cover.jpg

img1.jpg

 

Nr. 97

– Im Auftrag der Menschheit Band 94 –

 

Das Raumzeit-Labyrinth

 

Ein neuer Gegner erscheint – mitten im Chaos des Psi-Orkans

 

von Hans Kneifel

 

img2.jpg

 

Die Ereignisse des Jahres 2842, die in den weltenzerstörerischen Aktivitäten des Redbone- und des Suddenly-Effekts gipfeln – und in der Entführung Lordadmiral Atlans, des Chefs der USO –, haben, wie bereits ermittelt wurde, ihren Ursprung in der fernen Vergangenheit.

Die Verantwortlichen der USO, der galaktischen Feuerwehr, sind darüber informiert, dass eine bislang unbekannte verbrecherische Organisation mit Hilfe altlemurischer Unterlagen Psi-Materie zu gewinnen sucht, mittels derer sich die geistige Unterjochung ganzer Planetenbevölkerungen bewerkstelligen lässt.

Das eigentliche Ziel der Verbrecher bleibt noch im dunkeln, ebenso der Ort, von dem aus sie ihre galaxisweiten Aktionen unternehmen.

Für Atlan jedoch, der sich auf Tolvtamur befindet, einem an der galaktischen Westside gelegenen Planeten, ist die Sachlage bereits klar.

Doch er allein kann die Situation nicht meistern. Wenn er überleben will, muss er den Planeten schleunigst verlassen. Das Wüten des Psi-Orkans auf Tolvtamur wird immer stärker, und ein weiteres tödliches Phänomen droht: DAS RAUMZEIT-LABYRINTH ...

Die Hauptpersonen des Romans

 

 

Atlan – Der Lordadmiral gerät in das Raumzeit-Labyrinth.

Styne – Ein Mann, der Kaffee spendiert.

Der »Graue« – Ein Wesen, das nicht oft genug getötet werden kann.

Ottac – Der Sternentramp erscheint als Retter.

1.

 

Heute, in den ersten Morgenstunden des dritten April, schien die Psi-Hölle auf dem Planeten Tolvtamur wieder einem der Höhepunkte entgegenzustreben, die Atlan kannte und fürchtete.

»Sie alle spielen total verrückt!«, bemerkte er leise.

Die Gruppen der Tefroder und der Terraner waren dezimiert worden. Einige von ihnen schienen spurlos verschwunden zu sein, andere hatten sich irgendwo in den Schatten verdrückt und schliefen noch. Aber zwischen dem Schiff, den ramponierten Gebäuden der Station und dem Rand des verbrannten Dschungels tobten die Männer ebenso wie der Sturm, in denselben Höhepunkten und Pausen. Nur Atlan hatte bisher von den Auswirkungen des psionischen Orkans nichts gemerkt.

»Die Pause ist vorbei, das Ganze strebt einem Höhepunkt zu!«, sagte er laut.

Richtig. Du musst versuchen, trotz des Wirrwarrs den Stationssender zu finden!, sagte eindringlich der Extrasinn.

»Das weiß ich selbst!«

Nur langsam hatte der Arkonide die kolossale Erschöpfung der letzten Tage überwunden. Zunächst hatte er systematisch nach Vorräten und Nahrungsmitteln gesucht. Ein Bad, neue Kleidung, die er überraschenderweise sehr schnell gefunden hatte, Essen und ein tiefer Schlaf, dazu die wohltuenden Schwingungen des Zellaktivators – Atlan fühlte sich inzwischen wieder wohl. Aber nur körperlich. Nuramy von Potrinet war von dem Grauen, dem »neuen Faktor I« getötet worden. Atlan würde lange brauchen, um dieses bezaubernde Mädchen zu vergessen.

Du wirst es nicht vergessen können!, sagte der Logiksektor.

Richtig! Sein photographisches Gedächtnis würde auch dies verhindern. Aber nach einer gewissen Zeit wurde dieses Erlebnis – wie viele andere in den vergangenen Jahrtausenden – von neuen, stärkeren Eindrücken überlagert und würde nur dann wieder präsent, wenn es einen Auslöser dafür gab.

Atlan drehte sich langsam um.

