cover.jpg

img1.jpg

 

Nr. 245

– ATLAN exklusiv Band 106 –

 

Mutantenhölle Saruhl

 

Sie rebellieren gegen das Energiekommando – mitten im Dschungel der Mutationen

 

von Peter Terrid

 

img2.jpg

 

Das Große Imperium der Arkoniden kämpft um seine nackte Existenz, denn es muss sich sowohl äußerer als auch innerer Feinde erwehren. Die äußeren Feinde sind die Maahks, deren Raumflotten den Streitkräften des Imperiums schwer zu schaffen machen. Die inneren Feinde Arkons sind die Herrschenden selbst, deren Habgier und Korruption praktisch keine Grenzen kennen. Gegen diese inneren Feinde ist der junge Atlan, der rechtmäßige Thronerbe und Kristallprinz von Arkon, bereits mehrmals erfolgreich vorgegangen. Selbst empfindliche Rückschläge entmutigen ihn nicht und hindern ihn und seine Helfer nicht daran, den Kampf gegen Orbanaschol III., den Diktator und Usurpator, mit aller Energie fortzusetzen.

Gegenwärtig ist Atlan allerdings nicht in der Lage, an diesem Kampf mitzuwirken, da er, sowie ein paar Dutzend seiner Gefährten von der ISCHTAR im Bann Akon-Akons, des Psycho-Tyrannen, stehen, gegen dessen Befehle es keine Auflehnung gibt.

Akon-Akon, der mit Atlans und Fartuloons Hilfe den »Stab der Macht« in Besitz nehmen konnte, treibt die von ihm beherrschte Gruppe von Männern und Frauen durch eine Reihe von Transmittersprüngen immer weiter ins Unbekannte.

Nächste Station dieser gefährlichen Reise ist die MUTANTENHÖLLE SARUHL ...

Die Hauptpersonen des Romans

 

 

Karoon-Belth – Chef einer akonischen Rebellengruppe.

Dankor-Falgh – Leiter der Loyalisten eines akonischen Demontagegeschwaders.

Mervet Phan und Althea Phudor – Ein Loyalist und eine Rebellin werden zu Verbündeten.

Akon-Akon und Atlan – Der Willenstyrann und der Kristallprinz erreichen mit ihrer Gruppe die Mutantenhölle.

Vandra von Laggohn – Kommandantin eines akonischen Transporters.

1.

 

Mervet Phan war Transmitterspezialist, Fachmann für Aufbau und Abbruch von Großtransmittern. Ein ungewöhnlich friedfertiger junger Mann, der sanft und still seine Arbeit verrichtete und nur durch die bestechende Qualität seiner Arbeit angenehm auffiel. Privat war das Auffälligste an ihm der stets leicht verträumte Ausdruck seiner Augen, dazu kam eine gehörige Portion linkischer Schüchternheit. Beides zusammen hatte ihn zum stillen Schwarm des weiblichen Personals gemacht.

Zur Zeit sah Mervet Phan wenig begeisternd aus.

Das dunkle Haar war vom Schweiß durchtränkt und hing ihm in klebrigen Strähnen in die Stirn. Der linke Ärmel seines Jacketts war aufgerissen und zeigte einen Streifen blutigen Fleisches. Die Kleidung hing in Fetzen und war schmutzig. In der linken Hand hielt Mervet die Waffe. Entgeistert starrte er auf den Mann, den er vor wenigen Sekunden getötet hatte.

Im Hintergrund gingen die Kämpfe weiter, fielen Schüsse, wurde getötet und gestorben. Langsam setzte sich Mervet Phan auf den moosüberwachsenen Stein. Das Wüten des Kampfes nahm er nicht mehr wahr.

Vor achtundvierzig Stunden war Mervet Phan noch ein junger und sanftmütiger Transmittertechniker gewesen. Er hatte eine unauffällige, aber kleidsame Uniform getragen und sich auf seinen ersten Einsatz außerhalb des Verstecks gefreut. Er war nervös gewesen, als er sich zum ersten Mal den Waffengurt umgeschnallt hatte. Mervet Phan hielt nichts vom Töten. Das war vor zwei Tagen gewesen ...

 

*

 

»Sie kennen die Lage«, hatte Dankor-Falgh gesagt. Die Einsatzbesprechung war damit eröffnet gewesen.

Jeder kannte die Lage und auch den Auftrag.

