Inspiration & Innovation für die Küche
2., überarbeitete und ergänzte Auflage
Jeff Potter
Übersetzung: Petra Hildebrandt
Lektorat: Gabriel Neumann
Lektoratsassistenz: Stefanie Weidner
Copy-Editing: Susanne Rudi und Claudia Lötschert
Layout: Edie Freedman & Ron Bilodeau
Grafiken: Aaron Double
Satz: Nadine Thiele
Herstellung: Susanne Bröckelmann
Umschlaggestaltung: Michael Oreal, www.oreal.de
Druck und Bindung: M.P. Media-Print Informationstechnologie GmbH, 33100 Paderborn
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ISBN:
Print 978-3-96009-028-1
PDF 978-3-96010-084-3
ePub 978-3-96010-085-0
mobi 978-3-96010-086-7
2., überarbeitete und ergänzte Auflage 2017
Copyright © 2017 dpunkt.verlag GmbH
Wieblinger Weg 17
69123 Heidelberg
Authorized German translation of the English edition of Cooking for Geeks, 2nd Edition
ISBN 9781491928059 © 2010, 2016 Atof Inc.
This translation is published and sold by permission of O’Reilly Media, Inc., which owns or controls all rights to publish and sell the same.
Dieses Buch erscheint in Kooperation mit O’Reilly Media, Inc. unter dem Imprint »O’REILLY«. O’REILLY ist ein Markenzeichen und eine eingetragene Marke von O’Reilly Media, Inc. und wird mit Einwilligung des Eigentümers verwendet.
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Einführung
1. Hallo, Küche!
2. Geruch und Geschmack
3. Zeit und Temperatur
4. Luft und Wasser
5. Spaß mit Hardware
6. Molekulare Spiele: Chemikalien in der Küche
Anhang: Um Allergien herum kochen
Index
Frühstück und Brunch
1-2-3-Crêpes
Aufgeschäumtes Rührei
Buttermilch-Pfannkuchen
Dampfgetriebene Popovers
Das 30-Minuten-Rührei
Einfach zu pellende hart gekochte Eier
Hefewaffeln
Ofen-pochierte Eier
Pochierte Eier
Tim’s Scones
Brot
Brot – No-knead-Methode
Brot – Traditionelle Methode
Das beste Knoblauchbrot
Hefefreier Pizzateig
Pizzateig – No-knead-Methode
Vorspeisen und Beilagen
Edamame
Gebratene Blattgemüse mit Sesam
Gegrillter Chicorée
Glasierte geröstete Möhren mit roten Zwiebeln
Grillgemüse
Jakobsmuschel-Ceviche
Knusprige Grünkohl-Chips aus dem Ofen
Miesmuscheln mit Butter und Schalotten
Moong Dal Khichdi
Muscheln im Speckmantel
Rosmarin-Kartoffelpüree
Röstkartoffeln aus der Pfanne
Schnellgedämpfter Spargel
Tintenfisch-Bruschetta
Salate
Fenchel-Pilz-Salat mit Parmesan
Friséesalat mit pochierten Eiern und Lardons
Tomaten-Mozzarella-Salat mit Basilikum
Wassermelonensalat mit Feta
Suppen
Butternusskürbis-Suppe (Herbst)
Congee
Französische Zwiebelsuppe in 60 Minuten
Gazpacho (Sommer)
Minestrone
Salatsuppe (Frühling)
Weiße-Bohnen-Suppe mit Knoblauch (Winter)
Hauptgerichte
48-Stunden-Ochsenbrust
Belgische Hackbällchen
Einfaches Steak
Fisch im Salzmantel
Fisch-Tacos mit Pickles und Erdbeer-Relish
Flank Steak mit Buttermilch-Marinade
Gebackener Seitan mit scharfen grünen Bohnen
Geplättetes Hähnchen, gegrillt und gebraten
Graved Lachs
Huhn mit geräuchertem Paprikapulver und Kichererbsen
Koteletts mit einer Käse-Chili-Füllung
Lachs in Olivenöl pochiert
Mac’n’Cheese
Penne alla Wodka
Pulled Pork unter Druck
Slow Cooker Short Ribs
Steak aus dem Sous-vide
Tatar mit pochiertem Ei
Thunfisch in Kreuzkümmel-Salz-Kruste
Zitronen-Quinoa mit Spargel und Shrimp-Scampi
Desserts
30-Sekunden-Schokokuchen
Crème anglaise, Vanillepudding und Brotpudding
Ein-Schüssel-Schokokuchen
Erdbeer-, Pfirsich- oder Himbeer-Soufflé
Falscher Apple Pie
Französische und italienische Baisers
Fruchtsaft-Schaum
Geschirrspüler-Apfelkompott
Goldschläger-Kakao-Eiscreme
Heiße Marshmallows
Kürbiskuchen
Lebkuchen
Mein Lieblingskuchen: Schokoladen-Portwein-Kuchen
