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Kochen für Geeks

Inspiration & Innovation für die Küche

2., überarbeitete und ergänzte Auflage

Jeff Potter

Deutsche Übersetzung von Petra Hildebrandt

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Jeff Potter

Übersetzung: Petra Hildebrandt

Lektorat: Gabriel Neumann

Lektoratsassistenz: Stefanie Weidner

Copy-Editing: Susanne Rudi und Claudia Lötschert

Layout: Edie Freedman & Ron Bilodeau

Grafiken: Aaron Double

Satz: Nadine Thiele

Herstellung: Susanne Bröckelmann

Umschlaggestaltung: Michael Oreal, www.oreal.de

Druck und Bindung: M.P. Media-Print Informationstechnologie GmbH, 33100 Paderborn

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

ISBN:

Print   978-3-96009-028-1

PDF   978-3-96010-084-3

ePub   978-3-96010-085-0

mobi   978-3-96010-086-7

2., überarbeitete und ergänzte Auflage 2017

Copyright © 2017 dpunkt.verlag GmbH

Wieblinger Weg 17

69123 Heidelberg

Authorized German translation of the English edition of Cooking for Geeks, 2nd Edition

ISBN 9781491928059 © 2010, 2016 Atof Inc.

This translation is published and sold by permission of O’Reilly Media, Inc., which owns or controls all rights to publish and sell the same.

Dieses Buch erscheint in Kooperation mit O’Reilly Media, Inc. unter dem Imprint »O’REILLY«. O’REILLY ist ein Markenzeichen und eine eingetragene Marke von O’Reilly Media, Inc. und wird mit Einwilligung des Eigentümers verwendet.

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Alle Angaben und Programme in diesem Buch wurden mit größter Sorgfalt kontrolliert. Weder Autor noch Verlag können jedoch für Schäden haftbar gemacht werden, die in Zusammenhang mit der Verwendung dieses Buches stehen.

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Inhalt

Einführung

1. Hallo, Küche!

2. Geruch und Geschmack

3. Zeit und Temperatur

4. Luft und Wasser

5. Spaß mit Hardware

6. Molekulare Spiele: Chemikalien in der Küche

Anhang: Um Allergien herum kochen

Index

Liste der Rezepte

Frühstück und Brunch

1-2-3-Crêpes

Aufgeschäumtes Rührei

Buttermilch-Pfannkuchen

Dampfgetriebene Popovers

Das 30-Minuten-Rührei

Einfach zu pellende hart gekochte Eier

Hefewaffeln

Ofen-pochierte Eier

Pochierte Eier

Tim’s Scones

Brot

Brot – No-knead-Methode

Brot – Traditionelle Methode

Das beste Knoblauchbrot

Hefefreier Pizzateig

Pizzateig – No-knead-Methode

Vorspeisen und Beilagen

Edamame

Gebratene Blattgemüse mit Sesam

Gegrillter Chicorée

Glasierte geröstete Möhren mit roten Zwiebeln

Grillgemüse

Jakobsmuschel-Ceviche

Knusprige Grünkohl-Chips aus dem Ofen

Miesmuscheln mit Butter und Schalotten

Moong Dal Khichdi

Muscheln im Speckmantel

Rosmarin-Kartoffelpüree

Röstkartoffeln aus der Pfanne

Schnellgedämpfter Spargel

Tintenfisch-Bruschetta

Salate

Fenchel-Pilz-Salat mit Parmesan

Friséesalat mit pochierten Eiern und Lardons

Tomaten-Mozzarella-Salat mit Basilikum

Wassermelonensalat mit Feta

Suppen

Butternusskürbis-Suppe (Herbst)

Congee

Französische Zwiebelsuppe in 60 Minuten

Gazpacho (Sommer)

Minestrone

Salatsuppe (Frühling)

Weiße-Bohnen-Suppe mit Knoblauch (Winter)

Hauptgerichte

48-Stunden-Ochsenbrust

Belgische Hackbällchen

Einfaches Steak

Fisch im Salzmantel

Fisch-Tacos mit Pickles und Erdbeer-Relish

Flank Steak mit Buttermilch-Marinade

Gebackener Seitan mit scharfen grünen Bohnen

Geplättetes Hähnchen, gegrillt und gebraten

Graved Lachs

Huhn mit geräuchertem Paprikapulver und Kichererbsen

Koteletts mit einer Käse-Chili-Füllung

Lachs in Olivenöl pochiert

Mac’n’Cheese

Penne alla Wodka

Pulled Pork unter Druck

Slow Cooker Short Ribs

Steak aus dem Sous-vide

Tatar mit pochiertem Ei

Thunfisch in Kreuzkümmel-Salz-Kruste

Zitronen-Quinoa mit Spargel und Shrimp-Scampi

Desserts

30-Sekunden-Schokokuchen

Crème anglaise, Vanillepudding und Brotpudding

Ein-Schüssel-Schokokuchen

Erdbeer-, Pfirsich- oder Himbeer-Soufflé

Falscher Apple Pie

Französische und italienische Baisers

Fruchtsaft-Schaum

Geschirrspüler-Apfelkompott

Goldschläger-Kakao-Eiscreme

Heiße Marshmallows

Kürbiskuchen

Lebkuchen

Mein Lieblingskuchen: Schokoladen-Portwein-Kuchen

Mürbekekse, Butterkekse, Snickerdoodles

Patentverletzende Chocolate Chip Cookies

Pie-Teig für eine Double-Crust

Pistazien-Schokoladen-Baklava

Pochierte Birnen

Quinn’s Crème Brûlée

Schokoladen-Minz-Konfekt

Schokoladen-Mousse

Schokoladen-Panna-Cotta

Selbst gemachte Bitterschokolade

Zabaione (Sabayon)

Zitronen-Baiser-Tarte

Komponenten und Zutaten

53 Beef Jerky

Aromatisierte Öle und Kräuterbutter

Béchamel-Sauce (»Weiße« Sauce)

Brot-und-Butter-Pickles auf die schnelle Art

Einfache griechische Marinade

Einfache japanische Marinade

Einfache Weißwein-Käse-Sauce

Enten-Confit

Enten-Sugo aus Confit

Feuchte und trockene Karamellsauce

Geklärter Limettensaft

Gelierte Milch mit Iota- und Kappa-Carrageen

Heller Basis-Fond

Ingwersirup

Joghurt

Kandierte Orangenschale

Keksschale für Eiscreme

Marshmallows

Mayonnaise

Mozzarella selbst gemacht

Pulverisierte braune Butter

Sahne schlagen

Sauce espagnole (»braune« Sauce, spanische Sauce)

Sauce hollandaise

Tomatensauce – Sauce Tomate

Vanilleextrakt

Velouté (Samtsauce)

Eingelegte Salzzitronen

Zitrusmarmelade

Liste der Experimente

Die süüße Art, euren Ofen zu kalibrieren

Apfel oder Erdapfel?

