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Mia Morgowski

Alles eine Frage der Technik

Roman

Rowohlt E-Book

Inhaltsübersicht

Über Mia Morgowski

Mia Morgowski wurde in Hamburg geboren. Vor dem Golfspielen lernte sie etwas Anständiges: Grafikdesign. Viele Jahre vertrödelte sie zunächst in verschiedenen Werbeagenturen, ehe ihr 2013 der große Durchbruch gelang: die Platzreife. Seitdem weiß sie, dass Putting kein Dessert ist, es sich bei Greenfee nicht um ein Fabelwesen handelt und warum sie doch lieber Golf fährt als spielt. Sofern sie nicht gerade Golfbälle nach Farben sortiert, schreibt Mia Morgowski Bestseller, u. a. «Auf die Größe kommt es an», «Die Nächste, bitte», «Dicke Hose» oder «Kein Sex ist auch keine Lösung», der 2011 fürs Kino verfilmt wurde.

Über dieses Buch

Urlaub zu zweit ist keine Lösung. Sondern das Problem.

 

Flaute bei Paul und Nella. Paul arbeitet rund um die Uhr, beim Sex schläft er regelmäßig ein. Höchste Zeit für ein gemeinsames Hobby, findet Nella. Aber statt Tangotanzen oder Fotokurs hat Paul etwas anderes im Sinn: Golfurlaub in Portugal.

Doch Nella hat sich zu früh auf romantische Zweisamkeit und Sonnenuntergänge am Meer gefreut. Stattdessen scheucht Paul seine Freundin frühmorgens über den Platz – und flirtet auch noch mit den weiblichen Hotelgästen. Erst als Nella mit Golf-Profi Dan zu trainieren beginnt, findet sie Gefallen an dem Sport. Und an dem attraktiven Lehrer. Es ist eben alles eine Frage der Technik …

Impressum

Quellenangabe zu dem Songtext auf den S. 406–408: She – Elvis Costello

Komposition & Text: Charles Aznavour und Herbert Kretzmer

Standard Music Ltd/ Mercury Records (London)/PolyGram Film and TV Licensing UK

 

Veröffentlicht im Rowohlt Verlag, Reinbek bei Hamburg, Juli 2014

Copyright © 2014 by Rowohlt Verlag GmbH, Reinbek bei Hamburg

Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt, jede Verwertung bedarf der Genehmigung des Verlages

Umschlaggestaltung yellowfarm gmbh, Stefanie Freischem

(Illustration: Anja Stiehler / Jutta Fricke, Agentur für Illustratoren)

Schrift DejaVu Copyright © 2003 by Bitstream Inc. All Rights Reserved.

Bitstream Vera is a trademark of Bitstream Inc.

ISBN Printausgabe 978-3-499-26786-4 (1. Auflage 2014)

ISBN E-Book 978-3-644-51031-9

www.rowohlt.de

 

Hinweis: Die Seitenangaben beziehen sich auf die Seiten der Printausgabe.

ISBN 978-3-644-51031-9

«Limettengrüne Hosen und Schuhe aus Krokoleder –
der Golfplatz ist der einzige Ort, wo ich wie ein Zuhälter rumlaufen kann, ohne aufzufallen.»

 

Samuel L. Jackson

1. Nella, Samstag

«Ein Restaurant ist immer so gut wie seine Klobürsten.»

Meine Worte sind noch nicht vollständig von der bauschigen, mit Fischen verzierten Auslegeware des Fischereihafenrestaurants verschlungen, da weiß ich bereits, dass es ein Fehler war. Dieser Spruch, das Essen mit Bernd und Astrid Weber, von denen mein Freund Paul sich eine wie auch immer geartete Geschäftsbeziehung erhofft, und nicht zuletzt mein Rock, der ständig hochrutscht. Ich fühle mich schrecklich. Um mich herum blicke ich in ratlose Gesichter. Fast könnte man sagen: verständnislose Gesichter. Was irgendwie albern ist, oder? Nur weil mal einer die Wahrheit auf den Tisch bringt. Ich meine, Fünf-Sterne-Restaurant hin, Michelin-Auszeichnung her – das alles sagt doch nun wirklich gar nichts aus. Aber eine abgenutzte Klobürste spricht Bände. Aus ihrem Zustand kann man einiges Wissenswerte über ein Restaurant erfahren. Meistens jedenfalls.

«Interessante These», murmelt Paul, und man sieht ihm deutlich an, dass er mich gerade auf den Mond wünscht. Oder zurück nach Hause. Auf jeden Fall weit weg von diesem Tisch. Dabei ist dies der erste gemeinsame Abend seit Wochen, an dem Paul nicht entweder arbeitet oder vor Erschöpfung einschläft. Es hätte so schön werden können! Leider begehen wir diesen denkwürdigen Abend nicht allein, sondern gemeinsam mit Bernd Weber, einem kugelbäuchigen Fernsehredakteur, der mich seit der Vorspeise gierig anstarrt, und dessen magersüchtiger Ehefrau Astrid. Ein spontanes Geschäftsessen, wie Paul mir beim Betreten des Lokals zugeraunt hatte. Eigentlich war dieser Abend anders geplant. Ein romantisches Date zu zweit sollte es werden. Nur Paul und ich. Tiefschürfende Gespräche bei Kerzenschein, schmachtende Blicke, die wir uns über zahlreiche Gläser süffigen Rotweins zuwerfen, verschämte Küsse und anschließend Arm in Arm, beschwipst kichernd, nach Hause laufen. Knisternde Erotik, so hatte zumindest ich es mir ausgemalt. Wie am Anfang unserer Beziehung. Doch dann kam alles anders, und das Einzige, was heute Abend ab und zu knistert, ist mein rutschender Unterrock, der sich durch die Reibung elektrisch aufgeladen hat. Ich konnte ja nicht ahnen, dass dies ein Businesstermin wird, sonst wäre ich ganz sicher in seriöserer Kleidung erschienen. Oder gar nicht. Doch als Paul gegen sechs bei mir anrief, was nach Frauenzeitrechnung ohnehin viel zu spät für einen Outfitwechsel gewesen wäre, saß ich gerade vor dem Computer und schaute mir ein YouTube-Video an: Wie Sie Ihre Haare zum French Twist hochstecken. Ich muss sagen, es sieht richtig toll aus! Dummerweise hatte ich zu Konzentrationszwecken das Telefon stumm geschaltet, sodass mir Pauls Anruf erst um Viertel vor sieben auffiel. Tja, und da war es dann definitiv zu spät zum Umziehen. Paul stand zu diesem Zeitpunkt nämlich bereits hupend mit seinem Wagen unten auf der Straße. Keine Chance, noch einmal an den Kleiderschrank zu gehen. Deshalb sitze ich nun overdressed – schwarzer Lederrock, schulterfreier Lurexpulli, High Heels und Turmfrisur – zwischen den Webers, die sich zur Feier des Tages im farbenfrohen Partnerlook gekleidet haben. Er trägt zur dunkelblauen Anzughose ein rosa Poloshirt unter blau-weiß kariertem Pulli. Seine Frau bevorzugt es andersherum: rosa Rock, dunkelblaues Polo unter blau kariertem Pullover mit V-Ausschnitt. Man könnte auch sagen: hanseatisch. Langweilig. Aber offenbar dem Anlass angemessen, denn selbst Paul hat sich heute in etwas Blaues gekleidet: Jeans, marineblaues Sakko und darunter ein weißes Hemd mit Krawatte. Ich passe so gut an diesen Tisch wie eine Nutte auf den Seniorenball. Gibt es womöglich ein Gesetz, das den Gästen von Fischrestaurants vorschreibt, Dunkelblau tragen zu müssen? Eine Art Gastronomie-Knigge? Davon war mir nichts bekannt, ehrlich. Dabei habe ich beruflich mit Mode zu tun. Ich besitze nämlich einen Secondhandladen, in dem ich luxuriöse Designerkleidung anbiete. Fashion ist somit mein Spezialgebiet. Im Gegensatz zur Haubenküche, die an diesem Tisch gerade Thema ist. Wobei – sooo blöd fand ich meinen Einwand mit den Klobürsten eigentlich nicht.

