TERRY LAUGHLIN

Schwimmen für alle

Jeder kann richtig gut schwimmen lernen

Aus dem Amerikanischen,
von Dr. Markus Enz

INHALT

Einleitung: Alle können gut schwimmen – auch Sie!

TEIL I

1. Der neue Weg: Erst der Geist, dann die Muskeln

2. Von frustrierenden Erfahrungen zu kontinuierlicher Verbesserung

3. Intelligente Lösungen für häufige Schwimmprobleme

TEIL II

4. Wie ein langer Zug einen Schwimmer schneller macht

5. Wie Sie Ihre optimale Zuglänge erreichen

6. Die Fische als Vorbild: Stromlinienform bringt mehr als pure Kraft

7. Widerstand vermeiden: Der Weg zu besserem Schwimmen

8. Vortrieb erzeugen / Teil eins: Geduldige Hände

9. Vortrieb erzeugen / Teil zwei: Mit dem Rumpf schwimmen

10. Integrierter Beinschlag: Weniger ist mehr

TEIL III

11. Brustschwimmen

12. Rückenschwimmen

13. Schmetterlingsschwimmen

14. Freistilschwimmen

TEIL IV

15. Training nach den Prinzipien von Total Immersion

16. Effektives Training: Wie Sie den Lernprozess beschleunigen

17. Phase eins: Wohlbefinden, Sicherheit und Wahrnehmung

18. Phase zwei: Entwickeln Sie Ihren Schwimmstil

19. Phase drei: Perfektion, Distanz und Geschwindigkeit

ANHANG

Materialien

Danksagung

 

EINLEITUNG

Alle können gut schwimmen – auch Sie!

Als ich im Juni 1989 mit sechs erwachsenen Teilnehmern mein erstes Schwimmcamp unter dem Motto »Total Immersion« leitete, hatte ich sehr bescheidene Ziele: Ich wollte einfach jeden Sommer ein paar Wochen lang das machen, was mir am Job des Schwimmtrainers am besten gefiel – nämlich Schwimmern die richtige Technik beibringen. Ich widmete mich Erwachsenen, da diese normalerweise weniger Möglichkeiten als jüngere Schwimmer haben, ein professionelles Schwimmcoaching zu erhalten.

Dabei stellte ich fest, dass Erwachsene andere Schwierigkeiten mit dem Lernen haben, als ich es von jüngeren Schwimmern gewohnt war. Jugendliche schienen sich die Fertigkeiten spontan anzueignen – sogar, wenn sie meinen Anweisungen kaum Beachtung schenkten. Die Erwachsenen hingegen sind zwar in der Regel sehr viel motivierter bei der Sache, aber trotz ihrer Entschlossenheit haben sie oft mit denselben Problemen zu kämpfen. Dazu zählen insbesondere:

über Jahrzehnte eingeschliffene, ineffiziente Bewegungsabläufe,

Unwohlsein im Wasser, das von einfachem Unbehagen bis hin zu tief verwurzelter Angst vor dem Wasser reichen kann,

steife Gelenke und erschlaffte Muskulatur,

durch jahrzehntelange Vernachlässigung verloren gegangene Fertigkeiten,

ein Mangel an kinästhetischer Wahrnehmungsfähigkeit (Bewegungsempfindung).

Rückblickend erwies sich meine Wahl, Erwachsene zu unterrichten, als ein Glücksfall. Die TI-Schwimmcamps und -kurse wurden zu einem »Versuchslabor«, in dem ich lernte, zu verstehen, mit welchen Herausforderungen praktisch alle von uns zu kämpfen haben, wenn wir lernen wollen, besser zu schwimmen. Zum einen ist Schwimmen offenkundig eine Fähigkeit, auf welche uns die Evolution denkbar schlecht vorbereitet hat. Aber obwohl die Probleme mit dem Erlernen des Schwimmens infolgedessen weit verbreitet sind, hat es sich zum anderen glücklicherweise auch gezeigt, dass es relativ einfache Ansätze und Lösungen gibt, um diese Herausforderungen zu meistern.

Wichtige Hinweise für einige dieser Lösungen entdeckte ich bei den wenigen glücklichen Eliteschwimmern, die sich im Wasser instinktiv mit müheloser Eleganz bewegen. Bereits seit meinen Jugendjahren schaute ich mit einer Mischung aus Neid und Interesse auf die Weltklasseschwimmer, bis mir klar wurde, dass mir deren physische Talente fehlten. In der Zeit, in der ich noch Jugend- und College-Teams trainierte, versuchte ich herauszufinden, welche Aspekte und Fähigkeiten »gelernt« werden könnten. Gab es etwa Bewegungselemente bei Eliteschwimmern, die jeder Schwimmer kopieren konnte? Obwohl wir nicht unbedingt hoffen durften, ihren großen, kräftigen und geschmeidigen Körperbau oder ihre übermenschliche aerobe Kapazität zu erreichen, gab es vielleicht Bewegungsabläufe, die wir ihnen abschauen konnten. Ich versuchte, diese herauszudestillieren und daraus Übungen zu entwickeln, die auch ein durchschnittlicher Schwimmer (wie ich) mit der entsprechenden Anleitung erlernen konnte.

Beim Arbeiten mit Erwachsenen, die spät zum Schwimmen gekommen waren, wurde mir klar, dass unsere grundlegenden, instinktiven Vorstellungen vom Schwimmen – die Art und Weise, wie wir glauben, am besten atmen, mit den Armen ziehen, mit den Beinen kicken oder uns im Wasser halten zu müssen – es uns eigentlich schwerer machen, gut zu schwimmen. Konsequent weitergedacht heißt dies, dass jene Änderungen der Schwimmtechnik, die unser Wohlbefinden im Wasser, die Leichtigkeit der Bewegung und die Schwimmeffizienz am effektivsten erhöhen, unserer Intuition widersprechen. Mit anderen Worten: Das meiste, was wir über das Schwimmen zu wissen glauben, ist falsch.

