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Über unsere Bücher läßt sich streiten

Zehn Jahre Ch. Links Verlag

Christoph Links
Christian Härtel (Hg.)

Über unsere Bücher
läßt sich streiten

Zehn Jahre
Ch. Links Verlag

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1. Auflage, Dezember 2013 (entspricht der 1. Druck-Auflage von Dezember 1999)

Inhalt

Christoph Links

Zeitgeschichte als Programm

Vom Überleben der Kleinen in einem Markt der Großen

Christian Härtel

Ein kleiner Streifzug durch die Sachbuchgeschichte

Warum bei Ch. Links keine Lyrik erscheint

Christoph Dieckmann

Mein Verlag

Vom Glück und Unglück eines Autors

Werner Abel

Warum ich nicht gezögert habe, Teilhaber zu werden

Meine besondere Erfahrung mit politischen Büchern am Rande des Erzgebirges

Hermann Schulz

Spuren hinterlassen in unserer Zeit

(Keine) Ratschläge eines Verlegerkollegen

Peter Laudan

Bücher als Orientierungshilfe

Ein Westjournalist erschließt sich den Osten

Sabine Wiekenberg

Wahnsinn! Zehn Jahre Links!

Die Vertreterin, Günter Grass und ein Biedermeiersträußchen

Ruth Klinkenberg

Das Salz in der Suppe

Wie im Buchhandel ein paar neue Lichter angezündet wurden

Eberhard Delius

Obskure Geschäfte

Herstellererfahrungen in West und Ost

Christian Schertz

Über Bücher läßt sich streiten – am Ende vor Gericht

Die juristischen Auseinandersetzungen des Ch. Links Verlages

Edda Fensch

»Schicken Sie mir doch mal ein Rezessionsexemplar«

Sternstunden und Abgründe aus der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit

Andreas Krauß

Kleines Vertriebsalphabet

Annäherung an eine fragmentierte Existenz

Margit Stragies

Leben im Abseits oder Die Einsamkeit des Finanzbearbeiters

Christian Härtel

»Wir sind nicht basisdemokratisch, aber wir essen zusammen«

Der Mittagstisch bei Ch. Links

Anke Pätsch

Auf dem Weg zum Traumjob?

Ein typischer Praktikantenwerdegang

Der Verlag dankt!

Unsere Praktikanten

Die Links-Mannschaft

Feste Mitarbeiter seit 1990

Wir freuen uns auf weitere Zusammenarbeit!

Ständige freie Mitarbeiter und Kooperationspartner

Verlagschronik 1989–1999

Gesamtbibliographie aller bisher erschienenen Titel

Personenregister zur Gesamtbibliographie

Abbildungsnachweis

Zu den Autoren

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Der Verlag im Wohnzimmer – die Anfänge im Frühjahr 1990.

Christoph Links

Zeitgeschichte als Programm

Vom Überleben der Kleinen
in einem Markt der Großen

Knapp ein Jahr nach unserer Gründung im Dezember 1989 fuhren wir auf die Frankfurter Buchmesse, um unser Startprogramm zu präsentieren. Die Begrüßung dort war überaus freundlich, mitunter sogar beängstigend überschwenglich. Kein Wunder. Es war der 3. Oktober 1990. Der erste Messetag fiel auf den Tag der deutschen Einheit. Insofern lag es für die Medien nur nahe, einen der ersten neugegründeten Privatverlage des Ostens entsprechend herauszustellen. Zu unserer Verwunderung ging es dabei aber kaum um unsere Bücher, sondern eher um die Veränderungen der ostdeutschen Buchlandschaft an sich. Erst zwei Jahre später gestand mir ein Münchner Verleger, daß die Kollegen damals alle nicht viel von unseren gelben Bänden zur DDR-Geschichte gehalten hätten, zumindest nicht von ihrer Verkäuflichkeit. Zum Ende der neunziger Messe hätten einige sogar gewettet, wie oft man den ach so gepriesenen kleinen Ostverlag wohl noch in Frankfurt sehen werde. Das optimistischste Gebot lag bei drei Jahren.

Zum zehnten Geburtstag läßt sich so eine Geschichte ohne Zweifel gut erzählen, schließlich konnten wir uns allen Unkenrufen zum Trotz bisher tapfer behaupten. Und doch steckte in der damaligen Reaktion der Kollegen weniger Überheblichkeit als geronnene Markterfahrung, was auch wir nach den ersten zwei Jahren unserer Existenz bitter zu spüren bekamen. Die Gründungsidee war zu diesem Zeitpunkt weitgehend abgearbeitet, viele weiße Flecken der DDR-Geschichte hatten inzwischen Zeichnung bekommen, die meisten Tabus der jüngsten Vergangenheit waren gebrochen. Nach der Anfangseuphorie im Westen ließ die Neugier über den dazugewonnenen Landesteil rapide nach, mit der Einführung des Solidarbeitrages und dem Ausbleiben des vielbeschworenen Aufschwungs kippte die Stimmung sogar um. Das Thema Osten wurde zunehmend mit Unlust besetzt, unsere Umsätze gingen rapide zurück. Damit stand für uns die Frage: wie weiter? Sollten wir unser Programm reduzieren und uns auf einige wesentliche Titel zum Thema konzentrieren, so wie unsere Kollegen vom BasisDruck Verlag, oder sollten wir unser Heil in der Belletristik und in Satirebüchern suchen, wie die Mitstreiter vom Forum Verlag in Leipzig?

