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Für Nina

 

 

 

 

 

 

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

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ebook im be.bra verlag, 2020

 

© der Originalausgabe:

berlin edition im be.bra verlag GmbH

Berlin-Brandenburg, 2020

KulturBrauerei Haus 2

Schönhauser Allee 37, 10435 Berlin

post@bebraverlag.de

Lektorat: Gabriele Dietz, Berlin

Umschlag: hawemannundmosch, Berlin

 

ISBN 978-3-8393-4136-0 (epub)

ISBN 978-3-8148-0249-7 (print)

 

www.bebraverlag.de

»ALLERLETZTER AUFRUF!«

ABSCHIED VON TEGEL

 

 

 

autorimgDurch die langjährige Teilung der Stadt gab und gibt es in Berlin so einiges doppelt. Zwei Zoos, zwei Opernhäuser, zwei Flaniermeilen, einen Funk- und einen Fernsehturm. Sogar die großen Musiktheater gab es im Doppelpack: das Theater des Westens in Charlottenburg und der Friedrichstadtpalast in Berlin-Mitte. An heißen Tagen vergnügten sich die West-Berliner im damals größten Strandbad am Wannsee, während die Ost-Berliner ihren Müggelsee in Beschlag nahmen. Und natürlich gab es auch zwei (bis 2008 sogar drei) Flughäfen. Vom Ost-Berliner Flughafen Schönefeld flog die Interflug nicht in die große weite Welt, sondern zunächst einmal nur innerdeutsch und in die sozialistischen Brüderländer. Für die Insel West-Berlin war der Flughafen Tegel das Tor zur Welt. Ein Wahrzeichen, das für viele mit Heimatgefühlen verbunden ist und nach der Wende für ganz Berlin zum Symbol der neu gewonnenen Freiheit wurde.

Geschichtsträchtig und bedeutend war der Flughafen Tegel und löste immer wieder nostalgische Gefühle bei den Berlinern aus. Und Erinnerungen: an die erste USA-Reise, an den ersten Flug auf die Kanarischen Inseln, die jährliche Heimreise der »Gastarbeiter« in die Türkei oder an den beliebten Mallorca-Shuttle der Air Berlin.

Es gibt in der ganzen Welt keinen anderen Flughafen, dessen Bedeutung sich so oft änderte. Bereits 2012 sollte er schließen und schloss dann doch nicht. Immer wieder hieß es Abschied nehmen, und dann musste man es doch nicht. Jahrelang wurde die Schließung verschoben und immer wieder aufs Neue abgesagt. Selbst die coronabedingte Betriebsstilllegung im Sommer 2020 entpuppte sich am Ende nur als vorübergehend. Eine Gnadenfrist folgte auf die andere und das Schicksal Tegels gestaltete sich ganz nach dem Motto »Totgesagte leben länger«. In diesen turbulenten Zeiten kochten in Berlin die Emotionen hoch: Über Tegel wurde berichtet, geschrieben, diskutiert, abgestimmt, debattiert. Um Tegel wurde gebangt. Und immer wieder aufs Neue gebangt. Nur kalt ließ das Thema keinen.

Der West-Berliner Flughafen Tegel war schon bei der Eröffnung 1974 eine Besonderheit und ist es bis zur Schließung geblieben. Einst war er der modernste Flughafen Europas, mit der längsten Landebahn und mit einer außergewöhnlichen Architektur. Ein futuristisches Sechseck, eine Architekturikone, die mit der Zeit zu einem Wahrzeichen wurde. Hier spielte sich das glamouröse Zeitalter der Pan Am ab. Hier startete der erste Direktflug nach New York. Hierher durfte jahrzehntelang keine deutsche Airline fliegen. Erst nach der Wiedervereinigung landete die Lufthansa in Tegel, am 28. Oktober 1990, und wurde mit dem Lied »Das ist die Berliner Luft« vom Polizeiorchester in Empfang genommen. Hier kamen John F. Kennedy, Bill Clinton, Barack Obama oder Papst Johannes Paul II. an. Und jährlich Millionen Berliner und Nicht-Berliner.

Der wichtigste Flughafen der Stadt wurde mit der Zeit ein richtiger Berliner mit typischen Berliner Eigenschaften: große Schnauze und ein noch größeres Herz. Schroff, zäh, individuell und gelassen im Angesicht des Chaos. Ein Stehaufmännchen. Gepaart mit einer »Jetzt erst recht«-Mentalität, aus allem das Beste zu machen. Tegel konnte einstecken und war, ganz in Berliner Manier, voller Provisorien. Außergewöhnlich und liebenswert. Ein ehrlicher Flughafen, auf dem es um das Fliegen und nicht um den Konsum ging.

Die innerstädtische Lage machte Tegel auch bei den Touristen beliebt. Obwohl der erste Anblick zuerst viele verwunderte. »Is this the airport? This is so cute!«, staunte eine mit der Delta Airlines gelandete amerikanische Reisegruppe aus New York. Und die hundert Chinesen einer Gruppe aus Peking rieben sich beim Anblick des Hauptterminals verwundert die Augen und ließen ein langes »Oh« und »Ah« folgen.

Fast fünfzig Jahre gab es den Flughafen Tegel. Die Berlinerinnen und Berliner liebten ihn. Das Flug- und Bodenpersonal – vom Piloten bis zu den Reinigungskräften – liebte ihn. Und die Passagiere liebten ihn. Denn an diesem Flughafen herrschte eine besondere Atmosphäre: Die Wege waren kurz, der Umgang miteinander herzlich und familiär. Mitarbeiter aller Airlines packten an, damit der inzwischen in die Jahre gekommene Flughafen die immer höher werdenden Passagierzahlen bewältigen konnte. Solidarität und Kerosin hielten Tegel am Laufen.

So sehr der Flughafen Tegel geliebt wurde, so sehr wurde er in den letzten Jahren vor seinem Ende geringgeschätzt. Der einst tollste Flughafen der Welt war zum Schmuddelkind geworden. Lange Schlangen, Wartezeiten – ein überfülltes Provisorium aus einer Zeit, in der das Fliegen noch bedeutsam war. Er hat es nicht verdient, so in Erinnerung zu bleiben. Deshalb wollen wir mit diesem Buch daran erinnern, was Tegel ausgemacht hat und warum dieser Flughafen besonders war. Wir sind sicher, viele Fluggäste können unsere sentimentalen Gefühle nachvollziehen. Denn viele verbinden mit Tegel schöne, dramatische und weltbewegende Ereignisse.

Berlin gewöhnte sich langsam daran, dass die Berliner Ikonen, der Fernbahnhof Zoo oder die Berliner Fluggesellschaft Air Berlin, verschwunden sind. Das nächste unvorstellbare Ende wurde unausweichlich: der emotionsgeladene Abschied vom Flughafen Tegel. Und auch wir wurden emotional. Denn das Phänomen Tegel und die Seele des Flughafens lassen uns nicht los.