Es galt, den Großtransmitter auf Saruhl aufzusuchen und zu demontieren. Das war der Auftrag, den das 14. Demontagegeschwader Fereen-Tonkas zu erfüllen hatte. Für diese Aufgabe war vom Energiekommando eine Frist von sieben Tagen angesetzt worden. Anschließend sollte ein Transporter Saruhl anfliegen und den demontierten Transmitter an Bord nehmen. Mit diesem Schiff sollte dann auch das Demontagegeschwader Saruhl verlassen.

Ein einfacher Auftrag, für den man zweitausend qualifizierte Männer und Frauen abgestellt hatte. Wenn es ein Risiko gab, dann bestand es darin, dass bei der Demontage wertvolle Gerätschaften beschädigt oder gar zerstört wurden. Viel mehr konnte eigentlich nicht geschehen.

Eigentlich nicht ...

 

*

 

Mervet Phan wechselte den Standort, er wollte den Toten nicht länger ansehen. Unter einem Baum machte er es sich bequem. Irgendwo über seinem Kopf schimpften ein paar einheimische Vögel. Mervet öffnete den Verschluss des Tornisters und holte das Verbandszeug hervor. Sorgfältig wusch er die Wunde am Arm aus. Er verzog das Gesicht, als er das Brennen des Desinfektionsmittels spürte. Anschließend übersprühte er die Verletzung mit Wundplasma aus der Sprayflasche. Wenn es keine Zwischenfälle gab, würde die Wunde in zwei Tagen abgeheilt sein.

Mervet grinste bösartig, als er daran dachte.

»Zwei Tage«, murmelte er. »Achtundvierzig Stunden machen aus zweitausend hochintelligenten Akonen die Besatzung eines Tollhauses!«

Mervet hatte den Anschluss an seine Gruppe verloren. Gruppe war genaugenommen eine viel zu aufwändige Umschreibung für einen wild zusammengewürfelten Haufen aus Männern und Frauen, die allesamt bewaffnet waren und auf alles schossen, was nicht sehr schnell als befreundet identifiziert werden konnte.

Missmutig kaute Mervet auf den Lebensmittelkonzentraten herum. Die Einsatzverpflegung war berüchtigt schlecht, und unter den extremen Bedingungen Saruhls schmeckte sie besonders langweilig. Wäre der Hunger nicht gewesen, Mervet hätte keinen Bissen heruntergebracht. In der Nähe des Baumes floss ein klarer Bach vorbei, an dem Mervet seinen Durst löschen konnte. Vorsichtshalber überprüfte er die Flüssigkeit mit dem Zähler. Das Wasser war strahlungsfrei, eine Seltenheit in dieser Landschaft, in der fast alles, ob Tiere, Pflanzen oder Steine, mehr oder minder stark radioaktiv war.

Das war die erste Überraschung gewesen, auf die das Demontagegeschwader gestoßen war. Es war die kleinste Überraschung.

»Wenn du dich bewegst, schieße ich!«

Mädchen und Frauen mochten Mervet Phan, und Mervet Phan mochte Mädchen und Frauen, aber nicht die Sorte, die hinter einem stand und mit einer Waffe drohte. Eine total verrückte Welt, dachte er.

»Kann ich wenigstens aufstehen? In dieser Haltung werde ich in kürzester Zeit einen Muskelkrampf bekommen.«

»Meinetwegen steh auf, aber ich warne dich ...«

»Bei der kleinsten falschen Bewegung wirst du schießen«, sagte Mervet seufzend und richtete sich auf.

»Zu welcher Gruppe gehörst du?«

Mervet konnte nur die Stimme hören, und er verband sie instinktiv mit einem sehr attraktiven Mädchen. Erschöpfung schwang darin mit, und der leise Unterton von Angst und Nervosität war deutlich zu hören.

»Zu welcher Gruppe, antworte!«

Wenn er nichts sagte, würde sie ihn erschießen. Wenn er aber antwortete, standen seine Chancen exakt gleich. Nannte er die richtige Gruppe, hatte er eine Verbündete gefunden. Nannte er den falschen Namen, würde sie ihn kurzerhand erschießen. Eine extrem unangenehme Situation, die weit über das hinausging, was Mervet Phan zu bewältigen imstande war.

»Bringen wir es hinter uns. Ich halte zu Dankor-Falgh.«

»Dein Pech«, sagte das Mädchen.

