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Über dieses Buch:

Drei Monate ohne Sex? Für Doreen ist das undenkbar, als ihr Mann geschäftlich ins Ausland reisen muss. Noch dazu stellt Doreen fest, dass sie schwanger ist. Ihre Hormone spielen von nun an verrückt und Doreen will nur noch das eine: Sex! Heiße Gespräche und Webcam-Flirts können sie bald nicht mehr befriedigen. In dieser brisanten Situation quartiert sich ihr Bruder Ben kurzfristig bei ihr ein. Kann er das schier unstillbare Verlangen seiner Schwester nach stürmischen Küssen und feurigen Berührungen befriedigen?

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eBook-Neuausgabe Februar 2015

Ein eBook des venusbooks Verlags. venusbooks ist ein Verlagslabel der dotbooks GmbH, München.

Dieses Buch erschien bereits 2013 unter dem Titel Schwesterherz in der Edition Combes

Copyright © der Originalausgabe 2013 Edition Combes, Küps

Copyright © der eBook-Neuausgabe 2015 venusbooks GmbH, München

Copyright © der aktuellen eBook-Neuausgabe 2020 venusbooks Verlag. venusbooks ist ein Verlagslabel der dotbooks GmbH, München.

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Titelbildgestaltung: Nele Schütz Design unter Verwendung von shutterstock/conrado

eBook-Herstellung: Open Publishing GmbH

ISBN 978-3-95885-969-2

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Im realen Leben dürfen Erotik, Sinnlichkeit und sexuelle Handlungen jeder Art ausschließlich zwischen gleichberechtigten Partnern im gegenseitigen Einvernehmen stattfinden. In diesem eBook werden erotische Phantasien geschildert, die vielleicht nicht jeder Leserin und jedem Leser gefallen und in einigen Fällen weder den allgemeinen Moralvorstellungen noch den Gesetzen der Realität folgen. Es handelt sich dabei um rein fiktive Geschichten; sämtliche Figuren und Begebenheiten sind frei erfunden. Der Inhalt dieses eBooks ist für Minderjährige nicht geeignet und das Lesen nur gestattet, wenn Sie mindestens 18 Jahre alt sind.

Henry Rohan

Nimm mich zart, nimm mich hart

Erotischer Roman

venusbooks

Kapitel 1

Der Phönix ist ein mythologischer Vogel, der in seinem Nest sitzend in Flammen verbrennt, damit er aus der Asche aufsteigen und neu entstehen kann. Manchmal im Leben sind die Dinge, die uns zerstören oder umbringen, diejenigen, die uns wieder aufstehen lassen.

Mein Name ist Benjamin Norton. Meine Familie nennt mich Benny, vom Rest der Welt werde ich aber Benjamin genannt. Kurz nach meinem Universitätsabschluss wurde ich von Willis, Goldman & Reed ausgebildet, seitdem arbeite ich als Betriebswirt in einem ihrer Büros in Chicago. Neben mir wurden elf andere Absolventen probeweise angestellt, unter anderem Vanessa. Unsere Arbeitsplätze befanden sich in einem Großraumbüro, wo praktisch jeder jeden sehen konnte. Das förderte die Gemeinschaft, und wir taten viele Dinge zusammen, von der Teambildung zur Erreichung einer besseren Effektivität angefangen bis zum Kaffeetrinken. Doch leider fühlten sich mit der Zeit die meisten überfordert und warfen das Handtuch. Zum Schluss blieben Vanessa und ich übrig.

Vanessa war wunderschön. So schön, dass sogar ein toter Mann aufstehen würde, um sie zum Tanz aufzufordern. Nachdem wir uns ein bisschen näher gekommen waren, gestand sie mir, dass sie in einer Spezialausgabe des Dreamboy, einem Männermagazin, das vorwiegend Teenies abbildete, zu sehen war. Am selben Abend holte ich mir die besagte Ausgabe und verstaute sie in meiner Nachtischschublade. Jeder Mann in unserem Büro hatte irgendwann bei ihr sein Glück versucht, jedoch ließ sie sich auf keinen einzigen ein.

