Siri S

 

Gelebte Unterwerfung

 

 

ISBN 978-3-945967-27-0

 

(c) 2016 Schwarze-Zeilen Verlag

www.schwarze-zeilen.de

 

Das Coverfoto wurde von Paula Céline fotografiert, das Model ist die Autorin.

 

Alle Rechte vorbehalten.

Hinweis

 

Auch wenn diese Geschichte, die Geschichte der Autorin ist, so wurden Personen, Orte und Handlungen verändert und entspringen der Fantasie. Ähnlichkeiten mit realen Personen sind nicht beabsichtigt.

 

Dieses Buch ist nur für Erwachsene geeignet, bitte achten Sie darauf, dass das Buch Minderjährigen nicht zugänglich gemacht wird.

VIII

Ich rappelte mich diesmal ziemlich schnell wieder auf, die Sache mit Johann lief nur drei Monate und so steckte ich noch nicht allzu tief drin. Zwar hatte ich mein Herz ein wenig an ihn verloren und fand es schade, dass nicht mehr daraus geworden war, aber er hatte nie wirklich mit mir gespielt. Das machte es erheblich leichter, nun wieder ohne ihn zu leben. Es ist schon ein großer Unterschied, ob man diese emotionale und auch körperliche Abhängigkeit in eine Beziehung einbringt oder nicht. Die dabei ausgeschütteten Hormone machen, in einem nicht unerheblichen Maß, süchtig. Bei mir spielte allerdings die emotionale Abhängigkeit eine größere Rolle, das Spiel mit der Psyche. Johann hatte das bewusst nicht eingebracht, sicher, weil er wusste, dass er irgendwann gehen würde. Aber ein anderer machte davon immer noch regen Gebrauch, und ich konnte nicht anders, als seine Marionette zu sein.

Ich hatte Matthias nun monatelang nicht mehr gesehen, er schrieb zwar wöchentlich und wir chatteten auch ab und an, aber es lief nie auf ein Treffen hinaus. Das war mir auch recht, denn ich wollte mir nicht erneut die Finger verbrennen. Ja, er fehlte mir, sehr sogar, aber ich wusste, dass unsere Zeit vorbei war. Ich fand mich also damit ab, über kurz oder lang allein zu bleiben und mir das, was ich brauchte, zu nehmen. Keine tiefen Gefühle zuzulassen, um nicht verletzt zu werden.

Irgendwann, bei einem nächtlichen Chat mit Matthias, fiel eine Bemerkung, die mich aufhorchen ließ:

»Ich glaube, ich habe damals mit dir was ganz Besonderes gefunden.«

Ich war sprachlos, was sollte das bedeuten? Wollte er mich nur wieder testen oder hatte er inzwischen wirklich nachgedacht? Vielleicht war ihm bewusst geworden, was er an mir hatte, aber ich nahm es so hin und sagte nichts dazu. Er hatte mich schon wieder am Haken! Von da an meldete er sich wieder fast täglich bei mir, was mich zwar verwunderte, ich aber nicht überbewertete. Es folgte wieder ein nächtlicher Chat, in dem er andeutete, dass ich jederzeit zu ihm kommen könne. Doch ich müsse dann, wie ich wüsste, eine zweite Sub mitbringen. Ich war enttäuscht, dass er ein Wiedersehen an solch eine Bedingung knüpfte, dachte mir allerdings nach dem ersten Schock:

›Gut, warum nicht?‹

Spiele zu dritt gefielen mir schon immer und ich wollte sowieso nur meinen Spaß, der mit ihm garantiert war. Ich hatte durch Barney diverse Kontakte zu weiblichen Subs, die teilweise herrenlos waren. Cat kannte ich von meiner ersten Begegnung mit Johann, damals war sie noch Barneys Sub. Ich fragte sie also, ob sie nicht Lust auf einen unverfänglichen Abend zu dritt habe. Am folgenden Tag berichtete ich Matthias, dass ich jemanden gefunden hätte. Er setzte sich mit Cat in Verbindung und es wurde ein Termin ausgemacht. An den folgenden Tagen chatteten wir die Nächte durch, mal zu zweit und mal zu dritt. Wir spannen uns die tollsten Szenarien aus, wir chatteten uns geil. Der Tag unseres Treffens nahte und ich war sehr aufgeregt, ich würde ihn endlich, nach vier langen Monaten, wiedersehen. Ich war gespannt darauf, wie er wohl reagieren würde. Wie immer hatte ich mich auf ihn vorbereitet, hatte mir passende Kleidung ausgesucht und mich so, wie er es liebte zurechtgemacht.

Ich traf mich mit Cat an der S-Bahn, wir wollten zusammen zu ihm fahren, aber es kam, wie es kommen musste. Die S-Bahn verspätete sich. Ich schrieb ihm eine SMS, dass wir später kommen würden und seine Antwort war richtig gemein. Ob Subs das wohl mit Absicht machen würden, um sich schon vor dem Essen eine Abreibung einzufangen. Ich versuchte, die Situation zu entschärfen und antwortete mit Humor.

»Ja klar, ich habe mir sehr große Mühe gegeben, den Zugführer zu bestechen, damit er extra langsam fährt.«

Die ganze Fahrt über plauderten wir, und ich bereitete Cat auf ihn vor. Ich wusste, dass es ein schöner Abend werden würde, aber ich wusste auch, dass es wohl für lange Zeit mein Letzter mit ihm sein würde. Woher sollte ich schon wieder eine neue Sub für das nächste Treffen besorgen? Es war jedes Mal etwas ganz Besonderes zu ihm zu fahren, weil die Vorfreude und diese Anspannung einfach unübertrefflich waren. Diesmal allerdings fühlte ich das Kribbeln in meinem Bauch nicht so stark wie früher. Aber ich redete mir ein, dass es daran lag, dass ich nun abgelenkt war und mich nicht voll darauf konzentrieren konnte.