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Schaufenster der Kleist-Buchhandlung in der Schönhauser Allee in Berlin im Frühjahr 1992 mit den gelben Politik-Bänden.

Wir haben uns für einen Weg dazwischen entschieden. Am zeitgeschichtlichen Sachbuch wollten wir festhalten, aber Themen und Gestaltungsformen sollten künftig breiter werden. So entstanden zunächst eine kulturhistorische Reihe, »Berliner Blicke«, für die wir Heinz Knobloch als Herausgeber gewinnen konnten, und eine Serie mit Biographien und Lebenserinnerungen, gestaltet von Lothar Reher. Doch in beiden Bereichen hatten wir wenig Glück. Bei den Berlin-Bänden fehlte uns die genaue Marktkenntnis. Die kleinen, aufwendig gestalteten Bücher eigneten sich nicht als repräsentative Geschenkbände, und für den Touristenbedarf unterwegs waren sie zu umfangreich und teuer. Nach sieben verzweifelten Versuchen haben wir uns 1993 von dem schönen Projekt wieder verabschieden müssen. Die Biographien hatten es am übervollen Markt noch schwerer, zumal uns die finanzielle Kraft fehlte, aufwendige Projekte vorzufinanzieren. So mußten wir manchen Anbieter zu größeren Häusern ziehen lassen und uns vom Traum einer neuen Reihe bereits nach dem zweiten Band verabschieden. Biographien erscheinen seitdem hin und wieder in Einzelbänden.

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Marita P. präsentiert ihr Buch aus der grünen Publizistik-Reihe »Aids hat mir das Leben gerettet« am 18.9.1993 in Hamburg.

Mehr Erfolg stellte sich dann bei zwei anderen Reihen ein. Die grünen Klappenbroschuren mit »Literarischer Publizistik«, also Reportagen, Porträts, Interviews und Essays, boten einen idealen Rahmen, um Autoren wie beispielsweise Alexander Osang und Christoph Dieckmann mit ihren Texten zur Geltung kommen zu lassen. Unterschiedliche Formen subjektiver Reflexionen über die gesellschaftlichen Veränderungen der Gegenwart waren hier deutlich besser aufgehoben als in den gelben Broschuren unserer Anfangsjahre, die sich vor allem durch historische Dokumentationen ausgezeichnet haben.

Als ausgesprochener Glücksgriff erwiesen sich schließlich die großformatigen Bild-Text-Bände zur Topographie deutscher Geschichte. Hier ging es vor allem um die baulichen Hinterlassenschaften aus der Zeit des Nationalsozialismus, womit auch eine generelle Ausweitung des Verlagsprogramms über die DDR-Zeit hinaus verbunden war. Diese sorgfältig gestalteten Bücher, die vor allem durch ihr reichhaltiges seltenes Bildmaterial bestechen, haben sich in den letzten fünf Jahren zu einer Art Flaggschiff unseres Hauses entwickelt und tragen entscheidend zur wirtschaftlichen Stabilität bei, erreichen sie doch zumeist mehrere Nachauflagen. Die mühsame, oft mehrjährige Entwicklungsarbeit, die in jedem dieser Bände steckt, zahlt sich dann tatsächlich auch mal aus.

Der zwischenzeitliche Versuch dagegen, mit knappen Porträtbänden zu eigenwilligen Gestalten des Showgeschäfts eine populäre Reihe mit hohen Startauflagen zu schaffen, ist 1996 gründlich gescheitert. Die Buchhändler wollten uns diese »Schrägen Köpfe« einfach nicht abnehmen. »Was soll denn das bei Ihnen, Sie sind doch nicht Heyne oder Goldmann«, war die häufig gehörte Reaktion. »Bleiben Sie mal bei dem, wovon Sie was verstehen!« hallte es uns nach. Gemeint waren solide recherchierte Sachbücher zur Zeitgeschichte, bis hin zu wissenschaftlichen Analysen.

1994 hatten wir die Reihe »Forschungen zur DDR-Gesellschaft« gestartet, um auch jene Arbeiten publizieren zu können, die an den Universitäten im Zuge des Booms zeithistorischer Forschung entstehen, sich aber nur an einen speziellen Leserkreis wenden und daher fremdfinanziert in kleinen Auflagen erscheinen. Ähnlich ist es mit der 1995 begonnenen Reihe der Forschungsabteilung des Bundesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen, in der inzwischen 18 Bände herausgekommen sind, wovon lediglich einer die Kostendeckung aus eigener Kraft erreichen konnte, Joachim Walthers Studie über den »Sicherungsbereich Literatur«.