Sie hatte langes und dickes rotes Haar, das sich in Locken ihren Rücken hinunterschlängelte, und dunkelgrüne Augen. Ihre Haut war makellos, sodass sie nur wenig Make-up benötigte, und ihre Lippen wirkten dunkelrot, obwohl sie keinen Lippenstift benutzte. Sie war eins vierundachtzig groß und damit einige wenige Zentimeter größer als ich. Meistens trug sie Hosen, selten einen Rock, worin man ihre langen und perfekt geformten Beine bewundern konnte. Ihre Brüste waren weder groß noch klein, sie hatten einfach die richtige Größe und Form, wie man so lapidar sagt.

Am meisten fielen die Proportionen ihres Körpers auf. Sie hätten einem Designerhandbuch entstammen können. Und entsprechend waren Vanessas Bewegungen. Je nachdem wie man aufgelegt war, empfand man sie als sinnlich, aufreizend, charmant oder – teuflisch verführerisch. Jede ihrer Bewegungen war die Anmache pur, egal ob sie zur Kaffeeküche lief oder eine Büroklammer an ein paar Blätter Papier anbrachte.

Welch biedere Erscheinung war ich im Gegensatz zu ihr. Die Figur? Alles andere als die eines Adonis, allerdings bin ich auch kein Elefantenmann. Meine Freundin im College nannte mich damals »sechs Punkte über dem Durchschnitt«. Ich habe von vielen Frauen gehört, dass meine schönsten Merkmale meine blauen Augen und mein Lächeln seien. Alles, was mich an meinem Aussehen störte, war, dass ich etwas kleiner war als Vanessa. Falls man der Genetik glauben möchte, werde ich im Alter von fünfzig Jahren fünfzig Pfund schwerer sein und diese nicht wieder loswerden.

Natürlich war ich nicht der Mittelpunkt jeder Party, aber ein guter Redner und nicht allzu schlecht, wenn es darum ging, Witze zu erzählen. Obwohl Vanessa wunderschön war, war sie auffallend ruhig und wirkte ein bisschen introvertiert. Trotzdem war sie von der ersten Sekunde an der Mittelpunkt einer Gesellschaft. Obwohl sie manchmal nur zuhörte und kaum ein Wort herausbrachte, scharten sich die Männer um sie. Offensichtlich reichte es ihnen, von ihr ein Lächeln zu ergattern. Kaum jemand erkannte, wie intelligent sie war. Wie auch, wenn sie sich wortkarg gab?

Mein Kontakt zu ihr war alles andere als ein Feuersturm.

Anfangs tranken wir nur Kaffee im Büro zusammen und setzten uns zum Mittagessen an einen Tisch. Es dauerte ein Vierteljahr, bis wir uns auch privat außerhalb der Firma trafen. Das war immer freitags der Fall.Wir gingen nach Dienstschluss meistens ins Kino oder zu einer Veranstaltung und danach in eine Cocktailbar. Nach einer Weile kamen die Samstage hinzu, und schlussendlich verbrachten wir auch die Abende unter der Woche miteinander. Ein knappes Jahr nach unserer ersten Verabredung heirateten wir.

Das Leben konnte schöner nicht sein. Wir waren bis über beide Ohren ineinander verliebt und Tag und Nacht zusammen. Da wir im selben Büro arbeiteten, konnten wir gemeinsam zur Arbeit und gemeinsam nach Hause gehen. Wir lebten in unserer eigenen kleinen Welt, die nicht viel Platz für andere Menschen ließ. Der tägliche Sex war fantastisch, wobei wir uns ständig bemühten, keine Langeweile aufkommen zu lassen. Manchmal machten wir einfach Dinge nach, die wir in irgendwelchen Filmen oder Clips oder in Büchern gesehen beziehungsweise gelesen hatten. Ich war stets darum bemüht, dass Vanessa befriedigt war, denn das war für mich die beste Garantie, dass dieses unsagbare Glück, das ich mit ihr empfand, nie zu Ende gehen würde. So vergingen fast vier Jahre, in denen ich diese paradiesischen Verhältnisse Tag für Tag, Stunde für Stunde auskostete. Und nichts deutete darauf hin, dass sich dieser Zustand jemals würde ändern können, denn auch Vanessa war, davon war ich damals überzeugt, genauso glücklich und zufrieden wie ich. Doch die Dinge im Leben entwickeln sich häufig anders, als man sich das in den schlimmsten Träumen vorstellen kann.