In der geöffneten Tür stehend erwartete er uns und sah wie eh und je gut aus. Seine Haare waren etwas länger geworden, aber ich liebte das an ihm. Die Wohnung war anheimelnd mit Kerzen geschmückt, es lief leise Musik und es duftete nach leckerem Essen. Wie ich das liebte, wie ich ihn dafür liebte, alles war so vertraut. Wir setzten uns an den Tresen und plauderten über dieses und jenes, er hatte extra meinen Wein besorgt, und als das Essen fertig war, genossen wir die wundervoll zubereiteten Speisen. Es war ein schöner Abend, und wir fühlten uns alle wohl.

Cat, die ich mitgebracht hatte, spielte am liebsten als Pet und konnte von einer Minute zur anderen in die Rolle eines Kätzchens schlüpfen. Als Nachtisch servierte er ihr also in einem Schälchen Katzenfutter, das sie auch begierig auf dem Boden kniend wegputzte. Ich kniete mich daneben und streichelte sie währenddessen, so wie man es auch mit einem richtigen Kätzchen macht. Nur dass ein echtes Kätzchen neben dem Schnurren keine keuchenden Laute von sich gibt, wenn man ihm über die Brust streichelt.

»Hol die Titten raus«, kam es von über mir, und ich tat wie befohlen.

Ich streichelte und leckte die Nippel des Kätzchens, massierte ihre Titten und küsste sie. Es war ein sehr erregender Moment, denn ich wusste, dass er uns dabei beobachtete und genau aufpasste, dass ich ja seinen Anweisungen folgte. Nachdem das Kätzchen seinen Nachtisch verputzt hatte, befahl er ihm, ins Wohnzimmer zu kriechen. Und da Katzen im Allgemeinen keine Hosen anhaben, musste sie ihre ausziehen. Da das Kätzchen gut erzogen war, tat es wie geheißen und streckte seinen prächtigen Arsch in die Höhe. Ich kniete mich dahinter, streichelte und fingerte das Kätzchen und es schnurrte, es schien ihm also zu gefallen.

»Ich kann deinen Hintern nicht sehen, Rock hoch«, befahl er mir.

Ich tat, was er wollte und spürte den ersten Schlag. Mein Stöckchen, wie mir das gefehlt hatte! Er strich zärtlich mit seinen Händen über die Konturen und befahl mir, das Kätzchen zu lecken. Ich gab mich ganz meiner Aufgabe hin und empfing währenddessen seine Liebkosungen mit dem Stöckchen. Ich genoss die Situation und ließ mich ganz in das Geschehen fallen. Das Kätzchen war auch überaus zauberhaft, es genoss und schnurrte, und als es kam, mauzte es sogar. Als der Abend zur Neige ging und wir alle geschafft, aber glücklich, auf der Couch saßen, schaute er mich beinahe rührselig an.

»So, ihr Süßen, jetzt ab ins Bett.«

Sein Bett war zwar groß genug für uns drei, aber irgendwann in der Nacht wurde es mir doch zu eng, und ich schlief auf der Couch weiter. Eingekuschelt in seine Decke, die so gut nach ihm roch! Erst als Cat nach Hause fuhr, kroch ich wieder zu ihm ins Bett, und wir schliefen noch zwei Stündchen. Irgendwann schreckte er hoch, da es schon spät war. Er zog sich an und verabschiedete sich wie immer mit »Tschüss, Puppe« von mir. Ich kochte mir noch einen Kaffee, räumte die Reste des Abends weg und fuhr glücklich und zufrieden nach Hause.

Mir ging es nach diesem Treffen gut. In mir manifestierte sich der Gedanke, dass kommen konnte, was wolle, ich könnte immer wieder zu ihm zurückkommen. Egal wer auch dazwischen kam, wie viel Zeit verging oder wer auch immer mit dabei war. Wir waren eine Einheit, etwas ganz Besonderes verband uns.

Am Tag vor diesem Treffen bekam ich eine Nachricht von einer Sub, die mir schrieb, dass ich mich nicht wundern solle, denn auch sie habe Kontakt zu Matthias. Ich war reserviert, aber dennoch neugierig und so telefonierten wir miteinander. Sie berichtete mir, dass sie seit Mai Kontakt zu Matthias und genug von seinen Schwärmereien von mir habe. Er redete angeblich ununterbrochen von mir und sie könne unter diesen Umständen keine vernünftige Beziehung zu ihm aufbauen. Sie habe langsam genug von ihm, wäre aber neugierig, was an mir so besonders wäre. Ich war überrascht, so etwas wäre mir im Traum nicht eingefallen. Aber mir war nicht wirklich klar, was sie von mir wollte, und so wartete ich ab.

Clara, so hieß sie, meldete sich immer regelmäßiger bei mir und berichtete mir, wann er sich wieder gemeldet hatte. Sie schrieb mir wörtlich, was Matthias ihr geschrieben hatte. Es wurde immer merkwürdiger, schließlich wollte sie sogar ein Treffen mit mir. Vorerst verschwieg ich ihr, dass auch ich wieder Kontakt mit ihm hatte und sogar bei ihm gewesen war. Mir war das alles zu skurril.

Matthias meldete sich gleich am nächsten Tag nach unserem Treffen und schrieb mir, dass ihm der Abend sehr gefallen hätte. Wir schrieben hin und her, und es endete damit, dass er es sich überlegen wollte, mich auf seiner Liste wieder ein Stück höher zu setzen. Ich antwortete, dass ich darüber sehr glücklich und dankbar wäre. Er entgegnete, dass ich ihm meinen Dank beweisen könne, indem ich ihm jede Woche eine neue Sub präsentieren würde. Ich glaubte, nicht richtig zu lesen. Dann dachte ich allerdings, dass es für ihn ein guter Weg wäre, mich regelmäßig sehen zu können, ohne mir allzu viele Zugeständnisse machen zu müssen.

