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© Die inhaltlichen Rechte liegen beim Autor

© Verlag Kern, Bayreuth

Autor: Martin William Pavlicic

1.Auflage 2014

Layout-Satz: Brigitte Winkler, www.winkler-layout.de

Lektorat: Felix Haenlein

Zeichnungen: Sarah Staar

Sprache Deutsch, 128 Seiten

1. digitale Auflage: Zeilenwert GmbH 2014

ISBN: 9783957160 - 027

ISBN E-Book: 9783957160430

Inhalt

Cover

Titel

Impressum

Vorwort

Unsere Elster Jackie

Jackie kommt nach Hause

Jackie bekommt seinen Namen und lernt essen

Jackie lernt fliegen

Nichts mehr ist vor Jackie sicher

Jackie fliegt in die Freiheit

Jackie bekommt Heimweh

Wie Jackie Elsa kennen lernte

Wie Jackie zu den Menschen kam!

Jackies erster Flug!

Jackies Flug in die Freiheit

Jackie rettet Elsa aus den Fängen eines Habichts!

Jackie und Elsa verlieben sich!

Tom und Jackie werden Freunde

Horst und Martin suchen einen Bauplatz für Elsa und Jackie

Eine aufregende Nacht

Der Nestbau beginnt

Jackie und seine Freunde sind keine Diebe!

Es droht Gefahr!

Die Elstern schließen Freundschaft

Einauge hat großen Hunger

Einauge geht auf die Jagd

Elsa ist im Fuchsbau gefangen

Elsas Befreiung

Alltag bei den Elstern

Tom und Jackie beziehen ihre Nester

Bürgermeisterwahlen

Weitere Kinderbücher

In einer stürmischen Gewitternacht wird eine junge Elster aus ihrem Nest geschleudert und wächst bei den Menschen, die ihr den Namen Jackie geben, auf. Als Jackie flügge wird, verlässt er die Menschen und lernt ein Elsternmädchen kennen, mit der er die Elsternschule besucht. Doch damit beginnen erst die Abenteuer mit den Elstern und anderen Tieren.

Unsere Elster Jackie

Es war einer jener Tage, an welchen man mit offenen Augen nur noch von einer großen Tüte Eis und einem kühlen Badesee träumt. Die Sonne schickte unbarmherzig ihre heißen Strahlen auf die Erde, die Luft flimmerte in der Hitze und Mensch und Tier suchten so gut es ging nach einem schattigen Plätzchen. Selbst die Straßen schienen menschenleer und die Blätter an den Bäumen hingen schlaff von ihren Ästen und bewegten sich nicht. Auch die Vögel, die den ganzen Vormittag zwitschernd umher flogen, hatten sich in irgendwelchen Büschen und Bäumen verkrochen. Die schwüle Hitze umklammerte das Land so, als würde sie alles versengen wollen. Langsam verging der Nachmittag und selbst die Abendstunden wollten keine rechte Abkühlung bringen. Opa und Oma saßen in der Abenddämmerung auf ihrer Terrasse, und genossen die inzwischen angenehme Wärme. Opa, der sonst abends noch gerne ein kühles Bier trank, hatte sich heute eine Radlermaß eingeschenkt. Langsam brach die Nacht herein. Ein leiser, leichter Wind, der plötzlich aus westlicher Richtung kam, brachte eine kleine Kühlung.

Dort, wo der Windstoß herkam, türmten sich bedrohliche dunkle Wolken auf.

Opa sagte gerade: „Da kommt heute noch etwas auf uns zu.“ Da sah Stephanie es auch schon: Ein heller, greller Blitz sauste von Himmel im Zickzack-Kurs auf die Erde nieder. Es dauerte nicht lang, da hörten Stephanie und die Großeltern bereits ein dumpfes, dunkles Grollen. Es blitzte nun häufiger und aus dem leisen Grollen war inzwischen ein andauerndes Donnern geworden. Manchmal gab es außerdem einen besonders lauten Knall. Da sagte Opa nur: „Jetzt hat der Blitz eingeschlagen.“ Dann fing es auch schon an zu regnen. Die Großeltern packten alles, was auf der Terrasse stand und im Gras herumlag, zusammen und trugen es schnell ins Haus. Aus den anfänglich einzelnen Tropfen wurde innerhalb weniger Sekunden ein Geprassel und Geknatter, als würde der Himmel mit Maschinengewehren auf die Erde feuern. Es sah auch so aus. Tausende Eiskugeln, groß wie Taubeneier prasselten mit dem schweren Regen unentwegt an die Fenster. Aus dem anfänglichen leichten Wind war inzwischen ein Orkan geworden. Die Bäume, die sonst so stolz ihre Kronen in den Himmel reckten, verbeugten sich so tief, dass man glaubte, ihre Wipfel würden den Boden berühren. Aus der Ferne war eine heulende Sirene zu hören. Bald darauf stimmte auch das Martinshorn eines Feuerwehautos mit ein. Da erzählte Oma: „Das sind die Nächte, in denen Sterne geboren werden.“ So plötzlich wie das Gewitter gekommen war, ebbte es wieder ab. Nur ein leichter Regen fiel noch bis zum Morgen weiter.