Er befand sich in einem Raum, der offensichtlich das Apartment von Ca Mingor darstellte, sofern sich der Anführer der ANVOY-Gruppe nicht innerhalb des Schiffes aufhielt. Eines der großen Fenster ging hinaus in die Richtung des Dschungels, der bereits die Spuren des ungeheuren Ringbrandes verwischt hatte, das andere ließ einen Rundblick über den kleinen Raumhafen zu und auf die ANVOY. Atlan hatte den Hypersender dort inspiziert: Das Gerät war erstens klein und leistungsschwach und zweitens in einem miserablen technischen Zustand. Noch hatte er genügend Zeit, den anderen Sender zu suchen. Bestimmte Hinweise in diesen Räumen, Bänder und Programmierkarten, eine Frequenzliste beispielsweise deuteten darauf hin, dass es hier auf Tolvtamur noch einen zweiten, offensichtlich stärkeren Sender geben musste.

Allerdings war es auch dann, wenn er den Sender gefunden hatte, noch fraglich, ob ein USO-Schiff seinen Notruf hörte.

Atlan war unentschlossen.

Irgendwie spürte er, dass sich große Dinge ankündigten.

Das war keine Hypothese des Logiksektors, sondern eine Art Instinkt. Außerdem wiesen eine Menge vordergründiger Überlegungen darauf hin. Der Graue, der Nuramy getötet hatte und der von Atlan getötet worden war, musste etwas Besonderes vorgehabt haben. Schließlich würde er mit seinen Männern nicht einfach hier gewartet und die Psi-Materie der hundertfünfzig Kilometer entfernten Kuppel bewacht haben.

Vermutlich hatte der Grauhäutige etwas oder jemanden erwartet ...

»Ich muss versuchen, diese Materie irgendwie verschwinden zu lassen oder zu zerstören!«, sagte sich der Arkonide.

Aber zuerst musste er den Sender suchen und finden!

Du solltest schnell suchen!, sagte der Extrasinn. Der Sturm scheint wieder an Heftigkeit zuzunehmen!

Die Station war an einigen Stellen zerstört.

Zwei Brände waren ausgebrochen, als die halbverrückten Männer nach Essen oder anderen Dingen gesucht hatten. Roboter hatten nach kurzer Zeit die Brände gelöscht. Das Dach eines kleineren Gebäudes hing schief, und als Atlan abermals hinausblickte, konnte er keine Sendeantenne erblicken.

Er schnippte mit den Fingern.

»Irgendwo muss sie sich befinden! Vielleicht ist sie von den Rasenden umgeworfen oder umgekippt worden!«

Das ist sehr wahrscheinlich!, meinte der Logiksektor.

Es war nicht nur die Erwartung eines zweiten Schiffes zum Beispiel, oder eines anderen Besuchers. Es war mehr. Es lag etwas in der ganzen Natur des Planeten. Es hatte zweifellos etwas mit der ausströmenden Psi-Energie zu tun. Wachsamkeit und Misstrauen erfüllten Atlan, als er diese Überlegung zu Ende gedacht hatte. Außerdem war da dieser kegelförmige Behälter, der auf den Planeten zutrieb.

Wo war er?

Welchen realen Abstand von der Energiekuppel hatte dieses Objekt jetzt?

Wurde es vom Schwerefeld Tolvtamurs eingefangen oder nicht? Trieb es weiter auf die Sonne zu?

Oder stürzte es womöglich wie ein verglühender Meteor durch die Lufthülle ab? Vielleicht sogar über jener Hemisphäre, auf der sich die Kuppel mit den brechenden Energieschirmen befand?

Eine Handvoll Möglichkeiten und Fragen. Was immer passierte, Atlans Verstand würde nicht gefährdet sein. Er war mentalstabilisiert.

Das ist richtig. Aber diese Energie hat noch mehr immanente Möglichkeiten, flüsterte warnend der Extrasinn.

Atlan zuckte zusammen – an diesen Umstand hatte er nicht gedacht.

»Ich bin bereit!«, sagte er.

Die schwere Hochenergiewaffe steckte bereits im Futteral an seinem Gürtel. Er hatte vor Stunden in einem Fach einen Paralysator mit mittlerer Leistung gefunden und schob die kurzläufige Waffe, nachdem er sie durchgesehen hatte, in den Gürtel. Dann verließ er nach einem letzten Blick auf die Masse der Pseudo-Wahnsinnigen den Raum.