«Sie verstehen sich also auf Toiletten», sagt Bernd Weber, und sein Ton hat etwas Herablassendes, «vielleicht sollten wir unsere Putzfrau dazubitten, was meinst du, Assi?»

Assi? Er nennt seine Frau Assi? Ich bin schockiert. Außerdem muss ich dringend etwas klarstellen: «Ich wollte damit eigentlich sagen: Ich kann nicht beurteilen, ob ein Restaurant in der Lage ist, einen 1a Miesmuschelsud herzustellen» – (dass mir das Wort eingefallen ist – Hammer!) –, «denn ich gehe zu selten auswärts essen, und mir fehlt somit der Vergleich.» Ich werfe Paul einen vielsagenden Seitenblick zu. «Aber wenn an einer Klobürste die Borsten fehlen, der Griff klebrig ist und alles in einer merkwürdigen Flüssigkeit steht, dann fällt das doch irgendwie auf den gesamten Laden zurück. Das ist wie mit abgelaufenen Schuhsohlen, wenn die …»

«Ich denke, wir haben deine Argumentation verstanden, Nella.» Pauls dunkle Brauen formen sich zu gefährlichen Balken. Der Blick, den er mir zuwirft, hat etwas Drohendes. «Haben Sie sich schon einen Hauptgang ausgesucht?», wendet er sich mit dem verzweifelten Versuch, das Thema zu wechseln, an die Webers.

Okay, ich hab’s kapiert. Paul möchte das Bürstengespräch nicht vertiefen. Kein Problem. Ich vermute mal, er möchte stattdessen endlich auf den Sinn und Zweck dieses Essens zu sprechen kommen. Meinetwegen. Das würde mich nämlich auch brennend interessieren. Ich meine, Paul ist Arzt. Hausarzt. Außerdem Anti-Aging-Spezialist. Bernd Weber hingegen arbeitet beim Fernsehen, und seine Frau ist, soweit ich mich erinnere, Buchhalterin. Nebenbei führt sie die Pulloverkollektion von Lacoste spazieren. Was um alles in der Welt soll das für eine Geschäftsbeziehung werden? Will Paul in eine Talkshow eingeladen werden? Oder vielleicht in einer dieser Vorher-Nachher-Shows mitwirken? Bei Endlich schön? Halte ich für unwahrscheinlich. Bislang schien mir mein Freund ein seriöser Arzt zu sein. Keiner, der wild darauf wäre, im Fernsehen aufzutreten, im Gegenteil. Abgesehen davon, dass Paul es hasst, im Rampenlicht zu stehen, ist ihm sehr wohl bewusst, dass das Gros seiner Patienten, die wegen einer Anti-Aging-Behandlung kommen, auf Diskretion setzt. Also, ich verstehe überhaupt nichts mehr. Trotzdem werde ich mich von jetzt an zurückhalten und mir nicht anmerken lassen, wie enttäuscht ich bin. Heute ist nämlich nicht irgendein Abend, es ist mein Geburtstag. Dies sollte unser Abend werden, also vor allem meiner. Und jetzt denken Pauls Gäste, ich sei Klofrau. Klofrau! Das muss man erst einmal wegstecken.

Dabei ist das Fischereihafenrestaurant wie gemacht für romantische Stunden. Die Aussicht ist geradezu phänomenal. Durch riesige, blitzeblank geputzte Fenster blickt man direkt auf die Elbe und den dahinterliegenden Freihafen. Die Kräne, das Wasser und die vorbeifahrenden Schiffe werden von der untergehenden Sonne mit letzter Kraft in ein unwirkliches rotgoldenes Licht getaucht. Als sei es ein gigantisches Gemälde, dessen einziges Manko die Perfektion der Darstellung ist. Auch die Inneneinrichtung ist nach meinem Geschmack: zurückgenommen und gediegen. Klassisch und stilvoll zugleich. Nicht dieser ultramoderne Einheitsstil, den man seit einiger Zeit vielerorts vorfindet und der keinen nachhaltigen Eindruck hinterlässt. Um uns herum wuseln weiß livrierte Kellner so flink, dass sie sich unmöglich zählen lassen. Wirklich toll. Wenn nur die Webers nicht wären. Fast glaube ich, Paul hat meinen Geburtstag vergessen, gratuliert hat er mir jedenfalls noch nicht. Und ich habe ihn nicht darauf angesprochen, weil ich, bis dieses unsägliche Essen begann, die stille Hoffnung hegte, dies alles sei Teil einer ausgetüftelten Überraschung. Es wäre ja immerhin möglich, dass die Webers Juweliere sind, die nach der Vorspeise einen Schmuckkoffer vor mir auf den Tisch hieven, die Scharniere aufschnappen lassen und ich mir aus dem randvollen Glitzerinhalt einen Ring aussuchen darf.

Liebe Frau Johannsen, wir hätten hier einen wunderschönen Smaragdring für Sie. Geradezu perfekt als Verlobungsring. Oder soll es doch lieber etwas von Swarovski sein?

Ich fühle einen Stich in meinem Herzen. Nicht wegen der entgangenen Juwelen, sondern weil Paul keine Überraschung in petto hat, nicht mal eine klitzekleine. Nicht, dass ich scharf auf Schmuck wäre, ganz sicher nicht. Ich bin nämlich eigentlich gar nicht der Typ für wertvolles Geschmeide. Viel zu groß wäre meine Sorge, ich könnte etwas verlieren. Aber irgendeine kleine Aufmerksamkeit wäre schon schön gewesen.

Ein kleines feines Zeichen seiner Liebe.

 

Mögliche Überraschungen, über die ich mich gefreut hätte:

Ich werfe Paul einen prüfenden Blick zu. Vielleicht entdecke ich in seinen Augen ein zuversichtliches Blinzeln, das Grund zur Hoffnung gibt. Ein Es-tut-mir-so-leid-ich-mache-nachher-alles-wieder-gut-Blinzeln. Oder ein Hab-noch-ein-bisschen-Geduld-dann-feiern-wir-später-zu-Hause-ganz-stimmungsvoll-zu-zweit-Zwinkern. Irgendein Romantik-Ding. Doch sein Blick bleibt starr und angespannt auf die Webers geheftet. Offenbar haben sie sich endlich für einen Hauptgang entschieden. Noch bevor ich ebenfalls meine Zustimmung signalisieren kann, hat Paul schon einen Kellner herangewinkt. Alle geben ihre Bestellung auf, ich bin die Letzte und wähle Zander an Zucchinispießchen. Als der Ober zum Beweis seiner Gedächtnisleistung alles noch einmal wiederholt hat und anschließend abschwirrt, wendet sich Astrid Weber an mich. «Ich finde ja, Sie haben durchaus recht in Bezug auf Klobürsten. Hinsichtlich dieses Themas fällt mir das Mare Restaurant in Abu Dhabi ein.» Ihre Stimme hat etwas Quäkendes, Hochnäsiges. «Dort gibt es gar nicht erst welche.» Lachend erhebt sie ihr Weinglas und prostet in die Runde.