Als wir in der harten Phase des Covid-Lockdowns im April 2020 den Airport besuchen durften, fanden wir ein vollständig leeres Hauptgebäude vor. Es war noch gespenstischer, als 2010 beim Ausbruch des isländischen Vulkans Eyjafjallajökull, denn eigentlich durfte niemand mehr das Terminal A betreten. Unsere Schritte hallten laut, als wir durch die menschenleeren Gänge schritten. Ohne Betrieb, ohne die Menschen war Tegel nur noch ein Gebäude. Es war beklemmend. Für uns fühlte es sich an wie die Generalprobe für die Schließung, das endgültige Aus für Tegel.

 

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Einmalig in Tegel: vom Taxi direkt zum Gate

 

Nun werden die Dauerflieger nie mehr nur knappe dreißig Minuten vor dem Abflug mit dem Taxi vorfahren können, um noch bequem ihre Maschine zu erreichen. Mit der Schließung des Hauptstadt-Flughafens ging eine Ära zu Ende. Eine Ära voller Geschichte und Geschichten. Wir durften Teil dieses einzigartigen Lebensgefühls werden. Wir haben über fünfundzwanzig Jahre dort gearbeitet und Kurioses, Menschliches und Herzergreifendes erlebt. Wir kannten nicht nur jedes Eckchen des Gebäudes, wir verbanden mit jedem Winkel auch Geschichten, die in uns lebendig geblieben sind. Denn das Faszinierendste am Flughafen Tegel war seine Lebendigkeit.

Damit diese Lebendigkeit, die Erinnerung nicht verloren geht, haben wir unser Buch geschrieben, überarbeitet, ergänzt, aktualisiert. Selbst wenn jetzt keine Flugzeuge mehr hier starten oder landen, für uns bleibt es dabei: Wir fliegen auf Tegel.

 

 

Evelyn und Julia Csabai

 

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ANGEKOMMEN – ABGEFLOGEN

EINMAL RUND UMS TERMINAL

 

 

 

autorimgEs war ein Freund, der gerade seine Doktorarbeit schrieb und mit einem Nebenjob am Flughafen das nötige Geld dafür verdiente, durch den wir nach Tegel kamen: Wir sollten in seinem Team Passagierumfragen am Flughafen durchführen. Es war die perfekte Tätigkeit für uns. Wir mussten nur zweimal in der Woche arbeiten und hatten genug Geld zum Studieren. Wir lernten viele Menschen kennen, die sich in einer ähnlichen Situation befanden wie wir: Freiberufler, Künstler, Studenten, Doktoranden, Menschen eben, die Geld brauchten, um ihre Ideen und Wünsche zu realisieren. Für uns war klar, dass wir den Job nur vorübergehend machen würden. Doch es kam anders.

Wir arbeiteten weiter und immer weiter am Flughafen, weiß man doch im künstlerischen Bereich nie, ob der nächste Auftrag kommt oder die nächste Idee verkauft werden kann. Obwohl wir manchmal über Monate nicht in Tegel waren, sind wir immer wieder zurückgekehrt. Schon bald wurden wir Teamleiterinnen und koordinierten gemeinsam die Einsätze. Der Job in Tegel war aus unserem Leben nicht mehr wegzudenken. Der Flughafen und die Menschen, die dort arbeiteten, die Passagiere, unser immer größer werdendes Team. Die Besucherterrasse, die Ansagen, der Kerosingestank. Die Rollkoffer, das Gedränge, der Cheeseburger-Geruch. Die Penner, die Flaschensammler, die Kaffeeverkäufer. Die Klofrauen, die blonden Damen von der Lufthansa, die brünetten von der Air France. Unsere Tage am Airport wurden unbemerkt eine Sucht.

Es wurden fünfundzwanzig Jahre, in denen wir Schwestern gemeinsam lustige, traurige und einfach interessante Geschichten miterlebt oder gehört haben. Für dieses Buch haben wir uns entschieden, ganz zu einer Person zu werden und als gemeinsames »Ich« zu schreiben. Denn es sind nicht nur Julias Geschichten und nicht nur Evelyns Geschichten. Es sind unsere Geschichten, es ist unser Rückblick auf vergangene Zeiten.

 

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Der Flughafen der kurzen Wege wurde immer wieder erweitert

 

Unser Team traf sich meistens unten im Terminal E, eine separierte Halle im Tiefgeschoss mit den reinen Ankunft-Gates 16 bis 18. Daneben befand sich das Bulky Baggage, dort mussten alle als Sperrgepäck deklarierten Gegenstände aufgegeben werden. In dieser unteren Ebene gab es eine ruhigere Ecke, die wir als Treffpunkt, als »Büro« und »Garderobe« benutzten. An diesem Ort saß ich stundenlang, um während unserer Einsatzzeit auf die abgelegten Jacken und Taschen unserer Belegschaft aufzupassen. Hier fanden mich meine Kollegen, wenn sie Fragen hatten, wenn es technische Fehler gab, wenn sie unerwartet Leerlauf hatten und neu disponiert werden konnten. Lange Tage verbrachte ich dort, mitten im Ankunftsgeschehen. Ich muss gestehen, dass ich selbst nach so vielen Jahren keine halbe Stunde bei der Ankunft oder beim Abflug einer Maschine ohne Tränen der Rührung zuschauen kann. Wiedersehen und Abschied sind am Flughafen so präsent, so existenziell, dass man das Gefühl hat, das Leben bestehe aus nichts anderem.

Abflug und Ankunft erlebte man in Tegel direkt und in einträchtiger Nachbarschaft. Während rechts nach einer letzten Umarmung und einem Kuss traurige Gesichter zurückblieben, strahlten links die Wartenden in erwartungsvoller Sehnsucht, die dem glücklichen Wiedersehen vorausgeht. Abschieds- und Freudentränen im großen Fluss der Reisen und Reisenden. Unweigerlich tauchte ich regelmäßig in diesen Fluss ein. Um meinen obligatorischen Rundgang anzutreten. Um zu sehen, ob bei meinen Mitarbeitern alles gut lief, ob sie Hilfe brauchten, Fragen oder Schwierigkeiten hatten. Wie es sich für eine gute Koordinatorin gehört.

 

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Außergewöhnliche Architektur: das futuristische Sechseck

 

Ich bat eine Interviewerin, die gerade Pause hatte, auf unsere Siebensachen aufzupassen, während ich nach oben ging. »In einer Viertelstunde bin ich wieder da!« Dieser Satz ist eher eine Floskel gewesen, jeder von uns war sich im Klaren darüber, dass man es – wenn Tegel voll war – niemals schaffte, in nur fünfzehn Minuten die Runde zu machen. Und Tegel war meistens voll.