Mürbekekse, Butterkekse, Snickerdoodles
Patentverletzende Chocolate Chip Cookies
Pie-Teig für eine Double-Crust
Pistazien-Schokoladen-Baklava
Pochierte Birnen
Quinn’s Crème Brûlée
Schokoladen-Minz-Konfekt
Schokoladen-Mousse
Schokoladen-Panna-Cotta
Selbst gemachte Bitterschokolade
Zabaione (Sabayon)
Zitronen-Baiser-Tarte
Komponenten und Zutaten
53 Beef Jerky
Aromatisierte Öle und Kräuterbutter
Béchamel-Sauce (»Weiße« Sauce)
Brot-und-Butter-Pickles auf die schnelle Art
Einfache griechische Marinade
Einfache japanische Marinade
Einfache Weißwein-Käse-Sauce
Enten-Confit
Enten-Sugo aus Confit
Feuchte und trockene Karamellsauce
Geklärter Limettensaft
Gelierte Milch mit Iota- und Kappa-Carrageen
Heller Basis-Fond
Ingwersirup
Joghurt
Kandierte Orangenschale
Keksschale für Eiscreme
Marshmallows
Mayonnaise
Mozzarella selbst gemacht
Pulverisierte braune Butter
Sahne schlagen
Sauce espagnole (»braune« Sauce, spanische Sauce)
Sauce hollandaise
Tomatensauce – Sauce Tomate
Vanilleextrakt
Velouté (Samtsauce)
Eingelegte Salzzitronen
Zitrusmarmelade
Die süüße Art, euren Ofen zu kalibrieren
Apfel oder Erdapfel?
Genetische Geschmacksunterschiede
Geschmacks- und Geruchstest
Kollagen-Experiment
Reaktionsgeschwindigkeiten für Kekse
Den Tiefkühler mit Salzwasser kalibrieren
Selbst gemachtes Gluten
Natron (Baking Soda)
Separation per Kristallisation (Zuckerstäbchen)
Eiscremeherstellung mit Salz
Pektin selbst gemacht
Adam Savage über wissenschaftliche Tests
Jacques Pépin über das Kochen
Buck Raper über Messer
Adam Ried zu Ausrüstung und Rezepten
Linda Bartoshuk über Geschmack
Brian Wansink über Erwartungen, Geschmack und das Essen
Lydia Walshin über den Umgang mit unbekannten Zutaten
Tim Wiechmann und Linda Anctil über saisonale Inspiration
Gail Vance Civille zu Geruch und Geschmack
Doug Powell über sicheren Umgang mit Lebensmitteln
Bridget Lancaster über Missverständnisse beim Kochen
Jim Lahey über das Backen
Jeff Varasano über Pizza
David Lebovitz über amerikanische Küche
Douglas Baldwin über Sous-vide
Dave Arnold zu professioneller Hardware
Nathan Myhrvold über Modernist Cuisine
Carolyn Jungs eingelegte Salzzitronen
Hervé This über molekulare Gastronomie
Ann Barrett über Textur
Martin Lerschs Hydrokolloid-Rezepte
Benjamin Wolfe zu Käse und Schimmelpilzen
Harold McGee: Wie man Küchengeheimnisse enträtselt
MÖGLICHERWEISE SEID IHR GEEKS UND WISST ES NICHT MAL. Seid ihr neugierig, wie die Welt funktioniert, und wollt wissen, wie bestimmte Dinge ticken? Dann seid ihr wahrscheinlich Geeks, die Typen, die vermutlich lieber einen Karton mit Werkzeug, Küchengerät oder Fahrradteilen in die Hand gedrückt bekommen und die Freiheit haben, damit rumzuprobieren, statt Arbeitsanweisungen auszuführen. Geeks finden sich in allen Bereichen des Lebens, in der Politik ebenso wie im Sport, und, klar, auch in technischen Berufen. Selbst wenn ihr meiner Definition von Geek – schlau und neugierig – nicht zustimmt, ermöglichen euch diese Eigenschaften doch, in der Küche fantastische neue Dinge zu entdecken.
Die Küche kann ein aufregender, interessanter und manchmal auch herausfordernder Ort sein. Meine ersten kulinarischen Erinnerungen drehen sich um meinen Vater, einen Physiker, und wie er mir beibrachte, Pfannkuchen zu machen. In meiner Familie bringt das Essen die Leute zusammen, ob wir nun sonntags beim Football Burger grillten oder zu Thanksgiving um einen Truthahn herum zusammenkamen. Als ich dann zur Uni ging, stellte ich fest, wie wenig Ahnung ich hatte. (Ich glaube, mittlerweile weiß ich noch weniger!)