Einige Jahre nach unserer Heirat wurde mir und meinen Kollegen ein neuer Manager zugeteilt. Derrick Andrews war ein großer, athletischer Farbiger mit einem kahlgeschorenen Kopf. Er wirkte auf mich wie ein Modellathlet, und wahrscheinlich war das bei den Frauen und Mädchen im Büro genauso. Allerdings fand ich ihn ziemlich arrogant, was wohl darauf zurückzuführen war, dass ich ihn im Stillen um sein Auftreten beneidete.

Er war sehr charmant zu den Frauen im Büro und suchte bei jedem Kontakt einen Grund für einen Flirt, was die Frauen mit größter Freude über sich ergehen ließen; für uns Männer wurde die Situation aber zunehmend unerträglicher. Wir hatten plötzlich diesen Gockel um uns herum, und keiner hatte eine Chance gegen ihn.

Im Laufe der Zeit wuchsen meine Aufgaben in der Firma, und die Folge davon war, dass sich die Arbeit auf meinem Schreibtisch bald türmte. Um nicht ins Hintertreffen zu geraten, beschloss ich, meinen Arbeitstag zu verlängern. Also fing ich morgens eine Stunde früher an und hörte abends eine später auf, was sich verheerend auf mein Verhältnis zu Vanessa auswirkte. Wir gingen in der Frühe nicht mehr gemeinsam zur Arbeit, und abends kam ich in der Regel vor acht Uhr nicht nach Hause.

Natürlich fragte ich mich, warum ausgerechnet ich mit so viel Arbeit bombardiert wurde, und schnell wurde mir klar, dass Derrick Andrews mich mit Absicht mit Arbeit zuschüttete. Ich konnte mir allerdings keinen Reim darauf machen, was er für ein Ziel verfolgte. Irgendwann spürte ich, dass sein Ansinnen nur sein konnte, mich aus der Firma zu ekeln und mich zur Kündigung zu veranlassen.

Vanessa war in dieser Phase die einzige, die mich immer wieder ermutigte durchzuhalten. Jede Nacht baute sie mein angekratztes Ego wieder auf und glich den Stress, der mich immer mehr belastete, durch den gewohnt liebevollen Sex aus. Tagsüber rief sie mich oft an, nur um Hallo zu sagen, oder sie kam herüber an meinen Platz, um mir eine Tasse Tee mit etwas Gebäck zu bringen oder mich einfach nur mal kurz anzulächeln. Sie zeigte mir immer wieder, wie sehr sie zu mir stand und mit mir fühlte.

Eines Tages kam sie erst gegen Mittag zur Arbeit, weil sie zuvor noch einen Termin bei einem Kunden hatte und bei dieser Gelegenheit bei ihrem Hausarzt vorbeischauen wollte. Als wir in der Pause ein Sandwich zu uns nahmen, schmiegte sie sich an ich.

»Soll ich dir was verraten, Liebling?«, machte sie es besonders spannend.

»Bitte, gern«, erwiderte ich in der Sicherheit, dass jetzt eine gute Nachricht kommen würde. »Mich wird es nicht gleich umhauen, oder?«, übertrieb ich.

»Ich denke eher an das Gegenteil. Ich bin schwanger. Davon ist jedenfalls Dr. Morgan überzeugt.« Ein Lächeln lag auf ihren Lippen.

Ich wusste nicht, ob ich ihr augenblicklich um den Hals fallen oder vor Glück laut aufschreien sollte. Da ich nicht auffallen wollte, umarmte ich sie und drückte sie fest an mich. Die Gedanken, die ich an eine Kündigung verschwendet hatte, waren wie weggeblasen. Derrick Andrews konnte nun tun, was er wollte, ich würde es ertragen.

