Epub cover


Mein Kind soll leben

(Herz-Lungentransplantation)

Claudias Lebensgeschichte

Autobiografie von Hedwig Kleineheismann

Verlagshaus el Gato


Inhalt

Prolog

1959 - 1963

1963

1964

1965

1966

1967 - 1968

1969

1970 - 1975

1971

1976

1977

1978 -1980

1981

1982 - 1990

1983

März 1989

1990 - 1993

1994

1995

1996 - Heute

Schlussworte von Claudia

Anhang:

Noch eine Danksagung

Quellenhinweise:

Prolog

In diesem Buch wollen wir, meine Mutter und ich, die Geschichte meines Lebens erzählen. Wie wichtig es ist, dass viele Menschen „JA“ sagen zur Organspende, werden Ihnen die nächsten Seiten aufzeigen. Ich hatte das Glück, neue Organe transplantiert zu bekommen. Viele Todkranke warten verzweifelt auf die rettende Operation, viele Wartende müssen sterben, weil keine passenden Organe zur Verfügung stehen. Ich möchte durch meine Lebensgeschichte den Leser zum Nachdenken anregen, in dem ich aufzeige, wie sehr ihre Entscheidung einer Organentnahme zuzustimmen helfen kann, Menschen ein neues, gesundes Leben zu schenken. Gelingt mir das, dann hat dieses Buch seinen Zweck erfüllt und ich wäre sehr glücklich.

Meine Herz-Lungentransplantation ist erfolgreich am 12.September1994 im Herz- und Diabteszentrum Nordrhein-Westfalen, in Bad Oeynhausen durchgeführt worden.

Ein besonderes Herzensanliegen von mir ist es, den Menschen zu danken, die mich auf meinem Lebensweg ein Stück begleiteten. Danke zu sagen, all denen, die mir durch ihre Nähe, ihre Liebe sowie mit ihrer Hilfsbereitschaft zur Seite standen.

D A N K E

Einige möchte ich namentlich erwähnen:

Danke, den Ärzten in Faßberg, Müden und

Munster, die immer für mich da waren und mir halfen;

dem AKH Celle für die ärztliche Betreuung während der Wartezeit und nach der OP;

der evangelischen Ehe- und Lebensberatungsstelle in Hermannsburg (Frau Bibl), die entscheidend zu meiner endgültigen Genesung

beitrug;

der Lebenshilfe, Werkstatt für Behinderte in

Celle und Bergen, die mich förderten, Verständnis und Hilfsbereitschaft zeigten;

der Bundeswehr, -Arbeitsstelle meiner Mutter, die ihr durch großzügige Freistellungen ermöglichten, bei mir zu sein;

den Freunden des Hauskreises des CVJM;

Margot und Helmuth Wöbke, die immer für mich und meine Mutter da waren, zuhörten und helfend zur Seite standen;

Günter Blickwede, der jeden Tag nach mir schaute und mir viel menschliche Wärme schenkte;

der Krankengymnastikpraxis Kuhlmann und Tewes, die vor und nach der OP mit mir arbeiteten;

der Barmer Ersatzkasse, die oft, unbürokratisch und schnell, erforderliche Maßnahmen bewilligte;

allen Freunden und Bekannten, die mir immer

wieder Mut zusprachen.

Meinen ganz besonderen Dank möchte ich an

das Herz- und Diabeteszentrum NRW übermitteln.

Dem Transplantationsteam, für ihre fantastische Arbeit, dem Personal auf der Intensivstation, die mich rund um die Uhr pflegten sowie allen Ärzten, Psychologen, Schwestern und Pflegern der HTX-Station, die viel Arbeit mit mir hatten, jedoch nie die Geduld verloren und deren aufopfernde Pflege mich gesunden ließ. Ganz besonderen Dank an die kardiologische Abteilung AKH Celle, unter anderem Herrn Dr. S., der mein Ansprechpartner bei allen auftretenden Problemen war und der meine Idee, dieses Buch zu schreiben, von Anfang an unterstützte, förderte, und uns beratend zur Seite stand.

Ein Danke allein reicht nicht aus für meine Mutter und Ronald. Ihre Liebe, Pflege, Bemühungen, Ansporn, die Tag und Nacht für mich da waren, ermöglichte es mir durchzuhalten, auszuhalten und den schweren Weg mit ihnen gemeinsam zu bewältigen.

Ich liebe Euch, d a n k e!

Claudia Kleineheismann im April 2012

Aus der Sicht von Hedi geschrieben:

Claudias Kindheit

Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek

Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie;

detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar

veröffentlicht im Verlagshaus el Gato

1. Auflage Mai 2010

2.Auflage Juli 2012

Alle Rechte vorbehalten

Nachdruck, auch auszugsweise, verboten.

Kein Teil dieses Werkes darf ohne schriftliche Einwilligung des Verlages in irgendeiner Form (Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren), reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.