Die erste Herausforderung beim Kochen bestand für mich darin, zu lernen, wie man eine gute hausgemachte Mahlzeit zubereitet, so wie ich sie von zu Hause kannte. Ich war ein kulinarischer Novizen-Geek, ich hatte keine Ahnung, wo ich anfangen sollte, aber ich ging neugierig und offen an die Sache heran. Irgendwann kam ich tatsächlich an dem Punkt an, an dem ich mich als guten Amateurkoch bezeichnet habe, aber ein paar weniger seltsame Mahlzeiten auf dem Weg dahin wären auch okay gewesen. (Mit Lachs durcheinandergeworfene Nudeln? Hühnerbrust in Rotwein gegart?) Ich habe viel per Trial and Error gelernt. Damals gab es nicht viele Bücher, die intuitives Kochen und wissenschaftliche Erklärungen verbanden. Beim Schreiben dieses Buchs rief ich mir in Erinnerung, wie es für mich war, kochen zu lernen – ich wollte Spaß haben und interessante Sachen in der Küche ausprobieren, nicht strikten Anweisungen folgen.
Ein paar Jahre nach meinem Uni-Abschluss – ich konnte mittlerweile ordentliche Mahlzeiten zubereiten – begann ich, für Freunde zu kochen, gab Partys und lud andere ein, mit mir zu speisen. So bildete das Kochen eine Community, und meine Community, die im Wesentlichen aus Leuten bestand, die Aufbaustudiengänge in Naturwissenschaften besuchten, stellte Fragen wie »Warum?« und »Wie?« Das sind Fragen, die sich mit Trial and Error nicht wirklich beantworten lassen, und so landeten wir bei ausführlichen Diskussionen und Onlinesuchen zu Bratpfannen, Gewürzen, Ernährung und Hunderten anderen Themen. Das waren tief gehende, geekige Fragen, die sich um wissenschaftliche Erkenntnisse zu Zutaten und Kochtechniken drehten und die unsere Forschung auch in andere Bereiche als die Küche gehen ließen.
Und dann passierte etwas Eigenartiges. Ich hielt einen Vortrag über das Sous-vide-Kochen (vgl. Kapitel 5), und jemand fragte mich, ob ich nicht ein Buch übers Kochen schreiben wollte. »Logo,« gab ich zurück, »wie schwer kann das sein?« (Leute, die die Anfrage stattdessen mit einem »Nein« beantworten, wissen mehr als ich zu diesem Zeitpunkt, und wie ich bereits erwähnte, weiß ich wahrscheinlich heute noch viel weniger!) Was ihr lest, ist das Ergebnis einer unvorstellbaren Menge an Zeit, die ich damit zugebracht habe, das zu sammeln, was ich an kulinarischem Wissen für spaßig, nützlich und interessant halte, mit dem Ziel, sowohl kulinarische Novizen als auch Küchenprofis zu inspirieren.
Wenn ihr eine Frage oder Idee zu irgendwas in diesem Buch habt, besucht http://www.cookingforgeeks.com oder http://www.jeffpotter.org (in englischer Sprache) und schickt mir – möglichst auch auf Englisch – eine Nachricht. Ich freue mich, wenn meine Leser mich kontaktieren – aus euren Fragen kann auch ich noch etwas lernen.
Es ist völlig egal, was für ein Typ Geek ihr seid. Solange ihr an diese Küchensache mit Neugierde herangeht, macht ihr es völlig richtig. Fühlt euch nicht genötigt, mit dem Lesen bei Kapitel 1 zu beginnen. Im gesamten Text finden sich Rezeptideen und Experimente, dazu eingestreute Interviews mit Wissenschaftlern, Forschern und Profiköchen. Eine kurze Anleitung, um euch eine Orientierungshilfe zu geben:
Kochen ist was Neues für euch?
Nehmt euch einen Becher $lieblingsgetraenk (ein Programmierer-Joke, ich verspreche, ich baue ein paar Wortspiele für Software-Geeks ein), klappt Kapitel 1 am Anfang auf, und nehmt euch etwas Zeit, um ins Thema zu finden.
Ihr wollt mehr über das Wissenschaftszeugs wissen?
Ihr könnt direkt bei Kapitel 2 loslegen, oder, wenn ihr lieber etwas Praxis möchtet, werft einen Blick auf die Liste der Experimente auf Seite xi. (Nach der ersten Auflage dieses Buchs haben mich viele Lehrer und Eltern gefragt, was man denn so an Experimenten mit Kids machen könne. Ich habe ein paar davon in die zweite Auflage geschmuggelt, und sie sind auch spannend zu lesen.) Einen Überblick über die Interviews mit Forschern und Wissenschaftlern findet ihr auf Seite xii– ich mag die ja besonders gern.
Ihr wollt einfach nur kochen?
Nehmt den Rezeptindex auf Seite vii und blättert zu dem ausgewählten Rezept weiter. Ich habe alle Rezepte in diesem Buch danach ausgewählt, ob sie auch etwas von der Anwendung wissenschaftlicher Prinzipien in der realen Welt vermitteln. Die meisten sind für sich genommen schon sehr lecker. Meist reichen die Mengen für zwei bis vier Personen, aber ihr müsst hier und da etwas anpassen und planen. Die Rezepte sind eher Bausteine für ganze Mahlzeiten, keine in sich geschlossenen traditionellen Rezepte, und es wird von euch erwartet, dass ihr sie für euch modifiziert.