Genetische Geschmacksunterschiede

Geschmacks- und Geruchstest

Kollagen-Experiment

Reaktionsgeschwindigkeiten für Kekse

Den Tiefkühler mit Salzwasser kalibrieren

Selbst gemachtes Gluten

Natron (Baking Soda)

Separation per Kristallisation (Zuckerstäbchen)

Eiscremeherstellung mit Salz

Pektin selbst gemacht

Liste der Interviews

Adam Savage über wissenschaftliche Tests

Jacques Pépin über das Kochen

Buck Raper über Messer

Adam Ried zu Ausrüstung und Rezepten

Linda Bartoshuk über Geschmack

Brian Wansink über Erwartungen, Geschmack und das Essen

Lydia Walshin über den Umgang mit unbekannten Zutaten

Tim Wiechmann und Linda Anctil über saisonale Inspiration

Gail Vance Civille zu Geruch und Geschmack

Doug Powell über sicheren Umgang mit Lebensmitteln

Bridget Lancaster über Missverständnisse beim Kochen

Jim Lahey über das Backen

Jeff Varasano über Pizza

David Lebovitz über amerikanische Küche

Douglas Baldwin über Sous-vide

Dave Arnold zu professioneller Hardware

Nathan Myhrvold über Modernist Cuisine

Carolyn Jungs eingelegte Salzzitronen

Hervé This über molekulare Gastronomie

Ann Barrett über Textur

Martin Lerschs Hydrokolloid-Rezepte

Benjamin Wolfe zu Käse und Schimmelpilzen

Harold McGee: Wie man Küchengeheimnisse enträtselt

Einführung

MÖGLICHERWEISE SEID IHR GEEKS UND WISST ES NICHT MAL. Seid ihr neugierig, wie die Welt funktioniert, und wollt wissen, wie bestimmte Dinge ticken? Dann seid ihr wahrscheinlich Geeks, die Typen, die vermutlich lieber einen Karton mit Werkzeug, Küchengerät oder Fahrradteilen in die Hand gedrückt bekommen und die Freiheit haben, damit rumzuprobieren, statt Arbeitsanweisungen auszuführen. Geeks finden sich in allen Bereichen des Lebens, in der Politik ebenso wie im Sport, und, klar, auch in technischen Berufen. Selbst wenn ihr meiner Definition von Geek – schlau und neugierig – nicht zustimmt, ermöglichen euch diese Eigenschaften doch, in der Küche fantastische neue Dinge zu entdecken.

Die Küche kann ein aufregender, interessanter und manchmal auch herausfordernder Ort sein. Meine ersten kulinarischen Erinnerungen drehen sich um meinen Vater, einen Physiker, und wie er mir beibrachte, Pfannkuchen zu machen. In meiner Familie bringt das Essen die Leute zusammen, ob wir nun sonntags beim Football Burger grillten oder zu Thanksgiving um einen Truthahn herum zusammenkamen. Als ich dann zur Uni ging, stellte ich fest, wie wenig Ahnung ich hatte. (Ich glaube, mittlerweile weiß ich noch weniger!)

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Die erste Herausforderung beim Kochen bestand für mich darin, zu lernen, wie man eine gute hausgemachte Mahlzeit zubereitet, so wie ich sie von zu Hause kannte. Ich war ein kulinarischer Novizen-Geek, ich hatte keine Ahnung, wo ich anfangen sollte, aber ich ging neugierig und offen an die Sache heran. Irgendwann kam ich tatsächlich an dem Punkt an, an dem ich mich als guten Amateurkoch bezeichnet habe, aber ein paar weniger seltsame Mahlzeiten auf dem Weg dahin wären auch okay gewesen. (Mit Lachs durcheinandergeworfene Nudeln? Hühnerbrust in Rotwein gegart?) Ich habe viel per Trial and Error gelernt. Damals gab es nicht viele Bücher, die intuitives Kochen und wissenschaftliche Erklärungen verbanden. Beim Schreiben dieses Buchs rief ich mir in Erinnerung, wie es für mich war, kochen zu lernen – ich wollte Spaß haben und interessante Sachen in der Küche ausprobieren, nicht strikten Anweisungen folgen.

Ein paar Jahre nach meinem Uni-Abschluss – ich konnte mittlerweile ordentliche Mahlzeiten zubereiten – begann ich, für Freunde zu kochen, gab Partys und lud andere ein, mit mir zu speisen. So bildete das Kochen eine Community, und meine Community, die im Wesentlichen aus Leuten bestand, die Aufbaustudiengänge in Naturwissenschaften besuchten, stellte Fragen wie »Warum?« und »Wie?« Das sind Fragen, die sich mit Trial and Error nicht wirklich beantworten lassen, und so landeten wir bei ausführlichen Diskussionen und Onlinesuchen zu Bratpfannen, Gewürzen, Ernährung und Hunderten anderen Themen. Das waren tief gehende, geekige Fragen, die sich um wissenschaftliche Erkenntnisse zu Zutaten und Kochtechniken drehten und die unsere Forschung auch in andere Bereiche als die Küche gehen ließen.

Und dann passierte etwas Eigenartiges. Ich hielt einen Vortrag über das Sous-vide-Kochen (vgl. Kapitel 5), und jemand fragte mich, ob ich nicht ein Buch übers Kochen schreiben wollte. »Logo,« gab ich zurück, »wie schwer kann das sein?« (Leute, die die Anfrage stattdessen mit einem »Nein« beantworten, wissen mehr als ich zu diesem Zeitpunkt, und wie ich bereits erwähnte, weiß ich wahrscheinlich heute noch viel weniger!) Was ihr lest, ist das Ergebnis einer unvorstellbaren Menge an Zeit, die ich damit zugebracht habe, das zu sammeln, was ich an kulinarischem Wissen für spaßig, nützlich und interessant halte, mit dem Ziel, sowohl kulinarische Novizen als auch Küchenprofis zu inspirieren.