Sorgfältig achtete er darauf, dass das Impulsschloss einrastete; den kleinen Schlüssel steckte er in die Brusttasche des goldgelben Hemdes, das vermutlich auch Ca Mingor gehört hatte. Schließlich würde er diesen Raum unter Umständen noch einmal brauchen können. Er stieß auf die erste Gruppe der irren Männer, als er die Treppe hinunter rannte.

Einer von ihnen hielt ein schweres Vibromesser in beiden Händen. Die Maschine der Ultraschallwaffe summte leise, als sich die Klinge in langen, unregelmäßigen Schnitten in die Mauer aus Sandwich-Stahlplastik fraß. Bei jedem Schnitt stieß der unrasierte, ausgemergelt aussehende Terraner einen Laut aus, der eine Mischung zwischen Wimmern, Stöhnen und einem mühsam unterdrückten Kreischen war. Vielleicht fühlte er sich von den Dämonen in seinem Verstand verfolgt und bahnte sich hier einen Weg ins Freie. Es war die dritte Wohnebene, und der verbrannte Streifen Dschungel mit seiner weißen Aschenschicht, durch die sich bereits wieder junge Triebe schoben, lag mindestens zwölf Meter unterhalb des kleinen Loches.

Atlan sprang geduckt über den Mann hinweg, der sich umdrehte und ihm mit einem ausdruckslosen Gesicht nachstarrte. Die anderen Männer, zwei Tefroder waren unter ihnen, saßen auf den Treppenstufen und versuchten, Konserven und Rationswürfel zu öffnen. Eine Flasche lag neben ihnen und lief langsam aus.

»Verdammt!«, sagte Atlan und zögerte etwas.

Was sollte er tun? Er konnte sich nicht um jeden Mann hier kümmern, der im Begriff war, etwas Unsinniges zu tun. Die USO-Schiffe würden dies viel schneller und besser können.

Weiter! Suche den Sender! Ich spüre es, dass etwas in ganz kurzer Zeit geschehen wird!, warnte der Extrasinn.

»Schon gut!«, murmelte Atlan und hastete weiter, die Treppen abwärts. Er stürzte auf den Steg hinaus und atmete tief durch, als er die frische Luft spürte. Noch immer war Rauchgeruch in der Luft, und aus dem durchdringend blauen Himmel regneten lautlos Ascheflocken. An die höhere Oberflächenschwerebeschleunigung hatte sich der Arkonide inzwischen gewöhnt.

»Wo ist der Sender?«, fragte er sich und ging langsam auf dem Steg nach links weiter. Er befand sich nicht in dem Gebäude, das er eben verlassen hatte – hier hatte der Arkonide jeden, auch den kleinsten Raum genau durchsucht. Zwei andere Gebäude standen noch zur Auswahl – das beschädigte kleine Bauwerk, das mehr wie ein Magazin aussah, und in dem die Brände ausgebrochen waren, und das andere mit dem Dach, das durch eine Detonation halb aus dem röhrenförmigen Gebäude herausgeschleudert worden war.

»Welche Richtung?«, fragte sich der Arkonide.

Dort drüben stand die ANVOY. Er konnte immer noch versuchen, mit einem Beiboot zu fliehen, falls, die verborgenen Ereignisse stattfanden, die sich im Unsichtbaren zusammenballten. Was immer sie sein würden! Atlan wurde, als er sich aus Gründen der Wahrscheinlichkeit nach dem magazinähnlichen Bauwerk wandte, das Gefühl einer drohenden Gefahr nicht los. Aber er wusste nicht, nicht im entferntesten, was es sein konnte. Eine Ahnung flüsterte ihm zu, dass es wahrscheinlich etwas mit der psionischen Energie zu tun haben würde.

Gib acht, dass du nicht überrascht wirst!, warnte der Logiksektor.

Es war fast zu viel, dachte er, als er sich über die schützenden Stege fortbewegte, unter denen bereits die Vegetation wucherte. Die Roboter waren teilweise ausgefallen; vermutlich hatten die herumtorkelnden Männer sie ausgeschaltet oder fehlprogrammiert, ohne es selbst zu wissen. In Monaten würde selbst der Rumpf der ANVOY bewachsen sein, würde der Beton des Platzes in einer Vielzahl von Sprüngen durch unterirdisch kriechende Wurzeln zerbrechen.

