Alexandre Dumas


Die drei Musketiere



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Klassiker als ebook herausgegeben bei RUTHeBooks, 2016


ISBN: 978-3-945667-67-5


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Epilog



Der Hilfe der englischen Flotte und der von Buckingham versprochenen Diversion beraubt, ergab sich La Rochelle nach einer einjährigen Belagerung; am 25. Oktober 1628 unterzeichnete man seine Kapitulation.

Der König hielt am 23. Dezember desselben Jahres seinen Einzug in Paris. Man feierte ihm einen Triumph, als ob er den Feind und nicht Franzosen besiegt hätte. Er zog unter Bogen von grünem Laubwerk durch das Faubourg Saint-Jacques ein.

D'Artagnan nahm Besitz von seinem Grade. Porthos verließ den Dienst und heiratete im Verlauf des darauf folgenden Jahres Madame Coquenard. Die so schmerzlich ersehnte Kiste enthielt achtmalhunderttausend Livres.

Mousqueton trug eine prächtige Livree und genoß die Befriedigung, nach der er sein ganzes Leben getrachtet hatte, nämlich hinter einer vergoldeten Carrosse stehen zu dürfen.

Aramis verschwand plötzlich nach einer Reise ins Lothringische und schrieb seinen Freunden nicht mehr. Man erfuhr später durch Frau von Chevreuse, daß er in ein Kloster in Nancy eingetreten war. Bazin wurde Laienbruder.

Athos blieb unter d'Artagnans Befehl Musketier bis zum Jahr 1633, wo er, in Folge einer Reise in Roussillon, unter dem Vorwand eine kleine Erbschaft gemacht zu haben, ebenfalls quittirte.

Grimaud folgte Athos.

D'Artagnan schlug sich dreimal mit Rochefort und verwundete ihn dreimal.

"Ich werde Euch wahrscheinlich das vierte Mal töten," sagte er zu ihm und reichte ihm die Hand, um ihn aufzuheben.

"Es ist also besser für Euch und für mich, wir lassen es hierbei bewenden," antwortete der Verwundete. "Zum Henker, ich meine es besser mit Euch, als Ihr vielleicht glaubt, denn bei unserem ersten Zusammentreffen durfte ich nur ein Wort zu dem Kardinal sagen, und man hätte Euch den Hals abgeschnitten."

Sie umarmten sich, aber diesmal mit vollem Herzen und ohne einen Hintergedanken.

Planchet erhielt von Rochefort den Grad eines Sergenten im Regiment Piemont.

Herr Bonacieux lebte in vollkommener Ruhe, wußte durchaus nicht, was aus seiner Frau geworden war, und kümmerte sich auch nicht darum. Eines Tags hatte er die Unklugheit, sich dem Kardinal ins Gedächtnis zurückzurufen. Der Kardinal ließ ihm antworten, er werde dafür sorgen, daß es ihm in Zukunft an nichts mangle.

Am andern Tage ging Herr Bonacieux wirklich Abends um sieben Uhr aus, um sich nach dem Louvre zu begeben, und erschien nie mehr in der Rue des Fossoyeurs. Die Meinung derjenigen, welche sich für sehr gut unterrichtet hielten, ging dahin, daß er in irgend einem königlichen Schlosse auf Kosten Seiner freigebigen Eminenz freie Kost und Wohnung genieße.

 

 

Inhalt




Erster Band


Kapitel 1 - Die drei Geschenke von Herrn d'Artagnan Vater

Kapitel 2 - Das Vorzimmer des Herrn von Treville

Kapitel 3 - Die Audienz

Kapitel 4 - Die Schulter von Athos, das Wehrgehänge von Porthos und das Taschentuch von Aramis

Kapitel 5 - Vier Musketiere des Königs und die Leibwache des Herrn Kardinals

Kapitel 6 - Seine Majestät König Ludwig der Dreizehnte

Kapitel 7 - Das Hauswesen der Musketiere

Kapitel 8 - Eine Hof-Intrigue

Kapitel 9 - D'Artagnan zeigt sich in einem eigentümlichen Lichte

Kapitel 10 - Eine Mausfalle im siebzehnten Jahrhundert

Kapitel 11 - Die Intrigue schürzt sich

Kapitel 12 - George Villiers, Herzog von Buckingham

Kapitel 13 - Herr Bonacieux

Kapitel 14 - Der Mann von Meung

Kapitel 15 - Beamter und Kriegsmann

Kapitel 16 - Worin der Herr Siegelbewahrer Seguier mehrmals die Glocke suchte, um zu läuten, wie er auch sonst getan

Kapitel 17 - Die Haushaltung Bonacieux

Kapitel 18 - Der Liebhaber und der Gatte

Kapitel 19 - Feldzugsplan

Kapitel 20 - Die Reise

Kapitel 21 - Die Gräfin von Winter

Kapitel 22 - Das Ballett der Merlaison

Kapitel 23 - Das Rendezvous

Kapitel 24 - Der Pavillon

Kapitel 25 - Porthos

Kapitel 26 - Die These von Aramis

Kapitel 27 - Die Frau von Athos

Kapitel 28 - Rückkehr

Zweiter Band


Kapitel 1 - Die Equipirungsjagd

Kapitel 2 - Mylady

Kapitel 3 - Engländer und Franzosen

Kapitel 4 - Ein Procuratorsmahl

Kapitel 5 - Zofe und Gebieterin

Kapitel 6 - Worin von der Equipirung von Aramis und Porthos die Rede ist

Kapitel 7 - Bei Nacht sind alle Katzen grau

Kapitel 8 - Rachetraum

Kapitel 9 - Das Geheimnis Myladys

Kapitel 10 - Worin Athos, ohne sich die geringste Mühe zu geben, seine Equipirung fand

Kapitel 11 - Eine holdselige Erscheinung

Kapitel 12 - Eine furchtbare Erscheinung

Kapitel 13 - Die Belagerung von La Rochelle

Kapitel 14 - Anjou-Wein

Kapitel 15 - Die Wirtschaft zum Roten Taubenschlag

Kapitel 16 - Von dem Nutzen der Ofenröhren

Kapitel 17 - Eheliche Szene

Kapitel 18 - Die Bastei Saint Gervais

Kapitel 19 - Der Rat der Musketiere

Kapitel 20 - Familien-Angelegenheit

Kapitel 21 - Widerwärtigkeiten

Kapitel 22 - Plauderei eines Bruders und einer Schwester

Kapitel 23 - Offizier!