Eine Pause entstand, eine Pause, die fast körperlich wurde und Mervet zu ersticken drohte. Er senkte langsam und deutlich sichtbar die linke Hand, griff an den Gurt. Wenige Augenblicke später fiel der Waffengurt auf den Boden.

»Darf ich mich umdrehen?«

»Was soll das? Ich muss dich erschießen, das weißt du genau. Es wäre mir lieber ...«

Sie beendete den Satz nicht, aber Mervet wusste, wie sie ihn hatte fortführen wollen. Sie wollte ihm nicht ins Gesicht sehen, während sie ihn tötete. Mervet bewegte sich langsam und drehte sich herum.

Sie war wirklich hübsch, ziemlich schmutzig und furchtbar ängstlich, aber auch gefährlich. Die Waffe in ihrer Hand war entsichert.

Mervet lächelte und sah ihr in die Augen. Hilflos zuckte er mit den Schultern.

Einen winzigen Augenblick lang hielten sie sich die Waage, Eros und Thanatos, Liebe und Todestrieb, beide im Würgegriff der Angst. Das Mädchen lächelte instinktiv und ließ dabei die Waffe ein wenig sinken.

Mit dem Mut, der aus der Angst erwächst, warf sich Mervet nach vorne. Der Strahl streifte seine linke Schulter, es fühlte sich an, als würde sie in Flammen aufgehen. Mervet schrie in der Bewegung auf. Sein Schwung war groß genug, er prallte gegen das Mädchen, das zusammen mit ihm auf den Boden stürzte. Trotz der tobenden Schmerzen brachte es Mervet fertig, ihr die Waffe abzunehmen. Das Mädchen blieb liegen, und Mervet konnte ihr ersticktes Schluchzen hören. Er warf die Waffe zur Seite und streichelte langsam ihren Rücken. Mervet konnte das krampfhafte Zucken des Brustkorbs fühlen, und er wusste auch, welche Gedanken das Mädchen bewegten.

Wieder griff Mervet zum Verbandsmaterial. Notdürftig versorgte er die Wunde an seiner Schulter. Es war nur ein Streifschuss gewesen, aber ärger konnte ein tödlicher Treffer schwerlich schmerzen. Mehrmals stöhnte Mervet unterdrückt auf.

Das Weinen des Mädchens verebbte. Sie richtete sich auf und strich sich die Haare aus der Stirn. Einige Nadeln der umherstehenden Bäume lösten sich aus dem Haar und fielen auf den Boden. Sie wischte sich die Tränen aus dem Gesicht und erzeugte so eine feuchte Spur auf den staubbedeckten Wangen.

»Ich kann das besser.«

Während sie Mervet verband, musste der junge Mann daran denken, dass die gleichen schlanken Finger vor kurzer Zeit noch am Abzug der Waffe gewesen waren und ihn auch betätigt hatten.

»Hunger?«

Das Mädchen nickte, und Mervet gab ihr einige seiner Konzentrate. Während sie mit großem Hunger aß, schnallte Mervet wieder seinen Waffengurt um. Die Waffe des Mädchens steckte er in ihren Gürtel zurück, dann setzte er sich neben ihr auf das weiche Gras.

»Mervet Phan«, stellte er sich vor.

»Althea Phudor«, antwortete sie mit vollem Mund. »Ich bin Transmittertechnikerin.«

»Wer auf diesem Planeten wäre das nicht«, kommentierte Mervet sarkastisch. »Du gehörst also zu den Leuten um Karoon-Belth?«

Das Mädchen nickte kurz.

»Heiliges Akon«, murmelte Mervet. »Kannst du mir verraten, wie es jetzt weitergeht?«

»Wir trennen uns«, sagte Althea ruhig. »Ich gehe dorthin, du in die andere Richtung.«

»Und dabei laufen wir dann unseren jeweiligen Feinden vor die Mündungen«, bemerkte Mervet bitter. »Ihr hättet euch wenigstens ein Kennzeichen beschaffen können. Man will schließlich wissen, auf wen man schießt!«

»Wir haben den Streit nicht angefangen, das wart ihr!«

»Das ist die schamloseste Lüge, die ich je gehört habe. Wer hat hier rebelliert, ihr oder wir? Welche Gruppe stellt die Verräter, wir vielleicht?«

»Wir wollen auf dieser Welt leben, frei und ohne Aufsicht durch das Energiekommando. Aber ihr versucht, uns daran zu hindern. Haben wir nicht das Recht, für unsere Freiheit zu kämpfen?«

Mervet sprang auf.

