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Berthold Seliger

I Have A Stream

Für die Abschaffung des gebührenfinanzierten Staatsfernsehens

FUEGO

- Über dieses Buch -

Das öffentlich-rechtliche Fernsehen erfüllt den gesetzlichen Auftrag, die »demokratischen, sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Gesellschaft zu erfüllen«, schon längst nicht mehr. Die Realität ist: Sendungen, Serien, Shows, die am Privatfernsehen orientiert sind. Quotenterror. Zwangsweise eingetriebene Gebührengelder.
Die »Öffis« sind trotz regelmäßiger Einsprüche des Bundesverfassungsgerichts zum verlängerten Arm des Parteienstaats, also zum Staatsfernsehen mutiert. Und das ist heute ein Massenbetrieb, der auf Konsum statt Kultur ausgerichtet ist, auf Ablenkung statt Bildung, auf Propaganda statt Information.
Die wenigen anspruchsvollen und interessanten Sendungen wandern auf unattraktive Sendeplätze. Warum soll man mit den Bluttransfusionen namens Zwangsgebühren eine Leiche künstlich am Leben erhalten? Zumal dem öffentlich-rechtlichen Disziplinierungsapparat heute das Fernsehen als Streaming »on demand« gegenübersteht: Die Zuschauer können sich das, was sie sehen wollen, ansehen, wann sie es wollen. Das klassische Geschäftsmodell des Staatsfernsehens ist überlebt.

INHALT

Über dieses Buch

 

Einleitung

Fernsehgeschichte

Öffentlich? Rechtlich?

Fernsehwirtschaft:

Gebühren

Firmen

Programm

Propaganda

Sozial. Demokratisch.

Ideologie

Shows

Sport

Musik

Stream

Abschaffen!

 

Literaturverzeichnis

Über den Autor

Über Fuego

Impressum

Fußnoten

 

 

 

»Das Fernsehen ist nur mit seiner brüllenden Nichtigkeit beschäftigt.«

Herbert Achternbusch, Servus Bayern

Einleitung

Vladimir Zworykin, der Russe, der bereits 1923 den ersten brauchbaren elektronischen Bildabtaster, die Ikonos­kop-Röhre, und 1929 die Kineskop-Röhre zur Bildwiedergabe entwickelt, also gewissermaßen das Fernsehen erfunden hat, sagte am Ende seines über neunzigjährigen Lebens: »Ich habe ein Monster erschaffen, das der Gehirnwäsche der gesamten Menschheit dient. Dieses Ungeheuer wird unseren Planten zu einem gleichgeschalteten Denken führen. Ich hätte meinen Kindern niemals erlaubt, sich dem Fernseher auch nur zu nähern.«1

In den 1970er Jahren wurde intensiv über die Macht des Fernsehens nachgedacht und diskutiert. Heute konzentriert sich die Diskussion hauptsächlich auf die »Wohnungspauschale« in Höhe von 17,50 Euro, die der Staat von jedem Haushalt dafür verlangt, daß er den sogenannten »öffentlich-rechtlichen Rundfunk« zur Verfügung stellt. Es ist ein bißchen wie mit den Müllgebühren, die jeder Haushalt bezahlen muß – nur daß diese Gebühren dafür da sind, daß der Haushaltsmüll abgeholt und entsorgt wird, während die Rundfunk-Zwangsabgabe dazu genutzt wird, den öffentlich-rechtlichen Müll in alle Haushalte einzuspeisen. Meine Überlegungen zu diesem Thema gehen denn auch zunächst nicht von der Zwangsabgabe aus, sondern von der Frage, was die Fernsehzuschauerinnen und -zuschauer beziehungs­weise die Rundfunknutzerinnen und -nutzer als Gegenwert für den doch nicht geringen Betrag erhalten. Daran schließt sich die Frage an, warum die Fernsehverantwortlichen, die Funktionäre und Politiker so vehement an der Zwangsabgabe festhalten, wo doch das öffentlich-rechtliche Rundfunksystem als ein solches kaum mehr bezeichnet werden kann. Das Fernsehen in der Bundesrepublik Deutschland ging in seinen Anfängen von zwei wesentlichen Faktoren aus: zum einen von der technischen Herausforderung, ein anspruchsvolles und funktionsfähiges Programm zu entwickeln und technisch zur Verfügung zu stellen, zum anderen von dem verfassungsrechtlichen Auftrag, Informationsvielfalt zu ge­währleisten. Beide Kriterien sind heute obsolet geworden: Längst ist es technologisch möglich, Fernsehen zu realistischen Bedingungen bereitzustellen, was die vielen privaten Fernsehsender, nicht zuletzt aber auch die neuen Streaming­modelle beweisen. Und als kostengünstige Informa­tions­quelle unserer Tage steht inzwischen das Internet zur Verfügung – auch wenn dies für manche Politiker und Verfassungsrichter immer noch »Neuland« darstellen mag. Wie kommt es also, daß eine Kampfeinheit von Fernsehfunktionären, Politikern und Verfassungsrichtern so eisern an einem vergangenen und überlebten Modell des Fernsehens festhält und die Bürgerinnen und Bürger mittels Zwangsabgaben diesem Modell diktatorisch unterwirft? Welche Grün­de stecken tatsächlich dahinter?

Dazu mache man sich klar, daß das öffentlich-rechtliche System nichts weniger als »öffentlich« ist: Anders als bei allen anderen öffentlichen Institutionen, von Bundes- oder Landesregierungen bis hin zu Millionenstädten oder den kleinsten Dörfern, wo es öffentlich verfügbare und detailliert einsehbare Haushalte und Investitionspläne gibt, wo die Bürgerinnen und Bürger also jederzeit überprüfen können, wofür ihre Steuern und Abgaben verwendet werden, fehlt beim sogenannten öffentlich-rechtlichen Rundfunksystem der Bundesrepublik jegliche Transparenz. Wir sollen das System bezahlen, haben aber keinerlei Möglichkeit, das Sys­tem zu überprüfen oder gar zu kontrollieren. Es herrscht ein Omertà-haftes Schweigen fernab der selbstverständlichsten demokratischen Gepflogenheiten. Versuchen Sie einmal herauszufinden, was eine Fernsehsendung genau pro Minute kostet, was ein Markus Lanz, ein Günther Jauch oder eine Helene Fischer im öffentlich-rechtlichen Fernsehen verdienen – Sie haben keine Chance, das je zu erfahren! Wir finanzieren den Laden, sollen aber keinerlei Einblick erhalten. In kaum einem anderen Bereich der Gesellschaft werden die Bürgerinnen und Bürger derart systematisch entmündigt wie beim öffentlich-rechtlichen Fernsehen.

Das hat Methode: Denn der Aufschrei gegen die Zwangsgebühren wäre ungleich größer, wenn die Bürgerinnen und Bürger wüßten, daß nur etwa 38 Prozent ihrer Abgaben tatsächlich für das Programm von ARD, ZDF und ihren Tochterfirmen verwendet werden, dagegen gut 34 Prozent für Personalkosten, mit deutlich steigender Tendenz. Zwischen 2013 und 2016 müssen ARD und ZDF allein ihren Pensionären 1,8 Milliarden Euro bezahlen, und die ARD hat auf Anfrage der Zeit verlauten lassen, daß sich ihre Pen­sionsverpflichtungen auf insgesamt »gut sechs Milliarden Euro« belaufen (Stand 2011). Zum Vergleich: Die Gesamterträge der ARD-Sendeanstalten beliefen sich 2012 auf einen ähnlichen Betrag, nämlich 6334 Millionen Euro.