Das fundamentalste Missverständnis besteht in der weitverbreiteten Vorstellung, dass es beim Schwimmen primär um Fitness gehe und dass wir nur besser werden könnten, wenn wir längere Distanzen zurücklegen und intensiver trainieren. Meine Erfahrung hat jedoch gezeigt, dass sich Schwimmer am meisten verbesserten, wenn sie ihr Gehirn trainierten und nicht ihr Herz, ihre Lungen oder ihre Muskeln.

Für diesen Ansatz spricht, dass man seine aerobe Kapazität auch verbessern kann, wenn man die Zeit im Wasser vornehmlich damit verbringt, an seinem Schwimmstil zu arbeiten. Wenn man sich dagegen beim Schwimmen immer nur auf die Trainingsdistanz, eine bestimmte zu erreichende Herzfrequenz oder auf die Stoppuhr konzentriert, kann man nicht gewährleisten, dass gleichzeitig auch das Nervensystem mit der nötigen Qualität trainiert wird. Man erreicht höchstens, dass sich ineffiziente Bewegungen weiter verfestigen.

Das ruhige und stete Üben mit dem Fokus auf jeweils ein ganz bestimmtes Element der Schwimmtechnik – zum Beispiel auf die gerade Ausrichtung von Kopf und Wirbelsäule – verleiht jedem Training zudem einen klaren Sinn und Zweck, und am Ende des Trainings hat man stets das befriedigende Gefühl, eine wichtige Fertigkeit verbessert zu haben. Ganz anders ist es beim häufig zu beobachtenden »Kachelnzählen«, wo Schwimmer üblicherweise mit großer Eintönigkeit zu kämpfen haben, wenn sie sich im Training abmühen wie ein Hamster im Laufrad.

Weiterhin ist zu bedenken, dass unsere aerobe Kapazität üblicherweise im Alter zwischen 30 und 40 Jahren ihren Höhepunkt erreicht. Das heißt: Wenn man älter wird, kann man sich als Schwimmer irgendwann nur noch steigern, indem man an seinem Stil und seiner Technik arbeitet. Das Schöne dabei ist, dass man seinen Schwimmstil auch bis ins hohe Alter hinein immer noch erfolgreich verbessern kann.

Die Fähigkeit der Selbstwahrnehmung und das Bewusstsein dafür, auf eine Art zu trainieren, die für Körper, Verstand und Geist gut ist, sollten von Jahrzehnt zu Jahrzehnt zunehmen – insbesondere, wenn man sein Training darauf abstimmt, genau diese Qualitäten zu verbessern. Im Gegensatz zu Landsportarten, bei denen man über die Steigerung von Kraft und Fitness besser wird, ist es im Wasser viel wichtiger, ein Gefühl dafür zu entwickeln, wie man mit dem Wasser arbeitet, anstatt gegen das Wasser zu kämpfen.

Wenn Sie glauben, dass es Ihnen an Jugend, Kraft oder sportlicher Gewandtheit fehlt, oder wenn Sie denken, einfach nicht fürs Schwimmen »geboren« zu sein, sollten Sie sich den folgenden Sachverhalt vor Augen führen: Ökonomisch und effizient zu schwimmen, erfordert fraglos Qualitäten, die viel schwieriger zu erlernen sind, als es bei Landsportarten der Fall ist. Aber wenn man es richtig anstellt und Geduld hat, sind auch diese Dinge letztlich von jedermann zu erlernen, ohne dass man von Natur aus bestimmte Grundvoraussetzungen mitbringen müsste. Und wenn es so weit ist, sind es genau diese Fertigkeiten, die einem Schwimmer zu außerordentlicher Leichtigkeit, Geschmeidigkeit und Befriedigung im Wasser verhelfen. Mit anderen Worten: Wir alle können lernen, richtig gut zu schwimmen. Auch Sie.

Ein technikorientiertes Schwimmtraining, wie es Ihnen dieses Buch ans Herz legt, kann auch den Stil von erfahrenen und gestandenen Schwimmern nochmals deutlich auffrischen oder sogar grundlegend erneuern und verbessern. Wer aus Gründen der Gesundheit und Fitness schwimmt, kann mit Hilfe der folgenden Kapitel lernen, jede Minute im Wasser optimal zu nutzen. Aber auch Schwimmer, denen vor allem daran gelegen ist, ihre Zeiten zu verbessern, werden aus der Lektüre dieses Buches bestimmt viele nützliche Hinweise und neue Einsichten mitnehmen.

Mein Anspruch ist es, aus jedem Leser gewissermaßen einen »Experten« für effizientes Schwimmen zu machen, der verstanden und verinnerlicht hat, wie sich der menschliche Körper im Wasser verhält und wie man dieses Wissen nutzen kann, um besser zu schwimmen, als man es sich je erträumt hatte. Die Erkenntnisse und Anleitungen, die ich in diesem Buch mit Ihnen teilen möchte, haben ich und meine Kollegen in Tausenden von Trainingsstunden mit Schwimmern, die ebenfalls ihren Stil verbessern wollten, erarbeitet – und wir haben auch selbst unzählige Stunden mit den vorgestellten Übungen zugebracht. In den letzten Jahren haben überall auf der Welt Dutzende von Trainern angefangen, die TI-Methode in ihren Vereinen, an Universitäten oder in Masters-Teams anzuwenden und ihre Erfahrungen miteinander auszutauschen.