Ich verließ unsere Basis. Weit kam ich nicht. Aus dem Gate strömte gerade eine Schar von gelandeten Passagieren. Viele von ihnen blieben stehen, warteten auf weitere, die aus dem Gate traten. Es sammelte sich eine größere Gruppe, bunt zusammengewürfelt, ganz unterschiedliche Menschen, jede Generation war vertreten. Ihre Kleider waren farbenprächtig und wirkten eher wie eine Verkleidung. Innerhalb von Minuten verwandelte sich die Wartehalle in eine fröhliche Bühne. Einige jonglierten mit Bällen, Diabolos oder ihren Hüten. Jemand saß plötzlich auf einem Einrad und kreiste um seinen Gesprächspartner. Größere Kinder staksten auf Stelzen hin und her. Zwei Füße tauchten jäh vor meinem Gesicht auf. Sie gehörten einem Mann, der Distanzen bevorzugt im Handstand bewältigte. Ein Baby übte, auf der Handfläche des Großvaters stehend, das Balancieren. Verzaubert stand ich inmitten einer Arena. Mit der Maschine aus Oslo war eine Zirkus-Großfamilie angekommen. Die letzten Monate hatte sie in Norwegen verbracht, nun blieben sie alle eine Weile in Berlin und Umgebung. Die Sippe reiste mit dem Flugzeug von Auftrittsort zu Auftrittsort. Die Mehrheit flog, nur wenige fuhren die Zirkuswagen auf dem Landweg. Die Kinder flogen immer mit, für die Schulpflichtigen war eigens ein Lehrer dabei. So sieht moderne Zirkusromantik aus.

Mein Blick wanderte über das schillernde Ensemble. In Tegel wurden Vorurteile umgeworfen und abgegriffene Klischees überraschend bestätigt. Ja, die ganze Welt ist ein Zirkus … und Tegel war wohl die Manege.

 

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Von Tegel in die Welt: Blick in die Haupthalle

 

Endlich erreichte ich die Treppe und begab mich hinauf in die kreisförmige Haupthalle, das Terminal A. Von links nahte ein Chinese, er hielt eine Fahne hoch in die Luft – eine Fahne, auf der »Russland« stand. Er war ein Reiseleiter, dem Hunderte chinesische Reisende gehorsam und still folgten. Bevor mich die riesige Touristengruppe erreichte, ergriff ich die Flucht und entschied mich, rechtsherum zu gehen.

In der Haupthalle herrschte ebenfalls reger Trubel. Bis ich mich durchgeschlängelt hatte, wurde ich in der Regel mehrfach angesprochen. Wo sind die Toiletten, die Busse, und überhaupt, die Gates? Wo ist die Check-in-Halle, die Apotheke, der Abflugbereich? Man brauchte keine Uniform zu tragen, um immer wieder mit Fragen gelöchert zu werden, es reichte ein sichtbarer Flughafenausweis.

Diesmal war es eine malaysische UN-Abgeordnete, die nach London fliegen wollte, die mich ansprach. Sie suchte den Check-in. Die vornehme, sichtlich kultivierte Frau war aufgebracht. Sie verstand den Flughafen Tegel nicht. Allein die Tatsache, dass man direkt am Gate einchecken musste, war für sie unbegreiflich, obwohl sie zweifellos viele Flughäfen dieser Welt kannte. Wahrlich einmalig war es, dass man in Tegel keinen großen Departure-Bereich hatte. Die Abflug- und Ankunft-Gates lagen abwechselnd am Gang des Ringes. Jedes Abflug-Gate hatte sein eigenes Check-in, seinen eigenen Zugang und seine eigene Sicherheitskontrolle in Terminal A. Ich erklärte der Dame diese Abläufe. Nachdem sie eingecheckt hatte, staunte sie weiter: Sie durfte noch nicht ins Gate, die Sicherheitskontrolle war noch geschlossen. Sie war extra rechtzeitig hergekommen, weil sie noch ausgiebig shoppen wollte! Ich beruhigte sie: Ihr würde genug Zeit bleiben. Nach der Kontrolle tat sich keine überdimensionale Welt der Shoppingmeilen auf, wie sie es vermutet hatte und von anderen Flughäfen kannte. Bedingt durch die Architektur des Flughafens, gab es hier nur einen kleinen Travel Value Shop. Um den zu durchstöbern brauchte man keine Stunden. Die UN-Delegierte stand verloren da, bis sie von einer Luftsicherheitsassistentin herangewunken wurde. Endlich durfte sie rein! Erleichtert nickte sie mir zu. Ich sah, wie sie nach der Sicherheitskontrolle im Gate stehen blieb und sich erst suchend, dann verdutzt umguckte. Schließlich entdeckte sie den kleinen, aber feinen Shop. Man sah förmlich, wie ihr der Kinnladen herunterklappte, doch dann breitete sich ein Lächeln auf ihren Gesichtszügen aus. Die Panik war Zufriedenheit gewichen. Weniger ist eben oft mehr.

Ich entdeckte vor dem nächsten Gate eine meiner neuen Mitarbeiterinnen, die gerade ihren allerersten Arbeitseinsatz hinter sich hatte. Verstört kam sie auf mich zu. »Mein Interviewpartner eben war ein sehr netter Mann, höflich und zuvorkommend. Ich habe ihn angesprochen, weil ich mich gefreut habe, mit ihm Spanisch zu sprechen, meine Mutter ist ja Spanierin. Er war Mexikaner. Nach meiner ersten Frage fing er an zu schluchzen. Der Arme war nicht in der Lage, ruhig weiterzusprechen, mit gepresster Eunuchen-stimme vertraute er mir an, dass er nach Mexiko fliegt, um seine Mutter zu beerdigen.«

Ich erinnerte mich an ein Interview in Tegel, das ich auf Bulgarisch geführt habe: Ich freute mich sehr darüber, wieder einmal diese Sprache zu sprechen; meine Mama kam aus Bulgarien. Ich sprach eine der Bulgarinnen an. Sie lebte in Berlin, weil ihr Mann an der Deutschen Oper sang. Während die Frau mit mir sprach, vergoss sie bittere Tränen. Ihr Mann war gestorben. Sie flog nach Sofia, um ihn in seiner Heimat zu beerdigen. Ihr Mann flog unten mit, in der gleichen Maschine, im Sarg.

Während ich meine Mitarbeiterin beruhigte und ihr vorschlug, sich als nächsten einen heiteren Gesprächspartner zu suchen, wurden wir auf eine Gesellschaft von etwa fünfzig Menschen aufmerksam, die den Check-in-Bereich überschwemmten.

Ein hochbetagter türkischer Mann wurde eingecheckt, die anderen waren Begleitung. Nachdem das Gepäck aufgegeben und sein Platz reserviert war, stellte sich der Alte vor das Gate. Wortlos bildete sich vor ihm eine Schlange. Einer nach dem anderen, erst die Älteren, dann die Jüngeren und zuletzt die Kinder, traten an ihn heran. Der Reihe nach führten sie die rechte Hand des Greises an ihre Lippen und küssten sie. Einige deuteten den Handkuss nur an. Manche legten seine Hand auf ihr Auge, andere drückten sie auf ihre Stirn. Geküsst wird von Jüngeren aus Respekt und Achtung gegenüber Älteren. Der Handkuss ist in der türkischen Gesellschaft eine alte Tradition, el öpmek genannt, die sich bis heute gehalten hat und vor allem an Feiertagen praktiziert wird. An Festtagen bekommen Jugendliche Geld für das Erweisen ihrer Ehrerbietung. Doch bei dieser Familie ging es nicht um Geld. Die Angelegenheit hier war sehr festlich. Der Abschied schien endgültig zu sein. Der alte Mann kehrte wahrscheinlich für immer in seine Heimat zurück und würde Berlin nie wiedersehen.

