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Ann Murdoch

Der Fluch des Totengottes: Romantic Thriller

Cassiopeiapress Spannung





BookRix GmbH & Co. KG
80331 München

Der Fluch des Totengottes

von Ann Murdoch

 

Ein CassiopeiaPress E-Book

© by Author

© der Digitalausgabe 2015 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen

www.AlfredBekker.de

postmaster@alfredbekker.de

 

Der Umfang dieses E-Book entspricht 93 Taschenbuchseiten.

 

Bei einer archäologischen Expedition in Mexiko kommt Professor James Austin unter geheimnisvollen Umständen ums Leben. War er nur unvorsichtig oder wollen die Götter der Azteken ihr Geheimnis nicht preisgeben? Seine Tochter Gwen glaubt nicht an einen Unfall und begibt sich auf eine gefährliche Suche nach der Wahrheit...

1

Leuchtend bunte Schmetterlinge taumelten durch schwüle, vor Hitze flimmernde Luft. Wild schimpfende Affen turnten durch das dichte Blattwerk der riesigen Bäume, und vielfarbige Vögel lärmten in den Zweigen oder flogen wie ein Schemen aus Regenbogen durch die Luft. Zikaden zirpten, und unzählige Moskitos schwirrten sirrend herum, auf der Suche nach Blut.

Es waren die ganz normalen Geräusche, die den mexikanischen Dschungel erfüllten, die man aber ignorierte, wenn man sie seit einiger Zeit ständig hörte.

Professor James Austin hatte weder einen Blick für die vielfarbigen Schönheiten noch ein Ohr für den Lärm in dieser grünen Hölle, wie sie von vielen Leuten genannt wurde. Er saß in einem Zelt, das in einen gut eingerichteten Basislager stand, weitab von der Zivilisation entfernt, und doch in Luftlinie nur einen Katzensprung von circa dreihundert Kilometern, und hatte eine Generalstabskarte auf den Knien.

Es schien eigentlich unglaublich, aber er hatte endlich Teile der versunkenen Stadt gefunden, auf die er in alten Überlieferungen immer wieder gestoßen war.

Nicht, dass der Professor ein Träumer war, er stand durchaus mit beiden Beinen fest auf dem Boden, aber den größten Teil dieser Expedition hatte er aus eigener Tasche bezahlt, weil es ein Wunschtraum von ihm war. Und nun schien es so, als sei er der Erfüllung dieses Wunsches sehr nah.

Für einen Augenblick wanderten seine Gedanken zärtlich zu seiner Tochter Gwendolyn nach England. Sie hatte gerade ihren Doktorgrad in der Anthropologie geschafft, womit sie ihm nachgeeifert war. Und schon in wenigen Tagen würde sie hierher kommen. Der Professor freute sich darauf, seiner Tochter all dies zu zeigen. Er war so stolz, als hätte er die Gebäude selbst erbaut. Aber zumindest hatte er sie ja gefunden.

Seine beiden Assistenten, Curt McAllister und Jeremy Taylor, die das Ganze zunächst eher als etwas abenteuerliche Ferien, denn als ernsthafte Expedition angesehen hatten, mussten jetzt zugestehen, dass es doch noch verborgene Schätze gab. Die beiden Männer waren nicht so begeistert gewesen, als sie hörten, dass die Tochter des Professors auch noch kommen würde. Sie hielten es für nicht gut, wenn sich eine junge Frau dieser brütenden Hitze und den eingeschränkten hygienischen Verhältnissen unterzog.

Gwen war ihrer Mutter wie aus dem Gesicht geschnitten. Austin hatte seine Frau unendlich geliebt und war untröstlich gewesen, als sie schon bald nach der Geburt ihrer Tochter starb. Danach hatte sich all seine Liebe auf das Mädchen konzentriert, sie wurde der Dreh- und Angelpunkt seines Lebens. Und nun erfüllte ihn nicht zum ersten Mal väterlicher Stolz, als er daran dachte, dass sie nun endlich ihren Doktor in der Tasche hatte. Seine Gedanken kehrten in die Realität zurück. Es würde bald dunkel werden, die Dämmerung dauerte kaum ein paar Minuten in diesen Breitengraden.