Lektorat/Satz Verlagshaus el Gato

Cover: Markus Erkens

2.Auflage

e-ISBN:  978-3-943596-11-3

www.verlagshaus-el-gato.de

1959 - 1963

Mit 15 Jahren lernte ich meinen Mann in Hannover kennen. Er war beim Bundesgrenzschutz beschäftigt, ich hatte gerade die Handelsschule abgeschlossen. 1959 verlobten wir uns, am 26. September 1962 heirateten wir. Im gleichen Jahr beendete mein Mann seine Bundesgrenzschutzzeit und begann bei der Sparkasse Hannover eine dreijährige Lehre. Wir zogen in das Mietshaus meiner Schwiegermutter und richteten uns im Dachgeschoss eine kleine Wohnung ein. Sie bestand aus einem zwanzig Quadratmeter großem Wohnraum sowie einem Bad von zirka vier Quadratmetern Größe. Der Wohnraum bestand quasi aus einer kleinen Kochecke mit zwei Elektroplatten, einem Unterstellschrank für Geschirr, einer ausziehbaren Couch, einem kleinen Tisch, Sessel und Schrank. Mehr Platz war einfach nicht vorhanden. Für uns war es unser neues Zuhause mit einem entscheidenden Vorteil; wir zahlten nur eine geringe Miete. Da mein Mann in der Ausbildung stand, verfügten wir über wenig Geld. Ich arbeitete im Büro und verdiente fünfhundert Mark.

Die geringen finanziellen Mittel hielten uns nicht davon ab, uns eine einwöchige Hochzeitsreise an die Mosel zu leisten. Jung und verliebt, wie wir waren, saßen wir abends oft zusammen, planten unsere Zukunft. Nach Abschluss der Ausbildung meines Mannes wollten wir eine größere Wohnung mieten, ich sollte aufhören zu arbeiten, denn als Bankkaufmann würde mein Mann genügend verdienen. Zwei Kinder sollten unsere Liebe krönen, am besten ein Junge und ein Mädchen. Es kam natürlich ganz anders als geplant.

Bereits zwei Monate nach unserer Hochzeit Ende November eröffnete mir mein Arzt, ich sei schwanger.

Nach dem ersten Schreck überwog die Freude. Kaum konnte ich erwarten, dass mein Mann heimkam. Sofort überfiel ich ihn mit dieser schönen Neuigkeit. Die Begeisterung meines Mannes hielt sich in Grenzen. Er machte sich Sorgen, wie wir das finanziell schaffen sollten. Wir brauchten auf jeden Fall eine größere Wohnung,ich konnte nicht mehr mitarbeiten und das Kind würde eine Menge kosten.

Ich sagte zu ihm: „Schatz, dass Wichtigste ist, wir beide werden ein Baby haben, wir werden es lieben so, wie wir uns lieben, es wird ein wunderschönes Baby sein und du wirst ein wunderbarer Vater werden. Selbst wenn wir uns noch mehr einschränken müssen, so ist es doch nur eine begrenzte Zeit, bis du mit deiner Ausbildung fertig bist. Wir schaffen das schon.“

Mein Mann lächelte, nahm mich in den Arm und antwortete: „Du kleiner Optimist und Träumer, natürlich freue ich mich auf unser Kind, doch einer von uns beiden muss realistisch bleiben.“

Wir luden meine Eltern und meine Schwiegermutter für den kommenden Tag ein. Während des Essens lüfteten wir unser Geheimnis. Sie freuten sich riesig und bekundeten sofort, dass sie uns helfen würden. Gemeinsam überlegten wir: „Wie kriegen wir das in den Griff?

Meine Schwiegermutter schlug vor, den Dachboden weiter auszubauen, sodass eine kleine Küche und ein Schlafraum hinzukämen. Meine Eltern versprachen uns, die Kosten für die Ba-

byerstausstattung, Wiege, Kinderwagen und später für das Kinderbett zu übernehmen.

Ich strahlte meinen Mann an und merkte, wie glücklich er war, dass die größten Probleme gelöst werden konnten. Im April fingen wir an, den Boden auszubauen. Einfach fiel uns das nicht,

denn das gesamte Material musste die vier Etagen des Mietshauses zum Boden hoch getragen werden. Steine, Glaswolle, alles, was man zum Ausbau eben benötigte.

Gute Freunde, über die wir glücklicherweise verfügten, halfen uns. So dauerte es nicht lange, bis wir eine kleine fünf Quadratmeter große Küche ohne Wasseranschluss und ein Schlafzimmer mit vierzehn Quadratmetern bezogen.

Meine Schwangerschaft verlief traumhaft. Mir ging es blendend und ich war glücklich. Ich freute mich riesig auf unser Baby. Während ich mir eine Tochter wünschte, war meinem Mann das Geschlecht unseres Kindes egal.

