Wir Vögel singen nicht egal;
Der singet laut, der andre leise,
Kauz nicht wie ich, ich nicht wie Nachtigall,
Ein jeder hat so seine Weise.
Bin die vorige Nacht unterwegs gewesen. Etwas kalt schien einem der Mond auf den Leib, sonst war er aber so hell und schön, daß ich recht meine Freude dran hatt’, und mich an ihm nicht konnte satt sehen. Heut Nacht vor tausend acht hundert Jahren schienst du gewiß nicht so, dacht’ ich bei mir selbst; denn es war doch wohl nicht möglich, daß Menschen im Angesicht eines so freundlichen sanften Mond’s einem gerechten unschuldigen Mann Leid tun konnten! –
Ich mag wohl Begraben mit ansehn, wenn so ein rotgeweintes Auge noch einmal in die Gruft hinab blickt, oder einer sich so kurz umwendet, und so bleich und starr sieht und nicht zum Weinen kommen kann. ’s pflegt mir denn wohl selbst nicht richtig in ’n Augen zu werden, aber eigentlich bin ich doch fröhlich. Und warum sollt’ ich auch nicht fröhlich sein; liegt er doch nun und hat Ruhe! und ich bin darin ’n närrischer Kerl, wenn ich Weizen säen sehe, so denk’ ich schon an die Stoppeln und den Erntetanz. Die Leut fürchten sich so vor einem Toten, weiß nicht warum. Es ist ein rührender heiliger schöner Anblick einer Leiche ins Gesicht zu sehen; aber sie muß ohne Flitterstaat sein. Die stille blasse Todesgestalt ist ihr Schmuck, und die Spuren der Verwesung ihr Halsgeschmeide, und das erste Hahnengeschrei zur Auferstehung.
Weit von meinem Vaterlande
Muß ich hier verschmachten und vergehn,
Ohne Trost, in Müh und Schande;
Ohhh die weißen Männer!! klug und schön!
Und ich hab den Männern ohn Erbarmen
Nichts getan.
Du im Himmel! hilf mir armen
Schwarzen Mann!
Es war mal eine Henne fein,
Die legte fleißig Eier;
Und pflegte denn ganz ungemein
Wenn sie ein Ei gelegt zu schrein,
Als wär’ im Hause Feuer.
Ein alter Truthahn in dem Stall,
Der Fait vom Denken machte,
Ward bös darob, und Knall und Fall
Trat er zur Henn’ und sagte:
» Das Schrein, Frau Nachbarin, war eben nicht vonnöten;
Und weil es doch zum Ei nichts tut,
So legt das Ei, und damit gut!
Hört, seid darum gebeten!
Ihr wisset nicht, wie’s durch den Kopf mir geht.«
Hm! sprach die Nachbarin und tät
Mit einem Fuß vortreten,
Ihr wißt wohl schön, was heuer
Die Mode mit sich bringt, ihr ungezognes Vieh!
» Erst leg’ ich meine Eier,
Denn rezensier’ ich sie.«
Das heiß’ ich rechte Augenweide,
’s Herz weidet sich zugleich.
Der alles segnet, segn’ euch beide!
Euch liebes Schlafgesindel, euch!
Der Säemann säet den Samen,
Die Erd’ empfängt ihn, und über ein kleines
Keimet die Blume herauf –
Du liebtest sie. Was auch dies Leben
Sonst für Gewinn hat, war klein dir geachtet,
Und sie entschlummerte dir!
Was weinest du neben dem Grabe,
Und hebst die Hände zur Wolke des Todes
Und der Verwesung empor?
Wie Gras auf dem Felde sind Menschen
Dahin, wie Blätter! Nur wenige Tage
Gehn wir verkleidet einher!
Der Adler besuchet die Erde,
Doch säumt nicht, schüttelt vom Flügel den Staub, und
Kehret zur Sonne zurück!
Fragen Sie nicht, warum ich so lange nicht geantwortet habe. Ich bin krank gewesen – hypochondrisch gewesen – verliebt gewesen – weiß selbst nicht warum – kurz und gut, ich verdiene deswegen zweimal 40 Streiche weniger eins. Ja, ja ist wahr, meine bonmots aus Adreßblatt und Zeitung sollen zusammengedruckt werden, und die wollt’ ich mitschicken, sind aber noch nicht fertig, ist noch nicht daran angefangen. Ad vocem verliebt fällt mir ein, daß ich Sie wohl bei Ihrem Mädchen sehen möchte. Sie fallen ja wohl oft für Liebe auf die Erde und springen ja wohl oft für Liebe an die Decke und schreien wohl oft aus lautem Halse und verstummen wohl oft. Ihr Mädchen ist, hab ich gehört, aus Veilchenduft und Mondschein zusammengewebt; o du lieber Jüngling, wie gönne ich sie Dir so herzlich und Dich dem Mädchen! Meins ist ein ungekünsteltes Bauermädchen im wörtlichen Verstande, aber lieb hab ich sie darum nicht weniger, mir glühen oft die Fußsohlen für Liebe.
Aber die Lenzgestalt der Natur ist doch wunderschön; wenn der Dornstrauch blüht und die Erde mit Gras und Blumen pranget! So ’n heller Dezembertag ist auch wohl schön und dankenswert, wenn Berg und Tal in Schnee gekleidet sind, und uns Boten in der Morgenstunde der Bart bereift; aber die Lenzgestalt der Natur ist doch wunderschön! Und der Wald hat Blätter, und der Vogel singt, und die Saat schießt Ähren, und dort hängt die Wolke mit dem Bogen vom Himmel, und der fruchtbare Regen rauscht herab –
Wach auf mein Herz und singe
Dem Schöpfer aller Dinge etc.
’s ist, als ob Er vorüber wandle, und die Natur habe Sein Kommen von ferne gefühlt und stehe bescheiden am Weg in ihrem Feierkleid, und frohlockt!