Ich musste los, sehr weit war ich mit meinem Rundgang noch nicht gekommen. Wenige Meter weiter wurde mein Blick von einer bunten Familie in wunderbaren Gewändern aus wallenden Stoffen angezogen. Zu ihr gehörten ein etwa fünfjähriger bildhübscher Junge und seine wenig ältere, genauso schöne Schwester sowie deren Mutter und Vater. Oft und gerne rätselte ich, ob die auf den Bänken vor den Gates Sitzenden auf Ankommende warteten oder selber Passagiere waren. Ich hätte wetten können, dass diese Familie nach Hause flog. Doch wie so oft war es auch diesmal anders. Ihrer Unterhaltung entnahm ich, dass die Familie in Berlin lebte und ihren Neffen aus Sri Lanka erwartete. Die Mutter zupfte wiederholt die Kleider der Kinder zurecht, glättete ihre Haare. Der Neffe, ein sehr dünner, schüchterner, etwa achtzehnjähriger Bursche, kam an. Die Eltern umarmten ihn überschwänglich, der Neffe erwiderte die Begrüßung höflich verhalten. Dann holte er stumm aus seinem Koffer eine Seemannsuniform heraus und hielt sie triumphierend hoch. Die Schüchternheit in seinen Gesichtszügen wich selbstsicherer Vitalität. Stolz plapperte er los, erklärte die Bedeutung der Sterne und Abzeichen. Die Familie hörte gebannt zu. Das war sein moment of fame.

Man soll Feste bekanntlich auf dem Höhepunkt verlassen, und so ging ich weiter. Das war gar nicht einfach, denn ich musste mich durch eine Gruppe ungefähr acht Jahre alter, sehr lebhafter Jungs in blauen Trainingsanzügen manövrieren. Sie rannten, hopsten, sprangen herum, und ich hatte enorme Schwierigkeiten, in diesem Gewusel vorwärtszukommen. HJK 04 stand auf ihren Trainingsanzügen. Sie waren die Nachwuchskicker des Helsingin Jalkapalloklubi, dem die Tabelle anführenden Fußballverein aus der finnischen Hauptstadt. Wahrscheinlich waren die Jungs deshalb so gut, weil sie nie stillstanden, immer in Bewegung waren. Ich versuchte mich in ein Fußballspiel hineinzuversetzen, dem imaginären Ball zu folgen. Mit diesem Trick fand ich überraschend schnell aus dem Tumult heraus.

Kaum verließ ich das Fußballfeld, wurde ich schon wieder aufgehalten. Hinter einem Grüppchen von Abholern, die auf eine ankommende Maschine aus Düsseldorf warteten, stand eine elegant gekleidete Frau mit einem King Charles Spaniel. Neben ihr ging ein Mann der Reinigungsfirma mit Besen und Wischmopp seiner Arbeit nach. Derweil legte Fiffi sein wertestes Häufchen direkt vor mich hin. Ich blieb fassungslos vor dem stinkenden Ergebnis seiner Verdauung stehen. Die arme Hundebesitzerin! Wie peinlich ihr die Sache sein musste! Doch die Dame zeigte mit einer lässigen Handbewegung auf den Haufen und sagte zu dem Putzmann: »Sie können es wegmachen!«

Kopfschüttelnd ging ich einige Schritte weiter. Um die zwanzig Berufsfahrer saßen auf der Heizung im Gang. Einige kauten ihre Brote, andere tranken Kaffee aus der Thermosflasche. Die meisten spielten Karten. Gleichzeitig schauten sie in meine Richtung hoch und nickten mir zu. Ich nickte zurück. Die Männer saßen jeden Tag hier und warteten auf Regierungsbeamte aus Köln-Bonn. Seit Jahren kamen sie jeden Morgen zum Flughafen, um ihren Fahrgast abzuholen, spielten Karten und hatten hier, auf der Heizung, eine zweite Familie gefunden. Die Maschine landete, sie packten ihre Habseligkeiten ein. Morgen würden die Karten neu gemischt.

Etwas abseits fiel mir ein anderer Fahrer auf, ein einsamer Mann mit weißen Handschuhen. Kerzengerade wartete er mit professionell versteinerter Mine. Im Hintergrund hörte ich aus dem Lautsprecher eine ermahnende Stimme: »Der Fahrer des Pkw mit dem amtlichen Kennzeichen B-S 401 wird gebeten, sofort zu seinem Fahrzeug zu kommen!« Ich hätte gern erfahren, wen dieser feine Chauffeur abholte, und pirschte mich näher heran: Mr Moukhtari stand auf dem Schild, das er unbewegt hochhielt. Dem Namen nach stammte der Erwartete vermutlich aus Marokko. Die Durchsage wiederholte sich, mit schärferer Stimme und etlichen Ausrufezeichen. Vom Blitz der Erkenntnis getroffen, rannte der Handschuh-Chauffeur hinaus. Eine Sekunde später trat aus dem Ankunft-Gate eine nordafrikanische Familie. Alle sahen sich suchend um. Nachdem der Mann nervös nach allen Seiten Ausschau gehalten hat, ließ er seine Frau und das Baby stehen und wollte den Gang nach demjenigen absuchen, der sie abholen sollte. Ich trat an ihn heran. »Mr Moukhtari?« In diesem Augenblick kam der Fahrer schon zurück. Er verlangsamte seine Schritte, blieb kerzengrade vor dem Herrn stehen und hob sein Schild. Man merkte ihm die Aufregung der letzten Minuten nicht an, er war jetzt wieder der perfekte Chauffeur. Er geleitete die Familie zu seinem Auto, das er vermutlich gerade vorm Abschleppen gerettet hatte.

Zufrieden begab ich mich zum nächsten Gate und entdeckte dort einen weiteren Mitarbeiter. Ich wartete, bis er das Interview beendete. Ein älteres Ehepaar blieb ebenfalls genau hier, dicht neben mir, stehen. Der Mann hatte den Kopf einer Bulldogge und einen riesigen Schnurrbart. Ein fetter Dickwanst mit ausgebeulten Hosen und der dazu passenden Safari-Outdoor-Weste für scheinaktive Rentner. Seine Frau war winzig, nur Haut und Knochen, und wog samt Koffer höchstens vierzig Kilo. Es wunderte mich wenig, dass ihr offensichtlich irgendwann der Appetit vergangen war, da ihr Mann sie pausenlos schikanierte. Wegen jeder Kleinigkeit wurde sie angeraunzt. Sie sagte, sie musste auf die Toilette, er segnete das tatsächlich mit einem »In Ordnung!« ab. Ihre Abwesenheit dauerte länger als eine ausgedehnte Pinkelpause. Der Mann schaute ständig auf die Uhr und wurde sichtlich unruhig; er konnte es anscheinend nicht ertragen, die Kontrolle über seine Gattin verloren zu haben. Unruhig lief er hin und her. Minuten später tauchte sie wieder auf. Als er sie nur von Weitem sah, hob er die Faust und schüttelte sie. Kaum war seine Frau bei ihm angekommen, schlug er sich die Faust in die Handfläche. Mein Gefühl sagte, wenn die beiden nicht unter Menschen gewesen wären, hätte er zuschlagen. Die Frau ertrug alles, ohne eine Miene zu verziehen. Sie war gar nicht in der Lage, eine Miene zu verziehen, denn von den vielen Gesichtsoperationen und Unmengen von Botox war ihr jede Mimik abhandengekommen. Auch eine Möglichkeit, immer cool zu bleiben. Zumindest äußerlich.