„Hauptsache gesund!“, sagte er immer. Wir wälzten jede Menge Bücher, um einen schönen Namen für das Baby zu finden und einigten uns schließlich auf Claudia oder Florian. Oft saßen wir abends beisammen und träumten in die Zukunft.

Wir wollten ein Häuschen im Grünen mit einem großen Garten. Liebevoll, nicht zu streng sollte unser Kind erzogen werden. Nach Möglichkeit sollte es Abitur machen, zur Tanzstunde

gehen, eben all die Dinge, die man sich für sein Kind erträumt. Je näher der Zeitpunkt der Geburt rückte, desto aufgeregter wurden wir.

Am 08.Juli1963 morgens um vier Uhr setzten die Wehen ein. Mein Mann fuhr mich in die Klinik. An Männer im Kreißsaal war damals noch lange nicht zu denken. So entband ich nachmittags um 16:35 Uhr ohne die tröstende Anwesenheit meines Mannes, unsere Tochter Claudia, 3150 Gramm schwer, 52cm groß.

Claudia schrie nicht, sie weinte leise, während die Hebamme geschäftig hin und her lief.

Glücklich es geschafft zu haben erwartete ich, dass die Schwester mir mein Baby brachte. Dies geschah jedoch nicht.

Zögerlich fragte ich „Ist alles in Ordnung? Ist Claudia gesund?“

Die Schwester antwortete, ohne mich anzusehen: „Ja, ja, der Arzt kommt gleich.“

Mit diesen Worten beruhigte sie mich etwas. Ich dachte, das muss wohl so sein. Kurze Zeit später kam der Arzt mit Claudia. In ein weißes Tuch eingewickelt wie eine kleine Puppe, legte er sie in meine Arme. Ich schaute glücklich auf meine Tochter, pechschwarze lange Haare, einen leicht bräunlichen Teint und riesige dunkle Augen. Wunderschön sah sie aus. Der Arzt setzte sich zu mir ans Bett und beobachtete mich sorgenvoll.

Noch einmal fragte ich: „Ist sie auch ganz gesund?“

Eigentlich stellte ich eher eine rhetorische Frage. Ich war fest überzeugt, mein Kind konnte nur gesund sein, etwas anderes kam gar nicht infrage.

Er nahm meine Hand und sagte leise: „Nein, sie ist nicht ganz gesund, aber wir bringen das schon wieder in Ordnung.“

Anschließend wickelte er meine Tochter aus dem Tuch und ich sah ihre kleinen Füße. Fassungslos schaute ich darauf. Sie waren verkrüppelt. Die Zehen zogen sich an beiden Beinen hoch bis an die Wade.

Der Arzt erklärte mir, dass diese Fehlstellung, „Klumpfuß“ genannt wurde, jedoch bereits gute Heilungschancen bestünden. In acht Tagen würde sie den ersten Gips bekommen. In ein bis zwei Jahren wäre die Fehlstellung beider Füße, eventuell durch eine zusätzliche Operation, orthopädisch behoben. Sie könne dann durchaus normal laufen. Von all seinen Worten kam kaum etwas bei mir an. Viel zu entsetzt musste ich immer wieder an die Worte meines Mannes: ”Hauptsache gesund” denken.

Schuldig fühlte ich mich.

Schuldig meiner Familie und meinem Mann gegenüber, kein gesundes Kind zur Welt gebracht zu haben. Tausend Gedanken schossen mir durch den Kopf. Ich war enttäuscht von mir, fürchtete mich vor der Reaktion meines Mannes, meiner Eltern und Schwiegermutter. Wie würden sie reagieren?

Wieder im Zimmer grübelte ich vor mich hin und stellte mir die Fragen aller Fragen:

„Warum? Weshalb ich?“

Die Schwangerschaft verlief doch so problemlos. Gerade einundzwanzig Jahre alt war ich, jung, fit, ich rauchte nicht, trank keinen Alkohol und hatte mich gesund ernährt.

WARUM geschah UNS so etwas?

Abends kam mein Mann in die Klinik. Der Arzt hatte bereits mit ihm gesprochen. Liebevoll nahm er mich in den Arm und sprach mir Mut zu. Eine Schwester brachte uns Claudia und wir

bewunderten gemeinsam unser Kind, dem man seine schwere Behinderung auf den ersten Blick nicht ansah.

Am nächsten Morgen brachte die Schwester Claudia zum Stillen. Als ich das kleine Bündel Mensch in meinen Armen hielt, schwor ich mir, alles zu tun, damit sie ohne Hilfe auf ihren zwei Füßen stehen würde. Eine tiefe Liebe zu meiner Tochter erwachte in mir und ist bis heute nicht erloschen.

