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Nr. 767

 

Schicksalswelt

 

Gestrandet auf dem Planeten der Africanis

 

von Harvey Patton

 

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Der Anfang des Jahres 3820 bringt eine einschneidende Veränderung der Machtkonstellation der Galaxis Manam-Turu. Atlans Hauptgegner, der Erleuchtete, der vor Jahresfrist Alkordoom verließ, um hier, an seinem Ursprungsort, sein Kunstgeschöpf EVOLO zu vollenden, ist nicht mehr.

Auch wenn Atlans größter Gegner nicht mehr existiert, die Lage in Manam-Turu hat sich dadurch nicht entspannt. EVOLO ist im Frühjahr 3820 bereits stärker, als der Erleuchtete es jemals war. Welche Gefahr das Psi-Geschöpf darstellt, hat sein Wirken bereits mehrfach bewiesen. Und selbst das zweite Konzil, bestehend aus Hyptons und Ligriden, bleibt durch EVOLOS Aktivitäten nicht ungeschoren.

Da aber der neue Herrscher eine unverkennbare Schwachstelle besitzt, ist ein eindeutiger Trend im Ausgang des Machtkampfes um Manam-Turu noch nicht erkennbar. Außerdem kommt es auf einem unbedeutenden Planeten, weit vom Zentrum Manam-Turus entfernt, zu einem Ereignis, das sich als sehr bedeutsam erweisen soll: Dschadda-Moi, die Herrscherin der Krelquotten, erwacht und macht sich auf die Suche nach ihrem Volk.

Bei dieser Suche kommt es zum Kampf mit den Hyptons – und der Planet der Africanis wird zur SCHICKSALSWELT ...

Die Hauptpersonen des Romans

 

 

Plokdar und Rastol – Verfeindete Stammeshäuptlinge der Africanis.

Dschadda-Moi – Die Krelquottin erhebt Anspruch auf Atlans STERNSCHNUPPE.

Don Quotte – Der Roboter findet seinen eigentlichen Herrn wieder.

Atlan – Der Arkonide verhindert den Racheplan der Hyptons.

Janten – Kommandant der PZAN-PZAN.

1.

 

Vollkommen geräuschlos, wie flüchtige Schemen, bewegten sich die zehn Jäger in einer Reihe im dichten Unterholz voran.

Ihre bräunlichen Körper wanden sich so geschickt durch das dichte Gewirr der Pflanzen, dass sich dabei kaum ein Ast bewegte. Kein dürrer Zweig knackte verräterisch unter den hornigen Sohlen ihrer nackten Füße – von solchen Kleinigkeiten konnte ihr Leben abhängen, das wussten sie.

Diese kleinen, pygmäenartigen Eingeborenen waren wohl intelligent, standen aber noch auf einer niedrigen Entwicklungsstufe.

Sie nannten sich selbst nur »die Wesen« und bezeichneten ihren Planeten als »die Welt«. Ein Wissen um größere Zusammenhänge fehlte ihnen, doch sie kamen auch ohne dieses gut aus. Ihr Element war der Urwald, und darin waren ganz andere Gaben gefragt.

Sie waren praktisch eins mit der Natur, wussten zu jagen und wenn nötig auch zu kämpfen, und das genügte ihnen.

Plokdar verzog die breite Nase, sog scharf die Luft ein und nickte dann zufrieden.

Er ging an der Spitze, weil er der beste Jäger seines kleinen Stammes war. Als solcher war er auch dessen Häuptling, daneben fungierte er ebenfalls als Schamane. Ihm oblag es deshalb auch, seine Leute nach einer guten Jagd oder einem gewonnenen Kampf zu der »heiligen Pflanze« zu führen, um ihr ein Opfer zu bringen.

Und diesmal würde die Jagd gut ausfallen, das wusste er.

Er roch bereits das Wasser der Tränke, zu der viele der großen hirschähnlichen Tiere kamen, um ihren Durst zu stillen. Sonst mieden sie den Urwald, in dem sie sich mit ihren breiten Geweihen nur schlecht bewegen konnten. Jetzt in der Zeit der Dürre lagen aber draußen auf der Savanne alle Wasserlöcher trocken, und so zogen sie selbst über große Strecken hierher.

Ein leises, kaum wahrnehmbares Geräusch drang von oben her an seine großen spitzen Ohren und warnte ihn.