Nur die wenigsten Zuschauerinnen und Zuschauer machen sich klar, daß die Fernsehverantwortlichen sich nicht an bestehende Gesetze und Verordnungen halten: Im Rundfunkstaatsvertrag ist ausdrücklich geregelt, daß die Angebote des öffentlich-rechtlichen Rundfunks der »Bildung, In­formation, Beratung und Unterhaltung zu dienen« haben und Beiträge »insbesondere zur Kultur« anbieten sollen. Wenn man aber nur das Fernsehprogramm ein wenig näher betrachtet, ist es offensichtlich, daß dieser Programmauftrag vom öffentlich-rechtlichen Fernsehen systematisch mißachtet wird. Gewiß, wir leben in einer Gesellschaft, in der die Mächtigen weitgehend unbehelligt tun, was sie wollen, und wenn Figuren wie Hoeneß, Middelhoff, Zumwinkel oder Hartz kriminell werden, gilt das in aller Regel als Kavaliersdelikt, und die Manager kommen mit glimpflichen Strafen davon, die nicht selten zur Bewährung ausgesetzt werden. Daß die Fernsehverantwortlichen seit Jahr und Tag systematisch gegen den Rundfunkstaatsvertrag, also gegen Recht und Gesetz verstoßen, scheint ebenfalls niemanden zu stören.

Und wo kein Kläger, da kein Richter: Laut dem Bericht der »Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten« (KEF) von 20142 leisten sich ARD und ZDF sage und schreibe 151 Tochtergesellschaften (Stand 2011), also Firmen, an denen ARD oder ZDF Mehrheitsbeteiligungen halten, die oft an den vom Gesetzgeber vorgeschriebenen Gremien vorbei entstanden sind und die sich der ohnedies geringfügigen öffentlichen Kontrolle weitgehend entziehen.

Hinzu kommt, daß dem Fernsehpublikum vorgegaukelt wird, daß es die öffentlich-rechtlichen Anstalten sind, die für das journalistische Angebot der Fernsehprogramme ver­antwortlich sind. Tatsächlich wird ein Großteil der Fernsehsendungen heute allerdings von privaten Firmen produziert: Wenn Günther Jauch, Markus Lanz, Anne Will oder Sandra Maischberger im öffentlich-rechtlichen Fernsehen talken, dann werden die Sendungen nicht von ARD und ZDF produziert, sondern von privaten Firmen, die den Talkern komplett oder zum Teil selbst gehören. Eine wirtschaftliche Verschleierungstaktik, die auch journalistisch höchst fragwürdig ist. Wenn ein Frank Plasberg den Hart aber fair-Volkstribun gibt, dann produziert seine eigene Firma die Sendung – eine Firma, die für die ARD auch investigative Shows wie Frag doch mal die Maus oder Deutschlands starke Frauen produziert. Wenn Jörg Pilawa nicht gerade Werbung für eine Firma macht, der alles Wurst ist, betreibt er eine eigene Produktionsfirma, an der er mit 49 Prozent beteiligt ist, 51 Prozent hält der niederländische Fernsehproduktionskonzern Endemol. Mit seiner Firma produziert Pilawa für ARD und ZDF unter anderem das Quizduell, Die Quiz Show und Der neue deutsche Bildungstest. Jauchs Produktionsfirma produziert nicht nur dessen gleichnamige Talkshow der ARD, sondern für denselben Sender unter anderem auch die Jahresrückblick-Show 2014 – Das Quiz (beziehungsweise 2013, 2012, 2011 ...) mit Frank Plasberg, Der klügste Deutsche 2012, drei bei Kai oder Klein gegen Groß mit Kai Pflaume.

Doch damit nicht genug, daß bei ARD und ZDF Inhalte unzulässig privatisiert werden, unterliegt das öffentlich-recht­liche Fernsehen dem parteipolitischen Einfluß in einem Ausmaß, daß sogar das Bundesverfassungsgericht, das den Öffentlich-Rechtlichen eigentlich wohlgesonnen ist, die Sender regelmäßig zur Ordnung rufen muß. Laut Bundesverfassungsgericht ist der ZDF-Staatsvertrag verfassungswidrig, weil zu viele staatliche und staatsnahe Vertreter in den Aufsichtsgremien des Senders sitzen. Bereits in den neunziger Jahren sprach der damalige Bundespräsident Richard von Weizsäcker davon, daß sich die Parteien »zu einem ungeschriebenen sechsten Verfassungsorgan entwickelt (haben), das auf die anderen fünf einen immer weitergehenden, zum Teil völlig beherrschenden Einfluß entwickelt hat«.3 Nicht nur auf die anderen Verfassungsorgane, wie man ergänzen muß, sondern nicht zuletzt auch auf das öffentlich-rechtliche Fernsehen hierzulande. Deswegen spreche ich nur noch vom deutschen »Staatsfernsehen« – denn es gibt, wie noch zu zeigen sein wird, schlicht keine von Bundes- oder Landesregierungen und von Parteien und Verbänden – also vom »Staat« – unabhängigen Fernsehsender.

Wenn dieses Staatsfernsehen ständig seichte Serien, banale Fernsehfilme und Shows der sogenannten »leichten Unter­haltung« produziert und anbietet, verfolgt dies einen klaren Zweck: Dieses Fernsehen will zerstreuen, statt zum Nachdenken anzuregen. Kein Wunder angesichts des krisenhaften Zustands des Kapitalismus, wie wir ihn seit einigen Jahren erleben, von den verschiedenen globalen Bankenkrisen bis hin zur so noch nie dagewesenen Ungleichverteilung der Vermögen und Gehälter. 2016 wird laut einer Oxfam-Studie ein Prozent der Weltbevölkerung über mehr als die Hälfte des globalen Reichtums verfügen, während sich 80 Prozent der Menschheit mit 5,5 Prozent begnügen müssen. Die Politiker, die den Banken, Konzernen und Superreichen diese Bereicherung ermöglichen, müßten eigentlich unter massivem Druck der Öffentlichkeit stehen. Wie praktisch, daß man über ein Staatsfernsehen verfügt, in dem man über Jahrzehnte hinweg alle wichtigen Funktionen selbst besetzt hat. Da werden keine kritischen Fragen gestellt. In den vermeintlichen Informationssendungen dominiert ein regierungsfreundlicher Einheitssound, und im sogenannten Unterhaltungsprogramm werden den Menschen die Köpfe weichgespült, damit sie stillhalten und die bestehende Weltordnung wenn schon nicht (wie Voltaires naiver Candide) für »die beste aller Welten« halten, so aber doch hinnehmen, daß der Zustand der Welt nicht veränderbar, also alternativlos ist.