Hinter mir auf der Heizung saßen drei ältere Frauen in sichtlicher Reisevorfreude. Kichernd unterhielten sie sich. Ich schnappte auf, dass sie seit dreißig Jahren jährlich eine kleine Freundinnen-Reise unternahmen. Es wurde Zeit für sie, ins Gate zu gehen. »Connie, hast du genug Wasser getrunken?« »Ja.« »Und hast du deinen Blutverdünner genommen?« »Vorhin schon.« »Sind deine Stützstrümpfe eingepackt?« »Im Handgepäck.« Die drei waren gerüstet gegen jegliche Gefahr von Thrombose und bereit, einen langen, weiten Flug anzutreten. Sie verschwanden im Gate nach Düsseldorf.

Ich stapfte weiter den Gang entlang und stolperte fast über einen am Boden schlafenden jungen Mann. Nichts Seltenes. Neulich zum Beispiel schlief eine komplette italienische Schulklasse auf dem Boden: nach Alkohol muffelnd, Arm in Arm, Bein an Bein, Hintern an Hintern, mit unschuldig seligem Lächeln auf den Lippen. Die leisesten Italiener, die ich je gesehen hatte. Ständig traf man in Tegel auf irgendeinen Obdachlosen, der hier oder da schlummerte, doch noch nie hatte ich einen Schlafenden vor einem Ankunft-Gate, mitten im Durcheinander der Wartenden gesehen! Er lag auf dem Bauch und schlief tief und fest. Ein gut angezogener junger Mann mit angesagten Markenklamotten. Ich überlegte, ob er Hilfe brauchte. Die Passagiere rieselten langsam aus dem Gate. Da kam eine junge Frau zu ihm, legte ihre Tasche ab, fing an, ihn sanft zu streicheln und wachzuküssen. Leise flüsterte sie ihm zu »Ich bin gelandet.« Lächelnd öffnete er die Augen, sie umarmten sich, standen auf und gingen. Vermutlich nach Hause, um weiterzuschlafen.

Nicht alle Landungen und Ankünfte waren so sanft. Eine Mutter und ihr kleines Kind stürmten aus dem Gate. Passend zum Kleid der Mutter schimmerte das Gesicht des Mädchens purpurrot. Plötzlich wurde es gelb, dann grün. Sie rannten zum nächsten Mülleimer. Die Mutter schaute noch schnell auf die Aufschriften – Restmüll – Papier – Kunststoff – und schob den kleinen Kopf in letzter Sekunde über den Restmüll. Einen Augenblick später erbrach das Mädchen. Reiseaufregung. Pepe, der Securitas-Mitarbeiter am Ausgang des betroffenen Ankunft-Gates, telefonierte schon nach einer Reinigungskraft.

Zeit zu gehen, dachte ich. Als ich mich umdrehte, flitzte ein kleiner Junge an mir vorbei und verschwand durch die sich gerade öffnende Tür im Sicherheitsbereich. Pepe hatte wieder den Telefonhörer in der Hand, die Eltern redeten verzweifelt auf ihn ein. Sein Blick schien sie zu beschwichtigen. »Ich darf leider die Kontrollstelle nicht verlassen, aber ich habe gerade Hilfe gerufen. Wenn der Kollege da ist, hole ich den Kleinen sofort zurück.« Zum Glück zeigten die Eltern Verständnis. Der Junge konnte ja dort nicht raus, er würde mit einem Schreck davonkommen. Es gab Eltern, die sich mit Gewalt Zutritt zum Sicherheitsbereich verschafften, um ihre Kinder zu holen. Pepe sagte: »Wir hatten hier wirklich schon alles. Die komplette Palette.«

Einige Schritte weiter wurde es wieder ruhiger, die Menschentrauben vor den Ankunftstüren hatten sich aufgelöst, die Abflug-Gates waren geschlossen. Kurze Atempause. Kinder spielten im Gang mit ihren Fernlenkautos. Ein Geschäftsmann wurde von einer vorbestellten Taxifahrerin ein wenig verspätet abgeholt. »Wo waren Sie denn?« Sie war erstaunt über seine Gereiztheit. »Ich stand im Stau. Habe versucht, Sie anzurufen, aber konnte Sie nicht erreichen!« »Ich saß ja auch im Flieger.« Schweigend verließen sie den Flughafen.

Wie undankbar. Ich habe unzählige Reisende getroffen, die hier ankamen und dann festhingen. Die gar nicht abgeholt wurden. Die verzweifelt versucht haben, zu telefonieren und ihre Kontaktperson in Berlin zu erreichen. Die Telefonzellen in Tegel waren oft defekt. Seit ich einen Handyvertrag mit Flatrate hatte, lieh ich mein Mobiltelefon tagtäglich den sitzen gelassenen Ankömmlingen. Ich tippte die Nummer immer persönlich ein. Die Berlin-Gäste konnten dann gemütlich alle Einzelheiten klären.

Herrlich, wenn der volle Gang nach Stoßzeiten leer wurde. Jetzt ein Espresso! Es war kein Zufall, dass dieser Gedanke sich meiner genau vor der Illy Bar bemächtigte, das hatte ohne Zweifel mit Pawlowschen Reaktionen zu tun. Ich bestellte einen Espresso. Die Bar war jetzt fast leer, nur eine Frau und ein Mann saßen nebeneinander an einem Tisch, beide tief in die Beschäftigung mit ihrem Smartphone versunken. Sie saßen zusammen, doch jeder für sich in seiner eigenen Welt. Dann legte die Frau ihr Smartphone weg, lächelte den Mann an. Ich war erleichtert, die Welt war doch nicht verloren, die Menschen konnten auch noch miteinander! Ich hoffte, dass sie sich endlich unterhalten würden. Aber nein, ohne ein Wort von sich zu geben, richteten beide ihre Blicke – immerhin gemeinsam – auf das Smartphone des Mannes.

Jeder findet sein Glück auf andere Art und Weise. Die Bestätigung meiner Erkenntnis lief gerade an mir vorbei. Ein wohlbeleibtes Mädchen, ihr Po sprengte fast die schwarzen Shorts, ihr Kopf war mit einem Kranz aus bunten Blüten, einem Schleier und zwei großen Fühlern geschmückt. Quer über ihren Brüsten leuchtete auf einer rosa Schleife die Inschrift: Bride to be! Sie flanierte auf und ab mit ihrem Groom to be, der überglücklich und genauso stolz war wie sein Schmuckstück.