Unabhängig von der jeweiligen Reihenzuordnung sind zu allen Zeiten bei uns Bücher erschienen, die sich in aktuelle Auseinandersetzungen einmischen, über die sich im besten Sinne des Wortes streiten läßt. Von Anfang an war es erklärtes Ziel des Verlages, gesellschaftliche Prozesse kritisch zu begleiten, Mythen zu hinterfragen und Fakten an die Stelle von Verklärungen zu setzen.

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Heinz Knobloch und Christoph Links stellen auf der Leipziger Buchmesse 1993 die Reihe »Berliner Blicke« vor. Als erster Titel erschien 1991 »Unter den Linden« von Winfried Löschburg.

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Pressekonferenz zur Vorstellung der Reihe »Analysen und Dokumente« am 28.9.1995. Christoph Links, Joachim Gauck, Karl Wilhelm Fricke, Klaus-Dietmar Henke und Matthias Braun (v. l. n. r).

Den ersten heftigen Streit löste 1991 der Insider-Report »Wie frei ist die Waldorfschule?« aus, bei dem es zu tumultartigen Auseinandersetzungen während der Lesungen von Paul-Albert Wagemann kam, der aus seinen Erfahrungen als ehemaliger Waldorf-Lehrer berichtete. Eifrige Anthroposophen organisierten ganze Schulklassen, um mit ihnen Stimmung gegen das Buch zu machen. Doch der Titel blieb ungefährdet am Markt, erlebte bei uns zwei Auflagen und war dann noch im Taschenbuch bei Heyne erfolgreich.

Bei Martin Flugs 1992 erschienenem »Treuhand-Poker – Die Mechanismen des Ausverkaufs« blieb es nicht bei verbalen Attacken, sondern ein früherer Manager dieses »größten Konzerns der Welt« zog vor Gericht. Er war entlassen worden, da er einen der größten DDR-Betriebe weit unter Wert an seine frühere westdeutsche Firma verscherbelt hatte, worüber in den Medien vielfältig berichtet worden war. Ein entsprechendes Zitat in unserem Buch griff er Monate später juristisch an, da er sich inzwischen Rehabilitierungsschreiben von Frau Breuel und anderen besorgt hatte. Uns blieb nichts anderes übrig, als seinen Namen zu anonymisieren.

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Buchpremiere von »Vision und Wirklichkeit« aus der Reihe DDRForschung in Jena am 20.4.1999. Axel Reitel, Hannes Schwenger, Renate Ellmenreich, der Autor Udo Scheer und sein Verleger (v.l.n.r.).

Wesentlich heftiger kam es, als 1993 »Der Sekten-Konzern« erschien, in dem sich Frank Nordhausen und Liane v. Billerbeck kritisch mit dem Vormarsch von Scientology auseinandersetzten. Im Büro erschienen nicht nur ungebetene Gäste, um lautstark auf uns einzureden, sondern am Verlagsauto wurden auch die Reifen durchstochen, und die Autoren erhielten anonyme Morddrohungen. Anschließend setzte eine Prozeßflut ein, mit der wir nacheinander vor die Gerichte in Bonn, München, Köln und Berlin zitiert wurden. Mit den abwegigsten Vorwürfen sollte das Buch vom Markt geklagt werden, was aber stets verhindert werden konnte. Neben fünf Auflagen bei uns gab es Buchclubausgaben bei der Büchergilde und bei Bertelsmann sowie ein gut verkauftes Taschenbuch bei Droemer/Knaur. Die intensiven juristischen Auseinandersetzungen, die den Verlag fast ein halbes Jahr lahmlegten, hatten zumindest ein Gutes: Sie schärften den Blick für künftige Manuskripte. Dies kam unter anderem dem umfangreichen Handbuch »Psycho-Sekten« zugute, das die beiden Autoren 1997 vorlegten. Bei allen polemischen Einwendungen der kritisch durchleuchteten Gruppen kam es nur noch in einem Fall zum Prozeß. Und den konnten wir gewinnen.

Ohne einen Prozeß, dafür aber mit großer öffentlicher Debatte verlief die Auseinandersetzung um Jakob Knabs Buch »Falsche Glorie – Das Traditionsverständnis der Bundeswehr«. Darin fordert der Allgäuer Religionslehrer Knab unter anderem eine Umbenennung jener 30 Bundeswehrkasernen, die 1995 noch die Namen von hochrangigen Nazi-Offizieren trugen. Die zahlreichen Veranstaltungen zum Buch sowie die Aktionen von Bürgerinitiativen und SPD-Vertretern führten schließlich zu einem derartigen öffentlichen Druck, daß sich CDU-Verteidigungsminister Rühe gezwungen sah, zwei dieser Kasernen zum 40. Jahrestag der Bundeswehr umzubenennen.