Er blieb ruckartig stehen, riss sein Blasrohr hoch und setzte es an den Mund. Zugleich sah er auch die grüngelb gefleckte Schlange, die sich auf ihn herabfallen lassen wollte, der tückischste Feind der »Wesen« hier im Urwald. Sie schaffte es jedoch nicht mehr, Plokdar kam ihr zuvor.

Ein kurzer kräftiger Atemstoß, und schon verließ der nur halb armlange Pfeil sein Blasrohr.

Er war nicht stärker als sein kleinster Finger, bestand aber aus Hartholz, und seine Spitze war mit einem giftigen Pflanzensaft bestrichen. Er traf die Baumschlange dicht hinter dem Kopf, drang nur zwei Finger breit in ihren Körper ein, doch das genügte schon.

Die Schlange besaß zwar ebenfalls Giftzähne, aber gegen diesen Stoff war sie trotzdem nicht gefeit.

Es war ein ganz anderes Gift, und das vertrug sie nicht. Der Pfeil hatte sie genau an der richtigen Stelle getroffen. Ihr ganzer Körper begann zu zucken, verlor seinen Halt und stürzte ab.

Er fiel Plokdar genau vor die Füße, lag aber schon im nächsten Moment still, und der Häuptling grinste befriedigt. Seine freie Hand hob das tote Tier auf und reichte es dem Mann hinter ihm, und dieser verstaute es wortlos in dem Lederbeutel, der an einem Riemen auf seinem Rücken hing.

Auch das Fleisch dieser Schlange war für die »Wesen« essbar, und das Pfeilgift störte sie nicht, denn sie waren dagegen immun.

Etwas, das genießbar war, durfte keinesfalls umkommen, dieses ungeschriebene Gesetz galt für alle Eingeborenen. Bis jetzt war es noch nicht sicher, ob die Jäger wirklich die große Beute machen würden, auf die sie hofften. Gelang dies nicht, musste sich der Stamm mit Baumfrüchten begnügen, aber diese sättigten nur sehr mangelhaft.

Unter solchen Umständen war eine Schlange immer noch besser als gar kein Fleisch, sie war immerhin fast vier Meter lang. Wenn es etwas Besseres gab, wurde ihr Körper in der Sonne getrocknet und für Notzeiten aufbewahrt, und ihr Leder ließ sich immer brauchen.

All dies war so selbstverständlich, dass Plokdar darüber kein einziges Wort verlor. Schon nach wenigen Sekunden wandte er sich wieder um, und der Marsch zur Tränke wurde fortgesetzt.

Nach kurzer Zeit wurde das Unterholz lichter, und nun bewegten sich die Jäger noch vorsichtiger.

Die potentiellen Beutetiere hörten und witterten kaum weniger gut als sie, also waren sie nur schwer zu überlisten. Auch hier am Wasser ließen sie kaum in ihrer Wachsamkeit nach, einige ältere Kühe standen stets auf Posten, während das Gros der Herde trank. Sie galt es nun zu überlisten, und so wies Plokdar die anderen mit einer knappen Geste an zurückzubleiben, als die Lichtung fast erreicht war.

Nur er allein schlich nun weiter vorwärts, noch viel vorsichtiger als sonst, und dafür gab es noch einen zweiten wichtigen Grund.

Hier befand er sich mit seinen Jägern auf einem Gebiet, dessen Besitz zwischen seinem eigenen und dem Nachbarstamm strittig war. Es war durchaus möglich, dass die Rivalen zur gleichen Zeit auch auf die Jagd gingen, und dann war ein Kampf mit ihnen nicht zu vermeiden.

Plokdar ließ sich auf alle viere nieder und hielt das Blasrohr nur mit den Zähnen fest. So kroch er langsam weiter und wehrte auch die Insekten nicht ab, die es hier am Wasser gab. Das brachte ihm einige schmerzhafte Stiche ein, aber er ignorierte sie und kroch weiter vor.

Dann steckte er den Kopf behutsam aus dem letzten Busch hervor, der ihm noch Deckung gab, und spähte nach vorn.

Dass Hirschtiere bei der Tränke waren, hatte er schon von weitem gerochen, und nun sah er sie auch. Es waren weniger als erwartet, nur zwei männliche und fünf weibliche Exemplare. Dafür hatten sie aber sieben Kälber bei sich, und auf die kam es dem Häuptling vor allem an.

Zum einen, weil ihr Fleisch bedeutend zarter und schmackhafter als das der Alttiere war, zum anderen, weil sie sich viel besser transportieren ließen.