Kapitel 24 - Erster Tag der Gefangenschaft

Kapitel 25 - Zweiter Tag der Gefangenschaft

Kapitel 26 - Dritter Tag der Gefangenschaft

Kapitel 27 - Vierter Tag der Gefangenschaft

Kapitel 28 - Fünfter Tag der Gefangenschaft

Kapitel 29 - Ein Vorwurf zu einer klassischen Tragödie

Kapitel 30 - Die Flucht

Kapitel 31 - Was in Portsmouth am 23. August 1628 vorfiel

Kapitel 32 - In Frankreich

Kapitel 33 - Das Kloster der Karmeliterinnen in Bethune

Kapitel 34 - Zwei Abarten von Teufeln

Kapitel 35 - Ein Tropfen Wasser

Kapitel 36 - Der Rotmantel

Kapitel 37 - Das Gericht

Kapitel 38 - Die Hinrichtung

Kapitel 39 - Eine Botschaft des Kardinals

Epilog

 

 




Erster Band

Kapitel 28 - Rückkehr



D'Artagnan blieb ganz betäubt durch die furchtbare Mitteilung von Athos. Es erschienen ihm noch sehr viele Dinge dunkel in dieser halben Offenbarung. Vor Allem war sie von einem völlig betrunkenen Menschen, einem halb Betrunkenen gemacht worden. Aber trotz der Schwankung, welche durch den Dunst von zwei oder drei Flaschen Burgunder im Gehirn entsteht, war d'Artagnan, als er am andern Morgen erwachte, jedes Wort noch so gegenwärtig, als ob die Sylben, wie sie von dem Mund des Einen fielen, in den Geist des Andern eingezeichnet worden wären. Der Zweifel, der sich in ihm regte, erzeugte ein noch viel lebhafteres Verlangen, Gewißheit zu bekommen, und er begab sich zu seinem Freund in der besten Absicht, das Gespräch am vorigen Abend wieder anzuknüpfen, aber er fand Athos bereits wieder in den feinsten, undurchdringlichsten Menschen umgewandelt.

Der Musketier, nachdem er einen Händedruck und ein Lächeln mit ihm ausgetauscht hatte, kam ihm indessen zuvor.

"Ich war gestern sehr betrunken, mein lieber d'Artagnan," rief er, "ich fühlte dies heute Morgen an meiner immer noch etwas schweren Zunge und an meinem aufgeregten Pulse. Ich wette, daß ich tausenderlei närrische Dinge preisgegeben habe."

Während er diese Worte sprach, schaute er seinen Freund so fest an, daß dieser dadurch in Verlegenheit geriet.

"Nicht doch," erwiderte d'Artagnan, "und wenn ich mich recht erinnere, so habt Ihr nichts Außerordentliches gesprochen.

"Ah, Ihr setzt mich in Erstaunen. Ich glaubte Euch eine höchst klägliche Geschichte erzählt zu haben," und dabei sah er den jungen Mann an, als wollte er in der Tiefe seiner Seele lesen.

"Meiner Treu'," sprach d'Artagnan, "es scheint, ich war noch betrunkener als Ihr, da ich mir gar nicht mehr erinnern kann."

Athos ließ sich nicht mit diesen Worten abspeisen, sondern versetzte:

"Es kann Euch nicht entgangen sein, mein lieber Freund, daß jeder seine eigene Art von Trunkenheit bat: der Eine, eine lustige, der Andere eine traurige. Ich habe sie traurige Trunkenheit, und wenn ich einmal weingrün bin, so ist es meine Manier, alle trübselige Geschichten zu erzählen, die mir meine alberne Amme in das Hirn gepflanzt hat. Das ist mein Fehler, ein Hauptfehler, ich gestehe es zu; aber abgesehen davon bin ich ein guter Trinker."

Athos sagte dies auf eine so natürliche Weise, daß d'Artagnan in seiner Überzeugung erschüttert wurde.

"O! das ist es, in der Tat," sprach der junge Mann, der hinter die Wahrheit zu kommen suchte. "Dergleichen ist es. Ich erinnere mich, wie man sich eines Traumes erinnert, daß wir von Gehenkten gesprochen haben." – "Ah, Ihr seht wohl," sagte Athos erbleichend, während er zu lächeln suchte, "ich wußte es, die Gehenkten sind mein Alp." – "Ja, ja," entgegnete d'Artagnan, "das Gedächtnis kehrt wieder bei mir ein: es war die Rede ... wartet nur ... es war die Rede von einer Frau." – "Seht," erwiderte Athos beinahe bleifarbig geworden, "das ist meine große Geschichte von der blonden Frau. Wenn ich diese erzähle, bin ich bis zur Bewußtlosigkeit betrunken." – "Ja, das ist es," sagte d'Artagnan, "die Geschichte von der blonden Frau, groß und schön mit blauen Augen." – "Ja, und gehenkt." – "Durch ihren Gatten, der ein hoher Herr von Eurer Bekanntschaft war," fuhr d'Artagnan, seinen Freund fest anschauend, fort. – "Seht Ihr, wie man einen Menschen bloßstellen kann, wenn man nicht mehr weiß, was man sagt," fuhr Athos fort und zuckte die Achseln, als ob er sich selbst bemitleidete. "Gewiß, ich will mich nicht mehr betrinken, d'Artagnan, es ist eine gar zu schlechte Gewohnheit. Bald hätte ich vergessen," fügte er hinzu, "ich danke Euch für das Pferd, das Ihr mir mitgebracht habt." – "Gefällt es Euch?" – "Ja, aber es ist kein Pferd für Strapazen." – "Ihr täuscht Euch. Ich habe zehn Meilen in weniger als anderthalb Stunden mit ihm ge macht, und es schien nicht mehr ermüdet, als wenn es einmal auf der Place Saint-Sulpice im Kreise umher geritten worden wäre." – "Ei, ei, das ist sehr ärgerlich." – "Ärgerlich?" – "Ja, ich habe mich desselben entäußert." – "Wie dies?" – "Hört: als ich diesen Morgen um sechs Uhr erwachte, schlieft Ihr wie ein Dachs, und ich wußte nicht, was ich machen sollte. Ich war noch ganz verdumpft von unserer gestrigen Schwelgerei. Ich ging in den großen Saal hinab und sah einen von unfern Engländern, der mit einem Roßtäuscher um ein Pferd handelte. Dem seinigen war ein Blutgesäß gesprungen. Ich nähere mich ihm und sage, als ich gewahr wurde, daß er hundert Pistolen für einen Schweißfuchs bot: 'Bei Gott, mein edler Herr, ich habe auch ein Pferd zu verkaufen.' – 'Und zwar ein sehr schönes,' sprach er. 'Ich habe es gestern gesehen. Der Knecht Eures Freundes führte es an der Hand.' – 'Glaubt Ihr, es sei hundert Pistolen wert?' – 'Ja. Wollt Ihr es mir um diesen Preis geben?' – 'Nein, aber ich spiele mit Euch darum.' – 'Wie?' – 'Mit Würfeln.' – "Gefugt getan, und ich habe das Pferd verloren." Doch hört wohl," fuhr Athos fort, "die Decke habe ich wieder gewonnen."

D'Artagnan machte eine ziemlich verdrießliche Miene.

"Das ist Euch unangenehm?" sprach Athos.

"Allerdings, ich muß es Euch gestehen," erwiderte d'Artagnan. "Dieses Pferd sollte dazu dienen, uns an einem Schlachttag kenntlich zumachen; es war ein Pfand, ein Andenken. Athos, Ihr habt Unrecht gehabt."

"Ei, mein lieber Freund, versetzt Euch an meine Stelle," entgegnete der Musketier, "ich langweilte mich zum Sterben, und dann auf Ehre, ich liebe die englischen Pferde nicht. Hört, wenn es sich nur darum handelt, von irgend Jemand erkannt zu werden, so wird der Sattel genügen. Er ist auffallend genug. Was das Pferd betrifft, so werden wir irgend eine Entschuldigung finden, um sein Verschwinden zu rechtfertigen. Was Teufels! ein Pferd ist sterblich. Gesetzt, das meine hätte den Wurm oder den Rotz bekommen!"