Gestärkt vom Kaffee, begab ich mich auf die letzten Meter meines Rundgangs. Passagiere sammelten sich für ihren Abflug, der Flughafen füllte sich wieder. Einige Schritte weiter musste ich erneut ausweichen. Ein eiliger junger Geschäftsmann, der einen Trolley mit pink blinkenden Rädern hinter sich herzog, erinnerte mich daran, dass es Donnerstag war. Am Abend würden die fleißigen Unternehmensberater nach Berlin zurückkehren, denn Freitag war ihr Homeoffice-Day. Ich musste an graue Anzüge denken und stand unvermittelt neben einem winzigen, aber knallroten Teppich. Hatte ich irgendein Ereignis verpasst? Goldene Kamera, Berlinale oder Vergleichbares? Nein. Auf dem Teppich saß ein grauer Bordeaux-Doggen-Welpe. Ich wurde zur quietschenden Zehnjährigen, so süß war er! Am liebsten wollte ich ihn mitnehmen! Zum Glück regulierte sich mein aus den Fugen geratener Hormonhaushalt rasch, weil mir einfiel, dass alle Welpen unerträglich niedlich sind, dieser aber zu einer sechzig Kilo schweren Dogge mit schleimtriefendem Maul heranwachsen würde. Ein schönes Überraschungsgeschenk. Ich lächelte der versammelten, mit Sektgläsern wartenden Gruppe zu und dachte daran, dass diese Hunde früher nicht auf roten Teppichen an einem Flughafen saßen, sondern zum Kampf gegen Bären und Wölfe eingesetzt wurden.

 

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Anlaufstelle für Passagiere und Mitarbeiter: die Espresso-Bar

 

Es ist bewundernswert, was die Leute sich alles ausdenken, um ihre Wiedersehensfreude nach langer Trennung zu zeigen. Sie bauen Sektbars auf, malen überdimensionale buntfröhliche Plakate, um jemanden willkommen zu heißen. Sie bemalen sogar sich selbst von Kopf bis Fuß, obwohl sie so Gefahr laufen, dass der Ankommende sie nicht wiedererkennt. Meistens sind es Heranwachsende, die in großen Gruppen abgeholt werden. Die stolze Familie und der kreischende Freundeskreis sind da; oft ist die gleiche Gruppe, die den Heimkehrenden vor fast einem Jahr verabschiedet hat, wieder angetreten. Zu Beginn des Schuljahres brechen zahlreiche Jugendliche in unbekannte Welten auf. Viele von ihnen in roten T-Shirts mit dem Aufdruck Youth for Understanding – eine Schüleraustauschorganisation, die jährlich mehr als tausend Schülerinnen und Schüler ins Ausland entsendet. Wenn die Jugendlichen abreisen, stehen sie am Anfang neuer Erfahrungen. Sie kehren oft erwachsener, reifer zurück, vielleicht mit einem anderen Blick auf die Welt. Mit Erlebnissen im Gepäck, die nicht sofort ausgepackt werden. Wenn man aufmerksam ist, entdeckt man manchmal abseits der wartenden Clique, irgendwo in der Ecke, einen Jungen oder ein Mädchen, verliebt, zitternd, nicht wissend, ob sie immer noch die Auserwählten sind, die sie beim Abschied vor langer Zeit waren.

Ohne weitere Zwischenfälle passierte ich Gate 15, das letzte Gate, machte einen großen Schritt über einige entkräftete Party-Touristen, die an die Wand gelehnt am Boden saßen, und kam ans Ende meines Rundgangs. Geschafft. Einmal rum. Als ich die Treppen zu den E-Gates hinabstieg, stolperte ich über eine auf dem Boden liegende Stange. Eine nicht enden wollende Stange. Fast fünf Meter lang! Sie gehörte einem hochgewachsenen, sehnigen Mann aus Kuba, begleitet von seiner Freundin mit Toni-Garrn-Qualitäten. Die beiden hatten mehrere solche Stangen dabei und wollten sie beim Sperrgepäck aufgeben. Das Fragezeichen muss mir im Gesicht gestanden haben. »Pole vault«, sagte er und hob seine Zauberstäbe. Stabhochsprung.

Vor dem Kubaner lud eine Familie bei Bulky Baggage, also Sperrgepäck, einen Kinderwagen auf das Kontrollband. Der Knirps, dem der Wagen gehörte, war untröstlich und schrie los. Wie sollte sein Leben ohne seinen geliebten Kinderwagen weitergehen?

Etwas weiter sah ich eine ältere Frau mit ihrem Mann. Er saß in seinem elektrischen Rollstuhl, sie schob einen leeren Flughafenrollstuhl zum Sperrgepäck. Sie wollten den E-Rolli aufgeben. Die Frau hob ihren Mann mit großer Anstrengung in den Flughafenrollstuhl. Ich bot meine Hilfe an, aber sie lehnte ab. »Danke, das geht! Das mache ich dauernd.« Ihr Mann lächelte mir zu. Dann gab sie, wieder ohne Hilfe anzunehmen, den großen elektrischen Rollstuhl auf. Das Paar flog in den Urlaub.

Zwei Frauen näherten sich, äußerst wackelig balancierten sie eine lebensgroße Statue zu Bulky Baggage. Ich ergriff die Flucht, bevor ich unter der Statue begraben mein Ende finden sollte, und kehrte zu unserem Treffpunkt zurück. Wie so oft in Tegel beschlich mich das Gefühl, dass ich in der kurzen Zeit viel gesehen und so viel Einblick in Schicksale bekommen hatte wie sonst in einem Jahr. Man nahm die Welt dort wie in einem Brennglas wahr. Meine Mitarbeiterin, die für mich die Stellung gehalten hatte, fragte, ob alles in Ordnung war.

»Ja, alles normal.«

ROSENKAVALIERE

ABSCHIED UND BEGRÜßUNG

 

 

 

autorimgAn einem Flughafen trifft man viele Verliebte. Verliebte, die auf jemanden warten, sind immer aufgeregt. Die frisch Verliebten waren meistens bereits zwanzig Minuten vor der Landung da und warteten ungeduldig vor dem Gate. Einer von ihnen hatte bestimmt eine rote Rose in der Hand. Einige nicht mehr so frisch Verliebte kamen dazu, meistens ohne Rose. Wenn sie die Blume in der Hand eines anderen erblickten, schlich sich bei dem ein oder anderen das schlechte Gewissen ein. Sie schauten sich um und fragten sich, wo man in Tegel Blumen kaufen konnte.

Viele Jahre lang gab es das Blumengeschäft der Familie Aschenbach in der Haupthalle. Typische Last-Minute-Sträuße standen auffällig vor dem Laden: für 9,90, für 15,90 und für 19,90 D-Mark. Immer wurde tunlichst darauf geachtet, dass die Beschenkte keinesfalls durch die Haupthalle kam, damit ihr nicht wie Schuppen von den Augen fiel: Mein Strauß ist ein Billigangebot.

Rosenkavaliere hatten es leichter, allerdings gab es bei Aschenbach nur sündhaft teure rote Rosen mit langem Stiel und etwas preiswertere, kürzere, die in Lichtgeschwindigkeit verwelkten. Hatte das Flugzeug Verspätung, war es ratsam, die lange Rose zu kaufen, sonst überreichte man der Liebsten bei der Ankunft nur trauriges Gemüse. Mit der langen Rose konnte man selbstbewusst durch die Haupthalle am Blumenladen vorbeistolzieren und sich sehen lassen. Wenn ich nach Blumen gefragt wurde, empfahl ich für den Fall einer Verspätung immer den Kauf einer langen Rose.