Austin hatte eine Stufenpyramide gefunden, verdeckt und überwuchert von den Dschungelgewächsen, und die Erforschung hatte er auf den nächsten Tag festgelegt. Es wurde Zeit, sich schlafen zu legen und neue Kräfte zu sammeln.

In dieser Nacht schlief Professor Austin sehr unruhig. Alpträume quälten ihn. Wirre, fratzenhaft verzerrte Gestalten zuckten vor seinen Augen hin und her, und verzweifelt versuchte er aufzuwachen. Doch er war gefangen in diesen Träumen.



2

Am Morgen erwachte er schweißgebadet, aber nach dem üblichen scheußlich schmeckenden Lagerkaffee, den er sehr heiß hinunterstürzte, ging es ihm etwas besser.

Austin hatte sich entschlossen, Jeremy Taylor auf die erste Erkundung mitzunehmen, zusätzlich einen der Helfer, der außer Spanisch auch etwas Englisch sprach. McAllister sollte auf das Lager aufpassen, es war unwahrscheinlich, dass etwas Außergewöhnliches geschah, aber man konnte nie wissen, was passierte.

Jeder der drei Männer trug eine Machete, das scharfe Haumesser, dazu ein Seil, Taschenlampen, Streichhölzer und auch einen Revolver. Ein Weg von einigen hundert Metern durch dicht bewachsenen Dschungel, in dem man schnell die Orientierung verlieren konnte, lag vor ihnen.

Aber Erregung und Entdeckerfieber machten sich in ihnen breit. Was würden sie vorfinden?



3

Gwendolyn Austin, die hübsche junge Doktorin, steckte ein wenig im Stress. Sie hatte sich noch keine Zeit genommen, sich über ihren neuen akademischen Grad zu freuen. Stattdessen war sie damit beschäftigt zu packen, den notwendigen Papierkram zu erledigen und Gepäck aufzugeben, bevor sie endlich abreisen konnte. Gwen freute sich darauf, mit ihrem Vater zusammen zu arbeiten, für den diese Expedition die Erfüllung eines Lebenswunsches war. Vor allem aber freute sie sich darauf, für einige Zeit aus dem nebligen, verregneten London herauszukommen. Gwen liebte die Sonne, in Maßen, aber sie kannte auch die Gefahren des Dschungels: Die feuchte Hitze, die den Schweiß aus den Poren trieb, die sengenden Sonnenstrahlen, die schwüle Luft, die das Atmen manchmal zur Qual machte, und natürlich die Moskitos.

Sie überlegte, ob sie auch wirklich nichts vergessen hatte, aber es schien, als wäre alles erledigt. In zwei Tagen sollte es losgehen.

Gwen schaute auf die Uhr. In Mexiko war es jetzt früher Morgen, und sie griff nach dem Telefon. Professor Austin hatte ein Mobiltelefon dabei, aber es war bisher kaum eine Verbindung zustande gekommen. Das Satellitennetz schien noch nicht so gut zu funktionieren, dass im Urwald einwandfreier Betrieb möglich war. Eine Weile versuchte die junge Frau immer wieder die Nummer anzuwählen, doch der Ruf schien in den Weiten des Weltalls verloren zu gehen. Wahrscheinlich strahlte der Satellit zum Mars und nicht auf die Erde. Nun gut, es waren ja nur noch zwei Tage. Fröhlich und vergnügt ging Gwen essen und verabschiedete sich von einigen Freunden telefonisch.

Gwen Austin hatte keinen festen Freund. Sie hatte sich bisher einfach noch nicht die Zeit für einen Mann genommen, ihre Studien schienen ihr wichtiger.

Und außerdem, dachte sie lächelnd, wer kann schon vor Daddys Augen bestehen?

Vermutlich gab es auf der ganzen Welt keinen Mann, der in den Augen des Professors seiner Tochter würdig war.

Früh ging sie zu Bett, sie wollte jetzt noch Kräfte schöpfen, wer wusste, wann es wieder ungestörten Schlaf geben würde.