Ich versuchte also mein Möglichstes, schrieb einige befreundete Subs an und fand dann auch schnell eine, die sich kurzfristig bereit erklärte. Inzwischen hatte ich mich mit dieser Clara getroffen und sie erzählte mir, dass er sich mit ihr am kommenden Donnerstag verabredet hätte. Ich verstand gar nichts mehr, wieso wollte sie nun doch zu ihm, und warum traf er sich noch mit ihr? Es ließ mir keine Ruhe. Und als die Sub, die ich organisiert hatte, absprang, erklärte er mir, das käme ihm sogar sehr gelegen, so könne er wenigstens zu seinem Herrenabend gehen. Da rief ich diese Clara an und erzählte ihr, was er sich so in den letzten Wochen alles geleistet hatte. Sie war stinksauer, sagte ihr Treffen mit ihm wutentbrannt ab und löschte all seine Telefonnummern und IDs in sämtlichen Foren. Beinahe ließ ich mich anstecken und entwarf eine saftige Mail an Matthias, dass er mich nun auch verloren hätte. Er solle sich zum Teufel scheren, aber als ich mit schreiben fertig war, war alle Wut verraucht, und ich versuchte, wieder klar zu denken.

Was war passiert? Ich war verletzt, weil er mir absagte und weil ich keine Sub heranbekam. Doch das war meine Aufgabe und ich hatte sie nicht erfüllt. Außerdem war ich eifersüchtig, weil er sich mit dieser Clara traf, doch dieses Thema hatte sich nun erledigt. Also tief durchatmen und abwarten, was weiter passieren würde. Das mit den Subs konnte er jedenfalls vergessen, das war nicht zu realisieren, nur musste ich ihm das noch beibringen. Wenn ihm wirklich was an mir lag, würde er mich auch so wiedersehen wollen. Dies war eine gute Chance, es herauszufinden.

Am Nachmittag dann rief mich Clara wieder an und fragte, ob wir stattdessen nicht etwas gemeinsam machen wollten. Da sie den Abend sowieso schon verplant hätte, könne man ihn schließlich sinnvoll nutzen. Ich überlegte kurz und hielt das für keine schlechte Idee, denn so hatte ich die Gewissheit, dass sie wirklich nicht zu ihm fuhr. Wir verabredeten uns und gingen tanzen. Als Highlight machten wir ein Foto von uns beiden und ich schickte es ihm als MMS mit dem Untertitel, »Die Sub für unser nächstes Treffen.« Sie war eine sehr komische Person, gab vor devot zu sein, aber sprang mit den Männern um, wie es ihr beliebte. Mir war mittlerweile klar, warum Matthias nicht einmal ansatzweise den Versuch unternommen hatte, sie ins Bett zu bekommen, das musste ihm vergangen sein. Nur warum traf er sich trotzdem immer wieder mit ihr?

Er rief sie am nächsten Tag an und machte sie am Telefon nieder. Bei mir meldete er sich tagelang nicht mehr, aber diese Art der Strafe kannte ich inzwischen zur Genüge und nahm sie hin. Da er auch danach keinerlei Anstalten unternahm, mich wiederzusehen, wurde mir immer klarer, dass er mal wieder überfordert war. Er hatte wohl von Anfang an nicht vor, wieder etwas Ernsthaftes mit mir anzufangen. Es war wohl einfach nur bequem mit mir, ich war immer da, wenn er mich rief. Bestätigt wurde diese Vermutung auch, als ich feststellte, dass er weiterhin mit Cat chattete und sich sogar mit ihr alleine treffen wollte. Zum Glück war ich emotional mittlerweile gefestigt und konnte es als ›Na, war ja klar‹ abtun. Diesmal hatte er es nicht geschafft, mich in die Gosse zu treten. Ich war aber enttäuscht, dass er mich angelogen hatte. Bisher hatte ich mir immer noch einreden können, ihn immer falsch verstanden zu haben. Aber diesmal war es offensichtlich, er sagte mir nicht mehr die Wahrheit, und das war etwas, was ich nicht einfach wegstecken konnte. Irgendwann chattete er mich doch wieder an und versuchte mir zu erklären, dass er mich nur angelogen hätte, um mir nicht wehzutun. Ich sei mittlerweile zu einem der wichtigsten Menschen in seinem Leben geworden und er wolle mich auf keinen Fall verlieren. Ich glaubte ihm nur die Hälfte davon, denn sein Verhalten bewies mir genau das Gegenteil. Selbst mit Freunden ging man nicht so um, und schon gar nicht mit Menschen, die einem wirklich etwas bedeuteten. Ich war enttäuscht, er hatte in den letzten Monaten immer mehr kaputtgemacht und das war nicht mehr zu kitten. Sollte er glücklich werden in seiner kleinen beschränkten Welt, ich hatte wieder einmal genug von ihm. Ich war nun frei, frei von sehnenden Gedanken nach ihm, frei von Emotionen und frei von Vertrauen ihm gegenüber. Er hatte es geschafft!

IX

 

Wie gut die neue Freiheit war, merkte ich erst später. Ich hatte schon ein paar Wochen zuvor im Forum der SZ einen Mann kennengelernt, der einfach ein ganz anderes Kaliber war. Er war Mensch, durch und durch. Es fing mit einer wirklich chaotischen Foren-Trollerei an, wir alberten herum, was das Zeug hielt. Das setzte sich uneingeschränkt in PNs und Mails fort. Wir schrieben mindestens 529 Mails, die irgendwann sehr intim und persönlich wurden und natürlich auch ernsthafte Themen enthielten. Unsere Mails waren mit zwinkernden Smileys gespickt und das Faszinierende daran war, dass es nicht eine einzige missverständliche Situation gab. Auch ohne Smileys oder Anmerkung traten wir uns nie auf die Füße, es war erfrischend und erleichternd, dass es so etwas überhaupt gab. Wir entdeckten viele Gemeinsamkeiten, von der Vorliebe für Gedichte und Geschichten bis hin zu unserem einzigartigen Humor.