Die Freude, die ich beim Gedanken an meine bevorstehende Vaterschaft empfand, spiegelte sich in all meinen Taten wider. Ich kam mir vor wie ein Stehaufmännchen. Alles ging mir so leicht von der Hand, und der Stress, der mir so arg aufs Gemüt geschlagen hatte, war wie weggeblasen. Der mentale Höhenflug dauerte bis in die Nacht, und der Sex, den wir an diesem Abend hatten, war die beste Erfahrung, die ich bis dahin gemacht hatte.

In den folgenden Tagen gab es im Betrieb nur ein Thema. Männer wie Frauen unterhielten sich untereinander darüber, wie geil sie, die Frauen, während ihrer Schwangerschaft waren. Tatsächlich trat ein, was mir anfangs als überzogen geschildert vorkam: Vanessa schien unersättlich, und wir hatten fast nonstop Sex, wenn wir zu Hause waren. Als der Entbindungstermin allerdings näher kam, änderte sich einiges. An einen Tag besprang mich Vanessa buchstäblich und riss mir die Kleider vom Leib, wenn ich zur Tür hereinkam, am darauffolgenden war sie kühl und distanziert. Während der letzten Wochen entzog sie sich mir völlig und fauchte, wenn ich sie auch nur berühren wollte.

Ihre Fruchtblase platzte an einem Sonntagmorgen, und wir fuhren ins Krankenhaus. Sie wurde versorgt, aber sonst geschah bis zum Nachmittag nichts. Dann aber wurde sie in den Kreißsaal gebracht. Ich bekam noch mit, wie ihr der Arzt und die Hebamme Anweisungen gaben, dann wurde sie zu einer Art Bett geführt, während ich stehen bleiben musste, damit mir die Schwester einen von diesen grünen Kitteln, die hinten zugebunden werden, anlegen konnte. Dann gab es weitere Instruktionen für meine Frau, wann und wie sie pressen und wie sie atmen sollte. Ich wurde nun an das Kopfende geführt und durfte ihre Hand halten, während die letzten Handgriffe vorgenommen wurden.

Ich hätte mir nie vorstellen können, wie spannend so eine Geburt sein konnte. Natürlich hätte ich gern gesehen, wie das Baby aus ihrem Körper in die Welt gepresst wurde, aber der Blick war mir durch Tücher und die Position am Kopfende verwehrt.

Als das letzte Pressen vorbei war, kam das Baby aus dem Geburtskanal. Der Arzt schaute sofort hoch zu mir und dann zu Vanessa. Der Raum war mit einer beunruhigenden Stille gefüllt, sah man einmal von Vanessas Stöhnen ab. Die Krankenschwester legte das Baby an Vanessas Brust, ohne ein Wort zu sagen.

Seine Haut war schwarz wie ein Brikett.

Schockiert starrte ich auf das Baby, dann schaute ich Vanessa an, deren Gesicht entsetzt und mit Abscheu erfüllt war. Ich trat einen Schritt zurück, drehte mich um und verließ den Entbindungssaal. Als die Tür hinter mir leise zufiel, hörte ich Vanessa schreien: »Benjamin, komm zurück.«

Ich kam gerade bis zum Parkplatz, als ich mich übergeben musste. Benebelt öffnete ich die Tür meines Wagens, umfasste das Lenkrad mit eiserner Faust und fuhr los. Mit starrem Blick steuerte ich eine ganze halbe Stunde lang ziellos durch die Gegend und dann nach Hause. Die nächsten Stunden zerbrach ich mir den Kopf darüber, was gerade geschehen war.

Natürlich konnte ich nicht einschlafen. Wie auch? Meine Gedanken kreisten um das Baby, und ich kämpfte mit meinen Emotionen. Gab es, rein wissenschaftlich gesehen, eine Möglichkeit, dass ich der Vater war? War ein Gendefekt die Ursache für die Hautfarbe? Ich wusste, dass solche Überlegungen völlig unsinnig waren, und begann schließlich, die Fehler für den Fehltritt meiner geliebten Ehefrau bei mir zu suchen.