4

Professor Austin wurde vom Entdeckerfieber fast übermannt. Direkt vor ihm erhob sie eine riesige Stufenpyramide. Vielleicht ein Grabmal? Die Abstufungen hatten andere Abmessungen als bei den ägyptischen Pyramiden, man konnte sie einzeln erklimmen oder eine Art Treppe benutzen, die in der Mitte der östlichen Schrägwand eingearbeitet war. Austin wusste, dass er noch mehr als nur dieses eine Gebäude finden würde. Doch dieses eine war für ihn schon Sensation genug.

Der Forscherdrang überwältigte ihn. Obwohl schon weit über fünfzig Jahre alt, fühlte er plötzlich die Spannkraft eines wesentlich jüngeren Menschen in sich. Und mit langen raumgreifenden Schritten stürmte er die Treppen hinauf.

„Professor, so warten Sie doch!“, keuchte Taylor, der kaum nachkam.

Der einheimische Helfer Emilio blieb am Fuß der Pyramide plötzlich stehen. Sein Gesicht zeigte alle Anzeichen panischer Angst.

Direkt vor ihm, wild überwuchert von Schlingpflanzen und anderen Gewächsen war eine Art Standbild zu sehen: Ein grauenerregendes Gesicht auf einem schier monströsen Körper.

Emilios Augen wurden riesig groß und rollten wild vor Angst, er weigerte sich, auch nur noch einen Schritt weiter zu gehen, er wich stattdessen immer weiter zurück.

„Professor, Emilio hat Angst vor dem Standbild und kommt nicht weiter mit“, brüllte Taylor.

„So ein Unsinn. Aber meinetwegen lassen Sie ihn da stehen, wir schaffen das auch allein“, erklang die Stimme Austins von oben.

Der Professor ließ sich nicht aufhalten, aber schon nach wenigen Schritten war er schweißgebadet. Die Luft schien an diesem Ort regelrecht zu stehen, und schwer legte sie sich auf die Atemwege.

Ein unheimliches Gefühl überkam den Professor, fast so etwas wie eine Vorahnung, oder war es vielleicht Angst? Die Sonne schien sich zu verdunkeln, und eine Art Dämmerung brach herein, die er sich nicht erklären konnte. Aber aufhalten ließ er sich davon nicht. Austin griff nach seiner Taschenlampe und beleuchtete seinen Weg. Ein inneres Gefühl trieb ihn auf die Spitze der Stufenpyramide, er fühlte regelrecht, dass sich dort etwas Entscheidendes befand.

Taylor war noch entfernt, er hatte den Professor aus den Augen verloren, aber er hörte ihn weiter oben keuchen.

Nun hatte Austin die Spitze erreicht, und auf dem Dachstein bemerkte er seltsame Schriftzeichen. Sollte dies ein Hinweis sein, wie man in das Innere finden könnte?

Er beugte sich mit der Taschenlampe nieder, um zu entziffern was da stand. Aber diese Schriftzeichen waren ihm unbekannt, der Sinn entzog sich ihm.

„Taylor, kommen Sie her!“, brüllte er. „Sie haben vielleicht die besseren Augen.“

Als der Professor dann Schritte hörte, nahm er guten Glaubens an, es sei sein Assistent. Doch plötzlich erfassten ihn von hinten zwei kräftige Hände und zerrten an ihm.

„Was soll denn das?“, schrie er. „Was machen Sie da?“ Er versuchte die Gestalt zu erkennen, die da an ihm zog und ihn die Pyramide hinunterstürzen wollte. Aber das Licht der Taschenlampe fiel nur auf ein grauenhaft verzerrtes Gesicht, an dem nichts menschlich zu sein schien. In diesem Moment war Austin wie gelähmt, und er wehrte sich nicht mehr, als er hinabgestoßen wurde. Ein entsetzter Aufschrei brach sich Bahn, als er hinunterfiel und mehrmals schwer aufschlug.

Jeremy Taylor rannte wie ein Besessener an die Stelle, an der er den Schrei gehört hatte. Als Taylor dann schließlich ankam, fand er den zerschmetterten Körper des Professors. Die Dämmerung verschwand wie von Zauberhand, und der junge Wissenschaftler starrte in die gebrochenen Augen seines Lehrers.