D'Artagnan's Antlitz erheiterte sich nicht.

"Es ist mir verdrießlich," fuhr Athos fort, "daß Ihr so viel auf diese Tiere zu halten scheint, denn ich bin mit meiner Geschichte noch nicht zu Ende." – "Was habt Ihr weiter noch gemacht?" – "Nachdem ich mein Pferd verloren hatte, neun gegen zehn, (seht, was für ein Wurf!) kam mir der Gedanke, um das Eurige zu spielen." – "Ja, aber es blieb doch hoffentlich bei dem Gedanken?" – "Nein, ich brachte ihn sogleich in Ausführung." – "Ah, den Henker!" rief d'Artagnan unruhig. – "Ich spielte und verlor." – "Mein Pferd?" – "Euer Pferd, sieben gegen acht; um ein Auge ... Ihr kennt das Sprichwort?" – "Athos, ich schwöre, Ihr seid nicht bei Vernunft." – "Mein Lieber, das hättet Ihr mir gestern sagen sollen, als ich Euch die tollen Geschichten erzählte, und nicht heute. Ich verlor es also samt Sattel und Zeug." – "Aber das ist abscheulich!" – "Nur Geduld, Ihr habt Unrecht. Ich wäre ein vortrefflicher Spieler, wenn ich nicht hartnäckig würde, aber das ist der Fall, wie beim Trinken. Ich wurde also hartnäckig." – "Aber um was konntet Ihr denn spielen? Es blieb Euch ja nichts mehr übrig." – "Allerdings, mein Freund, es blieb Euch noch der Diamant übrig, der an Eurem Finger glänzt und den ich gestern bemerkt hatte." – "Dieser Diamant!" rief d'Artagnan, und fuhr mit der Hand an seinen Ring. – "Und da ich Kenner bin, insoferne ich einige für eigene Rechnung besessen hatte, schätzte ich ihn auf tausend Pistolen." – "Ich hoffe" sprach d'Artagnan halbtot vor Schrecken, "Ihr erwähntet meines Diamants nicht?" – "Im Gegenteil, lieber Freund, Ihr begreift doch, daß dieser Diamant unser einziges Rettungsmittel war. Mit ihm konnte ich unser Reitzeug, unsere Pferde, und sogar Geld für die Reise wieder gewinnen." – "Athos, Ihr macht mich zittern!" rief d'Artagnan. – "Ich sprach also von Eurem Diamant mit meinem Gegenspieler, der ihn ebenfalls wahrgenommen hatte. Was Teufel, mein Lieber, Ihr tragt an Eurem Finger einen Stern des Himmels und wollt, man soll nicht darauf aufmerksam werden? Unmöglich." – "Vollendet, mein Lieber, vollendet!" sprach d'Artagnan, "denn auf Ehre, Ihr bringt mich um mit Eurer Kaltblütigkeit." – "Wir teilten also diesen Diamant in zehn Teile von je hundert Pistolen." – "Ah, Ihr wollt scherzen und mich auf die Probe stellen," sagte d'Artagnan, den der Zorn zu ersticken drohte. – "Nein, ich scherze nicht, Mord und Teufel! Ich hätte Euch wohl sehen mögen! Vierzehn Tage lang hatte ich kein menschliches Antlitz zu Gesicht bekommen, und war durch dieses ewige Umarmen der Weinflaschen rauhborstig geworden." – "Das ist kein Grund, um meinen Ring auf das Spiel zu setzen," entgegnete d'Artagnan, die Hand krampfhaft zusammenpressend. – "Hört also das Ende. Zehn Teile zu hundert Pistolen, ohne Revanche. Auf dreizehn Würfe verlor ich Alles. Auf dreizehn Würfe! Dreizehn ist immer eine Unglückszahl für mich gewesen; es geschah am 13. Juli, daß ..." – "Tod und Teufel!" rief d'Artagnan aufspringend; die Geschichte dieses Tages machte ihn die des vorhergehenden vergessen. – "Geduld," sprach Athos, "ich hatte einen Plan. Der Engländer war ein Original. Ich sah ihn am Morgen mit Grimaud plaudern, und dieser meldete mir, er habe ihm den Antrag gemacht, er möge in seine Dienste treten. Ich spiele mit ihm um Grimaud, den stillschweigenden Grimaud, in zehn Portionen geteilt." – "Ah, Gottes Wunder!" rief d'Artagnan und brach in ein lautes Gelächter aus. – "Grimaud selber, hört Ihr wohl, und mit den zehn Teilen von Grimaud, der nicht ganz einen Dukaten wert ist, gewinne ich den Diamant wieder. Sagt mir also noch einmal, die Beharrlichkeit sei keine Tugend." – "Meiner Treue! das ist drollig!" rief d'Artagnan getröstet, und hielt sich vor Lachen die Seiten. – "Ihr begreift, daß ich, als ich mich wieder bei Kräften fühlte, abermals um den Diamant zu spielen anfing." – "Ah, Teufel!" sagte d'Artagnan verdüstert. – "Ich gewann Euer Reitzeug wieder und dann Euer Pferd, dann mein Reitzeug, dann mein Pferd, und verlor abermals. Kurz, ich habe Euer Reitzeug wieder bekommen und das meinige. Und so stehen nun die Sachen. Das war ein vortrefflicher Wurf, und ich blieb dabei."

D'Artagnan atmete, als ob man ihm das ganze Wirtshaus von der Brust genommen hätte.

"Der Diamant bleibt mir also?" sprach er schüchtern. –

"Unberührt, mein lieber Freund. Auch das Reitzeug Eures Bucephalus und des meinigen." – "Aber was sollen wir mit dem Reitzeug ohne Pferd machen?" – "Ich habe hierüber einen Gedanken." – "Athos, Ihr macht mich beben." – "Hört: Ihr habt seit langer Zeit nicht mehr gespielt, d'Artagnan!" – "Und ich habe auch keine Lust zu spielen." – "Verschwören wir nichts. Ihr habt seit langer Zeit nicht mehr gespielt, sagte ich, Ihr müßt folglich eine glückliche Hand haben." – "Gut, und hernach?" – "Gut, der Engländer und sein Gefährte sind noch hier. Ich bemerkte, daß es ihnen sehr leid tut, unser Reitzeug nicht zu besitzen. Ihr scheint viel auf Euer Pferd zu halten. An Eurer Stelle würde ich um Euer Reitzeug gegen Euer Pferd spielen." – "Aber er wird nicht um ein einziges Reitzeug wollen." – "Spielt um beide. Bei Gott, ich bin kein Egoist, wie Ihr." – "Ihr würdet dies tun?" sagte d'Artagnan unentschlossen, so sehr wurde er unwillkürlich von der Zuversichtlichkeit seines Freundes angesteckt. – "Bei meinem Ehrenwort, auf einen Wurf!" – "Da ich die Pferde verloren habe, so muß mir sehr viel daran liegen, wenigstens das Reitzeug zu behalten." – "So spielt um Euern Diamant." – "O, das ist ein anderes Ding; nie, nie!" – "Teufel!" sprach Athos, "ich würde Euch vorschlagen, um Grimaud zu spielen; da dies aber bereits geschehen ist, so wird der Engländer ohne Zweifel nicht mehr wollen." – "Entschieden, mein lieber Athos," sagte d'Artagnan, "ich will lieber gar nichts mehr wagen." – "Das ist Schade," sprach Athos kalt. "Der Engländer ist ganz gespickt mit Pistolen. Ei, mein Gott, versucht doch einen Wurf. Ein Wurf ist bald gemacht." – "Und wenn ich verliere?" – "Ihr werdet gewinnen." – "Aber wenn ich verliere?" – "Gut, so gebt Ihr ihm unser Reitzeug." – "Es mag sein, einen Wurf," sprach d'Artagnan.