Unabhängig davon, wo ihr anfangen möchtet, kann ich nur wärmstens empfehlen, dass ihr euch Notizen auf den Seitenrändern (oder eingelegten Notizblättern) in diesem Buch macht. Schreibt auf, was ihr anders machen würdet, wenn ihr ein Rezept das nächste Mal ausprobiert. Umkringelt die Sachen, die ihr wieder so machen würdet. Schreibt Fragen auf, wenn ihr euch über etwas wundert. Ich lerne am meisten und habe den größten Spaß beim Kochen, wenn ich mit der Einstellung eines Wissenschaftlers darangehe, alles neugierig erforsche, Ideen entwickle und überprüfe. Und ihr solltet das auch. Experimentiert!
Mein erstes Kochbuch, circa 1984
Inhalt
Denken wie ein Geek
Kennt euren Kochtyp?
Wie man ein Rezept liest
Angst vor der Küche
Eine kurze Geschichte des Rezepts
Haltet euch nicht immer ans Rezept
Ein Platz für alles und alles an seinem Platz
Dinnerparty für eine Person
Die Power der Dinnerparty
Die hohe Kunst des Anrichtens
Küchengrundausstattung
Messer
Schneidbretter
Töpfe und Pfannen
Essenzielle Küchenausrüstung
Interviews
Adam Savage über wissenschaftliche Tests
Jacques Pépin über das Kochen
Buck Raper über Messer
Adam Ried zu Ausrüstung und Rezepten
Rezepte
Congee
Huhn mit geräuchertem Paprikapulver und Kichererbsen
Französische Zwiebelsuppe in 60 Minuten
Zitronen-Quinoa mit Spargel und Shrimp-Scampi
Labor
Die süße Art, euren Ofen zu kalibrieren
WIR GEEKS SIND DAVON FASZINIERT, WIE DINGE FUNKTIONIEREN, UND DIE MEISTEN VON UNS MÜSSEN AUCH ESSEN.
Kochen zu lernen, kann eine der wertvollsten Erfahrungen eures Lebens sein. Das Kochen – und Essen – ist ein kompliziertes, vielschichtiges Puzzle, bei dem man, wie bei einer Zwiebel, eine Schicht abschälen kann, nur um darunter eine weitere zu entdecken. Niemand ist jemals damit fertig, kochen zu lernen.
Für den Anfänger umfasst das Kochen eine Menge versteckter Regeln. Diese zu erlernen, hat weniger damit zu tun, etwas auswendig zu lernen, sondern sehr viel mehr mit Neugierde. Das ist etwas, womit die meisten Geeks reichlich gesegnet sind. Mit der Zeit erschließen sich diese versteckten Regeln der Küche und entpuppen sich als eine Kombination aus Kunst und Wissenschaft. Sie sind der Schlüssel zum Königreich der Küche. Die Mühe lohnt sich. Mit gutem Essen sorgt ihr besser für euch selbst und achtet auf eure Gesundheit. Und das Küchenwissen ermöglicht es euch, auch für andere zu kochen, Freundschaften und Gemeinschaft aufzubauen.
In diesem Kapitel geht es um die grundlegenden Regeln des Games Kochenlernen – die trockene äußere Schale der Zwiebel, wenn ihr so wollt. Wie gehen wir an die Küche am besten heran? Was bedeutet es, wie ein Geek zu denken? Was für ein Kochtyp seid ihr? Wo kommen Rezepte her, und wie interpretiert man sie erfolgreich? Was könnte noch wichtig sein beim Kochen? Um diese Fragen beantworten zu können, müsst ihr anfangen, wie ein Geek zu denken.
Wenn ihr mit der Küche bereits vertraut seid, könnt ihr das auslassen und gleich zur Wissenschaft von Riechen, Schmecken und Geschmack in Kapitel 2 springen.
Was bedeutet es in der Küche, wie ein Geek zu denken?
Zum Teil geht es um Technik und Tools. Pizzateig oder Mürbeteig zu einer gleichmäßigen Dicke auszurollen, kann schwierig sein, aber wenn man ein paar Gummibänder an die Seiten des Rollholzes befestigt, bekommt man ein Rollwerkzeug, das die Dicke selbsttätig kontrolliert. Ihr wollt grillen, habt aber keinen Grill? Der Backofengrill funktioniert ganz ähnlich, nur dass die Hitze von oben statt von unten kommt. Ihr wollt ein Muffinblech mit Öl aussprühen? Macht den Geschirrspüler auf, stellt die Backform auf die geöffnete Tür, und sprüht los. Niemand muss die Sauerei auf der Arbeitsplatte wegmachen, und die Tür des Geschirrspülers wird beim nächsten Durchgang von allein sauber.