Atlan rannte auf das Gebäude zu, dessen Dach in gefährlichem labilen Gleichgewicht über der Ascheschicht hing. Er erreichte den Eingang. Das Schott stand weit offen; ein widerlicher Geruch nach verdorbenen Nahrungsmitteln schlug ihm entgegen.

»Pfui!«, sagte er, suchte einen Kontakt und fand den Schalter, der das Licht aufflammen ließ.

Atlans Magen begann zu revoltieren, als er die Lebensmittel sah, die von den Hungernden aus den Tiefkühlfächern gerissen und über den Boden verstreut worden waren. Sie waren verrottet und stanken erbärmlich. Im Licht der durchgehenden, leuchtenden Decke sah sich Atlan um und hielt sich die Nase zu.

Atlan hastete einen breiten Korridor entlang, der nach zwanzig Schritten endete. Zwei weitere Türen standen weit offen. Man sah deutlich, dass sie breit und hoch genug waren, um Lastentransporte durchlassen zu können. Auch der nächste Raum war ein Magazin, aber diesmal eines ohne Kühleinrichtungen. Hier war das Chaos noch größer.

»Und hier auch nicht!«, sagte sich Atlan und sah sich im gegenüberliegenden Raum um. Es war ein Lager für alle möglichen Ausrüstungsgegenstände. Auch hier versteckte sich, sah der Arkonide Minuten später ein, kein Hypersender. Er lief zurück und setzte den ersten Fuß auf die unterste Stufe einer Treppe, die nach oben führte – als er das Geräusch hörte.

Hinaus! Bring dich in Sicherheit!, schrie der Extrasinn alarmiert.

Es knisterte rund um ihn. Atlan wirbelte herum und rannte in die Richtung auf den Eingang zurück. Plötzlich fühlte er eine Woge der Aufregung auf sich zufluten; eine Ahnung kommender Panik. Das Knistern hielt an und wurde lauter, als er durch den offenen Ausgang sprang und auf dem schmutzigen, aschebedeckten Steg stehenblieb.

»Was, zum Satan ...«, begann er.

Die Kette der Rückschläge und Aufregungen, des Zorns und der Enttäuschungen riss nicht ab. Das Knistern schien keine Quelle zu haben, aber es erfüllte die Luft ringsum. Weder am Himmel noch in der nächsten Umgebung sah der Arkonide etwas, das auf die Quelle dieses seltsamen Geräusches schließen lassen konnte.

Mit größter Wahrscheinlichkeit die Psi-Materie!, flüsterte der Extrasinn.

»Aber wie? Warum?«, stöhnte Atlan.

Er blickte sich um wie ein gehetztes Tier. Nichts! Das Geräusch, das ihn alarmiert hatte, wurde langsam leiser und weniger störend. Die Schlafenden waren aufgewacht und stierten mit leeren Augen um sich. Schweigen breitete sich aus.

Atlan wusste nicht, was er tun sollte. Wie konnte er reagieren?

Warte!

Atlan nickte; etwas anderes als der Vorschlag des Logiksektors blieb ihm auch nicht zu tun übrig. Er ging langsam, sich nach allen Seiten wachsam umdrehend, nach vorn, und blieb am Ende des Steges stehen. Unter ihm, nur zwei Meter, lag der Beton des Raumhafens. Die Morgensonne glänzte auf der Hülle der ANVOY, wo sich der schwache Sender verbarg. Die Schatten der Tefroder und Terraner bewegten sich augenblicklich nicht.

Auch die Männer, die unter dem Würgegriff der Psi-Materie keuchten, schienen dumpf zu merken, dass sich etwas Außergewöhnliches anbahnte. Sie standen still da und blickten noch verwirrter als bisher um sich.

»Ich möchte wissen, warum es so viele Tefroder sind«, sagte sich Atlan und legte seine Hand auf den Griff der Waffe. Die Berührung beruhigte ihn nicht, und er dachte an den kegelförmigen Behälter, den er beinahe hätte vernichten können. Wieder einmal sehnte er sich nach einem Menschen, mit dem er reden konnte ... aber Nuramy von Potrinet war tot.

Dann ...

Ein Ton hallte über das Land wie ein Donnerschlag.