„Gemeinsam schaffen wir es und ich werde dir immer helfen, wenn du mich brauchst“, flüsterte ich ihr zu. Claudia trank am Morgen nur wenig und schlief

in meinen Armen sofort wieder ein. Mittags und abends bemerkte ich, dass Claudia, im Gegensatz zu den anderen Babys, nur sehr wenig trank und sofort wieder einschlief. Das Wiegen

ergab keine Zunahme. Am Abend kam der Arzt zu mir, den ich sogleich ängstlich fragte, ob bei Claudia alles in Ordnung wäre.

Er antwortete: „Frau Kleineheismann, ich habe Claudia noch einmal gründlich untersucht. Herz und Lungen sind in Ordnung. Jedoch mache ich mir Sorgen, dass sie so wenig trinkt. Aber woran das liegt, das kann ich Ihnen im Moment nicht sagen. Am besten, wir warten noch einen Tag ab.“

Am nächsten Tag wiederholte sich die Prozedur: Die anderen Babys tranken, Claudia schlief erschöpft an meiner Brust ein. Natürlich nahm sie nicht zu. Der Arzt zuckte ratlos die Schultern. Er konnte keine Erkrankung finden.

Daher sagte er zu mir: „Es ist besser, wenn wir Claudia in ein Kinderkrankenhaus verlegen. Dort können die Ärzte eher herausfinden, was mit ihr nicht stimmt.“

Ein letztes Mal durfte ich mein Kind kurz im Arm halten und an mich drücken. Allein der Gedanke, dass sie jetzt fortgebracht würde und ich nicht bei ihr sein konnte, war fürchterlich für mich.

Ich lag weiterhin mit den Müttern im Zimmer, deren Babys viermal am Tag zum Stillen gebracht wurden. Sie tauschten sich über ihre Kinder aus, bestaunten jedes Zucken der Fingerchen und jedes Gramm Zunahme. Mein Kind aber lag in einem anderen Krankenhaus.

So ausgeschlossen zu sein, war für mich die Hölle. Ich drängte den Arzt, mich zu entlassen. Nichts hielt mich, ich wollte nach Hause, um dann sofort in die Kinderklinik gehen zu können.

Am fünften Tag nach der Geburt holte mein Mann mich aus der Klinik ab, ohne Umwege fuhren wir in das Kinderkrankenhaus.

Endlich war ich bei meiner Tochter, doch so fern von ihr. Sie lag hinter einer großen Glasscheibe in einem Einzelzimmer. Über sie spannte sich ein Sauerstoffzelt, das Bettchen in Kopfhöhe extrem hochgestellt. Ein Schlauch klebte an ihrem Näschen. Die Schwester erklärte uns, dass das die notwendige Magensonde wäre. Damit sie sich den Schlauch nicht selbst abreißen konnte, waren die Ärmel des Jäckchens über die Hände gezogen und zugebunden. Voller Schrecken bemerkten wir, dass sie schnell und heftig atmete.

Es tat weh, sie so liegen zu sehen. Wie gerne wäre ich in das Zimmer gegangen, hätte sie aus dem Bettchen genommen, sie gestreichelt und liebkost. Ich fühlte mich hilflos, so ohnmächtig. Wie beneidete ich die Schwester, die im Zimmer bei Claudia war. Sie durfte mein Kind anfassen, durfte bei ihr sein, während ich als Mutter vor dieser dämlichen Scheibe stand.

Es war schmerzlich für mich, nichts für Claudia tun zu können.

Noch ahnte ich damals nicht, dass dies erst der Anfang von vielen noch ähnlich schmerzhaften Situationen werden sollte.

Nach einer Weile kam der Arzt und teilte uns mit, dass Claudia einen angeborenen Herzfehler hätte. Aus diesem Grund musste sie mit Sauerstoff beatmet, sowie im Moment künstlich

ernährt werden. Welche Art von Herzfehler vorläge, könnte er nicht sagen, jedoch sei die Situation ernst. Voller Entsetzen starrte ich den Arzt an.

In meinem Kopf klang noch der Nachhall des Satzes, vom Arzt der Entbindungsstation: „Herz und Lunge sind gesund”.

Gerade hatte ich den ersten Schock verdaut, wusste mittlerweile, dass Klumpfüße heilbar waren. Ein Herzfehler, dagegen, klang bedrohlich. Meine Angst wuchs ins Unermessliche.

„Was kommt nun auf uns zu?“, schoss mir durch den Kopf, „Erwachsene oder alte Leute haben Herzleiden, aber doch nicht mein Baby. Niemand in unseren Familien hatte etwas mit dem Herzen. Was bedeutet das alles für Claudia?“

Es kam noch schlimmer. Der Arzt sagte: „Hier in der Kinderklinik sind wir nicht in der Lage eine genaue Diagnose zu erstellen. Ihre Tochter muss daher in die Uniklinik verlegt werden. Die Untersuchung wird mittels Herzkatheter durchgeführt. Im Moment jedoch ist sie dazu noch zu klein.“

Schweigend mit einer großen Leere im Kopf und erfüllt von tiefer Traurigkeit, fuhren wir heim.