Hatte ich Vanessa tatsächlich so falsch eingeschätzt? Und wie sollte es nun mit uns weitergehen? Welche logische Erklärung gab es für ihren Seitensprung? Hatte ich etwas getan, das sie dazu veranlasst hatte, mir gegenüber untreu zu sein? Waren vielleicht irgendwelche Anzeichen da, die ich in meiner Verliebtheit völlig übersehen hatte? Gab es vielleicht mehr als nur einen Mann, mit dem sie mich betrogen hatte? Konnten ich unter diesen Umständen unsere Ehe retten, oder gab es überhaupt irgendetwas, das noch zu retten war? Fragen über Fragen, die mir durch den Kopf schwirrten, aber ich kam immer wieder zu ein und demselben Schluss.

Es gibt keinen gottverdammten Weg, wie zwei weiße Menschen mit irischen Vorfahren ein schwarzes Kind zeugen können.

Nachdem ich mich das dritte Mal übergeben hatte, verlor ich meine Kontrolle und zerstörte das gesamte Badezimmer. Vanessa – der Grund, warum ich leben wollte – hatte mich hintergangen. Die emotionalen Schmerzen aufgrund ihres offensichtlichen Seitensprungs bereiteten mir zusätzlich körperliche Schmerzen. In all den Jahren, in denen ich an Liebe und Hingabe geglaubt hatte, war Vanessa untreu und hatte nun das Kind eines anderen Mannes zur Welt gebracht.

Wir alle entscheiden uns irgendwann, wie unser Leben verlaufen soll. Es war ziemlich klar, dass Vanessas Entscheidung mich nicht mit einbezog; sie hatte unseren Eheschwur nicht ernst genommen.

Das Telefon klingelte ununterbrochen, seit ich Zuhause war. Alle Anrufe kamen von Vanessa, und sie bettelte auf dem Anrufbeantworter, dass ich zurückkommen solle, damit wir in Ruhe darüber reden könnten. Sie rief weitere fünf Male an, bis sie weinend und schluchzend bis zum Ende des Bandes jammerte und flehte.

Ich konnte es nicht mehr ertragen und zog den Stecker des Anrufbeantworters, um ihre Stimme nicht mehr hören zu müssen, eilte in die Garage und holte einen Hammer, um das Telefon samt Aufzeichnungseinheit in tausend Stücke zu schlagen. Anschließend warf ich die Trümmer in die Spüle und ließ Wasser darüber laufen.

In Situationen wie dieser ist es sehr überraschend, wie bedeutungslos alles Materielle wird. In den nächsten paar Stunden suchte ich die paar wenigen Dinge, die mir jetzt noch wichtig waren, zusammen und warf sie auf einen Haufen im Wohnzimmer. Alles passte in drei kleine Kartons, die ich zusammen mit meinen losen Klamotten ins Auto schaffte. Ich musste so schnell wie möglich dieses Haus verlassen und Abstand zu all meinen Erinnerungen an die Zeit mit Vanessa gewinnen.

Bevor ich losfuhr, holte ich einen weiteren Hammer und einen Nagel, mit dem ich meinen Ehering an das Kopfteil unseres Bettes im Schlafzimmer nagelte. Ich schmiss den Hammer gegen den Spiegel gegenüber vom Bett und verließ unser Haus. Es war mittlerweile halb zwölf Uhr nachts, als ich mich auf die Suche nach einem Hotel machte.

In dieser Nacht bekam ich kein Auge zu und rief am Morgen meine Sekretärin, Mrs. Garcia, an, um ihr mitzuteilen, dass ich nicht zur Arbeit kommen könne. Mrs. Garcia erkundigte sich nach Vanessa und der Geburt, aber ich legte auf, ohne zu antworten. Ich verbrachte den gesamten Tag im Hotelzimmer damit, Herr über meine Gedanken und Gefühle zu werden.

Am nächsten Morgen merkte ich, dass ich verrückt werden würde, würde ich länger in diesem Hotelzimmer sitzen, und ging schließlich ins Büro. Ich stand vor meiner Bürotür und versuchte mich darauf zu konzentrieren, was Mrs. Garcia mir mitzuteilen versuchte, als Derrick Andrews auf mich zukam.

»Es wurde Zeit, dass Sie endlich zur Arbeit kommen. Ihre Arbeitsmoral geht mir in letzter Zeit gegen den Strich. Der einzige Grund, warum ich Sie nicht feuere, ist der, dass Sie meinen kleinen Bastard durchfüttern sollen.«

Mrs. Garcia und ich starrten ihn mit offenem Mund an. Schmunzelnd redete er weiter.