Das Staatsfernsehen ist aber nicht nur der Verdummungsapparat, der zerstreut und ablenkt, es ist auch eine Ideologiemaschine, die unaufhörlich Begehrlichkeiten produziert – Begehrlichkeiten nach den Fetischen des Marktes, des Wachstums und des Konsumismus. Das Perfide des Systems ist, daß die so im wahrsten Sinn des Wortes für dumm Verkauften das Medium, das sie systematisch verdummt, selbst zu finanzieren gezwungen sind.

Im übrigen herrscht bei den öffentlich-rechtlichen Sendern – nicht anders als bei den privaten – »die Quote« (die eine Erfindung der Werbeindustrie ist). Sie führt dazu, daß wir mit unseren monatlichen Zwangsgebühren Fernseh­shows von Andrea Berg, Helene Fischer, Florian Silbereisen ebenso finanzieren wie eine nationalistische »Volks-Rock’n’Roll-Show« oder sonntägliche Dumpfbackensendungen mit sinnfreien Charaktermasken à la Stefan Mross oder Andrea »Kiwi« Kiewel, die allzeit hochengagiert ihren Beitrag zur gesellschaftlichen Verblödung leisten. Wir finanzieren mit unserem Geld all die Roten Rosen, Stürme der Liebe, Bergdoktoren, Verbotenen Lieben und, genau: Um Himmels Willen!4 Wir finanzieren all die reaktionären Fernsehfilme, in denen ewiggestrige Familienmodelle und Rollenzuweisungen zementiert werden, oder zu bester Sendezeit ausgestrahlte »Dokumentationsreihen« wie Königliche Dynastien: Die Windsors. Und wenn irgendein armer Wicht von Thronfolger im britischen Königreich heiratet, ist das deutsche Staatsfernsehen unter Garantie live dabei, und zwar gerne auf allen Kanälen parallel – »Gleichschaltung« der kuscheligen Art.

Es mag in den bürgerlichen Feuilletons noch so häufig die fehlende Qualität der Öffentlich-Rechtlichen angeprangert werden, es mag noch so oft konstatiert werden, daß die Programmverantwortlichen der »Öffis« nicht mehr recht bei Trost seien – solange das Staatsfernsehen als hochsubventionierter Beamtenapparat konstruiert ist, dem Kreativität fremd, eigenes Nachdenken suspekt und anspruchsvolles Programm zuwider sind, wird sich nichts ändern. Statt Kreativität regiert die Angst – Angst, Fehler zu machen, Angst, einen Flop zu landen, Angst, aufzufallen, Angst, zu radikal zu sein, Angst, keine Quote zu liefern. Den Programmdirektoren und den Fernsehredakteuren ist die Einschaltquotenmentalität längst zur zweiten Natur geworden, und der Quotenterror setzt sich von oben nach unten fort. Regisseure und Drehbuchautoren leben in einem System der indirekten Zensur durch die Fernsehredaktionen, Medienboards und Filmförderungsanstalten und all die anderen Institutionen, die Filme oder Serien finanzieren. Das Problem ist systemisch. Es ist ein System entstanden, »in dem sich der einzelne Mensch kaum noch gegen den Apparat durchsetzen kann«, wie die Schauspielerin Corinna Harfouch feststellt.5

Und um zu beweisen, wie sehr ARD und ZDF noch gebraucht werden, also um die alles bestimmende Quote hochzutreiben, kauft man für viel zu viel Geld Fernsehrechte an Sportübertragungen, insbesondere Fußballrechte. Für die Übertragungsrechte der Spiele der Fußball-Bundes­li­ga in der Saison 2013/14 haben ARD und Sky 628 Millionen Euro bezahlt. Allein die ARD bezahlt von 2013 bis 2017 nach allem, was man erfahren kann, etwa 420 Millionen Euro. Zusätzlich hat das ZDF noch zwischen 85 und 92 Millionen Euro für die weiteren Verwertungsrechte im Aktuellen Sportstudio bezahlt.

Öffentlich einzusehen sind all diese Zahlen nicht, die werden in geheimen Pokerrunden ausgekungelt. Man erfährt eher, was Sky für seine Rechte bezahlt hat, als daß die »Öffentlichen« ihren Gebührenzahlern Rechenschaft ablegen wür­den. ARD und ZDF müssen dabei nicht marktgerecht agieren. Sie zahlen nicht das, was die Bundesliga-Rechte auf dem Fernsehmarkt tatsächlich wert sind, sondern sie werfen mit Geld aus dem prall gefüllten Säckel der Zwangs­gebühren um sich und stechen damit die Privatsender aus, die die Fußballrechte reell mit Werbung finanzieren müssen. Nur: Werbeblöcke sehen wir bei der ARD auch zur Genüge, und unter journalistischem Gesichtspunkt ist die Sportschau so gut oder so schlecht wie die Sportsendungen der Privaten. Worin also liegt der Vorteil für die Fernsehzuschauer, daß die Bundesligaspiele im Staatsfernsehen laufen? Richtig: Es gibt keinen Vorteil.

Dafür gibt es Nachteile. Wir bezahlen ein paar hundert Millionen Euro für etwas, das wir genauso gut im Privatfernsehen sehen könnten, ohne diese empörenden Summen zum Fenster hinausschmeißen zu müssen. Das ist eine Subvention für die reichen Fußballvereine, deren Manager sich die Hände reiben (wenn sie nicht gerade Millionen in der Schweiz verzocken). Laut dem offiziellen KEF-Bericht 2014 ist der »finanziell bedeutendste Programmbereich« der ARD der Sport: 458,9 Millionen Euro gibt die ARD jährlich für ihre Sportsendungen aus, weit mehr als für »Politik und Gesellschaft«, »Fernsehspiel« oder »Spielfilm«. Beim ZDF sieht es nicht anders aus, auch hier ist der finanziell bedeutendste Programmbereich der Sport mit 341,9 Millionen Euro.6 Zusammen geben ARD und ZDF also jährlich über 800 Millionen Euro für Sportübertragungen aus – fast elf Prozent der gesamten Gebühreneinnahmen!

Auf Kritik von Zuschauern reagieren die Fernsehbosse (deren mit den Zwangsabgaben der Zuschauer finanzierten Gehälter deutlich höher sind als das der Bundeskanzlerin) mit der ganzen Arroganz der Macht. Der bürokratische Apparat des Staatsfernsehens wird nicht in Frage gestellt, sondern ohne Sinn und Verstand immer weiter finanziert. Und wie der Gesetzesauftrag für das öffentlich-rechtliche Fernsehen ausgehebelt und die Privatisierung von Inhalten flächendeckend vorangetrieben wird, das beweist zugegeben eine gewisse Chuzpe. Und das ist tatsächlich das ABC des Staatsfernsehens unserer Zeit: Arroganz, Bürokratie und Chuzpe. Irgendwie erinnert das an das Ende der DDR, als ein monströser bürokratischer Apparat, der sich längst selbst überlebt hatte, bis zum bitteren Ende verteidigt wurde. Wahrscheinlich müssen wir den Politikern und den Fernsehfunktionären unsere TV-Geräte vor die Fassaden ihrer Sendeanstalten werfen und »Wir sind die Fernsehzuschauer!« rufen, bis sie merken, daß sie mit bloßer Chuzpe ihre Pfründe nicht länger verteidigen können.