Schließlich sind in dieses Buch auch die praktischen Hinweise und Erkenntnisse von zahllosen Schwimmern eingeflossen, die Total Immersion über Bücher, Videos oder Workshops kennengelernt und ihre Erfahrungen im Diskussionsforum auf der TI-Website ausgetauscht haben. So viele Menschen haben dankenswerterweise mit ihren Einsichten zu diesem Buch beigetragen. Bereits heute gibt es in vielen Ländern rund um den Globus eine kleine, aber engagierte Gemeinde begeisterter TI-Schwimmer: eine »Avantgarde«, die sich daran erfreut, mit klarem Fokus auf Geist und Technik besser schwimmen zu lernen und anhaltende Freude am (Lagen-)Schwimmen zu haben. Ich hoffe, dass sich ihnen in den kommenden Jahren noch viele weitere Menschen anschließen werden.

Dieses Buch gliedert sich in vier Teile:

Teil I mit den Kapiteln 1 bis 3 untersucht die allgemeinen Schwierigkeiten, mit denen alle Menschen beim Schwimmen zu kämpfen haben, und führt aus, wie diese erfolgreich bewältigt werden können.

Teil II mit den Kapiteln 4 bis 10 vermittelt die Prinzipien des effizienten Schwimmens. Hier wird erklärt, wie sich der menschliche Körper im Wasser verhält und wie man dieses Wissen nutzen kann, um besser zu schwimmen.

Teil III enthält spezifische Kapitel zu allen vier Lagen (Brust, Rücken, Schmetterling und Freistil). Hier wird erklärt, was man über jede Lage wissen muss, und es wird gezeigt, mit welchen Übungen man die entsprechenden Fertigkeiten erlernen kann.

Teil IV zum Training nach den Prinzipien von Total Immersion erklärt, wie man trainieren muss, um die Lagen effizient und konsistent zu beherrschen.

Wenn Sie wollen, können Sie die ersten Kapitel zunächst überblättern und gleich mit Teil III beginnen, um anhand der Anleitungen zu den vier Lagen Ihre Trainingszeit im Schwimmbad zu planen, und den Rest des Buches dann in Ihrer Freizeit lesen. Oder Sie arbeiten das Buch in aller Ruhe von vorne bis hinten durch. Wie immer Sie es auch angehen: Ich verspreche Ihnen, dass Sie nach der Lektüre dieses Buches viel mehr Spaß am Schwimmen haben werden.

1

Der neue Weg:
Erst der Geist, dann die Muskeln

Total Immersion ist im Allgemeinen vor allem dafür bekannt, effizientes Schwimmen durch Technikübungen zu lehren, aber ich denke, der größte Unterschied zwischen TI und traditionellem Schwimmunterricht besteht in der Vorstellung, dass richtiges Schwimmen weniger mit Muskeln als mit dem Geist zu tun hat. Oder anders gesagt: Der TI-Methode liegt die Überzeugung zugrunde, dass Schwimmen durch »Übungen« wie im Yoga oder im Tai Chi und nicht durch »Training« vermittelt werden muss.

Meine erfolgreichsten Schüler – sowohl jene, die schneller und ausdauernder werden wollten, als auch jene, die zur Verbesserung von Gesundheit und Wohlbefinden schwimmen – haben diesen Ansatz verfolgt. Deshalb halte ich es für sinnvoll, auch in diesem Buch zunächst die geistigen Aspekte des Schwimmens zu beleuchten, bevor ich auf die körperliche Seite eingehe.

Wenn ich TI-Trainer ausbilde, lege ich immer großen Wert darauf, dass es deren höchste Verantwortung ist, nicht bloß effiziente Schwimmzüge zu vermitteln, sondern die Leidenschaft fürs Schwimmen zu entfachen. Hat man erst einmal die Passion fürs Schwimmen entwickelt, kann einem praktisch nichts mehr davon abhalten, sein volles Potenzial zu entfalten. Ich möchte in diesem Zusammenhang auf zwei vergleichsweise junge Forschungsfelder hinweisen, die aufgezeigt haben, dass Leidenschaft eine Kraft ist, die Veränderung herbeiführen kann: die Positive Psychologie und die Lehre vom Flow.

Etwa zu der Zeit, als ich Total Immersion gründete, begann der Psychologe Martin Seligman, die Charakterzüge von Menschen zu studieren, die schwere Lebensprobleme mit Erfolg meisterten. Er nannte dies »Positive Psychologie«. Seligman schrieb in seinem Buch Learned Optimism (auf Deutsch: Pessimisten küsst man nicht), dass Engagement und die bewusste Suche nach Sinn größeren Einfluss darauf nehmen, ob jemand sein Leben als befriedigend empfindet, als Geld, Familienstand, Glaube oder jeder andere Faktor.

Auch der in Ungarn geborene Psychologe Dr. Mihaly Csikszentmihalyi hat in seinem Buch Flow: The Psychology of Optimal Experience (auf Deutsch: Flow – Der Weg zum Glück) die herausragende Bedeutung der inneren Einstellung betont. Dieses Buch hatte einen tiefgreifenden Einfluss auf meine Unterrichtspraxis. Csikszentmihalyi definiert »Flow« als den Zustand des vollständigen Eintauchens (»Total Immersion«) in eine Aufgabe, die zwar sehr anspruchsvoll, aber den eigenen Fähigkeiten angemessen ist. Er beschrieb die Flow-Erfahrung wie folgt:

Ausführen einer Tätigkeit, die zutiefst befriedigend ist.

Ausgewogenes Verhältnis zwischen Anforderung und Können: Die Tätigkeit ist nicht zu einfach und nicht zu schwierig.

Intensive Konzentration auf klare Ziele.

Direktes und unmittelbares Feedback.