Noch vor wenigen Tagen war die kleine Welt, die wir uns geschaffen hatten, in Ordnung.

Nun stand ich vor der Wiege, die immer noch leer war. Wohl eine Weile leer bleiben würde. Liebevoll hatte ich alles für die Ankunft von Claudia vorbereitet. Jetzt stand ich davor, unaufhörlich liefen meine Tränen. Mein Mann nahm mich in seine Arme und wir schmiegten uns aneinander. Wir redeten über unsere Angst um Claudia, überlegten, was nun werden sollte, wie es weitergehen würde und was wir für Claudia tun könnten. Wir standen an der Wiege und fühlten uns allein.

Meine Eltern waren tief betroffen, als sie hörten, wie krank Claudia war. Ihre Angst lag wie ein grauer Schleier im Raum. Meine Schwiegermutter saß weinend bei mir. Sie hatte sich so auf ihr Enkelkind gefreut. Nun das!

Sie sagte zu mir: „Hedi, es wäre besser, wenn Claudia sterben würde. Das tut zwar weh, aber du kannst noch gesunde Kinder bekommen. Du bist ja noch jung.“

Ich blickte sie erschrocken an. Das kann doch nicht ihr Ernst gewesen sein?

Jedoch las ich in ihren Augen, dass sie sehr wohl wusste, was sie gesagt hatte. Ernst und entschieden erwiderte ich:

„Claudia wird nicht sterben, jetzt nicht und später nicht.“

Lange konnte ich ihr diese Worte nicht verzeihen. Erst später begriff ich, was sie damit sagen wollte. Heute, viele Jahre später, verstehe ich sie besser. Auf ihre Art wollte sie mir sagen, dass ein schwerer Weg vor uns lag. Für uns alle, aber besonders für Claudia.

1963

Nach acht Wochen durften wir endlich Claudia nach Hause holen. Ich empfand ein unbeschreibliches Glücksgefühl. Zum ersten Mal sollte ich mein Baby bei mir haben. Es betreuen, lieben, streicheln dürfen, für es sorgen dürfen. Aufregung und übergroße Freude sorgten dafür, dass ich wie aufgezogen durch die Wohnung lief. Ich starrte ständig auf die Uhr, die einfach nicht vorwärts zu gehen schien. Packte die Tasche aus und wieder ein. Befürchtete, im entscheidenden Moment doch noch etwas zu vergessen.

Eine Stunde vor der verabredeten Zeit hielt ich es nicht mehr aus und fuhr in die Klinik. Diesmal durfte ich sofort in Claudias Krankenzimmer. Endlich konnte ich sie in den Arm nehmen.

Meine Befürchtungen, dass Claudia und ich uns fremd wären, zerstreuten sich in dem Moment, in dem ich Claudia in die Augen blickte. Unbändiges Glück und ein tiefes Gefühl der Liebe zu meinem Kind erfüllten mich. Von einer Sekunde auf die andere waren alle Ängste ausgelöscht.

Claudia war bei mir. Nun konnte uns nichts mehr passieren! Ich legte sie vorsichtig auf den

Wickeltisch, zog sie behutsam an. Während- dessen liefen Tränen über mein Gesicht, Glückstränen. Ich spürte die Wärme ihres kleinen Körpers, schaute in die großen braunen Augen, kämmte zum ersten Mal ihr dichtes schwarzes Haar und flüsterte:

„Nie mehr lasse ich dich los. Du gehörst zu mir und deinem Papa. Du bist ein Teil von uns.“

Der dicke weiße Gips führte von den Zehen bis hoch an den Oberschenkel. Er schien ihr keine Schmerzen zu verursachen. Es war so, als würde ihr der Gips gar nichts ausmachen. Damit konnte ich mich gut abfinden. In ein Buch, welches ich mir extra besorgt hatte, schrieb ich die Anweisungen des Arztes. Es war unmöglich alles zu behalten. Claudia durfte sich auf keinen Fall anstrengen oder aufregen. Wenn sie weinte, sollte ich sie sofort hochnehmen und beruhigen. Nach Möglichkeit nie allein oder unbeobachtet lassen. Sie bekam Medikamente, die ich ihr nach einem genauen Plan geben musste. Da sie zu schwach für größere Trinkmengen war, sollte ich ihr alle drei Stunden das Fläschchen geben.

Tag und Nacht!

Vor allem mussten wir aufpassen, dass Claudia sich nicht erkältete, da sie sonst eine Bronchitis oder Lungenentzündung bekommen könnte. Mit dem Herzfehler würde das ihren Tod bedeuten.

Jeden Montag sollte ich in die orthopädische Klinik, zum neu Eingipsen der Füße fahren.