 

Im Februar 2015 habe ich in Bern den neuen Film von Jean-Luc Godard gesehen, Adieu au langage. (Nur nebenbei gefragt: Wann lief im Staatsfernsehen zuletzt eigentlich ein aktueller Film von Godard, also einem der bedeutendsten Regisseure der Filmgeschichte? Eben.) Aus der im Programmheft des Kinos abgedruckten Inhaltsangabe, die Godard selbst geschrieben hat, konnte man eventuell eine Handlung, einen »Autorenfilm« herauslesen,7 wobei man Godard schlecht kennen würde, wenn man von ihm einen stringenten Spielfilm erwartet hätte. Adieu au langage ist nicht nur ein auf allen Ebenen sehr poetischer Film, er birst auch vor Überraschungen, 3-D-Effekten, philosophischen Verweisen. Der Film bietet einen Weg in eine Welt außerhalb der Sprache und außerhalb anderer, ebenfalls unzureichender Zeichensysteme. »Film ist nicht die Reflexion der Wirklichkeit, sondern die Wirklichkeit der Reflexion.« (Godard) Und es war äußerst interessant und lehrreich, die Reaktionen des Publikums zu erleben: Bei jedem überraschenden 3-D-Effekt kicherten die Zuschauerinnen und Zuschauer verlegen oder belustigt wie Teenager in einem Film, in dem erotische Szenen gezeigt werden. Man kicherte auch, wenn die Tonspur abrupt abbrach oder ein überraschender Schnitt gegen die Sehgewohnheiten verstieß. Eine junge Zuschauerin in der Reihe vor mir fragte sogar ihre Nachbarin irritiert, ob das denn wirklich Adieu au langage sei oder ob sie sich im Kinosaal geirrt habe. Es war herrlich. Siebzig Minuten Überraschungen, eine gute Stunde Unvorhergesehenes, Begeisterndes, Irritierendes statt der immergleichen Monotonie des von Staatsfernsehen und staatlicher Filmförderung verordneten, langweiligen Mittelmaßes.

Aber käme es nicht genau darauf an? Neues kennenzulernen, Überraschungen zu erleben, die Neugierde befriedigt zu sehen? Das Ungewöhnliche fordert uns, zeigt uns den Weg jenseits der vorgegebenen Bahnen – eine Welt, in der der Zuschauer auch mal überfordert, auf jeden Fall aber ernstgenommen wird.

Wir haben es uns angewöhnt, mit wenig zufrieden zu sein, das kleinere Übel zu akzeptieren, die Alternativlosigkeit als Grundgesetz unseres Daseins hinzunehmen. Wir sind genügsam und freuen uns über jedes kleine »Immerhin«. Der bedeutende Filmkritiker Michael Althen schrieb bereits im Jahr 2000: »Wo sich jeder durchschnittlich interessierte Kunst­liebhaber bereitwillig mit den allerabstraktesten Kunst­anstrengungen auseinandersetzt und um Verständnis ringt, da können im Kino die Bemühungen, sich vom Diktat des Geschichtenerzählens zu lösen, schon lange nicht mehr mit der Geduld der Zuschauer rechnen.« Althen beklagte den Trend, daß auch »die sogenannten Intellektuellen« mittlerweile überzeugt seien, »es sei wichtiger, bei Titanic mitreden zu können, als den neuen Godard gesehen zu haben«.8

Woher sollte aber ein anspruchsvolles, an Bildung und Kultur orientiertes Fernsehprogramm kommen, wenn nicht von den öffentlich-rechtlichen Sendern?

Zugegeben: Es wäre ein Nischenprogramm, aber die Idee des »Vollprogramms« ist ohnehin längst obsolet, ein wohlgepflegter Fake. ARD und ZDF sind bereits Nischensender. Sie haben, wenn man die Sportübertragungen, die die Einschaltquoten künstlich hochtreiben, abzieht, heute jeweils um die zehn Prozent Zuschaueranteil. Insgesamt sieht selbst in einem ausgesprochen ARD/ZDF-freundlichen Jahr wie 2014, in der die Top-Quoten bringende Fußball-WM stattfand, nur noch eine Minderheit die öffentlich-rechtlichen Programme.9 Und eine deutliche Mehrheit (in allen Umfragen mehr als 60 Prozent) würde lieber keine Zwangsgebühren für den Rundfunk bezahlen. Interessanterweise ist die Zahl derer, die ARD, ZDF und die Dritten schauen, ungefähr so groß wie die, die bereit sind, Fernsehgebühren zu bezahlen, nämlich etwa 38 Prozent. Warum also unterwirft man das Programm weiterhin einer Quote, wo doch in anderen Ländern Nischensender vormachen, wie man anspruchsvolles, interessantes und spannendes Fernsehen an­bieten kann? Falsche Frage. Unsere Politiker wollen ja gar kein anspruchsvolles und interessantes Fernsehen. Sie benötigen die Verblödungsmaschine, die ARD und ZDF heute darstellen. Dafür produzierte das Staatsfernsehen 2013 die geradezu obszön hohe Zahl von 10 227 734 Fernseh-Sende­minuten10 – wohlgemerkt, ein normales Jahr hat nur 525 600 Minuten, also etwa ein Zwanzigstel des vom Staatsfernsehen produzierten Sendeminutenvolumens. Dagegen ist die »Konsumquote«, also das Verhältnis von Sehdauer zu Programmangebot, von 83,3 Prozent für die ARD im Jahr 1953 über 13,6 Prozent für die ARD beziehungsweise 20,1 Prozent fürs ZDF in 1963 auf zwischen 1,1 und 3,4 Prozent in 1991 gesunken und beträgt für die öffentlich-rechtlichen Programme heute insgesamt nur noch um die 2 Prozent.

All die wohlmeinenden, bildungsbürgerlichen oder feuilletonistischen Forderungen nach einem »besseren Programm« greifen zu kurz. Der Fehler liegt im System und ist unter den herrschenden Bedingungen irreversibel. Der ultimative Sog des bräsigen Staatsfernsehens besteht darin, uns zu einer genügsamen, unkritischen und das Vorhandene als geradezu gottgegeben11 akzeptierenden Zuschauermasse zu formen.

Dabei gibt es längst Alternativen, die das Staatsfernsehen zu einem Auslaufmodell machen, das sein Technikmonopol verloren hat. Wir können Filme oder Sportübertragungen im Privat- oder Bezahlfernsehen angucken. Wir können für relativ wenig Geld zigtausend Filme dann, wann wir es wollen, und dort, wo wir es wollen, betrachten. Und wir haben das Internet mit seinen vielfältigen Informationsmöglichkeiten und mit Kanälen wie YouTube, auf denen wir nicht einseitig konsumieren, sondern uns selber einbringen, eben nicht nur empfangen, sondern auch senden können. YouTube erreicht selbst in Deutschland längst deutlich mehr junge Menschen als alle hochsubventionierten Programme des Staatsfernsehens. Letzteres reagiert in denkbar hilflosester Weise: »Deppen mit Kamera« lautete die Überschrift eines Beitrags der Tagesschau zum zehnjährigen Jubiläum von YouTube im Februar 2015.