Das Gefühl der vollständigen Kontrolle.

In den folgenden Kapiteln möchte ich Ihnen nicht nur den effektivsten Weg zeigen, wie Sie Ihre Schwimmtechnik verbessern können, sondern auch, wie Sie so üben können, dass Sie neben verbessertem Können auch das Gefühl des Flow erfahren. Schwimmen Sie, um Flow zu erleben, und nicht, um Ausdauer und Geschwindigkeit zu trainieren. Lernen Sie, wie sich dabei Ihre Schwimmgeschwindigkeit und Ihre Ausdauer fast mühelos verbessern – denn was könnte dem Schwimmen angemessener sein als Flow?

Die richtige Einstellung

Seit 1989 haben bereits zehntausende Schwimmer TI-Kurse absolviert. Die meisten wurden nicht nur bessere Schwimmer, sondern sie zeichnen sich heute auch dadurch aus, dass sie das Schwimmen lieben und erwarten, dass sie im Wasser ein Leben lang lernen und sich verbessern können. Ich hoffe, dieses Buch führt auch Sie zu einer Haltung, wie viele dieser Schwimmer sie verinnerlicht haben:

1. Leidenschaft für das Schwimmen: Wenn Sie eine Leidenschaft für das Schwimmen haben und verstehen, dass es Ihnen einen einzigartigen Weg zu persönlichem Wachstum eröffnet, werden Sie mit einem Engagement und einer Motivation üben, die Ihre Leidenschaft weiter anfacht und immer wieder erneuert.

2. Verstehen: Im Zuge unserer Lehrerfahrung mit Tausenden von Schwimmern, die sich zuvor oft vergeblich abgemüht hatten, haben ich und meine Kollegen einfache Erklärungen und praktische Lösungen entdeckt, wie sich die weit verbreiteten Schwimmprobleme und die daraus resultierenden Frustrationserfahrungen erfolgreich bewältigen lassen. Das heißt nicht, dass es einfach wäre, gut zu schwimmen – auch nach 50 Jahren lerne ich immer noch wichtige neue Dinge hinzu. Aber zu wissen, dass man Übungen absolviert, die auf fundierten, praxiserprobten Prinzipien beruhen, ist von unschätzbarem Wert.

3. Achtsamkeit: Ein fundamentales Prinzip des TI-Programms ist Achtsamkeit in der Interaktion mit dem Wasser und bei der Wahrnehmung des Wassers. Am Anfang werden Sie darauf achten, wo sich Ihr Kopf, Ihre Glieder, der Rumpf etc. befinden. Später werden Sie sich auf Feinheiten konzentrieren – zum Beispiel auf das Geräusch, das beim Eintauchen der Hand ins Wasser entsteht, oder darauf, wie Sie die Hand halten, um das Wasser zu fassen. Meine Erfahrung ist: Wird Achtsamkeit erst einmal zur Gewohnheit, führt dies unweigerlich zum Flow-Erlebnis und zu kontinuierlicher Verbesserung.

Ermutigende Erfahrung

Da Sie sich die Zeit nehmen, dieses Buch zu lesen, gehe ich davon aus, dass Sie sich entschieden haben, das Heft selbst in die Hand zu nehmen: Sie wollen etwas dafür tun, um besser schwimmen zu lernen. Die gute Nachricht ist: Sobald Sie verstanden haben, wie es funktioniert, können Sie es selbst kontrollieren und in Eigenregie daran arbeiten. In der ersten Hälfte dieses Buch werde ich Ihnen in der Theorie erklären, wie sich der menschliche Körper im Wasser verhält, um Ihnen dann in der zweiten Hälfte Übungen für die Praxis an die Hand zu geben, die es Ihnen ermöglichen werden, Ihren Körper im Wasser intelligent und effizient einzusetzen. Ich empfehle Ihnen, dabei stets Ihren angeborenen Instinkt gegenüber Wasser skeptisch zu hinterfragen. Denn obwohl wir Menschen von Wasserlebewesen abstammen, haben wir unseren Wasserinstinkt inzwischen verloren. Aber ich versichere Ihnen: Man kann das richtige Wassergefühl gefühl mit den entsprechenden Übungen wieder erlernen. Wenn Sie sich darauf einlassen, werden Sie begeisternde Fortschritte erzielen.

Wären Sie mit dem angeborenen Wassergefühl eines Olympiasiegers gesegnet, würden Sie instinktiv verstehen, dass ein geschmeidiger, sanfter Schwimmzug viel effektiver ist als das wilde Um-sich-Schlagen, das man bei ungeübten Schwimmern oft sieht. Aber leider zeigt meine Erfahrung mittausenden Schwimmern, dass es auf hundert Menschen vielleicht nur einen gibt, der diese Gabe von Natur aus mitbringt und geschmeidig schwimmen kann, ohne dafür zunächst schlechte Gewohnheiten ablegen zu müssen. Wir anderen mühen uns mit ineffizienten Bewegungsabläufen ab, und je mehr wir einfach drauflos trainieren, desto stärker verfestigen wir diese. Genau da setzt Total Immersion an: Ich möchte Schwimmern helfen, Dinge zu tun, die sie nie von selbst tun würden, um auf diese Weise die unbeholfenen Bewegungen des »menschlichen Schwimmers« durch anmutige Bewegungen nach dem Vorbild von Fischen zu ersetzen.

Mit der Anmut eines Fisches zu schwimmen, ist eine hochkomplexe und entsprechend schwer zu erreichende Fähigkeit, bei der viele Feinheiten eine Rolle spielen.Am einfachsten kann man sie deshalb durch eine Abfolge von relativ einfachen Mini-Fertigkeiten erlernen.