Zu Hause wurden wir bereits sehnsüchtig erwartet. Mein Mann, meine Schwiegermutter und natürlich meine Eltern, wollten endlich Claudia kennenlernen. Jeder wollte sie einmal

auf den Arm nehmen und streicheln. Claudia schaute uns mit großen Augen an, lächelte zufrieden, um kurz darauf einzuschlafen.

In den nächsten Tagen geriet ich ständig mit meiner Hausarbeit in Verzug. Alle Augenblicke rannte ich zur Wiege, sah nach, ob alles in Ordnung sei. Manches Mal setzte ich mich neben ihr Bett, nur um Claudia anzuschauen. Sie war ein ruhiges Baby, nuckelte pro Mahlzeit zwanzig bis vierzig Gramm Milch, dann war ihre Kraft erschöpft und sie schlief sofort wieder ein.

Mit allen möglichen Tricks versuchte ich sie etwas länger wach zu halten, leider selten mit Erfolg. Glücklich war ich, wenn sie mal etwas mehr als vierzig Gramm Milch trank. Sie weinte

nicht, schrie schon gar nicht, sondern lag friedlich in ihrer Wiege. Wenn sie Hunger hatte, machte sie sich nicht bemerkbar. Nachts musste ich mir sogar den Wecker stellen, damit

sie regelmäßig ihr Fläschchen bekam. Sonst schlief sie einfach bis zum Morgen weiter.

Jeden Montag machten wir zwei uns auf den Weg in die orthopädische Klinik Hannover. Da ich keinen Führerschein besaß, und mein Mann

verständlicherweise nicht jeden Montag frei nehmen konnte, mussten wir die lange Fahrt mit der Straßenbahn antreten.

In der Klinik traf ich zum ersten Mal mit Müttern zusammen, die ebenfalls ein behindertes Kind hatten. Wir unterhielten uns und ich erfuhr, wieviel Leid diese Familien durchleben mussten.

Der Schmerz und die Hoffnungslosigkeit einiger Eltern berührten mich tief. Mit jedem Gespräch, mit jeder Lebensgeschichte wurde ich dankbarer dafür, dass Claudia „bloß” Klumpfüßchen und „bloß“ einen Herzfehler hatte. Die Wartezeiten zogen sich jedes Mal elendig in die Länge.

Als ich dann endlich mit dem Orthopäden reden konnte, sagte er: „So leicht und reibungslos, wie Sie sich das vorstellen, wird es bei Claudia mit Sicherheit nicht abgehen. Bedingt durch den Herzfehler, kann ich Ihnen im Moment noch nicht sagen, ob wir die notwendigen Operationen durchführen können. Mit Bestimmtheit wird alles länger dauern, als bei Kindern ohne Herzfehler. Auf jeden Fall müssen die Füße durch den Gips langsam in eine normale Stellung gebracht werden. Anschießend werden an beiden Füßen die zu kurzen Achillessehnen durch eine Operation verlängert und gestreckt. Sehr viel später müssten eventuell die Fußgelenke durch eine weitere Operation versteift werden.“

Ich nahm diese Diagnose erst mal hin. Schrittweise begann ich zu lernen, mich nicht mehr so schnell verrückt zu machen, meine Ungeduld zu zähmen. Ich tat gut daran, dies zu üben. Claudia weinte, als man den Gips an ihren Beinen aufschnitt. Obwohl dies sehr vorsichtig geschah, war es nicht zu vermeiden, dass Schrammen und Kratzer ihre Haut verletzten.

Die Ärzte untersuchten, röntgen und gipsten die Beine neu ein. Mit dem noch feuchten Gips fuhren wir nach Hause.

Das wiederholte sich, wie gesagt, jeden Montag.

Es wurde Herbst. Claudia war jetzt zwölf Wochen alt und davon gerade mal vier Wochen, zu Hause. An einem grauen, nasskalten Montag passierte es!

Obwohl ich sie für die Fahrt zum Orthopäden warm anzog, hatte sie abends hohes Fieber. Eilig rief ich in der Kinderklinik an und schilderte den Sachverhalt. Man riet mir, sie sofort in die Klinik zu bringen. Eine Bronchitis hatte bei ihr zugeschlagen. Am nächsten Tag stieg das Fieber noch weiter an. Wieder stand ich vor der dussligen Scheibe und beobachtete Claudia. Es war schrecklich, sie so einsam und hilflos da liegen zu sehen. Gott sei Dank brauchte ich mich nicht an die Besuchszeiten halten. Jederzeit durfte ich kommen und gehen.

Trotz Scheibe verbrachte ich jeden Tag in der Klinik. Konnte ich ihr doch wenigstens auf diese Art nahe sein. Ihr Zustand verschlechterte sich zusehends, Ärzte und Schwestern waren sehr besorgt und ständig um sie bemüht.

Die Bronchitis entwickelte sich zur Lungenentzündung.