Die Fernseh-Oberen von ARD und ZDF leben in ihrem eigenen, idyllischen und selbstgefälligen System, in einer Art Lummerland der sechziger Jahre. »Eine Insel mit zwei Bergen und im tiefen, weiten Meer« hieß es in dem Lied der Augsburger Puppenkiste, und die Leute vom Staatsfernsehen mögen annehmen, daß mit den zwei Bergen auf dem »schönen Lummerland« eben das Erste und das Zweite gemeint sind. Doch sie leben auf einer Insel weit entfernt von der Realität (und darüber hinaus ist die Insel im Puppenspiel ja auch nur »ungefähr doppelt so groß wie unsere Wohnung«). Im wahren Leben, in unserer Zeit wissen die Menschen: Staatsfernsehen ist kaputtes YouTube. Fernsehen vergeudet unser Leben.

Wir sind gekommen, um nein zu sagen.

Fernsehgeschichte

Kindheit in der Bundesrepublik Deutschland in den sechziger Jahren des letzten Jahrhunderts, das war bei dem Teil der Bevölkerung, der überhaupt schon ein Fernsehgerät im Wohnzimmer stehen hatte, Schwarzweißfernsehen, das waren Lassie, Flipper und Rin Tin Tin, also amerikanische TV-Serien, in denen Tiere im Mittelpunkt standen. Fernsehen in den 60er Jahren, das war etwa das Ritual, am 1. Januar das Neujahrskonzert der Wiener Philharmoniker zu sehen, eine Tradition, die 1939 für Adolf Hitlers »Kriegswinterhilfswerk« begonnen und 1941 zugunsten der NS-Organisation »Kraft durch Freude« fortgeführt wurde und nicht zuletzt der Vereinnahmung des »Walzerkönigs« Johann Strauss durch die Nationalsozialisten sowie dem NS-Konzept einer gezielten Unterhaltungs-Propaganda dien­te. Seit 1959 wird das Neujahrskonzert vom ORF weltweit live im Fernsehen übertragen, und es gelang, dieses Konzert zu einem globalen Ereignis, einem Event zu modellieren, und so war das Neujahrskonzert selbst für nicht besonders musikaffine Menschen ein alljährlicher Pflichttermin (gefolgt von der Übertragung des Neujahrs-Skisprin­gens aus Garmisch-Partenkirchen).

Fernsehen in den sechziger Jahren, das waren Übertragungen aus den Apollo-Raumschiffen, die die Erde umkreisten (der ohne jede Hilfe aufrecht stehende Stift AG7 mit seiner versiegelten Patrone in einer Schalte aus dem Apollo-7-Raumschiff!), und später natürlich die Mondlandung.

Fernsehen in den sechziger Jahren, das war die Zuteilung von Fernsehminuten durch die Eltern, das war das Testbild, das in den vielen sendefreien Stunden ausgestrahlt wurde. Und der »Schnee« mitsamt Rauschen, wenn nicht einmal mehr das Testbild gesendet wurde: Noch Anfang der fünfziger Jahre strahlte das »Deutsche Fernsehen« (später ARD, heute »Das Erste«), das das einzige Programm war, nur drei Stunden täglich aus. Ende der Fünfziger waren es pro Tag fünf Stunden, und die Fernsehverantwortlichen verstanden ihr Medium hauptsächlich als eines der Bildung, das nur zu einem geringen Teil auch unterhalten sollte. Live-Übertra­gungen waren sehr selten und für die Zuschauer besonders spektakulär, wie etwa die Krönung Elisabeths II. 1953 oder die Fußball-Weltmeisterschaft 1954. Bereits damals kamen die besonderen Fernseh-Events also aus den Bereichen »Adel« und »Sport«. Allerdings konnten diese »Spektakel« damals nur wenige Menschen verfolgen, denn kaum jemand hatte bereits einen privaten Fernsehanschluß. Die in den fünfziger Jahren gebräuchlichen Fernsehtruhen waren ein Statussymbol der Wohlhabenden und unerschwinglich für den Durchschnittsverdiener.

1960 mußte man für einen Schwarzweißfernseher in der Bundesrepublik im Schnitt über 351 Stunden arbeiten, im Jahr 2009 waren es für einen 81-cm-Full-HD-Flachbild­fernseher nur noch 35½ Stunden.12 Anfang der sechziger Jahre verfügten nur 34 Prozent aller bundesdeutschen Haushalte über ein Fernsehgerät, und nur 13 Prozent aller Haushalte konnten sich sowohl einen Kühlschrank als auch einen Fernseher und eine Waschmaschine leisten, während 2013 diese drei Geräte in 90 Prozent aller deutschen Haushalte zur Standardausstattung gehören, und 95 Prozent aller Haus­halte verfügen heute über ein Fernsehgerät – das Fernsehen ist damit, gleich hinter dem Kühlschrank, das zweithäufigste Gebrauchsgut in deutschen Haus­halten (noch vor Waschmaschine und Telefon).13 Seit den sechziger Jahren bis Mitte der siebziger Jahre wuchs die Zahl der Haushalte mit einem Fernsehgerät jährlich um 1,1 bis 1,4 Millionen, und der Ausstattungsgrad der Haushalte mit Fernsehern wuchs von 34,4 Prozent 1962 über 72,7 Pro­zent 1969 und 87,2 Prozent 1973 auf 93,2 Prozent 1978, also ungefähr die Zahl, die auch heute noch besteht.14 Wobei heute nicht nur über 95 Pro­zent aller Haushalte einen Fern­seher haben, sondern auch 28 Prozent zwei Fernseher be­sitzen, und zusätzlich 11 Prozent gar mehr als zwei.

In den sechziger Jahren begann das Programm der ARD um 17 Uhr mit kurzen Kindersendungen, zwischen 18 und 20 Uhr folgten Regionalprogramme. Mit der Tagesschau um 20 Uhr begann das Abendprogramm – meistens zwei Beiträge, etwa eine Komödie gefolgt von einem Fernsehballett. Und wo es einen Sendebeginn gab (eingeleitet dadurch, daß das Testbild ein paar Minuten vor Programmbeginn durch eine Uhr ersetzt wurde, deren Sekundenzeiger die Kinder, die auf ihre Sendungen warteten, gebannt verfolgen konnten), gab es naturgemäß auch einen Sendeschluß, der meistens 23 Uhr war, selten später. Das ZDF zeigte ein ähnliches Programm: Es begann ein- bis zweimal (ab 1969) wöchentlich mit Mosaik, dem »Magazin für die ältere Generation«, mit Gymnastikübungen, Anleitungen zu Stick- und Knüpfarbeiten, Berichten über Seniorenausflüge und dergleichen mehr. Die Sendung wurde 1991 eingestellt, ein separates Seniorenmagazin wurde im ZDF, dem Sender mit dem Zuschauer-Altersdurchschnitt von über 60 Jahren, offensichtlich nicht mehr benötigt, denn sein Programm ist heute sozusagen komplett gerentokratisch.