Allein die Beherrschung der Grundlagen macht bereits einen großen Unterschied, und Sie sollten schon nach den ersten paar TI-Übungsstunden in der Lage sein, mit einer Leichtigkeit angenehm durchs Wasser zu gleiten, die Sie nie für möglich gehalten hätten. Haben Sie Geduld, zunächst in Ruhe die Kunst des Schwimmens zu erlernen, bevor Sie für das Schwimmen als Sport trainieren. Nehmen Sie sich die nötige Zeit, um sich in jeder Lage mit den Übungen wirklich wohl zu fühlen. Nehmen Sie sich immer genug Zeit, bis Sie eine Übung richtig beherrschen, bevor Sie zur nächsten übergehen. Sie werden schon bald mit nie zuvor erlebter Leichtigkeit schwimmen. Das ist die Grundlage, um sich nun auch den fortgeschrittenen Übungen mit Erfolg widmen zu können.

Ich habe bei Tausenden von Schwimmern beobachten können, wie sie sich auf diese Weise verbessert haben: Menschen mit ganz unterschiedlichen Ausgangsvoraussetzungen, was Alter, Kraft, Fitness oder koordinative Fähigkeiten betraf. Ich hoffe, Sie werden sich entschließen, es ihnen gleichzutun.

2

Von frustrierenden Erfahrungen zu kontinuierlicher Verbesserung

Der Begriff Kaizen steht im Japanischen für »kontinuierliche Verbesserung«. Er wurde zuerst in den internationalen Sprachgebrauch übernommen, um Effizienzsteigerungen durch den Einsatz statistischer Analysen in Produktionsprozessen zu beschreiben. Als ich zum ersten Mal davon hörte, dachte ich, dass man diese Philosophie, dass Verbesserung ein fortwährender Prozess ist und nie endet, auch auf das Schwimmen übertragen sollte.

Wie ich in diesem Buch ausführen werde, sollte es tatsächlich jedem Schwimmer möglich sein, seine Fertigkeiten und sein Können nach und nach kontinuierlich zu verbessern – selbst noch nach Jahren und Jahrzehnten. In der Praxis jedoch sind andere Dinge leider viel häufiger anzutreffen: Frustration und Stagnation. Es ist ein weitverbreitetes Phänomen unter Schwimmern, dass sie sich trotz großen Trainingsaufwands nicht verbessern oder nur geringfügig steigern können.

Das Schwimmen liegt uns halt nicht in den Genen. Im Gegensatz dazu können die meisten von uns mit ein wenig Aufwand lernen, effizient und ökonomisch zu laufen, indem wir einfach das tun, was uns natürlich erscheint. Denn als Landsportart ist das Laufen für uns Menschen eine ganz natürliche und geradezu ureigene Tätigkeit. Anders ist es beim Schwimmen. Um über ein rudimentäres Niveau hinauszukommen und uns eine effiziente Fortbewegungsweise im Wasser anzueignen, brauchen wir die Anleitung von Experten. Diese Möglichkeit aber fehlt den meisten von uns.

All jene, denen nie gezeigt und beigebracht wurde, wie sie sich als Schwimmer wirklich ökonomisch fortbewegen, kämpfen in aller Regel mit einer ganzen Reihe typischer frustrierender Erfahrungen:

Athleten, die mühelos kilometerweit laufen können, kommen nach einer Länge im Schwimmbad völlig ausgepumpt auf der anderen Seite an und fragen sich, ob es fürs Schwimmen eine spezielle Art der Ausdauer braucht. (Die braucht es nicht!)

Erfahrene Schwimmer, die einen Kilometer oder mehr schwimmen können, trainieren jahrelang und verbessern sich dennoch nur wenig oder gar nicht. Und wenn sie um Hilfe bitten, erhalten sie Ratschläge, die sie kaum umsetzen können und die ihnen somit kaum helfen.

Viele Wettkampfschwimmer verlieren die Lust am Schwimmen, wenn sie sich vom Wettkampfsport zurückziehen. Wenn die Trainer glauben, dass man sein Bestes nur erreichen kann, indem man bis zur Erschöpfung trainiert, entwickelt sich das Schwimmen früher oder später von einem unbekümmerten Spiel zu einer mühsamen Routine. Auch mir ist es so ergangen. Als Folge davon bin ich zwischen meinem 20. und 40. Lebensjahr kaum noch aktiv geschwommen.

Als Schulkind spielte ich in den Ferien jeden Morgen Ball, und am Nachmittag »spielte« ich im Schwimmbad. Ich lernte die »Schwerelosigkeit« im Wasser zu erleben, und es war mir egal, ob ich schnell war oder fit wurde. Ich habe einfach spontan gelernt, mich durchs Wasser zu bewegen. Ich war vielleicht nicht effizient, was meine Bewegungsabläufe betraf, aber allein die Tatsache, dass ich lernte, mich im Wasser sicher und wohl zu fühlen, war bereits eine außerordentlich wertvolle Erfahrung.

Mit 15 Jahren trat ich einem Schwimmteam bei und begann, schneller und härter zu trainieren. Ich liebte das Training und die Wettkämpfe – und das tue ich auch heute, viele Jahrzehnte später, noch immer –, aber ich verlor damals nach und nach den Spaß am früher sorglosen Spiel im Wasser. Die Zeit, in der ich mich steigern konnte, war kurz und flüchtig: Zwischen 15 und 18 verbesserte ich mich, aber dann stagnierte ich, obwohl ich härter trainierte als alle meine Teamkameraden. Mit 19 fingen meine Zeiten an, allmählich immer schlechter zu werden. Nachdem ich mich durch Schmerz und über tausende Längen gekämpft hatte, wurde das Schwimmen irgendwann zur lästigen Pflicht, und ich war froh, dass ich mich mit 21 vom aktiven Wettkampfsport zurückziehen konnte.