Zu denken wie ein Geek, bedeutet manchmal, herauszukriegen, warum bestimmte Zutaten für etwas verwendet werden. In eurem Rezept steht etwas von weißem Essig, aber ihr habt keinen? Wenn der Essig als Säuregeber fungiert, tut es auch Zitronensaft, und der Geschmack wird nicht stören. Das Essen, das ihr kocht, setzt Oregano als Aromageber ein, und das passende Gewürzglas ist leer, aber es ist noch Thymian da? Die beiden Kräuter haben gemeinsame Duftkomponenten und können gut gegeneinander ausgetauscht werden. Fragt ihr euch, ob man in einem Kuchenrezept statt Backpulver auch Kaisernatron nehmen kann? Nur, wenn ihr auch die richtige Menge einer säuernden Zutat zugebt, die mit dem Natron reagieren kann.
Bisweilen kann wie ein Geek zu denken auch bedeuten, innovative Lösungen für Probleme zu finden, etwa, wie man Klippen umschiffen kann, wenn etwas kaputt ist, oder auch nur zu erkennen, wenn etwas anders und einfacher gelöst werden kann. Jemand, den ich kenne, twitterte z. B. »Bei meiner Mikrowelle ist die 3 kaputt, aber ich kann 2:60 als Zeit eingeben.« Clever! Eine andere Freundin benutzt einen Kaffeebecher, um ihren Spritzbeutel darin abzustellen, statt zu versuchen, ihn in einer Hand zu halten, während sie ihn füllt. Sie hängt den Beutel in einen Pitcher oder Becher und faltet dann die Seiten drüber. Wenn wir wie ein Geek denken, stellen wir die Frage nach dem »Warum?« hinter einer Technik oder einer Zutat und beantworten diese Frage dann auf eine für uns hilfreiche Weise.
Machen wir ein Gedankenexperiment: Stellt euch vor, ihr habt eine Kerze, ein Briefchen Streichhölzer und eine Schachtel Nägel. Und nun sollt ihr die Kerze an der Wand anbringen. Wie würdet ihr das anstellen, ohne das Haus niederzubrennen?
Dieses Experiment ist als Dunckers Kerzenproblem bekannt, nach dem Psychologen Karl Duncker, der sich mit kognitiver Befangenheit in Problemlösungsprozessen befasst hat. In diesem Beispiel haben Objekte wie die Streichholzverpackung eine »fixierte Funktionalität«, hier, die Streichhölzer zu schützen. Wir sehen das Pappbriefchen nicht als ein Stück dicken Karton, der auch anderen Zwecken dienen könnte, für uns ist es einfach ein Teil des Streichholzbriefchens.
Wenn ihr auf einer einsamen Insel gestrandet wärt, könntet ihr mit einer Coladose und einer Tafel Schokolade Feuer machen? Denkt wie ein Geek, überwindet die funktionale Gebundenheit! Poliert den Boden der Dose mit der Folie der Schokolade auf Hochglanz und benutzt den Boden als parabolischen Reflektor, mit dem ihr Sonnenstrahlen auf trockene Zweige fokussiert.
Funktionale Gebundenheit begegnet uns überall. Zu erkennen, dass ein Objekt auch anderen Zwecken dienen kann, bedarf einer geistigen Neuverortung, ob es nun ein Gummiband am Rollholz ist oder Zitronensaft als alternatives Säuerungsmittel. Wir betrachten ein großes Sieb als Tool zum Nudeln abgießen, aber wenn man es umgedreht auf eine Bratpfanne legt, ist es ein Spritzschutz. Kleine Toaster-Öfen können sehr viel mehr als nur Toast zubereiten: Sie lassen sich auf 350 °F/180 °C vorheizen, also warum nicht mal Fisch darin pochieren, wenn euer normaler Ofen gerade besetzt ist?
Funktionale Ungebundenheit: Ein Metallsieb dient als Spritzschutz.
Die offensichtlichen Lösungen für Dunckers Kerzenproblem – die Kerzen an die Wand nageln, oder die Kerze anschmelzen und mit Wachs an die Wand kleben – bringen entweder die Kerze zum Splittern oder setzen die Wand in Brand. Die Lösung, zumindest die, die Duncker sich vorstellte, setzte voraus, dass man begreift, dass man eine Schachtel hat, in der die Nägel liegen. Man befestigt also die Box an der Wand, stellt die Kerze hinein und zündet sie dann an.
Ihr solltet funktionale Gebundenheit aus eurem Küchenprozess eliminieren. Beim Kochen lernt man am meisten dadurch, dass man das Warum hinter den einzelnen Schritten versteht und verschiedene mögliche Antworten erkundet. Selbst wenn ihr danebenliegt, findet ihr heraus, was funktioniert und was nicht, und gewinnt dabei nach und nach ein »funktional ungebundenes« Verständnis des Kochens.
Dunckers Kerzenproblem: Wie würdet ihr eine Kerze an der Wand befestigen, wenn ihr eine Schachtel Nägel und ein Streichholzbriefchen habt?
Denken wie ein Geek, bedeutet u. a., den eigenen Kochstil und das eigene Küchentemperament zu kennen. Die meisten von uns glauben, es gebe zwei Sorten Küchenchefs: Köche und Bäcker. (Ich glaube ja, es gibt zwei Sorten von Menschen: die, die Leute in zwei Gruppen aufteilen, und die, die das nicht tun.)