»Sie wussten davon nichts, oder? Ich ficke Ihre Frau seit zwei Jahren. Und das ziemlich regelmäßig. Sie hat eine richtig süße Muschi.«

Ich bin kein gewalttätiger Mensch, und ich kann mich auch nicht daran erinnern, ihn geschlagen zu haben, aber ich sah Andrews rückwärts über eine paar Stühle fliegen und dann auf John Gordon fallen. Aus seiner Nase schoss Blut, das auf Gordons Schuhen und dem Teppichboden große rote Flecken hinterließ. Mr. Gordon war der Vizepräsident der Gesellschaft und der Chef des Büros in Chicago. Es gab Gerüchte, dass er der nächste Geschäftsführer unseres Unternehmens werden würde. Als Andrews versuchte aufzustehen, trat ich ihm dreimal so fest, wie ich nur konnte, in die Rippen. Nach dem dritten Mal blieb er am Boden liegen, zusammengerollt wie eine Kugel. Ich machte einen Bogen um ihn und lief an den restlichen Kollegen vorbei, die mit aufgerissenen Augen dem Vorfall beiwohnten.

Als ich das Gebäude verlassen hatte, merkte ich, dass meine Hand anschwoll und schmerzte. An nächsten Kiosk kaufte ich drei Eis-Sandwiches, die ich auf die schmerzenden Fingergelenke legte, um sie zu kühlen. Ich steuerte den nächsten Park an und ließ mich auf einer Bank nieder, von der aus man den Lake Arbona überblicken konnte. Innerhalb von drei Tagen hatte sich mein Leben in einen Trümmerhaufen verwandelt. Ich war siebenundzwanzig Jahre alt, von meiner Frau betrogen, meine vierjährige Ehe lag in Scherben, ich hatte keinen Job mehr und würde wahrscheinlich wegen Körperverletzung angezeigt werden. Normalerweise bin ich eine ruhige Person, aber heute habe ich mich in einen Verrückten mit Mordgedanken verwandelt. Als ich dort saß, gingen mir Worte wie Liebe, Betrug, Unehrlichkeit, Verpflichtung, Untreue und Täuschung durch den Kopf, aber ich konnte sie nicht richtig zuordnen. Wie ein total bekiffter Junkie hockte ich auf der Bank und stierte in den gelben Sand, der auf den Wegen lag. Als es dunkel wurde, kehrte ich zurück zum Hotel.

Um halb zehn Uhr abends kühlte ich meine Hand erneut mit Eis, als es an der Tür klopfte. Zu meiner Überraschung war es John Gordon, mein Vorgesetzter.

»Guten Abend, Benjamin. Es war verdammt schwer, Sie zu finden.«

Verwirrt schaute ich ihn an.

»Würde es Sie stören, mich hereinzulassen? Was ich zu sagen habe, könnte etwas Zeit in Anspruch nehmen.«

»Sicher, kommen Sie rein.« Ich trat einen Schritt zurück, um ihm die Tür aufzuhalten. »Mr. Gordon, ich werde mich nicht dafür entschuldigen, was ich heute im Büro getan habe. Mir ist klar, dass ich gefeuert bin, aber ich habe noch ein paar persönliche Sachen dort, die ich gerne abholen würde.«

»Oh ja, heute Morgen. Sie haben wirklich eine interessante Art und Weise, Ihren Dienstag zu beginnen«, sagte er ironisch.

Ich hatte schon angesetzt, um mich zu rechtfertigen, als er seine Hand hob und mir bedeutete, still zu sein.