Es dauerte nicht lange, da trafen wir uns das erste Mal, wenn auch nur kurz, weil er auf der Durchreise zu einer Freundin in Rostock war. Ja, Horst sah genauso aus wie auf seinen Bildern. Nicht gerade der Typ Mann, von dem ich träumte, viel zu dünn und auch von der Kleidung her eher schluderig, aber er hatte das gewisse Etwas. Ich weiß nicht, was es war, der verschmitzte Blick oder diese fahrige Hilflosigkeit, doch es gefiel mir. Zwei Wochen war er fort, wir standen die ganze Zeit über in Kontakt, und als er wieder in Berlin war, trafen wir uns sofort zu unserem ersten Date. Horst wollte in die kleine Bar aber ich wollte das nicht, ich wollte SM-freien Boden. Obwohl er über eine halbe Stunde zu spät kam, und ich inzwischen körperlich und auch stimmungsmäßig ein Eisklotz war, wurde es dennoch ein schöner Abend. Wir verstanden uns real genauso gut wie virtuell und legten recht schnell die anfängliche Scheu ab. Wir alberten herum, entdeckten noch mehr Gemeinsamkeiten und verabschiedeten uns überschwänglich. Der nun folgende Mailwechsel wurde schnell intensiver und bald verabredeten wir uns erneut, diesmal in einem Schwulen-SM-Club, der einmal im Monat auch für Paare geöffnet hatte. Ich wusste bis dahin nicht annähernd, wie er mir gegenüber empfand, und hatte irgendwie das Gefühl, es könnte auf, »Wir verstehen uns so gut, also lass uns einfach so gute Freunde bleiben« herauslaufen. Umso überraschter war ich, als er anfing, mit mir zu spielen.

Der Club war eine alte Fabriketage, die liebevoll zu einem Spielplatz für Erwachsene ausgebaut worden war. Alles war sehr martialisch, handfest, robust. Wir waren beide zum ersten Mal dort und sahen uns erst einmal um. Als wir auf einem Podest standen, fing Horst an, mich mit seinen Augen zu fixieren. Ich konnte mich nicht mehr auf die um uns herum Spielenden konzentrieren, an nichts anderes mehr denken, als daran, dass er mich doch endlich berühren sollte. Und dann war es so weit, er streckte seine Hand nach mir aus und streichelte meinen Arm. Plötzlich fasste er hart zu und zerrte mich in den angrenzenden Raum. Dort stellte er mich an das Kettenspinnennetz und fing an, mich abwechselnd zu streicheln und zu schlagen. Er war zwar nicht sicher im Umgang mit dem Rohrstock, den er extra mir zuliebe mitgebracht hatte, aber er hatte Potenzial. Es wurde ein sehr schöner Abend, der damit endete, dass er mich auf dem Bett fistete. Er selbst hatte rein sexuell betrachtet recht wenig davon, trotzdem genoss er es sehr.

Ein paar Tage später trafen wir uns erneut, diesmal um in die kleine Bar zu gehen. Dort fixierte er mich auf dem Gynstuhl und ich durfte das erste Mal seinen Schwanz berühren. Das Geile daran war, dass er gepierct war, oben an der Eichel und unten am Sack. Es fühlte sich komisch an, aber ich war neugierig darauf, wie es sich in mir anfühlte. Nicht viel später tat er mir den Gefallen und nahm mich, während ich über dem Bock lag, was das Zeug hielt. Ich hatte schon lange keinen so geilen Sex mehr, es war einfach unglaublich!

Der Kontakt zu ihm wurde immer enger, er meldete sich täglich und wir schrieben viele Stunden miteinander. Wir tauschten unsere Wünsche aus und versuchten uns gegenseitig kennenzulernen und zu verstehen. Und wir hatten endlos viel Spaß miteinander, sein Humor war beispiellos. Wir konnten uns nach Herzenslust verarschen, ohne auf den anderen sauer zu sein und es tat unendlich gut, mit ihm zu lachen. Immer öfter trafen wir uns, gingen weg oder er kam zu mir, blieb über Nacht und fuhr mich morgens zur Arbeit. Etwas Sorgen machte ich mir um seine Hunde, er hatte zwei Windhunde, die deshalb oft und lange allein blieben. Aber wenn ich ihn darauf ansprach, reagierte er gereizt und ich ließ es bald bleiben. Es war einfach perfekt, und das Schöne war, dass ich die Befürchtung, ihm nicht zu genügen, die ich bei Matthias hatte, nie spürte. Ich war mir sicher, dass Horst mich genau so wollte, wie ich war. Eines störte mich allerdings schon zu diesem Zeitpunkt. Er war unpünktlich, kam manchmal erst spät nachts und verlangte dann selbstverständlich trotzdem meine volle Aufmerksamkeit. Aber man geht ja Kompromisse ein. Begeistert war ich davon, wie er mir, gemeinsam mit Barney, der inzwischen ein sehr guter Freund geworden war, bei der Vorbereitung auf mein anstehendes Assessment-Center half. Sie machten mich beide so fit, dass ich den zweiten Platz erreichte und dafür die Teilnahme an einem übergeordneten Seminar bekam. Ich wollte beruflich aufsteigen, denn immer die kleine Verkäuferin zu sein reichte mir schon lange nicht mehr. Früher hatte ich in meinen eigenen Laden und davor in gehobener Position gearbeitet. Nun war ich bereit, das weiterzuführen. Es ging also bergauf.