Wenn ihr eine Frage oder Idee zu irgendwas in diesem Buch habt, besucht http://www.cookingforgeeks.com oder http://www.jeffpotter.org (in englischer Sprache) und schickt mir – möglichst auch auf Englisch – eine Nachricht. Ich freue mich, wenn meine Leser mich kontaktieren – aus euren Fragen kann auch ich noch etwas lernen.

Es ist völlig egal, was für ein Typ Geek ihr seid. Solange ihr an diese Küchensache mit Neugierde herangeht, macht ihr es völlig richtig. Fühlt euch nicht genötigt, mit dem Lesen bei Kapitel 1 zu beginnen. Im gesamten Text finden sich Rezeptideen und Experimente, dazu eingestreute Interviews mit Wissenschaftlern, Forschern und Profiköchen. Eine kurze Anleitung, um euch eine Orientierungshilfe zu geben:

Kochen ist was Neues für euch?

Nehmt euch einen Becher $lieblingsgetraenk (ein Programmierer-Joke, ich verspreche, ich baue ein paar Wortspiele für Software-Geeks ein), klappt Kapitel 1 am Anfang auf, und nehmt euch etwas Zeit, um ins Thema zu finden.

Ihr wollt mehr über das Wissenschaftszeugs wissen?

Ihr könnt direkt bei Kapitel 2 loslegen, oder, wenn ihr lieber etwas Praxis möchtet, werft einen Blick auf die Liste der Experimente auf Seite xi. (Nach der ersten Auflage dieses Buchs haben mich viele Lehrer und Eltern gefragt, was man denn so an Experimenten mit Kids machen könne. Ich habe ein paar davon in die zweite Auflage geschmuggelt, und sie sind auch spannend zu lesen.) Einen Überblick über die Interviews mit Forschern und Wissenschaftlern findet ihr auf Seite xii– ich mag die ja besonders gern.

Ihr wollt einfach nur kochen?

Nehmt den Rezeptindex auf Seite vii und blättert zu dem ausgewählten Rezept weiter. Ich habe alle Rezepte in diesem Buch danach ausgewählt, ob sie auch etwas von der Anwendung wissenschaftlicher Prinzipien in der realen Welt vermitteln. Die meisten sind für sich genommen schon sehr lecker. Meist reichen die Mengen für zwei bis vier Personen, aber ihr müsst hier und da etwas anpassen und planen. Die Rezepte sind eher Bausteine für ganze Mahlzeiten, keine in sich geschlossenen traditionellen Rezepte, und es wird von euch erwartet, dass ihr sie für euch modifiziert.

Unabhängig davon, wo ihr anfangen möchtet, kann ich nur wärmstens empfehlen, dass ihr euch Notizen auf den Seitenrändern (oder eingelegten Notizblättern) in diesem Buch macht. Schreibt auf, was ihr anders machen würdet, wenn ihr ein Rezept das nächste Mal ausprobiert. Umkringelt die Sachen, die ihr wieder so machen würdet. Schreibt Fragen auf, wenn ihr euch über etwas wundert. Ich lerne am meisten und habe den größten Spaß beim Kochen, wenn ich mit der Einstellung eines Wissenschaftlers darangehe, alles neugierig erforsche, Ideen entwickle und überprüfe. Und ihr solltet das auch. Experimentiert!

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Mein erstes Kochbuch, circa 1984

1

Hallo, Küche!

Inhalt

Denken wie ein Geek

Kennt euren Kochtyp?

Wie man ein Rezept liest

Angst vor der Küche

Eine kurze Geschichte des Rezepts

Haltet euch nicht immer ans Rezept

Ein Platz für alles und alles an seinem Platz

Dinnerparty für eine Person

Die Power der Dinnerparty

Die hohe Kunst des Anrichtens

Küchengrundausstattung

Messer

Schneidbretter

Töpfe und Pfannen

Essenzielle Küchenausrüstung

Interviews

Adam Savage über wissenschaftliche Tests

Jacques Pépin über das Kochen

Buck Raper über Messer

Adam Ried zu Ausrüstung und Rezepten

Rezepte

Congee

Huhn mit geräuchertem Paprikapulver und Kichererbsen

Französische Zwiebelsuppe in 60 Minuten

Zitronen-Quinoa mit Spargel und Shrimp-Scampi

Labor

Die süße Art, euren Ofen zu kalibrieren

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WIR GEEKS SIND DAVON FASZINIERT, WIE DINGE FUNKTIONIEREN, UND DIE MEISTEN VON UNS MÜSSEN AUCH ESSEN.

Kochen zu lernen, kann eine der wertvollsten Erfahrungen eures Lebens sein. Das Kochen – und Essen – ist ein kompliziertes, vielschichtiges Puzzle, bei dem man, wie bei einer Zwiebel, eine Schicht abschälen kann, nur um darunter eine weitere zu entdecken. Niemand ist jemals damit fertig, kochen zu lernen.

Für den Anfänger umfasst das Kochen eine Menge versteckter Regeln. Diese zu erlernen, hat weniger damit zu tun, etwas auswendig zu lernen, sondern sehr viel mehr mit Neugierde. Das ist etwas, womit die meisten Geeks reichlich gesegnet sind. Mit der Zeit erschließen sich diese versteckten Regeln der Küche und entpuppen sich als eine Kombination aus Kunst und Wissenschaft. Sie sind der Schlüssel zum Königreich der Küche. Die Mühe lohnt sich. Mit gutem Essen sorgt ihr besser für euch selbst und achtet auf eure Gesundheit. Und das Küchenwissen ermöglicht es euch, auch für andere zu kochen, Freundschaften und Gemeinschaft aufzubauen.

In diesem Kapitel geht es um die grundlegenden Regeln des Games Kochenlernen – die trockene äußere Schale der Zwiebel, wenn ihr so wollt. Wie gehen wir an die Küche am besten heran? Was bedeutet es, wie ein Geek zu denken? Was für ein Kochtyp seid ihr? Wo kommen Rezepte her, und wie interpretiert man sie erfolgreich? Was könnte noch wichtig sein beim Kochen? Um diese Fragen beantworten zu können, müsst ihr anfangen, wie ein Geek zu denken.

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Wenn ihr mit der Küche bereits vertraut seid, könnt ihr das auslassen und gleich zur Wissenschaft von Riechen, Schmecken und Geschmack in Kapitel 2 springen.

Denken wie ein Geek

Was bedeutet es in der Küche, wie ein Geek zu denken?