Wer eine Fernsehsehsendung verpaßte, hatte Pech gehabt, es gab noch keine Rekorder, mit denen man Sendungen hätte aufzeichnen können, es galt, pünktlich vor dem Fernsehgerät zu sitzen und dabei zu sein. Die Hoheit über den Zeitplan der Zuschauer hatten die Programmacher. Hier findet sich der Grundgedanke, dem die Fernsehverantwortlichen auch heute noch nachhängen: Fernsehen als Teil des Räderwerks einer panoptischen Maschine, um es mit Foucault zu sagen, die wir als Beitragszahler wie als Zuschauer, »eingeschlossen in das Räderwerk, selbst in Gang halten – jeder ein Rädchen«.15

Mit dem wachsenden Ausstattungsgrad an Fernsehgeräten in den frühen siebziger Jahren wuchs auch das Fernsehprogramm. Die Dritten Programme wurden bereits in der zwei­ten Hälfte der Sechziger gestartet (der Bayerische Rundfunk begann 1964, das Jahr darauf folgten NDR, RB, SFB, WDR und 1969 dann SDR, SR, SWF), waren aber jahrelang hauptsächlich Bildungs- und Kultursender, es liefen Sen­dun­gen des Schulfunks, Sprachsendungen und einige Regionalprogramme. Noch 1973 startete das ARD-Programm werktags um 16.15 Uhr und endete zwischen 23 und 24 Uhr. Das ZDF strahlte von 16.30 oder 17.00 Uhr bis zur letzten Stunde des Tages aus. Vormittags unterbrachen höchstens gelegentliche Bundestagsdebatten (Heute im Par­lament) das Testbild. Ende der siebziger Jahre wurde das ARD-Programm aus aktuellem Anlaß auch schon mal bis nach Mitternacht ausgedehnt (zum Beispiel am 15. 2. 1979: Zum Tode von Jean Renoir: Die goldene Karosse, bis 0.35 Uhr), aber erst seit dem 2. Januar 1981 wurde von ARD und ZDF ein flächendeckendes Vormittagsprogramm ausgestrahlt. Gesendet wurden hauptsächlich Wiederholungen des Vorabends – ein »Schichtarbeiterprogramm«. Von 1989 an beendete das gemeinsam von ARD und ZDF im wöchentlichen Wechsel produzierte Mittagsmagazin das Vormittagsprogramm. Im Sommer 1992 kam das nach den gleichen Kriterien produzierte Morgenmagazin hinzu als Antwort auf das von den großen Privatsendern RTL und Sat.1 längst ausgestrahlte »Frühstücksfernsehen«. Man kann sich das heute kaum mehr vorstellen, aber erst in den neunziger Jahren erfolgte die Fernseh-Dauerberieselung rund um die Uhr, wie wir sie heute als selbstverständlich kennen und hinnehmen: RTL und Sat.1 erreichten 1992 als erste Sender eine 24-Stunden-Vollversorgung, das Erste und ZDF zogen später nach. Noch 1991 betrug die tägliche Sendeleistung des Ersten 11,2 Stunden und die des ZDF 13,7 Stunden.16

Die durchschnittliche Sehdauer lag in den siebziger Jahren zwischen 120 (1970) und 130 (1979) Minuten täglich. Und dennoch schrieben wir in der Schule Besinnungsaufsätze über das Problem, daß das Fernsehen aus dem Familienkreis einen Halbkreis mache.

Das Idyll bekam zwar in der zweiten Hälfte der siebziger Jahre Risse, etwa durch die Rote Armee Fraktion und den »Krieg von 6 gegen 60 000 000« (Heinrich Böll) sowie durch die aufkommende Anti-AKW-Bewegung, aber der Übergang von der Proletarier- zu einer Angestelltengesellschaft mit ihren Eigenheimen an den Stadträndern oder mit neugebauten Reihenhäusern sorgte dafür, daß das System höchstens von den Bürgerkindern, nicht aber von denen, die es trugen, in Frage gestellt wurde. Und das Fernsehen war ein wesentlicher Teil dieses Systems, und zwar der Teil, mittels dessen die zunehmend vorhandene freie Zeit gefüllt wurde. Grundsätzlich bestand das Problem, daß zusätzliche »freie Zeit« die Bedürfnisse der Menschen in der Wohlstandsgesellschaft komplett verändern konnte. Die neu gewonnene freie Zeit mußte also »verboten«, »umgewidmet« werden, damit nicht etwa die bestehende Produktionsweise oder gar das herrschende System in Frage gestellt wurde. Das Fernsehen übernahm die Funktion, das Leben der Menschen in Watte zu packen. Fernsehen war systemstabilisierend, und als systemstabilisierend darf durchaus auch betrachtet werden, daß das Aufwerfen einiger neuer, »kritischer« Fragen zugelassen wurde, um deren Beantwortung in den bestehenden Zusammenhang zu integrieren zu können.

In den achtziger Jahren kam es zur großen Zeitenwende im deutschen Fernsehen: Das Privatfernsehen wurde zugelassen. Erhielten in den USA die kommerziellen Fernsehsender NBC und CBS bereits 1941 eine Sendelizenz und wurde in Großbritannien 1954 das kommerzielle Fernsehen als Alternative zur öffentlich-rechtlichen BBC erlaubt, so dauerte es in Deutschland bis 1981, daß durch ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts das duale Rundfunksystem mög­lich wurde. Das Privatfernsehen wird in der Regel mit der Kohl-Ära assoziiert, doch der Einsatz und die Entscheidung für das Privatfernsehen fiel bereits ins Ende der sozialdemokratischen Ära. Allerdings trieb die 1982 ins Amt gekommene Regierung Helmut Kohls den Ausbau des Privatfernsehens massiv voran, inhaltlich, weil die Konservativen das Privatfernsehen dank seiner kommerziellen und unkritischen, unjournalistischen Ausrichtung prinzipiell sehr schätzten, und technisch, indem der CDU-Postminister (so hieß der damals noch), Christian Schwarz-Schilling, den Ausbau der Breitbandverkabelung entschieden förderte. 1984 startete das kommerzielle Fernsehen in Deutschland mit dem »Kabelprojekt Ludwigshafen« – also sinnigerweise im Wahlkreis des Bundeskanzlers. Aus der ursprünglichen »Programmgesellschaft für Kabel- und Satellitenrundfunk« (PKS) wurde 1985 Sat.1. Einen Tag später begann RTL plus (heute RTL Television) seinen Sendebetrieb, zunächst noch aus Luxemburg, seit 1988 aus Köln. 1988 schrieb der damalige Leiter der bayerischen Staatskanzlei und spätere Ministerpräsident Edmund Stoiber an seinen Chef Franz Josef Strauß: »Unsere Politik bezüglich RTL plus war immer darauf ausgerichtet, eine Anbindung von RTL an das konservative Lager zu sichern beziehungsweise ein Abgleiten nach links zu verhindern.«17

Wenn von den ersten Gehversuchen des Privatfernsehens geredet wird, kommt mit schöner Regelmäßigkeit als erstes die von Hugo Egon Balder moderierte Erotik-Spielshow Tutti Frutti zur Sprache. Doch Tutti Frutti lief erst ab 1990 bei RTL. Das Programm der Privatsender in den ersten Jahren war ähnlich bieder wie das der öffentlich-rechtlichen: Auf Sat.1 liefen Serien wie Lassie, Musicbox oder Es darf gelacht werden sowie Spielfilme und Krimis. Auf RTL gab es Menschen und Tiere, Da-da-damals (Oldies mit Axel) oder Spielfilme aus der NS-Zeit (Alles Schwindel, 1939). Das Portrait des Cellisten Mstislaw Rostropowitsch auf Sat.1 um 22.45 Uhr konkurrierte immerhin mit einem Gespräch mit Friedrich Dürrenmatt unter dem Titel Die Welt als Labyrinth um 22.30 Uhr auf dem neuen öffentlich-rechtlichen Kultursender 3sat. Und auf ZDF lief gleichzeitig Der Denver Clan.18