Aber nicht nur beruflich, sondern auch privat lief alles gut. Horst und ich waren ein Team. Unser nächster großer Abend war wieder in diesem Schwulen-SM-Club. Er hatte mir schon seit Tagen angekündigt, dass ich mich gut darauf vorbereiten solle, und zwar komplett. Ich versuchte, ihn durch die Blume darauf hinzuweisen, dass so ganz komplett nicht ginge, denn er meinte damit anal. Seit Jochen war das kein Thema mehr für mich, selbst Matthias durfte das nie bei mir.

Wie immer holte er mich zu spät ab, aber darauf war ich inzwischen vorbereitet und wir fuhren zum Club. Zum Glück waren nicht so viele Leute dort, die ich kannte. Da er in der Szene unbekannt war, hatten wir viel Zeit für uns. Er war in richtig domiger Laune, ließ es an mir aus und zitierte mich in den Raum mit dem Kettenspinnennetz. Dort quälte er mich zuerst verbal und dann setzte er den Gürtel, die Gerte und das Stöckchen ein. Das eine oder andere Mal wurde ich wütend, da er aufgrund seiner mangelnden Erfahrung nicht wusste, wie er die Gerätschaften zu dosieren hatte. Als er dann versuchte, mir anal einen Dildo reinzustecken, bin ich ausgetickt und flüchtete in eine Ecke, wo ich mich verkroch. Er bemerkte zum Glück, dass etwas nicht stimmte, und brach sofort ab. Während ich heftig schluchzte, hielt er mich im Arm und tröstete mich. Später, an der Bar, stellte er mit Schrecken fest, dass er mich gar nicht gefragt hatte, ob ich das überhaupt mochte. Er hatte keine Ahnung, wie unangenehm das für mich war! Etliche Male entschuldigte er sich und sagte immer wieder, wie wichtig es doch sei, dass wir uns über solche Dinge unterhielten. Ich kuschelte mich an ihn und war froh, so einen verantwortungsbewussten Mann kennengelernt zu haben. Ich war so begeistert, dass ich folgenden Text auf meinem Profil verewigte:

 

Herein

Ich hab dich eingeladen, und du trittst ein. Du scheinst dich wohlzufühlen, obwohl du vorher noch nie hier warst. Schaust dich vorsichtig um und spähst in alle Winkel. Du lauschst dem Ticken und staunst über das, was du siehst, hörst und fühlst. Sogar Geschenke bringst du mit und nimmst jede dargereichte Willkommensgabe gerne an. Es ist schön, dich dazuhaben und dich kennenzulernen. Du wirst noch lange brauchen, bis du dich zu Hause fühlst und jede Ecke erkundet hast. Es wird nicht immer ein Zuckerschlecken sein, aber die Mühe wird sich lohnen, das spüre ich. Und wenn du richtig suchst, wirst du dich auch selbst finden. Also setz dich und mach es dir bequem ...

... IN MIR!

 

Danach folgten wieder 529 Mails zu diesem Thema und ich offenbarte ihm meine innersten Wünsche. Ich erzählte ihm alles, was ich bisher erlebt hatte und was sonst noch in meinem Kopf vor sich ging. Er ließ nicht locker und fragte, fragte, fragte. Aber von sich selbst gab er wenig preis, sondern er kommentierte nur meine Gedanken. Bis dahin hatte er immer behauptet, nicht wirklich dominant zu sein, doch eine Situation bewies mir, dass er es sehr wohl war.

Vor einem Treffen hatte ich ihm eine provokante SMS geschickt.

›Warum hab ich auch mal wieder meine Klappe nicht halten können?‹, war das Einzige, was ich denken konnte, als er mir gegenübersaß und mich abwartend anschaute. Es kam so überraschend, denn er verlangte:

»Lies mir die SMS noch einmal vor, und sag mir genau das direkt ins Gesicht.«

Erst dachte ich, er wollte mich nur foppen, mich maßregeln für meinen Tonfall, aber nein, es ging ihm um mehr.

Das Gefühl, das sich in mir ausbreitete, als er sagte, »Nun hast du die Gelegenheit, mir das Angekündigte vorzuführen«, war unbeschreiblich. Es pendelte zwischen Fassungslosigkeit, Gedemütigtsein und Hilflosigkeit hin und her. Das konnte nicht sein Ernst sein? Er wollte mich nur zurechtweisen und nicht, dass ich mich wirklich in dieser Situation vor ihm selbst befriedigte. Ich kniete lange vor ihm und kämpfte mit mir, bat und flehte, mir diese Aufgabe zu erlassen, doch er blieb hart. Endlose Minuten kniete ich da, mir leuchtete nicht ein, was er davon haben könnte, wenn ich jetzt tat, was er erwartete. Schließlich machte mir sein Blick unmissverständlich klar, dass er kein weiteres Hinauszögern mehr duldete und dafür war ich ihm dankbar.

Langsam zog ich mich aus, den Blick zu Boden gerichtet, nein, ich wollte ihm nichts beweisen, ich wollte ihm zeigen, dass es mir leidtat. Dass ich mir in Zukunft überlegen würde, was ich ankündigen würde. Nein, falsch, ich schwor mir, so etwas nie wieder von mir zu geben. Er saß in seinem Sessel, rauchte genüsslich und schaute mir dabei zu, wie ich langsam meine Befangenheit ablegte, mich treiben ließ und mich von den Wellen der Lust davontragen ließ. Doch mir einen Orgasmus zuzugestehen lag ihm mehr als fern, denn eine Belohnung hatte ich, weiß Gott, nicht verdient. Er erinnerte mich stattdessen daran, dass ich ihm nun beweisen könne, ob auch meine dritte SMS, in der ich ihm mitgeteilt hatte, was ich gern mit ihm stattdessen anstellen würde, genauso wenig ernst gemeint war.