Eine mittelbar politische Wirkung ging auch von der Dokumentation »Soldaten sind Mörder« aus. Sie erschien genau in jenem Moment, als die CDU/FDP-Koalition 1996 ein Gesetz in den Bundestag einbringen wollte, das Tucholskys radikalpazifistischen Satz als Ehrverletzung unter Strafe stellen sollte, obwohl er sich seit Jahrhunderten so oder ähnlich in der Literatur finden läßt. Herausgeber Michael Hepp wurde schließlich zur Expertenanhörung vor den Rechtsausschuß des Bundestages geladen und veranlaßte danach, daß alle FDP-Abgeordneten ein kostenloses Leseexemplar für die Weihnachtsferien erhielten. 1997 wurde dann auf Vorstoß der FDP von der Gesetzesinitiative abgelassen.

Daß derartige Bücher sauber lektoriert und ordentlich ausgestattet stets zum rechten Termin erscheinen konnten – auch wenn die Autoren mitunter bis zur letzten Minute daran schrieben –, hat entscheidend damit zu tun, daß alle Kollegen im Verlag mit den Titeln inhaltlich verbunden sind. So wie an der Programmdebatte alle beteiligt sind, so stehen dann auch in den letzten Nächten vor Drucklegung mehrere für die Einarbeitung von Umbruchkorrekturen oder die Erstellung der Register zur Verfügung. In einem kleinen Haus mit nunmehr sechs Mitarbeitern wird stets dort mit angepackt, wo es gerade am dringendsten ist. Anders wäre es in all den Jahren auch nicht zu schaffen gewesen, selbst wenn ein Team freier Mitstreiter uns noch tatkräftig unterstützt.

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Jakob Knab im Februar 1996 vor der ehemaligen Dietl-Kaserne in Füssen, die u.a. aufgrund seines Buches »Falsche Glorie« umbenannt wurde.

Es ist der Spaß an der Arbeit, der uns zusammenhält, die Freude daran, engagierten Autoren mit ihren Texten zu gesellschaftlicher Wirkung zu verhelfen. Daß dies auch die Autoren spüren, wird unter anderem daran deutlich, daß sich bisher noch niemand hat abwerben lassen. Den Debüt-Bänden von Alexander Osang, Christoph Dieckmann, Frank Nordhausen, Liane v. Billerbeck, Peter J. Kraus oder Gerhard Kaiser sind stets mehrere andere Bücher gefolgt. Auch Jahre nach einem gemeinsam erarbeiteten Buch kommen noch Autoren bei uns vorbei, um einfach mal zu sehen, wie es »ihrem« Verlag inzwischen ergangen ist.

Auf dieser Basis läßt sich gut weiterarbeiten. Die nächsten zehn Jahre wollen wir nutzen, um das zeitgeschichtliche Sachbuchprogramm schrittweise zu verbreitern, über Deutschland hinauszuschauen und jenseits der großen Politik auch individuelle Lebensentwürfe vorzustellen. Genug Irrwege liegen hinter uns, um fortan behutsam ans Werk zu gehen und große Sprünge zu meiden. Ein allmähliches Wachstum hat sich als der sicherere Weg erwiesen, auch wenn es dabei mitunter etwas langsamer vorangeht. Aber schließlich stehen wir im Wort gegenüber unseren 50 Stillen Teilhabern, die mit ihren jeweils 5.000 DM Einlage dem Verlag erst zum Leben verholfen haben, und dieses Geld dürfen wir natürlich nicht in den Sand setzen.

Wenn die Rahmenbedingungen vernünftig bleiben und wir nicht nach einem möglichen Fall der Preisbindung einen Großteil unserer Partnerbuchhandlungen verlieren, dann sollte es in zehn Jahren wieder Anlaß geben zu feiern.

Christian Härtel

Ein kleiner Streifzug durch die Sachbuchgeschichte

Warum bei Ch. Links keine Lyrik erscheint

In einem Verlag entstehen, das weiß jeder, Bücher. Romane, Pferdebücher, Gedichtbände ... Wenn hoffnungsvolle Autoren mit ihren Werken an die Öffentlichkeit treten wollen, müssen sie sich auf die Suche nach einem Verleger machen. Auch im Ch. Links Verlag treffen täglich unverlangt eingesandte Manuskripte ein. Die jungen Dichter erotischer Sonette, die sich in den einschlägigen Verlagsverzeichnissen ausgerechnet Ch. Links für ihr Debüt ausgesucht haben, werden von uns leider enttäuscht. Sie erhalten einen Brief mit etwa folgendem Wortlaut: »Wir haben uns auf Sachbücher zu Politik und Zeitgeschichte spezialisiert und können Ihre Lyrikanthologie leider nicht in unser Verlagsprogramm aufnehmen.«

Doch was heißt Sachbücher? Warum weisen wir etwa den Beobachter der Wendezeit, der seine Gedanken in scharfsinnige Aphorismen verpackt, mit der Berufung auf die »Sache« so schnöde zurück, obwohl er die politische Realität vielleicht treffend beschreibt? Was soll das überhaupt sein, ein Sachbuch?