Es ging den kommerziellen Kanälen zunächst darum, mit möglichst geringem finanziellen Einsatz die Bekanntheit der Sender zu steigern, also gerne auch durch den Aufkauf alter Serien und billig zu erwerbender Spielfilme. Erst im Laufe der Jahre entwickelten die verschiedenen Privatsender im Kampf um Marktanteile den bekannten schlechten Geschmack und das sprichwörtlich niedrige Niveau. Es ging um Marktanteile, die hauptsächlich mit einfachsten Mitteln erkämpft wurden, mit »Soap Operas« und »Reality-TV« und nicht zuletzt mit Erotik-Shows – sex sells. Statt Nachrichtensendungen gab es »Infotainment«, die Newsshows nach amerikanischem Vorbild, dem sich im Lauf der Zeit auch die öffentlich-rechtlichen Sender unterwarfen. Und da sich die meisten der kommerziellen Fernsehsender über Werbung finanzierten (im Gegensatz zum Bezahlfernsehen, das seit den neunziger Jahren hinzu kam, oder Teleshopping-Kanälen), wurde die Quote zunehmend wichtig. Durch die gesetzliche Beschränkung der Werbeblöcke (im Privatfernsehen auf 20 Prozent pro Stunde) ist die Einschaltquote einer Fernsehsendung für das kommerzielle Fernsehen von größter Wichtigkeit, danach bemißt sich die Einnahme aus den entsprechenden Werbespots: Je höher die Zuschauerzahlen, je höher die Einschaltquote, desto größer die Einnahmen aus den Werbespots, die innerhalb der Sendung geschaltet werden.

Die Quote dient dazu, uns all den Mist, den wir mit unseren monatlichen Zwangsgebühren finanzieren müssen, als das unterzujubeln, was wir ja eigentlich sehen wollen. Erhoben wird die Quote vom börsennotierten Konsumforschungskonzern GfK (Gesellschaft für Konsumforschung), der bereits 1935 gegründet wurde und erforscht, »wie Menschen leben, denken und konsumieren«, und zwar »in über 100 Ländern, jeden Tag«19 – so etwa auch fürs Fernsehen der saudi-arabischen Scharia-Diktatur. Die Quote – erhoben bei sage und schreibe 5 640 Haushalten mit stolzen 10 500 Personen – kann natürlich nicht lügen. (Die mehreren Millionen in Deutschland lebenden Nicht-EU-Bürgerinnen und -Bürger, die auch das monatliche Zwangsgeld an die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten abführen müssen, werden bei der Erhebung übrigens gar nicht erst mitgezählt. Immerhin werden seit 2001 auch Daten bei 140 EU-Aus­länder-Haushalten erhoben, die mit 2,48 Prozent in die GfK-Zahlen eingehen). Gemessen wird, wann, wie lange und bei welchen Sendungen bei den »GfK-Familien« der Fernsehapparat angeschaltet ist. Gemessen wird nicht, ob tatsächlich jemand vor dem Fernseher sitzt, und wenn er da sitzt, ob er wirklich die angeschaltete Sendung ansieht oder statt dessen parallel Zeitung liest, auf seinem Tablet oder Laptop im Internet surft. (Neuesten Untersuchungen zufolge nutzt jeder Zweite während des Fernsehens nebenbei oder hauptsächlich das Smartphone, Tablet oder den Laptop, während nur jeder Fünfte sich beim Fernsehen nicht ablenken läßt).20

Der Filmkritiker Claudius Seidl hat zurecht darauf hingewiesen, daß die Einschaltquote eben auch nur mißt, »wann, was und wie lange jene Leute sehen, die Zeit und Nerv genug haben, an der Quotenmessung teilzunehmen«21 – was eine sehr eingeschränkte Probandenauswahl garantieren dürfte und anspruchsvolle Zuschauer, die der Quote kritisch gegenüber stehen, ebenso ausschließt wie all die Zuschauer, die keine Zeit dafür haben, etwa Alleinerziehende oder Familien mit mehreren Kindern und mehreren Berufstätigkeiten. Und sowieso wird kein Mensch, der noch einigermaßen bei Trost und zu »Vernunft, Verstand und Kritik« (von Westphalen) fähig ist, je der umfassenden GfK-Aushor­che­rei zustimmen.

Die wachsende Zahl von Menschen, die Sendungen auf dem Tablet oder Laptop sehen, wird von der GfK nicht erfaßt, ebenso wenig wie der Bereich des Fernsehkonsums, der nicht in »Haushalten« stattfindet, sondern zum Beispiel in Hotels, in Kasernen, Alten- und Pflegeheimen, Krankenhäusern, in Büros und Studentenwohnheimen. Das Fundament, auf dem die deutsche Fernsehrealität steht, ist reine Augenwischerei und letztlich eine Quoten-Lüge. Zumal die Quote ja immer nur von den Zuschauern ausgeht, die bereits ihr Fernsehgerät angeschaltet haben – so, wie bei den Wahlen die Nichtwähler einfach unter den Tisch fallen, kommen all diejenigen, die sich dem Fernsehen generell verweigern, und diejenigen, die an dem jeweiligen Tag aus den unterschiedlichsten Gründen ihr Gerät ausgeschaltet gelassen haben, bei der Berechnung der »Marktanteile« gar nicht vor – wenn man diesen Begriff, den Arthur Nielsen, der Begründer des gleichnamigen US-Marktforschungskonzerns, erfunden hat, überhaupt verwenden möchte.

Doch die Fernseh-Verantwortlichen ficht all dies nicht an, die täglichen GfK-Berichte sind schließlich etwas, an dem man sich festhalten kann. Das Quoten-Spiel wird also munter weiter betrieben. In Deutschland entfallen derzeit 21 Prozent aller Werbeumsätze auf Fernsehwerbung. Das Fernsehen ist das umsatzstärkste Medium in Deutschland. Die privaten Fernsehanbieter erzielten im Jahr 2013 hierzulande Werbeeinnahmen von rund 3,8 Milliarden Euro, die öffentlich-rechtlichen Fernsehsender etwa 295 Millionen Euro.22 Einschaltquote und Marktanteile wurden zum entscheidenden Kriterium für die Beurteilung einer Sendung oder eines Films. Über Inhalte des Fernsehprogramms wird kaum mehr geredet, auch bei den öffentlich-rechtlichen Sendern nicht, es geht allein um die Quote, um die Marktförmigkeit des Fernsehens. Das Fernsehprogramm ist zum Beiwerk der Reklame degradiert worden, dem laut Horkheimer und Adorno »Lebenselixier« der Kulturindustrie. Dabei werden die Werbespots mächtig aufgewertet, sie müssen so gut funktionieren, daß die Fernsehzuschauer möglichst nicht »abwandern«, wenn das Programm mit Werbung unterbrochen wird – diese Wanderbewegungen, der »Audience Flow«, ist eines der größten Probleme der Fernsehsender, nur 9 Prozent aller Zuschauer wechseln nicht das Fernsehprogramm, wenn Werbung gezeigt wird, während über die Hälfte der Zuschauer dann sogar abschalten. Damit der Audience Flow unterbunden wird, gehen die Sender zunehmend dazu über, die Werbung nicht mehr als »Scharnierwerbeblöcke« auszustrahlen (also zwischen einer endenden und der anderen beginnenden Sendung), sondern fast ausnahmslos als »Unterbrecherwerbung« (als Werbeblock während einer Sendung). Doch nur sehr attraktive Sendungen können die Abwanderung während der Werbung unterbinden – die wichtigere Rolle kommt also der Qualität der Werbespots zu. Wahrscheinlich sind Fernseh-Werbe­spots daher heute die aufwendigsten Fernsehproduktionen überhaupt, es werden Unmengen an Geld in die Qualität (also die Manipulationskraft) der Spots investiert. Durch die Schnitttechnik und die perfekte Optik der Werbespots wird natürlich das darauffolgende Programm mitgeprägt und letztlich meistens entwertet. Die Zuschauer, die den Appeal eines Werbespots gewohnt sind, wenden sich von einem langsameren, »schlechter« produzierten Inhalt im eigentlichen Programm ab.