Zum Teil geht es um Technik und Tools. Pizzateig oder Mürbeteig zu einer gleichmäßigen Dicke auszurollen, kann schwierig sein, aber wenn man ein paar Gummibänder an die Seiten des Rollholzes befestigt, bekommt man ein Rollwerkzeug, das die Dicke selbsttätig kontrolliert. Ihr wollt grillen, habt aber keinen Grill? Der Backofengrill funktioniert ganz ähnlich, nur dass die Hitze von oben statt von unten kommt. Ihr wollt ein Muffinblech mit Öl aussprühen? Macht den Geschirrspüler auf, stellt die Backform auf die geöffnete Tür, und sprüht los. Niemand muss die Sauerei auf der Arbeitsplatte wegmachen, und die Tür des Geschirrspülers wird beim nächsten Durchgang von allein sauber.

Zu denken wie ein Geek, bedeutet manchmal, herauszukriegen, warum bestimmte Zutaten für etwas verwendet werden. In eurem Rezept steht etwas von weißem Essig, aber ihr habt keinen? Wenn der Essig als Säuregeber fungiert, tut es auch Zitronensaft, und der Geschmack wird nicht stören. Das Essen, das ihr kocht, setzt Oregano als Aromageber ein, und das passende Gewürzglas ist leer, aber es ist noch Thymian da? Die beiden Kräuter haben gemeinsame Duftkomponenten und können gut gegeneinander ausgetauscht werden. Fragt ihr euch, ob man in einem Kuchenrezept statt Backpulver auch Kaisernatron nehmen kann? Nur, wenn ihr auch die richtige Menge einer säuernden Zutat zugebt, die mit dem Natron reagieren kann.

Bisweilen kann wie ein Geek zu denken auch bedeuten, innovative Lösungen für Probleme zu finden, etwa, wie man Klippen umschiffen kann, wenn etwas kaputt ist, oder auch nur zu erkennen, wenn etwas anders und einfacher gelöst werden kann. Jemand, den ich kenne, twitterte z. B. »Bei meiner Mikrowelle ist die 3 kaputt, aber ich kann 2:60 als Zeit eingeben.« Clever! Eine andere Freundin benutzt einen Kaffeebecher, um ihren Spritzbeutel darin abzustellen, statt zu versuchen, ihn in einer Hand zu halten, während sie ihn füllt. Sie hängt den Beutel in einen Pitcher oder Becher und faltet dann die Seiten drüber. Wenn wir wie ein Geek denken, stellen wir die Frage nach dem »Warum?« hinter einer Technik oder einer Zutat und beantworten diese Frage dann auf eine für uns hilfreiche Weise.

Machen wir ein Gedankenexperiment: Stellt euch vor, ihr habt eine Kerze, ein Briefchen Streichhölzer und eine Schachtel Nägel. Und nun sollt ihr die Kerze an der Wand anbringen. Wie würdet ihr das anstellen, ohne das Haus niederzubrennen?

Dieses Experiment ist als Dunckers Kerzenproblem bekannt, nach dem Psychologen Karl Duncker, der sich mit kognitiver Befangenheit in Problemlösungsprozessen befasst hat. In diesem Beispiel haben Objekte wie die Streichholzverpackung eine »fixierte Funktionalität«, hier, die Streichhölzer zu schützen. Wir sehen das Pappbriefchen nicht als ein Stück dicken Karton, der auch anderen Zwecken dienen könnte, für uns ist es einfach ein Teil des Streichholzbriefchens.

Wenn ihr auf einer einsamen Insel gestrandet wärt, könntet ihr mit einer Coladose und einer Tafel Schokolade Feuer machen? Denkt wie ein Geek, überwindet die funktionale Gebundenheit! Poliert den Boden der Dose mit der Folie der Schokolade auf Hochglanz und benutzt den Boden als parabolischen Reflektor, mit dem ihr Sonnenstrahlen auf trockene Zweige fokussiert.

Funktionale Gebundenheit begegnet uns überall. Zu erkennen, dass ein Objekt auch anderen Zwecken dienen kann, bedarf einer geistigen Neuverortung, ob es nun ein Gummiband am Rollholz ist oder Zitronensaft als alternatives Säuerungsmittel. Wir betrachten ein großes Sieb als Tool zum Nudeln abgießen, aber wenn man es umgedreht auf eine Bratpfanne legt, ist es ein Spritzschutz. Kleine Toaster-Öfen können sehr viel mehr als nur Toast zubereiten: Sie lassen sich auf 350 °F/180 °C vorheizen, also warum nicht mal Fisch darin pochieren, wenn euer normaler Ofen gerade besetzt ist?

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Funktionale Ungebundenheit: Ein Metallsieb dient als Spritzschutz.

Die offensichtlichen Lösungen für Dunckers Kerzenproblem – die Kerzen an die Wand nageln, oder die Kerze anschmelzen und mit Wachs an die Wand kleben – bringen entweder die Kerze zum Splittern oder setzen die Wand in Brand. Die Lösung, zumindest die, die Duncker sich vorstellte, setzte voraus, dass man begreift, dass man eine Schachtel hat, in der die Nägel liegen. Man befestigt also die Box an der Wand, stellt die Kerze hinein und zündet sie dann an.

Ihr solltet funktionale Gebundenheit aus eurem Küchenprozess eliminieren. Beim Kochen lernt man am meisten dadurch, dass man das Warum hinter den einzelnen Schritten versteht und verschiedene mögliche Antworten erkundet. Selbst wenn ihr danebenliegt, findet ihr heraus, was funktioniert und was nicht, und gewinnt dabei nach und nach ein »funktional ungebundenes« Verständnis des Kochens.

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Dunckers Kerzenproblem: Wie würdet ihr eine Kerze an der Wand befestigen, wenn ihr eine Schachtel Nägel und ein Streichholzbriefchen habt?

Kennt ihr euren Kochtyp?

Denken wie ein Geek, bedeutet u. a., den eigenen Kochstil und das eigene Küchentemperament zu kennen. Die meisten von uns glauben, es gebe zwei Sorten Küchenchefs: Köche und Bäcker. (Ich glaube ja, es gibt zwei Sorten von Menschen: die, die Leute in zwei Gruppen aufteilen, und die, die das nicht tun.)