Ich war erleichtert, dass ich endlich aus dem beleuchteten Mittelpunkt des Bettes herausdurfte, und kniete mich vor ihn hin, um seinen mittlerweile sehr harten Schwanz aus der Hose zu befreien. Nun fragte ich mich nicht mehr, was er denn von diesem Szenario hatte, ich sah und spürte es. Ich nahm ihn erst sanft und dann tiefer, als er mir zutraute in sich auf, und es war diesmal keine Überwindung, es war Dankbarkeit, jetzt wollte ich es ihm beweisen! Und es ging, wenn auch unter Tränen und leichtem Würgen, bis über den Punkt hinaus. Und irgendwann war er fast da, wo er immer hinwollte, tief in mir drin. Danach war ich das erste Mal wirklich froh ihn um das Letzte, was in meiner SMS gestanden hatte bitten zu dürfen - nämlich dass er mit mir schlief. Ich genoss es, genoss ihn, dass er so war, wie er war, und dass er mir gezeigt hatte, was ich war! So bestimmt hatte ich ihn noch nie erlebt, aber es zeigte mir, dass ich nicht alles mit ihm machen konnte, wenn mir mal wieder der Kragen platzte. Danach nahm er mich in den Arm, sah mir tief in die Augen und sagte mir:

»Ich bin sehr stolz er auf dich, dass du das für mich getan hast.«

Diese Nacht war mit eine der schönsten, die wir hatten. Zum Glück hatte ich mal wieder meine große Klappe nicht halten können!

Und auch an den nächsten Tagen hörte seine Fragerei nicht auf, er wollte alles bis ins Detail wissen, selbst Szenarien, die sich bisher nur in meinem Kopf abgespielt hatten. Und das war der schwierigere Teil dieser Geschichte, ich konnte schwer in Worte fassen, was ich wollte. Schließlich war ich Sub und dafür da, die Wünsche des Partners zu erfüllen. Nachdem ich lange genug um den heißen Brei herumgeredet hatte, legte er Folgendes fest:

»Du beschränkst dich am Samstag bitte darauf, eine Sache oder Situation so zu beschreiben, wie sie dich erregt. Dabei legst du das Gewicht auf das, was du an Empfindung damit verbindest, was es ist, was diesbezüglich in dir kribbelt. Einen Ablaufplan will ich nicht. Und kopiert wird da auch nischt.«

Okay, er wollte es so, er wollte wirklich wissen, was mich kickte, wollte es ganz genau wissen, also verfasste ich ein Gedicht, in dem ich meine gesamten Wünsche und Vorstellung niederschrieb. Ich war mir sicher, dass er genau das wollte. Und dann kam der schwierigere Teil. Ich sollte es ihm präsentieren, nur wie? Mir kam eine Idee. Ich zog mich elegant und doch sexy an, bereitete eine vorher eingekaufte Fischplatte vor, öffnete eine Flasche Rotwein und kniete mich in die Mitte meines Wohnzimmers. Um mich herum arrangierte ich einen Kreis aus unheimlich vielen Teelichtern. Sanftes Licht erfüllte den Raum, die Musik war wohldosiert und ich hatte sogar daran gedacht, den Schlüssel von außen stecken zu lassen, damit er ohne zu klingeln hereinkam. Diesmal erschien er zum Glück pünktlich und war mehr als gerührt, als ich ihm so drapiert Folgendes vorlas:

 

Nun sitz ich ganz alleine hier,

vor diesem leeren Blatt Papier

und versuch meine Gedanken in Worte zu fassen,

die sich so schwer beschreiben lassen.

Ich kann das nicht, kommt’s in mir hoch, du musst ja nicht, sagtest du mir noch,

bloß ehrlich, welche Wahl hab ich,

will ich nicht enttäuschen dich?!

 

Was kickt mich, hast du mich gefragt,

das, was du magst, hab ich gesagt,

Und doch reicht’s dir nicht,

will mein dunkles Inneres bringen ans Licht.

 

Drum fang ich mal ganz langsam an

und seh zu, was ich da machen kann,

okay, jetzt kommt’s, jetzt pass schön auf,

jetzt nimmt der Wahnsinn seinen Lauf:

 

Was kickt mich?!

 

Machtlosigkeit!

 

Das Gefühl, immer ein Stück zu weit zu gehen,

ob nun mit Worten oder Taten, ganz kurz über die Grenze zu sehen.

Wie weit kann ich mich wagen, wie reagierst du darauf?

Reicht ein Blick, eine Geste, und du hältst mich auf?!

Oder der berühmte Griff in den Nacken, um gestoppt zu werden,

um mir zu zeigen, was ich bin, und mich wieder nachhaltig zu erden.

Eben nicht alles tun können, was mir gerade in den Sinn schleicht,

sonst könnt ich dir auf der Nase herumtanzen, vielleicht?

Aber wer will das eigentlich schon? Und vor allem was hätten wir davon?

 

Hingabe!

 

Gib mir eine Linie vor, und ich werde mich bemühen,

nicht vom Weg abzukommen, wo diese komischen Blümchen blühen.

Ich brauche Regeln und Absprachen, an die ich mich halten kann,

um selbst entscheiden zu können, inwieweit ich mich daran halte dann,

eben das Risiko eingehe, dich zu enttäuschen

oder eben genau das Gegenteil zu erreichen.

Bestrafungen für nicht erfüllte Aufgaben gehören dazu,

hätt mir ja mehr Mühe geben können, dann hätt ich Ruh.

Aber wer will das eigentlich schon? Und vor allem was hätten wir davon?

 

Ergebenheit!

 

Lass mich erforschen, was wir beide brauchen,

in die unendlichen Tiefen der Lust abtauchen, deine dunkelsten Wünsche erfüllen und dir nie fallen zur Last,

ich möchte das Geilste sein, was du je kennengelernt hast.

Bring mich zu deinem Ziel, und ich möchte dir hörig ergeben sein,

lass mich der Traum deiner schlaflosen Nächte sein!

Aber tief in mir möcht ich nur eins – jemandem?

Dir? – gehören, Eigentum sein,

mich dir ergeben und in deinen Augen sehen den stolzen Schein.

