Linke Hand – Rechte Hand:
Ein Ratgeber zur Händigkeit
Für Eltern, Pädagogen und Therapeuten
Die Autorinnen
Almuth Vasterling
ist Ergotherapeutin seit 1970. Bevor sie 1995 in Celle eine eigene Praxis mit Schwerpunkt Pädiatrie gründete, war sie in einer Körperbehinderteneinrichtung und im mobilen Dienst Niedersachsen tätig. Sie hat eine Zusatzausbildung als Kinder-Bobath-Therapeutin und belegte Weiterbildungen u.a. in SI, Frostig und Kinesiologie. 2001 schloss sie ihre Ausbildung als zertifizierte Linkshänder-Beraterin nach S-MH-Konzept ab, seitdem ist sie enge Mitarbeiterin der Beratungsstelle für Linkshänder in München. Darüber hinaus hält Almuth Vasterling Vorträge und Seminare zu verschiedenen ergotherapeutischen Themen wie Händigkeit, Fein- und Grafomotorik, Schulfähigkeit. Kontakt: ergotherapie-vasterling@gmx.de
Gabriele Weiland
ist Ergotherapeutin seit 1986. Sie gründete 1995 eine eigene Praxis in Mannheim, deren Schwerpunkt in der Behandlung von Kindern liegt. 1996 belegte sie erste Seminare bei Frau Dr. J.B. Sattler. Seit 2003 ist Gabriele Weiland zertifizierte Linkshänderberaterin nach der Methode Sattler. Sie ist in verschiedenen Arbeitskreisen tätig, hält Fortbildungen und Vorträge zu ergotherapeutischen Testverfahren, Grafomotorik und Händigkeit. Kontakt: info@ergotherapie-weiland.de
Dr. Johanna Barbara Sattler
ist approbierte Psychotherapeutin und Psychologin. Sie leitet die Erste deutsche Beratungs- und Informationsstelle für Linkshänder und umgeschulte Linkshänder in München, www.lefthander-consulting.org. Darüber hinaus bietet sie Seminare und Vorträge zum Thema Linkshändigkeit für Teilnehmerlnnen verschiedener Berufsgruppen insbesondere aus den Bereichen Pädagogik, Psychotherapie, Ergotherapie an. Dr. Johanna Barbara Sattler ist Autorin zahlreicher Fachveröffentlichungen. Kontakt: Sendlinger Str. 17, 80331 München
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
Die Informationen in diesem Ratgeber sind von den Verfasserinnen und dem Verlag sorgfältig erwogen und geprüft, dennoch kann eine Garantie nicht übernommen werden. Eine Haftung der Verfasserinnen bzw. des Verlages und seiner Beauftragten für Personen-, Sach- und Vermögensschäden ist ausgeschlossen.
Besuchen Sie uns im Internet: www.schulz-kirchner.de
1. Auflage 2011
eISBN 978-3-8248-0902-8
Alle Rechte vorbehalten
© Schulz-Kirchner Verlag GmbH, 2011
Mollweg 2, D-65510 Idstein
Vertretungsberechtigter Geschäftsführer: Dr. Ullrich Schulz-Kirchner
Titelabbildung: ©eyezoom1001 - Fotolia.com
Fotos/Illustrationen im Innenteil:
Dr. Johanna Barbara Sattler, Almuth Vasterling, Auer Verlag
Lektorat: Doris Zimmermann
Fachlektorat: Reinhild Ferber
Umschlagentwurf und Layout: Petra Jeck
Druck und Bindung:
wd print + medien GmbH, Elsa-Brandström-Str. 18, 33578 Wetzlar
Printed in Germany
Auch als Buch erhältlich unter der ISBN 978-3-8248-0875-5
| Inhaltsverzeichnis
Vorwort zur Reihe
Einführung
Was ist Händigkeit überhaupt, was bedeutet sie für einen Menschen?
Definition von Händigkeit I
Kulturgeschichtlicher Hintergrund
Modellverhalten und Händigkeitsentwicklung
Wird Händigkeit vererbt?
Entwicklungsschritte der Händigkeitsmanifestation bei Kindern
Woran erkennt man Händigkeit?