Damals begann ich, selbst Schwimmtraining zu geben, und ich entdeckte erstmals Möglichkeiten, das Schwimmen angenehmer und befriedigender zu gestalten, ohne die Aspekte Ausdauer und Geschwindigkeit zu vernachlässigen. Nach 20 Jahren ohne traditionelles Schwimmtraining nahm ich dann selbst das Wettkampfschwimmen wieder auf und trat mit rund 40 Jahren einem Masters-Team bei – nun wohlweislich ohne einen »Schleifer« am Beckenrand, der mir erschöpfende Serien vorgab. Indem ich mich voll und ganz auf meine Technik konzentrierte und nicht darauf, mich möglichst müde zu machen, begann ich, mich zu verbessern und das Wunder des Kaizen am eigenen Leib zu erfahren – kontinuierliche Verbesserung, die immer noch anhält.

In meinen Fünfzigern und Sechzigern widmete ich mich, wann immer ich selbst schwamm, vor allem dem Gefühl, mit dem Wasser verbunden zu sein. Ich bin begeistert, dass ich heute besser schwimme als je zuvor und mich von Jahr zu Jahr immer noch steigern kann. Schwimmen war früher nie so befriedigend. Heute machtjedes Training Freude und ist interessant. Jede Länge, die ich heute schwimme, ist geschmeidiger, zielgerichteter und harmonischer als die unzähligen Kilometer, die ich als College-Schwimmer abspulte. Ich kann inzwischen auf mehr als 20 Jahre zurückblicken, in denen ich meine Zugeffizienz und mein Wassergefühl fortwährend und stetig verbessert habe – ein Prozess, der immer noch nicht abgeschlossen ist.

Denn Schwimmen ist unter allen Sportarten in der Hinsicht einzigartig, dass man dem Alter trotzen und sich von Jahrzehnt zu Jahrzehnt verbessern kann. Es braucht viele subtile Fertigkeiten, um einen menschlichen Körper effizient durchs Wasser zu bewegen. Aber mit Geduld, einem klaren Fokus und bewusstem Üben kann man jedes altersbedingte körperliche Nachlassen mehr als nur kompensieren. Ich hoffe, dass ich mich bis in meine Achtziger hinein weiter verbessern kann, und schwimme deshalb jede Länge mit der größtmöglichen Aufmerksamkeit.

In der Zwischenzeit haben auch Tausende andere Menschen die Erfahrung gemacht, wie befriedigend das Schwimmen doch sein kann, wenn man sich auf Entspannung im Wasser und auf das Gefühl des Flow konzentriert. Das ist der Grund, warum Total Immersion bei vielen die Leidenschaft für das Schwimmen (neu) geweckt hat. TI ist darauf ausgelegt, den Weg zu effizientem Schwimmen zu vereinfachen und das Ziel des Kaizen-Schwimmens (also der kontinuierlichen Verbesserung) Realität werden zu lassen. Das ist das Geheimnis dieses Ansatzes.

In Teil IV dieses Buch werde ich Ihnen erläutern, wie auch Sie stumpfsinniges Training durch aufmerksames Üben ersetzen können, um davon zu profitieren. Zunächst aber möchte ich Ihnen die Gründe darlegen, warum Schwimmen für Sie bisher womöglich vor allem mit frustrierenden Erfahrungen verbunden war. Und ich möchte Ihnen die einfachen, logischen Lösungen erläutern, die es auch Ihnen ermöglichen werden, den Weg der kontinuierlichen Verbesserung einzuschlagen.

3

Intelligente Lösungen für häufige Schwimmprobleme

Wenn das Schwimmen für Sie schwierig ist, mag es Sie vielleicht–zumindest ein wenig – trösten, dass Sie damit in guter Gesellschaft sind. Die meisten Leute strengen sich beim Schwimmen zu stark an und erreichen wenig damit. Es gibt nur wenige Schwimmer, die wirklich zufrieden sind, wie sie sich im Wasser fühlen. Die Ursache ist ein Phänomen, das ich als das universelle menschliche Schwimmproblem bezeichne. Wir Menschen sind darauf »programmiert«, ineffizientzu schwimmen, und der traditionelle Schwimmunterricht verstärkt unsere instinktiven Fehler noch. Die meisten Menschen sind im Wasser derart mit dem Überleben beschäftigt, dass sie von Eleganz, Effizienz oder wirklichem Vergnügen nur träumen können. Hier ein paar Gründe, warum dieses »Überlebensschwimmen« so verbreitet ist:

1. Sie denken, Sie versinken im Wasser …

und das tun Sie auch. Weil der menschliche Körper schwerer ist als Wasser, befindet sich in der natürlichen Wasserlage 95 Prozent des Körpers unter Wasser. Die Schwerkraft zieht unsere Hüften nach unten, und der Auftrieb hebt die Brust hoch. Sie versinken nicht wirklich, auf jeden Fall nicht in dem Sinne, dass Sie auf den Grund absinken würden. Aber Ihr Hirn interpretiert die Situation so, als würden Sie ertrinken, und deshalb tun Sie instinktiv alles, um an der Wasseroberfläche zu bleiben. Das Resultat sind Überlebensschwimmzüge, die Sie schnell erschöpfen und praktisch nichts zum Vortrieb beitragen.

Beharrliche Schwimmer können mit viel Training durchaus lernen, über größere Distanzen zu schwimmen, aber in den meisten Fällen verschwenden sie dabei 95 Prozent ihrer Energie, weil sie a) mehr Energie darauf verwenden, das Absinken zu verhindern, als um Vortrieb zu erzeugen, und b) die ineffizienten Schwimmbewegungen sich seit ihren ersten Schwimmversuchen fest in ihr Muskelgedächtnis eingeprägt haben.

