GEBET ALS SELBSTGESPRÄCH

GEBET UND KOAN ALS BEZIEHUNG ZU GOTT IN MIR

Johannes Kopp

VORWORT

Die Anregung, das Eigentliche der Zen-Kontemplation von LEBEN AUS DER MITTE ins Wort zu bringen, erhielt ich am Tag der Priester und Diakone im Bistum Essen am 13.1.2014 durch den Referenten Prof. Tomáš Halík. Dieser erwähnte am Ende seines Vortrags, ein japanischer Kollege habe ihm gesagt, ein Zugang zur Heiligen Schrift für Glaubenserfahrung sei nur über die Koanweise erreichbar. Im Anschluss an diesen Vortrag wurde ich von Mitbrüdern gefragt, wie das zu verstehen sei.

In dieser Schrift versuche ich, soweit es möglich ist, auf diese Frage einzugehen, wohl wissend um die Grenzen der Sprache und meiner Möglichkeiten.

So sei diese Schrift Suchenden gewidmet, die offen sind für die Geheimniswirklichkeit des Menschen und gemäß des Unaussprechlichen keine widerspruchslosen Erklärungen erwarten, sondern Sprache als Hinweis eines brennenden Herzens sehen können.

Als Hinweis – und nur als Hinweis: „Brannte uns nicht das Herz“ (Lk 24,32) sagen auch wir, wenn wir auf dem Weg der Zen-Kontemplation auf dem Wege sind, im Wahren Selbst eine Chiffre der Geheimniswirklichkeit zu erkennen und zu erfahren – in Annäherung zu der Forderung: „Fragt euch selbst, ob ihr im Glauben seid. Habt ihr nicht erkannt, dass Jesus Christus in euch ist! Sonst hättet ihr als Gläubige ja schon versagt“ (2 Kor 13,5). Dies in Korrespondenz von Selbstfindung und Gottfindung, wenn auch nie in Identität, so doch in gegenseitig bedingter Intensivierung.

So wage ich mich an das Thema „Gebet als Selbstgespräch“, in dem das Wahre Selbst nicht als aufgeblähtes Ich erscheint, sondern als Entäußerung zum Wir nach den eucharistischen Worten: „Das ist mein Leib, der für euch hingegeben wird.“

Um Missverständnisse zu mindern, sollen nicht einzelne Begriffe herausgenommen, sondern in ihrem erklärenden Kontext gelesen werden. Mit diesem Anspruch wendet sich auch Tomáš Halík an seine Leser: „Denn vielleicht erkennt auch ein Mensch, der nie die Sprachphilosophie Wittgensteins studiert hat, dessen Grundprinzip an, dass wir den wirklichen Sinn eines Satzes nicht im Satz selbst entdecken, sondern im Kontext, in dem der Satz gesagt oder geschrieben wurde.“1

Ich lege diese Schrift in ihrem Ungenügen vor nach dem Motto unseres Programms: „All unsere Bemühung ist eine Geste des Bittens“.

Johannes Kopp

Mülheim an der Ruhr im Juni 2014

INHALT

VORWORT

SCHWEIGEN UND REDEN

Gebet als Selbstgespräch

Reden und Schweigen

Es gibt Nichts, das nicht Nichts ist

Menschliche Natur als Gottebenbildlichkeit

Menschliche Wesensnatur und göttliche Offenbarung

Gesundheit und Krankheit – gleichwertig für menschliche Vollendung

SELBSTFINDUNG UND GOTTFINDUNG

WIE und WAS sind gleichwertig

Atomare Kräfte des Segens freilegen – tun, was dran ist

Gott in uns Gott sein lassen

P. Lassalle – Zen-Weg als Intensivierung der christlichen Gotteserfahrung

ZEN UND EUCHARISTIE

„Ich bin ein kosmisches Wesen“ – die unendliche Wirklichkeit

„Tut dies zu meinem Gedächtnis“ – der zengemäße Vollzug

KOAN-ZUGANG ZUR HEILIGEN SCHRIFT

Zen und die Bibel – Begegnung zwischen Ost und West

BIBLISCHE KOANS

„Dein Wille geschehe“

Die wahren Verwandten Jesu

Das Gleichnis vom Schatz und von der Perle

CHRISTLICHE KOMMENTARE ZU KOANS AUS DEM MUMONKAN

Jôshûs „Wasch‘ Deine Essschalen“

Zuigan ruft sich selbst „Meister“

Nansen tötet eine Katze

EPILOG