Folgt man der im englischsprachigen Raum gängigen Unterscheidung zwischen fiction und non fiction und schlägt alle nichtfiktionalen Werke den Sachbüchern zu, so gehören über 80 Prozent der jährlichen Buchproduktion in Deutschland der »Sachliteratur« an. Wenn auch diese Kategorisierung mit Sicherheit zu weit greift und das Unterscheidungsmerkmal nichtfiktional Taschenkalender und Fahrpläne zu Sachbüchern macht, so ist doch unbestritten, daß Sachliteratur einen bedeutenden Anteil an dem hat, was tagtäglich geschrieben, gedruckt, verkauft und gelesen wird. Macht man sich nun auf die Suche nach einer differenzierteren Definition – sei es als Wissenschaftler aus Interesse am Medium Buch, sei es als Praktiker, der seinen Arbeitsgegenstand gerne etwas genauer kennenlernen und beschreiben möchte –, so stößt man auf eine recht überschaubare Anzahl von Publikationen zum Thema. (Immer noch eine der fundiertesten Einführungen bietet »Kindlers Literaturgeschichte der Gegenwart«, hrsg. von Rudolf Radler, insbesondere der Aufsatz von Ulf Diederichs: »Annäherungen an das Sachbuch«.) Die Literaturwissenschaften haben bis in die sechziger Jahre hinein alles Nichtliterarische ignoriert und sich auf diese Art – legt man rein quantitative Kriterien an – nur noch mit marginalen Erscheinungen des Buchmarktes beschäftigt. Wenn sich Literaturwissenschaftler dann doch einem Segment wie den Sachbüchern zuwenden (vereinfachend soll im folgenden immer von den Sachbüchern die Rede sein, auch wenn eine so pauschale Bezeichnung problematisch bleibt), dann scheinen sie unter Legitimationszwang zu stehen. Die Ausweitung des Literaturbegriffs muß auch heute noch häufig mit dem Versprechen eines besonderen Erkenntnisgewinns begründet werden. Auch die Autoren und Verleger von Sachbüchern, die sich theoretisch mit Sachliteratur beschäftigen, stellen häufig ihren Texten eine rechtfertigende Passage voran. Hier wird meist der besondere pädagogische Wert der eigenen Arbeit hervorgehoben, da man sich auf ästhetische Qualitäten bei dieser Form von Gebrauchsliteratur offenbar nur schwer berufen kann.

Ist denn nun eine theoretische Beschäftigung mit dem, was man Sachliteratur nennt, überhaupt nötig? Ich denke, die Antwort des Praktikers und des Literaturwissenschaftlers müßte »Ja« heißen. Der Praktiker sollte wissen, was gemeint ist, wenn er von seinen Sachbüchern spricht, in welchen Traditionslinien er sich bewegt und wo – etwa im Hinblick auf die Programmplanung – verwandte Textarten zu finden sind. Auch Literatur- und Kommunikationswissenschaftler dürfen angesichts der Wechselbeziehungen zwischen den verschiedenen Medien schlechterdings nicht an diesen großen Teilen der jährlichen Buchproduktion vorbeisehen.

Im folgenden soll daher ein kleiner Streifzug durch die Geschichte des Sachbuchs unternommen werden, der hoffentlich nicht in jenen rechtfertigenden Ton verfällt.

Etwas genauer läßt sich das Sachbuch, einer lexikalischen Definition folgend, als eine Buchgruppe beschreiben, die im Unterschied zur Belletristik und zum Fachbuch sachbezogene Themen für ein breites Publikum von Nichtfachleuten allgemeinverständlich darstellt. Die Frage nach der jeweiligen formalen Gestalt des Sachbuches führt aber eher in die Irre. Beinahe alle Textgattungen können Sachbuchcharakter haben: Reportagen, Ratgeber, Nachschlagewerke, Biographien, erzählende Darstellungen, Dokumentationen ... Indem medienwissenschaftliche Ansätze in die Literaturwissenschaften Einzug gehalten haben, konnten auch Textgruppen jenseits des literarischen Kanons mit neuem Handwerkszeug besser beschrieben und analysiert werden. Heute wird also eher die Frage nach der kommunikativen Funktion von Sachtexten gestellt. Wer will was mit welchen Mitteln wem mitteilen? Welche Fertigkeiten muß ein Sachbuchautor besitzen, wenn er die obenerwähnte Wissensvermittlung leisten will?

Sucht man nach den Vorläufern heutiger Sachliteratur und hält man sich dabei an eine möglichst weite Definition, so lassen sich unter diesem Begriff sehr unterschiedliche Texttypen zusammenfassen. Sachbücher sind demnach sicher schon so alt wie Schrift und Buch selbst.