Entweder wurden sie irgendwann zu teuer oder die verliebten Männer zu knauserig, eines Tages mussten die Blumen weichen, um, wie sollte es anders sein, dem neuen Statussymbol des Jet-Sets, einem schicken Kofferladen, Platz zu machen. Kofferboutique ersetzte Blumengeschäft. Dass der Kofferladen infolge der angekündigten Schließung des Flughafens auch zumachen musste und schließlich die Apotheke dort ihren Platz fand, gehörte zum stetigen Wandel Tegels.

Nun aber standen die Verliebten vor einem Problem, denn in Tegel gab es keine Blumen mehr zu kaufen. Eine ungewöhnliche Situation an einem Flughafen, aber nicht die erste und auch nicht die letzte ungewöhnliche Situation in Tegel. Seitdem sah ich sie immer häufiger, die Es-gibt-kein-Blumengeschäft-was-mache-ich-jetzt-Kavaliere. Aber ich hatte eine süße Alternative ausfindig gemacht und gab, wann und wo ich konnte, meine Empfehlung weiter: »Es gibt in der Confiserie eine herzförmige Dose mit einer kleinen Praline darin, für nur 3,90.« Die Dose wurde der Renner. Immer häufiger stieß man auf Wartende mit roter Pralinendose.

Ungefähr ein halbes Jahr, nachdem der Blumenladen geschlossen worden war, sah ich plötzlich wieder wartende Kavaliere mit einer Rose. Kleine Rose, kurzer Stiel, eng von bedruckter Plastikfolie umhüllt, die Art von Rose, die den Last-Minute-Kauf schon von Weitem in die Menge schrie. Schlimmer als von der Tankstelle. Aber besser als gar nichts. Der Supermarkt im Keller des Airports hatte mitgedacht und sein Sortiment erweitert. Um die dreißig Rosen wurden täglich in einem braunen Aufwascheimer drapiert. Sie waren teuer und hässlich, trotzdem war der Eimer am Abend leer. Doch unterschieden sich die Rosen merklich von denen aus dem ehemaligen Blumenladen: Sie verwelkten nicht. Ich habe einmal eine solche vergessene Rose gefunden und mit nach Hause genommen. Sie blühte und blühte, selbst nach mehreren Wochen sah sie noch aus wie gerade erstanden. Es war fast unheimlich. Aber ich konnte sie mit gutem Gewissen selbst bei mehrstündiger Verspätung einer Maschine den Wartenden nahelegen, sie sogar bei einem Schneesturm, der den Flughafen einen halben Tag lang lahmlegen konnte, problemlos empfehlen. Selbst während des Vulkanausbruchs, der den gesamten Flugverkehr für mehrere Tage pausieren ließ, fand ich wärmste Worte für die Rose. Sie würde auch nach Tagen noch aussehen wie frisch.

 

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Last-Minute-Rose: In Tegel war sie nicht leicht zu finden

 

Oft habe ich mir vorzustellen versucht, wie die Frau wohl aussehen wird, die gleich in den Arm genommen werden soll, wie der Mann, der gleich strahlend auf seine Freundin zulaufen wird. Ich lag fast immer daneben.

Der Rastamann schloss eine verklemmte Bankkauffrau in die Arme, ein einsfünfzig großer Mann küsste auf Zehenspitzen die um anderthalb Kopf größere Doppelgängerin von Nadja Auermann. Der gestriegelte Anzugträger umarmte verliebt ein Hippiemädchen samt Gitarre, ein trendiger Bartträger mit eng anliegendem Grobripp-Shirt, Slim Jeans und natürlich Hut sein Spiegelbild, einen trendigen Bartträger mit eng anliegendem Grobripp-Shirt, Slim Jeans und natürlich Hut. Aber ohne Ausnahme freuten sich alle über eine rote Rose, egal ob kurz oder lang, teuer oder billig, mit oder ohne bedruckte Plastikfolie.

Dramatischer wird es, wenn Verliebte sich verabschieden. Die Emotionen sind stärker als beim Wiedersehen. Beim Wiedersehen verschwinden die Paare so schnell sie können vom Flughafen. Sie begrüßen sich innig, und weg sind sie. Abschiede spielen sich voll und ganz vor Ort ab und können routiniert bis hochdramatisch sein.

Es gibt Paare, die es gewohnt sind, sich zu verabschieden. Ihr Kuss ist oft innig, aber kurz, die Gewissheit des baldigen Wiedersehens steckt mit darin. Manche verabschieden sich schon im Auto; der Kuss beginnt, während noch der Kofferraum zugemacht wird. Geschäftsleute oder beruflich Reisende leben damit, dass es immer wieder Tage, manchmal Wochen gibt, in denen sie Mann, Frau und Familie nicht sehen. Schlimmer ist es, wenn lange Trennungen anstehen oder frisch Verliebte ihren Liebsten am Gate zurücklassen müssen.

Es war ein Montagmorgen, als ein herzzerreißender Schrei durch den Flughafen hallte. Er kam vom Check-in nach Frankfurt bei Gate 9. Die Schlange war lang, dort standen viele Passagiere, die in Frankfurt Richtung USA umsteigen wollten. Der Schrei wiederholte sich. Ich dachte zuerst, dass jemand erstochen würde, so viel Schmerz lag darin. Doch dann entdeckte ich einen kleinen, dünnen, rothaarigen Mann, der Woody Allens hässlicher kleiner Bruder hätte sein können. Er warf sich schreiend zu Boden, schlug mit den Fäusten auf die Steinplatten und stöhnte mit verzerrtem Gesicht. Vor ihm stand eine robuste, große Frau, die wie eine hässliche ältere Schwester von Cindy aus Marzahn aussah. »Steh auf, steh auf«, flehte sie ihn auf Englisch mit deutschem Akzent an. Als er aufstand, umarmte sie ihn und sein Gesicht verschwand zwischen ihren gigantischen Brüsten.

Ich war mir nicht sicher, ob der zweite Schrei nicht durch akuten Sauerstoffmangel ausgelöst worden war, denn der arme Mann bekam im Dekolleté der Geliebten garantiert keine Luft. Das schien ihn aber viel weniger zu stören als die Tatsache, dass sie sich weiter und weiter in der Schlange nach vorn bewegten. Er wollte sichtlich nicht abreisen und klammerte sich an den fleischigen Armen der Frau fest. Sie hieß Ursula. Wirklich, Ursula – kleine Bärin. Ich hätte mir für sie keinen besseren Namen vorstellen können, denn genau in diese Bärin hatte sich Woody Allens Bruder vermutlich an einem der vergangenen fünf Tage verliebt. Beide trugen Schilder, auf denen sie sich outeten als Teilnehmer eines Ärztekongresses, der gerade in Berlin stattgefunden hatte. Auf diesem Kongress musste es zwischen ihnen gefunkt haben. Mit einer Wucht, die nur eine solche Ursula auslösen konnte.