Also … darauf hatte ich eigentlich nicht hinausgewollt. Ich gebe zu, ich habe durchaus schon auf weit weniger Sinnvolles angestoßen, aber nun schwebt doch irgendwie eine Frage im Raum, nämlich: Wie zum Geier säubert man Toiletten ohne Bürste?

Die Erklärung lässt nicht lange auf sich warten. «Nicht mal Klopapier gibt es dort», führt Astrid Weber großspurig aus, «wird alles elektronisch gesteuert und von kleinen Düsen übernommen. Sowohl die Toilettenreinigung als auch die Säuberung des Intimbereichs. Sogar trocken geföhnt wird man am Ende.»

O Gott, mir wird schlecht. Kann sie mal jemand stoppen?

«Nun, ich bin mir sicher, dass Nella eines Tages Gelegenheit haben wird, sich in den Emiraten vom ordnungsgemäßen Zustand der Toiletten zu überzeugen», grätscht Paul in das Gespräch und wirft mir einen warnenden Blick zu, «ich dachte allerdings, du interessierst dich mehr für Haarbürsten.»

Einen Moment bin ich sprachlos. War das jetzt ein weiterer Versuch von ihm, das Thema zu wechseln, oder sollte es womöglich eine Anspielung auf meine Frisur sein? Oder … auf meinen Intellekt? Glaubt er etwa, mit mir könne man nur über triviales Zeugs sprechen, und hält dies für die geeignete Gelegenheit, es mir zu sagen?

«Irrtum», platzt Bernd Weber in meine Überlegung, und ich blicke ihn überrascht an. Was weiß er denn schon? Mein Tischnachbar bedenkt mich mit einem kurzen, anzüglichen Grinsen. Dann wendet er sich an seine Frau: «Das Restaurant, das dir so gefallen hat, befand sich nicht in Abu Dhabi, sondern in Singapur.»

Ach so. Gut zu wissen, dass man dort inzwischen so fortschrittliche Toiletten hat.

In Pauls Richtung ergänzt Weber: «Wissen Sie, ich muss beruflich häufig reisen. Meine Frau begleitet mich oftmals. Auch in unserem Urlaub sind wir gern und lange unterwegs. Da kann es schon mal zu Verwechslungen kommen.»

Ich hatte mich gerade getraut, ihn noch einmal anzusehen, schon ernte ich ein lüsternes Zwinkern. Dieses Mal schürzt er sogar leicht die Lippen. Puuuh, das war definitiv ein Flirtversuch. O Gott, o Gott. Unsicher schaue ich zu Paul. Auch er sieht ein wenig erstaunt aus, allerdings weniger weil er die Annäherungsversuche seines Geschäftspartners bemerkt hätte, sondern vielmehr wegen dieser merkwürdigen Diskussion, die scheinbar nicht enden will. Ich könnte meinen Rock darauf verwetten, dass es ihm im Grunde seines Herzens piepegal ist, wo auf der Welt es die besten Klobürsten gibt.

«Das stimmt nicht», mischt Astrid Weber sich erneut ins Gespräch, «ich erinnere mich sehr wohl daran, auf welcher Reise ich begeistert von den Toiletten war.» Sie verschränkt die Arme vor der Brust.

So eine ist sie also, denke ich. Eine von diesen peniblen, besserwisserischen Pfennigfuchsern. Vermutlich arbeitet sie beim Finanzamt und lauert nur darauf, Mahnungen zu verschicken, wenn man seine Umsatzsteuererklärung eine Stunde zu spät abgegeben hat.

Sie gerät jetzt richtiggehend in Fahrt. «Ganz sicher war das nicht in Singapur, Bernd. In Singapur waren wir zum Golfspielen. Dort passierte der Zwischenfall mit deiner geklauten Rolex.» Sie blickt augenrollend zur Zimmerdecke. «Zehntausend Euro, einfach so futsch. Aber die Geschichte war dir vermutlich zu peinlich, um sie hier zu erzählen.»

Ich finde, peinlich ist ein gutes Stichwort. Mir ist dieses Gespräch bereits derart unangenehm, ich würde mich am liebsten in die Bar im Eingangsbereich zurückziehen und den Abend – passenderweise – in einem Singapore Sling ertränken. Warum ergreift Paul denn nicht endlich mal das Wort? Ich dachte, das sollte ein Geschäftsessen werden? Da sollte er vielleicht langsam mal auf den Punkt kommen.

«Die ganze Reise war uns verdorben», lässt die Weber uns jetzt klagend wissen. Fast könnte man meinen, in ihren Augen spiegelten sich Dollarzeichen. «Fünftausend Euro haben allein die Flüge gekostet! Und was macht mein Mann? Redet den gesamten Urlaub von nichts anderem als seiner Uhr. Ständig erkundigte er sich bei der Polizei nach dem Stand der Ermittlungen. Ich meine», ihr Kopf fliegt zwischen mir und Paul hin und her, «wer nimmt denn eine Rolex mit in den Urlaub? Noch dazu zum Golfspielen. Nach Thailand?»

War das jetzt eine ernstgemeinte Frage? Glaubt sie wirklich, ich wüsste eine Antwort darauf? Ich nutze mein Handy, um die Uhrzeit zu erfahren. Und Golf ist auch nicht so meins.

«Es war die Breitling. Nicht die Rolex. Beim Golfspielen bevorzuge ich es sportlich.» Bernd Weber schenkt mir einen Blick, den man schon nicht mehr lüstern nennen kann. «Außerdem liegt Singapur nicht in Thailand. Oder wie sehen Sie das?»

«Äh …»

«Verstehe. Und Golf? Spielen Sie Golf?»

Bitte? Ich bin doch nicht wahnsinnig. «Nein, ganz sicher nicht. Ich hasse Golfspielen. Das ist in meinen Augen etwas für Rentner. Kein wirklicher Sport.» Ich muss kichern. «Es sieht immer ein bisschen aus wie beim Ostereiersuchen. Nichts für mich. Ich mache Pilates.»

Um mich herum entsteht plötzlich eine peinliche Stille. Was ist denn jetzt schon wieder? Ich meine, ich hasse auch Tintenfischringe. Und grüne Crocs. Warum nicht auch Golfspielen? Oder können die Webers nur nichts mit dem Begriff Pilates anfangen? Die denken doch nicht etwa schon wieder, das hat etwas mit Toiletten zu tun?