Köchen sagt man nach, sie seien intuitiv, würden »Zeug in den Topf schmeißen«, sich zusammensuchen, was immer sie inspiriert, und die Fehler während des Prozesses korrigieren. Bäcker werden normalerweise als präzise dargestellt, sehr genau bei ihren

Mengenangaben, methodisch und organisiert. Große Kochschulen wie das Le Cordon Bleu unterteilen ihre Ausbildungsprogramme in Kochen (»cuisine«) und Backen (»patisserie«), da sie unterschiedliche Techniken und Ausführung verlangen. Das Kochen in einer Profiküche mit Postenköchen erfordert viel Vorarbeit und dann einen großen Teil, der on-demand auf Zuruf gefertigt wird. In der professionellen Bäckerei/Dessertküche wird ebenfalls ein Produktionsprozess durchgezogen, mit einem anderen Repertoire an Techniken. Üblicherweise ist alles fertig, wenn die Bestellung reinkommt. Die meisten von uns betreiben Kochen aber nicht als Beruf, insofern macht es keinen Sinn, nach kulinarischen Typen zu differenzieren.

Die wohl hilfreichsten Ideen zu Kochtypen habe ich in der Forschung von Brian Wansink gefunden, dem Direktor des Cornell University Food and Brand Lab und Autor von Mindless Eating (Bantam, 2006). Brians Arbeit ist faszinierend, er entdeckt alle möglichen Muster im Essverhalten, die man dann verwenden kann, um gesündere Muster des Essens zu erschaffen.

Bei einer Studie mit rund tausend Hobbyköchen aus Nordamerika konnte Brian fünf verschiedene Kochtypen ausmachen. Ich gebe hier mit seiner freundlichen Genehmigung sein kurzes Quiz wieder. Witzigerweise fällt so ziemlich jedes Food-Magazin und jede Kochshow, die mir einfällt, fein säuberlich in eine dieser fünf Kategorien. Brian fand heraus, dass die meisten Leute recht gleichmäßig über die fünf Typen verteilt sind – ungefähr 80–85 %. Die restlichen 15–20 % fallen in zwei der drei Kategorien, also keine Panik, falls euer Testergebnis nicht eindeutig sein sollte. Bei Unterhaltungen mit geekigeren Gruppen von Leuten – Wissenschaftlern, Softwareentwicklern – gibt es nach meiner Erfahrung eine starke Neigung zum innovativen Kochtyp. Es scheint in diesen Berufsfeldern ein Teil der Persönlichkeit zu sein.

Wahrscheinlich gibt es Überlappungen bei euren Antworten, aber habt ihr einen Buchstaben besonders häufig angekreuzt? Hier seht ihr, was eure Antworten über euren Koch-Typ verraten:

  1. Gebend: Freundlich, beliebt und enthusiastisch. Gebende Köche lieben es zu backen, experimentieren selten und tischen altbewährte Familienklassiker auf, auch wenn das manchmal bedeutet, nicht supergesund zu kochen.

  2. Gesundheitsbewusst: Optimistisch, naturverbunden und Bücher liebend. Gesundheitsbewusste Köche experimentieren mit Fisch, frischem Obst und Gemüse und Kräutern. Die Gesundheit steht an erster Stelle, selbst wenn das bedeutet, etwas Geschmack zu opfern.

  3. Methodisch: Talentierte Köche, die stark rezeptbasiert kochen. Methodische Köche sind wohlerzogen und haben einen feinen Geschmackssinn. Ihre Kreationen sehen immer exakt so aus wie auf der Abbildung im Buch.

  4. Innovativ: Als kreative Trendsetter benutzen innovative Köche selten Rezepte. Sie mögen es, mit Zutaten, Kochstilen und Zubereitungstechniken zu experimentieren. Köche dieses Typs sind oft auch in anderen Lebensbereichen sehr kreativ.

  5. Wetteifernd: Die »Iron Chefs« der Nachbarschaft. Wetteifernde Köche haben eine dominante Persönlichkeit und sind ausgeprägte Perfektionisten, die ihre Gäste beeindrucken wollen.

Wenn ihr für andere kocht, denkt daran, dass es unterschiedliche Kombinationen von Kochtypen, aber auch logischerweise Esstypen gibt. Nehmen wir mal an, ihr seid ein gesundheitsbewusster Esser und bekommt eine Mahlzeit von einem gebenden Koch, jemandem, der Zuneigung über Essen ausdrückt. Dieser Teller Brownies ist deren Art zu sagen: »Ich mag dich.« Also probiert einen Brownie oder wenigstens ein Stückchen, und bedankt euch. Ich habe Brian gefragt, wie man mit solchen im Konflikt stehenden Esstypen umgehen könnte, wenn man mit anderen zusammenlebt. Er schlug vor, man solle die Aufgaben in der Küche gemeinschaftlich angehen: Reihum übernimmt jeder mal das Kochen, oder zumindest sollte die regelmäßig kochende Person wenigstens an einem Tag der Woche davon befreit sein.

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Dies ist das erste Rezept, das ich von meinen Eltern gelernt habe. Und ja, da steht, »die Pfannkuchen müssen in dieser Form gemacht werden«, mit der Zeichnung eines Micky-Maus-Kopfs.

Pfannkuchen à la Internet

Niemand hat jemals Unrecht im Internet, also sollte der Durchschnitt von einem Bündel richtiger Sachen richtiger sein, richtig? Die Mengenangaben hier basieren auf dem Durchschnitt aus 8 verschiedenen Pfannkuchenrezepten aus einer Onlinesuche. Ich habe jeweils die Mengen je Zutat in Gramm umgerechnet und dann den gewichtsmäßig prozentualen Anteil dieser Zutat am Gesamtrezept berechnet. (Das ähnelt grob den »Bäckerprozenten«, bei denen Zutaten in prozentualem Verhältnis zum Mehlgewicht eines Rezepts angegeben werden.)

Mischt die folgenden Zutaten in einer Rührschüssel:

1 ½

Cups (190 g) Mehl

2

Esslöffel (25 g) Zucker

2

Teelöffel (10 g) Backpulver

½

Teelöffel (3 g) Salz

Schmelzt in einer separaten mikrowellenfesten Schüssel:

2

Esslöffel (25 g) Butter

Zur Butter gebt ihr unter beständigem Rühren:

1 ¼

Cups (330 ml) Milch

2

kleine Eier oder ein Ei Klasse XL (80 g) – 1 großes geht durchaus, aber es ist halt nicht der Internet-Durchschnittswert

Kippt die trockenen Zutaten zu den flüssigen und rührt sie mit einem Löffel oder Schneebesen, bis alles gut vermengt ist. Kleine Mehlbläschen sind okay, ihr solltet vermeiden, den Teig zu lang zu rühren, das minimiert die Menge an Gluten, die sich bildet (mehr zu Gluten und Mehl steht auf Seite 284).

