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© 2022 Langen Müller Verlag GmbH, München

Alle Rechte vorbehalten

Umschlaggestaltung: Sabine Schröder

Umschlagmotiv: shutterstock

Redaktion: Daniela Wilhelm-Bernstein

Satz und E-Book-Konvertierung: VerlagsService Dietmar Schmitz GmbH, Heimstetten

ISBN 978-3-7844-8400-6

www.langenmueller.de

Inhalt

Vorwort

Vorstellung der Rabenvögel

Die »Schwarzfedrigen« und die Intelligenz

Was sind Rabenvögel?

Von Krähen und Menschen

Die Rabenkrähe Tommy

Der Kolkrabe Mao

Landkrähen

Regulierungsversuche von Landkrähen

Kolkraben im Flachland

Winterkrähen

Stadtkrähen

Großstadtrevier

Die Attraktivität der Städte

Intelligenz der Krähenvögel

»Nusskrähen«

Rabenschwarze Intelligenz weltweit

Rabenmythen

Sagenhafte Rabenvögel

Unglücksraben

Ausblick

Nachwort zur 4. Auflage

Zuschriften und Rückblick

Bildteil

Literaturhinweise

Vorwort

Meine erste nähere Bekanntschaft mit den Rabenvögeln machte ich mit einer Dohle. Damals war ich gerade zehn Jahre alt. Ein älterer Junge hatte seit dem Jahr davor eine »Dachl«, wie die Dohlen im Niederbayerischen hießen. Einen frei fliegenden Vogel zu besitzen, beeindruckte mich so sehr, dass ich unbedingt auch eine Dohle haben wollte. Auf mein Bitten und Drängen hin verriet er mir schließlich, wie man an eine junge Dohle kommt. In die Spitze unseres Dorfkirchturms müsse man zur rechten Zeit im Mai steigen. Ganz oben sind ihre Nester! Eine Treppe im gemauerten Turm und dann Steiggriffe am zentralen Balken führen dort hinauf.

An einem ruhigen Tag in den Pfingstferien riskierte ich es. Die Treppen hoch, das ging sehr schnell. Schwieriger wurde es in der engen Turmspitze, weil ich bald nicht mehr aufwärts schauen, sondern nur noch tasten konnte. Zudem war es stickig heiß und sehr staubig. Die Dohlen nisteten seit Jahrhunderten in diesem Turm. Sie bauten die Nester auf den Sparren und Streben alljährlich Schicht um Schicht höher, bis so ein Nestturm zu hoch wurde und abstürzte.

Die Bestandteile der Nester voller Kotreste, mit viel Staub und Mumien von Jungvögeln, die nicht zum Ausfliegen kamen, landeten in der Tiefe auf der oberen Plattform des gemauerten Turms, wo sie der Mesner alle Jahre wieder einmal entfernen musste. Beliebt waren sie daher nicht, die kleinen schwarzen Dohlen mit ihren silbrig grauen, irgendwie »klug« wirkenden Köpfen und den stahlblauen Augen. Aber man duldete sie, weil es schon immer so gewesen war, dass sie in der Turmspitze lebten. Wenn die Glocken geläutet wurden, kamen sie aus allen Luken mit lautem Geschrei hervor, umschwärmten flatternd den Turm, beruhigten sich wieder und verschwanden darin.

Mindestens 50 Dohlenpaare hausten damals im Kirchturm. Die meisten hatten Junge, als ich die Kolonie erreichte. Daher war es leicht, einen passend erscheinenden Jungvogel aus einem der Nester zu holen, die in Griffweite waren. Ziemlich verdreckt von all dem Zeugs, das auf mich niederging, weil ich unweigerlich an alte Nester stieß, aber mit einer schreienden Jungdohle als Beute, die ich unter dem Hemd versteckt hielt, kehrte ich zurück und schlich mich wie ein Dieb aus der Kirche.