Statt des ersehnten romantischen Augenaufschlags wirft Paul mir jetzt einen Blick der Marke Hab-noch-ein-bisschen-Geduld-dann-reiße-ich-dir-zu-Hause-den-Kopf-ab zu. Spinnt er? So langsam werde ich wütend. Dieser Abend, der Abend meines Geburtstags, ist eine einzige Katastrophe! Eine innere Stimme piesackt mich. Pass auf, Nella! Du willst doch wohl keinen Mann, der bereits nach einem Jahr Beziehung deinen Geburtstag vergisst, sich über deine Frisur lustig macht und nur noch seine Karriere im Kopf hat, oder?

Als könne Paul meine Gedanken lesen, wird sein Blick ein wenig milder. Fast flehend. Trotzdem bleiben seine Gesichtszüge angespannt. Die kleinen Fältchen um seine Augen wirken tiefer als sonst, und um seinen Mund fehlt das feine, ironische Lächeln, das ich so an ihm mag.

In diesem Moment erscheinen vier Kellner, um uns zeitgleich das Essen zu servieren. Stilvoll wird jedes Gericht zunächst von einer silbernen Haube warm gehalten, die dann, als alle Teller an Ort und Stelle vor uns platziert sind, auf ein stummes Kommando hin synchron entfernt werden. Ich staune nicht schlecht. Mein Zucchinispießchen steckt höchst dekorativ in einem kleinen Berg Kartoffelpüree und sieht wie ein Kunstwerk aus. Mein Herz macht einen erfreuten Hüpfer, das Auge isst ja schließlich auch mit! Es gelingt mir, die düsteren Gedanken wegzuschieben und das Essen zu genießen. Es ist ja nicht so, dass es prinzipiell schlecht liefe bei mir und Paul. Wir haben keine Krise oder so etwas.

Es ist nur so, dass sich unsere gemeinsamen Unternehmungen seit Wochen auf ein schnelles Abendbrot in seiner Küche beschränken. Aber das ist ja noch kein Grund zum Verzweifeln, oder? Immerhin ist der Sex noch so wie früher. Toll. Ehrlich. Das letzte Mal, an Silvester, war wirklich super.

Silvester?

Ja, genau. Vor fünf Monaten. Total aufregend war das. In Pauls Arbeitszimmer, auf seinem Schreibtisch. Dort saß er, um einen Befund zu tippen, was er dann kurz unterbrochen hat. Na ja, manchmal muss der Berg eben zum Propheten kommen oder wie das heißt.

«Sie sollten sich wirklich beizeiten einer Sportart widmen», kommt Bernd Weber mit donnernder Stimme noch einmal auf sein neues Lieblingsthema zu sprechen. Er schaufelt sich einen riesigen Berg Blattspinat auf die Gabel, stopft ihn in den Mund und merkt kauend an: «Damit Sie Ihre gute Figur halten.»

Ist das zu fassen? So langsam beginnt der Kerl, mir auf die Nerven zu gehen.

Während ich überlege, was ich ihm antworten könnte, ohne erneut Pauls Unwillen auf mich zu ziehen, fühle ich plötzlich etwas Warmes auf meinem Oberschenkel. Irritiert blicke ich erst zur Seite und dann nach unten. Was ich dort sehe, lässt mich vor Schreck beinahe den Zander über den Tisch spucken. Bernd Webers Hand liegt auf meinem Bein! Dick und haarig, wie eine riesengroße eklige Vogelspinne. Und als wäre das nicht schon schlimm genug, vollführt er mit seinem Daumen nun spinnenartige Streichelbewegungen. Ich unterdrücke einen Aufschrei. Vielleicht, so überlege ich kurz, ist das nur eine stressbedingte Wahnvorstellung? Mit erzwungener Ruhe schließe ich die Augen, flüstere dreimal zur Beruhigung Om Shanti Chai Masala, was irgendein beruhigendes indisches Gericht aus dem Kochbuch meiner Freundin Mashavna ist, und schaue noch mal genau hin. Da liegt sie immer noch, die dicke Spinne, ich habe mich nicht getäuscht. Haarig und fleischig. Ich bin wie paralysiert, kann weder Arme noch Beine bewegen. In meinem Kopf hat sich ein dumpfes Rauschen breitgemacht, irgendwann höre ich Astrid Weber wie durch eine Wolke zu mir sagen: «Ist etwas mit Ihrem Zander? Sie gucken so komisch? Also, wenn Sie mal richtig guten Zander essen wollen, müssen Sie in Kapstadt zum Grandpa of Seafight gehen. Dort wird alles fangfrisch zubereitet und …»

Ich schaffe es, meinen Blick von der Hand ihres Mannes in ihr Gesicht wandern zu lassen und starre sie an, als wären sie und ich Teil eines Experiments. Wie im Dschungel-Camp. Gleich würde sie von mir verlangen, die Spinnenhand ihres Mannes mit Blattspinat zu belegen und hineinzubeißen.

«Seafood», korrigiert Bernd Weber, ohne seine klebrige Hand von meinem Bein zu nehmen. «Der Laden heißt Godfather of Seafood.»

Da soll einer mal sagen, Männer seien nicht multitaskingfähig. Bernd Weber kann jedenfalls reden und gleichzeitig eine Vogelspinne imitieren. Fast bewundernswert, wäre die Situation nicht so furchtbar. Ich sende Paul einen Hilfeschrei. Telepathisch, denn zu mehr bin ich noch immer nicht fähig. Um ihm klarzumachen, was auf meiner Seite des Tisches vor sich geht oder vielmehr darunter, bohre ich meinen Blick in seinen, reiße die Augen auf und vollführe hektische Klimperbewegungen mit den Lidern. Auf und ab, auf und ab. Doch Paul, der immerhin über einen Doktortitel verfügt und so blöd demnach nicht sein kann, versteht mich leider vollkommen falsch. Nachdem er mich mit wachsender Irritation etwa eine halbe Minute lang angestarrt hat, erhellt sich seine Miene irgendwann. Erleuchtet schaut er auf seinen Teller und beginnt penibel, seinen Fisch auf Gräten zu inspizieren. Ich stöhne innerlich.

Auch Astrid Weber scheint von meiner misslichen Lage nichts mitbekommen zu haben. «Wo waren Sie beide denn zuletzt im Urlaub?», will sie jetzt von mir wissen. Dabei klingt ihr Tonfall, als stecke nur ein Ziel hinter ihrer Frage: herauszufinden, ob unsere Reise teurer war als ihre. Vermutlich würde sie dann noch einmal meine Einkommenssteuererklärung hervorzerren und auf Fehler untersuchen.

Das Thema Urlaub versetzt mir zusätzlich zu meiner Pein mit der spinnenartigen Hand einen schmerzhaften Stich. Paul und ich waren noch niemals gemeinsam verreist, obwohl ich mir einen romantischen Urlaub mit meinem Freund so sehr wünsche. Paul hat sich bisher immer damit herausgeredet, die Praxis ließe ihm keine Zeit dafür. Aber Frau Webers Frage hat auch etwas Gutes: Mit einem Mal kehrt Leben zurück in meinen Körper.

Ich richte mich auf, atme ein-, zweimal tief durch, dann fege ich mit Schwung Bernd Webers Hand von meinem Knie. «Also … ich war zuletzt in Grenaa», sage ich stolz, ohne genau zu wissen, wie die Geschichte weitergehen soll. In Grenaa leben meine Eltern. Nicht dasselbe wie ein Urlaub zu zweit, dennoch liebe ich es dort sehr. Jedes Jahr versuche ich, sie wenigstens zweimal zu besuchen. Leider konnte Paul bislang nicht mitkommen.