Athos suchte den Engländer auf und fand ihn im Stalle, wo er das Reitzeug der Freunde mit lüsternen Augen betrachtete. Die Gelegenheit war günstig. Er machte seine Bedingungen: Beider Reitzeug gegen ein Pferd oder hundert Pistolen nach Belieben. Der Engländer rechnete schnell. Das Reitzeug war wenigstens dreihundert Pistolen wert. Er schlug ein.

D'Artagnan warf die Würfel zitternd und bekam die Zahl drei. Seine Blässe erschreckte Athos, welcher nur die Worte sprach: "Das ist ein trauriger Wurf, Kamerad; Ihr bekommt die Pferde mit Sattel und Zeug, mein Herr."

Triumphirend nahm sich der Engländer nicht einmal die Mühe, die Würfel zu rollen. Er warf sie auf den Tisch, ohne hinzusehen, so sehr war er von seinem Siege überzeugt. D'Artagnan hatte sich umgedreht, um seinen Verdruß zu verbergen.

"Halt, halt, halt!" sprach Athos in seinem ruhigen Tone. "Das ist ein außerordentlicher Wurf, und ich habe ihn nur viermal in meinen Leben gesehen. Zwei Aß!"

Der Engländer schaute und war wie niedergedonnert. D'Artagnan schaute ebenfalls und wurde rot vor Freude.

'Ja,' fuhr Athos fort, "nur viermal: einmal bei Herrn von Crequi, zum zweiten Mal bei mir im Felde, in meinem Schlosse, als ich noch ein Schloß hatte, ein drittes Mal bei Herrn von Treville, und ein viertes Mal in einer Schenke, wo es mich traf und ich dabei hundert Louisd'or nebst einem Abendbrot verlor." – "Der Herr nimmt also sein Pferd wieder?" sprach der Engländer. – "Allerdings," sagte d'Artagnan. – "Dann findet keine Revanche statt?" – "Unsere Bedingungen lauteten: keine Revanche, wie Ihr Euch erinnern werdet." – "Allerdings; das Pferd soll Eurem Bedienten übergeben werden." "Einen Augenblick," sagte Athos. "Mit Eurer Erlaubnis, mein Herr, ich wünschte ein Wort mit meinem Freunde zu sprechen." – "Sprecht!"

Athos nahm d'Artagnan bei Seite.

"Nun?" fragte d'Artagnan. "Was willst Du noch von mir, Versucher? Du willst, daß ich spiele?" – "Ich will, daß Du nachdenkst." – "Worüber?" – "Du hast das Pferd wieder genommen?" – "Gewiß." – "Du hast Unrecht. Ich würde die hundert Pistolen nehmen. Du weißt, daß Du um unser Reitzeug gegen das Pferd, oder um hundert Pistolen gespielt hast." – "Ja." – "Ich würde die hundert Pistolen nehmen." – "Gut, und ich nehme das Pferd." – "Und Ihr habt Unrecht, mein Freund, das wiederhole ich Euch. Was wollen wir mit einem Pferde für uns Beide machen? Ich kann doch nicht hinten aufsitzen, wir würden aussehen, wie zwei Haimonskinder, die ihre Brüder verloren haben. Ihr könnt mich doch nicht so sehr demütigen, daß Ihr auf diesem prachtvollen Schlachtrosse neben mir herreitet. Ich nähme, ohne einen Augenblick m schwanken, die hundert Pistolen. Wir brauchen Geld, um nach Paris zurückzukommen." – "Es liegt mir Alles an diesem Pferde, Athos." – "Und Ihr habt Unrecht mein Freund. Ein Pferd macht einen Seitensprung, ein Pferd bäumt sich und überschlägt, ein Pferd frißt aus einer Krippe, aus der ein rotziges Tier gefressen hat, dann ist ein Pferd, oder vielmehr es sind hundert Pistolen verloren. Ferner muß der Herr sein Pferd ernähren, während im Gegenteil hundert Pistolen ihren Herrn ernähren." – "Aber wie sollen wir zurückkommen?" – "Auf den Pferden unserer Bedienten. Bei Gott! man wird uns immer noch am Gesicht ansehen, daß wir Leute von Stand sind." – "Wir werden uns gut ausnehmen auf solchen Mähren, während Aramis und Porthos auf ihren schönen Rossen einherreiten." – "Aramis! Porthos!" rief Athos und brach in ein schallendes Gelächter aus. – "Was gibt es denn?" fragte d'Artagnan, der die Heiterkeit seines Freundes nicht begreifen konnte. – "Nichts, nichts, fahrt nur fort," sagte Athos. – "Also Euer Rat ..." – "Ist, die hundert Pistolen zu nehmen, d'Artagnan mit den hundert Pistolen können wir schwelgen bis zu dem Ende des Monats. Wir haben Strapazen ausgestanden, seht Ihr wohl, und bedürfen ein wenig der Ruhe." – "Ich ausruhen? o nein, Athos! Sobald ich in Paris bin, forsche ich wieder nach dieser armen Frau." – "Wohl, glaubt Ihr etwa, Euer Pferd wäre Euch zu diesem Behufe nützlicher, als schöne Louisd'or? Nehmt die hundert Pistolen, mein Freund, nehmt die hundert Pistolen."

D'Artagnan bedurfte nur eines Grundes um sich zu fügen, und dieser schien ihm vortrefflich. Überdies befürchtete er, in den Augen von Athos egoistisch zu erscheinen, wenn er länger auf seinem Willen beharren würde. Er willigte also ein, und wählte die hundert Pistolen, die ihm der Engländer sogleich ausbezahlte.

Nun dachte man nur an die Abreise, der Friedensschluß mit dem Wirte kostete außer dem alten Pferd von Athos sechs Pistolen. D'Artagnan und Athos nahmen die Pferde von Planchet und Grimaud. Die zwei Bedienten begaben sich, die Sättel auf ihren Köpfen tragend, zu Fuß auf den Weg.

So schlecht beritten die Freunde auch waren, so gewannen sie doch bald einen Vorsprung vor ihren Lakaien und langten in Crevecoeur an. Sie erblickten von ferne Aramis, der sich schwermütig auf ein Fenstergesimse stützte und nachschaute, wie der Horizont in eine Staubwolke gehüllt wurde.

"He, holla, Aramis! was macht Ihr denn da?" riefen die zwei Freunde.

"Ah, Ihr seid es, d'Artagnan, Ihr seid es, Athos?" sprach der junge Mann. "Ich dachte darüber nach, mit welcher Schnelligkeit die Güter dieser Welt verschwinden. Mein englisches Roß, das sich von hier entfernte, und eben in einem Staubwirbel verschwunden ist, war mir ein lebendiges Bild von der Hinfälligkeit aller irdischen Dinge. Das Leben läßt sich in die drei Worte auflösen: fuit. est. erit." – "Das will sagen?" fragte d'Artagnan, der die Wahrheit zu ahnen anfing. – "Das will sagen, daß ich so eben einen albernen Handel abgeschlossen habe. Sechszig Louisd'or um ein Pferd, das nach seinem Gange zu schließen wenigstens fünf Meilen in einer Stunde zurücklegen kann."