Die Sonne schien hell auf die Lichtung, der schlammige Boden rings um den Tümpel war von zahlreichen Hufen zerwühlt. Ganz wie Plokdar vermutet hatte, hielten drei der Kühe Wache, die nächste war nur etwa zehn Körperlängen entfernt. Sie konnte ihn jedoch nicht wittern, weil es hier vollkommen windstill war.

Die beiden anderen Muttertiere und die Hirsche hatten ihren Durst schon längst gestillt. Nun suhlten sie sich im seichten Wasser, um sich von Ungeziefer zu befreien, nur die Köpfe sahen noch daraus hervor. Der Häuptling verspürte beim Anblick der mächtigen Geweihe ein starkes Bedauern, denn aus ihnen ließen sich gute Messergriffe und andere Bedarfsgegenstände zurechtschnitzen.

Doch darauf kam es jetzt nicht an, frisches Fleisch wurde beim Stamm viel dringender gebraucht.

Deshalb richtete Plokdar sein Augenmerk vor allem auf die Kälber. Sie trauten sich noch nicht ganz ins Wasser hinein, hielten sich nur an seinem Rand. Vier von ihnen befanden sich auf der ihm zugewandten Seite, etwa fünfzehn Körperlängen weit weg, der Häuptling traf seine Auswahl unter ihnen und zog sich dann geräuschlos wieder zurück.

Er brauchte nichts zu sagen, einige schnelle Handzeichen taten denselben Dienst.

Dann waren seine Männer unterrichtet und jener, der die Schlange trug, blieb zurück. Die übrigen verteilten sich zu je dreien und krochen an den Rand der Lichtung vor, Plokdar befand sich bei dem mittleren Trupp. Er wartete, bis von beiden Seiten her täuschend imitierte Vogelrufe erklangen, und dann war es soweit.

Er antwortete auf die gleiche Weise, richtete sich dann auf und setzte sein Blasrohr an den Mund.

 

*

 

Neun Giftpfeile zischten gleichzeitig durch die Luft, und alle trafen ihre Ziele, und im nächsten Moment war an der bis dahin so stillen Tränke der Teufel los.

Die drei getroffenen Kälber brüllten vor Schmerz auf, und das alarmierte alle anderen Tiere.

Die Hirsche und Kühe fuhren ruckartig aus dem Tümpel auf, Wasser und Schlamm spritzten nach allen Seiten. Keines der Tiere begriff jedoch, was hier geschehen war, auch die Wächterkühe nicht. Sie sahen nur, dass die todgeweihten Kälber ziellos herumsprangen, die Hirsche brüllten laut und senkten abwehrbereit ihre Geweihe.

Sie fanden aber keine Gegner, denn die Jäger hatten sich sofort nach dem Schuss wieder zurückgezogen. So begnügten sie sich damit, ihr Rudel zusammenzutreiben, die Alttiere nahmen die Kälber in ihre Mitte, um sie zu schützen.

So vergingen einige Sekunden, und dann war es soweit.

Die drei gepfeilten Jungtiere blökten immer schriller, als das Pfeilgift zu wirken begann. Sie drehten sich im Kreis, verloren dann die Herrschaft über ihre Körper und sackten leblos zusammen. Dabei lösten sich einige Pfeile, aus den Wundlöchern spritzte Blut, und sein Geruch versetzte das restliche Rudel in helle Panik.

Sein Kreis löste sich auf, die Kühe trieben die noch lebenden Kälber mit derben Kopfstößen an, und dann rasten alle in Richtung auf die freie Savanne davon. Die Hirsche röhrten noch einmal aus vollem Hals, doch sie konnten keine Feinde entdecken, die sie mit ihren Geweihen hätten aufspießen können. So begnügten sie sich damit, ihr Leben ebenfalls in Sicherheit zu bringen, und gleich darauf war die Lichtung um die Tränke leer.

Nur die drei getöteten Kälber blieben darauf liegen, allerdings nur noch für kurze Zeit. Dann eilten Plokdar und seine Jäger herbei und begannen mit ihrer Arbeit.

Sie verzichteten jedoch darauf, die Beutetiere schon jetzt aufzubrechen und auszuweiden. Das konnte auch noch später getan werden, nun kam es vor allem darauf an, möglichst schnell vom Schauplatz zu verschwinden. Das schrille Schreien der Jungtiere und das Röhren der Hirsche musste weithin zu hören gewesen sein, und bestimmt war es auch an die Ohren von Leuten des Nachbarstamms gedrungen.