«Wo?», fragt Bernd Weber und starrt mir in den Schoß. Fehlt nur noch, dass sich ein Speichelfaden von seinem Mund abseilt.

«In Grenaa. Das liegt in …»

«Weiß ich doch», Astrid Weber winkt ab, «das liegt in den Anden. Freunde von uns haben von dort einen Hund mitgebracht.» In ihrem Tonfall schwingt Mitleid.

«Nee, Assi, der Köter ist aus Jena. Das meinten Sie doch vermutlich, nicht wahr?» Mit schleimigem Lächeln greift Bernd Weber erneut an. Seine Hand krabbelt auf mein Bein. Langsam und mit spinnenartigem Starrsinn. Dort angekommen, beginnt sein rauer Daumen, über meine Strumpfhose zu kratzen. Mir wird speiübel. Wie kann man nur eine solche Ehe führen? Mit einem Kerl, der einen ständig verbessert, rosa Poloshirts trägt, seine Frau Assi nennt und nebenbei einer anderen an die Wäsche will? Schlimmer ist mit Sicherheit nur eine Ehe mit Boris Becker.

«Grenaa liegt in Dänemark!», erkläre ich Bernd Weber mit eisigem Lächeln und schlage mit Schwung die Beine übereinander, wobei ich gleichzeitig die Muskeln anspanne. Die Beinschere. Eine Pilatesübung. Ich höre dumpfes Stöhnen und lehne mich zufrieden in meinem Stuhl zurück. Die Spinne ist bewegungslos zwischen meinen Oberschenkeln eingeklemmt. «An der Ostküste», fahre ich mit meiner Erklärung fort. «Meine Eltern leben dort.»

Ich schenke ihm ein übertrieben freundliches Lächeln.

Das Ächzen meines Tischnachbarn hat einen überraschenden Effekt. In Paul kommt endlich eine gewisse Dynamik. Offenbar fürchtet er, sein potenzieller Geschäftspartner könne anlässlich des langweiligen Gesprächsverlaufs einschlafen und dessen Stöhnen sei das erste Anzeichen. «Lieber Herr Weber», Paul räuspert sich. Ehrlich, Männer sind aber auch manchmal schrecklich unbeholfen. Schon nutzt Astrid Weber die kurze Pause. «Wie haben Sie meinen Mann eigentlich kennengelernt?», will sie von Paul wissen, der daraufhin in sich zusammensackt, als habe man ihm die Luft herausgelassen. Vielleicht bereut er es nun auch langsam, nicht mit mir allein ausgegangen zu sein. «Ein kleines Missverständnis beim Ausparken», erklärt er und macht eine unwirsche Bewegung mit der Hand, «nicht weiter schlimm. Ihr Mann gab mir seine Karte, und wir sind übereingekommen, dass dieses Essen eine Wiedergutmachung sein soll. Für den Schreck.»

Mir reißt der Geduldsfaden. Das wird hier heute nichts mehr. Jedenfalls nicht ehe meine Strumpfhose ein paar unschöne Ziehfäden bekommen hat. Zum Glück hatte ich ausreichend Zeit, einen Racheplan zu entwerfen. Jetzt mache ich die Spinne platt! Während Bernd Webers Hand sich noch immer zwischen meinen Oberschenkeln windet, greife ich nach dem Zucchinispieß. Wie in Trance betrachte ich einen Moment das Holzteil, dessen Enden gefährlich spitz zulaufen. Er scheint mir robust genug zu sein für meine Zwecke.

«Ach wissen Sie», presst Bernd Weber unter Anstrengung hervor, «ich hatte mir eigentlich überlegt, dass Sie mir als Entschädigung die Stirnfalten etwas unterspritzen könnten.» Er lacht.

Das Dumme an der Sache ist, dass ich so vertieft in meine Gedanken bin, dass ich zwar höre, was Bernd Weber sagt, seine Worte aber nicht bis in mein Hirn vordringen. Auch sehe ich nicht, wie Pauls Miene sich erhellt. Ich bin wie in Trance, mir rauscht das Blut in den Ohren, und meine Nerven vibrieren. Ich umklammere den Holzspieß, fokussiere meinen Blick und spüre die Erleichterung, als meine Wut wie ein ferngezündetes Feuerwerk explodiert. Mit Schwung hole ich aus, und in derselben Sekunde dringen seine Worte in mein Bewusstsein. «… und wenn meine Stirn gut aussieht, wovon ich natürlich ausgehe, habe ich weitere Kollegen, die ich zu Ihnen schicken würde, Dr. Rosen. Das könnte eine lukrative Sache für Sie werden!» Aber da ist es schon zu spät. Pfeilartig saust der Spieß nieder, direkt in Bernd Webers Spinnenarm. Sein Schrei lässt alle am Tisch verstummen.

Entsetzt springe ich auf und reiße den stöhnenden Mann neben mir förmlich vom Stuhl. Schockgefrorene Gesichter starren mich an.

Bernd Weber krümmt sich vor Schreck und ein bisschen vermutlich auch vor Schmerz.

«Ich … äh … muss mal!», stottere ich beklommen, «ich … bin sofort wieder da!»

Okay, jetzt haben wir definitiv eine Krise.

2. Paul, Montag

«Können Sie mir diese Falte hier vielleicht wegspritzen, Dr.  Rosen?» Meine Patientin, Daniela Rönneberg, umfasst mit beiden Händen eine von zwei schlabbrigen Fettwülsten in ihrer Körpermitte. Wie einen erschlafften Rettungsring dehnt sie mir den Wulst entgegen. Zum Glück ist man als Arzt abgehärtet.

«Nicht wirklich, Frau Rönneberg. Dafür müssten Sie sich unters Messer legen. Wegspritzen oder vereisen könnte man das theoretisch zwar auch, aber so unkompliziert, wie Sie sich das vorstellen, ist die Behandlung nicht.»

«Ach», macht meine Patientin, und es klingt wie: Wusste ich es doch, dass an diesen neumodischen Behandlungen nichts dran ist. «Und was schlagen Sie stattdessen vor?»

Ich kenne Daniela Rönneberg und die sich in ihrer Bauchgegend abzeichnende Vorliebe für Baumkuchen und Sahnelikör bereits seit einigen Jahren. Sie und eine Vielzahl weiterer Patienten besuchten diese Praxis schon, als mein Vater hier noch praktizierender Hausarzt war. Nachdem er aufgrund eines Herzinfarktes beruflich kürzertreten musste, bin ich zunächst tageweise in seine Praxis eingestiegen und habe sie vor einem Jahr vollständig übernommen. Die meisten seiner Patienten sind mir nach der Übernahme erhalten geblieben, obwohl ich nach und nach den Praxisschwerpunkt verlagert habe. Hauptsächlich beschäftige ich mich nun mit Anti-Aging-Medizin. Ernährungsberatung, Körpertraining, Hormontherapie, das alles sind Themen, die heutzutage immer mehr an Relevanz gewinnen. Aber ich biete auch nichtoperative Faltenkorrektur mit Hyaluron oder Botox an. Man mag dazu stehen, wie man will, ich glaube jedoch, dass diese Behandlungen in Zukunft nicht mehr wegzudenken sind. Darum ist es gut, wenn man als Arzt auf diesem Gebiet Kompetenz vermitteln und ein entsprechendes Leistungsspektrum anbieten kann. Zum Wohle der Patienten. Denn früher oder später beschäftigt sich jeder mit seinem Äußeren. Und wer zu dem Ergebnis kommt, der Natur etwas nachhelfen zu wollen, kann sich in meiner Praxis in professionelle Hände begeben. Ausgiebige Beratung steht dabei im Fokus. Insbesondere jüngeren Menschen versuche ich frühzeitig die Bedeutung von gesunder Ernährung, Sport und einer Tagescreme mit Lichtschutzfaktor nahezubringen. Denn aus Erfahrung weiß ich: Wer in seiner Jugend mit der Pflege schlampt, bereut dies später bitter und kommt an einer nicht-operativen Faltenbehandlung kaum vorbei.