Erwärmt eine antihaftbeschichtete Pfanne auf mittlerer Hitze und wartet, bis sie heiß ist. Der übliche Test ist, ein paar Tropfen Wasser hineinzugeben. Wenn sie brutzeln, ist die Pfanne heiß. Falls ihr ein Infrarotthermometer zur Hand habt: Die Oberflächentemperatur sollte bei 400 °F/ 200 °C liegen – und vielleicht auch einen flachen Bräter … Benutzt eine Kelle, eine Messtasse oder einen Eiscremeportionierer, um ungefähr eine halbe Cup (120 ml) Teig in die Pfanne zu gießen. Beim Backen von dieser Seite seht ihr, dass sich Bläschen auf der Oberfläche bilden. Wendet die Pfannkuchen, nachdem die Bläschen sich gebildet haben, aber ehe sie aufplatzen (etwa nach 2 Minuten).

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Durchschnittsanteile für Pfannkuchen

Notiz

Üblicherweise könnt ihr davon ausgehen, dass die Reihenfolge der Zutaten in einem Rezept auch die Reihenfolge anzeigt, in der sie verwendet werden. Es ist nicht immer wichtig, aber in diesem speziellen Fall solltet ihr die Milch vor den Eiern zugeben, damit die Eier nicht in der heißen Butter kochen.

Beim Benutzen einer beschichteten Pfanne benötigt ihr kein Fett. Eine normale Bratpfanne solltet ihr mit Butter ausstreichen und dann mit Küchenpapier überschüssiges Fett wegwischen. Zu viel Butter auf der Pfannenoberfläche verhindert, dass Teile des Pfannkuchens genug Hitze abbekommen, um zu bräunen.

Wie man ein Rezept liest

Das ist ganz einfach: vorn anfangen und am Ende aufhören. Ha! Wenn’s nur so wäre. Rezepte sind eine Dokumentation dessen, was für ihre Autoren funktioniert hat; Vorschläge von einem Koch an den anderen. Wenn ihr ein Rezept betrachtet, macht euch klar, dass es nicht nur bloß eine Anregung darstellt, sondern auch noch eine abgekürzte. Gebt einem Dutzend Köche ein und dasselbe Rezept, und es kommen ein Dutzend verschiedene Gerichte dabei heraus.

Wenn ich ein Rezept zum ersten Mal mache, befolge ich es genau. Auf diese Art habe ich eine Menge Sachen gelernt – zum Beispiel, dass man rote Paprika schälen kann. (Die Schale hat einen herben, kräuterigen, grasigen, bitteren Geschmack.) Wenn ich ein neues Kuchenrezept ausprobiere, denke ich vielleicht, der Teig sieht zu flüssig aus (braucht mehr Mehl?) oder zu dick (mehr Öl?), aber ich befolge die Anweisungen. Wenn ich es dann einmal gemacht habe, ist alles möglich. Die nächste überarbeitete Version basiert dann auf meinen Erinnerungen und Notizen vom ersten Mal.

Wenn ihr gerade erst anfangt, zu kochen, beginnt mit Frühstücksgerichten. Frühstück ist die Mahlzeit, die wir am wahrscheinlichsten zu Hause einnehmen, und die Zubereitung ist einfach zu lernen. Außerdem kann man Frühstücksgerichte in kurzer Zeit zubereiten, und die Zutaten sind billig. (Ein Freund erzählte mir, wie in der Kochausbildung das Entbeinen von Fleisch erlernt wurde. Es lief heraus auf »Mach’s 100 Mal, und wenn du das gemacht hast, weißt du, wie es geht«. Kein Wunder, dass diese Ausbildungen so viel Geld kosten!)

Versucht, das »Warum?« hinter jedem Rezeptschritt zu verstehen. Ich habe schon erlebt, dass Chemiker – Leute, die darin ausgebildet wurden, Anweisungen exakt zu befolgen – einen Schritt einfach ausließen, der besagte, »dreht den Herd ab« – bei einem Rezept, das mit dem Schmelzen von Schokolade in einer simmernden Flüssigkeit zu tun hatte. »Hitze wegnehmen? Aber warum denn? Um Zeug zu schmelzen, braucht man Hitze!« Das Rezept nutzte die Restwärme der Flüssigkeit zum Schmelzen der Schokolade, sodass diese nicht verbrennen konnte.

Übt und praktiziert mise en place – Französisch für »an seinen Platz stellen«. Man bereitet alle seine Zutaten vor, ehe man mit dem Kochen beginnt. Lest das gesamte Rezept durch und stellt alle Zutaten bereit, die ihr braucht, um nicht mittendrin im Vorratsschrank auf Jagd gehen zu müssen und dabei festzustellen, dass etwas Wichtiges fehlt. Ihr wollt ein Wok-Gericht machen? Schnippelt die Gemüse in eine Schüssel und stellt sie beiseite, ehe ihr anfangt, zu kochen.

Befolgt die Anweisungen in der richtigen Reihenfolge. »3 Esslöffel halbbittere Schokolade, gehackt« ist nicht dasselbe wie »3 Esslöffel gehackte halbbittere Schokolade«. Die erste Anweisung verlangt 3 Esslöffel Schokolade, die danach gehackt werden (was mehr als 3 Esslöffel gehackte Schokolade ergibt), das zweite ist eine Mengenangabe für bereits gehackte Schokolade.

Wenn in einem Rezept etwas von »nach Geschmack«, »abschmecken«, »nach Wunsch« steht, gebt eine Prise dazu, probiert, und gebt nach und nach mehr davon dazu, bis ihr denkt, der Geschmack ist ausbalanciert. Zutaten variieren; das Ausbalancieren von Aromen ist abhängig von den Eigenschaften der Zutaten, die ihr gerade verwendet. Was man als ausgewogen, rund, balanciert betrachtet, hängt auch vom kulturellen Kontext und persönlichen Vorlieben ab, besonders bei würzenden Zutaten wie Pfeffer, Salz, Zitronensaft, Essig und Chilisauce.

Lest stets das ganze Rezept von Anfang bis Ende, ehe ihr loslegt.

Umrechnen zwischen amerikanischen Maßeinheiten und metrischem System

Hierfür bietet sich Wolfram|Alpha an (http://www.wolframalpha.com). Man gibt »1 tablespoon sugar« ein und erhält (u. a.) das Gewicht in Gramm. Wenn ihr die Zutaten für das Pfannkuchenrezept mit »+« dazwischen eintippt, erhaltet ihr die Auskunft, dass das Rezept 38 Gramm Fett, 189 Gramm Kohlenhydrate und 46 Gramm Protein enthält.