»Sagtest du Freiheit? Mädchen, in dieser Galaxis wütet der Große Methankrieg. Jederzeit können hier Feinde auftauchen, denen ihr, ob ihr wollt oder nicht, die genauen Koordinaten von Akon verraten könnt. Wir haben den Auftrag, jeden Hinweis auf das Versteck zu beseitigen, aber ihr verlangt, dass man euch in Ruhe gewähren lässt, damit ihr einen förmlichen Wegweiser für den Gegner bauen könnt.«

Althea seufzte und schüttelte den Kopf.

»Abgesehen davon, dass du dich irrst«, sagte sie ruhig. »Wir haben keine andere Wahl mehr, wir müssen uns verteidigen. Wenn einer von uns dem Gegner in die Hände fällt, ist er verloren. Das Energiekommando ist gnadenlos, es wird jeden einzelnen von uns zum Tode verurteilen. Wir kämpfen mit dem Rücken zur Wand.«

Mervet wusste, dass das Mädchen recht hatte. Er kannte die Gerichtsbarkeit Akons. Man würde Althea im Schnellverfahren zum Tode verurteilen und sie zum Hinrichtungsschacht führen. Man würde sie hineinstoßen, und sie würde fallen – minutenlang, kilometertief. Die Verurteilten sollten die Todesangst auskosten, bevor ihr Körper am Boden des Schachtes zerschellte.

Mervet versetzte dem Baumstamm neben ihm einen Fußtritt, um seiner Spannung irgendwie Luft zu machen. Was er damit erreichte, war lediglich ein schmerzender Fuß.

»Jedenfalls müssen wir etwas unternehmen«, stellte Mervet fest. »Ich habe keine Lust, hier sitzen zu bleiben und zu warten, bis eine der Parteien gewonnen hat. Wenn ich Pech habe, werde ich dann erschossen, aber vielleicht sind wir bis dahin auch schon verhungert.«

»In der Stadt müsste es genügend Nahrung für alle geben«, warf Althea ein. »Ich mache dir einen Vorschlag. Wir erklären uns für neutral, schließen einen Waffenstillstand und versuchen, die Stadt zu erreichen. Dort werden wir weitersehen.«

»Neutral«, spottete Mervet. »Ein Neutraler ist ein Mann, der seinem Henker hilft, das Schwert zu schärfen.«

»Wir können die Angelegenheit auch hier ausschießen«, versetzte Althea kühl. Ihre rechte Hand schwebte über dem Griff ihrer Waffe.

»Schon gut«, wehrte Mervet ab. »Machen wir uns auf den Weg. Du gehst voran, Neutrale!«

Althea grinste. Sie sah gut aus, stellte Mervet fest, nur reichlich schmutzig.

 

*

 

»Der Transmitter steht noch, ist aber abgeschaltet«, stellte Dankor-Falgh fest. »Eigentlich verständlich, schließlich haben die Rebellen keine Lust, Akon irgendwelche Hinweise zu geben.«

Dankor-Falgh entstammte dem Adel von Akon, daraus ergab sich zwangsläufig seine Einstellung zu Karoon-Belths Rebellion. Er war fest entschlossen, die Aufrührer bis auf den letzten Mann niederzumachen. Wenn er es schaffte, die Meuterei niederzuschlagen, ohne der akonischen Justiz Mehrarbeit aufzuladen, konnte das seiner Karriere nur nützlich sein. Dankor-Falgh war ehrgeizig, er wollte in das Energiekommando berufen werden. Die Voraussetzungen, die damit verbunden waren, kannte er – rücksichtsloses Vorgehen gegen jeden, der Akons Interessen gefährdete, dazu unbedingte Ergebenheit gegenüber dem Energiekommando.

»Wir halten die eine Hälfte der Stadt besetzt, die Rebellen die andere. Zusätzlich treiben sich in der Landschaft ringsum noch zahlreiche Versprengte beider Lager herum. Diese Frage können wir einstweilen zurückstellen. Unsere vordringliche Aufgabe besteht darin, die Transmitterhalle zurückzuerobern, damit wir Verbindung zu Akon aufnehmen können.«

»Wir könnten funken«, schlug einer der Offiziere vor.

