auf den legendären Uferstrecken Spaß noch die Ausflüge ins Hinterland, in die Bergwelt des Monte Baldo oder die lombardischen Alpen.

Meine beste Reisezeit finden Sie übrigens in der Rubrik »Klima« etwas weiter hinten.

DER TOURISMUS AM GARDASEE

Die reinen Zahlen sind schon beeindruckend: Über 22 Millionen Ankünfte zählte der Gardasee in den letzten Jahren, Tendenz steigend, und von fast 15 Millionen Übernachtungen waren immerhin 75 % aus dem Ausland. Fast ein Drittel aller Übernachtungen kamen Statistiken zufolge aus Deutschland und Österreich – und wenn diese dann überwiegend um zwei Monate herum kumulieren, können Sie sich die Situation vor Ort lebhaft ausmalen.

Der Tourismus am Gardasee ist gut ausgebaut und vor allem strukturiert, hat aber seit vielen Jahrzehnten ein Problem: die starken saisonalen Schwankungen zwischen Sommer- und Winterbetrieb. Während vor allem die touristisch attraktiven Orte entlang des Ostufers im Juli und August tagtäglich einen Verkehrsinfarkt erleiden, die Restaurants und Cafés vor Besucherandrang aus allen Nähten platzen, herrscht hier in den Wintermonaten zwischen November und März die große Stille. Das führt dazu, dass viele Hotels, Pensionen und auch Restaurants in dieser Zeit einfach schließen und erst ab April oder gar Mai wieder ihre Türen öffnen. Das verlangt von den in den klimatisch durchaus angenehmen Monaten Januar bis März anreisenden Gardasee-Fans Geduld und Flexibilität bei der Suche nach Übernachtungsmöglichkeiten sowie eine gute Vorbereitung.

Immer gerne: Auf Wiedersehen am Gardasee.