Ein schlechtes Gewissen hatte ich nicht, denn mit zwei bis drei Jungen pro Nest und somit sicherlich über 100 Jungvögeln allein in jenem Jahr schien mir der Verlust einer Dohle vertretbar. Zudem sollte diese ja nicht umkommen, sondern großgezogen werden und frei fliegen. Vielleicht würde sie auch wieder zur Kolonie zurückkehren – was sie später tatsächlich tat. Denn ich hatte nicht bedacht, dass die so muntere, schon richtig keck um sich schauende Jungdohle viel zu alt gewesen war, um auf Menschen geprägt zu werden. Sie fraß, schien unersättlich, wuchs heran, lernte von selbst das Fliegen und als sie so richtig schön groß geworden war, flog sie davon, zurück zu den Ihrigen. In den knapp zwei Monaten, die sie unter meiner Fürsorge aufwuchs, hatte ich viel gelernt.

Am eindrucksvollsten war, wie genau sie mich kannte und von allen anderen Menschen unterschied. Egal, wie ich gekleidet war, sie irrte sich niemals. Als sie fliegen konnte, streifte sie ums Haus herum, lernte die Umgebung kennen und verflog sich nicht ein einziges Mal. Die Leute im Dorf beeindruckte ich mit meiner Dohle sehr. Denn wenn ich sie »Hansi« rief, so hatte ich sie genannt, antwortete sie mit »da, da« und kam auch meist sogleich angeflogen. Gern saß sie auf meiner Schulter, knabberte dabei am Ohrläppchen und quatschte mir unentwegt auf Dohlisch ins Ohr.

Die Stunden, die ich in die Schule musste, mochte sie nicht. Da blieb sie im Haus eingesperrt. Nachmittags gingen wir »fliegen«. Gemeinsam suchten wir dann auf der Wiese nach Insekten. Da war sie natürlich viel besser als ich. Als die Sommerferien begannen und ich den ganzen Tag Zeit für sie gehabt hätte, verließ sie mich. Sie verstand offenbar die Rufe ihrer Artgenossen. Leider hatte ich sie nicht beringen können, weil die Ringe aus Plastik, die unsere Hühner trugen, für ihre dünnen Beine zu groß waren. Deshalb weiß ich nicht, wie es ihr bei den Dohlen im Kirchturm weiter erging.

Die kleine Dohle hatte ein Interesse erweckt, das nachwirkte. Fünfzehn Jahre später zog ich eine Rabenkrähe auf. Diese war klein genug. Sie hatte die Augen noch geschlossen und als sie sich öffneten, mich als erstes Lebewesen erblickt. Da hielt sie sich selbst für meinesgleichen und blieb. Über Jahre bekam ich mit dieser Krähe höchst ungewöhnliche Einblicke in das Leben von Rabenvögeln. Besonders Spannendes kam hinzu, als ein Freund den intelligentesten aller Vögel, einen Kolkraben, erhielt. Dieser Rabe lernte auch mich und einen kleinen Freundeskreis individuell kennen.

Jahrzehnte der Forschung an frei lebenden, »wilden« Rabenkrähen, Elstern und Dohlen folgten. Mein Interesse an dieser »Rabenschwarzen Intelligenz« ist nach einem halben Jahrhundert Beschäftigung mit den Krähenvögeln ungebrochen. Aus allen Teilen der Erde kommen immer wieder neue Entdeckungen und die erstaunlichsten Berichte über ihre Fähigkeiten.

Bei uns werden sie hingegen alljährlich zu Zehntausenden abgeschossen. Ist die Bekämpfung der Krähenvögel gerechtfertigt und sinnvoll? Warum ist unser Verhältnis zu ihnen so zwiespältig? Das habe ich mich früher oft gefragt. Ich meine, einige Antworten dazu geben zu können, warum ausgerechnet die intelligentesten Vögel am wenigsten beliebt sind.