Diese würden nun nichts Eiligeres zu tun haben, als zur Tränke zu kommen, und bei ihrem Eintreffen wollten die Jäger mit ihrer Beute schon so weit weg wie nur möglich sein.

Wieder ging alles fast ohne Worte ab.

Hastig wurden die kostbaren Pfeile geborgen und wieder in die kleinen Köcher gesteckt. Dann wurden die toten Kälber aus dem Schlamm aufs Trockene gezogen, ihre Läufe mit Riemen verschnürt. Schon eilten auch drei Männer mit rasch geschlagenen Ästen herbei, und diese wurden durch die Trageschlaufen geschoben. Nun packten die sechs stärksten »Wesen« zu, hoben die Beutetiere auf und eilten mit ihnen davon.

Zwei der Jäger liefen voran und bogen dort die Äste zur Seite, wo am schwersten durchzukommen war. Den Schluss des Zuges bildeten Plokdar und der Mann mit der Schlange auf dem Rücken; sie wurde auch jetzt nicht zurückgelassen, wo es fettere Beute gab. Beide hielten ihre Blasrohre ebenso griffbereit wie die Männer an der Spitze. Ihre Ohren waren weit nach den Seiten hin abgespreizt und lauschten auf jedes fremde Geräusch.

Alles schien jedoch gut zu gehen.

Schon nach wenigen Minuten hatten die Jäger wieder das Gebiet ihres eigenen Stammes erreicht. Sie liefen noch ein kurzes Stück weiter, und dann ordnete der Häuptling eine Pause an, denn die schweren Lasten hatten ihre Träger erschöpft.

Wir haben es geschafft!, dachte er zufrieden und streckte sich wie seine Begleiter auf dem Boden aus. Jetzt hat der Stamm wieder für zwei Handvoll Tage reichlich gutes Fleisch zu essen, wenn die Weiber es richtig behandeln. Sie müssen es nur salzen und in die kühlen Vorratshöhlen bringen, dann hält es sich auch. Die Herzen der Tiere bekommt natürlich die Heilige Pflanze als Opfer, wir werden gleich morgen früh ...

Weiter kam er jedoch mit seinen Überlegungen nicht, denn nun war ein fremdes Geräusch zu hören.

Ein leises Rascheln im Gebüsch nebenan, und dazu unverkennbar das Trappeln eiliger Füße. Er fuhr aus seinen Gedanken hoch und richtete sich auf, vermutete jedoch nichts Arges, denn hier befand er sich schließlich auf seinem Land.

Ein grober Irrtum, das merkte er im nächsten Augenblick.

Aus dem Gebüsch brach ein fremder Mann hervor, das Blasrohr schussbereit dicht vor dem Mund. Der Häuptling zuckte zusammen, denn es war direkt auf ihn gerichtet, und auf der Stirn des Fremden war mit Kreide jenes Zeichen gemalt, das er am wenigsten mochte.

Er gehörte zum Nachbarstamm!

»Was suchst du hier auf unserem Gebiet?«, sagte Plokdar heiser, aber er rührte sich vorsichtshalber nicht. Er fürchtete nicht das Pfeilgift, denn alle »Wesen« verwendeten dasselbe, und dagegen war er immun. Ein gut gezielter Schuss jedoch, der eines seiner Augen traf – dann drang der Pfeil bis in sein Gehirn, und das bedeutete unweigerlich seinen Tod ...

Das hatten auch seine Jäger begriffen, sie hielten ebenfalls still, und der Fremde zeigte grinsend seine Zähne.

»Ist das wirklich so schwer zu erraten?«, fragte er kühl zurück. »Du kommst mit deinen Leuten von der Jagd, aber ihr bringt Beute mit, die es auf eurem Land gar nicht gibt! Ihr könnt diese Tiere nur an der Tränke erlegt haben, die zu unserem Gebiet gehört – oder willst du das bestreiten?«

Plokdars Blut geriet bei diesen Worten in Wallung.

»Nein – ich bestreite aber entschieden, dass sich dieser Tümpel auf eurem Grund befindet!«, stieß er hitzig hervor. »Dort haben schon unsere Ahnen gejagt, weshalb sollten wir es nicht ebenfalls tun?«

Der Fremde verzog verächtlich sein Gesicht.