Köchen sagt man nach, sie seien intuitiv, würden »Zeug in den Topf schmeißen«, sich zusammensuchen, was immer sie inspiriert, und die Fehler während des Prozesses korrigieren. Bäcker werden normalerweise als präzise dargestellt, sehr genau bei ihren
Mengenangaben, methodisch und organisiert. Große Kochschulen wie das Le Cordon Bleu unterteilen ihre Ausbildungsprogramme in Kochen (»cuisine«) und Backen (»patisserie«), da sie unterschiedliche Techniken und Ausführung verlangen. Das Kochen in einer Profiküche mit Postenköchen erfordert viel Vorarbeit und dann einen großen Teil, der on-demand auf Zuruf gefertigt wird. In der professionellen Bäckerei/Dessertküche wird ebenfalls ein Produktionsprozess durchgezogen, mit einem anderen Repertoire an Techniken. Üblicherweise ist alles fertig, wenn die Bestellung reinkommt. Die meisten von uns betreiben Kochen aber nicht als Beruf, insofern macht es keinen Sinn, nach kulinarischen Typen zu differenzieren.
Die wohl hilfreichsten Ideen zu Kochtypen habe ich in der Forschung von Brian Wansink gefunden, dem Direktor des Cornell University Food and Brand Lab und Autor von Mindless Eating (Bantam, 2006). Brians Arbeit ist faszinierend, er entdeckt alle möglichen Muster im Essverhalten, die man dann verwenden kann, um gesündere Muster des Essens zu erschaffen.
Bei einer Studie mit rund tausend Hobbyköchen aus Nordamerika konnte Brian fünf verschiedene Kochtypen ausmachen. Ich gebe hier mit seiner freundlichen Genehmigung sein kurzes Quiz wieder. Witzigerweise fällt so ziemlich jedes Food-Magazin und jede Kochshow, die mir einfällt, fein säuberlich in eine dieser fünf Kategorien. Brian fand heraus, dass die meisten Leute recht gleichmäßig über die fünf Typen verteilt sind – ungefähr 80–85 %. Die restlichen 15–20 % fallen in zwei der drei Kategorien, also keine Panik, falls euer Testergebnis nicht eindeutig sein sollte. Bei Unterhaltungen mit geekigeren Gruppen von Leuten – Wissenschaftlern, Softwareentwicklern – gibt es nach meiner Erfahrung eine starke Neigung zum innovativen Kochtyp. Es scheint in diesen Berufsfeldern ein Teil der Persönlichkeit zu sein.
Wenn ihr für andere kocht, denkt daran, dass es unterschiedliche Kombinationen von Kochtypen, aber auch logischerweise Esstypen gibt. Nehmen wir mal an, ihr seid ein gesundheitsbewusster Esser und bekommt eine Mahlzeit von einem gebenden Koch, jemandem, der Zuneigung über Essen ausdrückt. Dieser Teller Brownies ist deren Art zu sagen: »Ich mag dich.« Also probiert einen Brownie oder wenigstens ein Stückchen, und bedankt euch. Ich habe Brian gefragt, wie man mit solchen im Konflikt stehenden Esstypen umgehen könnte, wenn man mit anderen zusammenlebt. Er schlug vor, man solle die Aufgaben in der Küche gemeinschaftlich angehen: Reihum übernimmt jeder mal das Kochen, oder zumindest sollte die regelmäßig kochende Person wenigstens an einem Tag der Woche davon befreit sein.
Dies ist das erste Rezept, das ich von meinen Eltern gelernt habe. Und ja, da steht, »die Pfannkuchen müssen in dieser Form gemacht werden«, mit der Zeichnung eines Micky-Maus-Kopfs.
Das ist ganz einfach: vorn anfangen und am Ende aufhören. Ha! Wenn’s nur so wäre. Rezepte sind eine Dokumentation dessen, was für ihre Autoren funktioniert hat; Vorschläge von einem Koch an den anderen. Wenn ihr ein Rezept betrachtet, macht euch klar, dass es nicht nur bloß eine Anregung darstellt, sondern auch noch eine abgekürzte. Gebt einem Dutzend Köche ein und dasselbe Rezept, und es kommen ein Dutzend verschiedene Gerichte dabei heraus.
Wenn ich ein Rezept zum ersten Mal mache, befolge ich es genau. Auf diese Art habe ich eine Menge Sachen gelernt – zum Beispiel, dass man rote Paprika schälen kann. (Die Schale hat einen herben, kräuterigen, grasigen, bitteren Geschmack.) Wenn ich ein neues Kuchenrezept ausprobiere, denke ich vielleicht, der Teig sieht zu flüssig aus (braucht mehr Mehl?) oder zu dick (mehr Öl?), aber ich befolge die Anweisungen. Wenn ich es dann einmal gemacht habe, ist alles möglich. Die nächste überarbeitete Version basiert dann auf meinen Erinnerungen und Notizen vom ersten Mal.