Gleichzeitig geht es den Produktionsgesellschaften heute vermehrt um die »Zuschauernähe« ihrer Produktionen – nur, wenn Filme oder Serien von den Zuschauern angenommen werden, geben sie ein interessantes Umfeld für die teuren Werbespots ab. »Die Bavaria Film versteht sich als Produzent kulturell hochwertiger Programme. Entscheidend sind dabei die Zuschauernähe ihrer Produktionen und deren hoher Production Value. Mit Programmanalysen, Markt- und Trendforschung hat Bavaria Film die Finger am Puls der Zeit«, flötet etwa die »Bavaria Film Gruppe« und wirbt für sich als Herstellerin werbegerechter Filme23 – ausgerechnet ein Medienunternehmen, das sich im Mehrheitsbesitz der öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalten befindet (33,35 Pro­zent der Unternehmensanteile hält die WDR mediagroup, 16,67 Prozent die SWR Media Services, Aufsichtsratsvorsitzende war bis November 2014 WDR-Intendantin Monika Piel).

Natürlich gab es auch schon in den Anfängen des bundesdeutschen Fernsehens Untersuchungen, wie viele Zuschauer einzelne Sendungen hatten. Diese wurden aber oft erst Wochen später veröffentlicht, hatten also keine Relevanz für das Programm und seine Verantwortlichen. Wirklich wichtig, ja geradezu essentiell wurden die Quotenmessungen, also die Berechnungen der Marktanteile von Sendern und Sendungen, erst mit der Einführung des werbefinanzierten Privatfernsehens. Da die Einnahmen aus der Fernsehwerbung die wesentliche Finanzierungsquelle der Privatsender sind, kommt es nicht nur darauf an, die Einschaltquoten quasi jeder Sendeminute detailliert zu erfassen, sondern auch darauf, die jeweilige Zielgruppe zu erforschen. Als wichtigste »werberelevante« Zielgruppe gilt dabei die Gruppe der 14- bis 49-Jährigen, Menschen, denen eine optimale Konsumfreudigkeit und Reklame-Affinität zugesprochen wird. Daneben gibt es Zielgruppen mit »speziellen Interessen«, neben den Kindern wären da die sogenannten LOHAS, Menschen, denen Gesundheitsbewußtsein und Nach­haltigkeit wichtig sind (»Lifestyle Of Health And Sustainability«), oder die DINKs, Doppelverdiener ohne Kinder (»Double Income No Kids«), oder die wohlhabenden und einkunftsstarken Senioren.

Indem die Konsumindustrie ihre Zielgruppen sehr genau analysiert, kann sie ihre Werbemaßnahmen optimal ihren Konsumentenkreisen anpassen. Doch wer glaubt, damit erschöpfe sich die Einflußnahme der Werbeindustrie, täuscht sich gewaltig. Tatsächlich wird immer häufiger das Fernsehprogramm so gestaltet, daß das Programm zu der von der Konsumindustrie geschalteten Werbung paßt. Und was nicht paßt, wird passend gemacht. Das ist auch der Grund, warum es in der Diskussion um die verschiedenen Fernsehsender und ihre Sendungen fast nur noch um die Quote geht: Die Sender sehen sich gezwungen, ein Programm zu senden, das die Einschaltquoten anhebt, das »Quote macht«, das also für die Werbewirtschaft und die Konsumindustrie interessant ist.

Pervers ist, daß die öffentlich-rechtlichen Sender bei diesem Quotenwettkampf emsig mittun. Durch das Aufkommen des Privatfernsehens gerieten ARD und ZDF in Panik. Im Grunde ist die Quotendiskussion für die gebührenfinanzierten Öffentlich-Rechtlichen kein wesentliches Kriterium, denn der Anteil der Fernsehwerbung an der gesamten Finanzierung der öffentlichen Sender ist vergleichsweise gering: Laut der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) liegen der Nettowerbeumsatz im Jahr 2013 beim ARD-Fernsehen bei 150,1 und die Werbeerträge beim ZDF bei 116,5 Millionen Euro (bei einer Gesamtaufwendung von einigen Milliarden Euro).24 Ein vollständiger Verzicht auf Werbung und Sponsoring bei ARD und ZDF bei gleichen Aufwendungen wie bisher würde nur eine sehr geringfügige Anhebung des Rundfunkbeitrags nötig machen.

Statt sich also der durchaus vorhandenen Stärken ihres Programms und letztlich ihres gesetzlichen Auftrags (Bildung, Information, Kultur) zu vergewissern, unterwarfen sich die öffentlich-rechtlichen Fernsehsender freiwillig dem von den Privaten angestoßenen Quotenwettkampf und änderten ihren Kurs in Richtung eines restaurativen und konsumindustrie-freundlichen Programms. Erfand das Privatfernsehen neue hirnlose Spieleshows, zogen ARD und ZDF umgehend nach. Begannen die Privaten, nach südamerikanischem Vorbild »Telenovelas« auszustrahlen, importierten und erfanden ARD und ZDF ihre eigenen Telenovelas und gaben zum Beispiel das Nachmittags- und ihr durchaus immer wieder qualitätsbewußtes Vorabendprogramm preis (man denke etwa an Serien wie Helmut Dietls Monaco Franze).

Das Gros der Fernsehverantwortlichen und sicher auch nicht gerade geringe Teile der politischen Klasse freuten sich darüber, daß die Quote sie letztlich von einer inhaltlichen Diskussion über das Programm entlastete. Sendungen, die keine Quote bringen, werden auch bei ARD und ZDF sofort abgesetzt oder ins Mitternachtsprogramm verlegt. Das reale Programmziel von ARD und ZDF, hohe Quoten zu erzielen, wird erreicht durch das Senden von »kommerziellem Süßstoff«, wie der Filmregisseur Dominik Graf es nennt. Die Devise laute: »Bloß weg von allen Bildungsaufträgen, weit fort mit allen kulturellen Vorreiterfunktionen, so übertrieben, daß man eine Neurose vermuten würde« (Graf).2526