Nicht alle meiner Patienten stehen diesem neuen Angebot der Praxis vorurteilsfrei gegenüber. Die meisten beziehen ihr Wissen über Anti-Aging aus der Bunten oder Gala und haben somit gar keine Vorstellung davon, womit ich mich genau befasse. Oder sie halten es für todbringenden Hokuspokus, etwas für Reiche, Prominente oder Amerikaner. Anderen wiederum ist egal, welche Zusatzleistungen ich anbiete, solange ich weiterhin ihre Grippe kuriere. Aber natürlich gibt es auch die ganz Gewieften. Sie erscheinen zunächst unter einem locker vorgetragenen Vorwand in der Sprechstunde, um sich im Laufe der Untersuchung langsam an das verpönte Anti-Aging-Thema heranzuplaudern. Auch Daniela Rönneberg ist so ein Fall. Anfangs gaukelte sie mir vor, der Anlass ihres Besuchs sei ein eingeklemmter Ischiasnerv, doch nachdem ich sie in alle Richtungen gedreht und gewendet hatte, hielt ich diese Diagnose irgendwann für ausgeschlossen. Und siehe da: Offenbar sind wir nun endlich beim tatsächlichen Grund ihres Kommens angelangt. Bauchfett. Dummerweise sind meine Möglichkeiten bei nudelholzdickem Speckgürtel begrenzt. Chirurgische Eingriffe nehme ich nicht vor.

«In Ihrem Fall würde ich etwas anderes empfehlen», beginne ich jenes Thema einzuleiten, das keiner meiner übergewichtigen Patienten hören will: Sport. «Ein wenig mehr Bewegung und …»

«Dann nehmen Sie halt dieses Botox-Zeugs», fällt sie mir barsch ins Wort, «ich habe keine Angst davor. Ich kann einiges ab.»

Es ist immer wieder erstaunlich, wie unterschiedlich Patienten mit dem Thema Wirkstoffe und ihren möglichen Nebenwirkungen umgehen. Die einen lernen bereits bei einer homöopathischen Dosis Baldrian den Beipackzettel auswendig, googeln die Inhaltsstoffe, diskutieren den Sachverhalt ausgiebig in Internet-Foren und sprechen nicht selten – spätabends, zutiefst beunruhigt und hypochondrisch röchelnd – ihren Wunsch nach einem Alternativpräparat auf den Anrufbeantworter der Praxis. Andere hingegen lassen sich, ohne eine Millisekunde zu zögern, ihre Mimik starr spritzen, bloß weil sie eine mikroskopische Falte unter dem Pony entdeckt haben.

Ich schüttele vehement den Kopf. «Kein Botox. Das Fett müssten Sie sich schon absaugen lassen, wovon ich allerdings abrate. Ein solcher Eingriff würde weder Ihren erhöhten Blutdruck positiv beeinflussen noch das Risiko einer Herzerkrankung minimieren. Im Gegenteil. Und noch etwas», ich vergewissere mich, dass meine Patientin mir aufmerksam zuhört, «nach einer Absaugung kann es durchaus vorkommen, dass Sie das Fett an anderer Stelle wieder zunehmen. Sofern Sie Ihre Essgewohnheiten nicht ändern …» Daniela Rönneberg reißt entsetzt die Augen auf. «Das … das ist nicht wahr!»

«Doch, ist es!» Bin ich der Arzt oder sie?

Meine Patientin scheint zu überlegen. Eine Änderung der Essgewohnheiten kommt für sie offenbar nicht in Frage. Einen Moment kneift sie stumm die Augen zusammen, und es hat den Anschein, als wolle sie sich meine These doch noch einmal durch den Kopf gehen lassen. Dann lässt sie plötzlich mit Schwung ihre Fettrollen los und richtet sich, so gut es ihre Leibesfülle zulässt, auf. «Also, Ihr Vater hat gesagt, Übergewicht sei nicht so schlimm. Solange man sich in seinem Körper wohl fühlt. Und ich fühle mich wohl. Sehr sogar.»

Wer hat denn hier vom Fettabsaugen angefangen, sie oder ich? «In gewisser Weise stimme ich ihm zu», pflichte ich meiner Patientin schweren Herzens bei. «Selbstverständlich ist es besser, dick und glücklich als dick und unglücklich zu sein. Dennoch ändert Ihre Selbstliebe nichts an Ihren Blutfettwerten. Und wenn ich mir das Ergebnis Ihres EKGs anschaue, entspricht es auch nicht dem, was man sich bei einer Vierzigjährigen wünschen würde.» Ich verziehe bedauernd das Gesicht. «Selbst bei meiner Mutter sieht die Kurve besser aus. Und die ist bereits siebzig.» Zwei Atemzüge lasse ich diese Information im Raum stehen, dann füge ich mit autoritärer Arztstimme hinzu: «Sie müssen sich wirklich dringend mehr bewegen. Das käme auch dem eingeklemmten Ischias zugute.» Ich versuche mich in einem Zwinkern. Meine Patientin zeigt sich unbeeindruckt.

«Also finden Sie doch nicht, man solle sich so lieben, wie man ist.»

Grundgütiger, womit habe ich das verdient? Derartige Gespräche lassen mich regelmäßig an meiner Berufswahl zweifeln. «Doch!» Ich bemerke, dass mein Ton langsam eine gewisse Schärfe annimmt. «Selbstliebe ist auf jeden Fall der richtige Ansatz. Nur …»

«Nur passt es euch Männern so nicht, oder?» Die Rönneberg funkelt mich böse an. «Sind Sie etwa auch einer von diesen Kerlen, die abends im Fernsehen Modelshows gucken und auf halbverhungerte Mädchen stehen? Eine Schande ist so etwas!»

Diese Unterhaltung driftet definitiv in die falsche Richtung. Als hätte ich noch Zeit zum Fernsehen! Und das Zusammenleben mit einem Model ist schrecklich kompliziert, das weiß ich von einer früheren Beziehung. «Frau Rönneberg!» Mir reicht es. Ich erhebe mich und schaue streng auf meine Patientin herab. «Wie schon gesagt: Ich finde es wunderbar, dass Sie sich selbst lieben. Wirklich. Und meinetwegen müssen Sie auch nicht abnehmen …», ich halte abwehrend die ausgestreckte Hand in die Luft, um sie am Widersprechen zu hindern, «aber da Sie das Thema nun von sich aus angesprochen haben: Ihr geliebter Körper birgt das Risiko für ernsthafte Krankheiten. Jedenfalls solange Sie nicht endlich auf die Essbremse treten. Das ist mehr als ein kosmetischer Rat und hat auch nichts mit meinen Vorlieben bei Frauen zu tun.»