Jackie kommt nach Hause

Am nächsten Morgen, als Stephanie erwachte, stand die Sonne schon hoch am Himmel. Mutti rief gerade: „Stephanie, aufstehen und frühstücken, wenn du mit mir zum Einkaufen mitfahren willst!“ Das musste Mama ihr nicht zweimal sagen. Stephanie war gestern bei dem Gedanken daran, wie viele Sterne wohl neu geboren worden waren, schnell eingeschlafen und fühlte sich heute wie neu geboren. Mit einem Satz war sie aus dem Bett, im Bad, und saß bereits am Frühstückstisch, als Mutter gerade zum zweiten Mal nach ihr rief.

„Aber Mama, wo bleibt denn mein Frühstück, ich bin doch schon lange fertig“, antwortete Stephanie. „Ja das ist aber schnell gegangen, hast du dich auch ordentlich gewaschen und die Zähne geputzt?“

„Ja Mama, schau, sie glänzen wie die neuen Sterne, die gestern bei dem Sturm neu geboren wurden.“ Mutter hatte von dem Sturm gestern Abend nicht viel mitbekommen, denn sie musste arbeiten. Sie hatte Spätschicht in einer Fabrik, die etwa 15 Kilometer von zu Hause entfernt war und dort hatte es kein Gewitter gegeben. Erst auf der Heimfahrt sah sie die Blätter auf den Straßen und ein paar umgestürzte Bäume. Sie konnte sich schon denken, dass hier ein großer Sturm getobt hatte und Oma die alte Geschichte wieder erzählt hatte, um Stephanie etwas zu beruhigen. Als sie noch klein war, hatte Oma Stephanies Mutter bei schweren Gewittern auch immer diese Geschichte erzählt. Als Stephanie gefrühstückt hatte, fuhren die beiden los, um einige Einkäufe zu tätigen. Am Rückweg, es war circa 200 Meter vor dem Ortsschild unseres Dorfes, rief Stephanie: „Halt, Mama, stopp, schnell, ich hab da was gesehen!“ Die Mutter hielt das Auto sofort mit quietschenden Reifen an. Glücklicherweise befand sich genau in diesem Moment niemand vor und hinter ihnen auf der Straße. In der Aufregung hatte Stephanies Mama nämlich überhaupt nicht darauf geachtet, was sehr gefährlich ist. Stephanie stieg sofort aus und rannte ein paar Schritte zurück. Dann sah sie es. Auf der Straße saß eine kleine Elster. Ihr dünnes Gefieder war bis auf die Haut durchnässt und fliegen konnte sie wohl auch noch nicht. Mama stieg auch aus, um zu schauen was Ihre Tochter da gefunden hatte. „Mama“, rief Stephanie, „öffne bitte den Kofferraum, das ist eine kleine Elster, und wenn wir sie hier lassen, wird sie nur überfahren. Wir müssen sie unbedingt mit nach Hause nehmen!“ Kurzum, Mutter öffnete den Kofferraum und man nahm den kleinen Vogel einfach mit, da konnte der kleine Schreihals noch so zetern und krächzen. Als sie daheim waren, lief Stephanie sofort zu Opa, und rief schon von weitem: „Opa, schnell komm, wir haben eine kleine Elster im Kofferraum, du musst uns helfen, den Vogel ins Haus zu bringen!“ Opa öffnete den Kofferraum einen kleinen Spalt breit, da hörten sie auch schon das krächzende Schimpfen des kleinen Rabenvogels. Daraufhin schloss Opa den Kofferraumdeckel erneut. Er sagte nur: „Wir müssen einen Käfig aus dem Keller holen, am besten nehmen wir den, mit dem wir die Katze Mimi zum Tierarzt fahren, wenn wieder eine Impfung fällig ist.“ Stephanie lief zu Oma und bat sie, ihr zu zeigen, wo der Transportkäfig für die Katze verstaut war. Als Oma ihr den Käfig gegeben hatte, lief sie damit schnell zu Opa. Sie öffneten den Kofferraumdeckel erneut, in der hintersten Ecke saß der Vogel zusammengekauert und Opa konnte ihn leicht einfangen. Erst als Opa ihn in den Händen hielt, fing der kleine Schreihals wieder zu krächzen an und drohte mit seinem überdimensional großen, schwarzen Schnabel. Opa steckte ihn schnell in den Käfig, Stephanie verschloss ihn und dann trugen sie ihn ins Haus. Drinnen klärte Opa Stephanie auf: „Weißt du, Stephanie, ihr hättet den Vogel dort lassen sollen, denn kleine, junge Tiere haben auch Eltern und die lassen ihre Jungen nicht allein, sie beobachten sie unentwegt, und füttern sie auch noch am Boden, auch wenn du sie nicht siehst. Aber ein Elterntier ist immer in ihrer Nähe. Dennoch habt ihr in diesem Fall vielleicht nicht ganz falsch gehandelt, schließlich hättet ihr den kleinen Vogel schon fast überfahren. Und wer weiß, vielleicht hätte das nächste Auto ihn überrollt. Von alleine wäre er da nicht mehr weg gekommen, weil er noch nicht fliegen kann. Normalerweise verlassen die Vögel ihre Nester erst, wenn sie schon etwas flugfähig sind, den hat bestimmt der Sturm gestern aus den Nest geschleudert.“