»Damit wir die Maahks herlocken?«, gab Dankor-Falgh zurück. »Ausgeschlossen. Wir brauchen den Transmitter, bevor die Rebellen ihn zerstören können. Wir müssen ihn erobern!«

»Das hört sich leicht an«, murmelte ein Mann. »Es wird die Hölle werden.«

 

*

 

Während des Marsches überlegte sich Mervet, wie die Lage wohl aussehen mochte. Er und Althea bewegten sich im Süden der Stadt, auf der linken Seite des Flusses, der die Stadt ziemlich genau halbierte. Auf dem östlichen Ufer hatten sich die Männer und Frauen um Dankor-Falgh gesammelt, die westliche Seite wurde von den Rebellen gehalten. Auf dem westlichen Gebiet lag auch, ziemlich nahe am Ufer, die große Transmitterhalle.

Das Gebiet rings um die Stadt kannte Mervet nicht, aber vermutlich war es, ebenso wie weite Teile des Stadtgebiets, von Pflanzen überwuchert und unbewohnbar.

»Diese Idioten«, murmelte Mervet. Althea drehte sich herum.

»Von wem sprichst du? Meinst du etwa ...«

Mervet winkte ärgerlich ab.

»Ich rede nicht von euch, ich meine diese Wahnsinnigen, die offenbar nach dem Abzug der Wächter auf Saruhl zurückgeblieben sind.«

»Ich denke, Saruhl wurde schon vor langer Zeit geräumt?«

»Sicher, auch der Wächter wurde später abgezogen. Aber ein paar Männer und Frauen sind offenbar hiergeblieben, und deren Nachkommen müssen mit atomaren Einrichtungen gespielt haben, von denen sie nicht das geringste verstanden. Anders kann ich mir nicht erklären, warum das Stadtviertel völlig zerstört ist, in dem nach den Unterlagen der große Reaktor gestanden haben muss.«

»Unterlagen können falsch sein«, erinnerte Althea.

»Diese nicht, sie stammen vom Energiekommando!«

»Auch das Energiekommando kann irren«, sagte Althea ruhig.

Mervets Körper versteifte sich. Dass Althea eine Rebellin war, wusste er, aber er hatte nicht geahnt, dass ihr Widerstand so weit gehen würde. Die Behauptung, dass das Energiekommando Fehler machte, erfüllte den Tatbestand des Hochverrats. Das Gesetz räumte in krassen Fällen dem Zeugen das Recht ein, den Täter auf der Stelle niederzuschießen.

»Versuche es nicht«, warnte Althea leise. »Ich werde dich diesmal genau treffen!«

Mervet machte einen Schritt auf Althea zu.

Vielleicht wog das Mädchen nicht genug, um die Höhlung zum Einsturz zu bringen, vielleicht hatte sie auch zufällig einen Schritt gemacht, der sie über das Loch im Boden hinweggeführt hatte. Mervet jedenfalls brach ein.

Er spürte, wie der Boden unter seinen Füßen wegsackte. Eine Wolke feinsten Staubes wirbelte hoch und nahm ihm die Sicht. Seine Füße prallten auf etwas Hartes, sein Kopf prallte mit der Stirn auf die Kante des Loches. Mervet verlor fast die Besinnung.

Langsam nur klärte sich sein Blick.

Er steckte bis an die Schultern in einem engen Schacht, der gerade groß genug war, um ihn aufzunehmen. Ein dickerer Mann wäre wahrscheinlich nur bis an die Hüften eingesunken, aber diese Erkenntnis half Mervet wenig. Sein rechter Arm war mit ihm eingeklemmt, nur der linke konnte bewegt werden.

Mervet bewegte die Beine. Er versuchte, sich an den Wänden des Loches in die Höhe zu stemmen. Der Versuch scheiterte, die Wände des Schachtes waren außerordentlich glatt.

Das konnte nur eines bedeuten: dies war keine zufällige Höhlung im Untergrund, hier hatte jemand oder etwas eine gut getarnte Falle angelegt. Mervet konnte sich ausrechnen, dass der Erbauer dieser Falle ziemlich bald kommen würde, um nachzusehen, was sich im Schacht verfangen hatte.

»Hilf mir!«

Althea kam vorsichtig einen Schritt näher, dann stoppte sie.

»Warum sollte ich?«, fragte sie kalt zurück. »Gerade erst wolltest du auf mich losgehen. Hilf dir selbst, ich werde zusehen, dass ich von hier wegkomme.«