D'Artagnan und Athos brachen in ein Gelächter aus.

"Mein lieber d'Artagnan," sagte Aramis, "seid mir nicht zu sehr gram, ich bitte Euch. Not kennt kein Gebot. Überdies bin ich am meisten gestraft, da mich dieser heillose Roßhändler wenigstens um fünfzig Louisd'or betrogen hat. Ah! Ihr seid gute Haushalter, Ihr Beiden. Ihr reitet auf den Pferden Eurer Lakaien, und laßt Euch Eure Luxuspferde sachte und in kleinen Tagemärschen an der Hand nachführen."

In demselben Augenblick hielt ein Frachtwagen, den man seit einigen Minuten auf der Straße von Amiens erblickte, vor dem Gasthofe an, und man sah Grimaud und Planchet, ihre Sättel auf dem Kopfe, aussteigen. Der Frachtwagen kehrte leer nach Paris zurück, und die zwei Lakaien hatten sich anheischig gemacht, den Fuhrmann auf dem ganzen Wege zechfrei zu halten, wenn er sie mitnehmen würde.

"Was ist das? was soll das bedeuten?" sagte Aramis, als er sah, was vorging. "Nur die Sättel?" – "Begreift Ihr nun?" sprach Athos. – "Meine Freunde, das ist gerade, wie bei mir. Ich habe Sattel und Zeug instinktmäßig behalten. Holla, Bazin, trage mein neues Reitzeug zu denen der beiden Herren." – "Und was habt ihr mit euren Doktoren gemacht?" fragte d'Artagnan.

"Mein Lieber, ich habe sie am andern Tag zum Mittagessen eingeladen," sprach Aramis. "Es gibt hier, beiläufig gesagt, vortrefflichen Wein. Ich machte sie, so gut es mir möglich war, betrunken, dann verbot mir der Pfarrer, die Uniform abzulegen, und der Jesuit bat mich, ihn unter die Musketiere aufnehmen zu lassen!" – "Ohne These," rief d'Artagnan, "ohne These! Ich verlange die Unterdrückung der These."

"Von da an lebte ich angenehm," fuhr Aramis fort. "Ich fing ein Gedicht in einsilbigen Versen an, das ist schwierig, aber das Verdienst liegt bei jeder Sache in der Schwierigkeit. Der Stoff ist galanter Natur; ich werde Euch den ersten Gesang vorlesen. Er hat vierhundert Verse und dauert eine Minute."

"Meiner Treue, mein lieber Aramis," sprach d'Artagnan, der die Verse beinahe eben so sehr haßte, als das Latein, "fügt dem Verdienste der Schwierigkeit noch das der Kürze bei, und Ihr könnt wenigstens überzeugt sein, daß es zwei Verdienste haben wird."

"Ein drittes besteht darin," fuhr Aramis fort, "daß es redliche Leidenschaften atmet. Wir kehren nach Paris zurück? Bravo! Ich bin bereit! Wir werden also den guten Porthos wieder sehen? Desto besser! Ihr glaubt nicht, wie sehr er mir fehlte, dieser große Pinsel. Ich sehe ihn so gerne in seiner Selbstzufriedenheit, das söhnt mich mit mir aus. Er wird sein Pferd nicht verkauft haben, und wäre es auch gegen ein Königreich! Es ist mir, als ob ich ihn vor mir hätte, auf seinem schönen Tier und seinem glänzenden Sattel. Er sieht gewiß aus, wie ein Großmogul."

Man hielt eine Stunde an, um die Pferde ausschnaufen zu lassen. Aramis bezahlte seine Rechnung, brachte Bazin bei seinen Kameraden im Frachtwagen unter, und man setzte sich in Marsch, um zu Porthos zu gelangen.

Die Freunde fanden ihn beinahe genesen und folglich minder bleich, als er bei d'Artagnans erstem Besuch gewesen war. Er saß vor einem Tische, auf dem, obgleich er allein war, ein Mittagsbrot für vier Personen figurirte; dieses Mittagsbrot bestand aus zierlich zugerichteten Fleischspeisen, ausgesuchten Weinen und vortrefflichem Obst.

"Ah, bei Gott!" sprach er ausstehend, "Ihr kommt wie gerufen, meine Herren. Ich war gerade bei der Suppe und Ihr könnt mit mir zu Mittag speisen."

"Oh, oh!" rief d'Artagnan, "hat Mousqueton solche Flaschen mit dem Lasso gefangen, dann finde ich hier ein gespicktes Fricandeau und einen Lendenbraten ..."

"Ich stärke mich," sagte Porthos, "ich stärke mich. Nichts schwächt so sehr, als diese verdammten Quetschungen. Habt Ihr schon Quetschungen gehabt, Athos?"

"Niemals, nur erinnere ich mich, daß ich bei unserem Streit in der Rue Ferou einen Degenstich bekam, der nach Verlauf von vierzehn oder acht Tagen genau dieselbe Wirkung hervorbrachte."

"Aber dieses Mittagsbrot war nicht für Euch allein, mein lieber Porthos," sagte Aramis.

"Nein," erwiderte Porthos, "ich erwartete einige Edelleute aus der Nachbarschaft, die mir so eben sagen ließen, sie würden nicht kommen; ihr nehmt ihre Stellen ein, ich verliere nichts bei dem Tausch. Holla, Mousqueton, Stühle! und man verdopple die Flaschen!"

"Wißt Ihr, was wir hier essen?" sagte Athos nach zehn Minuten.

"Bei Gott!" antwortete d'Artagnan, "ich esse gespicktes Kalbfleisch mit Artischocken." – "Und ich Hammelskeule," sprach Porthos. – "Und ich Hühnerfricassee," sagte Aramis. – "Ihr täuscht Euch, meine Herren," erwiderte Athos ernst. "Ihr verspeist Pferdefleisch." – "Geht doch," rief d'Artagnan. – "Pferdefleisch!" brummte Aramis mit einer Grimasse des Ekels.

Porthos allein antwortete nicht.

"Ja, Pferdefleisch, nicht wahr. Porthos, wir speisen Pferdefleisch, und vielleicht Sattel und Zeug dazu?"

"Nein, meine Herren, ich habe das Reitzeug behalten," sagte Porthos.

"Meiner Treue, von uns ist einer so gut wie der andere," rief Aramis; "es ist, als ob wir uns das Wort gegeben hätten."

"Was wollt Ihr, dieses Pferd beschämte meine Gäste und ich wollte sie nicht demütigen."

"Und dann ist Eure Herzogin immer noch in den Bädern, nicht wahr?" fragte d'Artagnan.

"Immer noch," erwiderte Porthos. "Auch schien der Gouverneur der Provinz, einer von den Edelleuten, die ich heute zum Mittagsbrot erwartete, ein so großes Verlangen darnach zu haben, daß ich es ihm schenkte." – "Geschenkt," rief d'Artagnan.