Zu meiner Überraschung bricht Daniela Rönneberg plötzlich in Tränen aus. Sie senkt den Kopf und jammert: «Sie sind schrecklich herzlos, Dr. Rosen …»

Was sagt man nun dazu? Ich versuche, ihr Leben zu verlängern, und werde dafür beschimpft. Zum Glück habe ich auch dankbare Patienten, die einen guten Rat zu schätzen wissen. «Liebe Frau Rönneberg», schlage ich nach einem kurzen Blick auf die Uhr einen versöhnlichen Tonfall an. Meine Patientin krallt sich an der Tischplatte fest. Als sei es ihr Kühlschrank, den ich beschlagnahmen möchte. Angstvoll blickt sie zu mir hoch. Ich greife behutsam nach ihren Händen. «Das sollte nicht herzlos sein, im Gegenteil. Ich mache mir Sorgen. Ihr Übergewicht lässt sich leider nicht schönreden. Als Arzt ist es meine Pflicht, Sie wachzurütteln. Eine Operation würde Ihr Problem nicht lösen. Unter Umständen aber eine Kur. Zwei Wochen Trennkost, etwas wandern …»

«Hungern?» Daniela Rönneberg entreißt mir die verschwitzten Finger. Blankes Entsetzen steht in ihren Augen. «Niemals!»

Fast muss ich lachen. «Keine Sorge. Sie werden dabei nicht hungern, es ist nur eine Umstellung Ihrer Essgewohnheiten. Weniger schwere Torten, keine zuckerhaltigen …»

«Gott im Himmel!» Sie springt auf. «Ich werde dazu eine zweite Meinung einholen, Dr. Rosen, jawohl.» Erbost stopft sie sich ihre Bluse in den Rock, angelt auf dem Stuhl nach ihrer Jacke und ruft im Hinausgehen: «Und zwar bei Ihrem Vater. Der hat zum Glück noch immer ein offenes Ohr für seine alten Patienten. Guten Tag!»

Erschöpft lasse ich mich zurück in meinen Sessel sinken. Ein gutes Jahr betreibe ich nun diese Praxis und werde noch immer an meinem Vater gemessen. Ein schweres Erbe, das ich angetreten habe. Höchste Zeit, dass der Anti-Aging-Bereich mehr Patienten bringt und ich meinen Fokus endgültig verlagern kann. Und endlich Geld verdiene! Die Modernisierungsmaßnahmen nach der Praxisübernahme haben mich eine Stange Geld gekostet. Einen saftigen Kredit musste ich aufnehmen, doch der Umbau war unvermeidbar. Die veralteten Geräte der Praxis waren nicht länger tragbar, und für einen neuen Anstrich verbunden mit kleinen dekorativen Verbesserungen war es ebenfalls allerhöchste Zeit. Im Zuge dessen habe ich auch gleich die hinteren drei Räume, in denen mein Vater altes Gerümpel lagerte, zu einem hochmodernen Anti-Aging-Bereich ausbauen lassen, der sogar über einen separaten Eingang verfügt. Unkosten, die sich hoffentlich bald amortisieren. Denn im Gegensatz zu Influenza und Magen-Darm-Grippe lässt sich das Angebot meiner neuen Praxis privat abrechnen. Sofern sich die Qualität meiner Leistung endlich herumspricht.

Bislang habe ich auf teure Werbeanzeigen verzichtet. Nach dem aufwendigen Umbau der Praxis ist dafür kein Cent übrig. Und ohnehin ist keine Werbung so effektiv wie die Mundpropaganda von Patient zu Patient. Von Leuten wie Bernd Weber zum Beispiel. Ein Kontakt von unschätzbarem Wert. Menschen, die tagtäglich im Rampenlicht stehen, investieren gerne und viel in ihr Äußeres. Sie wollen gleichbleibend gut aussehen und nach Möglichkeit überhaupt nicht altern oder jedenfalls langsamer, als die Natur es vorgesehen hat. Aus diesem Essen vorgestern Abend hätte ein Mega-Deal werden können. Es hat wenig gefehlt, und Weber hätte mir die komplette Sende-Crew in die Praxis geschickt. Doch was macht Nella? Sticht den Mann nieder. Unfassbar. Erst die Klobürsten-Diskussion und am Ende Handgreiflichkeiten. Was ist nur in sie gefahren? Nachdem sie von der Toilette zurückkam, hatten wir einen kurzen, aber heftigen Streit, und ich bin mir noch immer nicht sicher, was genau geschehen ist. Bernd Weber soll sie angemacht haben? Das hätte ich doch bemerkt! Eine solche Unverfrorenheit kann ich mir bei ihm auch gar nicht vorstellen. Und selbst wenn … muss man ihn dann gleich tätlich angreifen? Was, wenn er Nella verklagt? Oder mich?

Es klopft an der Tür. Sekunden später steckt ein alter Bekannter seinen Kopf in mein Sprechzimmer: Reinhold Schwarz. Einer der netteren Pharmavertreter, die mich regelmäßig besuchen. «Hallo, Doktor, kurz Zeit für ein Pläuschchen?»

Ich lege den Zeigefinger an die Lippen und winke ihn herein. Muss ja nicht gleich das ganze Wartezimmer wissen, dass ich ab und zu den Besuch eines Vertreters nutze, um eine Verschnaufpause einzulegen. Schließlich mache ich das auch nicht mit allen.

«Sie sehen ja gut aus», gebe ich neidvoll zu und betrachte den schlanken braun gebrannten Mann wohlwollend. «So erholt. Wohl im Urlaub gewesen, was?» Ich biete ihm den Platz gegenüber an. Schwarz setzt sich und nickt grinsend. «Richtig geraten! Zwei Wochen Sardinien. Zum Golfen. Herrlich! Wellnesshotel mit allem Chichi. Das war der Hammer, sage ich Ihnen. Spielen Sie auch Golf, Dr. Rosen?»

«Ja. Nein. Also …» Spiele ich Golf? Ab wann darf man das wohl von sich behaupten? Ab der Platzreife? Oder einem bestimmten Handicap? Zählt Golf auf der Nintendo Wii vielleicht auch? Minigolf? Und seit wann sind eigentlich alle so versessen auf diesen Sport? Scheint nicht nur unter Fernsehvolk angesagt zu sein.

«Wunderbar.» Reinhold Schwarz scheint es mit meiner Antwort nicht so genau zu nehmen. «Ein Kollege von Ihnen, Dr. Voss aus Rahlstedt, hat mir den Tipp mit Sardinien gegeben. Der fährt regelmäßig dorthin. Und ich kann Ihnen auch sagen, warum.» Mein Gegenüber macht einen geheimnisvollen Gesichtsausdruck. Ich schätze mal, er möchte jetzt, dass ich nachfrage. «Warum?», tue ich ihm den Gefallen.