»Bitte unterbrechen Sie mich jetzt nicht. Ich muss Ihnen etwas sagen und dann nach Hause gehen, bevor mich meine Frau als vermisst meldet. Als erstes möchte ich Ihnen sagen, dass Sie nicht gefeuert sind. Ich bin ehrlich gesagt heilfroh darüber, was Sie heute Morgen getan haben. Derrick Andrews ist mir schon lange ein Dorn im Auge, und ich hasste ihn von dem Moment an, als er unser Büro betrat. Aber er wurde aus der Zentrale geschickt, und so waren mir die Hände gebunden. Wie Sie wissen, habe ich nicht einmal die Hoheit über mein eigenes Personal.«

Er schaute mich mit einem Grinsen im Gesicht an und fuhr fort: »Nachdem Sie gegangen waren, zerrte mich Mrs. Garcia in Ihr Büro und schrie mich auf Spanisch an. Das einzige was ich verstand war »Sie müssen das in Ordnung bringen«. Ich dachte, sie wäre wütend auf Sie, aber sie war wütend auf Andrews. Sie erzählte mir, was er Ihnen in den vergangenen zwei Jahren angetan hat und auch die Sache mit Ihrer Frau. Ja, die Sache hat in der Belegschaft ziemlich große Wellen geschlagen. Um elf Uhr heute Morgen stand Mrs. Garcia mit elf Frauen vor meinem Büro, die wegen sexueller Belästigung gegen Andrews und die gesamte Firma aussagen würden. Sie können sich ja vorstellen, was das bedeutet. Den ganzen Nachmittag habe ich am Telefon mit der Rechtsabteilung in New York verbracht. Die Frauen werden also nicht gegen die Firma aussagen, wenn die Rechtsabteilung sie in der Anklage gegen Andrews vertritt.«

Mir blieb der Mund offen stehen.

»Ich habe jede einzelne Person im Büro befragt und alle bestätigten die Aussagen von Mrs. Garcia. Sie sind sich dessen wahrscheinlich nicht bewusst, aber in unserer Abteilung verdienen Sie den meisten Respekt. Zwanzig Minuten nachdem Sie gegangen sind, haben alle Mitarbeiter ein Papier unterzeichnet, mit dem sie ihre Kündigung androhen, falls wir nicht in ihrem Sinne vorgehen. Benjamin, ich sage Ihnen, so etwas habe ich noch nicht erlebt. Zum Glück hat mich die Geschäftsleitung inzwischen mit soviel Kompetenzen ausgestattet, dass ich das Schlamassel beilegen kann, ohne dass viel nach außen getragen wird. Was nun Ihre Person betrifft, Benjamin, gibt es zwei Möglichkeiten. Aber sagen Sie zunächst, ob Sie an Ihrem alten Platz weiterarbeiten möchten. Ihre Frau wäre dann zwar ständig in Ihrer Nähe, aber ich würde Ihnen den Posten als Abteilungsleiter – eben Andrews’ Stelle – anbieten. Wäre das etwas für Sie?«

»Tut mir Leid, Sir. Das ist völlig ausgeschlossen. Ich bin nicht sehr scharf darauf, aber ich werde diese Gegend hier verlassen. Ich kann nichts gebrauchen, was mich Tag für Tag an diese Schmach erinnert.«

»Kann ich verstehen, und ich akzeptiere es auch. Dann wäre da noch die Alternative zu meinem ersten Vorschlag.«

»Und die wäre?« Ich war jetzt gespannt wie ein Flitzbogen.

»Sie sind ein wertvoller Mitarbeiter, den die Firma ungern verlieren möchte. Ich weiß, dass Sie aus Kalifornien kommen …« Er unterbrach sich selbst. Offenbar wollte er die Reaktion in meinem Gesicht lesen, bevor er weiterredete. Dann sprudelte es aus ihm heraus: »Wohin ich Sie versetzen könnte, wäre das Büro in San Miguel. Soweit ich mich erinnere ist es der Ort, aus dem Ihre Familie stammt. Das könnte in Ihrer jetzigen Situation sehr hilfreich sein.«

Als er San Miguel sagte, wusste ich bereits meine Antwort. Ich öffnete meinen Mund, aber bevor ich etwas sagen konnte, bremste er mich noch einmal.