Als eines der ersten Sachbücher für Kinder gilt Johann Amos Comenius’ (1592–1670) »Orbis sensualium pictus«. Nach heutigem Sprachgebrauch handelt es sich dabei um ein Sachbilderbuch: 150 Holzschnitte zeigen Alltagsszenen, denen mittels Zahlen die entsprechenden Begriffe in Lateinisch und Deutsch zugeordnet sind, eine Lernhilfe also, die an die Alltagserfahrung der Kinder anknüpfen konnte. Dennoch fällt es schwer, ein solches Werk mit einem heutigen Sachbuch zu vergleichen. Es wurde in einem aufwendigen Druckverfahren in kleiner Auflage hergestellt und war sicher nur für wenige erschwinglich. Außerdem konnte damit nur die kleine Schicht der bürgerlichen und adeligen Elite, die des Lesens kundig war, erreicht werden.

Eine der ersten Textgruppen, die – neben der Bibel – in breite Bevölkerungskreise vordrang, war die Kalenderliteratur. Hier sollten Unterhaltung und Wissensvermittlung geschickt kombiniert und Leser aller Schichten erreicht werden. Es handelte sich dabei um eine frühe Form von Gebrauchstexten, die ein wachsendes Massenpublikum erreichen sollten, das jenseits der Bildungselite lag. Eine der klassischen Zielgruppen von Kalendern war von jeher die Landbevölkerung, die sich über den Jahreslauf informieren wollte und nebenbei Zerstreuung und Belehrung erwartete. Im Zeitalter der Aufklärung machten sich auch zahlreiche Gelehrte daran, unterhaltende Sachtexte für derartige Kalender zu verfassen. So etwa Georg Christoph Lichtenberg (1742–1799) für den »Göttingischen Taschenkalender«. Etliche Aufsätze über geologische, medizinische oder physikalische Probleme sollten zugleich informieren und unterhalten. In seinem Text »Über Gewitterfurcht und Blitzableitung« wendet er sich gegen den weitverbreiteten Aberglauben und setzt sich für nüchterne Problemanalyse ein. Lichtenberg schildert plastisch die Auswirkungen des Blitzschlages und bietet als Lösungsmöglichkeit den Bau von Blitzableitern an. Erkenntnisse aus seinen physikalischen Experimenten sollten der Allgemeinheit zugute kommen. Dazu mußte das naturwissenschaftliche Problem allerdings ohne unverständliche Fachbegriffe dargelegt werden.

Dieser pädagogische Aspekt ist mit Sachliteratur spätestens seit der Aufklärung untrennbar verknüpft, weshalb man stets versucht hat, mit ihr ein möglichst breites Pubklikum zu erreichen. Daher sollte ein Sachbuch möglichst kostengünstig sein, um ein großes Publikum versorgen zu können. Grundbedingung für die Entstehung eines Massenpublikums von Lesern war natürlich die Alphabetisierung breiter Bevölkerungskreise. So zeigt sich die Geschichte der Sachbücher in zweifacher Weise an die Industrialisierung und die damit verbundenen gesellschaftlichen Umwälzungen gekoppelt. Sowohl die Drucktechnik als auch die Alphabetisierung erlebten im 19. Jahrhundert große Entwicklungsschübe. Das Sachbuch in seiner heutigen Form ist ein Produkt dieses Jahrhunderts. Durch neue Drucktechniken wie den Stahlstich konnte man Bücher besser und kostengünstiger illustrieren. Eine Verbindung von Wort und Bild kam in besonderer Weise einer Wissensvermittlung an die allgemeine Leserschaft entgegen, ja der Buchkäufer mußte noch nicht einmal lesen können.

Mit Darwins Evolutionstheorie, »Die Entstehung der Arten durch natürliche Zuchtwahl« (1859) erschien bereits ein Jahr später auf deutsch, zeigte sich der ganze Kosmos als veränderbar, und auch der Mensch selbst schien in seiner Rolle nicht mehr auf ewig festgelegt. Die Auseinandersetzung mit wissenschaftlichen Theorien dieser Art begann für weite Kreise, auch außerhalb des Wissenschaftsbetriebes, Sinn zu machen, da diese Theorien unmittelbaren Zugriff auf die eigenen Lebenszusammenhänge versprachen. Es entstanden im Gefolge der Evolutionstheorie eine Reihe von Sachbüchern zur Natur und zu naturwissenschaftlichen Themen wie Alfred Edmund Brehms »Illustrirtes Thierleben« (1864–69), Ernst Haeckels »Natürliche Schöpfungsgeschichte« (1868) oder Wilhelm Bölsches »Entwicklungsgeschichte der Natur« (1894/95), die heute als Klassiker des Genres gelten.

Doch erst nach der Jahrhundertwende konnte vom Lesen als echtem Massenphänomen die Rede sein: In Deutschland war um 1900 die allgemeine Alphabetisierung abgeschlossen, auch die drucktechnischen Möglichkeiten waren so weit entwickelt, daß das Buch zum billig herstellbaren Massenprodukt werden konnte. Die Voraussetzungen für Sachbücher im modernen Sinne waren also erst jetzt vollständig gegeben.