Aber ich glaub, das willst auch du eigentlich schon?

Und vor allem hätten wir beide etwas davon!

 

Danach war Stille, er schaute vom Sessel auf mich herunter und war sichtlich gerührt. Er zog mich sanft zu sich heran, nahm mich in seine Arme und hielt mich fest. Ich war glücklich, diese Aufgabe bestanden zu haben, hatte er doch gerade Selbst-Präsentation mit mir für das Assessment-Center geübt.

Ich war noch in meinem tranceähnlichen Zustand, als er plötzlich das Thema wechselte und nach der angekündigten Fischplatte fragte. Auch davon war er sehr beeindruckt. Wir genossen den Fisch und den Wein, dabei unterhielten wir uns angeregt. Dann kam er plötzlich auf die Idee, den Abend mit einem Besuch in einem privaten SM-Club, in dem schon einige unserer Freunde warten würden, abzurunden. Ich war irritiert, wieso unterbrach er diese wunderschöne Stimmung auf einmal? Doch ich schob meine Gedanken beiseite und willigte ein. Es wurde sehr lustig, Ares und Areia waren da und führten Bondage vor. Sie versuchten, uns den Umgang mit Seilen näherzubringen. Wir hatten unendlich viel Spaß dabei, uns gegenseitig zu verknoten, auch wenn wir uns dadurch die abschätzigen Blicke der anderen zuzogen. Ja, so war er, erst extrem einfühlsam und dann unendlich albern. Es war schön und wohltuend zugleich, ihn an meiner Seite zu wissen.

An Nikolaus fuhr Horst in Urlaub, und ich schenkte ihm Guthaben für sein Prepaid-Handy, damit er nicht die Ausrede hatte, sich aus dem Urlaub nicht melden zu können. Er schrieb auch die eine oder andere SMS und merkte an:

»Den Bären, der Dir inzwischen gewachsen ist, den möchte ich selbst erlegen.«

Er spielte darauf an, dass ich mich in der Zeit seiner Abwesenheit, nicht rasieren durfte.

Die Zeit verging irgendwie, wenn auch gefühlt viel zu langsam, doch war er schon bald wieder da. Ich freute mich sehr darauf, ihn endlich wiederzusehen, doch er anscheinend nicht. Er kam erst zu mir, nachdem er bereits zwei Tage zurück war, erlegte zwar den Bären, doch er war anders, als ich ihn in Erinnerung hatte. Irgendwie hatten wir den Faden verloren und ich hatte keinen Zugang mehr zu ihm. Irgendetwas war anders, aber ich konnte es nicht greifen.

Es war inzwischen fünf Tage vor Heiligabend, und meine Erinnerungen an das letzte Weihnachtsfest waren wieder spürbar nahe. Ich schrieb eine Geschichte darüber und stellte sie ins Forum, in der Hoffnung, dass Horst sie lesen und meine Ängste verstehen würde. Ich war mir eigentlich sicher, dass es dieses Jahr schön werden würde und trotzdem war sie unterschwellig da, die Angst, am Heiligen Abend alleine zu sein.

Der Tag rückte immer näher und ich bekam nur sporadisch Nachrichten von Horst. Da wir uns bis vor seinem Urlaub fast täglich gesehen oder zumindest geschrieben hatten, ahnte ich schon wieder Schlimmes. Um 14 Uhr hatte ich endlich Feierabend, mein Sohn war wie immer an Heiligabend bei seinem Vater und ich fuhr nach Hause. Horst hatte sich weder angekündigt, noch abgesagt, ich wusste also immer noch nicht, ob er kommen würde. Also stieg ich erst einmal in die Badewanne und ließ den ganzen geschäftlichen Vorweihnachtsstress hinter mir, denn im Handel zu arbeiten ist in dieser Zeit kein Zuckerschlecken. Ein Glas Rotwein ließ mich entspannen, und als meine Finger begannen aufzuweichen, trocknete ich mich ab und bereitete ein kleines Dinner vor. Nicht zu viel, falls ich doch allein sein würde, aber dennoch genug für zwei. Ich war kaum fertig, als es an der Tür klopfte, obwohl ich eine Klingel hatte. Ich öffnete und da stand er schmunzelnd in der Tür. Ich freute mich sehr und drückte ihn fest. Nach dem Essen überreichte ich ihm mein Geschenk und bekam auch etwas von ihm, ein kleines Schmuck-Kästchen. Ich schaute ihn verwundert an und befürchtete tatsächlich Ringe. War er deshalb so eigenartig in den letzten Tagen gewesen?

»Nun mach schon auf«, zwinkerte er mir zu. Es waren tatsächlich Ringe, nur keine für die Finger. Ich schluckte. Er hatte schon des Öfteren davon geredet, dass er mich gern gepierct hätte. Als ich ihn fragte, wann ich das machen lassen sollte, kam wie aus der Pistole geschossen:

»Na, heute!«

Ich wunderte mich, an Heiligabend hatte doch kein Piercingstudio offen. Er sah mich sehr ernst an:

»Du musst dieses Geschenk nicht annehmen, aber ich würde mich freuen, wenn ich dir heute Abend diese Piercings stechen könnte.«

Ich war gerührt und freute mich sehr, auch wenn mich Angst beschlich, denn schmerzlos würde das ganz sicher nicht werden. Ich nickte also und antwortete:

»Es wäre mir eine Ehre, dieses Zeichen der Verbundenheit von dir erhalten zu dürfen.«

Er schaute mich nachdenklich an.