Wenn ihr gerade erst anfangt, zu kochen, beginnt mit Frühstücksgerichten. Frühstück ist die Mahlzeit, die wir am wahrscheinlichsten zu Hause einnehmen, und die Zubereitung ist einfach zu lernen. Außerdem kann man Frühstücksgerichte in kurzer Zeit zubereiten, und die Zutaten sind billig. (Ein Freund erzählte mir, wie in der Kochausbildung das Entbeinen von Fleisch erlernt wurde. Es lief heraus auf »Mach’s 100 Mal, und wenn du das gemacht hast, weißt du, wie es geht«. Kein Wunder, dass diese Ausbildungen so viel Geld kosten!)
• Versucht, das »Warum?« hinter jedem Rezeptschritt zu verstehen. Ich habe schon erlebt, dass Chemiker – Leute, die darin ausgebildet wurden, Anweisungen exakt zu befolgen – einen Schritt einfach ausließen, der besagte, »dreht den Herd ab« – bei einem Rezept, das mit dem Schmelzen von Schokolade in einer simmernden Flüssigkeit zu tun hatte. »Hitze wegnehmen? Aber warum denn? Um Zeug zu schmelzen, braucht man Hitze!« Das Rezept nutzte die Restwärme der Flüssigkeit zum Schmelzen der Schokolade, sodass diese nicht verbrennen konnte.
• Übt und praktiziert mise en place – Französisch für »an seinen Platz stellen«. Man bereitet alle seine Zutaten vor, ehe man mit dem Kochen beginnt. Lest das gesamte Rezept durch und stellt alle Zutaten bereit, die ihr braucht, um nicht mittendrin im Vorratsschrank auf Jagd gehen zu müssen und dabei festzustellen, dass etwas Wichtiges fehlt. Ihr wollt ein Wok-Gericht machen? Schnippelt die Gemüse in eine Schüssel und stellt sie beiseite, ehe ihr anfangt, zu kochen.
• Befolgt die Anweisungen in der richtigen Reihenfolge. »3 Esslöffel halbbittere Schokolade, gehackt« ist nicht dasselbe wie »3 Esslöffel gehackte halbbittere Schokolade«. Die erste Anweisung verlangt 3 Esslöffel Schokolade, die danach gehackt werden (was mehr als 3 Esslöffel gehackte Schokolade ergibt), das zweite ist eine Mengenangabe für bereits gehackte Schokolade.
• Wenn in einem Rezept etwas von »nach Geschmack«, »abschmecken«, »nach Wunsch« steht, gebt eine Prise dazu, probiert, und gebt nach und nach mehr davon dazu, bis ihr denkt, der Geschmack ist ausbalanciert. Zutaten variieren; das Ausbalancieren von Aromen ist abhängig von den Eigenschaften der Zutaten, die ihr gerade verwendet. Was man als ausgewogen, rund, balanciert betrachtet, hängt auch vom kulturellen Kontext und persönlichen Vorlieben ab, besonders bei würzenden Zutaten wie Pfeffer, Salz, Zitronensaft, Essig und Chilisauce.
Lest stets das ganze Rezept von Anfang bis Ende, ehe ihr loslegt.
Umrechnen zwischen amerikanischen Maßeinheiten und metrischem System
Hierfür bietet sich Wolfram|Alpha an (http://www.wolframalpha.com). Man gibt »1 tablespoon sugar« ein und erhält (u. a.) das Gewicht in Gramm. Wenn ihr die Zutaten für das Pfannkuchenrezept mit »+« dazwischen eintippt, erhaltet ihr die Auskunft, dass das Rezept 38 Gramm Fett, 189 Gramm Kohlenhydrate und 46 Gramm Protein enthält.
The only real stumbling block is fear of failure. In cooking you’ve got to have a what-the-hell attitude.
Julia Child
Maslows Bedürfnispyramide, mit Bezug zu Essen und Kochen
Ein bisschen Aufmunterung für alle, die Angst vor der Küche haben. Bei manchen Leuten löst der Gedanke, einen Fuß in die Küche zu setzen, Panikattacken aus, wenn der primitive Teil des Gehirns die Kontrolle übernimmt. (Falls es hilft, schiebt die Schuld dem locus caeruleus im Hirn zu. Es liegt nicht an euch; atmet ein paar Mal tief durch und entspannt ihn.)
Angst vor der Küche kann verschiedene Ursachen haben, aber fast immer geht es dabei um die Angst vor Ablehnung und Versagensängste. Warum sich jemand fürchtet, hängt immer davon ab, welche Bedürfnisse auf dem Spiel stehen. Abraham Maslow, ein amerikanischer Psychologe, erforschte im Jahr 1943, was Menschen motiviert. Er schuf ein Entwicklungsmodell der Hierarchie der menschlichen Bedürfnisse, die wir heute Bedürfnispyramide nennen. Das, was er als die grundlegenden Bedürfnisse ansah, platzierte er auf dem Boden der Pyramide. Auch wenn man die Reihenfolge der Bedürfnisse heute anders sieht, liefert die Bedürfnispyramide doch einen geeigneten Rahmen, um sich der Angst vor der Küche zu nähern. Die häufigsten Ängste, die ich beim Thema Kochen so finde, drehen sich um soziale Bedürfnisse und Selbstwertgefühl.
