Tove Jansson

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MUMINS LANGE REISE

Aus dem Schwedischen
neu übersetzt
von Birgitta Kicherer

Mit Bildern von Tove Jansson

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Lies auch die anderen Abenteuer mit den Mumins von Tove Jansson:
Die Mumins. Komet im Mumintal
Die Mumins. Eine drollige Gesellschaft
Die Mumins. Muminvaters wildbewegte Jugend

Die Mumins. Sturm im Mumintal
Die Mumins. Winter im Mumintal
Die Mumins. Geschichten aus dem Mumintal
Die Mumins. Mumins wundersame Inselabenteuer
Die Mumins. Herbst im Mumintal

 

 

 

 

 

 

 

 

Tove Jansson (1914–2001)
ist über die Malerei zur Schriftstellerei gekommen.
Für ihre in zahlreiche Sprachen übersetzten Bücher
wurde sie mit vielen Preisen ausgezeichnet, u. a.
mit der Nils-Holgersson-Medaille und dem
Hans-Christian-Andersen-Preis.

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1. Auflage 2017
Die Originalausgabe erschien 1945 (1991) unter dem Titel
»Småtrollen och den stora översvämningen«
bei Schildts Förlags Ab, Esbo, Finnland
© Tove Jansson 1945 (1991) Moomin Characters ™
© für die deutschsprachige Ausgabe:
Arena Verlag GmbH, Würzburg 2007
Aus dem Schwedischen von Birgitta Kicherer
Alle Rechte vorbehalten
Umschlag- und Innenillustrationen: Tove Jansson
ISBN 978-3-401-80721-8

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Es muss irgendwann an einem Nachmittag im August gewesen sein, als Mumin und die Muminmutter den dichtesten Teil des Urwaldes erreichten. Dort war es ganz still und zwischen den Bäumen war es so schummrig, als hätte sich die Dämmerung bereits herabgesenkt. Hier und da wuchsen Riesenblumen, die ein eigenartiges Licht verbreiteten, wie flackern de Lampen, und weit hinten bewegten sich kleine eisig grüne Punkte zwischen den Schatten.

»Glühwürmchen«, erklärte die Muminmutter. Aber sie hatten keine Zeit, stehen zu bleiben und die hellen grünen Punkte näher anzusehen.

Die Muminmutter und Mumin waren nämlich unterwegs, um einen warmen, gemütlichen Platz zu suchen. Dort wollten sie ein Haus bauen, in das man sich verkriechen konnte, bevor der Winter kam. Mumintrolle können Kälte ganz und gar nicht ertragen, daher musste das Haus spätestens im Oktober fertig sein.

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Also wanderten sie weiter, tiefer und tiefer in das Schweigen und die Dunkelheit hinein. Allmählich begann Mumin, sich ein wenig zu fürchten. Flüsternd fragte er seine Mutter, ob sie glaube, dass es im Wald gefährliche Tiere gäbe.

»Ziemlich unwahrscheinlich«, antwortete sie. »Allerdings kann es nicht schaden, wenn wir trotzdem ein bisschen schneller gehen. Aber bestimmt sind wir so klein, dass man uns gar nicht bemerken würde, falls etwas Gefährliches auftauchen sollte.«

Plötzlich packte Mumin seine Mutter fest am Arm. »Schau mal!«, sagte er und hatte dabei so große Angst, dass sein Schwanz ganz steif abstand. Aus dem Dunkel hinter einem Baumstamm starrten ihnen zwei Augen entgegen. Die Muminmutter er schrak anfangs ebenfalls, sagte dann aber beruhigend: »Das ist bestimmt ein ganz kleines Tier. Ich werde es erst mal anleuchten. Du weißt doch, dass im Dunkeln alles viel schlimmer aussieht.«

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Sie pflückte eine der großen Blumenlampen ab und leuchtete damit in den Schatten hinein. Da sahen sie, dass dort tatsächlich ein ganz kleines Tier kauerte, und dieses ganz kleine Tier schaute sie ausgesprochen freundlich und zugleich etwas erschrocken an.

»Na, was hab ich gesagt«, meinte die Muminmutter.

»Was seid ihr denn für welche?«, fragte das kleine Tier.

»Ich bin ein Mumintroll«, antwortete Mumin, der inzwischen wieder mutig geworden war. »Und das hier ist meine Mutter. Hoffentlich haben wir dich nicht gestört.« (Wie man sieht, hatte seine Mutter ihm gute Manieren beigebracht.)

»Ist mir nur recht«, seufzte das kleine Tier. »Ich bin hier herumgehockt, hab mich etwas schwermütig gefühlt und sehnte mich nach Gesellschaft. Ihr habt es wohl sehr eilig?«

»Ja«, sagte die Muminmutter. »Wir sind nämlich unterwegs, um einen schönen, sonnigen Platz zu suchen, wo man ein Haus bauen kann. Aber vielleicht hast du Lust, uns zu begleiten?«

»Und ob ich Lust habe!«, rief das kleine Tier und begann, hinter ihnen herzuhoppeln. »Ich habe mich nämlich verirrt und glaubte schon, dass ich die Sonne nie mehr zu sehen kriegen würde.«

Nun gingen sie zu dritt weiter und nahmen eine große Tulpe mit, die ihnen leuchten sollte. Aber ringsum verdichtete sich die Dunkelheit mehr und mehr. Die Blumen unter den Bäumen verbreiteten einen immer schwächeren Schein und schließlich erloschen die allerletzten Blüten. Vor den drei Wanderern funkelte eine schwarze Wasserfläche und die Luft war schwer und kalt.

»Igitt, ist das unheimlich«, sagte das kleine Tier. »Das ist das Moor. Nie im Leben wage ich mich dorthinein.«