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Angst vor der Küche

The only real stumbling block is fear of failure. In cooking you’ve got to have a what-the-hell attitude.

Julia Child

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Maslows Bedürfnispyramide, mit Bezug zu Essen und Kochen

Ein bisschen Aufmunterung für alle, die Angst vor der Küche haben. Bei manchen Leuten löst der Gedanke, einen Fuß in die Küche zu setzen, Panikattacken aus, wenn der primitive Teil des Gehirns die Kontrolle übernimmt. (Falls es hilft, schiebt die Schuld dem locus caeruleus im Hirn zu. Es liegt nicht an euch; atmet ein paar Mal tief durch und entspannt ihn.)

Angst vor der Küche kann verschiedene Ursachen haben, aber fast immer geht es dabei um die Angst vor Ablehnung und Versagensängste. Warum sich jemand fürchtet, hängt immer davon ab, welche Bedürfnisse auf dem Spiel stehen. Abraham Maslow, ein amerikanischer Psychologe, erforschte im Jahr 1943, was Menschen motiviert. Er schuf ein Entwicklungsmodell der Hierarchie der menschlichen Bedürfnisse, die wir heute Bedürfnispyramide nennen. Das, was er als die grundlegenden Bedürfnisse ansah, platzierte er auf dem Boden der Pyramide. Auch wenn man die Reihenfolge der Bedürfnisse heute anders sieht, liefert die Bedürfnispyramide doch einen geeigneten Rahmen, um sich der Angst vor der Küche zu nähern. Die häufigsten Ängste, die ich beim Thema Kochen so finde, drehen sich um soziale Bedürfnisse und Selbstwertgefühl.

Zunächst mal soziale Bedürfnisse: Für andere zu kochen, ist eine sehr wirkungsvolle Art, Freundschaften und Gemeinschaftsgefühl aufzubauen, und Menschen bei einem guten Essen zusammenzubringen, ist sehr lohnenswert. Und doch macht man sich Gedanken: Was ist, wenn du das Essen völlig ruinierst? Um dieser Angst zu begegnen, definiert zuerst neu, was passieren könnte, wenn ihr das Essen ruiniert. Also, was könnte passieren? Klar, es gibt da physiologische Bedürfnisse (erste Lösung: Lieferdienst anrufen) und finanzielle Auswirkungen. Aber wenn eure Befürchtungen sich um soziale Dinge drehen, ist das Essen als solches gar nicht wichtig. Solange eure Gäste sich miteinander wohlfühlen und ihr nett zu ihnen seid, erfüllt ihr deren wie eure eigenen Erwartungen. (Humor hilft ungemein dabei, sich solchen Befürchtungen zu stellen: »Wisst ihr noch, damals, als wir Müsli zum Abendessen essen mussten, und wie komisch das war?«) Die Leute werden sich viel mehr daran erinnern, ob sie sich mit dir wohl gefühlt haben, als welches Essen auf dem Tisch stand. Was zählt, ist, wer am Tisch sitzt, nicht was auf dem Tisch steht.

Dann wäre da das Selbstwertgefühl. Wir fühlen uns mies, wenn wir uns mit anderen vergleichen und zu viel darüber nachdenken, was die anderen von uns halten könnten. Magazine bombardieren uns mit Titelbildern, die das perfekte Feiertagsessen zeigen (»so leicht, so elegant!«), ebenso Artikel im Internet voller traumhafter kulinarischer Kreationen. Und dann probieren wir dieses »ganz einfache« Rezept mit dem tollen Foto und erwarten, dass das Gleiche dabei rauskommt. Solche Vergleiche darf man nicht ziehen. Magazine dieser Art – und leider auch viele Wissenschaftler – publizieren nur die besten Ergebnisse anstelle von erreichbaren, nicht ganz so wundervollen Ergebnissen. Könnt ihr euch eine Kochzeitschrift vorstellen, bei der die ganzen Hochglanzfotos perfekter Gerichte durch Abbildungen der gleichen Gerichte von Amateurköchen ersetzt wurden? Wenn euer Selbstwertgefühl in Gefahr ist, zieht keine unmöglichen Vergleiche, akzeptiert euch selbst so wie ihr seid. Akzeptiert das, was auch immer ihr da produziert habt. (Außer natürlich, es ist völlig verbrannt. In dem Fall greift der vorangegangene Absatz.)

Der große Erfolg von Julia Child lag auch daran, dass sie nur eine durchschnittlich begabte Köchin war und eine bescheidene Aura von »nichts Besonderes« hatte (im Verein mit sehr viel Hartnäckigkeit). Macht es wie sie und probiert Zeug aus mit der Einstellung »Was soll’s«. Ja, vermutlich wird euch mal ein Huhn auf den Boden fallen. Spielt mit Zutaten und Techniken. Sucht euch Projekte, die ihr ausprobieren wollt. (Mmm, Bacon-Frühstückspizza mit Ei.) Und wenn ihr das Huhn fallen lasst oder das Essen anbrennt? Solange ihr Spaß habt, ist das dann wirklich wichtig? Wie der bekannte Psychologe Albert Ellis sagte: »Wenn du dich schuldig fühlst, ist das allein deine Schuld.«

Wie viel besser wäre es doch, wenn wir über »erfolgreiches Lernen« sprechen würden statt über »Versagen in der Küche«. Wenn alles klappt, kann man nicht viel lernen. Wenn etwas schiefgeht, ist das eine Gelegenheit, zu erkennen, was die begrenzenden Faktoren sind und wie man es das nächste Mal besser machen kann. Der Philosoph Alain de Botton hat seine Definition von Erfolg in einer faszinierenden Ansprache bei der 2009 TED Conference vorgetragen: »A kinder, gentler philosophy of success«. Schaut euch das auf http://cookingforgeeks.com/book/botton/ an.

Falls ihr nervös seid, wenn ihr für jemand anderen kocht – ein romantisches Dinner? –, macht einen Probelauf, nur ihr selbst und vielleicht ein guter Freund, am besten am Vortag. Damit sind euch die Abläufe vertrauter, was die Panik dämmt. Es ist völlig okay, wenn’s in die Hose geht bzw. im Müll landet; es ist nichts anderes als ein wissenschaftliches Experiment, das nicht geklappt hat.

Adam Savage über wissenschaftliche Tests

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Adam Savage ist einer der beiden Köpfe hinter MythBusters, der beliebten Serie, die sich auf abenteuerlich-wissenschaftlichem Wege moderne Mythen, Gerüchte und Legenden vornimmt und auf ihren Wahrheitsgehalt und ihre Glaubwürdigkeit prüft.