Jackie bekommt seinen Namen und lernt essen

„Nun ist der Vogel schon da, dann braucht er auch einen Namen“, sagte Opa zu Stephanie, „wie willst du ihn denn nennen?“

„Vielleicht Hansi oder Seppi oder …?“ Stephanie schwieg unvermittelt, um nach einer Minute plötzlich fortzufahren: „Jetzt weiß ich es, wir nennen in Jakob, unser Nachbar heißt auch Jakob, und auf seinen großen Lastwagen steht hinter der Windschutzscheibe auf einer Blechtafel auch Jack. In einem Märchenbuch habe ich eine Geschichte von einer Hexe gelesen, die hatte auch einen Raben, der Jakob hieß, ich werde ihn Jackie nennen!“ „Ja super“, gab Opa zur Antwort, „das ist ein richtiger Name, der zu einem Raben oder einer Elster passt!“ Dann war es kurz still.

„Du Opa“, fragte Stephanie unvermittelt wieder, „was fressen eigentlich Raben und Elstern?“

„Eigentlich alles, was sie draußen finden. Insekten, Brot- und Kuchenkrümel Fleisch von verendeten Tieren, eigentlich alles, was man essen kann“, antwortete Opa. „Opa, wie war das damals, als du noch Wellensittiche gezüchtet hast? Da ist dir doch auch einmal eine Wellensittichmutti weggeflogen und die hatte doch auch noch drei kleine Wellensittiche im Nistkasten.“ „Ja, die haben dann Oma und ich mit der Hand großgezogen. Wir haben Bananen zerdrückt, Eiweiß von gekochten Eiern zerkleinert und mit einer Pinzette in die hungrigen Schnäbel gestopft. Oft gab es dabei auch ganz verschmierte Augen, so dass die kleinen Vögel nicht einmal mehr sehen konnten. Erst als der ältere der drei Vögel selber anfing, kleine Hirsekörner zu fressen, übernahm er die Arbeit der Vogelmutter und fütterte seine zwei kleineren Geschwister, bis auch diese selber Körner aufpickten.“