"Oh! mein Gott, ja, geschenkt, das ist das rechte Wort," sprach Porthos, "es war wenigstens hundert und fünfzig Louisd'or wert und der Knicker wollte mir nicht mehr dafür geben, als achtzig." – "Ohne den Sattel?" sagte Aramis. – "Ja, ohne den Sattel."

"Ihr bemerkt, meine Herren," sprach Athos, "daß Porthos abermals den besten Handel von uns allen gemacht hat."

Dann entstand ein schallendes Gelächter, wodurch der arme Porthos ganz verdutzt wurde, aber man erzählte ihm bald die Ursache dieser Heiterkeit, an der er, seiner Gewohnheit gemäß, geräuschvollen Anteil nahm.

"Auf diese Art sind wir also alle bei Kasse," sagte d'Artagnan. – "Was mich betrifft," entgegnete Athos, "ich fand den spanischen Wein von Aramis so gut, daß ich sechzig Flaschen in den Frachtwagen der Bedienten packen ließ, was meinen Baarbestand gewaltig geschmälert hat." – "Und ich," sprach Aramis, "stellt Euch vor, daß ich meinen letzten Sou der Kirche von Montdidier und den Jesuiten von Amiens geschenkt, daß ich überdies Verbindlichkeiten eingegangen hatte, welche erfüllt werden mußten: ich habe für mich und Euch, meine Herren, Messen bestellt, die man lesen wird, und bei denen wir uns, wie ich gar nicht zweifle, vortrefflich befinden werden." –"Und ich," sagte Porthos, "glaubt Ihr, meine Quetschung habe nichts gekostet? Die Wunde Mousquetons nicht zu rechnen, für den ich jeden Tag zweimal den Chirurgen kommen lassen mußte." – "Wohl, wohl," versetzte Athos, mit d'Artagnan und Aramis ein Lächeln austauschend, "ich sehe, daß Ihr Euch sehr großmütig gegen den armen Burschen benommen habt. So benimmt sich nur ein guter Herr." – "Kurz, wenn ich meine Rechnung bezahlt habe, werden mir höchstens dreißig Taler übrig bleiben." – "Und mir ungefähr zehn Pistolen," sprach Aramis. – "Es scheint, wir sind die Krösusse der Gesellschaft," sagte Athos, "wie viel habt ihr noch von Euren hundert Pistolen übrig?" – "Von meinen hundert Pistolen? Erstlich habe ich Euch fünfzig davon gegeben." – "Ihr glaubt?" – "Bei Gott!" – "Ah! es ist wahr, ich erinnere mich." – "Dann habe ich dem Wirte sechs bezahlt." – "Welches Vieh, dieser Wirt? Warum habt Ihr ihm sechs Pistolen gegeben?" – "Weil Ihr es mich hießet." – "Allerdings ich bin zu gut. Kurz, es bleiben übrig?" – "Fünf und zwanzig Pistolen," antwortete d'Artagnan." – "Und ich," sprach Athos, etwas kleine Münze aus der Tasche ziehend, "seht hier." – "Ihr, nichts." – "Meiner Treue, oder so wenig, daß es nicht der Mühe wert ist, es zur Masse zu schlagen." – "Nun wollen wir berechnen, wie viel wir besitzen: Porthos?" – "Dreißig Taler." – "Aramis?" – "Zehn Pistolen." – "Und Ihr, d'Artagnan?" – "Fünf und zwanzig." – "Das macht im Ganzen?" fragte Athos. – "Vier hundert und fünf und siebenzig Livres," antwortete d'Artagnan, ein Archimed im Rechnen. – "Bei unserer Ankunft in Paris werden uns immerhin noch vierhundert übrig bleiben," rief Porthos. "Vortrefflich! doch wir wollen jetzt speisen, der zweite Gang wird kalt."

Nunmehr über ihre Zukunft beruhigt, erwiesen die vier Freunde dem Mittagsmahl alle Ehre, die Überreste desselben aber wurden den Herren Mousqueton, Bazin, Planchet und Grimaud überlassen.

Als d'Artagnan in Paris ankam, fand er einen Brief von Herr des Essarts, der ihn von dem festen Entschluß Sr. Majestät, am ersten Mai den Feldzug zu eröffnen, benachrichtigte und ihn darauf aufmerksam machte, daß er sich ungesäumt zu equipiren habe.

Er lief sogleich zu seinen Kameraden, die er eine halbe Stunde zuvor verlassen hatte und jetzt sehr traurig, oder vielmehr sehr in Unruhe fand. Sie waren bei Athos im Rate versammelt, was immer Umstände von ernster Bedeutung ankündigte.

Es hatte wirklich jeder in seiner Wohnung einen ähnlichen Brief von Herrn von Treville erhalten.

Die vier Philosophen schauten sich ganz verdutzt an; Herr von Treville kannte keinen Scherz, was die Disziplin betraf.

"Wie hochschätzt Ihr diese Equipirungen?" fragte d'Artagnan.

"O! das läßt sich so ungefähr sagen," erwiderte Aramis, "wir haben in diesem Augenblick unsere Rechnung mit spartanischer Knickerei gemacht und gefunden, daß jeder von uns fünfzehnhundert Livres braucht."

"Vier mal fünfzehn macht sechzig, das sind sechstausend Livres," sprach Athos.

"Mir scheint," entgegnete d'Artagnan, "tausend Livres wären hinreichend für Jeden. Ich spreche allerdings nicht als Spartaner, sondern als Procurator ..."

Das Wort Procurator erweckte Porthos.

"Halt! ich habe einen Gedanken," rief er.

"Das ist schon etwas; ich habe nicht einmal einen Schatten von einem Gedanken," sprach Athos kalt; "aber d'Artagnan ist ein Narr, meine Herren. Tausend Livres! Ich erkläre, daß ich für meine Equipirung allein zweitausend brauche."

"Vier mal zwei macht acht," sagte Aramis; "wir brauchen also achttausend Livres, um uns zu equipiren, wobei nicht zu vergessen, daß wir die Sättel bereits haben."

"Und dann," sagte Athos, der, um diesen verheißungsreichen Gedanken auszusprechen wartete, bis d'Artagnan, welcher Herrn von Treville danken wollte, die Türe hinter sich geschlossen hatte, "und dann der schöne Diamant, der am Finger unseres Freundes funkelt. Was Teufels, d'Artagnan ist ein zu guter Kamerad, um Brüder in der Verlegenheit stecken zu lassen, während er an seinem Mittelfinger das Lösegeld für einen König trägt."




Zweiter Band

Kapitel 1 - Die drei Geschenke von Herrn d'Artagnan Vater



Am ersten Montag des Monats April 1625 schien der Marktflecken Meung, wo der Verfasser des Romans der Rose geboren wurde, in einem so vollständigen Aufruhr begriffen zu sein, als ob die Hugenotten gekommen wären, um ein zweites Rochelle daraus zu machen. Mehrere Bürger beeilten sich, als sie die Frauen die Straßen entlang fliehen sahen und die Kinder auf den Türschwellen schreien hörten, den Küraß umzuschnallen und, ihre etwas unsichere Haltung durch eine Muskete oder eine Partisane unterstützend, sich nach der Herberge zum Freimüller zu wenden, vor der sich von Minute zu Minute anwachsend eine lärmende, neugierige, dichte Gruppe drängte.