»Ich will heute keine Antwort«, sagte er. »Überstürzen Sie solch eine Entscheidung nicht, Benjamin. Ich möchte, dass Sie eine Nacht darüber schlafen, obwohl es nicht so aussieht, als würden Sie momentan viel schlafen.«

Er gab mir eine kleine Visitenkarte mit seiner Telefonnummer darauf. »Das ist meine private Nummer, rufen Sie mich morgen früh um neun Uhr an.« Er ging zur Tür, öffnete sie und drehte sich noch einmal mit einem kleinen Lächeln in seinem Gesicht um. »Nur damit Sie es wissen: Seine Nase und drei seiner Rippen sind gebrochen. Ich habe dafür gesorgt, dass man diesen Vorfall nicht schriftlich festhält.« Er drehte sich um und verließ mein Hotelzimmer.

Die Sache mit der Versetzung nach San Miguel war das einzig Gute, was ich in den letzten Tagen gehört hatte. Ich bin in Santa Teresa aufgewachsen, was etwa eine Stunde südlich von San Miguel liegt. Meine Mutter und meine zwei Brüder leben dort immer noch, aber das allein war nicht das Gute an der Sache. Meine beste Freundin der Welt wohnt in San Miguel. Sie heißt Doreen und war schon immer die wichtigste Person in meinem Leben, von unserer Kindheit bis ins Erwachsenenalter hinein. Wir teilten alles. Ich war ihr Trauzeuge und sie die Brautjungfer auf meiner Hochzeit. Es gab nichts, das wir nicht füreinander getan hätten.

Doreen ist außerdem meine Schwester.

Wir sind vier Geschwister. Doreen ist die älteste und ein Jahr früher als ich zur Welt gekommen. Nach mir wurden James und Michael, die beiden Zwillinge, geboren. Wir lieben uns alle, aber als wir Kinder waren, gab es immer zwei Gruppen, ja fast eine Rivalität: James und Michael gegen Doreen und mich. Diese Gruppierung änderte sich erst, als jeder seines Weges ging.

Doreen brachte mir bei, wie man Schuhe zubindet und hielt meine Hand, wenn wir die Straße überquerten. Sie saß auf der Riesenrutsche hinter mir und gewährte mir Zuflucht in ihrem Bett, wenn ich vor den Monstern in meinem Schrank Angst hatte.

Als wir in der Highschool waren, gab sie auf mich Acht und bewahrte mich vor einigen Dummheiten, die mir für die restlichen vier Jahre bis zum Abschluss den Ruf eines hoffnungslosen Idioten eingebracht hätten. Dann kam mein fünfzehnter Geburtstag, und was sie mir dazu schenkte, war das Beste, was einem Jungen in diesem Alter hatte passieren kann. Sie überredete ihre beste Freundin Cindy, ein bildhübsches Mädchen und der unangefochtene Star und Jungenschwarm an der Schule, mich als ihren Begleiter zum Weihnachtsball der Abschlussklasse mitzunehmen. Ich war innerhalb von Sekunden der Held der gesamten Jahrgangsstufe und wurde zur Legende, als sie mir nach dem Ball im Beisein fast aller Mitschüler zum Abschied zuwinkte und einen Luftkuss schickte.

Doreen hatte Rick geheiratet, kurz nachdem er mit seinem Studium fertig geworden war. Als Marketingspezialist der IT-Branche fand er gleich eine einträgliche Anstellung bei einem der Softwareriesen, die von Silicon Valley hierhergezogen waren. Er brauchte nur zwei Jahre bis zum Abteilungsleiter und hatte eine blendende Karriere vor sich. In den Folgejahren bemühten sie sich um Nachwuchs, aber er wollte und wollte sich nicht einstellen. Das ständige Hoffen hatte sie beide schon ganz mürbe gemacht, als Doreen eines Abends nach Hause kam und sich tränenüberströmt an den kleinen Tisch in der Küche setzte, an dem sie morgens ihr Frühstück einnahmen. Aber sie sah nicht so aus, als wäre ihr gerade das größte Unglück widerfahren.

»Um Himmels willen, Doreen, mein Liebling, was ist denn mit dir?«, fragte Rick und kramte ein Taschentuch hervor.

»Was soll schon sein, wenn mir vor Glück die Tränen wie ein Wasserfall das Gesicht herunterlaufen? Ich komme gerade von Dr. Turner. Es gibt so gut wie keinen Zweifel mehr, dass ich schwanger bin. Wir haben es geschafft, Rick. Endlich haben wir es geschafft.«