Für die Arbeiterschichten, die sich – vermehrt nach dem Ende des Ersten Weltkrieges – durch Bildung um sozialen Aufstieg bemühten, war das Sachbuch ein wichtiges Medium. Ein gutes Beispiel, sowohl für ein Selbststudium durch Lektüre als auch für einen erfolgreichen Autor von Sachbüchern, ist Bruno H. Bürgel. Er hatte sich vom Arbeiterkind zum einflußreichen Sachbuchpublizisten fortgebildet. In seiner Autobiographie »Vom Arbeiter zum Astronom« (1919) erscheint das Buch als ein Medium der Vermittlung, nicht nur von Fachwissen an Laien, sondern auch der Vermittlung jeglicher Gegensätze zwischen den Klassen, ja sogar den Völkern: »Vielleicht kann das Buch mit zur besseren gegenseitigen Würdigung, zur Versöhnung der verschiedenen Bevölkerungsschichten beitragen. Hätten sich die Völker besser gekannt, der Weltkrieg wäre wahrscheinlich nicht entbrannt. Viele Gegensätze würden sich mildern, der politische Kampf könnte mit würdigeren Mitteln ausgefochten werden, wenn die einzelnen Kreise unseres Volkes sich mit weniger Vorurteilen, mit tieferem Verständnis betrachten würden« – so Bürgels Plädoyer. Nach Bürgels Selbstverständnis muß es dem Sachbuchautor auch gelingen, Anschaulichkeit in der Darstellung mit unterhaltenden Elementen zu verbinden. Der populärwissenschaftliche Schriftsteller sei der »Interpret« des Fachwissenschaftlers, der ins Allgemeinverständliche zu übersetzen habe: auf diese Übersetzungsleistung seien 99 Prozent der Bevölkerung angewiesen.

In den zwanziger Jahren des 20. Jahrhunderts schließlich war die Sachlichkeit selbst zum Schlagwort geworden und in aller Munde, eine ganze literarische Strömung wurde nach ihr benannt. Neue technische Entwicklungen außerhalb der Verlagsbranche sollten in dieser Zeit für einen weiteren Boom der Sachliteratur sorgen. Durch die Konkurrenz der neuen Medien, Film und Rundfunk, war die klassische erzählende Literatur verstärkt in die Krise geraten. Konnte Realität nicht viel besser mit den neuen Mitteln abgebildet und dargestellt werden? Durch einen stärkeren Bezug auf die Fakten, also quasi eine Nachahmung der vermeintlich realitätsnahen Medien wie der Fotografie, sollte diese Krise gemildert werden. So kamen Reisebeschreibungen und Biographien in Mode. In der Biographie einer historischen Persönlichkeit war der Handlungsbogen bereits vorgegeben, die Geschichte erzählte sich sozusagen selbst.

Plötzlich schien jetzt auch die Reportage, die bis in die zwanziger Jahre als Gebrauchstext wenig beachtet und eher abschätzig beurteilt worden war, das Medium zu sein, das im neusachlichen Sinne einen direkten Zugang zu den Tatsachen ermöglichte. So heißt es im Vorwort zu Kischs Reportageband »Der rasende Reporter« (1924): »Nichts ist verblüffender als die einfache Wahrheit, nichts ist exotischer als unsere Umwelt, nichts ist phantasievoller als die Sachlichkeit. Und nichts Sensationelleres gibt es in der Welt als die Zeit, in der man lebt!« Der Reporter wurde als menschliche Kamera dargestellt, die die Dingwelt unbestechlich festhalten kann. Tatsächlich handelte es sich jedoch oft um eine ausgesprochene Dramatisierung der Alltagswelt.

Ein Buch, das Maßstäbe setzte, auf das sich auch die deutschen Autoren der Nachkriegszeit gerne beriefen, waren »Die Mikrobenjäger« (engl. 1926, dt. 1927) des Amerikaners Paul de Kruif.

»Seinen fast einzigartigen Erfolg verdankt das Buch der Kunst des Verfassers, die Bakteriologie aus ihrem abseitigen Spezialistenwinkel herauszuholen und in den Brennpunkt der allgemeinsten Anteilnahme zu stellen – zugleich der Kunst, die abstrakte Geschichte dieser Wissenschaft zu verwandeln in zwölf blutvolle Lebensdramen ihrer bedeutendsten Forscher«, heißt es im Vorwort zur 4. Auflage. Wissenschaft wurde bei Kruif auch für Laien nacherlebbar, mit dem human touch versehen, das heißt, aus der Perspektive des einzelnen Wissenschaftlers wurde die Arbeit des Forschers vom Augenblick der Eingebung bis zum Ergebnis geschildert. Abstrakte wissenschaftliche Vorgänge wurden dabei, in dramatische Abläufe verpackt, als Abenteuer präsentiert. Dem geschilderten Sachzusammenhang wird der Anschein des Authentischen gegeben, dem Leser wird der Eindruck vermittelt, er könne die Entdeckung selber Schritt für Schritt mitverfolgen.