Wie geht ihr vor, wenn ihr einen interessanten Mythos überprüft?

Etwas, was uns schon sehr früh klar wurde, war, dass man immer etwas haben muss, mit dem man das, was man herausfinden will, vergleichen kann. Wir fangen an mit einer Frage: Ist der Typ tot, das Auto zerstört? Ist das eine Verletzung? Und dann versuchen wir, das an absoluten Werten festzumachen wie, ein Sturz über x Meter ist gleichbedeutend mit Tod. Das Problem dabei ist, dass die reale Welt sehr schwammig und uneinheitlich ist, und einen Wert wie diesen zuverlässig festzulegen, ist verdammt schwer. Also landen wir am Ende bei relativen Tests. Wir machen einen Versuchsaufbau unter normalen Bedingungen, und dann testen wir den Mythos unter identischen Bedingungen und vergleichen beide. Aus diesem Vergleich beziehen wir unsere Ergebnisse.

In einem Versuch wollten wir rausfinden, ob man Steakfleisch mit Sprengstoff zarter machen kann. Erst mal mussten wir aber präzise definieren, was »zart« genau bedeutet. Man kann zwei Leuten jeweils einen Bissen von zwei verschiedenen Fleischstücken geben, und sie kommen zu völlig unterschiedlichen Ansichten darüber, welches zarter ist. Wir haben sogar einen ganzen Tag für Tests aufgewendet, die am Ende nicht in der Episode landeten, weil uns klar wurde, dass wir die falschen Parameter benutzten. Die USDA besitzt eine Maschine, die Zartheit in Steaks misst, indem sie die Kraft misst, die nötig ist, um ein Loch in ein Stück Fleisch zu stanzen. Das haben wir nachgebaut, und zu unserer Überraschung funktionierte die Maschine aus Teilen für vielleicht 50 Dollar wie die der USDA. Das war ziemlich cool.

Was kann man vom Testen von Mythen mitnehmen, wenn man kochen lernen will?

Dass man immer nur eine Variable verändern darf, ist vermutlich das, was für die meisten am schwersten zu begreifen ist. Nur eine. Nicht ein paar, sondern wirklich nur diese eine, denn nur dann kann man nachvollziehen, wodurch eine Veränderung zwischen dem ersten und dem zweiten Testdurchlauf verursacht wurde. Man gewinnt dabei ein klares Verständnis der Vorgänge.

Ich bin ein begeisterter Koch, meine Frau und ich kochen eine Menge aufwendige Dinge, und wir lieben es, mit einzelnen Variablen zu spielen, Dinge zu verändern und zu verstehen, wie sie funktionieren. Wir lasen Thomas Keller, und er spricht darüber, dass Salz als Geschmacksverstärker fungiert und dass Essig etwas Ähnliches bewirkt. Es kommt kein neuer Geschmack dazu, aber oft verändert es die Aromen, die vorhanden sind. Meine Frau machte Blumenkohlsuppe, und die war irgendwie fad. Ich wollte nicht noch mehr Salz rantun, ich konnte schmecken, dass das in die falsche Richtung geht. Wir gaben ein paar Spritzer Essig dazu, und plötzlich erwachte das ganze Ding zu neuem Leben. Das war aufregend, ich liebe so was.

Habt ihr schon andere »Food Myths« unter die Lupe genommen?

Oh ja – vor allem über das Trinken! Wir testeten Mohnbagels, um zu sehen, ob der Verzehr von Mohnbrötchen wirklich das Ergebnis eines Herointests beeinflussen kann, was absolut den Tatsachen entspricht. Leute auf Bewährung dürfen keine Mohnbrötchen essen – man sagt ihnen, uns ist völlig egal warum, wenn euer Drogentest positiv ist, geht ihr wieder in den Knast, also befolgt es einfach, esst keinen Mohn.

Ich habe eine komplette Folge geschrieben, die ich Surrealer Gourmet nannte. Sie endete mit durch Dynamit zart gemachtem Steak, aber da waren auch all die anderen Sachen wie Fisch auf dem Katalysator des Autos garen. Genauso wie die Frage, ob es sicher ist, Fleisch von einem Wildunfall zu essen. Wir dachten, das wäre einfach nur widerlich und lachhaft.

Der Aspekt der Problemlösung in eurer Show ist faszinierend. Hast du Tipps, wie man sein Ziel auch dann noch erreicht, wenn Probleme auftauchen?

Zu allererst muss man sich klarmachen, dass man nicht an dem Ziel enden wird, von dem man glaubt, es zu erreichen. Die Welt ist schlauer als du. Ein Fachmann ist nicht jemand, der nie etwas verbockt. Ein Fachmann verbockt genauso viel wie du und ich. Nur sieht er die Schwierigkeiten kommen und kann sich darauf einstellen, das ist ein beständiger Prozess. Jeder Ofen heizt mit einer anderen Rate. Machst du die Ofentür auf, um etwas zu prüfen, fällt die Temperatur. Es gibt da jede Menge Variablen. Vielleicht hohe Luftfeuchte oder das Gegenteil. Luftfeuchtigkeit hatte Auswirkungen auf alle Keksrezepte meiner Frau. So viele Leute sind nur auf das Endprodukt fokussiert, während man doch den Prozess hellwach beobachten muss. Problemlösung bedeutet nicht, alles zu geben, um zum Ziel zu gelangen, sondern es bedeutet, dem Pfad zu folgen, den du gewählt hast. Vermutlich verändert sich auf diesem Weg auch deine Definition des zu erreichenden Ziels.

Je besser man wird dabei, umso mehr entwickeln sich die Dinge nach Plan. Als meine Frau ernsthaft zu backen begann, konnte ich kaum glauben, was für einen Unterschied allein die Tatsache macht, dass alle Zutaten auf Zimmertemperatur sind. Emulgation und chemische Reaktionen sind dann anders – etwa, einen Teig blättrig zu bekommen. Schon etwas so Banales wie alle Zutaten eine Stunde vor dem Beginn der Zubereitung aus dem Kühlschrank zu nehmen, hat deutliche spürbare Auswirkungen auf das Endprodukt. Oder so Sachen wie bestimmte Beeren in manchen Gebäcken – die Säure der Früchte macht es nötig, mehr Natron zuzugeben. Ich liebe so was, man lernt, während man etwas tut, dazu.

Was kochst du gern?

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