Ein zweites Mal in ihrem so kurzen Leben lag sie unter dem Sauerstoffzelt. Sie sah so winzig in dem großen Bett aus. Ihre Atmung ging flach und hastig, das kleine Gesichtchen vom Fieber stark gerötet. Der Schlauch für die künstliche Ernährung führte von der Nase zum Tropf mit der lebensrettenden Flüssigkeit. Sie weinte leise vor sich hin, am liebsten wäre ich in das Zimmer gestürmt, hätte sie auf den Arm genommen und getröstet.

Woche um Woche vergingen, ehe es langsam mit ihr bergauf ging. Insgesamt zehn Wochen lag sie bereits in der Klinik. Weihnachten nahte und mit der Zeit gab ich die Hoffnung auf, dass wir das erste Weihnachtsfest mit ihr gemeinsam feiern könnten. Unsere Wohnstube schmückte ein kleiner Tannenbaum, bunte Spielsachen für Claudia stapelten sich in der Ecke. Die Wiege tauschten wir gegen ein richtiges Bett.

Nur die Hauptperson, Claudia, befand sich noch immer in der Klinik. Der erlösende Anruf kam zwei Tage vor Heiligabend. Endlich durfte ich sie heimholen.

Mein Gott, was freute ich mich!

Ich ließ alles stehen und liegen. Die Hausarbeiten konnten warten, mein Kind nicht! Sie war noch sehr schwach und schlief auf dem Heimweg in meinen Armen immer wieder ein. Zu Hause angekommen legte ich sie in das neue Bett und streichelte sanft ihr Gesicht. Da öffnete sie ihre Augen, schaute mich an und lächelte.

Mir kam es in diesem Moment so vor, als wenn sie wüsste, dass sie wieder daheim war.

An jenem Tag kam ich mal wieder zu gar nichts. Mir war nur wichtig bei Claudia zu sein, alles andere hatte an Wertigkeit verloren. Am Heiligenabend kamen meine Eltern und meine

Schwiegermutter zu uns. Alles drehte sich um Claudia und ich spürte eine tiefe Dankbarkeit in mir, dass es ihr besser ging. Sie war bei uns und alle Ängste waren vergessen. Die strahlen

den Augen meiner Tochter waren unser schönstes Weihnachtsgeschenk.

1964

Trotz aller Vorsichtsmaßnahmen bekam Claudia Ende Januar 1964 eine zweite Bronchitis.

Bis Anfang März lag sie ein weiteres Mal in der Kinderklinik. Als wir sie abholten, sagte uns der behandelnde Arzt, dass nun die Zeit gekommen wäre, mit Claudia nach Göttingen zum Herzspezialisten zu fahren. Nur dort sei eine genaue Diagnose möglich.

Anfang April fuhren wir. Auf der Fahrt dorthin sprachen wir kaum miteinander. Die Angst fuhr mit, jeder hing seinen eigenen Gedanken nach.

„Wie krank wird Claudia wirklich sein?“

„Kann man ihr helfen?“

Ich redete mir selbst Mut zu:

„Bestimmt finden sie nichts Schlimmes. Notfalls kann man sie operieren und danach ist alles wieder gut.“

Mein nie versiegender Optimismus gewann von neuem Oberhand.

Claudia lag schlafend auf der Rückbank im Auto. Wenn ich sie mir so anschaute, sah sie eigentlich überhaupt nicht kränklich aus. Sicher sie war zart, schlief viel, war nicht so lebhaft wie

andere Kinder, eher still und immer zufrieden, aber richtig krank? Nein! Krank sah sie einfach nicht aus.

Uns empfing die nette Sekretärin des Professors. Vor dem Gespräch mit ihm mussten die notwendigen Routineuntersuchungen wie Röntgen, EKG, Blutabnahme vorgenommen werden.

Die Untersuchungen brachten natürlich gewisse Wartezeiten mit sich. In dieser Zeit lernte ich viele Eltern und deren herzkranke Kinder kennen. Ich sah Kinder mit bläulichen Lippen, bläulichen Fingernägeln und Kinder, die unter Atembeschwerden litten. In den Gesprächen mit den Müttern erfuhr ich erstmals von der Vielfalt an Herzkrankheiten. Erschreckt vernahm ich, dass man vielen Kindern nicht helfen konnte. Damals war die Medizin einfach noch nicht soweit. Herztransplantationen undenkbar.

Die Mediziner waren 1964 gerade in der Lage, ein Loch in der Herzscheidewand operativ zu schließen. Nach der ersten Analyse erwartete uns Professor B.

Vom ersten Augenblick fasste ich Vertrauen in den Mediziner. Ein ruhiger, überaus freundlicher und menschlicher Arzt, den ich alles fragen konnte. Nie wurde er ungeduldig, gleichgültig, wie sehr ich ihn mit Fragen überschüttete. Niemals blickte er auf die Uhr, auch wenn wir lang und ausführlich mit ihm sprachen. Sachlich und mitfühlend ging er auf uns Eltern ein. Claudia untersuchte er mit einer Behutsamkeit und Wärme, die mein Vertrauen in ihn bestärkten. Mit gutem Gewissen konnten wir Claudia hier lassen. Wir spürten, dass in dieser Klinik alles getan werden würde, um unserem Kind und damit auch uns, zu helfen.