2. Wasser ist wie eine Wand

Denken Sie daran, wie »dicht« sich Luft anfühlt, wenn Sie die Hand schon bei kleinen Fahrgeschwindigkeiten aus dem Autofenster halten. Weil Wasser eine fast tausend Mal größere Dichte als Luft besitzt, ist der Wasserwiderstand schon bei sehr kleinen Geschwindigkeiten riesig. Um zu verstehen, dass sich Wasser wie eine Wand anfühlen kann, versuchen Sie doch mal bei Ihrem nächsten Schwimmbadbesuch, im seichten Wasser zu gehen oder – besser noch – zu laufen. Sie werden Mühe haben, voranzukommen und das Gleichgewicht zu halten. Das vermittelt Ihnen vielleicht eine bessere Vorstellung davon, inwiefern auch Überlebensschwimmzüge zu totaler Energieverschwendung führen, wenn sie auf Wasserwiderstand treffen. Es ist also nicht ein Mangel an Fitness, der so schnell zur Erschöpfung führt, sondern die ineffiziente Energieverschwendung Ihrer Überlebensschwimmzüge.

3. Es ist schwierig, das Wasser zu fassen

Obwohl Wasser Ihrem Körper so unerbittlich Widerstand leistet, wirbelt es einfach davon, wenn Sie versuchen, es zu fassen. Und dann ist die Hand auch noch so viel kleiner als der Körper, den sie voranzutreiben versucht. Das Rudern mit der Hand ist eine ineffiziente Methode des Vortriebs – oder haben Sie schon einmal von einem Raddampfer gehört, der einen Geschwindigkeitsrekord aufgestellt hätte? Im Vergleich zum Laufen, wo man sich vom festen Boden abstoßen kann und durch dünne Luft bewegt, ist Schwimmen wie Bergauflaufen auf glattem Eis.

Im traditionellen Schwimmunterricht werden diese Ineffizienzen im Wesentlichen nur noch verstärkt: Beim Freistilschwimmen zum Beispiel beginnt man mit Beinschlag (und noch mehr Beinschlag), geht dann dazu über, die Arme nach vorne zu schwingen und sie im Wasser zurückzuziehen. Weiterhin soll man endlos Bahnen schwimmen, um in Form zu kommen. Aber »Ziehen« und »Kicken« sind in einem Medium mit hohem Widerstand und wenig Zugkraft außerordentlich ineffektiv. Indem man im Training eine Bahnlänge nach der anderen abspult, während man das unbehagliche Gefühl im Wasser und die unbeholfene Wasserlage einfach ignoriert, sorgt man nur dafür, dass sich die unvorteilhaften Bewegungsmuster der Überlebensschwimmzüge weiter verfestigen.

TI bietet jedoch praxiserprobte Lösungen für alle aufgeführten Probleme. Im Folgenden möchte ich Ihnen die neuen Ansätze vorstellen, die es auch Ihnen ermöglichen werden, schnell zu einem »fischähnlichen« Schwimmstil zu kommen, der sich durch Effizienz und Mühelosigkeit auszeichnet.

Lösen Sie das universelle Problem … mit Cleverness nicht mit roher Gewalt

Lernen Sie, mit der Natur zu arbeiten und nicht gegen sie anzukämpfen, indem Sie sich auf vier grundlegende Fertigkeiten konzentrieren: a) horizontale Wasserlage im Gleichgewicht, b) stromlinienförmiges Gleiten, c) Ausnutzen von Gewichtsverlagerungen und d) geduldige Hände. Denken Sie immer daran, dass Sie Ihre Hände beim effizienten Schwimmen nicht einsetzen, um Wasser nach hinten zu schieben, sondern um die Wasserlage zu verbessern, durchs Wasser zu »stechen«, Ihre Körperlinie zu verlängern und sich im Wasser zu verankern. So lernen Sie, mit Ihrem Körper zu schwimmen, anstatt ihn durchs Wasser zu ziehen.

1. Meistern Sie die Wasserlage: Vom Überlebenskampf zur Geschicklichkeit

Bei vielen Schwimmern, die sich in der Vergangenheit nur erfolglos abmühten, hat das Erlernen einer horizontalen, balancierten Wasserlage die Angst vor dem Untergehen vertrieben und in ein tiefes Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten verwandelt. Die horizontale Wasserlage ist die Grundlage und Voraussetzung für harmonische und effiziente Bewegungen im Wasser. Wenn man lernt, sich entspannt ins Wasser zu legen, ist dies für jeden Schwimmer von unschätzbarem Wert. Es beendet den Überlebenskampf und ermöglicht es Armen und Beinen, effektiver eingesetzt zu werden.

Da unser spezifisches Gewicht 95 Prozent unseres Körpers untertauchen lässt, schwimmen wir, indem wir uns durch das Wasser hindurch bewegen, und nicht darüber hinweg. Anstatt gegen das Gefühl des Absinkens anzukämpfen, müssen Sie lernen, entspannt eine horizontale Lage einzunehmen. Wenn Ihnen dies gelingt, werden Ihre Beine automatisch zur Wasseroberfläche steigen. Nun wandelt sich das Absinken sogar zum Vorteil, da der Wasserwiderstand unmittelbar unter der Wasseroberfläche kleiner ist als direkt an der Wasseroberfläche. Denn wenn ein Körper die Wasseroberfläche durchbricht, erzeugt er Wellen, die zu zusätzlichem Widerstand führen.