«Na, wegen der Kohle! Auf dem Golfplatz sind massenweise schlecht geliftete Menschen unterwegs, Zombies geradezu, die einen guten Schönheits-Doc nötig hätten.»

Ob ich denen noch helfen könnte, wage ich insgeheim zu bezweifeln. Außerdem weiß ich es plötzlich wieder genau: Ich spiele kein Golf. Nicht einmal Minigolf.

Im Gegensatz zu mir ist Reinhold Schwarz regelrecht aus dem Häuschen. «Der gute Doktor Voss hat im Urlaub seine Platzreife gemacht, um anschließend hier in Hamburg Patienten zu akquirieren. Ein Tausendsassa ist das geradezu! Könnte den Eskimos Eisschränke verkaufen, wie man so sagt.»

Sagt man das tatsächlich noch immer? Dann stünde Reinhold Schwarz am Nordpol sicher auch eine bahnbrechende Karriere bevor. «Tja, der ist ja toll … der Kollege …»

«Sag ich ja! Der hat da draußen im Golfclub in Ahrensburg inzwischen alle Leute so bequatscht, dass die ihm die Bude, äh, also seine Praxis, quasi einrennen. Und dann haben sie ihn weiterempfohlen und weiter und weiter, und jetzt kommen sogar Patienten aus Italien zu ihm.»

«Tatsächlich?» Die Strategie kommt mir irgendwie bekannt vor. So ähnlich hatte ich mir die Akquise auch vorgestellt. Sicher hatte Dr. Voss aber keine Freundin dabei, die das Thema Klobürsten aufgebracht und anschließend mit dem Holzspieß Amok gelaufen ist.

Als wüsste er um meine gedankliche Abwesenheit, klatscht Reinhold Schwarz jetzt mit der flachen Hand auf meinen Schreibtisch. Erschreckt blicke ich ihn an.

«Und soll ich Ihnen noch etwas verraten, Doktor?» Dieses Mal nicke ich sofort, damit Schwarz es nicht noch einmal krachen lässt.

«Sogar dieser berühmte italienische Politiker gehört zu seinen Kunden.»

Ich reiße überrascht die Augen auf. «Berlusconi?»

Mein Gegenüber sieht mich an, als hätte ich nicht alle Tassen im Schrank. «Wie kommen Sie denn jetzt auf den?»

«Na, wegen Italien. Und Politik. Ansonsten kenne ich nicht so viele italienische Politiker.»

«Nein, nein.» Reinhold Schwarz kratzt sich am Kopf. «Warum überhaupt Italien? Ich meine doch den Franzosen. Ladroite. Renault Ladroite.»

Ich könnte schwören, er hat Italien gesagt. «Renault? Kenne ich nicht.» Also jedenfalls nicht in diesem Zusammenhang.

«Ach, vielleicht hieß er auch Adrette. Oder so. Egal. Stellen Sie sich vor, der kommt extra angereist, der Kerl.»

«So sagten Sie bereits …»

«Wäre das nicht auch etwas für Sie?» Ohne meine Antwort abzuwarten, wechselt er das Thema. «Sie wissen ja, dass Pharmafirmen heutzutage keine Reisen mehr verschenken dürfen, nicht wahr, Doc? Früher war das als Dankeschön ja durchaus üblich, wenn Ärzte unsere Medikamente verschrieben haben.»

Ich nicke. «Meine Eltern haben einmal eine Rundreise durch Nordamerika gemacht», erkläre ich. «Ich glaube, die wurde von Ratiopharm organisiert.»

«Von Ratiopharm?» Reinhold Schwarz guckt ein bisschen pikiert. Kurz hat es den Anschein, als wolle er sich erkundigen, ob alle wohlbehalten zurückgekehrt sind, dann schwenkt er um. «Wie dem auch sei. Trentopharm», er betont den Namen seines Arbeitgebers mit einer Inbrunst, die unter korrupten Politikern ihresgleichen sucht, «vermittelt noch immer jedes Jahr Exklusivtouren zu vergünstigten Konditionen. Auch Golfreisen. Ausschließlich für Ärzte.» Kurze Pause. «Da ist man unter sich …»

«Verstehe.» Ich bemühe mich um einen dankbaren Gesichtsausdruck. Sagte ich nicht, dass ich kein Golf spiele? Und Nella auch nicht. Nach neusten Erkenntnissen würde sie mich vermutlich sogar vierteilen, schlüge ich ihr eine Golfreise vor.

Der Vertreter legt mir eine Visitenkarte auf den Tisch und schreibt eine Nummer auf die Rückseite. «Mit diesem Code …», seine Stimme wechselt in einen geheimnisvollen Flüsterton. Etwa so, als würde mir der Code Zugang zu einem illegalen Drogendepot verschaffen. «… können Sie sich auf unserer Website einloggen und werden von dort weitergeleitet zu unserem Reiseveranstalter Meditours. Dort können Sie eigenständig Reisen zu Sonderkonditionen buchen. Und bekommen jetzt außerdem noch einen kleinen Vertreterbonus!» Mit seinen stahlblauen Augen, die aus dem gebräunten Gesicht hervorstechen wie zwei Phosphorkugeln, zwinkert er mir zu. «Über Trentopharm buchen Sie definitiv billiger als sonst irgendwo», lässt er mich in überdrehtem Werbejargon wissen. «Ein Schnäppchen. Und wenn Sie es wie Dr. Voss machen und nach der Platzreife im Urlaub hier auf dem Golfplatz Patienten akquirieren, ist die Reise quasi geschenkt. Wo gibt es so etwas heutzutage noch?»

«Tja … ich denke drüber nach.» Langsam muss ich mich wieder meinen Patienten widmen. «Und spreche mit meiner Freundin darüber.»

«Tun Sie das, Dr. Rosen. Das Geld liegt nicht auf der Straße, sondern auf dem Golfplatz. Glauben Sie mir!» Lachend erhebt er sich. «Ich muss los. Hier haben Sie noch ein paar Arzneimuster. Falls Sie Fragen haben, rufen Sie mich an. Schönen Tag, Doktor!»

3. Nella, Montag

«Komm, wir laufen bis zur Brücke!» Saschas grüne Augen blitzen mich auffordernd an. Als ich nicht reagiere, greift er meine Hand und rennt los. Ich werde hinterhergezogen und muss lachen. Die Brücke ist schnell erreicht, es waren nur ein paar Meter. Wir lehnen uns gegen das hüfthohe Holzgeländer und blicken schwer atmend auf die Außenalster. Im Sonnenlicht glitzert und funkelt das Wasser wie ein Sternenmeer. Meine Hand liegt noch immer in Saschas, warm und geborgen. Ein kribbeliges Gefühl macht sich in meinem Körper breit, meine Knie werden weich. Als Sascha jetzt meine Hand loslässt und seinen Arm um meine Taille legt, hämmert mein Herz wild in der Brust. Vor Aufregung läuft mir ein wohliger Schauer über den Rücken.

«Nella …», raunt Sascha, und ich sehe ihn überrascht an. Obwohl mir der Klang seiner Stimme vertraut sein sollte, kommt er mir heute eigenartig fremd vor. «Nella, ich muss dir etwas sagen», flüstert er, und seine Augen blitzen mit dem Wasser um die Wette. Ich möchte auch etwas sagen, «Was denn?»