»Dann bleib hier sitzen und warte, bis ich dich rufe!«

Mir schlotterten die Knie. Nach einer gefühlten Stunde rief er mich ins Schlafzimmer, wo ich mich entkleiden und breitbeinig auf das Bett legen sollte. Es war mit einem sterilen Tuch abgedeckt, und an den vier Ecken waren Stricke angebunden, mit denen er mir sowohl Arme als auch Beine festband. Ich fragte ihn, womit er mich betäuben würde, doch anstatt zu antworten, grinste er nur böse. Mir wurde angst und bange aber ich sah, wie ihn die Situation erregte. Es dauerte nicht lange, und er fiel, ausgehungert, wie er sein musste, über mich her. Schließlich hatten wir uns über eine Woche nicht gesehen. Der Sex mit ihm war immer etwas Besonderes, ob es an seinen Ringen lag, weiß ich nicht, aber er wusste immer, was er tat.

»So, das wird dann für dieses Jahr auch das letzte Mal gewesen sein«, sprach's und legte sich seine Piercingutensilien bereit.

Er machte so etwas nicht zum ersten Mal und hatte genügend Erfahrung. Er reinigte mich gründlich, desinfizierte mich und durchstach mir die beiden kleinen Labien. Der Schmerz war intensiv, aber zu kurz, um ihn genießen zu können, dafür war das Setzen des Vorhautpiercings umso schmerzvoller. Irgendwie ging etwas schief, der Ring war wohl zu dick für die Nadel oder er hatte einen Nerv getroffen und ich schrie wie am Spieß. Er brach sofort ab und beließ es bei den beiden Kleinen. Mir reichte das für den Moment und ich war stolz, aber auch froh, es hinter mir zu haben.

Nun war ich also gepierct, von ihm. Auch der Heilige Abend war überstanden und das mit einem so schönen Geschenk. Ich war dankbar und freute mich auf unser nächstes Treffen. Schon am zweiten Feiertag hatte Barney zu einer Party eingeladen, und wir sagten erfreut zu. Schließlich waren seine Partys legendär.

Schon als wir die vielen Treppenstufen zu Barneys Wohnung hinaufstiegen, diesmal erschienen sie mir weitaus mehr als sonst, hörten wir die ersten Schrei- und Klatschgeräusche. Barney waltete wieder seines Amtes, als Gastgeber und auch als Dom. Wie viele der Mädels, die da waren, unter seiner Fuchtel standen, war nicht auszumachen. Eins stand aber fest, ich nicht mehr! Der Abend wurde immer ausgelassener, eine seiner Subs war auf Krawall gebürstet und schloss sich letztendlich im Bad ein. Er hatte Geduld, platzierte sich einfach davor und wartete, während er mit den anderen Gästen plauderte. Plötzlich ging die Tür auf, und seine Kleine kam splitterfasernackt aus dem Bad. Er stürzte sich auch sogleich auf sie und rutschte ab. Sie hatte sich von oben bis unten mit Öl eingeschmiert und so glitschten die beiden also lachend und fluchend den Flur entlang. Wir konnten uns vor Lachen kaum halten, sie war ihrer Strafe für den Moment entgangen, denn auch Barney konnte sich kaum noch halten. Es war also eine rundherum gelungene Party und auch Horst kam auf seine Kosten. Er konnte mich mit kleinsten Bewegungen peinigen, weil meine frisch gestochenen Piercings ziemlich empfindlich waren.

Aber im Großen und Ganzen heilten sie gut, nach vierzehn Tagen war so gut wie nichts mehr zu spüren. Horst hatte die Ölspielerei auf Barneys Party animiert. Eines Abends befahl er mich ins Schlafzimmer, wo er auf dem Bett eine Latexdecke ausgebreitet hatte. Er wusste, dass ich es so gar nicht mochte, gekitzelt zu werden. Er fixierte mich stehend vor dem Bett und strich mir zunächst ganz sanft mit einer Feder über die Haut. Ich bekam am ganzen Körper Gänsehaut und hätte vor Unbehagen schreien können. Ich riss mich aber zusammen, erst als er mich tatsächlich abkitzelte, war es vorbei mit meiner Contenance. Als ich mich wieder beruhigt hatte, rieb er meinen Körper mit Öl ein und löste meine Fesseln. Dann legte er sich zu mir, und ich versuchte, mich für die gerade erlebte Pein zu rächen, aber wir glibschten nur so über das Bett. Es war ein sehr witziges, aber auch hocherotisches Gefühl, den anderen Körper so zu spüren. Und so wurde der Abend auch für mich sehr erfüllend.

Er ließ sich immer wieder neue, ausgefallene Sachen einfallen und doch war irgendetwas anders als vor seinem Urlaub. Es gab keine Fragen mehr über die Fantasien und Wünsche des anderen, keine Gespräche, E-Mails oder SMS mehr. Horst ging immer öfter allein weg und fragte mich nicht mal, ob ich mitkommen wolle. Er übernachtete seltener bei mir und wenn, dann saß er hauptsächlich am Computer und trollte in verschiedenen Foren herum. Ich machte gute Miene zum bösen Spiel, doch ich merkte, dass er nicht mehr ganz bei der Sache war. Irgendwann bekam ich eine sehr dubiose SMS von ihm:

»Das ist der Beginn einer wunderbaren Freundschaft, einer platonischen.«

Ich verstand nicht, was er meinte, und er erklärte sich auch nicht. Von Woche zu Woche entfernte er sich mehr von mir, und jede Art der Nachfrage, warum und wieso verlief ins Leere. Ares und Areia waren inzwischen meine engsten Freunde geworden und wir unternahmen viel zu viert. Und so lag es auch nahe, mit den beiden über die Situation zu sprechen, denn ich merkte immer deutlicher, dass Horst mir auswich, ja sogar das eine oder andere Mal aus der Wohnung floh. Aber auch die beiden wussten keinen Rat. Ich fing an, meine Gedanken aufzuschreiben und sie ihm per Mail zu schicken, es waren Schüsse ins Blaue und ich erhielt nie eine Antwort.

 

Schweigend ins Gespräch vertieft

 

Du bist genau mein Gleichnis-Gegenteil,

so anders und doch ebenso,

erschreckst mich damit, störst mein Seelenheil