Grundsätzliches zur Händigkeitstestung
Zur Bestimmung der Händigkeit
Relevante Wirkfaktoren zur Händigkeitsbestimmung
Händigkeit ist Hirnigkeit – Definition von Händigkeit II
Definition von Händigkeit II – Neurophysiologische Hinweise
Lateralität – Händigkeit, Füßigkeit, Äugigkeit, Ohrigkeit
„Gekreuzte Lateralität“ als Ausdruck für Lernstörungen?
Lateralisation
Plastizität des Gehirns und Händigkeit
Fragestellung der Studie über Langzeitfolgen der umgeschulten Händigkeit mit bildgebenden Methoden (PET)
Ergebnisse
Beeinträchtigte Händigkeit
Einführung
Zur „Beidhändigkeit“ und zum wechselnden, instabilen Handgebrauch
Therapeutische Interventionsmöglichkeiten bei wechselndem und instabilem Handgebrauch
Folgen der Umschulung der Händigkeit
Chancen und Gefahren einer Rückschulung der Händigkeit bei Erwachsenen
Umgang mit der Händigkeit
Was Hänschen falsch lernt ... Zur Bewegungsplanung und automatisierten Motorik
Gebrauchsgegenstände und ihre Benutzung für linkshändige Kinder zu Hause, im Kindergarten, in der Schule und im Haushalt
Hinweise zum Schneiden
Hinweise zum Spitzen mit links
Hinweise zum Mal- und Schreibmaterial für Linkshänder
Hinweise zu Gebrauchsgegenständen im Haushalt für Linkshänder
Arbeitsplatzhinweise und weitere Hilfestellungen beim Hantieren mit links in Kindergarten, Schule und im Haushalt
Der Arbeitsplatz
Hilfestellungen beim Hantieren mit der linken Hand
Hilfestellungen beim Handarbeiten und Basteln mit der linken Hand
Hilfestellung beim Essen und Trinken
Spielzeug und Bilderbücher
Eine lockere Mal- und Schreibhaltung für Linkshänder – Hinweise zum Malen und Schreiben
Musizieren mit links
Linkshändigkeit im Sport
Linkshändigkeit im Beruf und Fragen der Arbeitsplatzgestaltung
Ausblick / Perspektive
Anhang
Hilfreiche Adressen und Links
Literaturhinweise/Quellen
Die „Ratgeber für Angehörige, Betroffene und Fachleute“ vermitteln kurz und prägnant grundlegende Kenntnisse (auf wissenschaftlicher Basis) und geben Hilfestellung zu ausgewählten Themen aus den Bereichen Ergotherapie, Sprachtherapie und Medizin. Die Autorinnen und Autoren dieser Reihe sind ausgewiesene Fachleute, die seit vielen Jahren als Therapeuten in der Behandlung und Beratung und/oder als Dozenten in der Aus- und Weiterbildung tätig sind. Sie sind jeweils für den Inhalt selbst verantwortlich und stehen Ihnen für Rückfragen gerne zur Verfügung.
Im vorliegenden Band „Linke Hand – Rechte Hand: Ein Ratgeber zur Händigkeit“ haben die Autorinnen Dr. Johanna Barbara Sattler, Psychotherapeutin, sowie Almuth Vasterling und Gabriele Weiland, beides Ergotherapeutinnen, ihre umfassende Erfahrung in der Auseinandersetzung mit Menschen, die Schwierigkeiten in der Orientierung mit ihrer Händigkeit haben, zusammengefasst. Hierzu gehört gerade im Verlauf der Händigkeitsentwicklung auch der Blick auf Eltern sowie andere Bezugspersonen.
In gut nachvollziehbarer Form wird zunächst eine Einführung in die Thematik der Händigkeit sowohl aus kulturgeschichtlicher als auch neurophysiologischer Sicht gegeben. Hierbei werden auch die möglichen Folgen einer falschen Festlegung der Händigkeit aufgezeigt sowie Möglichkeiten einer späteren Rückschulung diskutiert.
Den Schwerpunkt des Ratgebers bilden dann konkrete Tipps und Hilfestellungen für den Alltag, um Kindern eine gute und freie Entwicklung der eigenen Händigkeit zu ermöglichen. Dabei legen die Autorinnen besonderen Wert auf die genaue Beschreibung von links- und rechtshändigen Vorgehensweisen, um sie auch dem Laien verständlich zu machen, was ihnen gut gelungen ist.