Sooft wir in Göttingen waren, dieses Vertrauen verließ uns nie. Jenes Grundvertrauen machte es uns etwas leichter Claudia in der Klinik zurückzulassen.

Acht Tage später fuhren wir nach Göttingen, um Claudia abzuholen. Die Stunde der Wahrheit nahte. Noch immer hoffte ich, dass eine Operation mein Kind gesunden ließ. Die kurzen Gedanken, dass man ihr vielleicht nicht helfen könne, wollte ich gar nicht erst zulassen.

Schnurstracks gingen wir zuerst zu Claudia. Als sie uns sah, strahlte ihr Gesicht und sie streckte mir ihre Ärmchen entgegen.

„Nein, es konnte nicht so schlimm sein“, sagte ich mir, „sie wird gesund.“

Die Schwester erzählte uns, wie lieb und geduldig Claudia doch wäre. Sämtliche Schwestern hätten sich bereits in sie verliebt.

Professor B. begrüßte uns in seiner unnachahmlich herzlichen Art mit einem freundlichen Lächeln und einem festen Händedruck. Nachdem wir Platz genommen hatten, wurde sein Gesicht ernst und mich beschlich ein ungutes Gefühl.

Er sagte uns: „Es tut mir sehr leid. Aber zurzeit gibt es keine Möglichkeit Claudia zu helfen. Noch nie konnte ein Spezialist diesen Herzfehler operativ behandeln. Nicht einmal in den USA, wo die Forschung schon viel weiter vorangeschritten ist. Ihre Tochter hat einen Herzfehler mit der medizinischen Bezeichnung:

Truncus arteriosus communis Typ I.

Mein Gesicht war ein einziges Fragezeichen, daher erklärte er: „Dies ist ein Herzfehler, der beide Geschlechter gleichermaßen betrifft. Insgesamt kommt er aber in weniger als einem Prozent aller angeborenen Herzfehler vor. Er entsteht aufgrund einer fehlenden Trennung zwischen der Hauptschlagader des Körperkreislaufes und der Lungenschlagader. Die Kinder werden bereits in den ersten Lebenswochen bis Monaten aufällig mit Luftnot, besonders schon bei leichten Belastungen.

Das Herz besteht aus vier Herzkammern, die durch Herzscheidewände und Herzklappen getrennt sind. Bei ihrer Tochter Claudia fehlt diese Trennung zwischen den beiden Hauptschlagadern und sie hat einen hoch sitzenden Scheidewanddefekt, somit funktionell praktisch nur drei Herzkammern. Wir können zwar jetzt schon ein Loch in der Herzwand operativ verschließen, aber diesen komplexen Herzfehler zu korrigieren, dazu sind wir derzeit in der Medizin noch nicht in der Lage. Ich muss Ihnen sagen, dass wir leider nichts für Ihre Tochter tun

können. Gar nichts!“

Meine Gedanken überschlugen sich, dennoch saß ich wie gelähmt. Hilflos blickte ich abwechselnd meinen Mann und den Professor an.

Ich dachte immer nur: „Das ist nicht wahr! Das kann nicht sein! Ich will nicht, dass es so ist!“ Mir liefen die Tränen über das Gesicht, aber ich bemerkte es kaum.

Mühsam um Fassung ringend fragte ich: „Besteht in einigen Jahren die Möglichkeit auf Heilung?“

Der Professor blickte uns an und sagte: „Die Herzchirurgie ist in ständiger Weiterentwicklung begriffen. Besonders in Amerika wurden bereits große Fortschritte erzielt. Wir müssen halt noch etwas abwarten.“

Diese Worte ließen den ersten Schock gerade etwas verklingen.

Ich dachte mir: „Gut, dann warten wir eben, bis die Chirurgie so weit ist“, und hörte mich fragen:

„Wie geht es nun mit Claudia weiter? Gibt es vergleichbare Fälle?“

Was dann folgte, ließ mich regelrecht erstarren.

Der Professor nahm meine Hand und sagte: „Claudia wird nicht alt werden, nicht älter als zwei oder drei Jahre. Der Fortschritt der Medizin wird für sie zu spät kommen.“

Schmerz!

Hilflosigkeit!

Nichtbegreifen!

„N E I N! Das darf nicht passieren. Nicht so schnell schon.“

Die nächsten Minuten verliefen wie in Trance. Keine Ahnung, wie ich aus dem Büro des Professors kam. Sollte Claudia nie eine Zuckertüte im Arm halten? Sollten wir nie erleben, wie sie ihre erste schüchterne Liebe erlebt? Sollte mein Mann sie nie zum Traualter führen?