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Die »Geistesenkel von Kisch und Tucholsky« als Autoren der Reihe Literarische Publizistik: Alexander Smoltczyk (Frankfurter Buchmesse 1996) und Alexander Osang in der Berliner Buchhandlung Starick am 9.3.1994. Beide erhielten den Kisch-Preis.

Auf dem vorläufigen Höhepunkt der Sachbuchwelle Ende der zwanziger Jahre sah auch der Verleger Ernst Rowohlt die allgemeine Tendenz zur Tatsachenliteratur als den Trend der Zeit – und er sollte mit dieser Prognose auch für die nächsten Jahrzehnte recht behalten.

Gerade im nationalsozialistischen Deutschland erlebten sachbezogene Textarten eine Blütezeit. Diese Entwicklungslinien werden jedoch in den meisten Darstellungen zur Gattungsgeschichte des Sachbuches oft nur angedeutet, die eigentliche Geburtsstunde des modernen Sachbuches wird gerne in die Zeit nach 1945 beziehungsweise in die Wirtschaftswunderjahre verlegt. Selbst Erwin Barth von Wehrenalp, der als Gründer und Verleger des Econ Verlages wesentlich zur großen Verbreitung dieses Buchtyps in der Bundesrepublik beitrug, sprach mit Blick auf die Zeit vor 1945 bestenfalls von Wegbereitern des Sachbuchs. Tatsächlich hätte er es besser wissen müssen. Er selbst hatte schon in den dreißiger Jahren für eine Überbrückung der Kluft zwischen der Welt der Wissenschaftler und der der Laien plädiert. Es sei – und hier benutzt Wehrenalp in seinem Aufsatz im Heft 5 der Literatur (1936/37) ganz das Vokabular der Zeit – »der Erbsegen der Deutschen, zu den Gründen zu gehen, selbst wenn man daran zugrunde geht«. Der Facharbeiter verlangt quasi wesensbedingt nach Informationen über technisch-wissenschaftliche Zusammenhänge: Fachwissen muß für ihn populär aufbereitet werden.

Spätestens im Dritten Reich wird deutlich, daß Wissensvermittlung kein Wert an sich ist, der ungeachtet etwa der politischen Rahmenbedingungen zur Emanzipation breiter Bevölkerungskreise beiträgt. Im selben Maße wie Technik und Wissenschaft wurden eben auch die Medien – in unserem Fall das Sachbuch – zu Instrumenten der Machtpolitik.

Einer der größten Bestseller dieser Jahre, Karl Aloys Schenzingers »Anilin« (1936), ist vor dem Hintergrund einer »Bildungsoffensive« zu lesen. In dem Buch wird die Erfindung künstlicher Farbstoffe erzählt. Sie ist eingebettet in abenteuerliche Geschichten rund um die mit der Entwicklung befaßten Forscher. Technische Probleme werden so einem breiten Publikum auf anschauliche und unterhaltende Art nähergebracht. Eine ganze Reihe solcher sogenannten Rohstoffromane mit Titeln wie »Radium«, »Metall«, »Gold« kamen in der Folgezeit auf den Markt. Die wirtschaftspolitischen Bemühungen durch Görings Vierjahresplan, das deutsche Reich von der Rohstoffeinfuhr unabhängig und damit kriegsfähig zu machen, wurden durch propagandistische Tatsachenliteratur begleitet. Schenzinger selbst konnte nach dem Krieg in der Bundesrepublik mit seinem Buch »Atom« (1950) zumindest zum Teil an seine Vorkriegserfolge anknüpfen, auch die älteren Titel wurden kaum verändert wieder aufgelegt.

Noch offensichtlicher ist die propagandistische Absicht in den geopolitischen Sachbüchern jener Zeit auszumachen. In ihnen wurde das Autarkieproblem vor dem Hintergrund der weltwirtschaftlichen Zusammenhänge erörtert. Die Buchtitel, mit denen der Goldmann-Verlag große wirtschaftliche Erfolge erzielen konnte, sprechen für sich: »Wissenschaft bricht Monopole«, »Der Kampf um den Zucker«, »Ölkrieg« oder »Brot für zwei Milliarden Menschen«. Wissenschaftlich-technische Probleme wurden allgemeinverständlich dargestellt, mit Fotos und Zeichnungen erklärend illustriert und in den Gesamtzusammenhang, das heißt in der Regel das sogenannte Ringen der Deutschen um Autarkie und Vormachtstellung in der Welt, eingeordnet. Die Vermittlung von Sachinformation trat hier ganz deutlich hinter das propagandistische Ansinnen zurück.

Einen zusätzlichen Schub erlebte das Sachbuch in der Zeit des Krieges. Ablenkung vom tristen Kriegsalltag wurde verstärkt im