Die leicht verständliche Sprache des Ratgebers trägt dazu bei, dass die Hintergründe des komplexen Themas Händigkeit gut nachvollzogen werden können. Gerade die Hilfen für den Alltag erleichtern eine direkte Umsetzung der Anregungen. Abgerundet wird der Ratgeber durch diverse Internetadressen und auch vertiefende Literatur zu besonderen Aspekten der Händigkeit. Wir hoffen, mit diesem Ratgeber dazu beizutragen, dass Kinder sich in ihrer Händigkeit frei entwickeln können und auch Menschen, die Probleme in diesem Bereich haben, mögliche Lösungswege für sich finden.
Arnd Longrée
Herausgeber für den DVE
Sie haben jetzt diesen Ratgeber in der Hand und interessieren sich für das Thema der Händigkeit.
Wir haben uns gefragt, was mag Sie veranlasst haben, sich mit diesem Thema auseinanderzusetzen, welche Fragen interessieren Sie besonders? Die Gründe werden sehr unterschiedlich sein und deshalb haben wir uns bemüht, möglichst viele wichtige Themenbereiche in einer komprimierten Form anzusprechen. Wir haben uns auch bemüht, aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse in diesen Ratgeber mit aufzunehmen.
Es ist unser Anliegen, diese Inhalte in einer verständlichen Sprache auch für nicht medizinisch und nicht therapeutisch ausgebildete Leserinnen und Leser zugänglich zu machen. Es ist uns bewusst, dass manche Inhalte sehr fachspezifisch wirken können. Trotz allem hoffen wir, dass wir Ihre Fragestellungen hinreichend beantworten können und dass wir Sie mit unserem Interesse an den Menschen und ihrer Händigkeit und der weitreichenden gesellschaftlichen Bedeutung des Themas anstecken können.
Almuth Vasterling
Gabriele Weiland
Johanna Barbara Sattler
Als Händigkeit bezeichnet man die Überlegenheit der linken oder rechten Hand. Sie äußert sich in einer größeren Geschicklichkeit, längeren Ausdauer und dem präferierten Handgebrauch. So werden feine Tätigkeiten, wie z.B. das Zeichnen und Schreiben, Schneiden mit dem Messer und das kleinteilige Bauen, vornehmlich mit der bevorzugten oder auch als dominant bezeichneten Hand ausgeführt.
Tätigkeiten, die eher großmotorisch, aus der Schulter gesteuert durchgeführt werden, werden heutzutage inzwischen nicht mehr als sehr aussagekräftig für eine Händigkeitsbestimmung angesehen. Dazu gehören z.B. das Werfen und das Tennisspielen. Auch Tätigkeiten, die Kraft erfordern, sind nicht so stark von der dominanten Hand abhängig; das betrifft z.B. den Handdruck, gemessen mit einem Dynamometer.
Die Hände repräsentieren unser Gehirn, wie man Kant nachsagt, es formuliert zu haben1, und die dominante Hand hat den direkteren Zugang zu dem, was wir mit Begriffen wie Seele und Geist definieren. Auch für das sensitive Fühlen, das Erspüren z.B. einer Oberflächenstruktur, das Berühren eines anderen Menschen, benutzen wir bevorzugt die dominante Hand. Linkshändige Kinder benutzen auch zum Begrüßen weit lieber ihre linke Hand. Letzteres ist ein gutes Beispiel dafür, dass es nicht nur die feinmotorisch anspruchsvollen Tätigkeiten sind, die aussagekräftig für die dominante Hand sind2.
Allerdings können Beeinträchtigungen in der Feinmotorik, in der Koordination und letztendlich auch in der Sensomotorik Einfluss auf den bevorzugten Handgebrauch haben und die eigentliche Händigkeit irritieren.
Andere störende Einflüsse bei der freien Entfaltung der Händigkeit sind Erziehung und Umweltgegebenheiten, wie die Schulung auf die rechte Hand zum Schreiben und technische Vorgaben, wie ergonomisch geformte Computermäuse, die der dominanten Hand nicht entsprechen.
In den Geschichtsquellen gibt es wenige Aussagen zur Händigkeit. Meist wird Rechtshändigkeit als Normalität vorausgesetzt und es werden Vorbehalte gegenüber der Linkshändigkeit formuliert. Diese sind eng mit der Bedeutung der linken und rechten Seite in der jeweiligen Kultur verbunden.