Der Kongress für Infektionskrankheiten und Tropenmedizin hatte am Mittwoch begonnen und am Vorabend geendet. Ich malte mir aus, wie Woody sich während eines Mikrobiologie-Vortrages umgedreht und Ursula erblickt hatte. Beim Immunologie-Empfang funkte es schließlich auch bei ihr, endgültig nähergekommen waren sie sich in der Pause zwischen Infektologie und Venerologie … Beim Abschlussempfang hatten sie mutig zwei Gläser Champagner geleert, und dann war es passiert. Ohne Rücksicht auf die Sicherheitsvorkehrungen für Virologie, die Bibel für Hygiene und das Einmaleins für Immunologie landeten sie gemeinsam im siebten Himmel. Und genau aus diesem drohte jetzt das Flugzeug der Lufthansa ihn auszufliegen.

»Ich will nicht gehen, ich will nicht gehen«, schrie er auf Englisch, ohne Zweifel mit amerikanischem Akzent. Und dann sagte sie etwas, das einen noch lauteren Schrei auslöste: »Aber warum bleibst du nicht noch einige Tage?« Er fiel auf die Knie. »Meine Familie! Ich kann sie nicht verlassen! Doch, ich kann! Nein, ich kann nicht! Wieso hast du nicht letzte Nacht gesagt, dass ich bleiben soll?« Keine Antwort. »Du hättest das letzte Nacht sagen müssen!« Er machte Anstalten, sich wieder auf den Boden zu werfen, doch diesmal kam ihm Ursula zuvor. Sie fiel mit einem kolossalen Knall auf den Rücken, ihre Augen starrten ins Leere. Es dauerte keine zwei Sekunden, da hatte Dr. Allen überprüft, dass Ursula lediglich einen Schwächeanfall und nicht den Tod erlitten hatte. Jetzt zog sie Woody zu sich hinunter, er verschwand fast zwischen ihren Brüsten, nur seine Beinchen zappelten in der Luft. Doch nun war er der Herr der Situation, er schrie: »I love you! I love you! And now I have to goooooo!«

Dann stand er zügig auf und stellte sich mit seinem Koffer vor die Dame am Check-in-Schalter. Einige Passagiere halfen Ursula wieder auf die Beine. Sie taumelte, orientierte sich und stürmte ihm nach. »Bleib, bleib, my love!« Erneut warfen sich beide auf den Boden, die Schlange formierte sich zu einem kleinen Kreis um sie. Inzwischen bewegte sich kaum noch jemand am Gate 9 vorbei. Passanten und Mitarbeiter blieben wie angewurzelt stehen. Die Zeit war reif für einen Polizeieinsatz.

Wahrscheinlich hatte eine der Damen am Check-in den Notruf ausgelöst. Vielleicht schon, als der rothaarige Doktor zum ersten Mal zu Boden fiel. Und ziemlich sicher hatten die Beamten vor den Monitoren seitdem alles verfolgt. Man merkte ihnen an, dass sie sich kaum beherrschen konnten, als sie Mr. Immunologie baten, sich schleunigst durch die Sicherheitskontrolle zu begeben, wenn er mitfliegen wolle. Er wollte. Todesmutig barg er noch einmal sehnsüchtig seinen Kopf zwischen Ursulas Brüsten. Während sie seinen Kopf in die Hände nahm, sah ich ihren Ehering kurz aufblitzen. Als er der Check-in-Mitarbeiterin seinen Pass zur Kontrolle reichte, war er wieder er selbst: ein vertrauenerweckender Arzt aus New York, eventuell ein Verwandter von Woody Allen, höflich lächelnd.

Bevor er die Glastür zur Sicherheitskontrolle passierte, drehte er sich noch einmal um. Doch er schaute in fremde Gesichter. Ursula war weg. Sie war schluchzend aus dem Gebäude gestürmt, als er seinen Pass dem Beamten des Bundesgrenzschutzes überreichte.

Oft beginnt und endet ein Doppelleben am Flughafen. Nicht immer ist es für Außenstehende erkennbar, was gerade vor sich geht. Wie bei dem Mann und seiner Frau, die händchenhaltend auf den Check-in-Automaten zumarschierten. Eine alltägliche Szene. Sie steckte routiniert ihre Karte hinein, drückte abwesend die Tasten, heraus kam ihr Boardingpass. Beide hielten sich eine ganze Zeit umarmt, küssten sich, lächelten. Er sagte: »Ich hol dich dann morgen ab, Schatz« und »Ich werde dich vermissen«. Dann verschwand sie durch die Sicherheitskontrolle und er ging zurück zum Auto. Sie war noch nicht durch die Kontrolle, da zückte er schon sein Handy und ich hörte folgenden Satz: »Sie ist bis morgen Abend weg. Wir können endlich wieder die ganze Nacht zusammen verbringen. Ich bin um sechs bei dir.«

Der Flughafen hält viele solcher Geschichten bereit. Mal sind es die Frauen, die ihren Partner lächelnd belügen, mal die Männer. Aber zum Glück gibt es auch sie noch: die wahre Liebe.

Zuerst habe ich sie kaum wahrgenommen, den Punk-Jungen und das Mädchen. Sie waren jung, vielleicht grad mal achtzehn. Seine Frisur fiel mir auf, sein schöner Irokese. Nicht zu lang und nicht zu kurz, hart wie ein Brett, und er stand ihm sehr gut. Die beiden hielten Händchen, während sie in der Check-in-Schlange nach London warteten, während sie gemeinsam ihren Koffer auf das Förderband hoben, während sie ihre Boardingkarte entgegennahm, während sie sich immer und immer wieder küssten. Sogar in der Schlange zur Passkontrolle ließen sie einander nicht los. Bis der Polizist an der Passkontrolle sagte: »Junger Mann, Sie dürfen ohne Boardingkarte nicht weiter.«

Er schien aus einem Traum zu erwachen, verwirrt, leicht benommen. Er zerrte das Mädchen zur Seite, griff in seine Jackentasche, zog eine zerfledderte rote Rose heraus und überreichte sie. »Oh, thank you, but they won’t let me take this home to New York.« Sie gab ihm die Rose zurück und bat ihn, sie für sie bis zu ihrer Rückkehr aufzubewahren. In diesem Moment fing er an zu weinen. Er sagte nichts, hielt ihre Hand und weinte, weinte, weinte. Sie löste sich von ihm, ging durch die Sicherheitskontrolle, winkte ihm immer wieder zu. Der Junge winkte mit der Rose zurück. Tränen liefen ihm die Wangen hinunter. Als sie an der anderen Seite der Glastür angekommen war, legten sie ihre Hände an der Scheibe aneinander.

Sie war die Letzte, die in das Flugzeug stieg. Die Dame vom Check-in legte ihr die Hand auf die Schulter, zog sie sanft von der Glasscheibe weg und begleitete sie zum Korridor. Sie war schon außer Sichtweite, als er wieder anfing, ihr mit der Rose nachzuwinken, tränenüberströmt, ohne einen Laut von sich zu geben.