»Ich will nicht sagen, was ich über eure Ahnen denke, sie sind schon lange ins Reich der Heiligen Pflanzen eingegangen. Du aber lebst, leider, und schon das ist schlimm genug. Dass du dich aber auch noch erdreistest, uns das Wild wegzuschnappen, ist zuviel! Dafür werden wir uns rächen, Häuptling der Diebe.«

»Willst du mich dafür umbringen?«, fragte Plokdar, der inzwischen wieder ruhiger geworden war. »Gewiss, das kannst du tun – aber du kommst dann nicht mehr lebend hier weg, ist dir das klar?«

Der Mann vom Nachbarstamm nickte.

»Natürlich, aber weshalb sollte ich einen meiner Pfeile an dich verschwenden? Häuptling Rastol hat mir nur aufgetragen, dir zu sagen, dass euer Vergehen nicht ungesühnt bleiben wird. Behaltet diese Tiere und fresst sie auf, aber das wird auch eure einzige Freude sein. Wir werden uns rächen, verlass dich darauf!«

Er wandte sich um, grinste noch einmal verächtlich und war im nächsten Augenblick so schnell wieder in den Büschen verschwunden, wie er gekommen war.

Die Jäger schickten ihm einige Pfeile nach, ohne ihn jedoch zu treffen. Als sie sich dann anschickten, ihn zu verfolgen, hielt Plokdar sie mit einem kurzen Zuruf auf.

»Lasst ihn laufen, ihr verschwendet sonst nur eure Zeit. In drei Fingern wird die Sonne untergehen, wir müssen also zusehen, dass wir zurück in unser Dorf kommen. Die Kälber müssen aufgebrochen und zerteilt werden, und danach müssen die Weiber ihr Fleisch sofort salzen und in die Höhlen bringen. Auf also, wir gehen weiter.«

Am Abend herrschte Hochstimmung in seinem Dorf, von den großen irdenen Töpfen über den Feuern kam ein verlockender Duft. Es gab zwar nur die Innereien der Beutetiere, die sich nicht aufbewahren ließen, aber das reichte schon. Alle Mitglieder des kleinen Stammes schlugen sich die Bäuche voll, der Häuptling bekam das Hirn der Kälber.

Die »Wesen« glaubten, dass es dem Esser mehr Klugheit verleihen würde, aber Plokdar wollte es trotzdem nicht so recht munden.

Er dachte an Rastols Versprechen, sich rächen zu wollen, und das war durchaus ernst zu nehmen. Er glaubte auch schon zu wissen, wie diese Rache aussehen würde, und bei diesem Gedanken verzerrte sich sein Gesicht.

»Sie werden unsere Heilige Pflanze rauben oder vielleicht gar vernichten wollen!«, murmelte er erschrocken. »Ein Mann wie Rastol bringt selbst das fertig, zumal er weiß, dass sein Stamm bei einem ehrlichen Kampf unterliegen würde. Doch daran werden wir ihn auf jeden Fall hindern, wir müssen nur schneller sein.«

Seine Männer murrten, als er ihnen verbot, nach dem Mahl wie üblich große Mengen vergorener Fruchtsäfte zu trinken, aber Plokdar ließ sich dadurch nicht beirren.

»Zum einen müssen wir morgen schon beim ersten Licht der Sonne aufbrechen, um der Heiligen Pflanze die Herzen der Kälber als Opfer zu bringen«, erklärte er energisch. »Zum anderen fürchte ich, dass Rastols Leute versuchen werden, ihr irgendwie zu schaden, um ihre ungerechte Rache zu vollziehen! Wollt ihr das zulassen?«

Nein, das wollte natürlich keiner von seinem Stamm.

Man hatte viele Sonnenumläufe gebraucht und die Pflanze sorgsam gehegt, bis sie vom Schössling der vorigen zu einem richtigen großen Baum geworden war. Nicht nur ihre großen leuchtenden Blüten waren eine echte Augenweide, auch ihre fleischigen Früchte schmeckten unvergleichlich gut.

Man aß sie zum Andenken an die Ahnen, die bereits ins Reich der Heiligen Pflanzen eingegangen waren. Dort lebten ihre Geister noch immer weiter, aber ihre Körper waren vergangen. Sie konnten also nichts mehr essen, doch das taten die Nachkommen nun statt ihrer, und daran hatten sie dann auch teil.