Zu dieser Zeit waren die panischen Schrecken gar häufig, und wenige Tage vergingen, ohne daß eine oder andere Stadt irgend ein Ereignis dieser Art in ihre Archive einzutragen hatte. Da gab es adelige Herren, welche unter sich Krieg führten; da war der König, der den Kardinal bekriegte; da war der Spanier, der den König bekriegte. Außer diesen stillen oder öffentlichen, geheimen oder geräuschvollen Kriegen, gab es Diebe, Bettler, Hugenotten, Wölfe und Lakaien, welche mit aller Welt Krieg führten. Die Bürger bewaffneten sich immer gegen die Diebe, gegen die Wölfe, gegen die Lakaien; – häufig gegen die adeligen Herren und die Hugenotten; – zuweilen gegen den König; – aber nie gegen den Kardinal und den Spanier. Infolge dieser Gewohnheit geschah es, daß die Bürger an genanntem erstem Montag des Monats April 1625, als sie das Geräusche hörten und weder die gelb und roten Standarten, noch die Livree des Herzogs von Richelieu sahen, nach der Herberge zum Freimüller liefen.

Hier angelangt, vermochte jeder die Ursache dieses Lärms zu erschauen und zu erkennen.

Ein junger Mensch ... entwerfen wir sein Porträt mit einem Federzuge: man denke sich Don Quixote im achtzehnten Jahre; Don Quixote ohne Bruststück, ohne Panzerhemd und ohne Beinschienen; Don Quixote in einem Wamms, dessen blaue Farbe sich in eine unbestimmbare Nuance von Weinhefe und Himmelblau verwandelt hatte. Langes, braunes Gesicht, hervorspringende Backenknochen, Zeichen der Schlauheit, außerordentlich stark entwickelte Kiefermuskeln, ein untrügliches Zeichen, an dem der Gascogner selbst ohne Baret zu erkennen ist, und unser junger Mann trug ein mit einer Art von Feder verziertes Baret; das Auge offen und gescheit; die Nase gebogen, aber fein gezeichnet; zu groß für einen Jüngling, zu klein für einen gemachten Mann, und ein ungeübtes Äuge würde ihn für einen reisenden Pächterssohn gehalten haben, hätte er nicht den langen Degen getragen, der an einem ledernen Wehrgehänge befestigt an die Waden seines Eigentümers schlug, wenn er zu Fuß war, und an das rauhe Fell seines Pferdes, wenn er ritt.

Denn unser junger Mann hatte ein Pferd, und dieses Roß war eben so merkwürdig, als es auch wirklich in die Augen fiel. Es war ein Klepper aus dem Bearn, zwölf bis vierzehn Jahre alt, von gelber Farbe, ohne Haare am Schweif, aber nicht ohne Fesselgeschwüre an den Beinen, ein Tier, das, während es den Kopf im Gehen tiefer hielt, als die Knie, was die Anwendung des Sprungriemens überflüssig machte, mutig noch seine acht Meilen im Tage zurücklegte. Unglücklicherweise waren die geheimen Vorzüge dieses Pferdes so gut unter seiner seltsamen Haut und unter seinem fehlerhaften Gange versteckt, daß in einer Zeit, wo sich Jedermann auf Pferde verstand, die Erscheinung der genannten Mähre in Meung, wo selbst sie vor ungefähr einer Viertelstunde durch das Beaugencytor eingetroffen war, eine allgemeine Sensation hervorbrachte, deren Ungunst bis auf den Reiter zurücksprang.

Und diese Sensation war für den jungen d'Artagnan (so hieß der Don Quixote dieser zweiten Rozinante), um so peinlicher, als er sich die lächerliche Seite nicht verbergen konnte, die ihm, ein so guter Reiter er auch war, ein solches Pferd gab. Es war ihm nicht unbekannt, daß dieses Tier einen Wert von höchstens zwanzig Livres hatte; die Worte, von denen das Geschenk begleitet wurde, waren allerdings unschätzbar.

"Mein Sohn," sagte der gascognische Edelmann m dem reinen Patois des Bearn, von dem sich Heinrich IV. nie hatte losmachen können, "mein Sohn, dieses Pferd ist in dem Hause Deines Vaters vor bald dreizehn Jahren geboren, und seit dieser Zeit hier geblieben, was Dich bewegen muß, dasselbe zu lieben. Verkaufe es nie, laß es ruhig und ehrenvoll an Altersschwäche sterben, und wenn Du einen Feldzug mit ihm machst, so schone es, wie Du einen alten Diener schonen würdest. Am Hofe," fuhr d'Artagnan Vater fort, "wenn Du die Ehre hast dahin zu kommen, eine Ehre, auf die wir übrigens vermöge unseres alten Adels Anspruch machen dürfen, halte würdig Deinen Namen als Edelmann aufrecht, der von unsern Ahnen seit fünfhundert Jahren auf eine ruhmvolle Weise geführt worden ist, halte ihn aufrecht für Dich und für die Deinigen. Unter den Deinigen verstehe ich Deine Verwandten und Deine Freunde; dulde nie etwas, außer von dem Herrn Kardinal und von dem König. Durch seinen Mut, höre wohl, nur durch seinen Mut, macht ein Edelmann heut zu Tage sein Glück. Wer eine Sekunde zittert, läßt sich vielleicht den Köder entgehen, welchen ihm das Glück gerade während dieser Sekunde darreichte. Du bist jung. Du mußt aus zwei Gründen tapfer werden; einmal weil Du ein Gascogner und dann weil Du mein Sohn bist. Fürchte die Gelegenheit nicht und suche die Abenteuer; ich habe Dich den Degen handhaben gelehrt. Du besitzest einen eisernen Kniebug, eine stählerne Handwurzel; schlage Dich bei jeder Veranlassung; schlage Dich um so mehr, als Zweikämpfe verboten sind, und weil es deshalb eines doppelten Mutes bedarf, sich zu schlagen. Mein Sohn, ich habe Dir nur fünfzehn Taler, mein Pferd und die Ratschläge zu geben, die Du so eben vernommen hast. Deine Mutter wird das Recept zu einem gewissen Balsam beifügen, das sie von einer Zigeunerin erhalten hat, und das die wunderbare Kraft besitzt, jede Wunde zu heilen, die nicht gerade das Herz berührt. Ziehe aus Allem Nutzen, lebe glücklich und lange.

"Ich habe nur ein Wort beizufügen. Ich will Dir ein Beispiel nennen, nicht das meinige, denn ich bin nie bei Hof erschienen und habe nur die Religionskriege als Freiwilliger mitgemacht: ich spreche von Herrn von Treville, der einst mein Nachbar war und die Ehre hatte, als Kind mit unserem König Ludwig XIII., den Gott erhalten möge, zu spielen. Zuweilen arteten ihre Spiele in Schlachten aus, und bei diesen Schlachten war der König nicht immer der Stärkere. Die Schläge, welche er erhielt, flößten ihm große Achtung und Freundschaft für Herrn von Treville ein. Später schlug sich Herr von Treville fünfmal während seiner ersten Reise nach Paris mit Andern? vom Tode des seligen Königs an bis zur Volljährigkeit des jungen, ohne die Kriege und Belagerungen zu rechnen, siebenmal, und von dieser Volljährigkeit an bis auf den heutigen Tag hundertmal! – Nun ist er, allen Edicten, Ordonnanzen und Urteilssprüchen zum Trotz, Kapitän der Musketiere, d. h. Anführer einer Legion von Cäsaren, welche der König sehr hoch achtet und der Kardinal fürchtet, der sich sonst bekanntlich vor nichts zu fürchten pflegt. Noch mehr, Herr von Treville nimmt jährlich 10,000 Taler ein; er ist also ein sehr vornehmer Herr. – Er hat angefangen wie Du, besuche ihn mit diesem Briefe und richte Dein Benehmen nach seinen Vorschriften ein, damit es Dir ergehe, wie ihm."