Der Ton klang wie eine riesige Orgel, auf der man alle Register gezogen und gleichzeitig sämtliche Tasten gedrückt hatte. Der Boden bebte leicht, und hinter Atlan krachten Mauerbrocken und Glasscheiben zu Boden. Er blieb stehen; kalte Furcht ergriff ihn.

Der lang hallende Ton dröhnte mindestens dreißig Sekunden lang über diesen Teil des Planeten.

Hatte er tatsächlich etwas mit der Psi-Materie zu tun?

»Ich weiß es nicht!«, stöhnte Atlan auf.

Vielleicht war es tatsächlich so, dass sich die Hyperenergien der beiden Psi-Mengen gegenseitig beeinflussten und eine kritische Masse bildeten. In diesem Fall konnte alles geschehen! Alles – sogar der Planet konnte zerstört werden. Atlan beschloss, noch zu warten; notfalls würde er sich der technischen Hilfsmittel der ANVOY bedienen. Er hatte nicht vor, auf diesem Planeten zu sterben. Als der Orgelton abriss, erschütterte ein scharfer, peitschender Knall die Luft. Und dann sah Atlan, dessen Augen sich vor Verblüffung und Entsetzen weiteten, dass das Unheil begonnen hatte.

»Nein! Nicht auch noch das!«, sagte er fassungslos. Er begann zu taumeln, als der Steg unter ihn zu schwanken begann.

Schweigend erfasste er das Bild voller Gefahren, das sich wie ein phantastisches Panorama vor ihm ausbreitete.

Atlan sah Tag und Nacht gleichzeitig ...

Eine Linie zerschnitt den kreisrunden sichtbaren Platz des Raumhafens in nahezu zwei gleichgroße Teile. Links von Atlan herrschten Sonnenlicht, Schatten, einige fahle Farben. Das Bild war so, wie er es seit Tagen gewohnt war. Menschen und Tefroder flohen jetzt vor der schwarzen Linie nach links. Sie schrien und rannten voller panischer Furcht davon, obwohl sie nicht wirklich begriffen, was sie sahen. Der Raumhafen wurde schräg vor Atlan geteilt; rechts von ihm – das andere Gebäude war bereits in diese Zone mit einbezogen – verlief die Nachtgrenze.

Eine Art Mauer aus Dunkelheit wuchs kerzengerade in die Höhe. Es gab keine Dämmerung zwischen den Zonen. Einfach wie der absolut senkrechte Absturz eines Gletschers, wie eine riesige Wand, die bis hinauf zu den Sternen reichte, denn der Arkonide sah tatsächlich einige Lichtpunkte durch die Finsternis schimmern. Er brauchte einige Sekunden, um diesen ersten Eindruck zu akzeptieren, um ihn voll aufnehmen und verstehen zu können. Links Tag, rechts Nacht, und es gab Schatten, ohne dass er eine Sonne erkennen konnte – abgesehen von den kleinen Sternen in der Nachtzone. Wie auf Kommando hatten auch die Flüchtenden zu kreischen und zu toben aufgehört.

Atlan machte unsicher einen Schritt nach vorn.

»Das ist eine Verschiebung von zwei Zeitebenen!«, sagte er laut. Seine Stimme erschien ihm angesichts des gewaltigen Schweigens wie ein Flüstern. Hatte er Angst? Fürchtete er sich? Jedenfalls war er nicht gelähmt. Die Dinge zwangen ihn abermals zu Reaktionen, die die eines Passiven waren, aber er konnte in bescheidenem Maß handeln.

Die Kuppel war rund hundertfünfzig Kilometer weit entfernt; er konnte sie natürlich nicht sehen, außerdem stand zwischen ihm und dem Teil des Geländes, von dem aus er zu seinem Wahnsinnsmarsch gestartet war, die Front der drei Stationsgebäude.

Atlan wusste mit der Erfahrung eines misstrauischen »Unsterblichen«, dass dies erst der Auftakt zu etwas Größerem, Geheimnisvollerem war. Er holte tief Luft und versuchte, sich auf eine Kette von Geschehnissen vorzubereiten. Waren sie real?

Sie werden real sein, aber nur von zeitlich begrenzter Dauer!, stimmte der Logiksektor zu.

Wenn sie real waren, dann konnten sie auch gefährlich werden.

Nimm dich in acht! Versuche, die Gefahren rechtzeitig zu erkennen!,