Da Sie vom Gewicht Ihrer unteren Körperhälfte nach unten gezogen werden, müssen Sie die obere Hälfte nutzen, um dies auszubalancieren. Beginnen Sie damit, Ihren Kopf (mit seinen etwa fünf Kilogramm) entspannt ins Wasser zu legen. Lassen Sie den Kopf »los« und von seinem eigenen Auftrieb tragen. Wenn Sie den Kopf in der Verlängerung Ihrer Wirbelsäule ausrichten und Ihre Arme nach vorne strecken, können Sie so Ihre untere Körperhälfte ausbalancieren und mühelos eine horizontale Wasserlage einnehmen, ohne dass es überhaupt eines Beinschlags bedürfte. Das ist der Schlüssel, um den Wasserwiderstand massiv zu reduzieren. Und mit dem »Loslassen« des Kopfes werden auch Schultern und Nacken entspannt.

Sobald Sie es beherrschen, sich entspannt ins Wasser zu legen und dessen tragende Kraft zu spüren, werden Sie auch erleben, wie sich eine geistige Blockade löst. Ihr Kopf ist nicht mehr vom Kampf ums Überleben und gegen das Versinken ausgefüllt. Nun kann er sich voll und ganz darauf konzentrieren, Arme und Beine optimal einzusetzen.

2. Schlüpfen Sie stromlinienförmig durch das Wasser

Weil Wasser eine so hohe Dichte besitzt – und es keinen anderen Weg gibt, als durch das Wasser hindurch zu schwimmen –, sollte man dabei klugerweise stets versuchen, den Körper durch eine möglichst kleine »Öffnung« im Wasser zu schieben, und darauf achten, möglichst jeden Widerstand zu vermeiden.

Im Freistil- und Rückenschwimmen sollten Sie sich vorstellen, dass Ihr Körper entlang der Körperachse in zwei Hälften geteilt ist. Formen Sie dann die beiden Seiten möglichst wie einen Torpedo, der durchs Wasser schießt. Anstatt sich auf Armzug und Beinschlag zu konzentrieren, versuchen Sie lieber, auf der linken Seite und auf der rechten Seite jeweils möglichst stromlinienförmig zu gleiten. Der ausgestreckte Arm geht dabei voraus, und der Körper und die Beine folgen dem Arm längs einer geraden Linie wie auf einem »Gleis«.

Beim Brust- und Schmetterlingsschwimmen führen Sie eine delfinartige Wellenbewegung aus. In beiden Lagen gleiten Sie von unterhalb der Wasseroberfläche nach oben, kommen mit dem Rücken aus dem Wasser und schieben sich über dem Wasser voran. Benutzen Sie die Arme, um durch die Wasseroberfläche zu stechen und dann Kopf, Rumpf und Beine durch eine möglichst kleine »Öffnung« im Wasser schlüpfen zu lassen. Richten Sie dabei die Energie immer nach vorne. Je länger Sie sich bei jedem Zug knapp unter der Wasseroberfläche vorwärtsbewegen, desto kleiner ist der Widerstand und umso schneller sind Sie.

3. Schwimmen Sie mit dem Körpergewicht

Synchronität der Bewegungen:

4.Halten Sie das Wasser mit geduldiger Hand

Wenn Schwimmer mit Armen und Beinen durch das Wasser pflügen, denken sie häufig, dass Verwirbelungen unvermeidbar sind, wenn man Energie ins Wasser bringen will. Aber wenn man darauf aus ist, stromlinienförmiges Gleiten und gut getimte Gewichtsverlagerungen zu seinem Vorteil zu nutzen, erweisen sich jedwede Turbulenzen nur als bremsender Widerstand, den es unbedingtzu vermeiden gilt.

Im TI-Schwimmen legt man deshalb Wert darauf, die Arme jeweils ohne Spritzer und Luftblasen so lautlos wie möglich ins Wasser zu führen, da ruhiges Wasser ein besseres Wasserfassen ermöglicht. Darüber hinaus sollten Sie sich zum Wasserfassen vollständig strecken, so als wollten Sie etwas greifen, was eigentlich etwas außerhalb Ihrer Reichweite liegt. Weiterhin gilt es, bei jedem neuen Zug die notwendige Geduld aufzubringen, um hinter der Hand jeweils so viel Wasser so fest wie möglich zu fassen zu kriegen. Beginnen Sie mit dem Zug erst dann, wenn Sie das Gefühl haben, dass die Hand stabil ist und festen Zugriff auf das Wasser hat.

In der Zeit, in der Sie geduldig den Zugriff der Hand aufs Wasser festigen, kommt Ihr Körper in die richtige Lage für die nächste kraftvolle Gewichtsverlagerung. Wenn Sie zu früh ziehen, wühlen Sie nur Wasser auf und vergeuden unnötig Kraft. Sie mögen vielleicht denken, dass all das geduldige Warten letztlich auf Kosten der Geschwindigkeit geht. Aber weit gefehlt. Der stromlinienförmig gehaltene Körper erhält die Geschwindigkeit so gut aufrecht, dass Sie immer genügend Zeit haben, um den nächsten Armzug vernünftig vorzubereiten.

Auf diese Art zu schwimmen, erweist sich unter dem Strich als viel weniger ermüdend. Wenn Sie beim Schwimmen versuchen, das Wasser nach hinten zu schieben, verrichten Arme und Schultern die ganze Arbeit. Und deren Muskeln ermüden sehr schnell. Indem Sie aber auf das torpedoartige Nach-vorne-Gleiten, das geduldige Wasserfassen und die perfekt getimte Gewichtsverlagerung achten, nutzen Sie die viel kräftigeren Muskeln Ihres Rumpfes und lassen sich von der Schwerkraft helfen. Und in den Rumpfmuskeln steckt nicht nur viel mehr Kraft als in Armen und Beinen, sie ermüden auch kaum.