Darauf gürtete Herr d'Artagnan Vater dem Jüngling seinen eigenen Degen um, küßte ihn zärtlich auf beide Wangen und gab ihm seinen Segen.

Das väterliche Zimmer verlassend, fand der junge Mann seine Mutter, welche ihn mit dem berühmten Recepte erwartete, zu dessen häufiger Anwendung die so eben erhaltenen Ratschläge ihn nötigen sollten. Der Abschied war von dieser Seite länger und zärtlicher als von der andern. Nicht als ob Herr d'Artagnan seinen Sohn, der sein einziger Sprößling war, nicht geliebt hätte, aber Herr d'Artagnan war ein Mann, und er hätte es als eines Mannes unwürdig erachtet, sich seiner Rührung hinzugeben, während Frau d'Artagnan Weib und überdies Mutter war. Sie weinte schrecklich, und wir müssen es Herrn d'Artagnan zum Lob nachsagen, daß er sich trotz seiner Anstrengungen, ruhig zu bleiben, wie es die Pflicht eines zukünftigen Musketiers war, von der Natur hinreißen ließ und eine Menge Tränen vergoß, von denen er nur mit großer Mühe die Hälfte verbergen konnte.

Am selben Tage begab sich der junge Mann auf den Weg, ausgerüstet mit den drei väterlichen Geschenken, welche, wie gesagt, aus fünfzehn Talern, dem Pferde und dem Briefe an Herrn von Treville bestanden; die Ratschläge waren, wie man sich wohl denken kann, in den Kauf gegeben worden. Mit einem solchen Vademecum erschien d'Artagnan in moralischer, wie in physischer Beziehung als eine getreue Copie des Helden von Cervantes, mit dem wir ihn so glücklich verglichen, als wir uns durch unsere Geschichtschreiberpflichten veranlaßt sahen, sein Bild zu entwerfen. Don Quixote hielt die Windmühlen für Riesen und die Schafe für Armeen, d'Artagnan nahm jedes Lächeln für eine Beleidigung und jeden Blick für eine Herausforderung. Demzufolge hielt er seine Faust von Tarbes bis Meung geschlossen und fuhr wenigstens zehnmal des Tags an seinen Degenknopf; die Faust traf indessen keinen Kinnbacken und der Degen kam nicht aus der Scheide. Nicht als ob der Anblick der unglückseligen gelben Mähre nicht oftmals ein Lächeln auf den Gesichtern der Vorübergehenden hervorgerufen hätte, aber da über dem Klepper ein Degen von achtungswerter Größe klirrte und über diesem Degen ein mehr wildes als stolzes Auge glänzte, so unterdrückten die Vorübergehenden ihre Heiterkeit, oder wenn diese Heiterkeit mächtiger wurde, als die Klugheit, so suchten sie wenigstens, wie die antiken Masken, nur auf einer Seite zu lachen; d'Artagnan blieb also majestätisch und unverletzt in seiner Empfindlichkeit bis zu dem unseligen Städtchen Meung.

Hier aber, als er an der Türe des Freimüllers vom Pferd stieg, ohne daß irgend Jemand, Wirt, Kellner oder Hausknecht erschien, um ihm den Steigbügel am Auftritt zu halten, erblickte d'Artagnan an einem halbgeöffneten Fenster des Erdgeschosses einen Edelmann von schöner Gestalt und vornehmem Aussehen mit leicht gerunzeltem Gesicht, der mit zwei Personen sprach, welche ihm mit großer Untertänigkeit zuzuhören schienen. D'Artagnan glaubte ganz natürlich, seiner Gewohnheit gemäß, der Gegenstand des Gespräches zu sein, und horchte. Diesmal hatte sich d'Artagnan nur zur Hälfte getäuscht; es war zwar nicht von ihm die Rede, aber von seinem Pferde, dessen Eigenschaften der Edelmann seinen Zuhörern aufzählte, und da diese Zuhörer, wie gesagt, große Ehrfurcht vor dem Erzähler zu hegen schienen, so brachen sie jeden Augenblick in ein neues schallendes Gelächter aus. Da nun ein halbes Lächeln hinreichte, um den jungen Mann zum Zorne zu reizen, so begreift man leicht, welchen Eindruck eine so geräuschvolle Heiterkeit auf ihn hervorbringen mußte.

D'Artagnan wollte sich jedoch vorerst über die Physiognomie des Frechen belehren, der es wagte, sich über ihn lustig zu machen. Er heftete seinen Blick voll Stolz auf den Fremden und erkannte in ihm einen Mann von vierzig bis fünfundvierzig Jahren, mit schwarzen, durchdringenden Augen, bleicher Gesichtsfarbe, stark hervortretender Nase und schwarzem, vollkommen zugestutztem Schnurrbart; derselbe trug ein Wamms und veilchenblaue Beinkleider mit Schnürnesteln von ähnlicher Farbe. Dieses Wamms und diese Beinkleider schienen, obwohl neu, doch zerknittert, wie lange in einem Mantelsack eingeschlossene Reisekleider. D'Artagnan machte alle seine Bemerkungen mit der Geschwindigkeit des schärfsten Beobachters und ohne Zweifel von einem instinktartigen Gefühl angetrieben, das ihm sagte, dieser Fremde müsse einen großen Einfluß auf sein zukünftiges Leben ausüben.

Da nun in dem Moment, wo d'Artagnan sein Auge auf den Edelmann mit der veilchenblauen Hose heftete, dieser Herr eine seiner gelehrtesten und gründlichsten Erläuterungen in Bezug der bearnischen Mähre zum Besten gab, so brachen seine Zuhörer in ein schallendes Gelächter aus, und er selbst ließ augenscheinlich gegen seine Gewohnheit ein bleiches Lächeln, wenn man so sagen darf, über sein Antlitz schweben. Diesmal konnte kein Zweifel entstehen, d'Artagnan war wirklich beleidigt. Erfüllt von dieser Überzeugung, drückte er sein Baret tief in die Augen und rückte, indem er sich Mühe gab, einige von den Hofmienen nachzuahmen, die er in der Gascogne bei reisenden vornehmen Herren aufgefangen hatte, eine Hand auf das Stichblatt seines Degens, die andere auf die Hüfte gestützt, vor. Leider verblendete ihn der Zorn immer mehr, je weiter er vorschritt, und statt einer würdigen stolzen Rede, die er im Stillen zu einer Herausforderung vorbereitet hatte, fand er auf seiner Zungenspitze nichts mehr, als eine plumpe Grobheit, die er mit einer wütenden Gebärde begleitete.

"He, mein Herr," rief er, "mein Herr, der Ihr Euch hinter jenem Laden verbergt, ja Ihr, sagt mir doch ein wenig, über wen Ihr lacht, dann wollen wir gemeinschaftlich lachen."