Zunächst mal soziale Bedürfnisse: Für andere zu kochen, ist eine sehr wirkungsvolle Art, Freundschaften und Gemeinschaftsgefühl aufzubauen, und Menschen bei einem guten Essen zusammenzubringen, ist sehr lohnenswert. Und doch macht man sich Gedanken: Was ist, wenn du das Essen völlig ruinierst? Um dieser Angst zu begegnen, definiert zuerst neu, was passieren könnte, wenn ihr das Essen ruiniert. Also, was könnte passieren? Klar, es gibt da physiologische Bedürfnisse (erste Lösung: Lieferdienst anrufen) und finanzielle Auswirkungen. Aber wenn eure Befürchtungen sich um soziale Dinge drehen, ist das Essen als solches gar nicht wichtig. Solange eure Gäste sich miteinander wohlfühlen und ihr nett zu ihnen seid, erfüllt ihr deren wie eure eigenen Erwartungen. (Humor hilft ungemein dabei, sich solchen Befürchtungen zu stellen: »Wisst ihr noch, damals, als wir Müsli zum Abendessen essen mussten, und wie komisch das war?«) Die Leute werden sich viel mehr daran erinnern, ob sie sich mit dir wohl gefühlt haben, als welches Essen auf dem Tisch stand. Was zählt, ist, wer am Tisch sitzt, nicht was auf dem Tisch steht.
Dann wäre da das Selbstwertgefühl. Wir fühlen uns mies, wenn wir uns mit anderen vergleichen und zu viel darüber nachdenken, was die anderen von uns halten könnten. Magazine bombardieren uns mit Titelbildern, die das perfekte Feiertagsessen zeigen (»so leicht, so elegant!«), ebenso Artikel im Internet voller traumhafter kulinarischer Kreationen. Und dann probieren wir dieses »ganz einfache« Rezept mit dem tollen Foto und erwarten, dass das Gleiche dabei rauskommt. Solche Vergleiche darf man nicht ziehen. Magazine dieser Art – und leider auch viele Wissenschaftler – publizieren nur die besten Ergebnisse anstelle von erreichbaren, nicht ganz so wundervollen Ergebnissen. Könnt ihr euch eine Kochzeitschrift vorstellen, bei der die ganzen Hochglanzfotos perfekter Gerichte durch Abbildungen der gleichen Gerichte von Amateurköchen ersetzt wurden? Wenn euer Selbstwertgefühl in Gefahr ist, zieht keine unmöglichen Vergleiche, akzeptiert euch selbst so wie ihr seid. Akzeptiert das, was auch immer ihr da produziert habt. (Außer natürlich, es ist völlig verbrannt. In dem Fall greift der vorangegangene Absatz.)
Der große Erfolg von Julia Child lag auch daran, dass sie nur eine durchschnittlich begabte Köchin war und eine bescheidene Aura von »nichts Besonderes« hatte (im Verein mit sehr viel Hartnäckigkeit). Macht es wie sie und probiert Zeug aus mit der Einstellung »Was soll’s«. Ja, vermutlich wird euch mal ein Huhn auf den Boden fallen. Spielt mit Zutaten und Techniken. Sucht euch Projekte, die ihr ausprobieren wollt. (Mmm, Bacon-Frühstückspizza mit Ei.) Und wenn ihr das Huhn fallen lasst oder das Essen anbrennt? Solange ihr Spaß habt, ist das dann wirklich wichtig? Wie der bekannte Psychologe Albert Ellis sagte: »Wenn du dich schuldig fühlst, ist das allein deine Schuld.«
Wie viel besser wäre es doch, wenn wir über »erfolgreiches Lernen« sprechen würden statt über »Versagen in der Küche«. Wenn alles klappt, kann man nicht viel lernen. Wenn etwas schiefgeht, ist das eine Gelegenheit, zu erkennen, was die begrenzenden Faktoren sind und wie man es das nächste Mal besser machen kann. Der Philosoph Alain de Botton hat seine Definition von Erfolg in einer faszinierenden Ansprache bei der 2009 TED Conference vorgetragen: »A kinder, gentler philosophy of success«. Schaut euch das auf http://cookingforgeeks.com/book/botton/ an.
Falls ihr nervös seid, wenn ihr für jemand anderen kocht – ein romantisches Dinner? –, macht einen Probelauf, nur ihr selbst und vielleicht ein guter Freund, am besten am Vortag. Damit sind euch die Abläufe vertrauter, was die Panik dämmt. Es ist völlig okay, wenn’s in die Hose geht bzw. im Müll landet; es ist nichts anderes als ein wissenschaftliches Experiment, das nicht geklappt hat.