„Komm Opa, wir füttern Jackie jetzt auch, Oma hat schon ein Ei gekocht und Bananen haben wir ebenfalls.“ Stephanie ergriff mit diesen Worten Opas Hand und zog ihn zu Jackie. Behutsam nahm Opa den Vogel aus dem Käfig und hielt ihn mit einer Hand fest, während er versuchte, mit der anderen Hand den Schnabel der Elster etwas zu öffnen. Nach einigen kläglichen Versuchen gelang dies tatsächlich und Stephanie konnte dem Vogel einige kleine Bissen des kleingeschnittenen Eiweiß‘ in den Rachen stecken. Das schien Jackie doch zu schmecken. Bald brauchte auch Opa den Schnabel des Tieres nicht mehr zu halten und Jackie fing von allein an, das ihm gereichte Futter direkt von der Hand zu picken. Das gefiel auch Stephanie, sie musste lachen. „Opa, das kitzelt so, wenn Jackie zupickt“, sagte sie. Nun versuchten wir, Jackie sein Futter von einem Teller fressen zu lassen. Nachdem wir einige kleine Stücke vom Eiweiß und der Banane auf den Teller gegeben hatten und damit um Jackies langen schwarzen Schnabel strichen, dauerte es nicht lange und Jackie pickte zu. Dann kam Jackie wieder in seinen Käfig. Den Teller mit dem Futter und eine Schüssel mit Wasser stellten wir ihm mit hinein. Schon nach kurzer Zeit hüpfte Jackie zu seinem Futterteller, untersuchte ihn und pickte ein paar Stückchen vom Teller, um dann weiter zu der Schüssel mit dem Wasser zu hüpfen. Vorsichtig umrundete er die Glasschale und beäugte sie argwöhnisch. Irgendetwas schien ihn daran zu irritieren. Da war doch noch eine Elster, die ihn anschaute. Jackie pickte mit seinem Schnabel nach dem Schnabel der anderen Elster. Doch anstatt den Schnabel des anderen Vogels zu treffen, versank sein Schnabel im Wasser. Verwundert zog er seinen Kopf zurück und schüttelte ihn hin und her, so dass das Wasser nur so von seinem Schnabel spritzte. Wir mussten lachen. Das Schauspiel wiederholte sich einige Male, bis es Jackie zu bunt wurde. Er sprang auf den Rand der Wasserschüssel, um sich einfach auf den vermeintlichen anderen Vogel zu stürzen. Erschrocken spürte er aber, dass er in etwas nassem versank, das gefiel ihm wohl. Wohlig streckte er seine noch nicht ganz befiederten Flügel aus und flatterte damit so, dass das Wasser nur so über die Schüssel schwappte. Als er genug davon hatte und in der Schüssel fast kein Wasser mehr war, stieg er unbeholfen aus seiner Badewanne, hüpfte zum Teller, auf dem noch einige Eiweißstückchen und noch etwas Hackfleisch lagen. Dann pickte er noch ein paar Happen auf, verzog sich dann in eine Ecke und schlief ruhig ein.

Jackie lernt fliegen

Drei Tage später:

Jackie hatte sich mittlerweile an uns gewöhnt. Immer öfter durfte er seinen Käfig verlassen. Am liebsten hüpfte er auf den großen Esstisch umher, der bei uns im Erker steht. Er warf Gegenstände zu Boden, die er dort fand und blickte ihnen beim Fallen hinterher. Bleistifte und Farbstifte von Stephanie, Opas Kugelschreiber, alles landete am Boden. Stephanie spielte oft auch mit einer Glaskugel mit ihm, das bereitete ihm besonders viel Vergnügen. Das merkte man am besten, wenn er seine Stimme ertönen ließ, und sein Gekrächze durch das ganze Haus hallte. Oft nahm er die große Glaskugel in seinen Schnabel und brachte sie Stephanie. Wenn sie die Kugel dann wieder wegschubste, hüpfte er ihr nach und brachte sie wieder zurück.

Sein Gefieder hatte sich inzwischen auch schon voll entwickelt. Nur die Schwanzfedern waren noch recht kurz. Gerade war Opas Kugelschreiber wieder einmal über die Tischkante gerutscht, da ließ Jackie sein lautes Gekrächze ertönen, und schon flog er los, fast 10 Meter weit, bis er vor Omas Füßen, die gerade in der Küche hantierte, unbeholfen landete. Oma bückte sich, um ihn zu packen: „Na, was willst du hier, willst du mir beim Kochen helfen? Komm her, dich fang ich wieder ein.“

Da hatte sie aber die Rechnung ohne den Vogel gemacht. Der ließ sein Gezeter wieder ertönen und flog zurück auf den Tisch im Erker. Dort hüpfte er auf seinen Käfig und blickte neugierig im Wohnzimmer umher. Jetzt war der Augenblick gekommen, ab jetzt würde nichts mehr vor dem neugierigen Vogel sicher sein. Es war wie bei einen kleinen Kind, das seine ersten Schritte tut. Was steht denn da in der Ecke? Es war ein Deckenfluter, eine Stehlampe, deren Schirm nach oben gerichtet war und als Fernsehleuchte diente. Jackie dachte wohl, das sei ein Aussichtsturm für neugierige Elstern. Das musste genauer untersucht werden. Ein Satz, und schon flatterte Jackie durch das Wohnzimmer und landete sicher auf dem Lampenschirm. „Ah, von hier aus hat man eine tolle Aussicht, man kann alles gut überschauen und es ist wie ein Nest. Man kann beim Schlafen nicht rausfallen, dann ist es noch schön hoch und ich kann nicht so schnell wieder eingefangen werden.“ So, oder ähnlich musste Jackie wohl gedacht haben, als er es sich im Lampenschirm bequem gemacht hatte. Opa und Stephanie kamen gerade nach Hause.